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Interview mit Oberstarzt Prof. Dr. Lothar Zöller, Leiter des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr
Frage: Herr Prof. Zöller, könnten Sie zunächst bitte die Aufgaben des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr umreißen?
Prof. Zöller: Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr ist eine Ressortforschungseinrichtung des Bundes für den medizinischen B-Schutz. Sein Auftrag ist es: Verfahren und
Maßnahmen zu entwickeln, um Bundeswehrangehörige vor Erkrankungen durch biologische
Kampfstoffe zu schützen beziehungsweise ihre Gesundheit im Falle einer Erkrankung wiederherzustellen. Das Institut befasst sich daher wissenschaftlich mit einer Vielzahl von Infektionserregern und Biogiften, die potenziell als biologische Kampfstoffe eingesetzt werden
können. Dabei handelt es sich in der Regel, um in der Natur selten vorkommende Erreger oder Toxine, die in der Regel schwere, zum Teil tödliche, leicht von Mensch zu Mensch übertragbare oder schwierig zu behandelnde Erkrankungen auslösen können.
Diese zweifelsfrei diagnostizieren zu können, ist eines der Ziele unserer Forschung. Die dabei
aufgebauten Testverfahren dienen auch zu Aufklärung unklarer Krankheitsausbrüche. Im
Hinblick auf den möglichen Einsatz solcher wie wir sagen – B-Agenzien. Selbstverständlich
sind dabei auch Differenzialdiagnostisch relevante Infektionskrankheiten abzugrenzen. Die
aus unserem Auftrag resultierenden diagnostischen Fähigkeiten bieten eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten auch in der Diagnostik natürlicher Infektionen und Ausbrüche die
durch die gleichen Erreger hervorgerufen werden könnten.
Frage: Eine wesentliche Aufgabe Ihres Instituts ist es also, bei ungewöhnlichen Erkrankungen
schnell reagieren so können und die Ursachen herauszufinden. Wie sieht Ihre Forschung aus,
mit der Sie sich auf diese Aufgabe vorbereiten und wie entstehen konkrete Projekte?
Prof. Zöller: Die Forschungsvorhaben des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr sind
transnational ausgerichtet. Das heißt, sie zielen mehr oder weniger immer auf praktische
Nutzanwendungen ab. Im Vordergrund steht die Entwicklung diagnostischer Verfahren für
den Nachweis von Infektionen durch Erreger die potenziell als Biologische Kampfstoffe eingesetzt werden könnten. Häufig werden dafür Eigenentwicklungen benötigt, da es käufliche
Tests nicht gibt oder diese nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Eine besondere Herausforderung ist es, die Verfahren technisch in Produkte umzusetzen, die auch unter einfachen
Bedingungen im Feld angewendet werden können.
An die Verfahren werden überdies hohe Ansprüche im Hinblick auf die Beweiskraft der Ergebnisse gestellt, da die Feststellung eines Anschlags mit einem biologischen Kampfstoff natürlich schwerwiegende Reaktionen hervorrufen kann – zum Beispiel politische oder militärische. Weitere Forschungsprojekte beschäftigen sich mit Gewinnung genetischer Fingerabdrücke von Mikroorganismen. Durch den Vergleich eines im Zusammenhang mit einem
Krankheitsgeschehen stehenden Mikroorganismus mit in Datenbanken hinterlegten verschiedensten Stämmen von Mikroorganismen auf Basis der genetischen Fingerabdrücke, lassen sich im Sinne einer Rückverfolgungsanalyse Erkenntnisse über die Herkunft des untersuchten Erregers und eventuell über den Verursacher gewinnen.
Das funktioniert ganz ähnlich wie beim kriminalistischen Fingerabdruck oder DNA-Spurenanalysen. Die Projekte definieren wir innerhalb der durch den Inspekteur des Sanitätsdienstes vorgegebenen Forschungskorridore selbst und finanzieren sie entweder aus der Grundfi-
nanzierung des Instituts oder wir bewerben uns meist im Verbund mit anderen Forschungseinrichtungen, um Forschungsfördermittel im Rahmen nationaler oder internationaler Ausschreibungen.
Frage: Als Einrichtung der Bundeswehr geht es Ihnen primär um Erkrankungen bei Soldaten.
Heute besteht aber vermutlich eine besondere Gefahr, dass biologische Stoffe von Terroristen
eingesetzt werden und damit die Zivilbevölkerung bedrohen. Inwieweit ist daher Ihre Arbeit
auch auf die Gesamtbevölkerung ausgerichtet?
Prof. Zöller: Da potenzielle biologische Kampfstoffe auch in der Natur vorkommen und somit auch natürliche Infektionen oder Infektionsausbrüche verursachen, wie wir es gerade bei
der Ebola-Epidemie erlebt haben, sind spezielle Entwicklungen für den medizinischen BSchutz fast immer auch für Anwendungen in der allgemeinen Infektionsmedizin nützlich.
Soweit es sich um militärische Entwicklungen handelt, ergibt sich fast immer auch ein hoher
Nutzen für den zivilen Bereich. Sei es in der biologischen Gefahrenabwehr, der Individualmedizin oder im öffentlichen Gesundheitswesen.
Wir stellen daher unsere Produkte und Forschungsergebnisse auch der Allgemeinheit zur
Verfügung. Dies können Sie zum Beispiel daran erkennen, dass das Institut drei nationale
Konsiliarlabore betreibt, die ihre Expertise deutschlandweit auch zivilen Einrichtungen zur
Verfügung stellen. Unsere zentrale Diagnostik steht auch darüber hinaus zivilen Einsendern
zur Verfügung. Dies war zum Beispiel von Bedeutung beim Ebola-Ausbruchsgeschehen, als
das Institut über Monate eine akkreditierte Ebola-Diagnostik für den Fall nach Deutschland
importierter Infektionen bereitstellte. Auch im Zusammenhang mit der augenblicklichen
Zika-Virus Epidemie in Südamerika hält das Institut eine akkreditierte Diagnostik für diesen
Erreger vor.