fineMärz artAusstellung 2016 fine art März Ausstellung 2016 29. Februar bis 19. März 2016 Galerie Kovacek & Zetter GmbH Stallburggasse 2 A-1010 Wien Öffnungszeiten: Mo – Fr 10 – 18 Uhr Sa 11 – 14 Uhr Telefon +43/1/512 86 36 Telefax +43/1/513 49 57 [email protected] www.kovacek-zetter.at Vorwort Wir freuen uns, Sie heuer zu einer besonders umfangreichen März Ausstellung einladen zu dürfen. Es ist uns gelungen, aus zwei hervorragenden Privatsammlungen wichtige Werke österreichischer Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu akquirieren. So spannen wir einen weiten Bogen vom späten 19. Jahrhundert und der Malerei der Secessionisten, über die Stimmungsimpressionisten bis hin zur Klassischen Moderne und der Kunst nach 1945. Mit großen Namen wie Rudolf von Alt, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Alfons Walde oder Albin Egger-Lienz bietet diese Ausstellung einen exemplarischen Überblick über die österreichische Kunstgeschichte, der uns ihre Vielfalt wie auch Fortschrittlichkeit eindringlich vor Augen führt. Neben der schönen Buntstiftzeichnung von Gustav Klimt, einer Studie zu dem berühmten Gemälde „Hoffnung I“ von 1903, zeigen wir erstmals ein bedeutendes Werk seines wichtigen Kollegen und Freundes Josef Maria Auchentaller. Auchentaller, der Gründungsmitglied der Wiener Secession war, schuf mit Gustav Klimt gemeinsam den berühmten Beethovenfries und ist heute im Kunstgeschehen sicher auch aufgrund seines kleinen Oeuvres zu wenig beachtet. Umso mehr besticht sein Bild der „Schiffe in Grado“ aus dem Jahr 1906 mit unglaublicher malerischer Qualität vor allem in der secessionistischen Auffassung der Licht- und Farbgestaltung. Es ist für uns immer wieder ein Ereignis, Werke des großen Alfons Walde in eine Ausstellung integrieren zu können. So zeigen wir diesmal mit dem zarten „Akt im Morgenlicht“ aus den 1920er Jahren und den charakteristischen „Almen im Schnee“, um 1935 entstanden, zwei formal und inhaltlich gänzlich gegensätzliche Bilder, die sowohl sein malerisches Können als auch seine große Bandbreite beispielhaft zu Tage treten lassen. Mit den „Zwei Schnittern“ aus 1920/23 von Albin Egger-Lienz ist es gelungen, den zweiten bedeutenden Tiroler Maler, der die österreichische Kunstgeschichte entscheidend mitgeprägt hat, mit einem seiner wichtigsten Motive zu präsentieren. Neben dem Totentanz und der Bauernhochzeit nehmen die Schnitter innerhalb seines Werks eine sehr große Stellung ein und werden so zu Archetypen seiner Malerei, die ihn beinahe sein gesamtes Leben beschäftigt haben. Obwohl wir uns auf die österreichische Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts spezialisiert haben, ist es uns ein Anliegen, vermehrt bedeutende internationale Künstler in unsere Ausstellungen zu integrieren. Emil Nolde, der große deutsche Expressionist, ist einer jener Maler, der in München mit der Künstlervereinigung „Die Brücke“, welche er 1906 mitbegründete, nachfolgende Künstlergenerationen entscheidend prägte. Während des Krieges, er galt als entarteter Künstler, zog er sich nach Sebüll nahe der dänischen Grenze zurück und begab sich in eine Art innere Emigration. Damals schuf er kleine, leuchtende Blumenaquarelle und Landschaften, die heute zu gesuchten Sammlerstücken avanciert sind. Wir zeigen zwei dieser herausragenden Aquarelle, die ob ihrer koloristischen Strahlkraft, der virtuosen malerischen Qualität und der aufgelösten, stimmigen Kompositionen beeindrucken. Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre dieses, in akribischen Recherchen entstandenen, Kataloges und hoffen, Sie bald durch die Ausstellung führen zu dürfen. Der Verkauf beginnt ab Versand des Buches, und wir stehen Ihnen ab sofort für Auskünfte und Preisanfragen zur Verfügung. Claudia Kovacek-Longin Sophie Zetter-Schwaiger von links nach rechts: Kathrin Macht Stefan Rodler Jenny Reiter Claudia Kovacek-Longin Sophie Zetter-Schwaiger Sophie Cieslar Index ALT RUDOLF VON 1 AUCHENTALLER JOSEF MARIA 14 BLAU TINA 11 BRUNNER FERDINAND 21 DARNAUT HUGO 9 DITSCHEINER ADOLF GUSTAV 10 EGGER-LIENZ ALBIN 24 EISENSCHITZ WILLY 41 FIGURA HANS 29 GRILL OSWALD 31, 32 GURSCHNER HERBERT 15, 16 HEUBERGER FELIX HÖRMANN THEODOR VON JETTEL EUGEN JUNGNICKEL LUDWIG HEINRICH KAISER-HERBST CARL KAUFMANN ADOLF 33 2, 12 6, 7 34-36 18 8 KLIMT GUSTAV 13 KOKOSCHKA OSKAR 40 LASKE OSKAR LITTROW LEONTINE VON 37-39 4, 5 MIKL JOSEF 42 MØNSTED PEDER MØRK 20 NOLDE EMIL OPPENHEIMER MAX PRACHENSKY MARKUS 25, 26 17 43-46 REICHERT CARL 30 STÖHR ERNST 19 STOITZNER JOSEF 27, 28 WALDE ALFONS 22, 23 WISINGER-FLORIAN OLGA 3 Rudolf von Alt Rudolf (von) Alt wurde in Wien als Sohn des Landschafts- und Vedutenmalers Jakob Alt geboren. Wie sein jüngerer Bruder Franz erhielt der Künstler die erste künstlerische Schulung bei seinem Vater. Schon früh kopierte er dessen Vorlagen und illuminierte seine Druckgrafiken. Ab 1826 besuchte er die „Historische Schule“ der Wiener Akademie und wählte alsbald die Aquarellmalerei als bevorzugtes Medium. Ab 1828 setzte eine intensive Reisetätigkeit ein, die den jungen Rudolf Alt durch ganz Österreich führte. In weiterer Folge bereiste er Italien (1835 gemeinsam mit dem Vater, 1850, 1867 und 1872), Deutschland, Frankreich, die Krim und die ehemaligen Kronländer. 1833 bis 1849 entstand die berühmte Guckkasten-Serie für Kaiser Ferdinand I. Verschiedenste Aufträge aus Adelskreisen und dem gehobenen Bürgertum folgten, Rudolf Alts Veduten wurden zu begehrten Sammlerstücken. Neben zahlreichen Preisen und Medaillen erhielt er 1879 den Professorentitel und wurde 1892 in den Adelsstand erhoben und Ehrenbürger der Stadt Wien. Rudolf von Alt starb 1905 in Wien, die von Carl Moll im Kunsthandel Miethke veranstaltete Nachlassauktion im Februar 1906 geriet zum großen gesellschaftlichen Ereignis und verdeutlichte die wichtige künstlerische Position des Malers und den Ruhm, den er bereits zu Lebzeiten erreicht hatte. Das Jahrzehnt nach dem Revolutionsjahr 1848 war für Rudolf Alt von persönlichen und künstlerischen Krisen gezeichnet – Reiseeinschränkungen sowie der Rückzug seiner adeligen Auftraggeber auf deren Landgüter und Schlösser erschwerten seine Arbeit, die sich allmählich auf – ihm zunehmend monoton erscheinende – Aufträge der Interieur Darstellung beschränkte. 1859 hatte Rudolf von Alt nach längerer Pause wieder eine Reise ins Salzkammergut unternommen und sein Oeuvre erreichte – nach den Jahren persönlicher und maltechnischer Unzufriedenheit – hier einen neuen Höhepunkt. Die im Spätsommer dieses Jahres entstandenen Ansichten von Gmunden, dem Traunsee oder dem Altausseer See sind von einer Frische und 1)Schon Spontaneität, die die Begeisterung des Künstlers angesichts seiner Naturerlebnisse noch immer spürbar werden lässt. Der Vordere und der Hintere Langbathsee liegen am Fuße des Höllengebirges in einem Talkessel zwischen dem Traun- und Attersee und bilden bis heute ein unbebautes Naturdenkmal. Aufgrund ihrer pittoresken Lage gehörten sie neben den gewissermaßen „kanonisierten“ Seen des Salzkammergutes zu den bevorzugten Motiven, die im Zuge der malerischen Erkundung Österreichs im 19. Jahrhundert immer wieder aufgesucht wurden.1 Auch Rudolf von Alt scheint seine Reise 1859 für einen Abstecher zu den Langbathseen genützt zu haben. Die geheimnisvolle, smaragden schillernde Schönheit des hinteren Sees am Fuße des Hohen Spielbergs hat ihn sofort zu einem veritablen Meisterwerk der „reinen“ Landschaftsvedute inspiriert, wie das vorliegende, ehemals in der berühmten Sammlung Plach befindliche Blatt bestätigt. Unter einem freundlichen, etwas bewölkten Spätsommerhimmel erfasst er mit souveränem, treffsicherem Pinselstrich ohne jede Korrektur die spontane Stimmung des ganz der Natur überlassenen Ortes – das ruhige Schimmern des Wassers, den umgebenden dichtgrünen Waldgürtel, aus dem einige durch direktes Sonnenlicht akzentuierte Bäume plastisch herausleuchten sowie die abweisende, immer schroffer werdende Tektonik des Gebirgszuges. Es ist auch die charakteristische experimentelle Technik dieses fünften Jahrzehnts mit der der Künstler ständig neue malerische Interpretationen des Gesehenen probiert und bisweilen sogar impressionistische Tendenzen einer späteren Malergeneration vorwegzunehmen scheint. Mit dieser faszinierenden „wilden“ Landschaft am Hinteren Langbathsee gelang Rudolf von Alt ein Kabinettstück der österreichischen Aquarellmalerei, das auch den heutigen Betrachter an der emphatischen Entdeckung der heimischen Alpenregionen teilhaben lässt. sein Vater Jakob Alt hat die Seen für den Band der „Vorzüglichsten Landschaften des Salzkammergutes“ 1824 aufgesucht, vgl. Walter Koschatzky, Rudolf von Alt, Wien-Köln-Weimar 2001, S. 134 1 RUDOLF VON ALT (Wien 1812 - 1905 Wien) Hinterer Langbathsee 1859 Aquarell auf Papier 27,5 x 37 cm Signiert, datiert und betitelt rechts unten: R Alt Hinterer Langbathsee (1)859 Rückseitig bezeichnet und datiert: No. 100 Rud. Alt. Der hintere Langbath = See bei Ebensee 1859 Provenienz: Sammlung Plach, Wien; Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Walter Koschatzky, Rudolf von Alt mit einer Sammlung von Werken der Malerfamilie Alt der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG, Wien-Köln-Weimar 2001, S. 60, Abb. 25; Klaus Albrecht Schröder, Maria Luise Sternath (Hg.), Rudolf von Alt. 1812-1905. Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2005, S. 115, Abb. 107 Theodor von Hörmann Theodor von Hörmann wandte sich bereits während seiner militärischen Laufbahn der Malerei zu und studierte 1873 bis 1875 an der Wiener Akademie; zuerst beim Landschafter Eduard von Lichtenfels, dann beim Historienmaler Anselm Feuerbach. Fast zehn Jahre unterrichtete er unter anderem als „Lehrer für Freihandzeichnen“ an der k. u. k. Militärunterrealschule in St. Pölten. Prägender als der akademische Lehrbetrieb wurde ihm jedoch der Eindruck der Landschaftsgemälde der Schule von Barbizon auf der Wiener Weltausstellung 1873. 1875 bereits verließ Theodor von Hörmann die Akademie. In dieser Zeit wurde der Kontakt zu Emil Jakob Schindler – den er später „eine Zierde des Vaterlandes, einen Stolz der Zeitgenossen“ nennen sollte – immer wichtiger. Nach seinem Abschied vom Militär 1884 wurde er freischaffender Maler und lebte ab 1886 mit seiner Frau in Paris, später in Znaim und schließlich in der Nähe von Dachau. Auf zahlreichen Reisen, unter anderem nach Ungarn, in die Bretagne, nach Barbizon und auf die Kanalinseln, und in unaufhörlichem, beharrlichem Arbeiten vor der Natur schuf Theodor von Hörmann stimmungsimpressionistische Meisterwerke, die heute zu den großen Schätzen der österreichischen Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts zählen. 1874 war für Theodor von Hörmann ein wichtiges Jahr, beteiligte er sich doch an Ausstellungen im Wiener Künstlerhaus, im Kunstverein und auch im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum fanden zwei kleinere Präsentationen seiner Bilder statt. Wir wissen, dass der Künstler im Herbst 1874 Südtirol bereiste und sich auch mehrere Tage in der Umgebung von Brixen im Eisacktal aufhielt. Hier entstanden Dorf- und Landschaftsszenen – etwa von Schloss Taufers, ein Motiv aus Albeins bei Brixen, eine Szene an der Eisack oder der Monte Cristallo mit dem Dürrensee – die in Bildauffassung, Komposition und Kolorit bereits sehr eigenständig formuliert und in charakteristischer Pinselhandschrift ausgearbeitet sind.1 Anhand seiner Skizzenbücher ist bekannt, dass sich Theodor von Hörmann Mitte September und ein zweites Mal Mitte Oktober 1874 in Brixen aufhielt. 1)Vgl.: Marianne Hussl-Hörmann, Theodor von Hörmann 1840-1895. Monographie mit Verzeichnis der Gemälde, Wien 2013, S. 158 f. So zeigt auch nebenstehendes prachtvolles Gemälde die Häuser an der Ausfahrtsstraße von Brixen nach Norden mit der Kirche von Zinggen im Hintergrund. Als markantes Gebäude ist rechts das Haus der bekannten Glockengießerfamilie Graßmayr mit dem großen Erker und dem Gitterbalkon, der auf Steinkonsolen aufruht, dargestellt. Auf der Straße wartet geduldig eine Gruppe von Pferden, die zu einem mit Holz beladenen Fuhrwerk gehören, auf die Abfahrt nach Erledigung der Zollformalitäten, denn das Haus auf der linken Seite ist mit dem Schlagbaum als Zollhaus gekennzeichnet. Vorne, auf dem Grünplatz vor dem Glockengießerhaus, spielt sich eine reizvolle kleine Marktszene ab – Frauen bieten im Schutz eines roten Schirmes auf kleinen Ständen Orangen zum Verkauf an. In überzeugender Perspektive hat der „Wahrheitsfanatiker“ Theodor von Hörmann dieses aus dem Leben gegriffene Motiv aus einer längst vergangenen Epoche geschildert, die staubige Dorfstraße und die flankierenden Gebäude wiedergegeben und mit großer Genauigkeit sämtliche Details – etwa das buntfarbige Laub an den Straßenrändern, das alte Fresko am Glockengießerhaus, die weinumrankten Holzpergolen oder die hoch aufragenden Pappeln in der orangefarbigen Nachmittagssonne – stimmig festgehalten. Der Alltag ist lebendig inszeniert durch die vor dem Zoll wartenden Personen und Pferdefuhrwerke und mit der originellen Szene der Orangenverkäuferinnen, vor deren improvisierten Ständen sich Kinder tummeln, um in den Genuss der seltenen Südfrüchte zu kommen. Mildes Herbstlicht liegt über der malerischen Südtiroler Landschaft, die durch das besondere Format, die ausgezeichnete malerische Qualität und die feinsinnige Beobachtung des Atmosphärischen zu den frühen Hauptwerken des großen Impressionisten Theodor von Hörmann zählt. 2 THEODOR VON HÖRMANN (Imst 1840 - 1895 Graz) Orangenverkäuferinnen in Brixen Das alte Graßmayr-Haus (Athesia-Haus) 1875 Öl auf Leinwand 63 x 111 cm Signiert und datiert rechts unten: THörmann (18)75 Wien Provenienz: Privatsammlung England Literatur: Marianne Hussl-Hörmann, Theodor von Hörmann 1840-1895. Monographie mit Verzeichnis der Gemälde. im Kinsky editionen, Wien 2013. WV I.35. Abb. S. 88, 159; Magdalena Hörmann-Weingartner, „Das Athesia-Haus in Brixen auf einem Gemälde von Theodor von Hörmann aus dem Jahr 1875“, in: Der Schlern, 83. Jg., August 2009, Heft 8, S. 94 f. Vgl.: Theodor von Hörmann (1840-1895), Ausstellungskatalog des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, Innsbruck 1995; Theodor Braunegger und Magdalena Hörmann-Weingartner, Theodor von Hörmann (1840-1895), Wien 1979; Theodor Braunegger, Theodor von Hörmann. 1840-1895, Dissertation an der Universität Innsbruck, Innsbruk 1970. Das Gemälde ist für die Ausstellung „Theodor von Hörmann. Von Paris zur Secession“, Leopold Museum, Wien (29.04. bis 29.08.2016) vorgesehen Olga Wisinger-Florian Olga Wisinger-Florian war eine der faszinierend sten Künstlerpersönlichkeiten des österreichischen Stimmungsimpressionismus. Ursprünglich zur Konzertpianistin ausgebildet, musste sie diese Laufbahn aus gesundheitlichen Gründen aufgeben und wandte sich der Malerei zu. Da Frauen zu dieser Zeit an der Wiener Akademie nicht zugelassen waren, nahm sie anfangs Privatunterricht bei Melchior Fritsch und August Schaeffer von Wienwald. Am prägendsten für sie aber war Emil Jakob Schindler, der sie gemeinsam mit Marie Egner und Carl Moll in seinen Schülerkreis aufnahm und mit der jungen Künstlerin zahlreiche Studienreisen unternahm. In diesen Jahren wurde ihr Malstil wesentlich von den einfühlsamen „poetischen“ Naturdarstellungen Emil Jakob Schindlers bestimmt, die in Anlehnung an die französische Freilichtmalerei der „Ecole de Barbizon“ die österreichische Landschaftsmalerei entscheidend prägte. Bald gelang es ihr aber aus dem Schatten des großen Lehrmeisters hervorzutreten und sich als eigenständige Künstlerin zu etablieren, deren virtuose Blumen- und Landschaftsgemälde bis in allerhöchste Kreise geschätzt und gesammelt wurden. Die öffentlichen Anerkennungen, die ihr zuteilwurden, belegen den Erfolg, den sie mit ihrer Malerei hatte: 1888 etwa erhielt sie die „Mention honorable“ in Paris, 1897 wurde ihr die Kleine Goldene Staatsmedaille verliehen, 1891 die bayrische Ludwigsmedaille und 1893 die Medaille der Weltausstellung in Chicago. 1900 stellte sie auf der renommierten Pariser Weltausstellung aus. Olga Wisinger-Florian setzte sich auch sehr für die Gleichberechtigung ihrer weiblichen Kolleginnen ein und war Präsidentin des Vereins österreichischer Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien. Sie starb über 80-jährig 1926 in Grafenegg. Kaum ein anderer heimischer Künstler bzw. Künstlerin des 19. Jahrhunderts vermochte sich dem Thema „Blumen“ in einer solchen motivischen Vielfalt und zugleich mit einer unvergleichlichen Leichtigkeit und Eleganz zu nähern wie Olga Wisinger-Florian. Von panoramahaften „Blumenlandschaften“ über reizvolle Beete in Park- und 1)Gerbert und Marianne Frodl, Die Blumenmalerei in Wien, Wien 2010, S. 118 Bauerngärten, Darstellung von Jahreszeitenzyklen oder schlichten „Porträts“ einzelner Wiesenblumensträuße – beeindruckend variantenreich durchzieht das Blumenbild gewissermaßen leitmotivisch das Schaffen der Künstlerin. „Olga Wisinger-Florian war ungemein erfolgreich (…) Sie galt als die Blumenmalerin par excellence und hatte in diesem Metier keine Konkurrenz.“1 Ein veritables Kleinod wie nebenstehender „Blumenstrauß mit Maiglöckchen“ spielt noch mit Reminiszenzen an das populäre (spät-)biedermeierliche Thema des Bouquets am Waldboden. Aber auch Einflüsse zeitgleicher internationaler Malerei – man denke an die Blumengemälde eines Eugène Delacroix (1798-1863) oder Henri Fantin-Latour (1836-1904) – sind nicht ganz von der Hand zu weisen. Einen soeben erst frisch gepflückten Strauß Wie sen blumen, für einen kurzen Augenblick auf dem Boden abgelegt, hat Olga Wisinger-Florian in unserem Gemälde in brillanter Malerei festgehalten. Vor einem dunklen Hintergrund lässt ein zufälliger Sonnenstrahl das zarte Bouquet aus samtig-weichen Maiglöckchen und violettblauen Veilchen hervorleuchten, akzentuiert hier und dort Plastizitäten, Glanzlichter sowie die sattgrünen Pflanzenstängel und kontrastiert die Blüten schließlich mit dem weichen, braun-grau lasierten Erdboden. Als Sinnbild für den Frühling steht das bezaubernde Gemälde, das in der sehr feinen Pinselführung und der zarten Farbigkeit auch an ihren Lehrer Emil Jakob Schindler denken lässt. Der „Blumenstrauß mit Maiglöckchen“ ist durch das reizvoll-schlichte Motiv sowie durch die unangefochtene malerische Qualität ein frühes Mei sterwerk im Schaffen Olga Wisinger-Florians. Werke wie dieses – von größter Eigenständigkeit und Originalität – sind heute am Kunstmarkt ausgesprochen selten und zu weithin gesuchten Raritäten geworden. 