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ERA-Entgeltrahmenabkommen
Das Reformprojekt "Entgeltrahmenabkommen" (ERA) setzt sich aus mehreren Tarifverträgen
zusammen.
Dadurch ist ein konsequent aufgebautes Tarifwerk entstanden, in dessen Zusammenhänge man
sich gründlich "einlesen" muss.
Während das "Engeltrahmen-abkommen (ERA) für die Metall- und Elektroindustrie", der
"Tarifvertrag ERA-Anpassungsfonds" und der "Entgelttarifvertrag (Entgelt-TV)" jeweils materiellrechtliche Sachbereiche des Gesamtprojektes regeln, kommt dem "Tarifvertrag zur Einführung
des Entgeltrahmenabkommens für die Metall- und Elektroindustrie (ERA-ETV)" eine
wichtige Klammerfunktion zu: Er beschreibt den Übergang der bisherigen tariflichen
Entgeltstrukturen in das neue Tarifsystem und stellt gleichzeitig die betriebliche Kostenneutralität
der ERA-Einführung sicher.
Unsere Verbandsjuristen beraten Sie dazu gerne und kompetent.
1 ERA-Glossar
2 Vom Lohn und Gehalt zum einheitlichen Entgelt
3 Die neue Eingruppierung muss in jedem Einzelfall korrekt, d. h. strikt anforderungsbezogen,
erfolgen.
4 Kostenneutralität
5 Werte wandeln sich - Die Arbeitsbewertung muss aktualisiert werden.
6 Leistung wird komplexer - Das Leistungsentgelt muss angepasst werden
7 Viele Argumente sprechen für das Entgeltrahmenabkommen
8 Das Entgeltrahmenabkommen ist transparent!
1. ERA-Glossar
Unter Tarifbegriffe/ERA finden Sie die nachfolgende Stichworte näher erklärt:
• Analytik
• Arbeitsaufgabe
• Ausgleichskonto
• Eckentgelt, bundeseinheitliches
• Eingruppierung
• Entgelt
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Entgeltlinie
ERA
ERA-Strukturkomponente
Fahrplan
Grundentgelt
Individuelle Entgeltsicherung
K-Linie
Kostenneutralität
Leistungsentgelt
Modellbetriebe
Regelüberleitung
Summarik
Tarifbeispiele
T-Linie
Werkzeugkasten
2. Vom Lohn und Gehalt zum einheitlichen Entgelt
Am 13. Oktober 2004 war es soweit: Die Tarifvertragsparteien von M+E MITTE - das
sind die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes (ME
Saar), Rheinland-Rheinhessen (VEM Koblenz), der Pfalz (PFALZMETALL) und Hessens
(HESSENMETALL) - unterzeichneten zusammen mit der IG Metall Bezirksleitung Frankfurt
das Verhandlungsergebnis zum Entgeltrahmenabkommen (ERA) vom 6. Juli 2004 und die
dazugehörenden Tarifverträge.
Nach 18 Tarifverhandlungen und 69 Sitzungen der Technischen Kommission und der
gemeinsamen Arbeitsgruppen in einem Zeitraum von drei Jahren war das seit Jahrzehnten größte
Tarifreformwerk der Metall- und Elektroindustrie unter Dach und Fach. Die Verhandlungsführer
beider Seiten waren sich einig, dass das Reformprojekt Entgeltrahmenabkommen einen
bedeutungsvollen Schritt zur Modernisierung und Stärkung des Flächentarifvertrages darstellt.
Dies soll nachfolgend erläutert werden:
Arbeiter verdienen Lohn, Angestellte verdienen Gehalt - das sind über 100 Jahre Tariftradition.
Diese Zwei-Klassen-Einteilung haben die Tarifvertragsparteien beseitigt. Die grundlegenden
Vereinbarungen hierzu wurden bereits in der Tarifrunde 2002 getroffen und in den Folgejahren
umgesetzt und abschließend tarifiert.
Das bedeutet:
Tarifverträge für Arbeiter und solche für Angestellte wurden zum Entgeltrahmenabkommen
(ERA) zusammengeführt.
