Das liechtensteinische Priesterkapitel

Das liechtensteinische
Priesterkapitel
Von Dr. J. G. Marxer, bischöfl. Landesvikar
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Zu vorliegender Arbeit wurde in erster Linie das Protokollhuch
der Sitzungen des Kapitels benutzt, welches beim Landesvikariate
s t ä n d i g vorliegt und das zumeist b e s t ä n d i g in Evidenz gehalten wurde.
V o r z ü g l i c h dienten dem Zwecke die Berichte des h o c h w ü r d i g s t e n Prälaten B ü c h e l , sodann die B r o s c h ü r e : ,,Kirchengeschichtliche Fragmente
aus dem Walgau" von P. Isidor F l ü i . Ueber die Personalien der Geistlichen leisteten die ergiebigsten Angaben: 1. ,,Der Schematismus der
Geistlichkeit des Bistums Chur l'ur das Jahr 1912" und 2. ..Der Schematismus der Geistlichkeit des Bistums Chur f ü r (las J a h r 192.7". Beide
Schematismen enthalten werUolle Angaben auch über die kurz verstorbenen Geistlichen. Endlich sandten die Verwalter der Kirchenarchive der einzelnen Pfarreien manche Beitrage Allen sei herzlich
gedankt f ü r ihre wertvolle Mitarbeit. Vielleicht wird deien werte Beihilfe sputer noch vom g r o ß e n Interesse sein
Die Geistlichen Liechtensteins bildeten ehedem kein eigenes
K a p i t e l ; sie waren keine organisierte kirchliche Behörde, sondern gehörten a u s w ä r t i g e n K ö r p e r s c h a f t e n an. Sie nahmen bis
zum Jahre 1717 an den Sitzungen des Landkapitels „ U n t e r der
Landquart", mit dem Hauptorte Sargans, teil. Im genannten
Jahre schlössen sie sich dem „Drusianischen K a p i t e l " i n Vorarlberg an. Die Statuten dieses K a p i t e l s wurden i m Jahre 1406
entworfen und im Jahre 1821 wurde es in drei Dekanate geteilt
(Feldkirch, Sonnenberg und Montafon).
Das Bistum Chur u m f a ß t e bis zur Umgestaltung zu Beginn
des 19. Jahrhunderts folgende Landesteile:
1. Den K a n t o n G r a u b ü n d e n mit Ausnahme von Poschiavo und
Brusio, welche 1867 mit Chur vereinigt wurden.
2. Den südlichen Teil von U r i mit Andermatt und dem U r serntale.
3. Das F ü r s t e n t u m Liechtenstein.
4. Den vorderen W a l g a u bis Götzis und den inneren Walgau
mit Bludenz und Schruns.
5. Den nordwestlichen Teil von Tirol, das Vintschgau und
Burggrafenamt (mit Mals, Meran usw.).
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6. Die Bezirke Sargans, Werdenberg und Gaster.
7. Die Gemeinden Niederurnen, B i l t e n
Kantons Glarus.
und
Kerenzen
des
Im Jahre 1819 erhielt der Bischof von Chur, Rudolf B u o l
von Schauenstein, f ü r die i h m genommenen Teile von T i r o l und
Vorarlberg provisorisch U r i , Glarus, die beiden Unterwaiden
und Zürich, auch Schwyz, welches 1824 e n d g ü l t i g mit Chur
vereinigt wurde.
Das erste Priesterseminar wurde unter Bischof Rudolf in
Meran errichtet. A l l e i n nach zweimal wurde es ihm entrissen,
einmal durch Gewalt, das andere M a l durch Feuersbrunst. Der
unentwegte Regens Purtscher baute noch einmal das große
Haus auf der Stelle, wo es heute noch besteht.
Zu den Kantonen, welche 1819 mit Chur verbunden wurden,
kamen noch die Kantone St. Gallen und Appenzell. A l l e i n bereits i m Jahre 1823 erfolgte die E r r i c h t u n g eines Doppelbistums
Chur-St. Gallen und der Bisehof residierte das eine H a l b j a h r i n
Chur, das andere i n St. Gallen. Aber nach dem Tode des B i schofs Rudolf, 1833, folgte neben Chur ein eigenes B i s t u m ,
St. Gallen.
Die wechselvolle politische Lage macht es erklärlich, d a ß
sich die Geistlichen Liechtensteins a u s w ä r t i g e n K a p i t e l n anschlössen. Damals hatte unser F ü r s t e n t u m noch nicht zehn
Pfarreien wie später.
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Die uralte P f a r r e i Bendern gehörte dem Kloster St. L u z i
in Chur, wo der Leib des Heiligen nebst dem seiner Schwester
E m e r i t a bis ins 16. Jahrhundert ruhte. Jetzt w i r d derselbe in
der Domkirche aufbewahrt. Patrone der K i r c h e Bendern sind
die Mutter Gottes, Luzius, E m e r i t a und Petrus.
Ruggell wurde 1854 eine von Bendern a b h ä n g i g e K u r a t i e
und 1873 eine selbständige P f a r r e i und hat den h l . F r i d o l i n als
Patron. Erster K u r a t i n R u g g e l l war H . Lorenz Feger von
Triesen, welcher jedoch nur zwei Jahre dort wirken konnte, von
M a i 1854 bis September 1856. E r wurde K a p l a n i n Gurtnellen
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(Uri), s p ä t e r K a p l a n in Kehrsiten und starb 1885 i m Kreuzspital in Chur.
Zu Bendern gehörte auch Schellenberg. A m 28. Dezember
1858 starb i n Schellepberg der eifrige und erfolgreiche Mission ä r und Stifter des Klosters P . Franz X a v e r Brunner von
Mümliswil, und i m n ä m l i c h e n Jahre wie R u g g e l l wurde auch
Schellenberg eine selbständige P f a r r e i .
Eschen war f r ü h e r Propstei von P f ä f e r s , K o l l a t o r war der
P r ä l a t von P f ä f e r s . Der Konvent wurde 1838 vom K a n t o n
St. Gallen aufgehoben. Seit der A u f h e b u n g amten i n Eschen
. nicht mehr Benediktiner, sondern Weltpriester.
Von Mauren gehörte das Patronat ab 1382 dem Johanniterhaus i n Feldkirch, ging 1610 an das Kloster Weingarten, 1696
an das Kloster Ottobeuren, 1714 an die Stadt Feldkirch und
1918 an die Gemeinde Mauren über.
Schaan war stets dem Domkapitel inkorporiert, welches
Kollator der P f r ü n d e ist. Die K i r c h e ist dem h l . Laurentius
geweiht, zudem bestehen die Kapelle St. Peter und die Muttergotteskapelle auf D u x (Maria zum Trost).