3 OLGA WISINGER-FLORIAN (Wien 1844 - 1926 Grafenegg) Blumenstrauß mit Maiglöckchen um 1890 Öl auf Holz 13,8 x 18,4 cm Signiert links unten: O. Wisinger-Florian Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl. Michaela Schwab, Olga Wisinger-Florian (1844-1926), Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 1991; Gerbert und Marianne Frodl, Die Blumenmalerei in Wien, Wien 2010, S. 116-129; Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionismus, Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 230-253 Originalgröße Leontine von Littrow Die 1860 in Triest geborene Camilla Leontine von Littrow entstammte einer altösterreichischen Adelsfamilie. Ihr Vater Heinrich von Littrow war Kartograf, Schriftsteller und später Leiter der nautischen Akademie in Triest, ihr Onkel der berühmte Astronom und Leiter der Wiener Sternwarte, Carl Ludwig von Littrow. Die Künstlerin wuchs so in einem künstlerisch literarischen Umfeld auf. Die Laufbahn des Vaters führte sie schon früh in die Gegend um Triest und Abbazia, die sich später auf vielen ihrer Bilder als zauberhaftes Motiv wiederfindet. Ihre Ausbildung erhielt Leo von Littrow, wie sie liebevoll abgekürzt genannt wurde und auch signierte, in Paris als Schülerin von Jean d’Alheim, wo sie von der impressionistischen Malerei der großen Franzosen beeinflusst wurde. Lange und künstlerisch fruchtbare Aufenthalte verbrachte sie – oft gemeinsam mit ihrer Freundin und Kollegin Olga Wisinger-Florian – in Istrien und Dalmatien, wo sie in zahlreichen Gemälden imposante Stadtund Hafenansichten, pittoreske Buchten und spontane Brandungsstudien festhielt. Die Künstlerin starb 1925 in Abbazia. Bereits zu Lebzeiten wurden ihre Bilder in Ausstellungen in Wien und München gezeigt und als einzige Künstlerin ihrer Zeit erhielt sie einen Auftrag zur Ausgestaltung der Hochparterresäle mit Gemälden im Naturhistorischen Museum – ein Zeichen großer Wertschätzung ihrer Kunst. Es ist in den letzten Jahren einiges in Bewegung geraten um die Künstlerin Leontine von Littrow. So wird momentan an einem Oeuvreverzeichnis gearbeitet, in der großen Schau „Österreichische Riviera. Wien entdeckt das Meer“ wurden erstmals eindrucksvolle Gemälde der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht1 und auch das Museum in Rijeka plant in näherer Zukunft eine Ausstellung samt begleitender Publikation. Dies alles überrascht nicht wirklich, denn die in den vergangenen Jahren bekannt gewordenen Gemälde sind von ausgezeichneter malerischer Qualität und reihen Leontine von Littrow – neben Olga Wisinger-Florian, Tina Blau und Marie Egner – unzweifelhaft an die Spitze der österreichischen Malerinnen des Stimmungsimpressionismus. 1)Ausstellung Wien Museum, 14. November 2013 bis 30. März 2014 Mit ihren von großer Einfühlung und perfekter Pinselhandschrift geprägten Ansichten der damals aufstrebenden „Riviera“ um Abbazia sowie des pittoresken Alltagslebens an der dalmatinischen Küste, hat Leontine von Littrow einen bleibenden Beitrag zum Kunstgeschehen der österreichischen Monarchie geliefert, dessen Stellenwert heute unter Sammlern erkannt und angemessen gewürdigt wird. Wie viele große Maler ihrer Epoche hatte die Künstlerin Freude daran, ihre Motive immer wieder zu variieren und so zu neuen kompositorischen und ästhetischen Bildlösungen zu gelangen. Darstellungen wie die Fischer bei ihrer frühmorgendlichen Ausfahrt, tratschende Wäscherinnen am Treppenweg zum Meer oder blumenübersäte Villengärten mit Blick auf die azurblaue Adria erzählen einprägsam von längst vergangenen Zeiten und gehören zum festen malerischen Repertoire Leontine von Littrows. Auch umkreist sie immer wieder das Thema der jungen Frau auf der häuslichen Terrasse, die manchmal in Näharbeiten vertieft ist, bisweilen aber auch den Blick kontemplativ über die Weite des Meeres gleiten lässt. Hier reiht sich auch unsere nebenstehende reizvolle Fassung ein, im Bildzentrum ein kleines Mädchen, das – vielleicht auf ihre Mutter oder eine Freundin wartend – mit überkreuzt schlenkernden Beinen an der besonnten Mauer wartet und den Blick träumerisch aufs Meer gerichtet hat. Blühende Ranken bilden eine subtile Bilddiagonale und scheinen geradewegs in das auf der Bank platzierte Weidenkörbchen zu fallen. Über dieser schlichten und meditativen Szene, die plastisch in das gleißende südliche Sonnenlicht getaucht ist, öffnet sich ein unendlich weiter blauer Sommerhimmel über dem adriatischen Meer. Die wundervoll feine impressionistische Malerei, ein in seiner Schlichtheit und Lichtstimmung einfühlsames Werk der Künstlerin, weckt in uns die Sehnsucht nach dem Süden und ist einmal mehr Beweis, dass Leontine von Littrow zu den wegweisenden Künstlerinnen ihrer Zeit gehört. 4 LEONTINE VON LITTROW (Triest 1860 - 1925 Abbazia) Mädchen mit Blick aufs Meer um 1890 Öl auf Holz 35,5 x 25 cm Signiert rechts unten: Leo Littrow Provenienz: Privatbesitz Deutschland Literatur: Vgl.: Christian Rapp, Nadia Rapp-Wimberger (Hg.), Österreichische Riviera. Wien entdeckt das Meer. Ausstellungskatalog Wien Museum, Wien 2013, S. 238 f.; Friedrich von Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Neudruck Frankfurt 1969, 1. Band, 2. Hälfte, S. 925 Leontine von Littrow In vorliegendem imposanten Gemälde hat Leontine von Littrow das pittoreske Dorfleben an der dalmatinischen Küste festgehalten. Die nahe ans Wasser gebauten Häuser bieten einen Ausblick auf die Hafenmole und auf die malerische Meereslandschaft. So gelingt es der Künstlerin in ihrer charakteristischen, lockeren Malweise, eine maritime Szene mit sanft dahinwogender Wasserfläche, Fischerbooten und einem in der Ferne sichtbaren Küstenstrich mit einer dörflichen Genreszene zu kombinieren. Beide Bildteile werden gekonnt einander gegenübergesetzt und nehmen jeweils eine Bildhälfte ein. Das ländliche Leben wird von den Frauen bestimmt, Männer sind keine zu sehen, sie sind wohl bei der Arbeit oder zur See gefahren. Lediglich auf den beiden Fischerbooten, die in der Bildmitte vor Anker gegangen sind, kann man einen Teil der männlichen Dorfbewohner vermuten. Die Frauen, die hier Körbe und Kupferkessel vor sich hertragen sind allesamt junge, hübsche Erscheinungen. Sie haben sich paarweise zum Plaudern zusammengefunden. Eine von ihnen hat einen Korb in die Hüfte gestemmt und blickt zu einer zweiten hinauf, die sich aus dem Fenster gelehnt hat, um Wäsche zum Trocknen aufzuhängen. Unter dem Fenster sind zwei kleine Mädchen zu sehen, eines steht beide Arme auf ein Fass gestützt und blickt in Richtung Fischerboote, das zweite hat sich hingekauert und klaubt etwas vom Boden auf. Dahinter sieht man im Eingang eines Hauses, halb im Schatten, eine weitere junge Frau, die einen Kupferkessel am Kopf balanciert. Auch sie ist mit einer zweiten ins Gespräch vertieft. Wieder zwei weitere haben sich direkt an der Mole zum Tratschen getroffen. Die ganze Szene vermittelt einen Eindruck der Harmonie und des Friedens, frei von Hektik und Hast. Leo von Littrow bespielt das große Format gekonnt mit souveräner Pinselführung und leuchtendem Kolorit. Aufgrund der meisterhaften, impressionistisch aufgelockerten Malerei und der gekonnten Erfassung eines Motivs unter Einbeziehung eines erzählerischen Moments, kann man hier getrost von einem Hauptwerk der Künstlerin sprechen. 5 LEONTINE VON LITTROW (Triest 1860 - 1925 Abbazia) An der Küste bei Abbazia um 1900 Öl auf Leinwand 66 x 88 cm Signiert links unten: Leo Littrow Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Christian Rapp, Nadia Rapp-Wimberger (Hg.), Österreichische Riviera. Wien entdeckt das Meer. Ausstellungskatalog Wien Museum, Wien 2013, S. 238 f.; Friedrich von Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Neudruck Frankfurt 1969, 1. Band, 2. Hälfte, S. 925 6 EUGEN JETTEL (Johnsdorf 1845 - 1901 Lussingrande) Strohschober auf der Hochebene von Auvers 1894 Öl auf Leinwand 38,2 x 55,3 cm Signiert und datiert rechts unten: Eugène Jettel. (18)94. Provenienz: Privatsammlung Oberösterreich Literatur: Heinrich Fuchs, Eugen Jettel, Wien 1975, S. 213, Wkv.Nr. 528 „Strohschober auf der Hochebene von Auvers“; Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.) Stimmungsimpressionismus, Ausstellungskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 134-149; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1993, Band 2, S. 190 ff. 7 EUGEN JETTEL (Johnsdorf 1845 - 1901 Lussingrande) Segelschiffe an der Küste um 1899 Öl auf Malkarton 32,5 x 43,5 cm Signiert und gewidmet links unten: der lieben Cilli. Eugène Jettel Provenienz: Privatsammlung Oberösterrreich Literatur: Heinrich Fuchs, Eugen Jettel, Wien 1975, S. 255, Wkv.Nr. 738 „An der Küste“; Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.) Stimmungsimpressionismus, Ausstellungskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 134-149; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1993, Band 2, S. 190 ff. Adolf Kaufmann Adolf Kaufmann wurde 1848 in Troppau geboren und zählt heute – neben den etablierten „akademischen“ Stimmungsimpressionisten Robert Russ, Eugene Jettel, Rudolf Ribarz oder Hugo Darnaut – zu den großen, eigenständigen heimischen Landschaftsmalern des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Zunächst bildete er sich autodidaktisch fort, vollendete aber seine Studien bei dem Holländer Emile van Marcke de Lummen in Paris und auf dessen Landgut in der Normandie. Die französische Malerei der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vor allem die der Ecole de Barbizon, sollte einen bleibenden Eindruck auf sein Werk hinterlassen. Adolf Kaufmann unternahm zahlreiche Reisen in Europa und in den Orient und lebte abwechselnd in Paris, Berlin, Düsseldorf und München. 1890 ließ er sich in Wien nieder, kehrte aber immer wieder nach Frankreich (Paris, Normandie, Bretagne) zurück. In Wien wurde er Mitglied der Akademie der bildenden Künste und gründete mit Carl Freiherr von Merode und Heinrich Lester eine Damenmalschule. Stilistisch stand er der Malerei des österreichischen Stimmungsimpressionismus nahe. Für die Pariser Weltausstellung 1900 schuf er ein Riesenpanorama von Sarajewo und erhielt dafür zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen. 1909 wurde der Künstler zum ordentlichen Mitglied des Wiener Künstlerhauses ernannt. Wie die „Barbizoniers“ – die faszinierenden Wegbereiter der Moderne wie Théodore Rousseau, Jean-Baptiste Camille Corot oder Jean-François Millet - so interessiert sich Adolf Kaufmann auch für die Natur in ihren mannigfaltigen Erscheinungsformen. Urwüchsige Wälder, naturbelassene Moore und Wiesen sowie geheimnisvoll schimmernde Gewässer zu den verschiedenen Jahres- und Tageszeiten faszinieren ihn, wobei der Mensch oft nur als Staffage dargestellt und mehr als Maßstab denn als Hauptmotiv fungiert. Häufig wirken seine Bilder wie zufällige, flüchtig gesehene Momente, die dem Maler treffsicher einzufangen gelungen ist. Die beeindruckende Leichtigkeit, mit der ihm seine Malerei von der Hand geht, ohne je in Flüchtigkeit zu kippen, beschert ihm schon zu Lebzeiten die anerkennende Bezeichnung „Schnellmaler“ und verschafft ihm bald Zugang zu den Pariser Salons und hohen Adelskreisen, wo ihn unter anderen die Fürstin Metternich unterstützt. Nicht ohne Grund finden sich seine stimmungsvollen Gemälde bald in den Salons der guten Gesellschaft sowie regelmäßig in renommierten Ausstellungen wie dem Wiener Künstlerhaus und dem Münchner Glaspalast. Ein repräsentatives Gemälde ist nebenstehende spätsommerliche Landschaft, die um 1895 vielleicht im Wienerwald, aber auf jeden Fall unter dem Eindruck der imposanten Wälder von Fontainebleau entstanden ist. Wir blicken auf einen Weiher, der sich auf der Lichtung zwischen mächtigen Buchen mit frischer grüner Laubkrone und inmitten der noch saftig grünen, von Blumen übersäten Wiese gebildet hat. Im Zentrum des Bildes fällt der Blick auf ein Pferdefuhrwerk und einen Waldarbeiter, die hier lebendige Akzente setzen. Neben den hochaufragenden Bäumen mit ihren mächtig akzentuierten Stämmen fungieren sie lediglich als verschwindend kleine Staffage, der Hauptprotagonist ist hier unübersehbar die Natur, die sich von einer ihrer schönsten Seiten zeigt. Das Laub der Buchen im Hintergrund beginnt sich, den bevorstehenden Herbst ankündigend, in dezente Orange- und Brauntöne zu verändern, zwischen ihren silbrig-grauen Stämmen blitzen weiß einige Birken aus dem Waldinneren hervor. Auf großartige Weise erzählt Adolf Kaufmann in diesem stimmungsvollen Salonbild vom kraftvollen Wirken der Natur, vom Wechsel und Vergänglichkeit im Zyklus der Jahreszeiten sowie vom beschwerlichen ländlichen Alltag längst vergessener Zeiten. 8 ADOLF KAUFMANN (Troppau 1848 - 1916 Wien) Spätsommerliche Aulandschaft um 1890 Öl auf Leinwand 74 x 100,5 cm Signiert rechts unten: a. kaufmann Provenienz: Privatsammlung Oberösterreich Literatur: Vgl.: Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1993, Band 2, S. 205; Erich Tromayer, Adolf Kaufmann. Ein österreichischer Impressionist, Wien 1987; Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler des 19. Jahrhunderts, Wien 1973, Band 2, K 102 9 HUGO DARNAUT (Dessau 1851 - 1937 Wien) Auf schattiger Weide um 1910 Öl auf Malkarton 34 x 45,3 cm Signiert links unten: H. Darnaut Provenienz: Privatsammlung Oberösterreich Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionismus. Ausstellungskatalog Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 88-95; Heinz Mlnarik, Hugo Darnaut 1850-1937. Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 1993; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1992, Band 1, S. 181 ff. 10 ADOLF GUSTAV DITSCHEINER (Wien 1846 - 1904 Wien) Frühling am Bauernhof Zur Zeit der Fliederblüte um 1900 Öl auf Leinwand 34 x 57 cm Rückseitig Etikett des Wiener Künstlerhauses: 1645/1904 (von Mag. Paul Rachler, Künstlerhaus Archiv, bestätigt) Provenienz: Privatsammlung Oberösterreich Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionismus. Ausstellungskatalog Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 96 ff.; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1992, Band 1, S. 201 f. Ausgestellt: Wiener Künstlerhaus, Herbstausstellung 1904, Nr. 517 „Zur Zeit der Fliederblüte “ Tina Blau Der gebürtigen Wienerin Tina Blau gelang es, trotz aller Schwierigkeiten, die eine Künstlerin im ausgehenden 19. Jahrhundert überwinden musste, sich dank ihres überragenden Talentes einen bleibenden Rang in der Kunstgeschichte zu erarbeiten und darüber hinaus in Wien eine Kunstschule für Frauen zu gründen. Da ihr der Zugang zur Akademie verwehrt war, finanzierte der Vater, ein k. u. k. Militärarzt, seiner jungen Tochter private Malstunden. So erhielt sie mit 15 Jahren Unterricht beim bekannten Landschaftsmaler August Schäffer, der sie in ihrer Neigung, in der freien Natur zu arbeiten, fortlaufend bestärkte. Das Jahr 1869 wurde durch einen Ausstellungsbesuch im Münchner Glaspalast, wo erstmalig Hauptwerke der Schule von Barbizon gezeigt wurden, für Tina Blau von entscheidender Bedeutung. Unter dem Eindruck dieser neuartigen Malerei sowie der faszinierenden Isarmetropole blieb die junge Künstlerin fünf Jahre in München, um bei dem berühmten Maler Wilhelm Lindenschmidt zu lernen und sich intensiv mit der Naturauffassung der Barbizonisten auseinanderzusetzen. 1874 kehrte Tina Blau nach Wien zurück und begann eine mehrjährige Atelier-, Reise- und Lebensgemeinschaft mit Emil Jakob Schindler. Immer wieder unternahm sie ergiebige Studienreisen – unter anderem nach Ungarn, Holland oder Italien, und finanzieller Erfolg begann sich einzustellen. 1883 etwa erhielt sie für den großen „Frühling im Prater“ die „Mention honorable“ im Pariser Salon. Im selben Jahr heiratete sie den Münchner Maler Heinrich Lang und übersiedelte abermals in die Isarstadt. Die Sommermonate aber arbeitete sie nach wie vor in ihrem Prateratelier. Vielbeachtet nahm Tina Blau an den renommierten Weltausstellungen in Paris (1889) und Chicago (1892) teil, außerdem gab sie an der Münchner Damenakademie Unterricht. Nach dem Tod ihres Mannes kehrte sie nach Wien zurück, wo sie Mitbegründerin der „Kunstschule für Frauen und Mädchen“ wurde und hier von 1898 bis 1915 in der Klasse für Landschaftsmalerei und Stillleben unterrichtete. Tina Blau starb 1916 in Wien. Tina Blau unternahm wiederholt Reisen in den Norden und Süden, um die Kunst dieser Länder und im Besonderen die spezifischen Lichtverhältnisse zu studieren. Diese Erfahrungen verankern sich nachhaltig in der fein nuancierten Farbigkeit und der meisterlichen Lichtführung ihrer Werke. Stets bleibt die Künstlerin den heimischen Wurzeln verbunden und wählt im Besonderen österreichische Landschaften zu ihren Bildthemen, wie die „Berglandschaft bei Oetz in Tirol“. Wie viele der Werke Tina Blaus, ist auch dieses Gemälde im kleinen Format auf nicht grundiertem Holz ausgeführt. Diese Werkgruppe entstand „en plein air“, in unmittelbarer Anschauung des Motivs direkt vor Ort, um unter Einfluss von natürlichem Licht die Ansichten so authentisch wie möglich wiederzugeben. Im rechten Vordergrund erhebt sich ein einzelner Baum in dichtem Herbstlaub vor der bergigen Landschaft. Das Gelb und Orange seiner Blätter ist durch Beimischungen von Braun mattiert, wie nass und schwer nach einem heftigen Regen hüllen sich die Blätter um die Äste, dunkel und massiv sind Stamm und Äste hervorgehoben. Dahinter schließt sich ein dichtbewachsener Hügel an und gibt links den Blick in die Tallandschaft frei. Gegenläufig erhebt sich aus dieser eine steil ansteigende Almlandschaft, in der durch weiße Höhungen Hütten angedeutet sind, darüber ragen massive Felsen auf. Im Hintergrund scheinen die imposanten Alpenkämme auf. Ihre Spitzen sind teilweise von tiefhängenden grauen Wolken verdeckt, die einen weiteren Niederschlag ankündigen. Ein kleines Stück blauen Himmels, den die Regenwolken bereits freigegeben haben, deutet auf ein Aufklaren hin und auch die Sonne dringt bereits jenseits des gewählten Bildausschnitts durch die Wolken und wirft ihren hellen Schein auf die Almwiese, die an dieser Stelle in hellem Grün aufleuchtet. Einmal mehr zeigt sich in diesem Werk mit der schönen Tiroler Ansicht Tina Blaus meisterliches Können der Wiedergabe atmosphärischer Landschaftsdarstellungen. 11 TINA BLAU (Wien 1845 - 1916 Wien) Berglandschaft bei Oetz in Tirol um 1900 Öl auf Holz 13 x 22 cm Signaturstempel rechts unten: Tina Blau Rückseitig der Nachlassstempel Das Bild wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis von Dr. Markus Fellinger und Mag. Claus Jesina, Belvedere Wien, aufgenommen. Provenienz: Privatbesitz Wien; Privatbesitz England (seit 1960er Jahren) Literatur: Vgl.: Tina Blau, Künstlerischer Nachlass, Auktionskatalog C. J. Wawra, Wien 1917, Kat.Nr. 61, 98; Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionismus. Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 64-83; Tobias Natter (Hg.), Plein Air. Die Landschaftsmalerin Tina Blau 1845-1916, Ausstellungskatalog Jüdisches Museum der Stadt Wien, Wien 1996, S. 129-147; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1991, Band 1, S. 113-117 Originalgröße Theodor Hörmann In dem Bild „Abendstimmung am Feldrand“ zeigt sich Theodor Hörmann von seiner impulsiven Seite. Vermutlich zur gleichen Zeit, um 1893, entstanden wie die berühmten „Esparsettenfelder bei Znaim“, von denen heute zwei in der Österreichischen Galerie Belvedere zu sehen sind, zeugt dieses Bild von der großen malerischen Könnerschaft und Raffinesse, die der Künstler in den frühen 1890er Jahren bereits erreicht hatte. In den flott hingesetzten, impressionistisch wirkenden Landschaften wie dieser kann man Theodor Hörmanns Talent vielleicht sogar am eindrucksvollsten manifestiert sehen. Hier hält er ohne Umwege die Vision des Augenblicks fest, für lange Vorbereitungen und korrigierende Übermalungen bleibt keine Zeit. Die leuchtenden, dickflüssigen Farben trägt er in kräftigen Bewegungen aus dem Handgelenk auf, sodass eine pastose Oberfläche entsteht, die er in manchen Partien, wie dem Weg, mit verstärkenden Gravuren mit dem umgekehrten Pinselstiel versieht. Bei dem damals noch sehr konservativ eingestellten Publikum stießen solche Bilder, die sich von der üblichen Salonmalerei stark abhoben, ob der offenen Malweise und der ungewöhnlich kräftigen Farben teilweise noch auf Unverständnis, wie die Bemerkung einer Dame auf einer Ausstellung im Künstlerhaus belegt: „Das ist ja mit einer alten Zahnbürste gemacht“1. Nur wenige Jahre später aber waren auch die expressiveren Werke Theodor Hörmanns auf der großen Nachlassversteigerung 1906 durch die Galerie Miethke heiß begehrt und werden heute als Belege für die Modernität des Künstlers geschätzt. Bezugnehmend auf seine prägenden Pariser Jahre, die wie eine Offenbarung auf den Maler wirkten, schreibt Magdalena HörmannWeingartner: „Die Aufschlüsselung der Wirklichkeit im Weg über die optischen Sachverhalte, in die alles einfließen kann vom Reichtum im Erlebnis des Raumes, von der Bewegtheit der Lebewesen und der Materie, des Lichts und der Atmosphäre, diesem Programm, das dem klassischen Impressionismus zugrunde liegt, konnte sich Hörmann bruchlos anschließen.“2 Heute zählt Theodor Hörmann zu den wichtigsten Vertretern des österreichischen Stimmungsimpressionismus. Viele seiner Hauptwerke befinden sich in österreichischen Museen und Privatsammlungen, ein dem hier gezeigten sehr ähnliches Bild befindet sich in der Sammlung des Leopold-Museums. „Häuser am Feldrand“ zählt zu denjenigen Arbeiten, die der Künstler selbst aufgrund ihrer Spontaneität und Direktheit besonders schätzte und die nur sehr selten auf dem Kunstmarkt zu finden sind. Rückblickend überrascht es kaum, dass Kenner Theodor von Hörmann noch zu Lebzeiten als „österreichischen Van Gogh“3 bezeichneten. 12 THEODOR VON HÖRMANN (Imst 1840 - 1895 Graz) Abendstimmung am Feldrand 1893 Öl auf Leinwand 14 x 20 cm 1)Theo Braunegger, Magdalena Hörmann-Weingartner, Theodor von Hörmann, Österreichische Galerie Wien 1979, S.123 2)s.o., S. 77 3)Natürlichere Natur. Österreichische Malerei des Stimmungsrealismus, Ausstellungskatalog Kunsthaus Mürzzuschlag, Mürzzuschlag 1994, S. 120 Nachlassstempel links unten (verblasst): THEOD. V. HOERMANN NACHLASS Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Marianne Hussl-Hörmann, Theodor von Hörmann 1840-1895. Monographie mit Verzeichnis der Gemälde, Wien 2013, Wvz.Nr. I. 399, Abb. S. 262; Vgl.: Natürlichere Natur. Österreichische Malerei des Stimmungsrealismus, Ausstellungskatalog Kunsthaus Mürzzuschlag, Mürzzuschlag 1994, S. 120; Theodor Braunegger, Magdalena Hörmann-Weingartner, Theodor von Hörmann (1840-1895), Wien 1979, Abb. XXX „Landschaft mit Esparsettenfeld“ Das Gemälde ist für die Ausstellung „Theodor von Hörmann. Von Paris zur Secession“, Leopold Museum, Wien (29.04. bis 29.08.2016) vorgesehen Originalgröße Gustav Klimt Gustav Klimt gilt als Hauptvertreter des österreichischen Jugendstils. Seine Werke befinden sich in zahlreichen Museen und Sammlungen weltweit und erzielen am Kunstmarkt regelmäßig Rekordpreise. Klimt wurde 1862 in Wien geboren und wuchs in eher ärmlichen Verhältnissen auf. 1876 erhielt Klimt ein Stipendium an der neu gegründeten Kunstgewerbeschule in Wien, an der er bis 1883 studierte. Gemeinsam mit seinem Bruder Ernst, der ebenfalls die Kunstgewerbeschule besuchte, und Franz Matsch gründete Klimt eine Ateliergemeinschaft. Mit der Gestaltung der prunkvollen Treppenhäuser des Burgtheaters und des Kunsthistorischen Museums gelang es den drei Künstlern, sich zu etablieren. Der Stil Klimts war in dieser Zeit unter dem Einfluss Makarts stehend, der Malerei des Historismus verhaftet. 1891 heiratete Ernst Klimt Helene Flöge, mit deren Schwester Emilie Klimt eine lebenslange Beziehung verband. Im selben Jahr traten die Brüder der Künstlerhausgenossenschaft bei. 1892 starb Ernst Klimt überraschend im selben Jahr wie der Vater. 1894 erging der wichtige Auftrag für die Fakultätsbilder im großen Festsaal der Wiener Universität an Gustav Klimt und Franz Matsch. 1900 rief die Präsentation des Fakultätsbildes „Philosophie“ und 1901 der „Medizin“ scharfe Proteste hervor. Man stieß sich an den modernen Kompositionsformen, an der Darstellung nackter Menschen ohne allegorischem Hintergrund. 1904 erhielt Klimt den Auftrag für das Fries im Speisezimmer des Palais Stoclet in Brüssel. 1905 kaufte er die umstrittenen Fakultätsbilder zurück. Im selben Jahr trat die KlimtGruppe aus der Secession, deren Präsident der Künstler von 1897 bis 1899 gewesen war, aus. Verstärkt stellte er nun im Ausland aus. In seinem Spätwerk widmete er sich zusehends der Landschaftsdarstellung. Vorliegende Zeichnung ist eine Studie zum Ölbild „Hoffnung I“ von 1903/1904, das sich heute in der National Gallery of Canada in Ottawa befindet. Das Bild sowie die zugehörigen Studien, sollen sich 1905 laut Alice Strobl allesamt in der Sammlung Fritz Wärndorfer, dem kommerziellen Direktor und finanziellen Unterstützer der Wiener 1)Alice 2)Alice Werkstätte, befunden haben1. Erst 1909 wurde „Hoffnung I“ gemeinsam mit „Hoffnung II“ auf der Kunstschau in Wien ausgestellt. Zuvor war Klimt wegen der Proteste gegen die Fakultätsbilder der Wiener Universität angeraten worden, das Bild nicht in der Öffentlichkeit zu zeigen. Auch im Hause Wärndorfer war es hinter zwei Flügeln versteckt. Die Darstellung einer Schwangeren hätte einen weiteren Skandal verursacht. Bei der Figur der Schwangeren handelt es sich um eine Paraphrase auf den rechten oberen Teil des Fakultätsbildes „Medizin“. Die enge Verbundenheit mit der männlichen Gestalt steht in gedanklicher Verbindung zur Darstellung im Beethovenfries „Diesen Kuss der ganzen Welt“, ist allerdings nur in den Studien angedeutet und findet im Ölbild keinen Niederschlag mehr. Die Körper von Mann und Frau sind zu einer Einheit verbunden. Ist im Beethovenfries der Mann in Rückenansicht zu sehen und die Frau hinter ihm, so ist in den Studien zur „Hoffnung I“ das Paar von der Seite nach links gewandt dargestellt. Der Mann legt den Arm schützend um die Frau. Sie hat ihren Kopf an seine Schulter gelehnt und umfasst mit ihren Armen den schwangeren Bauch. Die Szene drückt Geborgenheit, Nähe und Vertrautheit aus. Die Umrisse der beiden Körper verschmelzen zu einer Einheit, die Figuren nehmen fast die ganze zur Verfügung stehende Fläche ein. Dadurch verankert Klimt die Bildformen fest in der Bildebene. Der Künstler hat vermutlich bereits 1902 mit der Arbeit an „Hoffnung I“ begonnen. In diesem Jahr gebar ihm Marie Zimmermann, die Mutter seines Sohnes Gustav, einen weiteren Sohn, der allerdings im Alter von nicht einmal drei Monaten starb. Dieser Umstand dürfte dazu geführt haben, dass Klimt die schwangere Frau im ausgeführten Ölbild bedroht vom Tod und einem Seeungeheuer im Bildhintergrund darstellt, der schützende Begleiter der Studien fehlt. Es gibt in der Literatur auch Vermutungen, dass es sich bei dem dargestellten Paar der Entwurfszeichnungen um Klimt selbst und seine Geliebte Marie handelt2. In jedem Fall gehört die Studie zu einer der wichtigsten Werkphasen im Schaffen des Künstlers und ist ein schönes Zeugnis seines hohen zeichnerischen Könnens. Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen 1878-1903, Band I, Verlag Galerie Welz, Salzburg 1980, S. 274 Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen 1878-1903, Band I, Verlag Galerie Welz, Salzburg 1980, S. 274 Gustav Klimt, Hoffnung I (1903) © National Gallery of Canada, Ottawa 13 GUSTAV KLIMT (Wien 1862 - 1918 Wien) Schwangere Frau mit Mann nach links Studie für das Gemälde „Hoffnung I“ 1903 Blauer Farbstift auf Papier 44,5 x 30,3 cm Provenienz: Fritz Wärndorfer, Wien; Privatbesitz Salzburg Literatur: Marian Bisanz-Prakken, Gustav Klimt. The Magic of Line, Ausstellungskatalog, The J. Paul Getty Museum, Los Angeles, Albertina, Wien 2012, Abb. S. 159; Christian M. Nebehay, Gustav Klimt. Von der Zeichnung zum Bild, 1992, S. 142, Abb. 159; Katalog, Experiment Weltuntergang. Wien um 1900, Hamburger Kunsthalle, 1981, Nr. 32, m. Abb.; Alice Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen 1878-1903, Band I, Verlag Galerie Welz, Salzburg 1980, Wkv.Nr. 953, Abb. S. 277; Katalog, Gustav Klimt. Henri Matisse, Darmstadt, Mathildenhöhe, 1970, Nr. 56, m. Abb. Vgl.: Fritz Novotny, Johannes Dobai, Gustav Klimt, Verlag Galerie Welz, Salzburg 1975, Nr. 129, Abb. 42, S. 329 (Ölbild „Hoffnung I“) Ausgestellt: Ch. M. Nebehay, Wien 1963; Mathildenhöhe Darmstadt, 1970; Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1981; „Gustav Klimt - The Drawings“, J. Paul Getty Museum, Los Angeles 2012 Josef Maria Auchentaller Josef Maria Auchentaller wurde 1865 in Wien als Sohn eines Seidenhändlers geboren. 1886 begann er ein Studium an der Wiener Akademie und kam in die Klasse für Historienmalerei von Franz Rumpler. 1891 heiratete er Emma, die Tochter des vermögenden Silber- und Goldschmuckfabrikanten Georg Adam Scheid. Für diesen sollte Auchentaller acht Jahre später das Musikzimmer der Familienvilla im Wiener Cottage ausstatten, ein Meisterwerk der Jugendstildekorationskunst. 1892 ging die junge Familie, inzwischen war Tochter Maria geboren, nach München. Im selben Jahr wurde er Gründungsmitglied der Münchner Secession. 1896 begab sich der Künstler mit seiner Frau auf eine längere Italienreise, um 1897 nach Wien zurückzukehren. Auch hier gehörte er zu den Mitgliedern der ersten Stunde der neu gegründeten Secession, schuf eindrucksvolle Beiträge für das „Ver Sacrum“ und prägte so das Gesicht des Wiener Jugendstils maßgebend mit. Seine große Bedeutung kann auch daran bemessen werden, dass Auchentaller gemeinsam mit Gustav Klimt und Ferdinand Andri den großen Beethoven-Fries für die XIV. Secessionsausstellung gestaltete. Seine Interpretation von Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ hing gegenüber Klimts Beethoven-Fries. Allerdings waren durch die Arbeit an diesem prestigeträchtigen Projekt seine ganzen künstlerischen Ressourcen gebunden, sodass die Familie sich um andere Einkünfte umsehen musste. Emma Auchentaller erwarb mit der Hilfe von Freunden der Familie ein Grundstück in Grado und eröffnete in dem damals aufstrebenden Badeort die Pension „Fortino“, ein Unternehmen, das sich als äußerst erfolgreich erwies. Ab 1903 übersiedelte die gesamte Familie jeweils für die Sommermonate an die Adria. Die Wintermonate verbrachte man am Grundlsee. Dieser Standortwechsel führte dazu, dass sich der Künstler zunehmend vom Wiener Kunstleben isoliert sah und sich auch an immer weniger Ausstellungen beteiligte, zudem trat Auchentaller 1905 gemeinsam mit der Klimt-Gruppe aus der Secession aus. Nur in der Zeit von 1915 bis 1919 kriegsbe1)Veronika dingt unterbrochen – hier fand die Familie Zuflucht am Grundlsee – verbrachte der Künstler die Zeit bis zu seinem Tod 1949 in Grado. „Grado hinterlässt im Oeuvre Auchentallers markante Spuren. Nach und nach wird durch die geänderten Lebensumstände sein Schaffen zusehends in Richtung Porträt und Landschaftsbild gedrängt.“1 Nicht nur thematisch auch stilistisch kann eine Weiterentwicklung beobachtet werden. In den Jahren um 1900 sind in der Kunst Auchentallers alle wesentlichen Prinzipien der Jugendstilkunst zu finden, die Gleichheit von Figur und Grund, das Entwerfen unendlicher Rapporte und ein Hang zu „Flächenkörpern.“2 Nun lockert er seinen Malstil etwas auf, der Pinselduktus wird gestischer und das südliche Licht hat Einzug in seine Bilder gehalten. Gewisse Merkmale der Jugendstilmalerei sind um 1906, dem Entstehungsjahr vorliegenden Bildes, noch vorhanden. Das fast quadratische Bildformat, das dem Streben nach einem gleichmäßig ausgewogenen Flächensystem geschuldet ist, und die bewusst dekorative Verteilung der Bildelemente verweisen darauf. Auch die Einflüsse des Japonismus sind in den geschwungenen Linien der Segel und Taue, den stimmig platzierten Leerflächen – hier denken wir an die grandiosen Atterseebilder Gustav Klimts – dem direkten Einstieg in das Bildgeschehen, durch Heranrücken des Hauptmotives an die vordere Bildebene und dem Verschieben der kompositionellen Hauptachse zu einer Seite hin noch deutlich spürbar. „Josef Maria Auchentaller zählt zu den Besten und Originellsten in Wien um 1900. Die Loyalität gegenüber Klimt und seinen Anhängern sowie die private Orientierung nach Grado haben ihn schärfer als andere aus dem Geschehen in Wien gedrängt, eine Abwendung, die ihn bald zu Unrecht in Vergessenheit geraten ließ.“3 Es gilt diesen großen, wichtigen Künstler wieder zu entdecken. Vogelsberger, Josef M. Auchentaller (1865-1949). Leben und Werk. Dissertation an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Innsbruck 1985, S. 104 2)Josef Maria Auchentaller (1865-1949). Ein Künstler der Wiener Secession. Ausstellungskatalog, Leopold Museum, Wien 2009, S. 21 3)s.o., S. 35 Gustav Klimt, Am Attersee, 1900 ©Leopold Museum, Wien 14 JOSEF MARIA AUCHENTALLER (Wien 1865 - 1949 Grado) Schiffe in Grado 1906 Öl auf Leinwand 76,2 x 89,8 cm Signiert und datiert links unten: J. M. Auchentaller 1906 Rückseitig bezeichnet auf altem Klebeetikett. Auchentaller Schiffe Provenienz: Privatbesitz USA Literatur: Vgl.: Josef Maria Auchentaller (1865-1949). Ein Künstler der Wiener Secession. Ausstellungskatalog, Leopold Musem, Wien 2009, Kat.Nr. 4.22, Abb. S. 134; Veronika Vogelsberger, Josef M. Auchentaller (1865-1949). Leben und Werk. Dissertation an der Leopold-FranzensUniversität Innsbruck, Innsbruck 1985 Herbert Gurschner Herbert Gurschner, 1901 in Innsbruck geboren, inskribierte 1918 an der Akademie der bildenden Künste in München. Um 1920 pendelte er zwischen München und Innsbruck und beschickte bereits zahlreiche Ausstellungen. In diese Zeit fiel auch die enge Freundschaft mit Ernst Nepo, Alphons Schnegg und Rudolf Lehnert1. 1924 konnte er durch seine Ehe mit der englischen Adeligen Ella Dolores Erskine wichtige Kontakte zu englischen Künstler- und Sammlerkreisen knüpfen. Während dieser Jahre unternahm der junge Künstler ausgedehnte, oft monatelange Reisen nach Italien. 1928 wurde Gurschner als Gastaussteller im italienischen Pavillon zur Biennale in Venedig eingeladen. Ab 1929 stellte er in der renommierten Londoner Fine Art Society aus. Weitere Reisen nach Frankreich, in die USA und auf die Bermudas folgten. In London feierte er mit Ausstellungen bei Agnew’s und in New York in den Cooling Galleries weitere Erfolge. In den Nachkriegsjahren wandte er sich verstärkt der Bühnenbildgestaltung zu und entwarf unter anderem für die Covent Garden Opera, das Globe und das Hammersmith Theater zahlreiche Szenenbilder. Seine Kontakte zu Österreich nahm Gurschner nach dem Krieg verstärkt wieder auf. Er besuchte regelmäßig Innsbruck und machte von seiner Heimatstadt aus Reisen nach Italien, Deutschland und in die Schweiz. Bis zu seinem Tode 1975 blieb Herbert Gurschner seinem Heimatland Tirol, das ihm bei allen Ausstellungserfolgen in England und Amerika immer als wichtigste Inspirationsquelle seiner Malerei diente, weiter verbunden. Die künstlerischen Anfänge Herbert Gurschners fallen in eine Zeit des großen Umbruchs. Die Wiener Kunstlandschaft ist noch stark vom secessionistischen Jugendstil geprägt, der die Fesseln der Salonmalerei gesprengt hatte, erste Ansätze des Expressionismus keimen auf. In Paris sind bereits die Grundsteine für eine umfassende Neuinterpretation der Malerei gelegt. Paul Gauguin, Vincent van Gogh, Paul Cézanne 1)Gemeinsam mit Herbert Gurschner bilden die angeführten Künstler den sogenannten „Mühlauer Kreis“. 