Haushaltsrede 2016 der Fraktionsvorsitzenden der UWG-Rommerskirchen Die Gemeinde Rommerskirchen befindet sich nunmehr seit über einem Jahr in der vorläufigen Haushaltsführung, weil die für eine Genehmigung der Bezirksregierung notwendigen Abschlüsse nach wie vor nicht vorliegen. Aktuell wird für die Genehmigung eines kommunalen Haushaltes das Vorliegen des Jahresabschlusses 2013 verlangt. Wir haben erst die Abschlüsse für die Jahre 2009 bis 2011 geschafft. Schon die Haushaltssatzung 2015 wurde von der Bezirksregierung nicht genehmigt. Der nun vorliegenden Haushaltssatzung 2016 droht das gleiche Schicksal. Es ist sogar fraglich, ob sie überhaupt noch in diesem Jahr ihre Wirkung entfalten kann. Nach wie vor gilt damit der zuletzt genehmigte Haushalt des Jahres 2014. Auf den ersten Blick scheint das nicht dramatisch zu sein – aber dieser Blick täuscht. Einige Folgen der vorläufigen Haushaltsführung möchte daher ich kurz anreißen: Steuern: Die Gemeinde darf im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung Steuern nur nach den Sätzen des Vorjahres bzw. der zuletzt gültigen Haushaltssatzung erheben. Diese Einschränkung wurde jedoch durch die vom Rat gesondert verabschiedete Hebesatzsatzung ausgehebelt. Hierdurch können die Realsteuern angehoben werden, obwohl der Haushalt des betreffenden Jahres nicht genehmigt ist. Ein Zug, mit dem man zwar einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten kann, aber auch zu einer einseitigen Belastung der Bürgerinnen und Bürger führt, die in keinem Fall zu einem dauerhaften Werkzeug zur Generierung höherer Einnahmen missbraucht werden sollte. Investitionen: Befindet sich eine Kommune in der vorläufigen Haushaltsführung dürfen Bauten, Beschaffungen und sonstige Investitionsmaßnahmen fortgesetzt werden. Und dies auch nur, soweit es im zuletzt genehmigten Haushaltsplan entsprechende Verpflichtungsermächtigungen hierfür gab. In der Haushaltssatzung 2014 wurden dafür zwar 804.600 € angesetzt – allerdings dürfte von diesem Betrag nicht mehr viel übrig sein. Der Beginn neuer investiver Maßnahmen ist damit schon seit 2015 grundsätzlich ausgeschlossen. Ausnahmen dürfen nur gemacht werden, wenn es für die jeweilige Maßnahme eine rechtliche Verpflichtung gibt oder sie zeitnah und zumindest mittelbar zur Konsolidierung des Haushalts beiträgt und wenn die Finanzierung (ohne Kredit) gesichert ist. Eine Kreditaufnahme für Investitionsmaßnahmen bedarf in jedem Fall der Einzelgenehmigung der Aufsichtsbehörde. Die dem Rat nun zur Genehmigung vorgelegte Haushaltssatzung beinhaltet unter anderem eine Kreditermächtigung in Höhe von 3,2 Mio Euro. Sollte es hierfür keine Einzelgenehmigung der Aufsichtsbehörde geben, kann und darf die Haushaltssatzung in der vorliegenden Form vom Rat nicht beschlossen werden. Aber auch bei einem weiteren Punkt ist der Rat in seiner Funktion als Kontrollgremium der Verwaltung gefordert und in der Pflicht: den Verpflichtungsermächtigungen. Hier ist ein Betrag von 4.072.000,- Euro angesetzt worden. Im Rahmen dieser Verpflichtungsermächtigungen kann die Gemeinde Verpflichtungen für Investitionsmaßnahmen eingehen, die erst in späteren Haushaltsjahren zu Ausgaben führen. Dies bedeutet, dass in 2016 keinerlei Ausgaben auf Basis dieser Verpflichtungs-ermächtigungen getätigt werden dürfen. Die Gemeinde hat hierüber zunächst nur die Ermächtigung zum Abschluss von Verträgen. Es sollte aber allen Ratsmitgliedern klar sein, dass in jedem Fall Ausgaben folgen werden und die Genehmigung der Haushaltssatzung 2016 auch finanzielle Auswirkungen auf kommende Haushaltsjahre haben wird. Der Rat täte daher meines Erachtens gut daran, sich zeitnah einen umfassenden Überblick darüber zu verschaffen, in welchem Umfang die Verpflichtungsermächtigungen aus dem Jahr 2014 - und ggf. aus den Vorjahren - bereits in Anspruch genommen wurden. Nur so kann bei Beschlüssen zu investiven Maßnahmen sichergestellt werden, dass es hierfür