Tanz am Abgrund - Deutsch-Palästinensische Gesellschaft

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Tanzam Abgrund
f;sreeüPremier Benjamin Netanyahu könnte bald länger an der Macht sein als Staatsgründer
Ben-Gurion. Seit Monaten leidet das Land unter einer neuen Welle der Gewalt, dieZwei-StaatenLösung stirbt. Netanyahu jedoch bleibt. Von Nicola Abö
enjamin Netanyahu steht vor einer
Bar im Zentntm Tel Avivs hinter einem Rednerpult aus kugelsicherem
Glas. Es ist dunkel, im, Glas spiegeln sich
die Gedenkkerzenz:u seinen Füßen.
Am Vortag hat ein junger Mann an diesem Ort eine Maschinenpistole des Typs
Spectre M4 aus seinem Rucksack gezogen,
auf Passanten gefeuert, den Barbesitzer erschossen, einen Besuchei der Bar getötet
und sieben weitere Menschen verletzt. Der
Täter war ein arabischer Israeli aus dem
Norden des Landes.
,,Der arabische Sektor ist von islamistiscirer Hetze durchdrungen", ruft Netinyahu hinter dem Rednerpult. Sein Haar liegt
wie ein stahlgrauer Helm um den Kopf.
,,Wir verlangen Loyalität gegenüber dem
ren jüdische Israelis an
- und werden dann
gleitet durch tiefschwarze Wolkenbänke,
meist selbst erschossen. Die Attentäter
die Anschnallzeichen leuchten. Netanyahu
sind r3, 17 oder zo Jahre alt.
erscheint im Moment maximaler Turbulenzen im hinteren Bereich des Flugzeugs, wo
die Journalisten sitzen. Er will jetzt ein Hin-
Allein am Dienstag sind es vier Angriffe: In Jerusalem werden mehrere Polizisten verletzt, zwei von ihnen schwer.
In Petach Tikwa, einem Vorort Tel Avivs,
sticht ein Palästinenser auf einen Israeli
ein, bis ihm Passanten schließlich das Messer entreißen.
Und während US-Vizepräsident Joe Biden sich zu Gesprächen über den Frieden
ganz in der Nähe aufhält, sticht ein zz-Jähriger qqs der Stq-{lS]l.llq im Westjordanland an der Strandpromenade in Jaffa mehrere Menschen nieder.
Seit Oktober hält diese neue Welle der
Gewalt nun schon an, Netanyahu hat ge-
tergrundgespräch führen, er hätte zwölf
Stunden Zeit dafir gehabt, nun sind es nur
noch ein paar Minuten bis zur Landung.
Draußen wüten die Vorboten eines Hurrikans, die Journalisten krallen sich an den
Sitzen fest. Nach Jerusalemer Zeit ist es
mitten in der Nacht. Netanyahu redet ein
wenig über Syrien und Iran. Er hat Augenringe und seine Haare sind zauselig.
Im Grunde sagt er nichts. Alles schwankt.
Sein Pressesprecher versucht, ihn am Armelwegzuziehen. Das Flugzeug macht einen Satz nach unten. Netanyahu zuckt
Gesetz. Man kann nicht die
nicht. Das ist seine Botschaft.
Er inszeniert Politik als permanenten Tanz am Abgrund
- bei dem er stets die Kon-
Rechte eines Israelis haben
und sich der Sache der Palästinenser verpflichtet fühlen! "
Netanyahus Worte versöh-
trolle behält.
im Gegenteil, sie sind eine
Anklage an alle Araber im
Land. Es sind unerbittliche
Retter. Er deklariert alles zur
existenziellen Frage, denn es
Worte, sie passen zu der Realität, in der Israel nach zehn
Jahren unter seiner Führung
angekommen ist.
Vor knapp einem Jahr, am
t7. Mätz zor5, gelang Netanyahu entgegen allen Er-
wartungen ein triumphaler
Wahlsieg. Der konservative
Likudblock, dem er vorGraffito
steht, wurde die mit Abstand
stärkste Partei. Es ist Netanyahus vierte Amtszeit als Regierungschef. Hält er sie durch, wird er länger an
der Macht sein als Staatsgründer David
Ben-Gurion. Wie kein anderer prägt Netanyahu Israels Gegenwart: Das Land hat
sich von westlichen Partnern entfernt, es
ist weit nach rechts gerückt. Er hat die
Siedlerpartei ,,Jüdisches Heim" in seine
Regierung geholt, ein politischer Tabubruch. Er hat damit ein Zeichen gesetzt,
gegen den Frieden und gegen die Hoffnung auf eine Zwei-Staaten-Lösung.