2)Johannes Eichner, Kandinsky und Gabriele Münter. Von Ursprüngen moderner Kunst, München 1957, S. 89 und Pablo Picasso revolutionieren mit ihren Arbeiten die Kunstwelt. In Deutschland sind es die Künstler des „Blauen Reiter“ und der „Brücke“, die mit Althergebrachtem brechen und Farbe und Form in ihren Bildern autarke Macht verleihen. Kaum ein junger Künstler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte sich diesen Strömungen entziehen. So kann man im frühen Werk Gurschners Anklänge an die fauvistische Malerei eines Maurice de Vlaminck ebenso finden wie abstrahierende Tendenzen, die an die Murnauer Zeit Wassily Kandinskys erinnern. Dieser hat um 1908 gemeinsam mit Gabriele Münter den „großen Sprung vom Naturabmalen mehr oder weniger impressionistisch zum Fühlen eines Inhalts, zum Abstrahieren, zum Geben eines Extraktes“2 gewagt. Das Erfühlen eines Inhaltes sowie die Wiedergabe von atmosphärischen Stimmungen erfolgt mittels der Farbe. Einerseits durch die Auswahl der Töne und deren Abstimmung zueinander und andererseits durch den Auftrag kann ein gewisser Effekt erzielt werden. Mit breitem Pinselstrich setzt Gurschner die Farben auf den Bildträger. Stellt sich der Vordergrund noch in herbstlich realistischen Braun- und Grüntönen dar, so romantisch entrückt präsentiert sich der Hügelzug im Hintergrund in zarten Rosa- und Violetttönen, die ihre Entsprechung im Laub der Birke im Vordergrund finden. Der Stamm des Baumes hat ebenfalls Farben der Umgebung aufgenommen. Luftig weit präsentiert sich der Himmelsraum in zartem Blau in Spachteltechnik gemalt. Erster Schnee bedeckt eine Bergkette rechts hinter dem Birkenstamm. Herbert Gurschner erweist sich als virtuoser Farbexpressionist bevor er den nächsten Schritt in Richtung Neue Sachlichkeit machen wird. Wassily Kandinsky, Herbst in Murnau, 1908 15 HERBERT GURSCHNER (Innsbruck 1901 - 1975 London) Herbstmorgen um 1920 Öl auf Karton 42 x 41 cm Signiert rechts unten: H GURSCHNER Provenienz: Privatbesitz Italien Literatur: Vgl.: Roland und Claudia Widder (Hg.), Herbert Gurschner. Ein Tiroler in London, Innsbruck-Wien 2000, Abb. 121, S. 130 Herbert Gurschner 1936 befand sich Gurschner auf der Spitze seiner Karriere. Als angesehener Künstler führte er ein reges gesellschaftliches Leben, das er unter anderem der Gönnerschaft Vivienne WoolleyHarts und ihres Mannes verdankte. „Madonna of the Island“ wurde erstmals in den Ferargil Galleries in New York im April 1937 gezeigt. Zur Eröffnung der Ausstellung reiste Gurschner von den Bermuda-Inseln an, auf denen er sich einige Wochen zuvor aufgehalten hatte. Aufgrund der Datierung des Bildes 1936 ist anzunehmen, dass er auch schon früher die Inselgruppe besucht hatte, was den Untertitel des Bildes „Tucker‘s Island, Bermuda“ erklären würde. In den dreißiger Jahren schuf der Maler eine Reihe Porträts, die „aus der Verbindung von Tiroler Sachlichkeit, englischer Manieriertheit und italienischem Raum- und Farberlebnis“1 gewachsen sind. Dabei spielt die Landschaft im Hintergrund stets eine wichtige Rolle in Bezug auf den dargestellten Menschen. Obwohl wir es hier mit einem klassisch-religiösen Motiv zu tun haben, ist die Madonna stilmäßig mit diesen Porträts eng verwandt. Die von einer leuchtenden Aura umgebene Mutter Gottes sitzt auf einer stilisierten grünen Insel, das Jesuskind auf ihrem Schoß. Die winzige Insel erinnert an die alte Tradition des „hortus conclusus“2, der auf die Jungfräulichkeit Marias, aber auch das Paradies anspielt, sie mag aber auch im Zusammenhang mit den Inseln der Bermudas stehen. Um die Madonna herum sprießen Glockenblumen, die ein Symbol der engen Verbundenheit sind – wohl zwischen Mutter und Kind, aber auch zum Maler selbst, wie er in der Inschrift festgehalten hat, in der er um ihren Schutz bittet. Bilder wie das nebenstehende, die am Höhepunkt von Gurschners Karriere geschaffen wurden, sind rare und gesuchte Sammlerstücke, die am europäischen Markt nicht oft zu finden sind. 16 HERBERT GURSCHNER (Innsbruck 1901 - 1975 London) Madonna of the Island Tucker‘s Island, Bermuda 1936 Öl auf Leinwand 152,4 x 111,8 cm 1)Gert Ammann, Herbert Gurschner. Zwischen Tradition und Selbstfindung, in: C. und R. Widder (Hrsg.), Herbert Gurschner. Ein Tiroler in London, Tyrolia Verlag, Innsbruck-Wien 2000, S. 33 2)„Geschlossener Garten“, eine Symbolik, die auf die Jungfräulichkeit Marias anspielt und meist noch durch symbolhafte Blumen verstärkt wird. Signiert und datiert rechts unten: Gurschner 1936 Signiert, datiert und betitelt rechts unten: Herbert Gurschner Tucker‘s Island Betitelt und beschriftet: DER FRAU SEELE UND MUTTER GEWIEDMET MÖGE SIE MIT MIR SEIN IN DIESEM LEBEN UND IM NÄCHSTEN. MADONNA OF THE ISLAND Provenienz: Privatbesitz New York Literatur: Vgl.: Roland und Claudia Widder (Hg.), Herbert Gurschner. Ein Tiroler in London, Innsbruck-Wien 2000 Ausgestellt: Ferargil Galleries, New York 1937; Vivienne Gallery, New York 1946 Max Oppenheimer Max Oppenheimer, der als Sohn des Musikschriftstellers und Journalisten Ludwig Oppenheimer 1885 in Wien geboren wurde, kam schon im Alter von fünfzehn Jahren als Gastschüler von Professor Griepenkerl an die Wiener Akademie der bildenden Künste. 1903 setzte er seine Studien an der Akademie in Prag fort, von wo aus er in der Folge die Wiener „Kunstschau“ mit einigen Bildern bestückte. Bei seiner Rückkehr nach Wien schloss er sich dem Künstlerkreis um Oskar Kokoschka und Egon Schiele an. Ab 1912 verwendete er das Markenzeichen „MOPP“ zum Signieren seiner Werke. Oppenheimers Lebensweg war von zahlreichen Umzügen zwischen Wien, Berlin und der Schweiz geprägt, bevor er 1938 in die USA emigrierte und bis zu seinem Lebensende 1954 in New York wohnte. Neben den zahlreichen expressiv-psychologisierenden Porträts gilt sein Interesse der Darstellung von Musik. Selbst seit früher Kindheit mit Violinunterricht aufgewachsen, führt er dieses oft wiederkehrende Thema in verschiedenen Techniken und Variationen aus. Ausgehend vom 1914 entstandenen Gemälde „Heßquartett“1, das die einzelnen Musikerporträts in der Komposition noch miteinbezieht, kommt es schon ein Jahr später zu einer formalen Steigerung des Motivs, indem Oppenheimer im Ausstellungsplakat für den Kunstsalon Wolfsberg2 erstmals die Musiker als Protagonisten ausschließt und sich in der Lithografie ausschließlich auf die den Klang erzeugenden Musikinstrumente, die Hände der Streicher und die Notenhefte konzentriert. Diese werden in Anlehnung an futuristische Gestaltungsmittel so ineinander verschachtelt, dass herkömmliche Kompositionskriterien, wie die Perspektive, völlig außer Kraft gesetzt werden. Das Fehlen jeglicher horizontal oder vertikal ausgerichteter Struktur erzeugt eine Dynamik, die die Bewegung beim Musizieren wiedergibt und die gespielten Töne sozusagen optisch hörbar macht. Durch diese formale Reduktion gelingt es 1)MOPP. Max Oppenheimer, die Musik und den Akt des Musizierens in völlig neuartiger Weise zu veranschaulichen. Das „Quartett“ von 1948 ist gewissermaßen eine ins Querformat auseinander gezogene Variante des „Rosé-Quartetts“ von 1920, aber im Unterschied zur früheren Arbeit wird die zweite Geige am rechten Bildrand zur Gänze, und nicht nur mit dem Hals und der Schnecke, dargestellt. Auch das Kolorit hat sich verändert: statt des von den Anzügen der Musiker inspirierten grauen Hintergrundes dominiert in dem rechteckigen Blatt ein warmer Gelbton, der der Darstellung eine heitere Note verleiht. Unser nebenstehendes „Quartett“ stellt außerdem eine für Sammler hochinteressante Besonderheit dar, ist sie doch keine „gewöhnliche“ handsignierte Farblithografie – auch eine solche wäre in kleiner Auflage selten genug – sondern ein vom Künstler in Teilen handkolorierter Probedruck („Epreuve corrigée“). Offenbar noch um Verbesserungen in der Farbgebung bemüht, hat Max Oppenheimer vor allem die rötlichen Korpusse der Streichinstrumente sowie die gelben Silhouetten der Personen mit markanten Aquarelllasuren verstärkt. Dieses faszinierende und als große Rarität anzusehende Werk besticht durch die präzise wiedergegebene Haltung der Musiker beim Streichen ihrer Instrumente, wie sie nur durch genaue Beobachtungsgabe sowie durch eigene Kenntnis des Violinspiels möglich ist. Beide Voraussetzungen erfüllte der hochmusikalische Maler, der unzufrieden war, „umgeben mich nicht meine Bilder, Bücher und Geigen“, wie er seiner Mutter in einem Brief von 1919 mitteilte3. Max Oppenheimer, 1885-1954, Ausstellung Jüdisches Museum der Stadt Wien, Wien 1994, Abb. S. 114; Marie-Agnes von Puttkamer, Max Oppenheimer – MOPP (1885-1954), Leben und malerisches Werk mit einem Werkverzeichnis der Gemälde, Wien 1999, S. 242, Wkv.Nr. 93 2)MOPP. Max Oppenheimer, 1885-1954, Ausstellung Jüdisches Museum der Stadt Wien, Wien 1994, Abb. S. 115 3)s.o., S. 192, 1919 17 MAX OPPENHEIMER (Wien 1885 - 1954 New York) Quartett 1948 Handkolorierte Farblithografie auf Papier 21,5 x 30,8 cm cm (Druckgröße) 30,3 x 43,1 cm (Blattgröße) Handsigniert rechts unten: MOPP Signiert im Stein rechter Rand: MOPP Betitelt und datiert Mitte unten: Quatuor - 1948 Bezeichnet links unten: Epreuve corrigée (Sonderdruck neben der regulären Auflage von 50 Stück) Provenienz: Privatsammlung England Literatur: Max Oppenheimer. Verzeichnis der Druckgraphik, Galerie Pabst, München 1993, Wkvz.Nr. L 26 Vgl.: Marie-Agnes von Puttkamer, Max Oppenheimer – MOPP (1885-1954). Leben und malerisches Werk mit einem Werkverzeichnis der Gemälde, Wien 1999; MOPP. Max Oppenheimer, 1885-1954, Ausstellung Jüdisches Museum der Stadt Wien, Wien 1994 18 CARL KAISER-HERBST (Wien 1858 - 1940 Wien) Boote vor Venedig 1906 Öl auf Malkarton 23,3 x 29,7 cm Signiert, datiert und unleserlich bezeichnet links unten: C. KAISER-HERBST .... 1906 Rückseitig datiert: 1906 Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1993, Band 2, S. 201; Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler des 19. Jahrhunderts, Band 2, Nachdruck Wien 1998, S. K 96 19 ERNST STÖHR (St. Pölten 1860 - 1917 St. Pölten) Weihnacht 1908 Mischtechnik auf Papier auf Karton 15 x 14,7 cm Monogrammiert rechts unten: ESt Rückseitig signiert, datiert und gewidmet: frohe Weihnachten 1908 E. Stöhr Provenienz: Privatbesitz Niederösterreich Literatur: Vgl.: Josef Engelhart (Hg.), Ernst Stöhr zum Gedächtnis, Wien 1918; Kathrin Pokorny-Nagel, Ernst Stöhr, in: Landeshauptstadt St. Pölten (Hg.), Sinnlichkeit und Versuchung. Jugendstil und Secessionskunst von Andri bis Olbrich, St. Pölten 1999, S. 21-26; Marian Bisanz-Prakken, Heiliger Frühling. Gustav Klimt und die Anfänge der Wiener Secession 1895-1905, Wien-München 1999 Originalgröße Peder Mørk Mønsted Peder Mørk Mønsted wurde am 10. Dezember 1859 in Balle Mølle in der Nähe von Grenaa an der dänischen Ostseeküste als Kind wohlhabender Eltern – der Vater war Schiffsbauer – geboren. Bereits als Schuljunge kristallisierte sich seine künstlerische Begabung heraus und er erhielt privaten Malunterricht bei dem Landschaftsmaler Andreas Fritz. Ab 1875 studierte er an der Kunstakademie in Kopenhagen. Stilistischen Einfluss erfuhr Peder Mønsted auch durch seine Mitarbeit im Atelier von Peder Severin Krøyer und 1882/1883 im Atelier des berühmten Franzosen William Adolphe Bouguereau. Beide Lehrmeister setzten sich auf ihre Weise mit der Einbeziehung von Lichtstimmungen in der Malerei auseinander und wurden so zu Wegbereitern des Impressionismus. Auf Studienreisen besuchte Peder Mønsted Italien, die Schweiz und Paris, bereiste Nahost und Nordafrika. Seine Arbeiten wurden auf zahlreichen Ausstellungen in Charlottenburg sowie auf den Münchner und Pariser Salons gezeigt. Bald nach der Jahrhundertwende galt Peder Mønsted als einer der bekanntesten dänischen Künstler, der mit großem Erfolg beispielsweise auf der Pariser Weltausstellung 1889 oder der Internationalen Kunstausstellung im Glaspalast in München 1892 ausstellte. Vor allem seine lichtdurchfluteten Schnee-, Wald- und Wasserlandschaften waren wegen der meisterhaften technischen Ausführung gefragt und sind auch heute am internationalen Kunstmarkt sehr gesucht. Genauso wie etwa Alfons Walde, der die zahlreichen Nuancen des Winters in den österreichischen Alpen mit großer Meisterschaft festhielt, ist Peder Mørk Mønsted der brillante Chronist seiner winterlichen dänischen Heimat. Anders aber als Walde, der zunehmend zu Monumentalisierung und Reduktion strebte, steht Mønsted mit seinen idyllischen Panoramen in der Tradition eines stimmungshaften Realismus und gilt heute als einer der besten Maler des Nordens. Beeindruckt von der „winterlichen Pracht“ rund um den Morteratschgletscher in der Schweiz ist es Peder Mørk Mønsted einmal mehr gelungen, den Betrachter in den Bann seiner ungemein plastischen Modellierung einer traumhaften Schneelandschaft zu ziehen. In einer unmittelbaren Bildsprache hält der Künstler die zeitlose Schönheit der unberührten Natur fest und hat dazu einen kleinen Ausschnitt des verschneiten Waldes gewählt. Schwer wiegt das Gewicht des Schnees auf den Ästen des Baumriesen links im Bild. Es scheint fast so, als würde er sich in seiner weichen, bauschigen Form sanft an die einzelnen Zweige schmiegen. Der Baum und seine Schneelast sind sehr lebendig und mit verblüffender Plastizität herausgearbeitet. Peder Mørk Mønsted hat seine Position auf einer kleinen Anhöhe, direkt vor der hohen Tanne im Vordergrund gewählt – sie nimmt den größten Teil der Bildfläche ein und teilt das Motiv diagonal in zwei Hälften. Durch die Technik des Repoussoir erzeugt er einen starken Tiefenzug und versetzt den Betrachter, dadurch dass er den Blick auf den Gletscher und den freundlich blauen Winterhimmel frei gibt, mitten in den Zauber des verschneiten Tannenwaldes. Die einzelnen Nadelbäume entlang des Weges rhythmisieren den Weg durch die blauen Schatten, die sie werfen. Je weiter man in die Ferne blickt, desto offener wird die Malweise, die im Vordergrund durch ihren beinahe fotografischen Realismus beeindruckt. Peder Mørk Mønsted ist aber nicht nur ein Meister im Malen von Schnee in all seinen Erscheinungen und vielfältigen Texturen, sondern er ist auch ein Virtuose in der Darstellung von Lichtimpressionen und hat ein besonderes Gespür für subtile Lichtverhältnisse. So taucht er die idyllische Szenerie in ein mildes Sonnenlicht, das in all seinen Nuancen von Gelb, Rosa und Blau über der Landschaft liegt. Bilder wie dieses sind ein hervorragendes Beispiel für die Kunst Peder Mørk Mønsteds, die damals wie heute aufgrund der stimmungsvollen Motive sowie der perfekten Ausführung international gesammelt werden. 20 PEDER MØRK MØNSTED (Grenaa 1859 - 1941 Fredensborg) Winterliche Pracht Morteratsch in Graubünden in der Schweiz 1920 Öl auf Leinwand 37,2 x 27,1 cm Signiert und datiert links unten: P. Mønsted Morteratsch 1920 Provenienz: Privatbesitz Dänemark Literatur: Vgl.: Hans Paffrath, Werkübersicht Peder Mönsted. Zauber der Natur, Düsseldorf 2013, S. 219, 220, Wkv.Nr. 1920_6, 1920_12 Ferdinand Brunner Der bekannte Landschaftsmaler und gebürtige Wiener Ferdinand Brunner lernte nach Absolvierung der Bürgerschule in den Ateliers der Hofmaler Carlo Brioschi, Hermann Burghart und Hans Kautsky, den namhaftesten Ausstattungskünstlern ihrer Zeit. Mit einundzwanzig machte er eine kurze Studienreise nach Kärnten. Die daraus resultierenden Bilder und Zeichnungen bewogen Professor Eduard Peithner von Lichtenfels dazu, Brunner auf die Akademie der bildenden Künste aufzunehmen. Bereits während seiner Studienzeit erhielt Brunner sämtliche Preise, Auszeichnungen und Stipendien, die die Akademie zu vergeben hatte. Es ist beeindruckend wie schnell und konsequent der junge Künstler seinen Weg ging. Eingebettet in den Kolorismus der Spätimpressionisten fand Brunner früh zu seinem ganz eigenen Stil. Weite, Einfachheit und Friede waren seine Motive und auch sein Lebenscredo. Seine Bilder laden zum Verharren ein, zur Stille und Ruhe in der Bewegtheit. 1901 wurde der Maler Mitglied des Wiener Künstlerhauses. Durch das unbeirrte Festhalten an seiner Richtung und den geistigen, aber auch technischen Anspruch seiner Bilder hatte Brunner bald einen großen Kreis von Freunden und Anhängern, die sein Schaffen würdigten. Beeinflusst durch seinen Lehrer Eduard Peithner von Lichtenfels und ausgehend vom secessionistischen Malstil um 1900 schuf er Bilder, die heute noch durch ihre Ausgewogenheit und stille Monumentalität beeindrucken. Dabei wahrte der Künstler stets Distanz zu seinen Motiven, was den besonderen Reiz seiner Landschaften ausmacht. 1945 starb Ferdinand Brunner in Wien. Ferdinand Brunner liebte die unberührte Natur, ihre Einfachheit und Stille. Er wählte stets ruhige, friedvolle, von der Hektik des städtischen Lebens isolierte Landstriche aus, um den Fokus wieder auf das Unscheinbare, das man nur allzu leicht übersieht, zu lenken. Um den Eindruck ländlicher Idylle zu verstärken, vermeidet er jegliche Staffage, in seltenen Fällen lässt er einzelne Gänse einen Weg entlang laufen oder eine Schafherde neben einer Mühle weiden. Meist jedoch beschränkt er sich auf das Wesentlichste und verzichtet auf überflüssige Details, um die Stimmung der verträumten Landschaft in ihrer Abgeschiedenheit wiederzugeben. Ferdinand Brunner schafft es so, seinen Motiven eine bemerkenswerte Weiträumig- und Großzügigkeit zu verleihen, selbst im kleinen Format wie in der hier abgebildeten „Landschaft in Niederösterreich“. Mit dem doppelten Tiefenzug, der durch die Darstellung des stillen Baches und der Allee erzeugt wird, lenkt der Künstler den Blick des Betrachters zu einem in der Ferne idyllisch eingebetteten Dorf – dem einzigen Anzeichen menschlichen Daseins in diesem Motiv. Der für Brunner charakteristisch tief angesetzte Horizont sowie das Licht, das zwischen den Baumstämmen der Platanen hervorblitzt, verstärken den Eindruck unendlicher Weite noch mehr. Mit einer großen kompositorischen Raffinesse verleiht Ferdinand Brunner dem Bild auch zusätzlich eine Leichtigkeit, indem er den Himmel durch das Blattwerk der Erle links durchscheinen lässt und somit den blickdichten, grünen Streifen der Baumkronen aufbricht. Charakteristisch sind auch die in feinen Nuancen abgestuften und in ihrer Vielfalt eindrucksvollen Grüntöne. Sie changieren von einem strahlend, leuchtenden Grün am Horizont, über ein saftiges Grasgrün der Wiesen, zu einem sonnengefärbten des Laubes bis hin zu einem satten Olivgrün, wenn man die Spiegelung der Wipfel im Bach betrachtet. Äußerst selten und deshalb umso bemerkenswerter ist der in Violett und Kaminrot üppig blumengesprenkelte Vordergrund. Aus dem fruchtbaren Boden sprießt der Bach-Nelkenwurz und lockert die stille Landschaft stimmungsvoll auf. Das um 1910 entstandene Gemälde ist unverwechselbar in seinem zarten Farbauftrag, der koloristischen Vielfalt und der idyllischen Atmosphäre. 21 FERDINAND BRUNNER (Wien 1870 - 1945 Wien) Blumen am Wasser um 1910 Öl auf Holz 19 x 29,8 cm Signiert links unten: FERDINAND BRUNNER Provenienz: Privatbesitz Niederösterreich Literatur: Vgl.: Marianne Hussl-Hörmann, Ferdinand Brunner. In der Stille die Welt erfassen, in: Parnass 4/2002, S. 80-85; Österreichische Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1992, Band 1, S. 128 ff.; Heinrich Fuchs, Ferdinand Brunner, Wien 1979 Alfons Walde Alfons Walde studierte ab 1910 an der Technischen Hochschule in Wien Architektur, allerdings mit einem Schwerpunkt in zeichnerisch-kreativen Fächern. 1911 fand in Innsbruck die erste und bereits sehr erfolgreiche Ausstellung mit Werken des jungen Künstlers statt, für die stilistisch Giovanni Segantini und der spätimpressionistische Maler Max von Esterle Pate standen. Gustav Klimt und Egon Schiele, die ihm auch freundschaftlich verbunden waren, erwiesen sich für die weitere künstlerische Entwicklung Alfons Waldes als prägend. Egon Schiele beispielsweise bestärkte ihn auch darin, sich weiterhin mit der intimen Welt seines ursprünglichen Lebensbereiches zu befassen. Nach seinem Einsatz bei den Tiroler Kaiserschützen in den Kriegsjahren 1914 bis 1918 ließ Alfons Walde sich endgültig in Kitzbühel nieder. In den zwanziger Jahren profitierte er vom heiteren Milieu des aufstrebenden Wintersportortes Kitzbühel in künstlerischer als auch persönlicher Hinsicht. Ab 1924 gestaltete er Plakate für die Tiroler Fremdenverkehrswerbung und Postkartenserien mit den für sein gesamtes Oeuvre charakteristischen Schneebildern aus Tirol. Ausstellungen wie unter anderem die „Biennale Romana“ 1925 trugen neben der ständigen Präsenz im Wiener Künstlerhaus zu seiner überregionalen Bekanntheit bei. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre entwickelte seine Malerei Analogien zur Neuen Sachlichkeit: mittels einfacher, präzise formulierter Kompositionen und in einer klaren Farbigkeit hielt er die Natur in markanter Formensprache fest. Nach dem Zweiten Weltkrieg, während dem er sich auch aus Ablehnung der vorherrschenden politischen Meinung in sein Berghaus am Hahnenkamm zurückgezogen hatte, war Alfons Walde vor allem mit architektonischen Entwürfen befasst. 1956 wurde ihm als späte offizielle Anerkennung der Professorentitel verliehen. 