Daraus folgt die Herausforderung, die Beschäftigten gemäß ihrer jeweiligen Arbeitsaufgabe
in neue, gemeinsame Entgeltgruppen einzugruppieren. Je nachdem, welches
Arbeitsbewertungsverfahren im jeweiligen Tarifgebiet angewendet wird, geschieht diese
Eingruppierung entweder durch eine Zerlegung und Bewertung der Arbeitsaufgabe (= Analytik)
oder durch die Anwendung allgemeiner abstrakter Begriffe wie z. B. Berufserfahrung oder
Verantwortung (= Summarik).
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In unserem Verbandsgebiet ist die Summarik der Regelfall. Deshalb ist auch das
Entgeltrahmenabkommen so aufgebaut, dass die abstrakte bzw. ganzheitliche Bewertung der
Arbeitsanforderungen der Entgeltgruppensystematik zugrunde liegt.
3. Die neue Eingruppierung muss in jedem Einzelfall korrekt, d. h. strikt
anforderungsbezogen, erfolgen.
Eine einfache Gleichsetzung von Gruppe X alt = Gruppe Y neu, also die Regelüberführung
bzw. tarifliche Entsprechung ist von den Tarifvertragsparteien nicht vorgesehen, damit alte
Fehleingruppierungen und Irrtümer korrigiert werden können. Hilfreich sind dabei die tariflichen
Niveaubeispiele, die den Betrieben die sachgerechte Eingruppierung erleichtern.
Die neuen Tarifgruppen E 1 bis E 11 reichen von einfachsten bis zu höchsten Anforderungen.
Entsprechend ist das tarifliche Entgelt jeder Gruppe, das Grundentgelt, festgesetzt. Aus diesen
Entgeltbeträgen bildet sich die neue Entgeltlinie.
4. Kostenneutralität
Hier zeigt sich, ob die Einführung des ERA dem von den Arbeitgebern geforderten
Schlüsselkriterium der Kostenneutralität genügt. Denn die Personalkosten dürfen durch das
ERA-Entgelt - entwickelt aus der alten Lohnlinie und der alten Gehaltslinie (diese noch unterteilt in
kaufmännische Angestellte, technische Angestellte und Meister) - nicht steigen.
In Modellbetrieben hat man deshalb das ERA-Entgelt zunächst mit den Lohn- und Gehaltsdaten
der Praxis verglichen, um überprüfen zu können, ob das System insgesamt kostenneutral ist. Hier
spricht man von der systembedingtenKostenneutralität. Kostenneutralität ist erreicht, wenn die
neuen Entgeltkosten die alten Lohn- und Gehaltskosten zahlenmäßig um 2,79 % übersteigen. In
Höhe dieses Prozentsatzes wurden die Lohnerhöhungen in den Tarifrunden 2002 bis 2006 nicht
ausgezahlt, sondern in den ERA-Anpassungsfonds zurückgestellt. Dadurch wurde der Tarifanstieg
der Beschäftigten in diesen Jahren „künstlich“ abgeflacht, obwohl die Kosten des Betriebes durch
den Aufbau des Anpassungsfonds auch im Umfang dieser 2,79 % anstiegen. Aus Sicht der
Betriebe ist ERA also trotz des Anstiegs der Entgeltlinie um diese 2,79 % kostenneutral.
Der so gebildete „betriebliche ERA-Anpassungsfonds“ erfüllt über diese systembedingte
(also nur in der Fläche gegebene) Kostenneutralität hinaus einen weiteren, nunmehr
betriebsspezifischen Zweck: Das dort angesammelte Geld wird genutzt, wenn im einzelnen
Unternehmen (wegen einer nicht der Fläche entsprechenden statistischen Verteilung der
einzelnen Entgeltgruppen) doch höhere Kosten entstehen. Diese können dann über fünf Jahre
hinweg aus diesem Topf kompensiert werden. Die Zielgröße 2,79 % wird durch die Bereitstellung
von 0,9 % ab 1. Juli 2003, 0,5 % ab 1. Januar 2004, 0,7 % ab 1. März 2005 und 0,7 % ab 1. März
2006 erreicht.
