Anonyme Einmalzahlungen in Österreich Selbstanzeige schützt vor

Anonyme Einmalzahlungen in Österreich
Selbstanzeige schützt vor drohender Mehrfachbesteuerung
[09.03.2016]
Von: Christoph Möslein
In jüngster Zeit erhalten auch deutsche Steuerpflichtige, die Konten oder Depots bei Banken in Österreich unterhalten, Schreiben dieser Kreditinstitute, vorausgesetzt auf diese
Konten wurden in den Jahren seit 2011 größere Summen aus der Schweiz oder aus Liechtenstein transferiert. In diesen Schreiben werden die Kunden von ihrer Bank aufgefordert,
sich bis Ende März 2016 verbindlich dazu zu äußern, ob eine anonyme Nachversteuerung bisher unversteuerter Kapitalwerte durchgeführt werden soll. In diesem Fall ist in
Österreich eine sogenannte „anonyme Einmalzahlung“ in Höhe von 38 % der betroffenen
Vermögenswerte zu entrichten.
Hintergrund dieser Anschreiben ist das „Kapitalabfluss-Meldegesetz“, das im Jahr 2015 in
Österreich im Rahmen des sogenannten „Bankenpakets“ erlassen wurde, und das – entgegen der Gesetzesbezeichnung – auch für bestimmte Kapitalzuflüsse aus dem Ausland
nach Österreich gilt. Hierbei handelt es sich um ein Gesetzespaket, welches die Informationsbeschaffungsmöglichkeiten der österreichischen Finanzverwaltung bei Banken
erheblich erweitert hat. Neben der Einrichtung eines zentralen Kontenregisters beim
österreichischen Bundesministerium der Finanzen (BMF) und der Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die Teilnahme Österreichs am grenzüberschreitenden automatischen Informationsaustausch über Kapitalerträge umfasst das Bankenpaket auch Regelungen, durch die österreichische Kreditinstitute dazu verpflichtet werden, bestimmte Kapitalabflüsse sowie darüber hinaus auch gewisse Kapitalzuflüsse aus der Schweiz und aus
Liechtenstein an die österreichische Finanzverwaltung zu melden.
Die Meldepflicht betrifft zum einen Kapitalabflüsse (d. h. Barauszahlungen und Überweisungen) von Konten oder Depots natürlicher Personen ab einer Höhe von mindestens
EUR 50.000 und zwar rückwirkend zum 1. März 2015. Dabei sind Abflüsse im Zeitraum
vom 1. März bis 31. Dezember 2015 spätestens bis zum 31. Oktober 2016 an das österreichische BMF mitzuteilen. Für Abflüsse, welche während des Kalenderjahres 2016 erfolgt sind, besteht eine Meldepflicht bis 31. Januar 2017. Ab 2017 sind die Meldungen
dann jeweils monatlich bis zum Ende des Folgemonats zu erstatten.
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Unter die Meldepflicht fallen zum anderen aber auch Kapitalzuflüsse aus der Schweiz
und aus Liechtenstein in Höhe von mindestens EUR 50.000, die auf österreichische Konten oder Depots von natürlichen Personen sowie von liechtensteinischen Stiftungen und
stiftungsähnlichen Anstalten erfolgt sind. Zuflüsse aus der Schweiz unterliegen immer
dann einer Meldepflicht, sofern sie im Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember
2012 erfolgt sind; für Zuflüsse aus Liechtenstein umfasst der meldepflichtige Zeitraum die
Spanne vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2013. Die Meldung über die vorgenannten
Zuflüsse muss spätestens bis zum 31. Dezember 2016 durch die österreichischen Kreditinstitute an das BMF erfolgen.