1)Gert Ammann, Alfons Walde 1891-1958, Innsbruck 2001, S.60 Einen besonderen Stellenwert im Schaffen Alfons Waldes nehmen die Aktdarstellungen ein. Diese oft sehr intimen, stets hocherotischen Frauenbildnisse erfreuen sich in Sammlerkreisen höchster Beliebtheit. Im Ölbild „Akt im Morgenlicht“ kommt zu der erotischen Komponente noch ein narratives Moment hinzu. Eine elegant in schwarz gewandete Dame sitzt auf einem Bett und betrachtet eine weitere Frau, die lediglich in rote Schuhe und ein zart durchscheinendes weißes Tuch gehüllt, an einem Fenster die Vorhänge auseinander gezogen hat und in die Morgensonne hinausblickt. Ist die bekleidete Dame so früh zu Besuch gekommen? Sind es Freundinnen oder Liebende? Beeindruckend an diesem Bild ist neben der inhaltlichen Komponente die Lichtführung, die Alfons Walde virtuos beherrscht. Die Morgensonne erhellt die am Fenster stehende Frau in gleißendem Licht und ihre zarte Gestalt wirft einen langen Schatten ins Halbdunkel des Zimmers hinein. Die sitzende Frau links im Bild wird in ihrer Vorderansicht auch von den Sonnenstrahlen erfasst, weicht fast zurück vor der Grellheit der Lichtes und sinkt zurück auf das Bett, das vom Bildrand stark beschnitten nur mit seiner Vorderkante zu sehen ist. Zu Recht gehören Aktdarstellungen wie diese neben den Winterlandschaften zu den gefragtesten Werken Alfons Waldes. „Gerade wegen ihres intimen Charakters zählen diese Sujets zu den malerisch freiesten Bildschöpfungen, in denen er unabhängig von den Zwängen des Verkaufes agieren konnte. Man spürt die Lust und Liebe, das innere Engagement, die Offenheit für Dinge, die ihn unmittelbar in seiner Lebensintensität berührt und zur Umsetzung in malerische Aussagen befruchtet hatten.“1 22 ALFONS WALDE (Oberndorf 1891 - 1958 Kitzbühel) Akt im Morgenlicht 1925 Öl auf Papier 21 x 15 cm Rückseitig datiert: 1925 Rückseitig Signaturstempel, Nachlassstempel und Bestätigung der Tochter des Künstlers Guta E. Berger geb. Walde Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Gert Ammann, Alfons Walde 1891-1958, Innsbruck 2001, Abb. S. 67; Alfons Walde. Ausstellungskatalog Leopold Museum, Wien 2006 Alfons Walde Alfons Walde gilt heute neben Albin Egger-Lienz, Wilhelm Nikolaus Prachensky oder Artur Nikodem als der unverwechselbare „Tiroler Maler“ schlechthin. Seine markanten, leuchtenden und plastisch ausformulierten Winterlandschaften wurden schon zu Lebzeiten des Künstlers gewissermaßen ein Massstab für die überzeugende Darstellung von Schnee in all seinen Facetten. So wurden durch seine populären Gemälde die Tiroler Landschaft im Wechsel der Jahreszeiten wie auch das vielfältig geschilderte bäuerliche Alltagsleben weit über die Grenzen Österreichs bekannt. Abseits seiner großartigen erfolgreichen Landschaftszyklen, die durch Motive wie das „Auracher Kirchl“, die „Trattalmen im Schnee“ oder „Aufstieg der Schifahrer“ gekennzeichnet sind, schuf Alfons Walde immer wieder sehr persönlich gefärbte Ansichten seiner Tiroler Heimat. Wie unermüdlich er immer wieder nach neuen Motiven und wirkungsvollen Inszenierungen „sucht“, zeigt das nebenstehende – in keinerlei weiteren Ausformungen oder Varianten bekannte - Motiv der „Almen im Schnee“: Hoch hinauf ins tiefwinterliche Gebirge hat es den Künstler gezogen und er schildert mit großer Sensibilität die fern von Technisierung und Wintersportlärm gelegenen Almen, die in eine dichte Schneedecke gehüllt sind. Nur der leicht verspurte Weg im Vordergrund, der rhythmisierend zu den beiden eingeschneiten Hütten führt, zeugt von sporadischer menschlicher Präsenz in dieser hochalpinen Re- gion. Jenseits des Tales ziehen sich mäandernd schattige Waldformationen hinauf bis zu einem schneebedeckten Gipfel, der, von den letzten Sonnenstrahlen umspielt, mächtig in den zartblauen Abendhimmel ragt. Das präzise abgestufte Kolorit und die formale Ausgewogenheit der Komposition verleihen diesem kleinen Panorama die für den Winter typische Stille und Ruhe, die der Darstellung einen beinahe meditativen Charakter verleiht. Ein wunderschön gemaltes Winterbild, das durch Alfons Waldes charakteristische kontrastreiche und plastische Modellierung des Schnees und das vibrierende Wechselspiel von Licht und Schatten beeindruckt. Mit diesem stimmungsvollen Gemälde, das motivisch eine absolute Rarität in seinem Werk darstellt, hat der Künstler seiner geliebten Tiroler Bergwelt ein beeindruckendes Denkmal setzt. 23 ALFONS WALDE (Oberndorf 1891 - 1958 Kitzbühel) Almen im Schnee um 1935 Öl auf Karton 28 x 23 cm Rückseitig Nachlassstempel und Bestätigung der Tochter des Künstlers Guta E. Berger geb. Walde Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Gert Ammann, Alfons Walde 1891-1958, Innsbruck 2001; Alfons Walde. Ausstellungskatalog Leopold Museum, Wien 2006 Expertise von Peter Konzert, Innsbruck, vom 7. 6. 2010 liegt bei. Albin Egger-Lienz 1868 wurde Albin Egger-Lienz in Stribach bei Lienz als uneheliches Kind der Maria Trojer und des Kirchenmalers und Fotografen Georg Egger d. J. geboren, getauft auf den Namen Ingenuin Albuin Trojer. 1877 bewilligte ihm die k. k. Statthalterei Lienz den Namen Egger zu führen. Schon früh wurde die künstlerische Begabung erkannt und vom Vater und dessen Freund, dem Maler Hugo Engl, gefördert. 1884-1893 studierte Egger-Lienz an der Münchner Akademie, wo er auch Bekanntschaft mit Franz von Defregger machte. In den folgenden Jahren pendelte der junge Künstler zwischen Lienz und München, bis er 1899 heiratete und nach Wien zog, wo er Mitglied der Genossenschaft bildender Künstler und Gründungsmitglied des Hagenbundes wurde. 1902 bis 1907 wurden ihm laufend Preise für seine Bilder verliehen. In diesen Jahren entstanden auch die ersten Fassungen seiner berühmtesten Motive des „Sämanns“, des „Totentanzes“ und der „Schnitter“ oder „Bergmäher“. Eine Professur an der Wiener Akademie scheiterte am Widerstand von Thronfolger Franz Ferdinand. 1915 wurde Egger dem Kriegsfürsorgeamt zugeteilt, wo er Kriegspostkarten entwarf, bis 1919 entstanden zahlreiche Kriegsbilder. Als ihm schließlich 1919 wieder die Professur an der Akademie angeboten wurde, lehnte der Künstler ab. In den zwanziger Jahren entstanden zahlreiche weitere Hauptwerke des Malers. Am 4. November 1926 starb Egger-Lienz in St. Justina bei Bozen. 1907 entsteht die erste mit „Die Bergmäher“1 bezeichnete Fassung gekennzeichnet durch eine genauere Schilderung der Almwiese und der sie umgebenden Bergwelt2. Die Gewänder der drei Männer sind in ihrem Faltenwurf präziser geschildert als in späteren Varianten. Begleitet wird diese Arbeit so wie auch die später folgenden von zahlreichen Studien, Varianten, Wiederholungen und Teilwiederholungen, wobei einzelne Mäher immer wieder weggelassen oder in neue Positionen gebracht werden. In der zweiten Fassung des Sujets „Zwei Bergmäher“, die 1913 entstanden ist und sich heute im Besitz des Museums der Stadt Lienz auf Schloss Bruck befindet, kommt es bereits zu einer erhöhten Stilisierung der beiden Bergbauern und 1)Leopold zu einer dekorativeren Anordnung der Komposition, die einerseits mit dem vorherrschenden Jugendstil aber auch auf die Auseinandersetzung mit dem Werk Ferdinand Hodlers zurückzuführen sein dürfte3. Ab 1918 stehen die Bauern im hohen Korn, das ihnen bis zum Knie reicht. Für diesen Typus hat sich der Titel „Schnitter“ durchgesetzt. Die späteren Versionen nach 1920 sind expressiver und pastoser im Farbauftrag, auch düsterer im Kolorit. In vorliegender großformatiger Aquarell-Variation aus den zwanziger Jahren greift Albin Egger-Lienz in Anordnung und Haltung auf die vorderen beiden Schnitter der frühen ersten Fassung von 1907 zurück. Er hat zu der für ihn idealen, noch reduzierteren Interpretation des Themas gefunden: Der Bildausschnitt ist verkleinert und die vordere Figur noch näher an den Betrachter herangerückt. Die Beine abwärts der Knie werden vom Bildrand verdeckt. Die Rückenfigur rechts ist verschwunden, überhaupt verzichtet der Maler auf einen Hintergrund oder die genaue Definition der Umgebung. Es kommt zu einer Reduktion nicht nur in der Detailausführung sondern auch in der Farbigkeit auf Ocker- und Blautöne. Weiß auch in den Umrisslinien wird durch Freilassen des Papiergrundes erzielt. Die von der schweren Arbeit gekrümmten Rücken der Bauern sind mit einem kräftig kobaltblauen Streifen zusätzlich betont und verleihen den Figuren eine eigentümliche Aura. Thematisch sind hier Parallelen zu Bildern von Jean-François Millet oder den Skulpturen Constantin Meuniers anzudenken. Mit seinen Schilderungen des kargen ländlichen Lebens nimmt Albin Egger-Lienz eine Sonderstellung im Kunstschaffen seiner Zeit ein. Er erschafft einen neuartigen Genretypus, der geprägt ist von einer Betonung der Volumina und einem Streben nach Monumentalität. Das führt zu einer konsequenten Vereinfachung in der Gestaltung seiner Figuren, einer Reduzierung des Stofflichen, hin zu einer Stilisierung einzelner Typen wie zum Beispiel den Schnittern, die als Archetypen über Jahre immer wieder in seinem Werk auftauchen und ein wichtiger Beitrag zur Kunstgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts sind. Museum, Wien, Inv. 716 Entstehungsort dieser frühen Fassung ist das Tiroler Ötztal. 3)Die Arbeiten des Schweizer Künstlers waren bereits 1904 auf der 19. Ausstellung der Wiener Secession zu sehen und hatten einen nachhaltigen Einfluss auf Egger-Lienz, auch wenn er dies später bestreiten sollte. 2)Der Bergmäher (I. Fassung) 1907 Öl auf Leinwand 94,6 x 150 cm © Leopold Museum, Wien, Inv. 716 ALBIN EGGER-LIENZ (Stribach bei Lienz 1868 1926 St. Justina bei Bozen) 24 Zwei Schnitter um 1920/1923 Aquarell und Deckweiß auf Papier 65 x 99 cm Signiert rechts unten: Egger-Lienz Provenienz: Grete Welzenbacher, Absam; Rudolf Sorio, St. Lorenzen; Privatsammlung Österreich Literatur: Wilfried Kirschl, Albin Egger-Lienz 1868-1926, Wien 1977, S. 608, Wkv.Nr. Z 443 Vgl.: Maria Rennhofer, Albin Egger-Lienz. Leben und Werk 1868-1926, Wien 2000; Albin Egger-Lienz 1868-1926, Ausstellungskatalog Leopold Museum, Wien 2008 Emil Nolde Emil Nolde, einer der führenden Maler des Expressionismus und einer der großen Aquarellisten des 20. Jahrhunderts, wurde 1867 als Hans Emil Hansen in Nolde in Schleswig-Holstein geboren. 1884 bis 1888 erhielt er an der Kunstgewerbeschule in Flensburg eine Ausbildung zum Schnitzer und Zeichner. Erste Erfolge mit als Postkarten gedruckten kleinen, farbigen Zeichnungen der Schweizer Berge bestärkten ihn in dem Entschluss, Maler zu werden. Nach einer Ablehnung an der Münchner Akademie ging er an die private Malschule Adolf Hölzls nach Dachau und 1899 nach Paris an die Académie Julian. Ab 1903 war im Sommer die Insel Alsen der Hauptwohnsitz von Emil Nolde und seiner Frau Ada, im Winter lebte er meist in Berlin. In den Jahren 1906 und 1907 war er Teil der Künstlervereinigung „Brücke“, ab 1909 Mitglied der Berliner Secession. Den Ersten Weltkrieg verbrachte der Künstler vorwiegend in Dänemark. 1926 erwarben er und Ada eine leerstehende Warft1, die sie Seebüll nannten und errichteten dort ein Wohnund Atelierhaus mit einem prachtvollen Garten. Trotzdem sich Emil Nolde selbst als urdeutschen Künstler betrachtete, wurden seine Bilder 1937 in der Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt, zahlreiche seiner Werke wurden beschlagnahmt und zerstört. Ab 1938 bis 1945 malte er, mit einem Arbeitsverbot belegt, die sogenannten „Ungemalten Bilder“, kleinformatige Aquarelle, die man gut verstecken konnte und die erst nach seinem Tod entdeckt wurden. 1944 wurde die Berliner Wohnung durch Bomben zerstört. Erst nach 1945 wurde der Maler mit zahlreichen Auszeichnungen und Ehrungen bedacht. Emil Nolde starb 1956 in Seebüll. Überall wo Emil Nolde sich niederlässt, legt er wundervolle Blumengärten an. Die Vielfalt und Pracht der Pflanzen regen ihn zu zahllosen zumeist in Aquarelltechnik gearbeiteten Bildern an. Diese, seine bevorzugte Technik, kommt seinem 1)Eine Streben nach Spontaneität und unmittelbarer Ausdrucksweise sehr entgegen, da rasches und zügiges Arbeiten gefordert ist. „Mit voll getränktem, schwerem Pinsel und in raschen, fast organisch sicheren Abläufen werden die Bilder aus der Farbe geboren, die von den weichen, saugfähigen Japanpapieren begierig aufgenommen wird.“2 Nolde versucht im Malen den Verstand auszuschalten und wesentlich dem Instinkt zu folgen. Er verwendet reine, ungebrochene Farben, Unregelmäßigkeiten und fließende Übergänge, Flecken oder Verläufe werden mit einbezogen, er nennt das „das Einbeziehen des kontrollierten Zufalls“3. Die lockere, zügige Arbeitsweise merkt man auch vorliegender Arbeit an. Leuchtend bunte Papaver Stauden, vor allem der intensiv rote türkische Mohn, dürften zu Emil Noldes Lieblingsblumen gehört haben, tauchen sie doch in zahlreichen seiner Blumenaquarelle in verschiedensten Kombinationen auf. In vorliegendem Hochformat kombiniert der Künstler die leuchtend farbigen, zarten Blütenköpfe der unterschiedlichen Mohngewächse in Rot, Orange und Blau mit stolz hochragenden gelben Sonnenblumen. Der Hintergrund ist wie zumeist in diesen Kompositionen in weitgehend neutralen, zart lasierend aufgetragenen Farbtönen, hier ein wenig sattes Grün kombiniert mit durchscheinendem Kobaltblau und hellem Violett, gehalten. Die Blüten sind wie zum Greifen nah an den Bildvordergrund gerückt, was neben der Leuchtkraft der Farben ein weiterer Grund für das intensive Seherlebnis ist, das man beim Betrachten der Blumenaquarelle Emil Noldes hat. Der Künstler will das tiefe Glücksgefühl, dass er beim Malen empfindet, übertragen: „...von dieser Schönheit möchte ich so gern, dass meine Bilder etwas geben...“4. Und das ist ihm ohne Zweifel mehr als gelungen. Warft ist ein künstlich aus Erde aufgeschütteter Siedlungshügel, der dem Schutz bei Sturmfluten dient. Warften gibt es in den nordwestdeutschen Marschgebieten, in der Nordsee auf den Halligen sowie in den Niederlanden und im südwestlichen Dänemark. 2)Manfred Reuther, Nolde Stiftung Seebüll (Hg.), Emil Nolde. Mein Garten voller Blumen, Seebüll-Köln 2014, S. 33 3)Manfred Reuther (Hg.), Emil Nolde. 2. Auflage, Seebüll-Köln 2014, S. 95 4)Manfred Reuther, Nolde Stiftung Seebüll (Hg.), Emil Nolde. Mein Garten voller Blumen, Seebüll-Köln 2014, S. 24 25 EMIL NOLDE (Nolde 1867 - 1956 Seebüll) Mohn und Sonnenblumen um 1945 Aquarell auf Japanpapier 27,5 x 22,8 cm Signiert links unten: Nolde Fotoexpertise von Prof. Dr. Manfred Reuther, Nolde Stiftung Seebüll, vom 26. März 2015 liegt bei. Das Aquarell ist in der Nolde Stiftung Seebüll registriert. Provenienz: Mrs. Ratz, Dänemark; Privatsammlung Lugano; Marlborough-Gerson Gallery, New York; Privatsammlung New York Literatur: Vgl.: Manfred Reuther, Nolde Stiftung Seebüll (Hg.), Emil Nolde. Mein Garten voller Blumen, Seebüll-Köln 2014, Abb. S. 62 ff..; Manfred Reuther (Hg.), Emil Nolde. 2. Auflage, Seebüll-Köln 2014, Abb. 69 ff.; Agnes Husslein-Arco, Stephan Koja (Hg.), Emil Nolde. In Glut und Farbe. Ausstellungkatalog, Unteres Belvedere, Wien 2013/2014, Abb. S. 210 ff. © Nolde Stiftung Seebüll Emil Nolde Emil Nolde zählt neben August Macke und Paul Klee zu den ersten Künstlern, die im frühen 20. Jahrhundert die Aquarellmalerei wiederentdecken - seit 1908 widmet er sich immer intensiver dieser in Deutschland bislang eher zweitrangig behandelten Technik. Der schnelle, kontrastreiche Farbauftrag und die improvisierende Leichtigkeit der Darstellung avancieren zum prägenden Ausdrucksmittel seiner Kunst und über die Jahre gelangte er zu verblüffender gestalterischer Freiheit, stilistischer Meisterschaft und einer großen Virtuosität in der Verwendung der Farbe. Zeitlebens war Emil Nolde von Natur und Gärten fasziniert und überall wo er sich niederließ, legte er Blumengärten an. Der Umzug nach Seebüll1 im Jahre 1927 bedeutete für den Künstler abermals einen Neuanfang: „Es waren nur nackte grüne Felder um das Haus herum. Ein Stück solches Grasfeld sollte unser Garten werden. Ein hartes Beginnen, aber es musste gelingen“.2 Vergleichbar dem berühmten Garten Claude Monets in Giverny schuf er sich auch in Seebüll ein blühendes Refugium direkt an seinem Wohn- und Atelierhaus. Viele Blumenaquarelle, so auch das hier gezeigte, haben einen direkten Bezug zu seinem Garten. „Die Farben der Blumen zogen mich unwiderstehlich an, und fast plötzlich war ich beim Malen. […] Die blühenden Farben der Blumen und die Reinheit dieser Farben, ich liebte sie. Ich liebte die Blumen in ihrem Schicksal: empor sprießend, blühend, leuchtend, glühend, beglückend, sich neigend, verwelkend, verworfen in der Grube endend. Nicht immer ist unser Menschenschicksal ebenso folgerichtig und schön […]“3 bekannte Emil Nolde. Die Art, wie er die Blumen aus nächster Nähe und ohne genauer definierten Hintergrund darstellte, aus dem einfühlenden Erleben der Natur heraus, hat mit dem klassischen Blumenstillleben wenig gemein. Dekorativ in einer Vase arrangierte Blumensträuße interessierten den Künstler selten, er schätzte die wachsende Pflanze als Teil der lebendigen Natur. Ihn faszinierte ihre Blüte, die er farbintensiv – wie es nur das Aquarell zulässt – 1)In Schleswig-Holstein nahe der dänischen Grenze gelegen. 2)http://www.nolde-stiftung.de/de/55/garten.html 3)Emil Nolde, in: Martin Urban, Emil Nolde. Blumen und Tiere. Aquarelle und Zeichnungen, Köln 1965, S. 74 auf das feuchte Japanpapier bannte. Botanische Details werden aufgegeben, wenn Blütenblätter nass-in-nass ineinander fließende „Farbmeere“ bilden. Durch die Transparenz des Aquarells vermag der Künstler das glühende Kolorit der in der Sonne leuchtenden Sommerblumen noch weiter zu intensivieren. Der mit großem Aufwand und Hingabe angelegte Garten vor dem Haus, durch Bäume vor dem Wind geschützt, erwächst zum unerschöpflichen Inspirationsquell seiner Kunst, so dass der Entstehungsort dieses herrlichen Blattes „Goldmelisse und Astern“ wahrscheinlich auch hier anzusiedeln ist. Wie so oft wählte der Künstler einen begrenzten Ausschnitt in Nahsicht, bei dem sich die dichte Fülle der Blumen im Vordergrund „teppichartig“ ausbreitet. Mehrere prachtvoll geöffneten Blütenköpfe verteilen sich dicht an dicht über den Bildträger und erwartungsvoll recken sie sich dem Betrachter, ähnlich wie dem lebensspendenden Sonnenlicht, entgegen. Die Blüten, deren kraftvoll reduzierte Formen über das Bildformat hinauszudrängen scheinen, sind vom Papierrand teilweise angeschnitten. Die Farbe ist mit nassem Pinsel aufgetragen, dabei verlaufen die Konturen, es bilden sich Ränder, Flecken oder Farbzentren. Besonders schön sind die roten Indianernesseln, hier gelingt dem Maler eine regelrechte Farbexplosion. Durch die Gegenüberstellung der Komplementärfarben Rot und Grün sowie Blau und Gelb beginnen die Farben mit besonderer Intensität zu leuchten. Der zart bläulich-gelb lasierte Hinter- oder Himmelsgrund verleiht dem Bildganzen eine duftige, geradezu ätherische Leichtigkeit. Dieses beispielhafte Blumenaquarell trägt in seiner virtuosen Malerei, der kraftvollen Vereinfachung der Form sowie in der einzigartigen Verselbständigung der Farbe alle Kennzeichen der unverwechselbaren, international gefragten expressionistischen Kunst Emil Noldes. 