Vaduz gehörte zur a l t e h r w ü r d i g e n P f a r r e i Schaan. 1842
wurde es eine K u r a t i e . Die Florinskapelle bestand bereits 600
Jahre und der erste Graf der L i n i e Werdenberg-Sargans zu
Vaduz mit Namen H a r t m a n n I. wurde hier beigesetzt, nachdem
er i m Jahre 1354 gestorben war. Folglich bestand die Kapelle
schon damals und er oder Bischof Rudolf I L , ein Ahne aus
dem Geschlechte der Grafen von Werdenberg-Feldkirch (t 1325),
stiftete die Florinskapelle. E i n Sohn des Grafen Hartmann I.,
Heinrich, stiftete i m Jahre 1395 einen zweiten A l t a r i n der
Kapelle. In dieser Kapelle waren demnach zwei, k ü r z e r e Zeit
sogar drei P f r ü n d e n . Nach dem Baue der neuen K i r c h e , 1873,
wurde Vaduz eine u n a b h ä n g i g e P f a r r e i .
Triesenberg gehörte zu Triesen, ein kleinerer T e i l zu
Schaan. Das Hauptkirchlein am Berge war das Theodulkirehlein
in Masescha. Die Munifizenz des F ü r s t e n Wenzel von und zu
Liechtenstein ermöglichte den B a u der K i r c h e und des P f a r r hauses auf Jonaboden, welche i m Jahre 1768 gebaut wurden.
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Triesen besaß eine K i r c h e zu Ehren des hl. Gallus. Die alte
K i r c h e lag noch höher als die neue, i n unmittelbarer N ä h e des
Pfarrhauses. Dazu eine Kapelle ob der K i r c h e , St. Mamerten,
eine Muttergotteskapelle unter der heutigen F a b r i k und ein
kleines K i r c h l e i n St. W o l f g a n g .
Balzers hatte eine K i r c h e zu Ehren des h l . Nikolaus. Die
Verleihung der P f a r r p f r ü n d e stand der R i t t e r f a m i l i e von
Kamsehwag zu. Dazu bestanden noch zwei Kapellen, St. Peter
in Mäls und M a r i a H i l f .
So bestanden seit alters nur Pfarreien i n Balzers, Triesen,
Schaan, Bendern und Mauren. Eschen wurde von den Patres
des Klosters P f ä f e r s besorgt.
Nachdem Vorarlberg i m Jahre 1814 wieder zu Tirol gelangte und St. Gallen 1833 ein eigenes B i s t u m wurde, dachte
man auch bei uns immer mehr daran, die Geistlichen zu einem
eigenen Verband zusammenzuschließen. In diesem Sinne erschien i m Jahre 1848 ein E r l a ß des Bischofs K a s p a r K a r l von
Hohenbalken. Der Bischof f ü h r t e in dem Schreiben aus: E r
habe sich „immer mehr mit dem Gedanken vertraut, die Geistlichen i n dort einander n ä h e r bringen zu sollen und sie demnach zu veranlassen, ö f t e r s i n b r ü d e r l i c h e Unterredungen zum
vertraulichen Austausche ihrer Gedanken über Seelsorge, deren
Hindernisse, H i l f s m i t t e l , M a ß r e g e l n und zu gegenseitiger Unters t ü t z u n g zusammenzutreten. Sowohl zu dem gedachten Zwecke,
wie auch als vorzügliches B e f ö r d e r u n g s m i t t e l der PastoralKenntnisse und der Wissenschaft fanden W i r die geistlichen
Konferenzen, die nicht ohne Nutzen i n manchen Orten bestehen,
f ü r sehr ersprießlich und angemessen . . . "
Das bischöfliche Schreiben wurde vom Landesvikariate am
10. März 1848 der Geistlichkeit bekanntgegeben. B e i A n l a ß des
großen Brudertages am 1. Maimontage 1848 i n Vaduz beschloß
die Geistlichkeit, den P l a n auf g ü n s t i g e r e Zeiten zu verschieben.
Wieder fand sich die Geistlichkeit am 1. Maimontage 1850 beisammen und i n dieser Versammlung wurde die erste Konferenz
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f ü r den 10. J u n i des Jahres beschlossen. Der Beschluß wurde
d u r c h g e f ü h r t . Allgemein zeigte man V e r s t ä n d n i s f ü r die
W ü n s c h e des Oberhirten und eine besondere Kommission erhielt den A u f t r a g , die Satzungen f ü r die Konferenzen zu entwerfen. Bereits am 10. J u n i legte die Kommission den E n t w u r f
vor und zugleich wurde der 8. J u l i 1850 als Tag der ersten
und grundlegenden Konferenz i n Aussicht genommen. Die
Satzungen wurden auf dieser weitern Konferenz zu Ende beraten und nach der B e s c h l u ß f a s s u n g schritten die Teilnehmer
u n g e s ä u m t zur Bureauwahl.
A l s P r ä s e s wurde g e w ä h l t : Jakob Carigiet, Kanonikus und
P f a r r e r von Schaan;
als B e i r a t : Johann Anton Wolfinger, K u r a t in Vaduz;
als S e k r e t ä r : Rudolf Schädler, P f a r r e r in Bendern.
Die arbeitsfrohe Konferenz beschloß auch sofort die Themata, welche die nächste Konferenz behandeln sollte. Sie weisen
auf die Schäden hin, an welchen die K i r c h e damals litt.
1. Der P r ä s e s soll beginnen mit dem Referate: „ W a s sollen
die Seelsorger tun, um die vielen M i ß b r ä u c h e an Sonn- und
Feiertagen abzustellen?"
2. Der H . Beirat w i l l sprechen: „Wenn es wahr ist, d a ß das
Ansehen der Geistlichen i n unsern Tagen gesunken ist, was
können dieselben tun, d a ß sich ihr Ansehen wieder hebe?"
3. S e k r e t ä r Schädler w ä h l t e sich das Thema: „Es möchten die
Mittel angegeben werden, wie der Besuch des Gottesdienstes
g e f ö r d e r t und die dabei Aergernis Gebenden zur P f l i c h t
z u r ü c k g e f ü h r t werden können."
Die Konferenz sollte noch i m n ä m l i c h e n Jahre, und zwar
am 26. August i n Schaan stattfinden.
Unterdessen traf auch die bischöfliche Genehmigung ein,
und zwar mit Datum vom 16. August 1850: „Vorstehendes Statut wird i n allen seinen Paragraphen mit ebenso großem Verg n ü g e n als r ü h m l i c h s t verdientem Danke hiemit Oberhirtlich
bestätigt."
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Es kam der lange vorbereitete Tag, der 26. August 1850 und
die Verhandlungen wurden auch zur bestimmten Tageszeit
eröffnet.
Die Liste der Anwesenden f ü h r t die drei bereits genannten
Redner an, sodann Wendelin Hofer, M a r t i n Möhrle, Simon
Balzer, X a v e r Fritschner, Johann Fetz. Abwesend waren Franz
Josef Matt, A . F r i c k , Joh. Jos. B a h l und Umberg.
