zum

Regierung des Fürstentums Liechtenstein
z.Hd. des Ministeriums für Gesellschaft
Herrn Regierungsrat Dr. Mauro Pedrazzini
Peter-Kaiser-Platz 1
Postfach 684
9490 Vaduz
Vaduz, 8. März 2016
Stellungnahme zum Vernehmlassungsbericht betreffend die Neuregelung der
Finanzierung der ausserhäuslichen Kinderbetreuung
Sehr geehrter Herr Regierungsrat Dr. Pedrazzini
Werter Mauro
Mit Bezugnahme auf den Vernehmlassungsbericht betreffend die Neuregelung der
Finanzierung der ausserhäuslichen Kinderbetreuung nehmen wir im Namen des Präsidiums
der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) wie folgt Stellung.
Grundsätzliches
Es ist weitestgehend unbestritten, dass der Bedarf an Betreuungsplätzen in Rahmen der
ausserhäuslichen Kinderbetreuung in Zukunft ansteigen wird. Vor diesem Hintergrund
können wir die zu Grunde liegende Stossrichtung der Vorlage mit dem Ziel, mehr
Betreuungsplätze zu schaffen ohne den Staatsbeitrag zu erhöhen, befürworten. Eine
Erhöhung des staatlichen Beitrags käme für die Fortschrittliche Bürgerpartei in der aktuellen
Finanzsituation des Staates und ohne Not nicht in Frage.
Kritisch merken wir an dieser Stelle an, dass sich die Vorlage nur mit der ausserhäuslichen
Kinderbetreuung befasst und so den Eindruck einer Lenkung weg vom klassischen
Familienmodell1 in Richtung modernes Familienmodell2 erweckt. Die FBP setzt sich seit
Jahren für die Wahlfreiheit zwischen den beiden Modellen «Familie und Beruf» und «Familie
als Beruf» ein. Es ist uns ein Anliegen, dass im Rahmen des Berichts und Antrags
ausgeführt wird, ob mit der gegenständlichen Änderung eine entsprechende
Lenkungswirkung erzielt werden soll, beziehungsweise ob die Regierung beabsichtigt, ein
bestimmtes Familienmodell zu Lasten eines anderen zu fördern.
1
Ein Elternteil bleibt zu Hause und kümmert sich Vollzeit um die Kindererziehung, der andere Elternteil geht einer
Erwerbstätigkeit nach (AlleinverdienerIn)
2
Beide Elternteile gehen einer Erwerbsarbeit nach und teilen sich die Erziehungsarbeit auf
Fortschrittliche Bürgerpartei
Wuhrstrasse 13
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T: +423 237 79 40 – www.fbp.li - [email protected]
Zudem erachten wir es als notwendig, dass parallel zur Anpassung der Finanzierung der
ausserhäuslichen Kinderbetreuung (KITA-Finanzierung) Massnahmen eruiert werden,
welche die von unserer Partei stets in den Vordergrund gestellte Wahlfreiheit zwischen den
beiden Modellen ermöglicht.
Einkommensabhängigkeit
Der Staat setzt heute Qualitätsmassstäbe für die ausserhäusliche Kinderbetreuung fest, wie
beispielsweise ein bestimmtes Verhältnis von Betreuungspersonen zu Kindern oder
geeignete Räumlichkeiten. Dadurch möchte er richtigerweise das Kindeswohl in den
Mittelpunkt stellen. Gleichzeitig aber bestimmt der Staat dadurch in entscheidendem
Ausmass die Kosten der ausserhäuslichen Kinderbetreuung in Kindertagesstätten oder
Tagesstrukturen. Die zusätzliche Erwerbstätigkeit des zweiten Elternteils würde sich in
unteren und mittleren Einkommenssegmenten nicht lohnen, wenn die Eltern die gesamten
Gestehungskosten der ausserhäuslichen Kinderbetreuung übernehmen müssten. Dadurch
würde die Wahlfreiheit im Bereich des Familienmodells beschränkt auf höhere
Einkommensklassen3. Eine Subventionierung der KITA-Plätze ist daher sinnvoll und auch
nötig. Wir sind jedoch dezidiert der Ansicht, dass eine staatliche Subventionierung
ausserhäuslicher Kinderbetreuung von Haushalten in den oberen Einkommensklassen nicht
angebracht ist.