26 EMIL NOLDE (Nolde 1867 - 1956 Seebüll) Goldmelisse und Astern um 1930 Aquarell auf Japanpapier 34,5 x 45,5 cm Signiert links unten: Nolde Signiert rechts unten: Nolde Gutachten Prof. Manfred Reuther, Nolde Stiftung Seebüll, vom 20. Juni 2013 liegt bei. Das Aquarell ist in der Nolde Stiftung Seebüll registriert. Provenienz: Privatbesitz Deutschland Literatur: Vgl.: Manfred Reuther, Nolde Stiftung Seebüll (Hg.), Emil Nolde. Mein Garten voller Blumen, Seebüll-Köln 2014; Manfred Reuther (Hg.), Emil Nolde. 2. Auflage, Seebüll-Köln 2014; Agnes Husslein-Arco, Stephan Koja (Hg.), Emil Nolde. In Glut und Farbe. Ausstellungkatalog, Unteres Belvedere, Wien 2013/2014 © Nolde Stiftung Seebüll Josef Stoitzner Der Sohn des Landschaftsmalers Konstantin Stoitzner erhielt seine erste Ausbildung an der Wiener Kunstgewerbeschule und studierte von 1906 bis 1908 an der Akademie der bildenden Künste bei Franz Rumpler. Dank seiner vorbildlichen pädagogischen und künstlerischen Fähigkeiten wurde Josef Stoitzner von 1916 bis 1919 Nachfolger von Tina Blau an der Wiener Frauenakademie und lehrte ab 1932 an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Der Maler wurde 1909 Mitglied der Wiener Secession und gehörte ab 1939 ebenso dem Wiener Künstlerhaus an. Josef Stoitzners anfängliches Kunstschaffen fiel in die Zeit des Secessionismus, dessen Gestaltungsprinzipien aus seinem Oeuvre nie gänzlich verschwanden, obwohl der Künstler schon bald zu einem unverwechselbaren, eigenständigen Realismus fand. Dieser zeichnet sich durch seine Vorliebe für das lineare Element, eine detaillierte Zeichnung, leuchtende Farben und stark betonten Konturen aus. Dabei gelang es ihm „auf erstaunliche Weise, den malerischen Duktus in die lineare Konzeption zu integrieren.“1 Der 1920 entstandene „Blick auf den Wallersee“ gehört mit seinen stark ausgeprägten Anklängen an den Jugendstil zum Frühwerk des Künstlers. Auffallend ist die Anordnung in streng parallel gelagerten horizontalen Ebenen, die an Kompositionen Ferdinand Hodlers denken lässt. Auch die Dominanz heller Farbtöne, die Betonung des Horizonts und die Wolken am Himmel als Stimmungsträger sind Merkmale der Malerei des großen Schweizer Künstlers. Josef Stoitzner liebt den hoch angesetzten Horizont, die aufrecht stehende Bildfläche wird optisch in eine Ebene umgedeutet. „Der Blick registriert den Erdboden unter den Füssen, gleitet von da bis zu den fernen Distanzen und höchsten Höhen.“2 Dem Vordergrund kommt dabei zumeist besonders große Bedeutung zu, wie hier der Baumreihe am Ufer. Ihr scharfer, scherenschnittartiger Umriss hebt sich deutlich vom dahinterliegenden Wasser des Sees ab. Das Motiv einer zumeist blattlosen Baumsilhouette, die sich von einem hellen 1)Erich Hintergrund abhebt, findet sich häufig im Jugendstil wieder, so auch in den frühen Holzschnitten Stoitzners. Gerne wird der Künstler als „Anatom der Bäume“3 bezeichnet, weil diese für seine Kompositionen so bestimmend sind. Auch in vorliegendem Bild fällt der erste Blick auf die Buchen und Lärchen im Vordergrund, die an einem zum Wasser führenden Abhang stehen. Dahinter breitet sich der See in strahlendem Weiß aus, wodurch die Silhouetten der Bäume noch mehr zur Geltung kommen. Auf das helle Blau des Wassers hat der Künstlers pastos weiße Farbe aufgestupft, sodass man fast den Eindruck hat, auf eine Schneefläche und nicht auf einen See zu blicken. Eine Verfremdung der Farbigkeit zugunsten einer angestrebten Stimmung ist nicht untypisch im Werk Josef Stoitzners. „Die dem Sonnenlicht ausgesetzten Landschaftsbereiche nehmen vielfach eine unnatürlich helle, dabei matte, wie ausgebleicht wirkende Farbigkeit an. Typisch sind gebrochene, milchige Pastelltöne von Rosa, Hellocker und Lindgrün, die nicht auf Leuchtkraft abzielen, dennoch das Auge stechen, in ihrer stumpfen Helligkeit seltsam berühren.“4 Interessant ist auch das ständige Austarieren von Nähe und Ferne, das den Blick von der Baumreihe im Vordergrund zu den Ausläufern der Alpen im Südwesten des Wallersees springen lässt und dann über den Himmel wieder zurück zum Ausgangspunkt. Dabei legt der Künstler „eine Distanz zwischen Bild und Betrachter, er friert die Stimmungen gewissermaßen ein, wir werden hineingezogen und sind gleichzeitig ausgeschlossen….Diese Distanzhaltung, die das Auge zwar nahe heranführt, aber nicht eindringen lässt, schließt eine Idealisierung des Ländlichen von vornherein aus.“ Der „Blick auf den Wallersee“ ist ein hervorragendes frühes Werk Josef Stoitzners, das seine dekorative Wirkung voll zu entfalten versteht. Marx, Peter Laub (Hg.), Josef Stoitzner. 1884-1951, Salzburg Museum, Salzburg 2010, S. 30 S.41 3)Josef Stoitzner. 1884-1951. Ausstellungskatalog, Heimatmuseum Bramberg, Bramberg 1981, o. S. 4)Erich Marx, Peter Laub (Hg.), Josef Stoitzner. 1884-1951, Salzburg Museum, Salzburg 2010, S. 31 2)s.o., Ferdinand Hodler, Der Genfersee von Chexbres aus, 1905 © Kunstmuseum, Basel 27 JOSEF STOITZNER (Wien 1884 - 1951 Bramberg) Blick auf den Wallersee um 1920 Öl auf Leinwand 65 x 80 cm Signiert links unten: STOITZNER JOSEF Provenienz: Privatbesitz Belgien Literatur: Vgl.: Erich Marx, Peter Laub (Hg.), Josef Stoitzner 1884–1951, Ausstellungskatalog, Salzburg Museum, Salzburg 2010, Abb. S. 66 f.; Marianne Hussl-Hörmann, Josef Stoitzner. Immer wieder Landschaften, in: Parnass, Heft 3, Wien 2006, S.62 ff.; Hans Hönigschmid, Bramberg am Wildkogel, 1. Band, Bramberg 1993, S. 525-527 „Der Maler Josef Stoitzner“ Josef Stoitzner Josef Stoitzners künstlerische Anfänge in den ersten Jahren nach 1900 standen deutlich im Zeichen der damals europaweit dominierenden Jugendstilbewegung. Mit seinen vorwiegend alpinen Motiven, die er in stilistisch unverwechselbaren Farbholzschnitten umsetzte, wurde er schon früh einem größeren Publikum bekannt. Diese grafische Komponente sollte aber auch in sein malerisches Schaffen Eingang finden und zunehmend eine bestimmende Rolle spielen. Josef Stoitzner gelang es wie kaum einem anderen Maler seiner Generation, in einer unverwechselbaren Bildsprache die beiden Pole einer flächig-linearen Stilisierung mit einer gesteigerten raumplastischen Wirkung zu verschmelzen. Ganz gleich, ob es sich um seine großformatige Landschaftspanoramen aus dem Pinzgau und dem Alpenvorland handelt oder um reizvolle kleinformatige Stillleben und Interieurbilder, stets sind seine ausgewogenen Kompostionen von markanter Klarheit und subtiler Stimmung. Bei Josef Stoitzner stehen - von den frühen Anfängen der Jahrhundertwende bis zum Spätwerk der 1940er Jahre - die durchgehend hohe künstlerische Qualität sowie die große gesellschaftliche Akzeptanz seiner Arbeiten außer Streit. Gerade seine Landschaftsbilder scheinen seit jeher gewissermaßen den Nerv des großstädtischen Bürgertums getroffen zu haben, vermitteln sie doch in unvergleichlicher Weise so etwas wie die Sehnsucht nach heroischer, unberührt gebliebener Natur und nach ursprünglichem, unverdorbenem Landleben, sei es auf abgeschiedenen alten Bauerngehöften oder in friedvollen, idyllischen Dörfern abseits des Lärms und der Hektik des modernen Daseins. Ein geradezu idealtypisches Beispiel für seine Motivwelten und seine haptische Formensprache ist nebenstehendes Gemälde „Nach dem Regen“, welches auch in der großen Monografie über Josef Stoitzner repräsentativ abgebildet ist. Eine sanft schwingende, in satten Grüntönen ge- haltene Wiesenlandschaft ist hier das Bildthema, vielleicht im Salzburgischen, möglicherweise aber auch im Alpenvorland entstanden, wo der Künstler in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg häufig auf Motivsuche war. Besonders markant - und auch auf den Bildtitel verweisend - ist das stark bildeinwärts mäandernde Lineament des Feldweges, in dessen regennassen Furchen sich hell der Himmel widerspiegelt. Der Blick des Betrachters wird hier gekonnt durch den steilen Tiefenzug in den Bildraum gezogen. Mosaikartig reihen sich blühende dunkelgrüne Wiesenstreifen neben ockerfarbige Felder und helle Futterwiesen, die in verschieden abgestuften Pinselstakkatozügen harmonisch zu einem Bildganzen verwoben sind. Eine kleine, holzgebaute Almütte ruht friedlich eingebettet am Fuße eines Hügels, dessen Silhouette von einer raumgreifenden Baumgruppe gebildet wird. Die Wolkentürme des abziehenden Regenschauers ragen hoch in den nunmehr freundlichen blauen Sommerhimmel und bilden den kompositorischen Kontrapunkt zu den schillernden Pfützen des Vordergrundes. Nicht nur durch den spannungsreichen Bildauschnitt und die gekonnt platzierten Farbnuancen, sondern auch durch die plastische Textur des gleichmässig schwingenden Borstenpinsels ist nebenstehende idyllische Sommerlandschaft in den Alpen eindrucksvoll und unverwechselbar rhythmisiert. Einmal mehr ist es Josef Stoitzner überzeugend gelungen, eine sehr persönliche Impression aus der heimischen Bergwelt in zeitloser Schönheit und vollendeter Klarheit der Form für die Nachwelt festzuhalten. 28 JOSEF STOITZNER (Wien 1884 - 1951 Bramberg) Nach dem Regen um 1925 Öl auf Malkarton 63 x 47,5 cm Signiert rechts unten: JOSEF STOITZNER Rückseitig bezeichnet: Josef Stoitzner Wien, V Schönbrunnerstr. 147 Rückseitig altes Klebeetikett Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Erich Marx, Peter Laub (Hg.), Josef Stoitzner. 1884-1951. Ausstellungskatalog, Salzburg Museum, Salzburg 2010, S. 204, Abb. S. 90f.; Marianne Hussl-Hörmann, Josef Stoitzner. Immer wieder Landschaften, in: Parnass, Heft 3, Wien 2006, S.62 ff.; Hans Hönigschmid, Bramberg am Wildkogel, 1. Band, Bramberg 1993, S. 525-527 „Der Maler Josef Stoitzner“ Hans Figura Hans Figura wurde 1898 in Groß Kikinda in Ungarn geboren. 1908 kam er an die Graphische Lehrund Versuchsanstalt nach Wien und studierte bei Erwin Puchinger und Rudolf Junk. Im Ersten Weltkrieg war er an der russischen und italienischen Front im Einsatz. Er schuf neben seinem schmalen malerischen Werk vorwiegend Druckgrafik, Buchillustrationen, aber auch Buchbindeund Lederarbeiten, sowie zahlreiche kunstgewerbliche Exponate. Vor allem auf dem Gebiet der Farbradierung und der Aquatinta darf er zu den Pionieren dieser Techniken gezählt werden. Neben seinem Studio in Wien hatte Hans Figura in den späten 1920er Jahren auch ein Atelier in New York. Er beschickte regelmäßig Ausstellungen im Wiener Künstlerhaus, aber auch in New York, Paris, London und Berlin. Seine bevorzugten Genres waren die Landschaftsmalerei und das Städtebild. Zu den beliebtesten Arbeiten in seinem Oeuvre zählen neben den Städteporträts vor allem die Winterlandschaften seiner Heimat Österreich. 1978 starb der Künstler in Wien. Einem breiten Publikum ist Hans Figura – ähnlich wie Luigi und Robert Kasimir – als ausgezeichneter Grafiker bekannt, dessen feingesponnene und detailreiche Farbradierungen mit Ansichten aus der österreichischen Bergwelt wie auch aus europäischen und amerikanischen Metropolen den Künstler nicht nur in Europa, sondern auch in den USA sehr populär machten. Neben dem in seiner motivischen Breite faszinierenden druckgrafischen Werk hat Hans Figura – als Ausgleich, als Herausforderung oder Bestätigung seiner künstlerischen Ambitionen – auch Originalgemälde geschaffen. Dieses offenbar schmale Oeuvre – es sind bislang nur verhältnismäßig wenige Gemälde, vorwiegend mit winterlichen Motiven aus den heimischen Alpen bekannt – ist von exzellenter Naturbeobachtung und künstlerischer Qualität. Neben seinen Darstellungen vom Arlberg oder Motiven um Kitzbühel hat Hans Figura in nebenstehendem Gemälde dem aufstrebenden Tiroler Wintersportort Lermoos ein schönes malerisches Denkmal gesetzt. Lermoos, im Bezirk Reutte, liegt am Westrand der Beckenlandschaft des von der Loisach durchflossenen Lermooser Moos, einer ehemaligen Sumpflandschaft, zwischen den Lechtaler Alpen, Ammergauer Alpen und dem Wettersteingebirge und gilt als eine der ältesten Siedlungen im Außerfern. Das in den 1930er Jahren entstandene Gemälde zeigt den noch kleinen Ortskern mit der Pfarrkirche Hl. Katharina – eine der schönsten Barockkirchen Tirols – um welche sich dicht alte, mächtige Bauernhöfe, holzgebaute Stadeln sowie das markante gelbe alte Volksschulgebäude bzw. Gemeindeamt (in den 1980er Jahren abgerissen) gruppieren. Der an den steil aufsteigenden Hang geschmiegte Ort ist umgeben von weiten, noch unverbauten Wiesen, in denen der Schnee funkelnd seinen ganzen Zauber entfaltet. Vereinzelte Fußspuren, ein breiterer ausgetretener Weg, die dunklen Spitzen tief versunkener Weidezäune sowie das bläulich-violett changierende Schattenspiel vereinzelter Bäume und Mulden rhythmisieren schwungvoll und plastisch die massive Schneedecke, die Lermoos dicht umhüllt. Das im Hintergrund in der Sonne strahlende, schneebedeckte Bergmassiv mit den Gipfeln der „Sonnenspitze“ und des „Wampete Schrofen“ ist in seiner ganzen schroffen winterlichen Tektonik gekonnt eingefangen und rundet das Panorama dieser majestätischen Tiroler Winterlandschaft großartig ab. Hans Figuras stimmungsvolle Landschaften sind geprägt von einer stillen Monumentalität und einer für ihn ganz eigenen, kultivierten Farbigkeit, die seine Malerei in die Nähe der neuen Sachlichkeit rückt. Mit Gemälden wie „Blick auf Lermoos“ behauptet er seine einzigartige Stellung in der österreichischen Landschaftsmalerei der Zwischenkriegszeit. 29 HANS FIGURA (Gross Kikinda 1898 - 1978 Wien) Lermoos in Tirol um 1930 Öl auf Leinwand 80 x 100 cm Signiert rechts unten: hans figura Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler der Geburtsjahrgänge 1881-1900, Band 1, Wien 1976, S. 61; Elsa Brezina, Hans Figura, in: Der getreue Eckart, o.J., S. 713-729 Carl Reichert Der bekannte, aus einer Künstlerfamilie stammende Tier-, Genre- und Vedutenmaler Carl Reichert wurde 1836 in Wien geboren. Seine erste Ausbildung erhielt der junge Künstler bei seinem Vater, dem Maler Heinrich Reichert. Später war er Schüler an der Grazer Zeichenakademie unter Joseph Ernst Tunner und Ernst Christian Moser. Für kurze Zeit studierte er in München und bildete sich mehrmals in Rom bei den berühmten Malern Ludwig Johann Passini und Anton Romako fort. 1869 übersiedelte Carl Reichert nach Wien und wurde 1874 Mitglied des Wiener Künstlerhauses. 1910 zog der Künstler nach Graz, wo er 1918 verstarb. Carl Reichert gehörte zu den begnadetsten Tiermalern seiner Zeit und verstand es wie kein anderer, vor allem Hunde oder Katzen in ihrer Eigenart zu erfassen und meisterhaft wiederzugeben. So ist es kein Wunder, dass seine Auftragsbücher stets voll waren und selbst die höchsten Kreise zu seinem Kundenstock gehörten. Das Besondere an seinen Darstellungen ist nicht nur die detailgetreue Schilderung seiner tierischen Modelle in ihrer Charakteristik, sondern vor allem, mit seinen liebevoll beobachteten Momentaufnahmen Geschichten zu erzählen. So hat der Künstler im Jahr 1890 die frechen „Stubentiger“ dabei ertappt, wie sie heimlich auf den Tisch gesprungen sind, um die darauf liegenden Spielsachen zu erkunden. Dominosteine, Spielkarten, ein Würfel und ein paar Zeichenhefte liegen dort verteilt. Vor allem der bunte Ball und die golden schimmernde Quaste sind die Objekte ihrer Begierde, bis eine verschlossene, hölzerne Schatulle ihre Neugierde weckt. Eines der drei Kätzchen war besonders geschickt und hat es geschafft die Schließe zu öffnen. Nun liegt es umso tollpatschiger da – vor lauter Schreck als plötzlich und völlig unerwartet der Schachtelteufel herausspringt, landet es auf dem Rücken, die kurzen Beinchen wie ein Käfer in die Luft gestreckt. Die beiden anderen, eines davon mit einer koketten blauen Masche um den Hals gebunden, fixieren aufmerksam das seltsame Wesen mit dem grünen Gesicht, den dicken roten Augenbrauen und der sonderbaren Frisur. Während die vordere Katze mit ihrer leicht geduckten Körperhaltung und dem nach oben gestreckten Schwanz ihre Vorfreude auf das Bevorstehende und Lust auf ein Abenteuer signalisiert, scheint der anderen dieser Überraschungsgast nicht ganz geheuer zu sein. Sie wirkt eher ängstlich und macht schon mal vorsichtshalber einen Buckel, um ihr Erscheinungsbild zu vergrößern. Carl Reichert hat die Szenerie liebevoll beobachtet und das bunte Treiben besonders lebendig erfasst. Neben dem narrativen Inhalt und der individuellen Wesensart, die er seinen tierischen Hauptprotagonisten durch seine genaue Beobachtungsgabe verleiht, überzeugen seine Bilder vor allem auch durch die meisterhafte Wiedergabe verschiedener Oberflächen. So ist der zarte, weiche, im Licht schimmernde Flaum des in Grau-, Weiß- und Schwarztönen changierenden Fells der Katzen in fein abgestuften Nuancen herausgearbeitet. Aber auch die unterschiedlichen Stofflichkeiten wie die einzelnen Fäden der Quaste, die lackierten Dominosteine, das leicht gewellte Papier oder der partielle Glanz des Metallkettchens, das der Teufel in den Händen hält, sind in ihrer Materialität mit einer zart lasierenden Malerei perfekt herausgearbeitet. Bilder wie diese zeigen die außerordentliche Begabung Carl Reicherts, Geschichten zu erzählen, die die Fantasie des Betrachters anregen. Seine Werke zählen heute – nicht nur bei Tierliebhabern – zu international äußerst begehrten und gesuchten Sammlerstücken. 30 CARL REICHERT (Wien 1836 - 1918 Graz) Der Schachtelteufel 1890 Öl auf Holz 23,5 x 29,2 cm Signiert und datiert links unten: C. Reichert. 1890. Provenienz: Privatbesitz USA Literatur: Vgl.: Josef Ramharter, Karl Reichert, in: Der getreue Eckart, Wien o.J., S. 264-268 Oswald Grill Oswald Grill wurde 1878 in Wien geboren. Der Künstler lernte zuerst an der Wiener Kunstgewerbeschule und studierte später an der Akademie in München bei Carl von Marr und Alexander von Wagner. Zunächst lebte und arbeitete er in Dachau, kehrte aber dann wieder in seine Heimatstadt Wien zurück. Ab 1908 war er Mitglied des Wiener Künstlerhauses, auf dessen Ausstellungen er regelmäßig vertreten war. 1911 erhielt er die Kleine Goldene Staatsmedaille, gefolgt von zahlreichen, weiteren Auszeichnungen. 1929 wurde Oswald Grill der Professorentitel verliehen und 1948 der Goldene Lorbeer des Wiener Künstlerhauses. Als Präsident des Zentralverbandes der bildenden Künstler Österreichs setzte sich Oswald Grill für die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Künstlerstandes ein. Seine Bilder bestechen durch ihre naturalistischen und klaren Naturstimmungen. 1964 verstarb der Künstler in Wien. Der Attersee war für Oswald Grill zeit seines Lebens ein beliebtes und zentrales Motiv. 