Der Anschlag auf die Bar in Tel Aviv ist
nur eine weitere Episode des allgegenwärtigen Hasses, der sich immer tiefer ins Leben der Israelis frisst und die Gesellschaft
zersetzt. Beinahe jeden Tag greifen nun
junge Palästinenser mit Messern und Sche-
Netanyahu
braucht den Ausnahlr'ezl:-stand als Kulisse, vor der er
wirken kann, als Opfer und
nen nicht, sie beruhigen nicht,
ist das Existenzielle, das ihn
nährt.
,,Der Überlebensmodus
liegt in der israelischen
t
fj
;
DNA,
sagt der Journalist Nahum
Barnea von einer der größten
Tageszeitungen des Landes,
,,Jediot Acharonot". Er hat
Netanyahu jahrelang begleiim Gazastreifen: Ein ungerechter Staat ungleicher Bürger
tet. ,,Er spielt den Typen, der
den Damm zusammenhäIt."
gen sie nichts ausrichten, sein Land nicht
Und manchmal auch den Typen, der
befrieden können. Seine Bilanz, so könnte brüskiert und provoziert. In dieser Woche
man meinen, ist katastrophal, die ange- sagte Netanyahu überraschend ein für den
spannte Lage müsste ihm schaden, doch 18. März geplantes Treffen mit dem amedas Gegenteil ist der Fall. Im vergangenen
rikanischen Präsidenten Barack Obama ab.
Jahr hat Netanyahu seine Macht noch er- Die US-Regierung erfuhr davon durch die
weitert und verschiedene Ministerien ein- Medien, es war ein weiterer A{front in eifach für sich selbst reklamiert: Er ist jetzt ner Reihe von Verstimmungen zwischen
nicht nur Premierminister, sondern auch beiden Staaten.
noch Außenminister, Wirtschaftsminister,
Hinter der Absage, die Israels Regierung
Minister für Kommunikation und Minister offiziell damit begründete, sie wolle nicht
für regionale Kooperation. In den Medien, in den amerikanischen Wahlkampf hineinim Polizei- und Justizapparat hat er Ver- gezogen werden, steht wohl immer noch
traute installiert. Es ist, als befinde er sich Netanyahus Unmut über das Atomabkomin einer toxischen Umarmung mit seinem men mit lran. Seitdem er im Amt ist, hatte
Land.
er vor diesem Land gewarnt, vor der iraniIm Herbst ist Netanyahu unterwegs zu schen Atombombe, die es zu verhindern
galt. Das Abkommen, das die USA und
einem Staatsbesuch. Sein Regierungsflieger
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Affis$*nd
fünf weitere Staaten im vergangenen Jahr
mit Iran aushandelten, war für ihn eine
schmachvolle Niederlage und markierte
zugleich einen Tiefpunkt in den israelischamerikanischen Beziehungen.
Auch als das Abkommen schon unterschrieben war, kämpfte Netanyahu weiter:
Anfang Oktober stand der israelische Premier vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York und schwieg.
45 Sekunden lang. Sein Schweigen sollte
die ,,ohrenbetäubende Stille" der Weltgemeinschaft symbolisieren, so sagte er, angesichts der nun drohenden Auslöschung
Israels durch den Iran. Die Diplomaten im
Publikum blickten zu Boden, manche verdrehten die Augen. Netanyahus eigentliche Zuhörer aber saßen in der Heimat
vor dem Fernseher.
,,In jeder Generation gab es welche, die
unser Volk vernichten wollten", rief ihr
Premierminister in den Saal, ,,doch die
Zeiten, in denen das jüdische Volk passiv
bleibt im Angesicht der mörderischen Fein-
de, sind
vorüber."
:
Netanyahu kenne die Israelis besser, als
sie sich selbst kennen würden, schrieb
Bradley Burston, der in Amerika geborene
israelische Kolumnist der Tageszeitung
,,Haaretz"i ,,Er kann auf dir spielen wie
auf einer Stradivari. Und das tut er auch."
Virtuos bedient Netanyahu die jüdische
Angst, von allen Seiten bedroht zu sein.