Ueber die einzelnen Mitglieder der
Folgendes beachtet zu werden:
Konferenz verdient
1. Carigiet Jakob Anton stammte von Disentis und war von
1828 bis 1858 P f a r r e r von Schaan, Domherr und bischöflicher Landesvikar. Im Jahre 1858 wurde er als residierender Domherr und Domdekan nach Chur berufen. A u ß e r
seinen kirchlichen Verdiensten erzählen die Schaaner noch
gerne, d a ß er ihnen den Rat gab, die sogenannten F o r s t t e i l e nicht zu verkaufen, sondern sie den einzelnen F a milien nach der A n z a h l der K i n d e r zu verteilen, so d a ß
jede F a m i l i e so viele Forstteile erhalte, als sie K i n d e r i n
der F a m i l i e e r n ä h r t . Dieser B r a u 3h wird heute noch beobachtet und zeigt Carigiet als sozial v e r s t ä n d i g e n Mann.
2. Wolfinger Johann Anton, geb. am 22. Januar 1798 i n B a l zers, kam 1836 als erster K u r a t nach Vaduz. I m Jahre 1842
wurde er definitiver K u r a t daselbst. I m Jahre 1854 wurde
er Domherr und nach A b b e r u f u n g Carigiets Landesvikar.
1864 zog er als H o f k a p l a n nach Schaan, s p ä t e r als S p i r i t u a l
ins Kloster W a l d bei Ottobeuren i n Bayern, wo er am
6. August 1870 einem Schlagflusse erlag.
3. Sekretär Schädler, geb. am 17. November 1806, wirkte viele
Jahre i n der ausgedehnten P f a r r e i Bendern und starb am
11. Januar 1873. Sein V i k a r war mehrere Jahre hindurch
H . Bodmer. V o n seiner Priesterweihe, 1831 bis 1837, wohnte
er bei seinen E l t e r n i n Vaduz. I m Jahre 1837 kam er nach
Bendern als Nachfolger des Josef K i n d l e von Triesen.
4. Hofer Wendelin war 1819 bis 1821 P f a r r e r i n Triesenberg.
In diesem Jahre zog er nach Triesen, wo er i m M a i 1864
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starb, nachdem er. noch sein 5üjähriges P r i e s t e r j u b i l ä u m
hatte feiern können.
5. Möhrle Martin, P f a r r e r von Mauren, stammte von Feldkirch, welche Stadt seit 1714 Patron der K i r c h e und des
Kirchensatzes von Mauren war. Möhrle war P f a r r e r von
Mauren von 1850 bis 1856. Nach dem E i n t r i t t e seines Nachfolgers Josef H a g g i n den Jesuitenorden (1858) wurde
Möhrle Pfarrprovisor, verblieb jedoch zugleich K a p l a n ,
welcher auch G r ü n d e r der K a p l a n e i p f r ü n d e gewesen war.
Starb daselbst i m Jahre 1875. Ihm folgte als K a p l a n F r a n z
Jos. M a r x e r , von Mauren, der 1881 an einem Schlage starb.
6. Balzer Simon, von Alvaneu, war nach P f a r r e r F r i c k P f a r rer von Triesenberg vom A p r i l 1843 bis M ä r z 1862. I n
diesem Jahre kam er als H o f k a p l a n nach Schaan, 1864 als
P f a r r e r nach Triesen.
7. Fetz Johann Franz, geb. am 21. November 1809 i n Ems, war
1835 P f a r r e r i n Galgenen (Kt. Schwyz), 1843 K a p l a n i n
Ems, 1852 H o f k a p l a n i n Vaduz, 1884 Domherr, gest. am
18. J u n i 1884. E r war bekannt durch seine geschichtlichen
Forschungen um das B i s t u m Chur; s p ä t e r leitete er nach
Dr. R. Schädler bis zum Tode das „Liechtensteiner Volksblatt".
8. Matt Franz Josef starb i m Jahre 1855 als Kooperator i n
Triesen. E r stammte von Mauren.
9. Frick Anton, K a n . , war 1846 bis 1883 P f a r r e r i n Eschen.
E r stammte von Schaan und er war es auch, welcher i n
seinem Testamente nach einer neuen K i r c h e i n Schaan rief.
10. Bahl Johann Josef, von Tschagguns, N e f f e des b e r ü h m t e n
Kanzlers B a h l i n Chur, wirkte als P f a r r e r i n Balzers von
1840 bis 1860.
In der ersten, d e n k w ü r d i g e n Konferenz des Kapitels behandelte der P r ä s e s C a r i g i e t als erster „Sonn- und Feiertage". Es ist unsere P f l i c h t , diese Tage christlich zu feiern.
Knechtliche Arbeiten, weltliche Geschäfte entheiligen sie. A l s
Mittel dagegen e r w ä h n t der Redner Kanzel, Beichtstuhl und
schließlich auch den „ A r m der weltlichen Macht".
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Der zweite Redner, W o l f i n g e r , spricht vom Unglauben
und betont die Wichtigkeit des Ansehens der Diener unserer
Religion. Anschließend betont er die Notwendigkeit des Zusammenwirkens bei den Pastoralkonferenzen.
E n d l i c h bespricht S e k r e t ä r S c h ä d l e r in eingehender
Weise die irreligiösen Zustände der Zeit und die Nichtbeachtung des Kirchengebotes.
Diese erste Konferenz bot a u ß e r o r d e n t l i c h e n Beratungsstoff und die Beteiligung der Versammlung war rege und einläßlich. Die folgende Konferenz sollte im nämlichen Jahre
noch stattfinden und das wichtige Wort, welches sie leiten
sollte, hieß „Schule".
In dieser wichtigen Sitzung, bei welcher H o f e r und Möhrle
referierten, wurden gar manche W ü n s c h e laut. Der Schulbesuch sei seit 1848 sehr nachlässig geworden, es sei neben den
Schulgesetzen ein Lehrplan notwendig; manche Schulen seien
seit 1848 oder 1849 wie verwaist, die E l t e r n betrachten die
Schule zuweilen als Strafanstalt, die P r a x i s der Lehrer behandle die P r ü f u n g e n nachlässig. Die S c h u l p r ü f u n g e n werden
den Lokalschulinspektoren überlassen, so sei K l ä g e r und
Richter eine Person. Die Sonntagschule solle auf einen Werktag verlegt werden. Schließlich wurde ein Lehrplan beschlossen,
und i n einem Gesuche an die Regierung bat man um A h n d u n g
der S c h u l v e r s ä u m n i s s e .
Das Vorgehen beweist, d a ß die Geistlichkeit sich sehr der
Schule annahm. Das folgende J a h r ergriff wieder das Thema
„Schule". M a n wies hin auf die Schwierigkeiten Fabrik, Schwabenkinder usw. A u c h R e f o r m der S c h u l b ü c h e r wurde gefordert.