1910 hatte die Mutter des Künstlers ein Haus in Unterach erworben, das dem Sohn zu einem zweiten Wohnsitz werden sollte. Der Künstler verbrachte die Sommermonate gerne an dem großen See und in seiner Umgebung im Salzkammergut. Die Region mit ihrem außerordentlichen landschaftlichen Reiz war schon seit der Jahrhundertwende beliebtes Ziel für die aus Wien anreisenden Sommerfrischler. Maler, Schriftsteller und Komponisten – beispielsweise Gustav Klimt, Arthur Schnitzler oder Gustav Mahler - schlugen ihr Sommerquartier an dem malerischen See auf. Rauschende Feste, musikalische und dichterische Darbietungen sowie mondäne Segelregatten rundeten den Aufenthalt der großstädtischen Sommergäste ab. Eine über des und sehr seltene frühe Ansicht zeigt den Blick die Kirche des Ortes Steinbach, am Fuße Höllengebirge gelegen, Richtung Burgau Unterach auf die Mondseeberge, deren westliche Ausläufer bis zum Mondsee reichen. Steinbach geht auf eine vorchristliche Keltensiedlung zurück, die Pfarrkirche des Ortes wird bereits 1276 urkundlich erwähnt und ist dem Hl. Andreas geweiht. Hier im südlichen Teil hat der See seine schmalste Stelle und wirkt durch die hochragenden Bergflanken viel dramatischer als der Nordteil. Gustav Mahler hat diesen idyllischen Ort gewählt, um hier in den Sommermonaten seine dritte Symphonie zu komponieren. Noch heute steht das Mahler Komponierhäuschen an einer romantischen Stelle am See. Oswald Grill hat das Hochformat gewählt, um den Tiefenzug, der sich einerseits durch den erhöhten Standort von Maler und Betrachter ergibt und andererseits verstärkt wird durch den auf die Kirche zuführenden kurvigen Weg, noch zusätzlich zu betonen. Der Kirchturm erhebt sich über dem spiegelglatten Wasser des Sees. Es sind jene magischen Abendstunden, in denen die Sonne mit ihren letzten Strahlen noch die Wiesen in sanftes Grün taucht und Streifen hellen Blaus auf das Wasser zaubert, und gleichzeitig der Mond am Himmel zu sehen ist. Die zarte Sichel des abnehmenden Mondes steht schon hoch am Himmel über der Nordostflanke des Schafbergs. Das Bild, das 1917 in einer Künstlerhausausstellung zu sehen war, und daher spätestens mit diesem Jahr zu datieren ist, ist ein schönes frühes Beispiel für die einfühlsame Landschaftsmalerei Oswald Grills, der es wie kaum ein anderer versteht, den Zauber des großen Sees mit seinen unterschiedlichen Stimmungen einzufangen. 31 OSWALD GRILL (Wien 1878 - 1964 Wien) Steinbach am Attersee 1915/1917 Öl auf Leinwand 111 x 80,5 cm Signiert links unten: O. GRILL. Rückseitig Etikett des Wiener Künstlerhauses: 2069/1917 (von Mag. Paul Rachler, Künstlerhaus Archiv, bestätigt) Rückseitig bezeichnet auf Resten eines alten Klebeetiketts: Oswald Grill Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1995, Band 2,S. 60 f.; Elsa Brezina, Oswald Grill, in: Der getreue Eckart, o.J., S. 287-293 Ausgestellt: Wiener Künstlerhaus, Herbstausstellung 1917, Nr. 209 „Steinbach am Attersee“ 32 OSWALD GRILL (Wien 1878 - 1964 Wien) Winter am Kreuzberg (Semmering) 1956 Öl auf Hartfaser 53,8 x 66,8 cm Signiert und datiert links unten: O. GRILL. (19)56. Provenienz: Privatbesitz Wien (direkt vom Künstler erworben); Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1995, Band 2, S. 60 f.; Elsa Brezina, Oswald Grill, in: Der getreue Eckart, o.J., S. 287-293 33 FELIX HEUBERGER (Wien 1888 - 1968 Hall in Tirol) Blick aufs Karwendelgebirge um 1930 Öl auf Hartfaser 90 x 90 cm Signiert links unten: FELIX HEUBERGER Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Carl Kraus, Zwischen den Zeiten. Malerei und Graphik in Tirol 1918-1945, Lana 1999, S. 266; Rudolf Morawetz, Felix Heuberger, alpiner Maler, 1888-1968. Alpenvereins-Jahrbuch 1978, Band 103, Innsbruck-München 1978, S. 117-120; Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler der Geburtsjahrgänge 1881-1900, Wien 1976, Band 1, K 98, S. 234 Ludwig Heinrich Jungnickel Ludwig Heinrich Jungnickel gilt heute als einer der bedeutendsten österreichischen Maler, der vor allem mit seinen Tierbildern bis weit über die Grenzen hinaus große Anerkennung erlangen konnte. In seinen Ölbildern und Aquarellen gelingt es ihm immer wieder, verschiedene Lebewesen in charakteristischen Posen festzuhalten und ihnen liebenswerte Individualität zu verleihen. Der Künstler wurde 1881 in Bayern geboren und verließ mit nur sechzehn Jahren seine Familie, um über die Alpen nach Österreich zu wandern. Nach kurzem Studienaufenthalt in Rom, ließ er sich in Wien nieder. Wirklich sesshaft wurde er aber nicht, wie seine zahllosen Reisen belegen. Jungnickels Frühwerk, geprägt durch seine Freundschaft mit Gustav Klimt, wurzelt im Wiener Jugendstil, was vor allem in seinem druckgrafischen Werk deutlich wird. Um 1909/1910 gelang ihm der internationale Durchbruch. Seine Tierdarstellungen wurden mehrfach ausgezeichnet. In der Folge wurde er 1911 als Professor an die Kunstgewerbeschule in Frankfurt am Main berufen. In seiner künstlerischen Entwicklung bewegte sich Jungnickel vom Flächenhaften des Secessionismus weg hin zu einem wesentlich expressiveren Zeichenstil, wobei das Tier immer mehr zum vorrangigen Bildthema wurde. Eine motivische Ausnahme stellt das 1928 entstandene Blumenstillleben dar. „Ich kann nur sagen, ich liebe das Leben, die Arbeit und die Natur in ihren unzähligen Formen.“1 Diese Liebe kommt in dem großformatigen Gemälde deutlich zum Ausdruck: Die Sommersonne scheint aus jeder Pore des Bildes zu strömen, so mit Licht erfüllt ist die duftige Malerei. Dahlien, Mutterkraut, Habichtskraut und Feinstrahl bilden in einer bauchigen Vase ein buschiges Bouquet. Nach einer expressiven Phase in der Ölmalerei haben sich die Formen wieder beruhigt, hellere Farben und eine harmonische Linienführung prägen die Bilder der späten 1920er Jahre. So finden wir in vorliegendem „Sommerblumenstrauß“ zart pastellige Farbtöne im Bildhintergrund, vor dem sich die gelben und zartrosa Blütenköpfe und die grünen Blätter zu einem Blumenmeer verdichten. 1)L. H. Jungnickel, in Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig Heinrich Jungnickel. Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000, S. 9 Das Licht fällt von vorne links ein, streut starke Glanzlichter auf die Vase und bringt die Pracht der sommerlichen Gewächse zum Leuchten. Hier hat Ludwig Heinrich Jungnickel eine Reifheit und Meisterschaft erreicht, die ihm zwei Jahre später den Österreichischen Staatspreis für bildende Kunst und die Große Medaille der Stadt Wien einbringen wird. Ganz anders die beiden Eselbilder, die auf einer seiner zahlreichen Reisen nach Dalmatien und Italien um die Mitte der 1930er Jahre entstanden sind. Hier kommt sein einzigartiges Talent für das Festhalten der spezifischen Tiermerkmale zum Tragen. Im ersten Blatt (Kat.Nr. 35) sehen wir „Zwei Freunde“ eng ineinander verschlungen, wobei der größere seinen Kopf beinahe kokett auf den Rücken des kleineren, ruhig stehenden Tieres legt. Einzelne Details, wie die Augenpartien, hebt der Künstler mit Kohle sowie Tusche hervor, wodurch das Blatt mehr Tiefe und Intensität gewinnt. Besonders der aufgeweckte Blick des hinteren Esels zeigt beinahe menschliche Züge – ein Kunstgriff, dessen sich der Maler gerne bediente, um seinen Tierdarstellungen einen hohen Grad an Identifizierungsmöglichkeiten zu verleihen. Beachtenswert ist weiters die in beiden Eselbildern für Jungnickel sehr detaillierte Aquarellierung des Hintergrundes. Ludwig Heinrich Jungnickel zählt sicherlich zu den prägenden Künstlerpersönlichkeiten im Österreich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 34 LUDWIG HEINRICH JUNGNICKEL (Wunsiedel 1881 - 1965 Wien) Sommerblumenstrauß 1928 Öl auf Leinwand 74,8 x 96 cm Signiert links unten: L.H.JUNGNICKEL Rückseitig datiert und bezeichnet: Blumen-STILLEBEN von Prof. L.H.Jungnickel gemalen 1928, Wien-Villach 1881-1965 Rom Rückseitig Sammlerstempel: Sammlung Josef Urban, Villach Provenienz: Sammlung Josef Urban, Villach; Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig Heinrich Jungnickel. Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000; Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Wien 1995, Band 2, S. 185 ff. 35 LUDWIG HEINRICH JUNGNICKEL (Wunsiedel 1881 - 1965 Wien) Zwei Freunde um 1940 Aquarell und Kohle auf Papier 39 x 29,6 cm Signiert rechts unten: L. H. JUNGNICKEL Provenienz: Privatsammlung Deutschland Literatur: Vgl.: Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig Heinrich Jungnickel. Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000, S. 190 ff. und Abb. S. 222 ff. 36 LUDWIG HEINRICH JUNGNICKEL (Wunsiedel 1881 - 1965 Wien) Zwei Esel an der Küste bei Abbazia um 1935 Aquarell und Kohle auf Papier 33,8 x 42,7 cm Signiert rechts unten: L. H. JUNGNICKEL Rückseitig Nachlassstempel Provenienz: Privatsammlung Deutschland Literatur: Vgl.: Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig Heinrich Jungnickel. Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000, S. 190 ff. und Abb. S. 222 ff. Oskar Laske Oskar Laske wurde 1874 in Czernowitz geboren. 1884 übersiedelte die Familie des Künstlers nach Wien. Von 1892 bis 1898 studierte er Architektur an der Technischen Hochschule in Wien, sowie an der Akademie der bildenden Künste bei Otto Wagner. Danach trat er in die väterliche Firma „Laske & Fiala“ ein. Sein bekanntestes Bauwerk, die Apotheke „Zum weißen Engel“ in der Wiener Innenstadt, entstand in den Jahren 1901/1902. Während ausgedehnter Reisen, unter anderem nach England, Schottland und Italien, entstanden erste Bilder und Radierungen. 1908 entschied sich der 34-jährige Architekt, der als Mitglied des Hagenbundes bei Ausstellungen großen Erfolg feierte, Maler zu werden. Während des Ersten Weltkrieges gehörte er dem Kriegspressequartier an und war vor allem als Kriegsmaler in Rumänien, Russland und der Ukraine tätig. Noch während des Krieges heiratete er im Jahr 1916 die Pianistin und Musikpädagogin Emilie Klein. 1924 wurde Laske Mitglied der Wiener Secession. In der Zwischenkriegszeit wurde Oskar Laske mit dem Großen Preis der Stadt Wien, sowie der Goldenen Staatsmedaille ausgezeichnet. In den Jahren des Zweiten Weltkrieges lebte er in einer Art „inneren Emigration“. In seinen Werken konzentrierte er sich fortan auf Ansichten aus Wien und Umgebung. Drei Jahre nach dem Tod seiner Frau Emilie verstarb Oskar Laske 1951 im Alter von 77 Jahren nach längerem Lungenleiden und wurde im darauf folgenden Jahr in einer großen Gedächtnisausstellung in der Wiener Albertina und im Künstlerhaus umfassend geehrt. Der Maler hat mit seiner Staffelei mitten im Ort am Rande der Straße Aufstellung genommen. Über den Dächern der Häuser erheben sich mächtig die schneebedeckten Loferer Steinberge mit ihren markanten drei Gipfeln in den leuchtend blauen Himmel. Die grünen Hügel zwischen Ort und Bergen sowie der noch in vollem Saft stehende Baum rechts im Bild verweisen darauf, dass der Herbst noch nicht Einzug gehalten hat, wenn auch der Schnee schon von den Bergspitzen herunterglitzert. Absichtlich weiß gelassene Stellen im Bild zeigen das gleißende, auf den Dächern reflektierende Sonnenlicht dieses prachtvollen, sattfarbigen Spätsommertages, in das der Ort getaucht ist. Zur Linken verstärkt die schräge Teilansicht eines Bauernhauses mit prächtigen Balkons den starken Tiefenzug des Bildes. Einige Mütter spazieren mit ihren kleinen Kindern auf der Straße, im Vordergrund, direkt vor dem Betrachter, ist ein kleiner Bub wohl hingefallen, da seine Mutter sich besorgt herunterbeugt. Ein wunderschönes Zeugnis seiner Romreise, die Laske im Frühjahr 1921 unternimmt, ist die Ansicht der Engelsburg (Kat.Nr. 38). Im Gegensatz zu den satten Grüntönen des erstgenannten Werkes ist das Aquarell hauptsächlich in Blau gehalten, das der Maler in unterschiedlichsten Abstufungen nuanciert. In beeindruckender Leichtigkeit hält der Künstler vom Ufer des Tibers aus den Blick auf die berühmte Engelsbrücke mit den barocken Engelsstatuen von Gian Lorenzo Bernini sowie die Engelsburg1 fest. Im Hintergrund erhebt sich die markante Kuppel des Petersdomes. Oskar Laskes Reisetätigkeit nimmt mit Ende der 1930er Jahre kriegs- aber auch altersbedingt etwas ab. Laske beschränkt sich nun vor allem auf heimatliche Gefilde. So zieht es ihn im September 1941 nach Salzburg und Bayern. Dabei macht er in Lofer, im Pinzgauer Saalachtal, halt und fertigt einige Gouachen von dem schönen Alpenort an, von denen wir aus seinen genau geführten Aufzeichnungen über Ausstellungen und Verkäufe wissen. Aus seinen letzten Lebensjahren (1946) stammt die Ansicht aus Ober St. Veit (Kat.Nr. 39). Hier haben es ihm die niedrigen Vorstadthäuschen angetan, die auch heute noch oft Heurigenlokale beherbergen. Typisch für seine späte Schaffensperiode sind die dunklen, langen Schatten, die die von ihm so bezeichnete Glaserstraße2 rhythmisieren, damit den Tiefenzug verstärken und den Blick des Betrachters auf die Mauer und grünen Hügel des Lainzer Tiergartens lenken. 1)Diese wurde ursprünglich als Mausoleum für den römischen Kaiser Hadrian (76–138) und seine Nachfolger errichtet und später von verschiedenen Päpsten zur Kastellburg umgebaut. Heute beherbergt das antike Bauwerk ein Museum. 2)Nach eingehenden Recherchen gibt und gab es auch in der Vergangenheit keine Glaserstraße im 13. Wiener Gemeindebezirk; möglicherweise meinte er die Glasauergasse. OSKAR LASKE (Czernowitz 1874 - 1951 Wien) 37 Lofer 1941 Gouache auf Papier auf Karton 35,5 x 42,5 cm Signiert, datiert und betitelt rechts unten: Lofer Laske (19)41 Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Handschriftliches Ausstellungsverzeichnis von Oskar Laske, verzeichnet am 6.12.41 „Aqu. Lofer“ Ausstellungskatalog, Tobias Natter (Hg.), Oskar Laske. 1874-1951, Kunsthaus Wien, Wien 1996, Abb. S. 58; Cornelia Reiter. Oskar Laske. Ein vielseitiger Individualist, Salzburg 1995 38 OSKAR LASKE (Czernowitz 1874 - 1951 Wien) Die Engelsburg in Rom 1921 Aquarell auf Papier 40,5 x 52,5 cm Signiert rechts unten; O. Laske Betitelt links unten: Rom Engelsburg. Provenienz: Privatbesitz Schweden Literatur: Handschriftliches Ausstellungsverzeichnis von Oskar Laske, Herbstausstellung Hagenbund, 8. September 1921, Nr. 34 (Die Engelsburg) Ausgestellt: Herbstausstellung Hagenbund, Wien 1921 39 OSKAR LASKE (Czernowitz 1874 - 1951 Wien) Ober Sankt Veit 1946 Gouache und Aquarell auf Papier 47 x 30 cm (Passepartout-Ausschnitt) Signiert und datiert rechts unten: O. Laske 1946. Betitelt unten: Glaserstrasse in Ob. St. Veit. Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Ausstellungskatalog, Tobias Natter (Hg.), Oskar Laske. 1874-1951, Kunsthaus Wien, Wien 1996; Cornelia Reiter. Oskar Laske. Ein vielseitiger Individualist, Salzburg 1995 Oskar Kokoschka Oskar Kokoschka – Universalkünstler, Weltenbürger, „enfant terrible“ und einer der Väter des österreichischen Expressionismus – wurde 1886 in Pöchlarn in Niederösterreich geboren; seine Vorfahren väterlicherseits stammten aus einer Prager Goldschmiedefamilie. In Wien besuchte er von 1905 bis 1909 die Kunstgewerbeschule unter Carl Otto Czeschka und entwarf bereits in dieser Zeit Postkarten, Fächer und Vignetten für die Wiener Werkstätte. Auf der bahnbrechenden „Internationalen Kunstschau“ in Wien 1908 erregten seine malerischen Werke großes Aufsehen. In Wien unverstanden, reiste Oskar Kokoschka 1910 nach Berlin, um Herwath Waldens progressive Zeitschrift „Der Sturm“ zu unterstützen und sein berüchtigtes Drama „Mörder, Hoffnung der Frauen“ zu veröffentlichen. 1912, als Assistent an der Kunstgewerbeschule, begann sein turbulentes Liebesverhältnis mit Alma Mahler. Nach dem Scheitern der Beziehung meldete er sich bei Kriegsbeginn zum Militärdienst, wurde aber 1915 in Galizien schwer verwundet. Nach dem Krieg setzte sein internationaler Durchbruch ein und von 1919 bis 1924 wurde er als Professor an die Dresdner Akademie berufen. Im darauffolgenden Jahrzehnt unternahm Oskar Kokoschka ausgedehnte Reisen durch Europa, Nordafrika und Gebiete um das östliche Mittelmeer, die ihn zu zahlreichen Städteporträts und Landschaftsbildern inspirierten. Die politischen Ereignisse in Österreich veranlassten den Künstler 1934 schließlich dazu, seinen Wohnsitz nach Prag zu verlegen. 1937 wurden im Zuge der „Aktion entartete Kunst“ zahlreiche Werke seiner Hand aus deutschen Museen entfernt und teils vernichtet. Aufgrund der immer prekärer werdenden politischen Situation emigrierte er 1938 nach London und erhielt 1947 die englische Staatsbürgerschaft. 1953 übersiedelte er nach Villeneuve am Genfer See, wo er, neben einer umfassenden Reisetätigkeit, hoch geschätzt und viel geehrt, seine letzten Lebensjahre verbrachte. Das für die Ausstellung im September und Oktober 1923 im renommierten Zürcher Kunstsalon Wolfs- 1)Hans 2)s.o., berg entworfene Plakat entstand in Anlehnung an das im selben Jahr ebenfalls als Kreidelithografie geschaffene „Selbstbildnis von zwei Seiten“1. Der Künstler präsentiert sich mit leicht geneigtem Kopf im Halbprofil nach rechts gewandt, allerdings wird diese Selbstdarstellung um die Brustpartie sowie den linken Arm des Malers erweitert, und auch der Blick richtet sich nun direkt an den Betrachter. Die aus der Kopfneigung resultierende Diagonale verbindet in dynamischer Weise die Schriftzüge ober- und unterhalb des Porträts. Der vertikal angeordnete Arm mit dem im rechten Winkel dazu gehaltenen Pinsel, der den Künstlernamen mit dem Ausstellungsdatum zusammenfügt, gibt der Darstellung des Künstlers Halt und verknüpft Wort und Bild auf höchst originelle Weise. Durch die in der unteren Gesichtshälfte (vom Kinn bis zur Nasenwurzel) eingezeichnete markante Profilkontur erscheint die Abbildung zumindest teilweise als Simultandarstellung von Halbprofil und Profil. Ein Prinzip, das Kokoschka zum ersten Mal im Jahr 1910 im so genannten „Sturmplakat“2 anwendet, das ebenfalls den Künstler selbst zeigt. Obwohl Oskar Kokoschka hier auf einen früheren Formenkanon zurückgreift, setzt dieses Werk den Schlusspunkt einer rasanten Entwicklung seines Zeichenduktus, die der Künstler in seinen Dresdner Jahren (1917 bis 1923) vollzieht. Thematisch gesehen konzentriert sich der Künstler in dieser Zeit vor allem auf Porträts, ein Sujet, dass in seinem Oeuvre bis dahin fast ausschließlich der Malerei vorbehalten war. So passt er seinen Kreidestrich zunehmend den charakteristischen und persönlichkeitsgebundenen Wesenszügen der Porträtierten an, wobei es sich bei den dargestellten Personen hauptsächlich um ihm bekannte Menschen handelt. Sein Abschied von Dresden 1923, wo er seit 1919 an der Akademie eine Professur innehatte, markiert neben dem biografischen Wendepunkt gleichzeitig das vorläufige Ende seines grafischen Schaffens, als dessen Höhepunkt sicherlich das vorliegende Plakat zu werten ist. M. Wingler, Friedrich Welz, O. Kokoschka, Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975, Nr 163 Wkv.Nr. 32 40 OSKAR KOKOSCHKA (Pöchlarn 1886 - 1980 Montreux) Selbstbildnis von zwei Seiten als Maler Plakat 1923 Farblithografie 125,5 x 88,2 cm (Druckgröße) 127,5 x 91,4 cm (Blattgröße) Signiert und datiert rechts unten: Oskar Kokoschka 1923 Bezeichnet und datiert im Druck: O. Kokoschka Sept. Okt. (19)23 geöffnet 9 - 12 und 2 - 6 sonntags 10 - 12 Uhr Kunstsalon Wolfsberg 109 Bederstr. Zürich 2 „Wolfsberg“ Zürich Provenienz: Privatbesitz Schweiz Literatur: Hans M. Wingler, Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975, Wkv.Nr. 164, m. Abb. S. 145 Willy Eisenschitz Willy Eisenschitz wurde 1889 als Sohn eines jüdischen Anwalts in Wien geboren. Ab 1910 studierte er gegen dessen Willen an der Wiener Akademie der bildenden Künste Malerei. 