Die Scham darüber, dass man sich nicht
wehren konnte, damals im Zweiten Weltkrieg, dass man ein Opfer gewesen ist. Diesen Schmerz, der sich nie stillen lässt.
,,Worin liegt der diplomatische Sinn, die
ganze Welt zu verspotten?", fragten die
Kommentatoren nach seiner Rede vor der
Uno. Aber es geht Netanyahu nicht um
Diplomatie. Ob er Schaden anrichtet, ist
in diesen Momenten nicht so wichtig. Es
geht um ein Versprechen, die Staatsräson
Israels:,,Nie wieder! "
Was zählt, ist, dass er kämpft, für sein
Land - und immer wieder für den Erhalt
der eigenen Macht. Vor mehr als einem
Jahr löste Netanyahu selbst seine Regierung auf, weil er eine Intrige fürchtete. Er
glaubte, seine Minister wollten ihn stürzen
und rief Neuwahlen aus. Für einen Moment sah es aus, als habe er sich verschätzt. lmMfuz zor5,kurz vor der Wahl,
führte die Opposition in allen Umfragen.
Es war eine schwierige Zeit für die Netanyahus. Unzählige Skandale aus ihrem
Haus fanden damals ihren Weg an die Öffentlichkeit. Die Israelis erfuhren, wie viele
Tausend Schekel das Ehepaar jährlich für
Pistazieneiscreme, Kerzen und Sushi ausgab. Es wurde noch wahnsinniger, als die
Netanyahus ein Video produzieren ließen,
um ihrem Image als Luxuspaar etwas entgegenntsetzen. Netanyahus Ehefrau Sarah
führte in dem Film einen bekannten Dekorateur durch ihre heruntergekommen
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aussehende Küche. Der Mann beugte sich
über den Kunststoffbelag, der sich von den
Schränken lösJ. ,,Es sieht aus wie in einem
rumänischen'Waisenhaus von 1954", sagte
der Dekorateur schließlich.
Ein paar Tage später wurde bekannt,
dass es die Küche der Angestellten war,
die da gezeigt wurde. Und dass es ein
Stockwerk darüber eine hochmoderne Küche gibt. Im liberalen Tel Aviv schämte
man sich, war wütend und auch ein bisschen belustigt. Kaum einer glaubte, dass
Netanyahu wiedergewählt würde.
Doch Netanyahu wusste auch diesmal,
was zv tun war. Sechs Tage vor der Wahl
setzte er auf die Siedlerbewegung, seine
letzte Chance, politisch zu überleben. Er
rief deren Anführer in sbiner Residenz zusammen und drohte ihnen: ,,Ich bin dabei
zu verlieren. Wir werden diese Residenz
verlassen, und ihr werdet eure Häuser verlassen müssen:" Dann zeigte et eine Lösung auf: Das Furchtbare sei zu verhindern,
wenn man ihn wähle und nicht seine rechten Konkurrenten von der Partei Jüdisches
Heim. Öffentlich zog Netanyahu sein Bekenntnis zur Zw ei-Staaten-Lösung zurück.
Er gewann, weil die Aktivisten der Siedler in Dörfern und Städten Tausende Wähler mobilisierten. Mehr Menschen als je
zuvor gingen noch in den letzten Stunden
zur Wahl.
Bei der internationalen Gemeinschaft
und arabischen Parteianhängern bat er
kurz darauf um Nachsehen für seine Aussagen im Wahlkampf. Mit diesem scheinbaren Hin und Her verprellt er immer wieder wichtige Verbündete, nicht aber seine
Wähler. Ehrlichkeit sei nicht das, was viele
Israelis von einem politischen Führer erwarten, sagt der Historiker Tom Segev.
Auch Korruption könnten sie verschmerzen, ,,solange keine Bombe unter ihrem
Auto explodiert".
Doch Netanyahu ist nicht einfach nur
ein Opportunist, hinter seinen taktischen
Ermittler am Anschlagsort in Tel Aviv am 8, März:
nächste US-Präsident wird es mit einem
Israel zu tun haben, das. entschlossen ist,
das Territorium zwischen Jordan und Mittelmeer permanent zu b esetzen."
Dieser Staat ist nach fast 5o Jahren Besatzungsherrschaft im Westjordanland heute Realität. Es ist ein ungerechter Staat ungleicher Bürger. Es ist ein an Gewalt krankender Staat, in dem palästinensische
Schulmädchen auf israelische Polizisten
einstechen. Im Rucksack einer r3-Jährigen
fand die Polizei vor wenigen Wochen
Schreibhefte, einen Taschenrechner, ein
Päckchen Traubensaft und zwei Küchenmesser. Sie wollte ,,Juden töten", sagte das
Mädchen auf der Polizeistation.