Daneben war damals noch der „Zehente" in Geltung, welcher aber bald darauf durch die Geldverhältnisse z u r ü c k g e d r ä n g t wurde. In Ehesachen wurde auf die e i g e n m ä c h t i g e
Trennung der Verheirateten hingewiesen, und zwar zu wiederholten Malen. Es wurde ein Gesuch an den F ü r s t e n beschlossen,
er möge feststellen, d a ß das österreichische Gesetz bezüglich
der Ehescheidung bei uns a u ß e r K r a f t sei, endlich möge das
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Regierungsamt ein Konkubinat trennen. Das österreichische
Konkordat wurde erst 1855 geschlossen und später einseitig
wieder aufgelöst (1870).
Die Geistlichkeit war damals
ein besonderes Schreiben aus der
und richtete ein Dankesschreiben
stets geneigten Landesvater. Das
Datum des 16. August 1852.
sehr t ä t i g und erhielt auch
Hand des F ü r s t e n Alois II.
an Seine Durchlaucht, den
letzte Schreiben t r ä g t das
Nach l ä n g e r e r Pause trat die Konferenz wieder am 16. J u l i
1863 zusammen. Die Wahlen ergaben: A l s Vorstand wurde einstimmig per acclamationes gewählt Landesvikar Wolfinger, als
Vertreter Kanonikus Baltassar von Castelberg mit 5 Stimmen,
als S c h r i f t f ü h r e r P f a r r e r Gmelch von Balzers mit 8 Stimmen.
In den folgenden Jahren wurden hauptsächlich Besprechungen gehalten über Verwaltung der K i r c h e n g ü t e r , gemischte
Ehen, Aufhebung der Feiertage, Einheit im Ritus, Erleichterung der Fasten und anderes. Besonders erregte in den Kreisen
der Geistlichkeit in den Jahren 1865 bis 1867 Bedenken der
§ 4 des Gemeindegesetzes. Die Fassung desselben war derart,
daß man vermuten konnte, die P f r ü n d e n haben auch Gemeindelasten zu tragen. Bereits i m Jahre 1865 fand eine a u ß e r o r d e n t liche Konferenz zur Austragung von Unebenheiten statt. Es
wurde beschlossen, ein Gesuch an den F ü r s t e n zu richten; zugleich sollte das Ordinariat über diesen Schritt unterrichtet
werden. Durch den gepflogenen Schriften Wechsel fand man
schließlich, d a ß die Drohung gegen die P f r ü n d e n nicht so gefährlich wäre, wie man zuvor vermutete und im Jahre 1867
beschloß man, die Sache auf sich ruhen zu lassen. Gleichzeitig
mit der Frage der Gemeindelasten wurde auch die A u f s i c h t
über das K i r c h e n v e r m ö g e n behandelt. Zu dem Zwecke hatte
Landesvikar Wolfinger einen E n t w u r f mit 12 A r t i k e l n ausgearbeitet, welcher in der Konferenz mit Ausnahme einiger
unbedeutender Bestimmungen angenommen wurde. Nach diesem
Beschlüsse obliegt die A u f s i c h t über das K i r c h e n v e r m ö g e n dem
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Diözesanbischofe, welcher den Landesvikar und zwei Assistenten bestimmt. Kleinere Ausgaben kann der P f a r r e r von
sich aus v e r f ü g e n , aber über das ganze Gebahren ist er der
Oberbehörde verantwortlich.
A m 26. September 1870 fand Neuwahl des Vorstandes statt,
P r ä s e s wurde D r . von Gastelberg mit 12 Stimmen, S e k r e t ä r
P f a r r e r Johann Büchel von Triesenberg mit 6 Stimmen;
Ueber die einzelnen Herren mögen folgende Zeilen A u f schluß erteilen:
11. Castelberg kam i m Jahre 1858 als P f a r r e r nach Schaan
und starb daselbst infolge eines Schlagflusses i m M ä r z 1897
im A l t e r von beinahe 85 Jahren. E r war zeitlebens ein
frommer, sittenreiner Priester. Z u r katholischen K i r c h e
kehrte er zurück i m A l t e r von 12 Jahren zugleich mit
seinem Großvater, welcher Antistes zu Ilanz und mit seinem
Vater, welcher Pastor von Feldsberg war. Seine Gymnasialstudien machte er bei den Jesuiten i n F r e i b u r g (Schweiz),
die theologischen im Germanikum zu Rom, wo er auch die
Grade erhielt. Der junge Priester wirkte zuerst als Studienp r ä f e k t i n Bayern, wurde dann P f a r r e r i n Ruschein und
endlich i n Schaan. E i n Bericht sagt von i h m : „Eine kleine
F i g u r , aber eine hübsehe, sehr gewinnende Erscheinung
von jugendlich-blühendem Aussehen bis ins hohe Greisenalter".
12. Büchel Joh. B. wurde am 15. J u l i 1824 i n M ä l s geboren,
1856 Kooperator i n Triesen, 1857 P r ä f e k t i n Chur, i n den
Jahren 1859 bis 1862 wirkte er als H o f k a p l a n i n Schaan,
1862 wurde er P f a r r e r i n Triesenberg und 1883 i n Vaduz.
I m Jahre 1900 zog er sich zurück und starb am 10. Januar
1907. Büchel war zudem S c h u l k o m m i s s ä r und M i t g l i e d des
Landtages.
13. Gmelch Anton war 1861 bis 1867 P f a r r e r von Balzers. Dort
resignierte er und wurde Rektor einer Schule i n St. Gallen,
von dort zog er nach Straubing i n seinem Heimatlande und
nach Regensburg, wo er K a n o n i k u s der alten Kapelle wurde.
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14. Noser Fridolin stammte aus Oberurnen (Kt. Glarus) und war
von 1867 bis 1889 P f a r r e r von Balzers, Nachfolger des hochw.
H e r r n Gmelch. Wegen K r a n k h e i t zog er sich von der P f a r r e i
zurück und starb i m Spital zu Schwyz i m Jahre 1890.
15. Schmid Johann Franz, von Mels, war von 1858 bis zu seinem
Tode Kooperator von Triesen. Sein Tod erfolgte Pfingstmontag 1890. Sein E i f e r und sein leutseliges Benehmen
gewannen aller A c h t u n g .
16. Buche] Johann B., junior, Neffe des P f a r r e r s von Vaduz,
stammte ebenfalls von K l e i n m ä l s , war 7 Jahre P r ä f e k t i m
K o l l e g i u m zu Schwyz, kam 1884 als P f a r r p r o v i s o r nach
Mauren und 1885 zu seinem Oheim als H o f k a p l a n nach V a duz. A m 7. August 1887 bezog er die P f a r r e i Triesen, welche
er verwaltete bis zum 31. August 1910, um dann die Stelle
als Direktor der Landesschule in Vaduz zu ü b e r n e h m e n .
