136. Jahrgang Nr. 20 Freitag, 11. März 2016 www.anzeigervonsaanen.ch Seite 5 DANIEL MÜLLER IM INTERVIEW «Ich bin selbst ein begeisterter Skifahrer» SPORT Die Leitner AG, in Busswil ist einer der drei Hauptsponsoren des RLZ Gstaad. Die Firma produziert hochkomplexe Medizinaltechnik wie chirurgische Instrumente für Knochenverletzungen, Gelenksersatzoperationen oder Wirbelsäulenchirurgie. Firmeninhaber Daniel Müller beschäftigt 35 Mitarbeiter in seinem Betrieb und sponsert das RLZ Gstaad seit der Gründung 2009. Der 58-Jährige ist selbst begeisterter Skifahrer, ehemaliger Leistungssportler und hat einen starken Bezug zum Saanenland. PATRIZIA MESSMER Ihre Firma hat nicht gerade viel mit Skisport zu tun. Welchen Bezug haben Sie selbst zum Skisport? Skifahren hat in unserer Familie einen sehr hohen Stellenwert. Wir alle sind selbst begeisterte Skifahrer, meine Kinder waren in ihrer Jugendzeit aktiv im Skirennsport und ich selbst habe vor einigen Jahren noch die Skilehrerausbildung gemacht. Warum unterstützen Sie Sportförderungsprogramme? Ich habe ein gewisses Flair für Sport, denn ich war früher selbst aktiver Leistungssportler. Ich war 1982 Schweizer Meister im Stabhochsprung und Mitglied der Schweizer Nationalmannschaft. Dadurch bekommt man einen starken Bezug zum Sport. Unterstützung in die Nachwuchsförderung ist sinnvoll, macht auch Freude, unsere Kunden begrüssen unser Engagement, jeder hat Familie oder Kinder, damit kann man unser Sponsoring nachvollziehen. Wie kommt es, dass Ihre Firma gerade das RLZ Gstaad unterstützt? Busswil ist ja nicht direkt um die Ecke ... Das stimmt. Aber da meine Frau aus dem Saanenland kommt, haben wir eine sehr starke Verbindung zur Region. Ausserdem hat Philippe Chevalier unsere Kinder während ihrer aktiven Zeit sehr stark gefördert. Darum habe ich nicht lange überlegen müssen, als er mit der Idee des RLZ zu mir kam. Was erhalten Sie als Sponsor zurück? Auf dieser Stufe ist kein Benefiz zu er- warten, das muss auch nicht sein. Für unser Unternehmen steht bei diesem Sponsoring auch nicht die Betriebswirtschaftlichkeit im Vordergrund, sondern der Idealismus. Daniel Müller FOTO: ZVG Wir unterstützen ein Projekt, das hochprofessionell geführt wird und in dem alle Beteiligten an einem Strick ziehen. Wir unterstützen auch eine Jugend-Mountainbike-Gruppe in Solothurn, die mittlerweile zu den national erfolgreichsten Gruppen gehört. Was schätzen Sie an der Zusammenarbeit mit dem RLZ Gstaad? Im RLZ Gstaad haben wir eine einzigartige Konstellation von tollen Personen mit einem unglaublichen Esprit. Mit Philippe Chevalier hat das RLZ einen der erfolgreichsten Skitrainer an Bord und mit Fred Labaune einen sehr guten Cheftrainer, dazu eine tolle Lehrerschaft, die mit den Skitrainern an einem Strick zieht. Auch von Seiten der BDG hat das RLZ super Unterstützung, wie man jetzt auch mit dem Trainingszentrum an der Huble gesehen hat. Damit wurden top Voraussetzungen für den Skinachwuchs geschaffen. Verfolgen Sie als Sponsor den Saisonverlauf? Ja klar, regelmässig. Meine Schwiegermutter hat jeweils schon die Zeitungen bereit, wenn wir ins Saanenland kommen. Ich schaue die Resultate nach, oder erkundige mich bei den Trainern. Ich erwarte auch gute Resultate bei dem Aufwand, der für die Athleten betrieben wird. Denn wir alle wollen ja, dass das Saanenland wieder vorne mitfährt. Ich bin zuversichtlich, dass wir bald wieder erfolgreiche Skirennfahrer aus dem Saanenland haben werden. Das zeigen ja bereits jetzt die Erfolge der Junioren. Und erfolgreiche Skirennfahrer zu haben ist für eine Tourismusregion wie das Saanenland ein nicht unwesentlicher Faktor. Ein Geben und Nehmen SPORT Wie jede Sportinstitution ist auch das RLZ Gstaad auf Sponsorenund Gönnerbeiträge angewiesen. Für die Hauptsponsoren ist das Sponsoring vor allem eine