Dennoch wird es Betriebe geben, bei denen der Anpassungsfonds nicht ausreichend ist, weil
z. B. tariflich besser zu stellende Arbeitnehmergruppen in größerer Zahl vorhanden sind. Die
Lösung der Tarifvertragsparteien hierzu: Eröffnung eines tariflichen Werkzeugkastens, der
den Betrieben hilft, die tarifliche Kostenlast zu vermindern, z. B. durch eine vorübergehende
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Absenkung des tariflichen Weihnachts- bzw. auch Urlaubsgeldes. Hier geht es um die Einhaltung
der betrieblichen Kostenneutralität.
ERA kann im Einzelfall auch zu niedrigeren Entgelten führen, insbesondere wenn ein
Beschäftigter bislang fälschlicherweise zu hoch eingruppiert worden war. Der alte Besitzstand
soll jedoch - abbaubar - gesichert bleiben, zwar nicht in der Eingruppierung, aber doch im Geld.
In einem solchen Fall der individuellen Entgeltsicherung wird auf das neue niedrigere Tarifentgelt
noch eine Ausgleichszulage gezahlt, die langsam von künftigen Tariferhöhungen aufgezehrt wird.
ERA hat vor allem auch das Leistungsentgelt modernisiert, weil der Leistungsgedanke in der
modernen Arbeitswelt immer wichtiger wird. Die bisher bekannten Methoden Akkord und Prämie
(zukünftig: Kennzahlenvergleich) sind überarbeitet und modernisiert worden, die Zielvereinbarung
kam hinzu. Das klassische Zeitentgelt (früher Zeitlohn oder Gehalt) zuzüglich Leistungszulage ist
ebenfalls überarbeitet worden, um seine Anwendung auch in Zukunft zu sichern. Dazu bietet der
Tarifvertrag ein für Arbeiter und Angestellte gleichermaßen anwendbares Beurteilungsverfahren
an.
Bis zum Ende des Jahres 2005 lief die Vorbereitungsphase. Der von den Tarifvertragsparteien
für den Normalfall vorgesehene Zeitraum für die Einführung des Entgeltrahmenabkommens im
Betrieb umfasste die Zeitspanne vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2008. Diese Frist
konnte mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien bis zum 31. Dezember 2009 verlängert werden.
Danach hat die Entgeltstruktur und Entgeltfindung in der M+E-Industrie die alten Lohnrahmen- und
Gehaltsrahmentarifverträge abgelöst (zum Zeitplan siehe auch Kap. VIII. Anhang Ziff. 3.).
Mit dem einheitlichen Entgeltrahmenabkommen für Arbeiter und Angestellte (ERA) geben wir
unseren Mitgliedsunternehmen ein modernes und flexibles Entgeltsystem an die Hand, das sich
uneingeschränkt für die betriebliche Praxis eignet. Damit ist ERA ein zentraler Baustein bei der
Reform des Flächentarifvertrages.
5. Werte wandeln sich - Die Arbeitsbewertung muss aktualisiert werden.
Die Arbeitsinhalte und die daraus resultierenden Arbeitsanforderungen an die Beschäftigten
ändern sich ständig. Eine Differenzierung des Grundentgelts nach Arbeitern und Angestellten ist
nicht mehr zeitgemäß. Die Betriebe verlangen tarifliche Entgeltstrukturen, die im Unternehmen
problemlos angewendet werden können.
6. Leistung wird komplexer - Das Leistungsentgelt muss angepasst werden
Gewerbliche und angestellte Arbeitnehmer verfolgen in Projekten, bei Kundenaufträgen und in
vernetzten Arbeitstechniken gemeinsam die gleichen Ziele. Vergütungssysteme müssen dies
unterstützen. Das Leistungsentgelt mit seinem Beitrag zur Wertschöpfung und zur kontinuierlichen
Verbesserung der Arbeitsprozesse rückt stärker in den Mittelpunkt der leistungsbezogenen
Vergütung. Das variable Leistungsentgelt muss mit zeitgemäßen Bemessungsmethoden ermittelt
und in die betriebliche Entgeltpolitik eingepasst werden.