Wegen eingetretener S c h w e r h ö r i g k e i t verließ er diese
Stelle und ü b e r n a h m die Kaplaneistelle in Bendern, wohin
er am 1. September 1920 übersiedelte. In diesem Jahre trat
er auch aus dem Landtage aus, sowie aus dem Landesschulrate und legte das A m t eines S c h u l k o m m i s s ä r s nieder.
Das A m t eines Landesvikars f ü h r t e er weiter bis zum
7. Februar 1924. Sein Todestag war der 14. November 1927.
Nach eigenem Wunsche wurde der Verstorbene i n Balzers,
seiner Heimat, beerdigt, wo er am 1. J u n i 1853 geboren
worden war. D a Büchel ein ganzer Mann war i n Seelsorge
und Schule, dachten auch die kirchlichen Behörden an seine
Verdienste. Im Jahre 1897 wurde er Domherr, 1898 Landesvikar, 1923 p ä p s t l i c h e r H a u s p r ä l a t . Der fleißige M a n n war
ein eifriger Geschichtsforscher. Zahlreich sind seine A r beiten i n den J a h r b ü c h e r n des Historischen Vereins f ü r das
F ü r s t e n t u m Liechtenstein. Sein Hauptwerk aber ist die
Neuherausgabe der „Geschichte des F ü r s t e n t u m s Liechtenstein" von Kaiser. Bekannt ist auch seine Dichtung des
Festspieles, welches i m Jahre 1912 neben dem Schloß
Vaduz a u f g e f ü h r t wurde. P r ä l a t Büchel schuf Großes f ü r
die K i r c h e und das L a n d Liechtenstein.
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17. Dr. Decurtins Florin wurde am 23. Dezember 1828 geboren,
war Professor in Disentis und Chur, im Jahre 1859 Feldprediger in Rom, 1862 P f a r r e r in Ilanz, 1863 P f a r r e r in
Rabius, sodann 1865 bis 1873 K u r a t in Vaduz.
18. Erni Josef, geboren am 26. März 1811 in Triesen, verwaltete
Samnaun 1836 bis 1856, wurde darauf K u r a t in Ruggell
(1856), wo B u i r aus W ü r t t e m b e r g und Josef F r i c k e r aus
Bayern seine Nachfolger wurden (1876). Nach Vollendung
der neuen K i r c h e in Vaduz wurde er ihr erster P f a r r e r
(1873). A l s Schulmann wurde er auch S c h u l k o m m i s s ä r und
mehrere Male Vizepräsident des Landtages und starb am
6. Dezember 1884 infolge eines Schlages.
19. Neyer Johann Josef, von Feldkirch, kam 1859 nach Mauren
und resignierte 1885 aus Altersschwäche.
20. Dr. Kind Franz Josef, von Bendern, geboren am 23. November 1850, war sieben Jahre Professor in Schwyz, P f a r r e r
von Mauren 1SS5 Iiis 1889, sodann Professor der Theologie
in Chur, im Jahre 1893 kehrte er ins Land zurück als P f a r r e r
in Balzers. Nach f ü n f j ä h r i g e r fleißiger A r b e i t wurde er
als Domsextar nach Chur berufen, wo er am 20. Dezember
1911 starb. A u f besondern Wunsch wurde er in der Heimat
Bendern beigesetzt. K i n d war ein ganz kirchlicher Mann,
wie er es in den sieben Jahren des Studiums in Rom gelernt hatte.
21. Deflorin Johann Baptist starb nach langer K r a n k h e i t im
Johannesstifte in Zizers im Jahre 1907. Geboren zu Disentis
am 3. M a i 1836, machte er seine Mittelschule daselbst, seine
theologischen Studien in Mailand und Chur. Nach der
Priesterweihe wurde er Provisor in Truns und Trimmis,
K a p l a n in Eschen und von 1866 bis 1883 H o f k a p l a n in
Schaan, sodann P f a r r e r in Eschen 1883 bis 1907. E r machte
sich verdient um den B a u der neuen P f a r r k i r c h e in Eschen.
Stets war er eine bescheidene, aber fromme Natur.
22. Büchel Josef wurde ebenfalls in Mäls (Balzers) geboren im
Jahre 1842. Ordiniert im Jahre 1866. war er zuerst K a p l a n
in Obersaxen, dann P f a r r e r i n Samnaun und 1884 Hof-
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kaplan in Schaan. Im Jahre 1897 folgte er P f a r r e r von Castelberg als P f a r r e r von Schaan. E i n schweres Leiden
f ü h r t e schon am 10. Januar 1902 den Tod des eifrigen und
ganz uneigennützigen Priesters herbei.
23. Der Vierte unter der Zahl der Büchel ist der Bruder des
P r ä l a t e n Büchel, Vinzenz Büchel. Der Neupriester erhielt
die Pfarrstelle von Ruggell, m u ß t e aber schon nach wenigen Wochen wegen K r a n k h e i t Ruggell verlassen und starb
im v ä t e r l i c h e n Hause zu Mäls (Traube) am 2. J u l i 1891.
24. Im Herbste 1892 starb in Balzers am Typhus K a p l a n Othmar Hunold, welcher segensreich und fleißig hier gewirkt
hatte, w ä h r e n d P f a r r e r
25. Wipfli Josef nur zwei Jahre hier wirken konnte und ungef ä h r zur nämlichen Zeit von Balzers wegzog, um eine Professur in Altdorf zu ü b e r n e h m e n .
26. Bühler Josef wirkte 1893 bis 1896 in Mauren. Gestorben am
16. Oktober 1933 in Chur. Im Jahre 1887 war
27. Noser Pius aus Glarus kurze Zeit in Ruggell, von 1886 bis
1890.
28. Odermatt Walter, von Unterwaiden, K a p l a n
1. August 1917, s p ä t e r in St. M a r t i n .
in Triesen,
29. Ester Josef, von Heilbronn, kam i m Oktober 1901 nach
Eschen, nachdem er 1899 bis 1901 P f a r r e r i n P f u n g e n gewesen war. Wenige Monate nach seiner Uebersiedlung nach
Triesen (Allerheiligen 1916) starb er dort am 15. M ä r z 1917.