eine entsprechende Grundlage gibt und dass diese dann auch getätigt werden dürfen. Er sollte ferner regelmäßige Aufstellungen über Art, Höhe und Zeitpunkt von bereits eingegangenen Verpflichtungen sowie über tatsächlich durchgeführte Investitions maßnahmen einfordern, um die Einhaltung zuvor festgelegter Investitionsvolumen auch überwachen zu können. Die Kredite zur Liquiditätssicherung machen mir ebenfalls „Bauchschmerzen“. Lag der Kreditrahmen hierfür in den vergangenen Jahren noch bei durchschnittlich 6 oder 7 Mio Euro, wurde dieser 2015 schon auf 10,9 Mio Euro angehoben und sollen nun um weitere 4,1 Mio auf 15,0 Mio Euro angehoben werden. Die Aussage des Kämmerers, dass die Kreditlinie nie dauerhaft voll ausgeschöpft werde, vermag ich nicht ganz zu folgen, zumal in den Aufstellungen über die Höhe dieser Kredite - in den vorliegenden Abschlüssen – deutlich erkennbar ist, dass diese Kredite immer in Anspruch genommen werden und fast immer am oberen Limit. Die ständige Erhöhung dieses Rahmens erfolgt daher nur aus einem Grund: Die Kredite werden gebraucht. Selbst wenn die hierfür zu zahlenden Zinsen extrem niedrig sind, so sollte man beachten, dass eine Schuld am Ende immer eine Schuld bleibt. Notwendige Ausgaben durch die Ausreizung eines „Dispokredites“ zu finanzieren, führt am Ende nicht zu einem ausgeglichenen Haushalt, sondern zu einem höheren Defizit. Dies kann aber nicht das Ziel einer verantwortungsvollen und sparsamen Haushaltsführung sein. Wie schon im letzten Jahr hat der Rat der Gemeinde Rommerskirchen keinen aktuellen und vollständigen Überblick über die tatsächliche finanzielle Situation der Gemeinde. Dies ist schlicht nicht hinnehmbar. Die fehlenden Abschlüsse – und zwar sowohl die des Kernhaushaltes als auch die des Eigenbetriebes – müssen zeitnah und vollständig vorgelegt werden. Daran führt kein Weg vorbei und hier darf sich auch der Rat nicht immer wieder vertrösten lassen. Ansonsten läuft die Gemeinde Rommerskirchen sehenden Auges in ein finanzielles Desaster. Der Rat hat nun also zum wiederholten Male die sehr schwierige Aufgabe, seiner Verantwortung dem Bürger gegenüber in zwei Richtungen gerecht zu werden: Auf der einen Seite muss er die Bürger der Gemeinde vor unnötigen finanziellen Belastungen und Risiken schützen, auf der anderen Seite muss er den Bürgern aber auch eine handlungsfähige Verwaltung sichern. Ein Spagat, der nicht einfach ist. Der vorliegende Haushalt müsste wegen der fehlenden Abschlüsse und der unklaren finanziellen Gesamtsituation der Gemeinde Rommerskirchen abgelehnt werden. Aber den Haushalt nur aufgrund fehlender Abschlüsse oder aus Prinzip abzulehnen ist ebenso falsch, wie eine kritiklose Verabschiedung aus parteipolitischer Loyalität. Der Rat muss im konstruktiven Dialog und zum Wohle der Bürger Wege und Möglichkeiten finden, die Gemeinde vor einem finanziellen Kollaps zu bewahren und den Haushalt in kleinen Schritten aber kontinuierlich zu konsolidieren. Denn eines muss allen hier klar sein: Die meisten Probleme, mit denen Kämmerer und Bürgermeister zu kämpfen haben, sind nicht hausgemacht. Sie werden den Kommunen seit Jahren aufgezwungen. Umlagen werden erhöht, Kosten werden nicht in voller Höhe erst attet – die Kommunen stehen größtenteils im Regen und das Einzige, was Land und Bund tun, ist den Regenschirm erst kleiner zu machen und ihn irgendwann ganz wegnehmen. Die UWG hat in den letzten Jahren zahlreiche Anträge gestellt und Vorschläge gemacht, wie es sich in unserer schönen Gemeinde noch besser leben und arbeiten lässt. Davon ist schon eine Menge realisiert worden und wir können stolz darauf sein. Leider geschieht es nur allzu häufig, dass sich andere Parteien mit fremden Federn schmücken und unsere Ideen als ihre ausgeben. Wir hoffen, dass in Zukunft die Urheberschaft korrekt wiedergegeben wird. Ich möchte nur einige Punkte stichwortartig erwähnen: Radwegerneuerung Knechtsteden, Ampelschaltung zur