7. Viele Argumente sprechen für das Entgeltrahmenabkommen
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In den Betrieben arbeiten Arbeiter und Angestellte zunehmend eng in neu geschaffenen
Arbeitsformen zusammen (Projektarbeit, Gruppenarbeit, etc.).
Die im Kern aus den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammenden
Entlohnungsregelungen mussten an die zwischenzeitlich in den Betrieben eingetretenen
Veränderungen bei Arbeitsorganisation, Arbeitsinhalt und Arbeitsanforderungen angepasst
werden.
Eine Entgeltbemessung nach einheitlicher Regelung trägt den Wertvorstellungen der Mitarbeiter
sowie neuen Motivationskonzepten Rechnung.
Die Attraktivität der industriellen Metall- und Elektroberufe wird für Jugendliche, die vor der
Entscheidung über ihre Berufswahl stehen, gestärkt.
Eine unterschiedliche Behandlung und Vergütung von Arbeitern und Angestellten erscheint in
den Betrieben nicht mehr zeitgemäß. Auch muss der Prozess der Vereinheitlichung tariflicher
Vergütungsregelungen beschleunigt werden.
8. Das Entgeltrahmenabkommen ist transparent!
Eine richtige Eingruppierung der Tätigkeiten ist das Grundprinzip der tariflichen Entgeltfindung. Die
anforderungsabhängige Eingruppierung muss stimmig und für alle Beteiligten nachvollziehbar
sein. Jeder Mitarbeiter soll erkennen, dass die Bewertung seiner Arbeitsaufgabe und damit
seine Eingruppierung nach objektiven Gesichtspunkten erfolgt. Beim Grundentgelt muss es
Mechanismen für eine ausreichende Differenzierung geben. Maßgebend dafür sind Anzahl und
Aufbau der Entgeltgruppen.
Das neue Entgeltsystem genügt den Anforderungen der heutigen Arbeitswelt. Es erfordert
keine zusätzliche Bürokratie. Ebenso kann es nicht zum Anlass genommen werden, um ganz
neue Felder der betrieblichen Mitbestimmung zu eröffnen. Die tariflichen Vorschriften zum
Entgeltrahmenabkommen sind schlank, präzise und so attraktiv, dass sie größtmögliche
Akzeptanz bei den Mitarbeitern und den Betrieben finden.
Das Entgeltrahmenabkommen ist flexibel handhabbar. So können innerhalb der Zielvereinbarung
unternehmerische Schwerpunkte flexibel gesetzt werden. Die Auswahl unterschiedlicher
Entgeltsysteme für unterschiedliche Unternehmensbereiche ist möglich. Bei der ERALeistungsbeurteilung und -Zielvereinbarung können über eine gezielte Auswahl von
Beurteilungskriterien und Zielarten bereichsspezifische Besonderheiten aufgegriffen werden.
Die Zielvereinbarung kann erstmals innerhalb des tariflichen Entgeltvolumens als modernes
Führungsinstrument angewandt werden, nicht mehr nur „on top“.
Das bedeutet: ERA ist viel mehr als nur ein „neuer Entgeltanzug“ für die Unternehmen der Metallund Elektroindustrie. ERA stellt eine anforderungsgerechte Bezahlung im Grundentgelt
sicher und ermöglicht flexibel gestaltete Leistungsentgeltsysteme. Dabei wird die gesamte
Vielfalt der Branche abgebildet. Wegen seiner einfachen und modernen Struktur bildet ERA eine
zukunftsfähige Basis für die betriebliche Entgeltdifferenzierung nach Arbeitsanforderung und
Mitarbeiterleistung.
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Insoweit stellt sich ERA als eine „historische Chance“ dar. Erstmalig in der deutschen
Tarifgeschichte erfolgt die Einführung entgeltbezogener Regelungen kostenneutral.
Die Folge ist eine Verbesserung der betrieblichen Entgeltgerechtigkeit, aber auch der
Personalgesamtkostensituation in den Betrieben. Der rechtliche Rahmen, in den ERA eingebettet
ist, reicht somit von der Grundlage jeder Mitarbeitermotivation bis zur wirtschaftlichen Nutzung
eines wesentlichen Teils des Betriebskapitals.
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