Es w ü r d e ein B u c h bedeuten, sollte alles registriert werden,
was im Z e i t r ä u m e von 100 Jahren i n Liechtenstein f ü r die
Seelsorge gearbeitet wurde. Es soll nur das Wichtigste angedeutet werden. Es wurde verhandelt über die Stiftmessen, sodann über die neue ökonomische Lage der Geistlichen, da der
Z i n s f u ß erniedrigt wurde, ü b e r Tischtitel usw. In einer K o n ferenz vom 24. Oktober* 1878 wurde K l a g e g e f ü h r t , d a ß mehrere Lehrer Liechtensteins dem damals noch m ä c h t i g e n libe-
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ralen Lehrervereine Vorarlbergs a n g e h ö r t e n . Die Regierung
wurde ersucht, die Herren darauf aufmerksam zu machen. In
der Konferenz vom Jahre 1879 konnte P f a r r e r und Schulkommissär E r n i berichten, d a ß er beim Regierungschef i m Namen
der Konferenz die Beschwerde" vorgebracht habe. Derselbe
erwiderte, d a ß schon mehrere von ihm deshalb einen Verweis
erhalten h ä t t e n . Die Konferenz wollte auf diese A n t w o r t keine
weitern Schritte unternehmen, aber die Sache i m Auge behalten.
Im Jahre 1887 klagte P f a r r e r Häusle, d a ß die gleiche Stelle
ihm vorhielt, die Geistlichen seien gegen die geplante Waisenanstalt, welche D r . Peter M a r x e r in Bendern g r ü n d e n wollte.
Die Mehrheit der Teilnehmer versicherte, d a ß sie nichts einzuwenden h ä t t e , höchstens sei sie indifferent, ein T e i l trat
warm f ü r den P l a n ein.
E i n unerquicklicher F a l l mit den Behörden spielte i m Jahre
1887. P f a r r e r Burgmayer in Triesenberg wurde vor das f ü r s t liche Landgericht zitiert zur Verantwortung rücksiehtlich eines
öffentlich einem jungen Burschen wegen groben Unfuges in
der K i r c h e vom genannten P f a r r e r erteilten Verweises. Die
a u ß e r o r d e n t l i c h e Konferenz f a ß t e den einstimmigen Beschluß,
H e r r P f a r r e r Burgmayer solle der Zitation keine Folge leisten,
indem die Kompetenz des genannten Gerichtes i n dieser Frage
in Abrede gestellt wird. Die Nichtbeachtung der Zitation könne
höchstens eine Geldstrafe nach sich ziehen, welche die M i t glieder der Konferenz solidarisch auf sich zu nehmen e r k l ä r e n .
Der P f a r r e r i n Triesenberg wird beauftragt, sein Nichterscheinen dem fürstlichen Landgerichte anzuzeigen mit der M o t i vierung, es geschehe dies infolge e i n m ü t i g e n Beschlusses der
Geistlichkeit des Landes. A u c h w i r d ein dicsfälliges Schreiben
an die f ü r s t l i c h e Regierung beschlossen und von allen M i t gliedern unterzeichnet, und zwar unter gleichzeitiger E i n - .
Sendung einer A b s c h r i f t an das bischöfliche Ordinariat..
Nach dem Tode des Landesvikars von Castelberg fand am
L8. Oktober 1898 eine neue Konstitution statt. Landesvikar
wurde der P f a r r e r von Triesen, Kanonikus Büchel. A u c h der
andere H e r r Büchel, welcher 26 Jahre das Sekretariat geleitet
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hatte, wurde auf besondere Bitte ersetzt durch P f a r r e r H ä u s l e
von Bendern.
In das e r w ä h n t e J a h r fiel die 40jährige Regierungszeit des
F ü r s t e n Johann II., welche feierlich in allen P f a r r e i e n begangen wurde. In den folgenden Konferenzen trat der neue Landesv i k a r warm und sehr eingehend f ü r einen g r ü n d l i c h e n Unterricht in Religion ein. M a n m u ß t e merken, d a ß ein t ü c h t i g e r
Schulmann die Konferenzen leitete. A l s H ä u s l e Ende 1899 das
Land verließ, wurde P f a r r e r Schmid S e k r e t ä r , welcher sein
A m t bis zum Tode (1931) s o r g f ä l t i g besorgte.
Das K a p i t e l beteiligte sich auch mit Freude an den beiden
J u b i l ä e n , welche in das J a h r 1908 fielen: das J u b i l ä u m unseres
gütigen Landesvaters Johann I L , welcher auf 50 Jahre seiner
Regierung z u r ü c k s c h a u e n konnte, und das 50jährige Priesterj u b i l ä u m des Papstes P i u s X .
Im Anschlüsse an die bekannten und epochemachenden
Dekrete dieses Papstes über die ö f t e r e h l . K o m m u n i o n
wurde i n mehreren Konferenzen die wichtige Angelegenheit
besprochen. Zum Schutze von Angestellten richtete das K a p i t e l
eine S t e l l e n v e r m i t t l u n g ein, welche mehrere Jahre
erfolgreich arbeitete. Des weitern wurde der dringende Wunsch
ausgesprochen, d a ß jeder P f a r r e r eine Agende f ü h r e . W i e vordem das K a p i t e l sich der Stellenvermittlung annahm, so g r ü n dete es i m Jahre 1913 einen Krankenpflegeverein, f ü r welchen
besonders P f a r r e r von Reding e i f r i g warb.
In den Maitagen des Jahres 1916 hielt Bischof Georgius
Schmid von Grüneck eine Pastoralkonferenz i m Kloster Schellenberg, wobei er neben zahlreichen Anweisungen auch den
A u f t r a g erteilte, es sollten sechs Priesterkonferenzen gehalten
werden, wovon eine eine Tagesversammlung mit Gottesdiensten
sein soll. I m Anschlüsse an diese E r l ä s s e wurden sodann die
Statuten des Kapitels revidiert.
Die Not der K r i e g s j a h r e 191418 verlangte manche einschlägigen E r k l ä r u n g e n über Schmuggel, Wucher usw. A u c h
lenkte die Schwere der Zeit auf die Wichtigkeit der J u g e n d -
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v e r e i n e hin. Die Satzungen wurden entworfen und noch i m
Jahre 1918 behandelt, ebenso der E i n t r i t t in den Lehrerverein.
Im Jahre 1919 sprach man i m Volke von der E r r i c h t u n g eines
K a s i n o s f ü r Glücksspiele. A m 19. Oktober wurde von allen
Kanzeln eine E r k l ä r u n g aller Geistlichen i n dieser Angelegenheit verlesen.
Die Lage der A r b e i t e r erweckte n a t u r g e m ä ß die A u f merksamkeit der Geistlichen und es wurde die E r k l ä r u n g der
schweizerischen Bischöfe zur Kenntnis genommen, und sie
wurde ö f f e n t l i c h von den Kanzeln vorgelesen (November 1920).
Im Jahre 1921 war der erste K a t h o l i k e n t a g Liechtensteins das Ereignis. Nach langen Besprechungen wurde er am
Feste M a r i a Geburt i n Schaan vor dem Vereinshause gehalten.
Der Besuch war g r o ß a r t i g . P r ä s i d e n t war D r . R. Schädler.
Redner: der hochwürdigste Bischof, sodann P r ä l a t Gisler und
Nationalrat Scherrer von St. Gallen. Nachher Weihe des Landes,
vorgetragen von P r ä l a t Büchel, und Segen. F ü r die Frauenwelt fanden s p ä t e r V o r t r ä g e statt in Balzers, Schaan, Vaduz und
Eschen; Redner: P . Maurus Carnot und P . Otmar Scheiwyler.