1912 zog es ihn in das damalige Zentrum des internationalen Kunstgeschehens nach Paris. Zeit seines Lebens begleitete ihn die damalig entfachte Leidenschaft für die Kunst der großen Franzosen Paul Gauguin, Paul Cézanne und Vincent van Gogh. Aber auch die Liebe zum Land selbst und seinen mannigfaltigen Landschaften wurde geweckt. 1914 heiratete er Claude Bertrand, eine Studienkollegin an der Académie de la Grande Chaumière. Im selben Jahr beschickte er seine erste Ausstellung in Wien „Junge Künstler Österreichs“ in der Secession. Während des Ersten Weltkrieges war er als „feindlicher Ausländer“ interniert und lebte ab 1917 mit seiner Familie (inzwischen war er Vater zweier Kinder geworden) in Luzern. Nach einem kurzen Aufenthalt in Wien 1919 zog es ihn bald wieder nach Paris. 1925 übersiedelte die Familie Eisenschitz nach Dieulefit im Department Drôme, 1927 in die Nähe Toulons. Eisenschitz war Mitglied der Societé Nationale des Beaux-Arts und ab 1930 korrespondierendes Mitglied des Hagenbundes. 1935 nahm er die französische Staatsbürgerschaft an. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges brachte eine neuerliche Übersiedelung ins sichere Dieulefit. Nach dem Tod seiner Frau 1969 ging Willy Eisenschitz nach Paris zurück, wo er bis zu seinem Lebensende 1974 lebte und arbeitete. Seine Bilder waren zeitlebens in zahlreichen Ausstellungen in Frankreich, England und Übersee zu sehen. Seine Werke befinden sich heute in namhaften Museen und Privatsammlungen. „Nun haben die Formen Afrikas, barbarisch und surreal, mit einem Schlag diese mannigfaltigen Verwicklungen der visuellen Sensibilität... vereinfacht. Ohne wirklich abstrakt zu werden, hat seine Kunst einen Grad der Abstraktion erfahren, die von der Beobachtung des Subjektes stammt, und dadurch eine Kraft und Dynamik überträgt, die nicht vorhersehbar war. Dieses rauhe Land 1)Thomas hat einen Künstler hervorgebracht..., der sich in das Geheimnis des Landes vertieft hat, und der uns das so vollkommen nahe bringt“1 schreibt Pierre-Jean Nouvel anlässlich einer Ausstellung 1959 in der Galerie Vendôme in Paris. Im Anschluss an eine dreiwöchige Reise in den Sudan zeigt Willy Eisenschitz dort mit großem Erfolg die afrikanischen Bilder. Die Stadt Paris erwirbt ein Werk mit dem Titel „Les Hauts plateaux (Soudan)“. Ein ähnliches Motiv zeigt vorliegendes Bild. Es gehört zu den Stärken des Künstlers den Zauber eines Ortes, die Eigenheiten, die ihn auszeichnen, den „genius loci“2 zu erfassen und wiederzugeben. Wenngleich Eisenschitz die meisten afrikanischen Ölbilder nach Aquarellen und Pastellzeichnungen, die er vor Ort angefertigt hatte, nach seiner Rückkehr im Pariser Atelier gemalt hat, beeindrucken die farbkräftigen Kompositionen dennoch durch ihre Unmittelbarkeit und Authentizität. Mit zielsicherem Pinselstrich setzt er mutig die Farben nebeneinander, ein intensives Rot neben Rosa, Violett, Braun und Zitronengelb, der Zusammenklang gibt perfekt den Zauber der afrikanischen Erde wieder, deren Haptik auch im trocken-pastosen Farbauftrag fast greifbar wird. Die flirrende Hitze und die unendlich klare Weite der ausgetrockneten Landschaft des sudanesischen Hochlandes sind deutlich spürbar. Die Komposition ist von mehreren Diagonalen durchzogen, die in einem Auf und Ab die Bildfläche gliedern. Der Weg in die völlige Abstraktion wird lediglich durch die drei geschickt verteilten Figuren und den kahlen Baum links im Bild unterbunden. So ist Willy Eisenschitz „dem Instinkt nach eine ‚Fauve’, der Farben verwendete, um Gefühle und Emotionen zu schaffen; dem Intellekt und der Selbstdisziplin nach ein Schüler von Cézanne, der die Form und Struktur herausstrich, um jedes Bild zu einem überzeugend zusammenhängenden Ganzen zu machen“3. Metlewicz, Erich Tromayer, Willy Eisenschitz. 1899-1974. Leben + Werk, Wien 1988, Abb. S. 16 Denvir, Willy Eisenschitz. 1889-1974. Wertheimer Foundation, London 2014, S. 34 3)Thomas Metlewicz, Erich Tromayer, Willy Eisenschitz. 1899-1974. Leben + Werk, Wien 1988, Abb. S. 16 2)Bernard 41 WILLY EISENSCHITZ (Wien 1889 - 1974 Paris) Haut plateau (Soudan) 1959 Öl auf Leinwand 60 x 81 cm Signiert rechts unten: Eisenschitz Rückseitig signiert, betitelt und datiert am Keilrahmen: W. Eisenschitz „Soudan“ 1959 Rückseitig bezeichnet und betitelt auf altem Klebeetikett: Eisenschitz Willy 8, rue de Tournon Paris VI No 2 „Haut plateau“ (Soudan) Provenienz: Privatsammlung Oberösterrreich Literatur: Vgl.: Jean Perreau, Willy Eisenschitz. 1889-1974. Werkverzeichnis, Linz 1999, Abb. S. 200 f., S. 269 f.; Willy Eisenschitz. 1889–1974. Ausstellungskatalog, Neue Galerie der Stadt Linz, Linz 1999, Abb. S. 69; Thomas Metlewicz, Erich Tromayer, Willy Eisenschitz. 1899–1974. Leben + Werk, Wien 1988, Abb. S. 96 ff. Josef Mikl Josef Mikl gehört zu jenen Künstlern der österreichischen Nachkriegsgeneration, die die heimische Kunstwelt revolutionierten, indem sie mit dem Gegenständlichen brachen und eine eigenständige, abstrakte Bildwelt schufen. Geboren 1929 in Wien besuchte Josef Mikl gemeinsam mit Wolfgang Hollegha, Markus Prachensky und Arnulf Rainer1 die Akademie der bildenden Künste in Wien. Bald gründeten die vier jungen Künstler die „Gruppe St. Stephan“, benannt nach der gleichnamigen Galerie des Otto Mauer. Der kunstsinnige Monsignore unterstützte und förderte die viel versprechenden jungen Künstler. Bereits 1968 vertrat Josef Mikl Österreich auf der Biennale in Venedig. 1969 wurde er als Professor der Meisterklasse für Malerei an die Akademie berufen. Seine Arbeiten waren auf zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland zu sehen und befinden sich heute in vielen wichtigen Sammlungen und Museen. Vor allem seine großformatigen Arbeiten sind von herausragender Bedeutung. Nach dem Brand im Wiener Redoutensaal erhielt Josef Mikl 1994 den Auftrag zur Neugestaltung. Heute zeugen ein großformatiges Deckenbild und 22 Wandbilder von der Wertschätzung, die dem Künstler national und international entgegengebracht wird. Die „Komposition in Rot und Blau“ ist um 1957 zu datieren und fällt in jene Zeit, in der Josef Mikl gemeinsam mit Markus Prachensky, Wolfgang Hollegha und Arnulf Rainer die Gruppe St. Stephan gründet und zur legendären Gruppenausstellung in der Galerie Arnaud in Paris eingeladen wird. Mitte der fünfziger Jahre entsagt Josef Mikl dem linearen Aufbau und geht dazu über, seine Kompositionen aus konturlosen Farbfeldern aufzubauen, zum Einsatz kommen die Elementarfarben Rot und Blau, etwas später auch Gelb. Vor 1960 verwendet der Künstler diese Farben ungebrochen, hell und klar. So entstehen Bilder 1)Der von starker Leuchtkraft, die auch in kleineren Formaten eine ungeheure Wirkung entfalten. Das grafische Element bleibt aber im Detail erhalten. „Wo Mikl malt zeichnet er zugleich, und wo er zeichnet, malt er zugleich; im Farbigen und im Schwarzweiß ist dieselbe sinnliche Präsenz, dieselbe vibrierende Vitalität einer gestalterischen Gebärde, eines beschwörenden Gestus.“2 Das Zeichnerische findet sich in vorliegendem Bild im Detail wie in den dunkelorangen Zonen, die das helle Blau umrahmen. Hier sind einzelne Pinselstriche auszumachen, die den Blick auf dunkles Rot, grünliches Grau oder leuchtendes Gelb frei lassen. Das verweist auf eine Ebene, die sich hinter den in den Vordergrund drängenden Farben verbirgt. Das Dunkel deutet auf Schattenzonen hin, gleisendes Gelb auf helles Licht, das Josef Mikl an manchen Stellen wie durch Membrane durchschimmern lässt. „Außen und Innen, Davor und Dahinter werden durch leuchtende Strahlkraft zusammengebunden.“3 Die Beschäftigung mit dem Verhältnis der Figur zu Bildgrund und –raum, eingebettet in ein farbiges Gefüge stehen im Zentrum des künstlerischen Schaffens Josef Mikls. Seine Bilder sind gleichsam „malerische Tatsachen“, er „bewältigt die Leinwand, gibt ihr eine farbige Realität“4. Dabei bleiben seine Kompositionen stets der gelebten Wahrnehmung verhaftet, nie löst er sich vollständig von der Natur. Er selbst schreibt dazu: „Die Kunstgeschichte kennt nur logische Bilder, jedes davon ist eine Welt für sich und trotzdem unter dem Eindruck und mit der Erfahrung der Wirklichkeit gemacht.“5 Die „gemalten Wirklichkeiten“ des Künstlers verstehen auch heute noch zu faszinieren und in ihrer ungezügelten Farbigkeit zu fesseln. allerdings drei Tage nach bestandener Aufnahmsprüfung die Akademie wieder verließ. Busch, in: Werner Hofmann, Josef Mikl, Wien 1980, S. 11 3)Egon Kapellari, in: Josef Mikl. retrospektiv, 1947-2003. Ausstellungskatalog, Kunsthalle Krems, Krems 2004/2005, S. 45 4)Werner Hofmann, Josef Mikl, Wien 1980, S. 47 5)Josef Mikl, in: s.o., S. 38 2)Günter 42 JOSEF MIKL (Wien 1929 - 2008 Wien) Komposition in Rot und Blau um 1957 Öl auf Karton 29,7 x 21,1 cm Signiert links unten: Mikl Provenienz: Nachlaß Prof. Dr. Werner Hofmann, Hamburg Literatur: Vgl.: Josef Mikl. retrospektiv, 1947-2003. Ausstellungskatalog, Kunsthalle Krems, Krems 2004/2005, Abb. S. 52 f.; Werner Hofmann, Josef Mikl, Wien 1980, Abb. 52–55, Abb. 59 Markus Prachensky Markus Prachensky wurde 1932 in Innsbruck geboren. Durch seinen Vater Wilhelm Nikolaus, einem Architekten und Maler, kam er schon früh mit Kunst in Berührung. Zunächst begann auch er an der Wiener Akademie Architektur zu studieren, inskribierte aber gleichzeitig Malerei. Gemeinsam mit den Studienkollegen Wolfgang Hollegha, Josef Mikl und Arnulf Rainer gründete Markus Prachensky die „Gruppe St. Stephan“, die von Monsignore Otto Mauer gefördert wurde. Seine künstlerischen Anfänge standen, beeinflusst durch Piet Mondrian, ganz im Zeichen des Abstrakt-Geometrischen bevor er zunächst durch freie Zeichnungen versuchte, die konstruktiven Kompositionen aufzulösen. 1957 kam er bei einem Paris-Aufenthalt mit der Malerei von Pierre Soulages, Georges Mathieu und Yves Klein in Berührung. Die endgültige Loslösung vom Gegenständlichen erfolgte mit der Malaktion „Peinture liquide“ 1959/1960. Hier ging es dem Künstler um die totale Freisetzung der Farbe, in diesem Fall der roten, die bestimmend wird für sein folgendes Werk. Bereits ab Mitte der 1950er Jahre begann Prachensky seine Arbeiten nach ihrem Entstehungsort zu benennen. 1967 bis 1971 lebte und arbeitete der Künstler in Kalifornien. Ab Beginn der 70er Jahre bereiste er immer wieder Italien (Apulien, Umbrien, Latium, Maremma, Sardinien). Dabei faszinierten ihn besonders antike Ausgrabungen. 1983 wurde er als Professor an die Wiener Akademie der bildenden Künste berufen, wo er bis 2000 unterrichtete. Reisen nach Südfrankreich inspirierten ihn zu einer Reihe neuer Serien. Heute gilt der Künstler als einer der wichtigsten Vertreter des Informel in Österreich. Es ist ihm gelungen, einen unverwechselbaren Stil zu entwickeln, der ihn bis weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt gemacht hat. 1)Wolfgang 1956 bezieht Markus Prachensky gemeinsam mit Wolfgang Hollegha ein Atelier in der Wiener Liechtensteinstraße. Im selben Jahr gründen die beiden Künstler mit Josef Mikl und Arnulf Rainer die „Gruppe St. Stephan“. Prachensky beginnt mit der Arbeit an einer Serie von rot abstrakten Bildern zunächst auf grauem, dann auf schwarzem Grund. Er betitelt diese „Rouge sur gris“ und „Rouges différents sur noir“ und nach dem Entstehungsort „Liechtenstein“. Die Arbeit an der Serie setzt er im Folgejahr fort. 1957 bringt neben einer großen Ausstellung in der Wiener Secession jene in der Galerie Arnaud, gefolgt von einem mehrmonatigen Aufenthalt in Paris, der prägend für die weitere künstlerische Entwicklung wird. „Die vierte Dimension, die Zeit“ hält Einzug in die Bilder des Künstlers, „Prachenskys Bilder sind fertig und gleichzeitig Momentaufnahmen, die inmitten eines dynamischen Geschehens gemacht wurden“1. Das erklärt das eigenartige Oszillieren der Kompositionen zwischen Verharren und Vorwärtsdrängen, zwischen Formwerdung und Zerfließen. Gleichzeitig drängen die Formen, die heftigen Pinselstriche zueinander und voneinander weg. Sie werden von einem imaginären Zentrum angezogen und wollen doch über die Bildränder hinauswachsen. „Die Bilder sind die stark abstrahierende Zusammenfassung einer Synthese von sehr vielem.“2 Sie sind zusammengeballte Energie, Sinnbild einer Genese. Die Formen sind aus der Mitte gerückt und bilden dennoch ein harmonisches Ganzes, eine ausgewogene Komposition, die uns auf eigentümliche Art aufwühlt und berührt. Es gelingt Markus Prachensky, jene Energie, die er in den Malakt gelegt hat, auf die Leinwand zu übertragen und diese dann mit unverminderter Stärke auf den Betrachter zu transferieren. Fleischer, Maler und Reisender, in: Markus Prachensky. Berlin 2000. Ausstellungskatalog, Willy Brandt-Haus, Galerie Georg Nothelfer, Berlin 2000, Galerie Ulysses, Wien, 2001, S. 14 2)s.o., S. 15 43 MARKUS PRACHENSKY (Innsbruck 1932 - 2011 Wien) Rouges différents sur noir - Liechtenstein 1957 Öl auf Leinwand 94,5 x 125 cm Signiert rechts unten: PRACHENSKY Rückseitig signiert und datiert auf dem Keilrahmen: MARKUS PRACHENSKY 1957 Rückseitig signiert auf der Leinwand: PRACHENSKY Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Prachensky. Frühe und späte Werke. Ausstellungskatalog, Sammlung Essl, Klosterneuburg 2007/2008, Abb. S. 30, 31; Markus Prachensky. Eine Retrospektive. Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2002, Kat.Nr. 34, 37, Abb. S. 39, 42 f.; Markus Prachensky. Berlin 2000. Ausstellungskatalog, Willy-BrandtHaus, Galerie Georg Nothelfer, Berlin 2000, Kat.Nr. 1, 2 Markus Prachensky Markus Prachenskys künstlerische Anfänge standen kurz unter dem Einfluss Piet Mondrians im Zeichen des Abstrakt-Geometrischen, später dann im Banne der „tachistischen“ Malerei etwa eines Pierre Soulages, Georges Mathieu und Yves Klein, deren Arbeiten er ab 1957 in Paris kennen lernte. Die endgültige Loslösung vom „Gegenständlichen“ erfolgte mit der berühmten Malaktion „Peinture liquide“ 1959/1960, in der Markus Prachensky mit der völligen und ungestörten Freisetzung der Farbe experimentierte, in diesem Fall der roten, die bestimmend wird für sein folgendes Werk. Schon früh begann der Künstler seine Arbeiten nach ihrem Entstehungs- respektive Inspirationsort zu benennen. 1967 bis 1971 lebte und arbeitete er in Kalifornien. Ab Beginn der 70er Jahre bereiste der Künstler immer wieder Italien (Apulien, Umbrien, Latium, Maremma, Sardinien), wo ihn die omnipräsente antike Geschichte mit ihren Denkmälern besonders faszinierte. 1983 wurde Markus Prachensky als Professor an die Wiener Akademie der bildenden Künste berufen, wo er bis 2000 unterrichtete. Reisen nach Südfrankreich inspirierten ihn nach der Jahrtausendwende zu einer Reihe eindrucksvoller neuer Serien, die beinahe als Quintessenz und krönender Schlussakkord seines Ouevres zu apostrophieren sind. „Rot ist die Farbe meines Lebens“, lautet ein bekanntes Zitat von Markus Prachensky, das wohl kaum treffender die Arbeiten aus der Serie „Swing de Provence“ in nur einem Satz beschreiben könnte. Markus Prachenskys Werke sind geprägt von der Farbe Rot, aufgetragen in dynamischen Pinselstrichen, die uns an ihren Enden explosionsartig auseinanderstrebend ein intensives Lebensgefühl vermitteln. Nach dem Abschluss seines römischen Bilderzyklus „Imperium Romanum“1 bereiste der Künstler, ursprünglich wieder auf den Spuren der Römer, den Süden Frankreichs. Eigentlich wollte er die Zeugnisse römischer Kultur besichtigen, die 1)Die Serien: Senatus Populusque Romanus 2004, Senatus Consultum 2005 und Farnesina Dixie 2006. Bauten in St. Rémy, Aix, Orange und Arles. Zunehmend war Markus Prachensky aber von den einzigartigen Landschaften des Luberon, der Alpes Maritimes, der Felsen von Les Mées, Sisteron, Les Beaux und Roussillon derart fasziniert, dass er beschloss, eine Serie über die Provence zu malen; mit all den bizarren Formen der Hügel, der Felsen, der Schluchten und dem Himmel in den tiefen Farben der Gegend. Die Serie „Swing de Provence“ ist in den Jahren 2007/2008 entstanden - eine Hommage an die zahlreichen Reisen in die Provence, insbesondere zu den Calanques bei Cassis, den felsigen Fjorden des Mittelmeers. Das intensive Lebensgefühl ist dort leicht zu spüren: wildromantische Buchten ruhen zwischen weit aufragenden, kargen Felswänden und laden ein, die Gedanken fliegen zu lassen. Markus Prachensky setzt diese Eindrücke sehr expressiv um. Einmal betont er stark die Horizontale, dann bringt er die Pinselführung in eine schräge Vertikale - Aufwärtsstreben und Ruhen liegen nahe beisammen. Diese Kontrapunkte entführen uns in eine Welt, die immer wieder eine neue Gestalt annimmt. Lebhafte, ungleiche Elemente wie Striche, Punkte, gezielt gesetzte Farbkleckse und asymmetrische Linien strukturieren in fast tänzerischer Leichtigkeit die Bilder aus jener Zeit. „Swing“ - im Titel seiner Provence-Serie - heißt nicht umsonst „fließender Rhythmus“ und steht auch für die Musikrichtung, die er beim Schaffensprozess dieser Arbeiten hörte. Die französische Landschaft und immer wieder dieselbe Schallplatte inspirierten ihn zu diesen ausdrucksstarken und kräftigen Bildkompositionen. Heute gilt Markus Prachensky als einer der wichtigsten Vertreter des Informel in Österreich. Wie nur wenigen Malern seiner Generation ist es ihm gelungen, eine genuine Formensprache und einen unverwechselbaren Stil zu entwickeln, der ihn bis weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt gemacht hat. 44 MARKUS PRACHENSKY (Innsbruck 1932 - 2011 Wien) Swing de Provence 2007 Acryl auf Leinwand 135 x 180,5 cm Signiert und datiert rechts unten: PRACHENSKY (20)07 Literatur: Vgl.: Ausstellungskatalog Prachensky. Frühe und späte Werke, Sammlung Essl, Klosterneuburg 2007/2008, Abb. S. 90; Markus Prachensky. Restrospective in Red. Ausstellungskatalog, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 228-235 45 MARKUS PRACHENSKY (Innsbruck 1932 - 2011 Wien) California Miles 2002 Acryl auf Bütten 56,8 x 76,2 cm Signiert und datiert rechts unten: PRACHENSKY (20)02 Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Markus Prachensky. Restrospective in Red. Ausstellungskatalog, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 182 ff. 46 MARKUS PRACHENSKY (Innsbruck 1932 - 2011 Wien) Senatus Consultum 2005 Acryl auf schwarzem Bütten 53,4 x 78,2 cm Fotoexpertise von Brigitte Prachensky liegt bei. Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Prachensky. Frühe und späte Werke, Ausstellungskatalog Essl Museum, Klosterneuburg 2007/2008, Abb. S. 102 f. 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