B59n, Kreuzung B59/ Oekoven. Wir haben noch viele weitere Ideen, wie wir in unserer Landgemeinde mit kleinem Budget das Beste für unsere Bürger herausholen können. Wie stellen wir uns die Entwicklung der Gemeinde in den nächsten Jahren vor? Bahnhofsentwicklung: Am Bahnhof selbst sind noch neben dem geplanten Aufzug Verbesserungen möglich: eine Überdachung des Kassenautomaten, eine Verlegung der Taxenflächen, zweiter öffentlicher Bücherschrank, Gastronomie, Nette Toilette, Rettungswache: Rommerskirchen darf in der Notversorgung nicht weiter abgehängt werden. Der Kreis soll sich ein Beispiel an der Stadt Mönchengladbach nehmen, die es in mehr als 90% der Fälle schafft, innerhalb von 8 Minuten beim Patienten zu sein, wie es Notfallärzte ausdrücklich fordern. Die Rettungswache in Butzheim muss schnellstens kommen. Wohnbauprojekte: In Rommerskirchen tut sich viel im Bausektor für den Eigenheimbau. Uns sind aber Grenzen gesetzt, die durch den neuen GEP noch enger gefasst sind. Daher soll die Verwaltung den Plan des Baulückenschlusses weiter verfolgen, um Mehrgenerationenwohnen und erschwinglichen Wohnungen für Mietwohnungsbau zu ermöglichen. Gerade hier sehen wir in den kommenden Jahren großen Handlungsbedarf. Bezahlbarer Wohnraum ist in Rommerskirchen knapp und stark nachgefragt. Das Mehrgenerationenhaus in der Frixheimer Straße ist ein guter Anfang. Weitere Projekte sollten folgen. Zudem könnte die Gemeinde hier auch zukünftig Einnahmen generieren, die dem Haushalt dann zu Gute kommen. Infrastruktur: Ausgleichsmaßnahmen für Bauprojekte sollen möglichst in Ortsnähe erfolgen und für den Bürger erlebbar sein. Dazu gehört auch eine naturnahe Regenwasserbewirtschaftung, wie jetzt im Baugebiet Steinbrink mit dem flachen Versickerungsbecken. Aufwertung der Ortsmittelpunkte, Dorfläden und Verweilplätze für die Bevölkerung machen unsere kleinen Dörfer attraktiver. Auch überdachte Tramperbänke für die kleineren Orte, die schlecht an den ÖPNV angebunden sind können helfen und ein Gemeinschaftsgefühl verbessern. Obstbäume- und Sträucher für die Allgemeinheit, wie es früher als Allmende üblich war, können unseren Bürger das Leben auf dem Land und in der Natur wieder schmackhaft machen, im wahrsten Sinne des Wortes. Auch bei dem gut angenommenen Projekt der Familienbäumen sollten Obstalternativen angeboten werden. Spielmöglichkeiten sollen in der Natur und im Straßenbereich geschaffen werden. Der Lärmschutzwall Steinbrink bietet sich hierfür an. Auch eine Rodelbahn soll ermöglicht werden. Kultur und Brauchtum: Wir befürworten einen neuen Brauchtumsplatz für Roki und die weitere Förderung unserer vielfältigen kulturellen Angebote wie Kabarett, Ausstellungen, Museum, Musik, und Ausstellung, bzw. Erfahrbarkeit unserer archäologischen Funde in den Neubaugebieten. Jugendprojekte : Wir haben schon mehrmals eine Taschengeldbörse für Jugendliche angeregt, um den Austausch von Jung und Alt zu verbessern. Dieser Bereich kann im Amt für bürgerschaftliches Engagement eingebunden werden. Die Graffitiprojekte Bahnhof und Unterführung Nettesheimer Weg stehen ebenfalls noch auf der Agenda. Naturerlebnis: Der Gillbachwanderweg und Wander- und Radweg Bahndamm sollen weiter ausgebaut werden. Lärmschutz: Entlang B59n und um Sinsteden muss auf Lärmschutz geachtet werden und neben einem Lärmschutzwall auch auf Flüsterasphalt gedrängt werden. Auch soll eine Fluglärmkartierung in den nördlichen Gemeindegebieten erfolgen, um zu erkennen, wie hoch diese Belastung durch die neuen Flugrouten zugenommen hat. Wertstoffe statt Abfall (Biotonne und Papier) GEP : Dass der GEP in die Beratung zurückgeschickt wurde, kann für unsere Gemeinde von großem Vorteil sein. Im ersten Entwurf war unsere Baulandpolitik extrem eingeschränkt worden und hätte bedeutet, dass wir kaum noch Gewerbegebiete ausweisen könnten. Unsere Stellungnahme und unsere Bedenken werden hoffentlich in den neuen Plan einfließen und dazu führen, dass