Da der Mangel an Nachwuchs in der Seelsorge immer f ü h l barer wird, beschloß die Konferenz die G r ü n d u n g einer V e r e i n i g u n g z u r P f l e g e v o n P r i e s t e r b e r u f e n , welche
im Jahre 1933 weiter ausgebildet wurde. Zur Pflege des Volksgesanges bei der h l . Messe wurde die E i n f ü h r u n g eines g e m e i n s a m e n G e s a n g - und Gebetbüchleins beschlossen.
Ferner wurde 1924 ein Gesuch an die Gemeinden beschlossen,
um eine A u f w e r t u n g d e r G e b ü h r e n , welche sodann
auch um' 300 F r . allgemein zugestanden wurde. Durch besondere B e m ü h u n g e n des hochw. H e r r n P f a r r e r s von Reding
wurde ein C a r i t a s v e r e i n f ü r das ganze L a n d beschlossen.
Im Jahre 1925 (Oktober) fand auf E i n l a d u n g des K a p i t e l s ein
k a t e c h e t i s c h e r K u r s in Vaduz statt, gegeben von den
ehrw. S c h u l b r ü d e r n in F e l d k i r c h : D r . Koloman Singer, Bruder
Sigismund, Bruder Josef und Bruder Altmann, welcher K u r s
von unsern Katecheten, aber auch von den Lehrern und Schwestern gut besucht wurde.
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J u g e n d v e r e i n e . Seit den Jahren 1925 wurde es Gepflogenheit, d a ß die J ü n g l i n g s v e r e i n e sich alle Jahre am Feste
M a r i a Geburt versammeln, die Jungfrauen gewöhnlich am
letzten Sonntag i m September.
Im Jahre 1927 erschien das neue R i t u a l e , welches auch
f ü r Chur besondere Bedeutung erlangte, da das Churer Bistum
das erste war, welches ein neues ü i ö z e s a n r i t u a l e schuf.
Der II. Liechtensteinische Katholikentag fand am Pfingstmontag, den 20. M a i 1929 in Vaduz statt. Redner waren: D r .
E m i l Buomberger, Stadtrat von Zürich, Direktor Rohrmus aus
Feldkirch, Weihbischof D r . Anton Gisler von Chur; 1500 Teilnehmer. Im Jahre 1929 wurde das Schulgesetz geändert, dessen
Verfasser hochw. H e r r P f a r r e r Frommelt ist.
Im Jahre 1929 wurde von der Tagung die Abhaltung eines
ü r g a n i s t e n k u r s e s beschlossen, f ü r welchen P . Rehm von
Einsiedeln gewonnen werden konnte. Das P e n s i o n s g e s e t z
f ü r die Geistlichen wurde i m Jahre 1930 erledigt. Damit wurde
ein l a n g j ä h r i g e r Wunsch der Geistlichkeit endlich e r f ü l l t . Im
gleichen Sinne dachte an uns Familie Beck-Ackermann, welche
3000 F r . f ü r Studenten der Theologie stiftete. E n d l i c h ist die
Meldung besonders zu betonen, d a ß es gelang, einen S p i r i t u a l f ü r die Konferenzen zu gewinnen: P . Rektor Stiegele von
Feldkirch, welcher alle Konferenztage besuchte.
Von den Geistlichen, welche i n neuerer Zeit bei uns wirkten
und nicht mehr am Leben sind, mögen noch- folgende namhaft
gemacht werden:
30. Von Reding Franz. Der eifrige Mann wurde am 29. September 1868 i n Schwyz geboren, war von 1893 bis 1898
K a p l a n i n Balzers, 1898 bis 1909 i m Institute daselbst, i m
Jahre 1909 trat er die P f a r r e i Triesenberg an, wo er selbstlos bis zur Selbstaufopferung wirkte bis zum 20. M ä r z 1927.
K r a n k zog er sich in seinen Heimatkanton zurück, wo er
im M a i 1927 starb.
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Häusle Franz Xaver stammte von Rankweil, wo er am
30. M a i 1841 geboren wurde. Seine erste Stelle war die
Kaplanei i n Lenz, i m Jahre 1865 wurde er V i k a r i n Bendern, von 1866 bis 1874 war er K a p l a n in Eschen, 1874 bis
1899 P f a r r e r i n Bendern, von 1900 bis 1903 deutscher Priester i n T u r i n . I n den Jahren 1903 und 1904 war er V i k a r
in Bichelsee. In dem letzten Jahre wurde er nach Mamniern
versetzt. Im Jahre 1907 kam er als P f a r r e r nach Samnaun.
Nachdem er dort vier Jahre gewirkt hatte, resignierte er
und blieb die folgende Zeit (fast zwei Jahre) V i k a r i n
Wädenswil. S p ä t e r zog er nach Tuggen und den Abend
seines Lebens brachte er i n der Landesanstalt V a l d u n a
(Rankweil) zu, wo er in den alten Tagen noch arbeitete,
soweit es seine K r ä f t e erlaubten, nachdem er immer ein
eifriger Arbeiter i n seinem ganzen Leben gewesen. E r
starb am 18. November 1921.
32. De Florin Johann Fidelis wurde am 25. September 1856 in
Disentis geboren. E r war P f a r r e r i n Ilanz vom Jahre 1881
bis 1888, 1888 bis 1889 P f a r r e r i n P f l e i f , sodann P f a r r e r i n
Laax bis 1902, 1902 bis 1903 P f a r r e r i n Schaan, 1903 bis
1923 P f a r r e r i n Vaduz. Ob seiner Verdienste wurde er 1923
als Dompropst nach Chur berufen, wo er 1933 starb.
33. Biedermann Johann, von Schellenberg, aufgewachsen i n
Bendern, wurde i m September 1891 P f a r r e r in R u g g e l l und
verließ die P f a r r e i i m Jahre 1899, um nach A m e r i k a auszureisen, wo er starb.
34. Wösle Wilhelm wurde i n Isny ( W ü r t t e m b e r g ) am 3. Sep- .
tember 1858 geboren. K ü r z e r e Zeit, n ä m l i c h vom Jahre 1883
bis 1888, war er P f a r r h e l f e r i n E n n e t b ü r g e n , sodann Hofkaplan in Vaduz und am 23. J u n i 1908 zog er als P f a r r e r
in Eschen ein. Der Tod ereilte ihn am 28. J u n i 1920. Der
vielgereiste M a n n war ein eifriger und g e m ü t v o l l e r Priester.