ideelle Angelegenheit, einen tatsächlichen wirtschaftlichen Return erhalten sie kaum. Doch die Sponsoren sind überzeugt, dass das RLZ viele für die Region wichtige Faktoren begünstigt. immer wieder grossartige Talente im alpinen Skisport gegeben, die unsere schöne Region in die ganze Welt hinausgetragen haben, wovon wir letzten Endes alle profitieren», begründete Simon Graa, Vize-Direktor der Saanen Bank. «Und da wir grundsätzlich keine Einzelsportler unterstützen, bietet uns das RLZ die ideale Gelegenheit, viele junge Talente erreichen und unterstützen zu können.» PATRIZIA MESSMER Das RLZ Gstaad finanziert sich hauptsächlich durch Beiträge der Athleten, Skiclubs und Gemeinden sowie Gelder von «Jugend und Sport», Sporttoto und Sportfonds. Swiss Ski zahlt pauschal 10 000 Franken an jede Institution mit RLZ-Label. Ein nicht zu vernachlässigender Teil des Budgets stammt ausserdem von Sponsorengeldern der drei Hauptsponsoren Leitner AG, Saanen Bank und Armin Werren AG sowie «Cool and Clean» (Swiss Olympics), die dafür mit ihren Logos u.a. auf der Kleidung und Webseite des RLZ vertreten sind. Auch die Gönnerbeiträge von Helvetia Versicherung und Chaletbau Matti sind für das RLZ wichtige finanzielle Faktoren. Skisport ist wichtig für die Region Junge Leute hier behalten Ein Sponsoring sei immer ein Geben und Nehmen. «Das RLZ Gstaad bietet uns eine gute Werbeplattform und die Exponenten des RLZ tun viel, damit der Name der Sponsoren im RLZ-Kreis zur Kenntnis genommen wird», so Graa. «Der tatsächliche Return eines Sponsorings ist aber grundsätzlich nicht messbar.» Zwar sei bei anderen Sponsorings bzw. Anlässen die direkte Kundenwirkung grösser, doch gehe es der Saanen Bank bei diesem Sponsoring auch mehr um ideologische Grundsätze: «Wir unterstützen junge, ambitiöse Menschen, damit sie ihren Traum verwirklichen oder zumindest daran arbeiten können», fasst Graa zusammen. Philippe Werren sieht im Sponsoring einen weiteren wichtigen Aspekt: die jungen Leute im Saanenland behalten. «Viele gehen mit 16 Jahren weg aus dem Saanenland für ihre Ausbildung und längst nicht alle kommen zurück. Deshalb ist es wichtig, ihnen hier Infrastrukturen und Möglichkeiten zu bieten wie eben das RLZ, damit sie nicht weg müssen, zum Beispiel in eine Sportschule.» Auch für die Armin Werren AG ist das Sponsoring hauptsächlich eine ideologische Angelegenheit. «Die Jugendlichen lernen Disziplin, zielorientiert zu sein, sich gut zu organisieren, und sie werden sehr selbständig», erklärte Werren. «Jugendförderung lag unserem Betrieb immer sehr am Herzen. Unser Vater hat sich zum Beispiel auch dafür eingesetzt, dass die SwissSkills (Berufsmeisterschaften) wieder durchgeführt werden.» Darum gehe es ihnen hauptsächlich. «Imagepflege ist mehr ein schöner Nebeneffekt. Und vielleicht entscheidet sich ein RLZ-Schüler einmal, eine Lehre bei uns zu machen, das wäre natürlich sehr schön.» Sowohl die Saanen Bank als auch die Armin Werren AG unterstützen das RLZ seit der Gründung 2009. «Wir sind früher selbst Skirennen gefahren als Jugendliche und wären froh gewesen, Sowohl Simon Graa und die Saanen Bank ... wenn es damals schon ein RLZ gegeben FOTO: ZVG hätte. Wer weiss, vielleicht wäre mit einem RLZ tatsächlich ein Skirennfahrer aus mir geworden», meinte Philippe Werren, Mitinhaber der Armin Werren AG, schmunzelnd. Nicht zuletzt deshalb entschied sich die Armin Werren AG, das RLZ finanziell zu unterstützen. «Das RLZ ist eine ideale Plattform, um den für unsere Region so wichtigen Skisport zu fördern. Im Saanenland hat es in ... als auch Philippe und Eric Werren und Stephan Bettler von der Armin Werren AG sind überzeugt, dass das RLZ Gstaad der Vergangenheit wichtig ist für die Region. FOTOS: PATRIZIA MESSMER Werden die richtigen Skitalente selektioniert? SPORT Leistungssport ist ein hartes