Wenn in einem Haushalt beide Elternteile erwerbstätig sind und zusammen ein hohes
Einkommen erwirtschaften, sollen diese nicht zu Lasten der Gemeinschaft ausserhäusliche
Kinderbetreuung in Anspruch nehmen können, sondern selbst für die Kosten aufkommen.
Konkret vertreten wir daher die Ansicht, dass Kindertagesstätten, welche staatliche
Subventionen erhalten, einkommensabhängige Elternbeiträge festzulegen haben. Diese sind
derart zu gestalten, dass ab einem bestimmten Haushaltseinkommen die Eltern die
gesamten Gestehungskosten der Betreuung zu tragen haben.
Unsere Forderung nach einkommensabhängigen Elternbeiträgen soll jedoch nicht bedeuten,
dass landesweit einheitliche Tarife vorgeschrieben werden. Die Betreuungseinrichtungen
sollen die Freiheit haben, die effektive Höhe der Tarife in einem vorgegebenen Rahmen
selbst zu bestimmen und sich so durch ein individuelles Leistungsangebot dem Wettbewerb
zu stellen. Wichtig ist die Übernahme der gesamten Gestehungskosten durch die Eltern ab
einer landesweit einheitlichen Einkommensschwelle.
Die von der Regierung vorgeschlagene Ausgestaltung der Subventionen ermöglicht
Wettbewerb unter den Anbietern, was wir ausdrücklich begrüssen. Wenn Kindertagesstätten
beispielsweise Zusatzleistungen wie längere Betreuungszeiten am Abend, Hol- und
Bringservice oder spezielle pädagogische Angebote bieten, so sollen diese durch zusätzliche
Beiträge seitens der Eltern gedeckt werden. Wir sind überzeugt, dass durch den Wettbewerb
unter den Anbietern die nötige Flexibilität im Angebot geschaffen wird, welche für eine gute
Vereinbarkeit von Familie und Beruf nötig ist.
3
Unterscheidung zwischen Personen, die es sich leisten können, ihre Kinder in Fremdbetreuung zu geben und
solche, die sich eine Erwerbsarbeit de facto nicht leisten können – bzw. keinen Nutzen, sogar eher Schaden, aus
einem zusätzlichen Einkommen ziehen würden.
Bedingungen für staatliche Subventionen
Das Präsidium der Fortschrittlichen Bürgerpartei stellt sich auf den Standpunkt, dass im Falle
von staatlichen Subventionen die subventionierten Leistungen auch grundsätzlich allen in
Liechtenstein wohnhaften Kindern zugänglich sein sollten. So sollen auch
Betreuungseinrichtungen, welche von Unternehmen betrieben werden, nur subventioniert
werden, wenn sie freie Plätze grundsätzlich der gesamten Bevölkerung zur Verfügung
stellen. Dass in Betriebs-Kitas Kinder von eigenen Mitarbeitenden bevorzugt werden, wird
nicht in Frage gestellt. Sollte aber ein Platz frei sein, muss dieser grundsätzlich öffentlich
zugänglich sein.
Die im Vernehmlassungsbericht ausgeführten Anspruchsvoraussetzungen für die
verschiedenen Komponenten der Subventionen sind nachvollziehbar und unseres Erachtens
richtig. FAK-Beiträge sollen (wie beim Kindergeld) alle in Liechtenstein erwerbstätigen
Personen bekommen, Beträge des Staats (und gegebenenfalls der Gemeinden) sollen auf
die Einwohner beschränkt bleiben.
Es steht den „Betriebs-KITAs“ selbstverständlich frei, ihren Mitarbeitenden die Plätze zu
einem günstigeren Tarif oder gar gratis anzubieten beziehungsweise die gesamten Kosten
der Kinderbetreuung zu übernehmen. Die Regierung hat in diesem Falle dafür Sorge zu
tragen, dass durch allfällige Zuschüsse des Arbeitgebers keine Situation entsteht, in denen
eine Übersubventionierung entsteht oder Eltern am Ende gar einen Gewinn erzielen.
Im Namen des Präsidiums der Fortschrittlichen Bürgerpartei bitte ich Sie, sehr geehrter Herr
Regierungsrat Dr. Mauro Pedrazzini, um Kenntnisnahme unserer Stellungnahme und um
Prüfung unserer Vorschläge.
Freundliche Grüsse
Fortschrittliche Bürgerpartei
Thomas Banzer
Präsident