unsere Entwicklungsmöglichkeiten den Anforderungen der nächsten Jahrzehnte entsprechen. Auch in der Standortfrage des Konverters ist es nun leichter, das Planzeichen für den Kiesabbau in Kaarst herauszunehmen und dadurch den Konverter dort in der sog. Dreiecksfläche zu ermöglichen und nicht in Gohr. Auch haben wir bessere Chancen, die geplanten Windenergiezonen besser zu begrenzen und von den noch im Raum stehenden 300 Ha runter zu kommen. Hochspannungsleitungen und Abstandserlass: Laut Energieleitungsausbaugesetz haben die Kommunen nun das grundsätzliche Recht, den Vorrang für Erdverkabelung zu fordern. Das hat der Rat auch schon per Resolution beschlossen. Amprion wehrt sich aber noch mit Händen und Füßen dagegen und auch unser Gesundheitsminister Gröhe ist uns in dieser Frage eher in den Rücken gefallen, als uns zu unterstützen. Ein Näherrücken der Bebauung an Hochspannungsleitungen bzw. Ertüchtigung von bestehenden Niederspannungs- auf Hochspannungsleitungen erzwingt geradezu eine unterirdische Verlegung, damit Planungen von Bebauungen nicht behindert werden und der Gesundheitsvorsorge entsprochen wird. Flüchtlingshilfe und Integration: Ein Thema, das uns sehr beschäftigt. Wir wünschen uns weiter so gute Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements, damit die vielen freiwilligen Helfer nicht überfordert werden. Hierzu sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die sich bei den Nachbarkommunen und im Kreis anbieten, von gemeinsamen Sprachunterricht und Integrationskursen angefangen, bis zu Berufsvorbereitung, Gesundheitsvorsorge, Integration und Beschulung der Kinder und Jugendlichen. Danken möchten wir hier insbesondere der Tafelmitarbeiter und den vielen Bürgern, die sich neben den Verwaltungsmitarbeitern unermüdlich einsetzen. Personalhaushalt: Wir haben dafür geworben, dass unsere Verwaltung im neuen Haushaltsjahr mehr Personal für die immer größer werdenden Aufgaben einstellen kann. Lobend möchte ich erwähnen, dass sich die Stimmung und Arbeitshaltung bei den Beschäftigten sehr zum Positiven gewendet hat. Wir hoffen, dass jedermann und jedefrau sich weiterhin so mit unserer Gemeinde identifiziert, dass auch eine neue Arbeitszeiterfassung- und Regelung nicht als Bedrohung, sondern als Erleichterung aufgefasst werden wird. Als gute Beispiele möchte ich die Kämmerei erwähnen, die auch an Wochenenden gearbeitet hat, um Jahresabschlüsse fertigzustellen, oder die Mitarbeiter der Flüchtlingshilfe, die sehr stressige Zeiten hinter sich haben und wahrscheinlich auch noch vor sich sehen. Obwohl der Haushalt 2016 solange vorläufig ist, wie nicht die erforderlichen Abschlüsse vorliegen, kann die UWG dem Haushalt zustimmen, insoweit die vom Kämmerer bei der Aufsichtsbehörde eingeholten Genehmigungen für die geplanten Investitionen und Verpflichtungsermächtigungen vorliegen. Wir stehen in Rommerskirchen vor großen Herausforderungen aber auch Chancen. Die Schaffung von bezahlbaren Mietwohnungen hat für Rommerskirchen eine größere Bedeutung als der Bahnhofsumbau. Mit diesen Projekten, die den Haushalt zweifelsfrei in den kommenden Jahren stark belasten werden, haben wir aber die Chance etwas auf die Zukunft gerichtetes zu schaffen, dessen Wert und Mehrwert sich dann auch zeigen werden. Hierzu zähle ich auch ganz ausdrücklich die Integration von aus Krieg und Not nach Deutschland geflohenen Menschen in unser Gemeinwesen. Ich wünsche mir, dass die Fraktion im Rat, die sich nur allzu häufig einer Diskussion und interfraktionellen Gesprächen verweigert hat, in Zukunft ihr z.T. destruktives Verhalten aufgibt, damit wir im Rat gemeinsam die Zukunft von Rommerskirchen gestalten können. Wir möchten uns diesen Herausforderungen nicht verweigern. Wir möchten sie angehen, kritisch und produktiv begleiten und unterstützen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit Rommerskirchen, 17. März 2016
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