Business. Junge Talente durchlaufen eine harte Selektion, nur die Besten schaffen es an die Spitze. Der Rest bleibt auf der Strecke. Doch die Selektionskriterien sind nicht über alle Kritik erhaben. die Situation, dass aufgrund von ExcelTabellen statt Beobachtungen selektioniert wird. Ich bin der Meinung, man braucht keine Tabellen, um zu sehen, ob ein Athlet Potenzial hat oder nicht. Aber es braucht ein gutes Auge des Trainers.» Masterplan statt Bilanz PATRIZIA MESSMER Vom Skiclub bis zum Swiss Ski-C-Kader durchlaufen die jungen, ambitionierten Athleten einen regelrechten Selektionsmarathon: bis zu 13 Selektionen müssen sie bis zum 21. Lebensjahr überstehen. Die Jugendlichen werden aufgrund ihrer Resultate während der Saison, ihres technischen Könnens, eines Konditionstestes und einer Athletenbeurteilung aufgenommen oder eben nicht. Wenn am Ende der Saison die Bilanz nicht für den Athleten spricht, heisst es Abschied nehmen vom Kader. Kein Jahr kann wiederholt werden. Die Rennpunkte erhalten eine starke Gewichtung in der Gesamtbeurteilung. Dies kritisiert Philippe Chevalier, langjähriger Ausbildungschef und Trainer bei Swiss Ski, stark: «Aktuell haben wir Eine Excel-Tabelle gebe bloss eine Bilanz eines Athleten unter Berücksichti- gung der gefahrenen SSV- oder FISPunkte und des Alters. «Der Masterplan oder das Verbesserungspotenzial eines Athleten wird viel zu wenig gewichtet», so Chevalier. Und dieses kann seiner Meinung nach nur der Trainer beurteilen. Doch im jetzigen System hätten die Trainerurteile viel zu wenig Beachtung. Und hinzukomme, dass den Trainern oft reingeredet werde: «Wenn ein Ski- trainer einem Schreiner erklären wollte, wie eine Schwalbenschwanzverbindung gemacht wird, würde der Schreiner ihn auslachen. Aber wenn ein Schreiner einem Skitrainer sagt, wen er selektionieren muss, dann wird das angehört.» Das sei nicht richtig. «Denn ein Skitrainer weiss ja, was er tut. Schliesslich hat er seinen Beruf gelernt und eine mehrjährige Ausbildung gemacht und sollte sich darum nicht reinreden lassen», so Chevalier. Er sieht bei den Skitrainern ein Manko an Selbstvertrauen, denn er sei sich bewusst, dass solche Entscheide etwas Rückgrat fordern, da man sich nicht nur auf Tabellen und Zahlen beziehen könne. Was ist ein Talent? Er hat die Selektionskriterien im Skisport im Visier: Philippe Chevalier. RLZ_Serie_3.indd 1 FOTO: ZVG Im Bezug auf den Talentbegriff muss ein Umdenken stattfinden. «Ein Talent kann nicht allein durch Resultate, konditionelle Faktoren und technisches Können bestimmt werden», findet er. «Ohne die Bereitschaft und den Willen sowie das soziale Umfeld wird man nie ein Spitzenathlet, auch wenn man skifahrerisch top ist.» Er spricht sich auch klar dafür aus, die Leistung vom kalendarischen Alter zu trennen. «Zwischen einem Kind, das im Dezember, und einem, das im Januar geboren ist, liegt unter Umständen gerade Mal ein Tag Altersunterschied. Das Dezemberkind muss kadermässig aber mit Kindern konkurrenzieren, die bis zu einem Jahr älter sind. Es ist klar, dass da grosse Unterschiede in der Entwicklung vorhanden sind.» Die Auswirkungen zeigen sehr viele Studien zum so genannten relativen Alterseffekt und sind in den Kadern zu sehen: Kinder, die in den ersten drei Monaten des Jahres geboren wurden, sind deutlich übervertreten gegenüber denen, die in den letzten Monaten des Jahres zur Welt kamen. «Für mich ist klar, dass nicht das kalendarische Alter mit der Leistung korreliert werden darf, sondern vielmehr die Entwicklung der Leistung mit dem Trainingsalter. Es gibt schon einige Beispiele, bei denen versucht wird, das Trainings- und biologische Alter eines Kindes in die Selektion einzubeziehen. Aber durchgesetzt hat es sich noch bei Weitem nicht», so Chevalier.
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