Manövern stehen Glaubenssätze, die sich
durch sein Leben ziehen. Sein Vater war
,,Die dritte Intifada", titelte die größte
ein enger Vertrauter von Wladimir Jabo- Boulevardzeitung des Landes schon im
tinsky, Befürworter eines Judenstaates auf Herbst, als die Angriffe begannen. Für kurbeiden Seiten des Jordans. Netanyahu war ze Zeit sanken Netanyahus Umfragewerte.
z8 Jahre alt, als er in einer Fernsehdebatte
Er flüchtete sich in Bürgerkriegsrhetorik:
sagte: ,,Das Hindernis für Frieden im Na-. ,,Wir werden für immer mit dem Schwert
hen Osten ist die Forderung nach einem leben", sagte er im Oktober in der Knesset.
palästinensischen Staat. "
In den Neunzigerjahren kämpfte er
ge-
gen den Oslo-Friedensprozess. Als Premier
ließ er den Siedlungsbau vorantreiben. Die
Zwei-Staaten-Lösung drängte er so immer
weiter ins Utopische ab. Heute erscheint
sie kaum mehr möglich.
Der Kolumnist Thomas Friedman kürte
Netanyahu in der ,,New York Times" vor
Kurzem zum Gründungsvater einer EinStaaten-Lösung: ,,Bibi hat gewonnen, er
ist nun eine historische Figur. Der Friedensprozess ist tot. Es ist vorbei. Der
Teile Ostjerusalems sollten abgeriegelt, die
Häuser der Familien von Attentätern zerstört werden. Es ging darum, der Bevölkeruflg zti vermitteln, dass er die Lage im
Griff hat. Mehr noch: dass er der Einzige
ist, der die Lage im Griff hat.
Netanyahu balanciert geschickt zwischen den Forderungen von rechts und jenen der internationalen Gemeinschaft. Er
spielt sie gegeneinander aus. Mehr Sied-
lungsbau? Unmöglich wegen den USA,
sagt er den Siedlern. Und wirkt im Vergleich mit den noch Rechteren in seiner
schlauste und erfahrenste Mann weit und
breit. Berater kommen und gehen, nur er
bleibt. In seiner Regierung sitzt jeder Minister auf dem für ihn selbst und das Land
ungeeignetsten Posten, auch das ist Teil
seines Kalküls: Die Kulturministerin war
einmal Militärzensorin. Die stellvertretende Außenministerin schockiert internationale Diplomaten, weil sie die israelische
Flagge am Tempelberg hissen will. Der
Tourismusminister ist ein Jurist. Keiner
kann sich wirklich profilieren. Der Opposition mangelt es an starken Anführern.
Netanyahu hat eine Situation erschaffen, in der er alternativlos erscheint. Davon ist er selbst überzeugt. Er muss auch
deshalb an der Macht bleiben, weil er
selbst daran glaubt, dass er der Einzige ist,
der das Land retten kann. Wenn Manipu-
lation wirkt, dann in beide Richtungen,
dann fängt sie immer auch den Manipula-
tor ein.
Es
gibt da eine Parallele zu seiner Kind-
heit: ,,Alle anderen sind Idioten", so be-
,,Wir
werden immer mit dem Schwert leben"
Regierung plötzlich vernünftig. Sogar die deshalb muss der Konflikt zu einem unultraknappe Mehrheit seiner Koalition in lösbaren erklärt werden.
der Knesset - er regiert mit einer Mehrheit
Um dieses Narrativ zu stärken, schreckvon nur einer Stimme - scheint ihm plötz- te Netanyahu auch nicht davor zurück, die
lich zu nützen. Jeder einzelne Abgeordne- Geschichte des Holocaust um eine neue
te kann die Regierung zum Scheitern brin- Variante zu bereichern. Beim Zionistigen. Jede Stimme zählt. Das Risiko diszi- schen Weltkongress in Jerusalem erklärte
pliniert. Linke Medien und NGO, die gegen er vor wenigen Monaten, der palästinensiNetanyahu wettern, erscheinen angesichts
sche Großmufti von Jerusalem habe Hitler
der angespannten Lage wie Landesverräter. die Idee zur ,,Endlösung" eingeflüstert.