Liegen meldepflichtige Zuflüsse vor, haben österreichische Steuerpflichtige die Möglichkeit einer anonymen Einmalzahlung mit Abgeltungswirkung oder einer (strafbefreienden)
Selbstanzeige. Entscheidet sich der Bankkunde für die Nachversteuerung im Wege der
anonymen Einmalzahlung, so muss er seine Bank spätestens bis zum 31. März 2016
schriftlich und unwiderruflich beauftragen, die Nachversteuerung vorzunehmen. In diesem Fall hat die meldepflichtige Bank bis spätestens 30. September 2016 einen Betrag in
Höhe von 38 % der meldepflichtigen Vermögenswerte einzubehalten und an die Finanzverwaltung abzuführen und dies beim zuständigen Finanzamt spätestens bis Ende Oktober 2016 anzumelden. Durch die Einmalzahlung werden die österreichische Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Stiftungseingangsteuer und die Versicherungssteuer abgegolten.
Für deutsche Steuerpflichtige, die von ihrer österreichischen Bank mit der Option einer
Einmalzahlung konfrontiert werden, ist es wichtig zu wissen, dass ein solcher Schritt
keinerlei Vorteile im Hinblick auf die deutsche Besteuerung mit sich bringt. Unabhängig
von den Regelungen des ausländischen Steuerrechts, sind im Ausland erzielte Kapitalerträge stets in der deutschen Einkommensteuererklärung zu deklarieren. Hintergrund ist
das in Deutschland vorherrschende Welteinkommensprinzip. Auch die vom österreichischen Gesetzgeber unilateral eingeführte Möglichkeit der Bereinigung unversteuerter Vermögenswerte durch Leistung einer anonymen Einmalzahlung ändert hieran nichts. Auch
kann im Falle einer Nachversteuerung in Deutschland eine in Österreich geleistete Einmalzahlung nicht auf die deutsche Steuer angerechnet werden, was letztlich zu einer
Doppelbelastung mit österreichischen und deutschen Abgaben führt.
Die neuen Meldepflichten für Kapitalzuflüsse und -abflüsse wie auch die Schaffung des
zentralen Kontenregisters erhöhen nicht nur für österreichische Steuerpflichtige die Transparenz gegenüber dem dortigen Fiskus. Auch für deutsche Steuerpflichtige, die noch über
unversteuerte Kapitalanlagen in Österreich verfügen, erhöht sich das Risiko, dass die deut-
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schen Finanzbehörden Kenntnis von diesen Vermögenswerten erhalten. Zwar erfolgt derzeit noch keine unmittelbare Weitergabe dieser Informationen durch die österreichischen
Behörden an die deutsche Finanzverwaltung. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die
deutsche Finanzverwaltung vor dem Hintergrund der neuen österreichischen Meldepflichten in Zukunft einen erneuten Anlauf unternehmen könnte, um im Wege einer sogenannten „Gruppenanfrage“ von den österreichischen Finanzbehörden Informationen
zu erhalten. Spätestens mit Einführung des weltweiten automatischen Informationsaustauschs über Kapitalerträge, dem sich auch Österreich angeschlossen hat, werden die
deutschen Finanzbehörden ohnehin ab September 2017 (für ab 01.10.2016 neu eröffnete
Konten) bzw. ab September 2018 (für alle übrigen Konten) umfassende Informationen
über österreichische Konten und Depots erhalten, die deutschen Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.
Sofern deutsche Steuerpflichtige noch über nicht offengelegte Vermögenswerte in Österreich oder im sonstigen Ausland verfügen, ist daher nach wie vor dringend anzuraten,
sich in Deutschland fachkundig beraten zu lassen und die steuerpflichtigen Erträge im
Wege einer – nach wie vor möglichen – strafbefreienden Selbstanzeige nach den hiesigen
Rechtsvorschriften gegenüber den deutschen Finanzbehörden offenzulegen. Von der angeblichen Möglichkeit einer „Bereinigung“ in Österreich im Wege der Leistung einer anonymen Einmalzahlung sollte dagegen in aller Regel Abstand genommen werden.
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