35. Burgmayer Gustav erhielt s p ä t e r das B ü r g e r r e c h t von
Gamprin. Geboren am' 27. A p r i l 1846 war er P f a r r e r i n
Schmitten 1876 bis 1882, K a p l a n i n Wollerau 1882 bis 1883,
P f a r r e r i n Triesenberg 1883 bis 1889, P f a r r e r i n Mauren
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bis zu seinem Tode am 24. J u n i 1920. E r , der stets ein
eifriger und gutgesinnter Priester gewesen, h i n t e r l i e ß auch
fast seinen ganzen N a c h l a ß f ü r gute Werke.
36. P. Marte Jakob, C. PP. S., wurde 1843 in R a n k w e i l geboren. Gegen 30 Jahre wirkte er i n Schellenberg als Nachfolger
von P . M a x i m i l i a n Homburger, zuerst als P f a r r e r und sodann mehrere Jahre als S p i r i t u a l des Klosters. N a c h längerer K r a n k h e i t starb er am 18. März 1913. Der Bericht
meldet von i h m : „ E r war beim K l e r u s und Volke sehr
beliebt."
37. Nach einem eifrigen W i r k e n von über 30 Jahren starb i n
Balzers P f a r r e r Peter Schmid von Says ( G r a u b ü n d e n ) . E r
wurde geboren i m Jahre 1862. Seine erste Stelle war Samnaun, wo er 8 Jahre wirkte. A m 11. Oktober 1898 kam er
als P f a r r e r nach Balzers und blieb dort, bis ein j ä h e r
S c h l a g f l u ß sein t ä t i g e s Leben am 21. M a i 1931 beendete.
' Ihm vor allen ist es zu danken, d a ß F ü r s t Johann II. und
die P f a r r e i die J u b i l ä u m s k i r c h e bauten, welche i m Jubeljahre 1908 der Hauptsache nach begonnen wurde.
38. Marock Urban wurde am 24. M a i 1873 i n Mauren geboren
und war von 1902 bis 1903 V i k a r i n R ü t i (Kt. Zürich), nachher bis 1906 P f a r r e r i n K o l l b r u n n , von 1906 bis 1916 i n
gleicher Eigenschaft i n Reichenburg. Die letzte Zeit wirkte
er sehr segensreich i n Triesen, wo er von 1916 bis zu seinem
Tode am 31. Januar 1922 arbeiten konnte.
39. Imhof Andreas wurde i m J u n i des Jahres 1890 Nachfolger
des verstorbenen und viel verdienten Kooperators Schmid
von Triesen und versah e i f r i g diese Stelle bis zum Tode,
welcher im F r ü h l i n g 1909 erfolgte.
40. Berne Andreas, von V a l s (Kt. G r a u b ü n d e n ) , wurde am
8. A p r i l 1865 geboren. Ende 1891 und anfangs 1892 war er
Pfarrverweser i n Lowerz (Kt. Schwyz). Seine folgenden
Stellen waren K a p l a n und seit 1896 P f a r r h e l f e r i n K ü ß nacht. A m 27. August 1908 wurde er Nachfolger des Hofkaplans Wösle in Vaduz, wo der eifrige und gewissenhafte
M a n n am 31. M a i 1917 starb.
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41. Balzer Peter, von Alvaneu, geboren am 21). J u n i 1852, war
zweimal Katechet in Gutenberg, nämlich von November
1884 bis Oktober 1889, sodann 1909 bis A p r i l 1920. Im Jahre
1926 (2. Januar) starb er im Marienheim in Chur. In der
Zwischenzeit wirkte der stets arbeitswillige Mann in
Chicago.
A m 1. und 2. September 1934 fand die d r i t t e L a n d e s w a l l f a h r t nach Einsiedeln statt. A n derselben nahmen 321
Landeskinder teil. Der hochwürdigste Bischof Laurentius V i n cenz hielt am ersten Tage i n Einsiedeln eine Predigt, am Sonntag einer der Teilnehmer. Auch der Thronfolger, Seine Durchlaucht Prinz Franz Josef, beteiligte sieh an der W a l l f a h r t und
der Vertreter der Regierung spendete eine Standeskerze.
Der schön verlaufene Pilgerzug hat seine V o r l ä u f e r , indem
der erste zum Feste der Engelweihe 1924 mit 244 Teilnehmern
stattfand, der zweite zum Feste M a r i a Geburt im Jahre 1926
mit 110 Pilgern. Doch benützten die beiden ersten Züge die
Eisenbahn nur bis Rapperswil und der B e r g Etzel wurde zu
F u ß bestiegen.
Zum Titel „ K a p i t e l " könnte noch ein ganz kurzes W o r t
beigefügt werden ü b e r die kirchlichen Bauten der letzten
Zeit, da die Priester auch dazu beitragen, nachdem Gemeinden,
besonders aber F ü r s t Johann II. die schwersten Lasten übernommen hatten.
Im Jahre 1873 wurde die prachtvolle K i r c h e in V a d u z
vollendet. Die Kosten beliefen sich auf 207 777 Gulden, wovon
die fürstliche Rentenkasse 166 774 Gulden trug, die Gemeinde
Vaduz 41 000 Gulden.
Der K i r c h e von Vaduz (vollendet 1873) folgten die schönen,
g e r ä u m i g e n und stilgerechten K i r c h e n von Ruggell (vollendet
1899), Schaan (1893) und die J u b i l ä u m s k i r c h e von Balzers,
welche anläßlich des R e g i e r u n g s j u b i l ä u m s Johann I L gebaut
wurde (eingeweiht 1912). A l l e vier K i r c h e n zeugen vom Opfermute der Pfarreien, besonders aber von der Munifizenz des
— 83 F ü r s t e n . F ü r s t Franz I. spendete auch eine sehr schöne Gabe
an das Josefskirchlein i n Ebenholz, welches 1931 erstellt wurde.
In besonderer Weise sei auch des p r ä c h t i g e n Gotteshauses von
Eschen (fertiggestellt 1894) gedacht, zu welchem P f a r r e r Dei'lorin die Hauptarbeit leistete. Seine B e m ü h u n g e n wurden verständnisvoll von der Gemeinde u n t e r s t ü t z t sowie von Wohlt ä t e r n und den Architekten Gebrüder Näscher von Chur,
welche von Eschen stammen.
Der bekannte Verfasser der Weltgeschichte, Weiß, schreibt
in seiner E i n l e i t u n g : „Die h e r k ö m m l i c h e E i n t e i l u n g der Geschichte in eine alte, mittlere und neue ist i n der schlechten
Zeit entstanden und selber schlecht" und an einer andern Stelle
sagt er: „ C h r i s t u s i s t d e r M i t t e l p u n k t d e r Z e i t e n .
Die alte W e l t hat i h n e r w a r t e t , die neue W e l t
r u h t a u f i h m." Ganz richtig. So betrachten w i r immer die
Geschichte der Geistlichkeit und der Seelsorge von diesem
Punkte aus. Dieser Punkt beleuchtet sie und lehrt uns Geschichte verstehen.