Alles, was gegen ihn ist, nützt ihm.
Am nächsten Morgen machte er sich auf
Doch noch immer hört die Gewalt nicht den Weg zu einem Staatsbesuch in Berlin.
auf, radikalisieren sich palästinensische Ju- Seine Rede war die Nachricht des Tages.
gendliche über Facebook und YouTube, Die Bundesregierung sah sich gezwungen,
greifen israelische Polizisten, Familienväter die Verantwortung Deutschlands für den
und sogar schwangere und alte Frauen an. Holocaust zu bekräftigen. In den folgenEs ist eine neue Qualität des Terrors: Die
den Tagen distanzierten sich prominente
Täter handeln nicht im Auftrag von Orga- Historiker von ihm. Er ruderte zurück.
nisationen, sondern selbstständig. Und es ,,Schamlos", sagten alte Wegbegleiter,
hat etwas zutiefst Barbarisches, wenn Men- ,,diesmal ist er zu weit gegangen."
schen anderen Menschen aus nächster
Doch im Frühjahr zo16 ist von alldem
Nähe ins Fleisch stechen, um sie zutöten. kaum etwas zurückgeblieben, nichts, was
Ist dies also der Moment, in dem Ne- ihm schaden würde auf jeden Fall. Allentanyahus Politik des Stillstands scheitern falls Netanyahus Erzählung, dass es hier
könnte? In dem deutlich wird, dass ein rei- nicht um Palästinenser gegen Israelis geht,
nes Verwalten des Konflikts unmöglich ist?
sondern um Araber gegen Juden. Dass die
Andere Politiker stürzten in Israel über Araber die Juden schon immer töten wollden Terror. Netanyahu kann er nichts an- ten, auch ohne Besatzungsherrschaft. Dass
haben. Es ist die ewig einzudämmende Ka- der Konflikt kein politischer sei, sondern
tastrophe am Horizont, an die er glaubt ein kultureller.
und von der er profitiert. Doch das bedeu,,Ich bin Israel; Israel, das bin ich", so betet auch, dass diese Bedrohung nicht weg- schreibt Barnea die Verschmelzung des Prefallen kann, dass es keine Lösung geben miers mit seinem Land. ,,Er hält sich nicht
kann. Der Status quo ist für Netanyahu mehr für gewählt, sondern für auserwählt."
der ldealzustand, die drohende Katastro- Wenn Netanyahu sich umsieht in seiner
phe der Kitt, der alles zusammenhält. Auch Regierung, dann stellt er fest: Er ist der
schrieb ein alter Freund die Haltung der
Familie. Die Netanyahus gehörten zwar
ntr Elite, sahen sich aber als Außenseiter
im feindlichen Umfeld der sozialistischzionistischen Oberschicht, die damals regierte. Netanyahus Vater, ein Historiker
und früher Holocaust-Warner, fühlte sich
zeitlebens verkannt. Schließlich ging er
verbittert mit seiner Familie in die USA,
weg aus jenem Land, für dessen Gründung
er einst eingestanden war.
Netanvahu kommt vor allem bei orientalischen Juden gut an, bei den Außensei-
tern einer Gesellschaft, in der die aus
Europa eingewanderte Elite dominiert. ld,
Hat Netanvahu dem Land seine überzgugungen aufgedrückt? Oder findet in ihm
die israelische Lebenswirklichkeit ihr
Echo? Netanyahu und seine Wähler spiegeln sich gegenseitig ihre Angst, eine ewige
Wiederholung, die den Blick verengt.
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In den vergangenen sechs Monaten gab
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es mehr als 3oo Terrorattacken. Rund 3o
Israelis und über r8o Palästinensd?"siäi6äi' ^c
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findet permanent Bestätigung, es ist ein cd
Kreislauf, in dem die Angst befördert, was :J
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befürchtet wird.
Der Premier macht einfach weiter. Ende
des Jahres ließ das Bildungsministerium
eine Schullektüre verbieten, in der eine
Jüdin einen Palästinenser liebt. Im Februar
kündigte Benjamin Netanyahu den Bau eines Zauns-um eanz Israel an. Die partei
internen Wahlen wollte er auf Februar vor-
ziehen. Am Ende wurden sie abgesagt,
weil sich kein Gegenkandidat fand.
Twitter: @NicolaAbe
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der Netanyahu-Show
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