16 SCHWEIZ Maurer will mit Finanzausgleich überzeugen Neuö Zürcör Zäitung Zementierung der Macht FDP und SVP schliessen «Päckli» für die Schwyzer Regierungsratswahlen Die Tessiner Regierung bemängelt das anstehende Grenzgängerabkommen mit Italien. Bundesrat Ueli Maurer sieht keinen Spielraum mehr, will die Tessiner aber mit zusätzlichen Geldern beschwichtigen. Die Linke isst im Kanton Schwyz besonders hartes Brot. Auch in den kommenden vier Jahren werden die Sozialdemokraten wohl nicht in der Kantonsregierung vertreten sein. PETER JANKOVSKY, AGNO ERICH ASCHWANDEN, SCHWYZ Bundesräte besuchen den Südkanton meist, um Solidarität zu zeigen. Das war auch die Absicht des frischgebackenen Finanzministers Ueli Maurer, der am Dienstagnachmittag mit der Tessiner Regierung Gespräche führte. Bei der anschliessenden Medienkonferenz am Flugplatz Lugano Agno wurden aber ungewohnt deutliche Worte gesprochen. Zentrales Thema war die Besteuerung der italienischen Grenzgänger: Das neue paraphierte Abkommen mit Italien vom Februar 2015 würde es dem Tessin erlauben, von den «frontalieri» einen Quellensteuer-Obolus von 70 statt wie bisher 61 Prozent einzufordern – die Kantonsregierung sähe aber lieber einen Ansatz von 80 Prozent. Der Tessiner Regierungspräsident und Ex-Bundesratskandidat Norman Gobbi (Lega) hatte dies schon mehrmals klargemacht, und am Dienstagabend äusserte er neuen Unmut. Der gestrige Entscheid des Nationalrates, dass Grenzgänger auf gleiche Weise und mit denselben Abzügen wie in der Schweiz Domizilierte besteuert werden könnten, läuft der Tessiner Regierung zuwider. Wenn auch der Ständerat diesen Beschluss bestätigt, würde der für Grenzgänger von 78 auf 100 Prozent angehobene Tessiner Quellensteuerfuss auf Gemeindeebene – dieser ist Rom ein Dorn im Auge – gewissermassen neutralisiert. Eigentlich ist es eine Situation, die den Herausforderern durchaus Chancen verspricht. Mit Bildungsdirektor Walter Stählin muss die SVP am 20. März einen fast schon idealtypischen Regierungsrat ersetzen: über die Parteigrenzen hinweg geschätzt, integrativ und, wenn es sein muss, auch einmal den Hosenlupf mit der eigenen Partei riskierend. Ganz anders René Bünter, der Stählin in der rein bürgerlichen Schwyzer Exekutive (3 SVP, 2 FDP, 2 CVP) beerben soll. Der 47-jährige Ingenieuragronom aus Lachen ist so etwas wie die Inkarnation der in Schwyz noch etwas weiter rechts politisierenden SVP. Rekordverdächtige 42,6 Prozent erreichte die Partei bei den Nationalratswahlen. Bis weit in bürgerliche Kreise hinein gilt Bünter als nicht wählbar, weil er seine Kritik im schärfsten Tonfall anbringt und das Wort Kompromiss nur vom Hörensagen kennt. «Daumenschrauben» bleiben Hierfür wie auch für die 70-Prozent-Besteuerung forderte Gobbi eine Kompensation. Und solange sich diese nicht verbindlich abzeichne, werde er seine vom Grossen Rat genehmigte und von Italien heftig kritisierte Massnahme, dass Grenzgänger einen Strafregisterauszug vorlegen müssen, aufrechterhalten. Dasselbe gelte für die Quellenbesteuerung auf Gemeindeebene und die Registrierungspflicht für italienische Handwerker, die im Tessin arbeiten wollten. Das Grenzabkommen sei ausgehandelt, hielt Bundesrat Ueli Maurer fest. Gemäss den Worten des Finanzministers hat die Landesregierung mehr herausgeholt, als sie sich erhofft hatte – aber nicht alle Tessiner Erwartungen konnten befriedigt werden. Da sei kaum noch etwas herauszuholen, formulierte es Maurer schlicht und einfach. Der hohe Magistrat betonte klar und bedauerte zugleich unterschwellig, das Tessin müsse die «Daumenschraube» der 70 Prozent Quellensteuer für Grenzgänger akzeptieren. Auch sollte die Pflicht des Strafregisterauszugs aufgehoben werden, ebenso die maximale Besteuerung der Grenzgänger auf Gemeindeebene. Beide Bestimmungen sind in Maurers Augen ein Hinderungsgrund für Italien, die neue, an das Doppelbesteuerungsabkommen gekoppelte GrenzgängerVereinbarung endgültig abzuschliessen. Ressourcenpotenzial senken Es stehe aber eine potenzielle «Ersatzkasse» für die Tessiner bereit, sagte Maurer auf Anfrage. Laut seinen Worten hat der Bundesrat signalisiert, dem Südkanton im Rahmen des nationalen Finanzausgleichs (NFA) entgegenzukommen. Das Tessiner RessourcenPotenzial punkto Grenzgänger-Einnahmen könnte merklich tiefer berechnet werden, und so würde mehr Geld Richtung Süden fliessen. Maurer sprach von einem Ansatz von 50 statt der jetzigen 75 Prozent. Dies entspräche etwa dem Postulat der Tessiner Nationalrätin Marina Carobbio (sp.). Eigentlich stünde die Realisierung nächstes Jahr an, doch der Finanzminister will diese heuer erreichen – um das Tessin zu überzeugen. Mittwoch, 9. März 2016 zung des früheren Erzfeindes keineswegs auf ungeteilte Begeisterung. Eine ganz schlechte Nachricht war das taktische Manöver auch für die SP, die sich doch einige Chancen ausgerechnet hatte, den neu antretenden SVP-Kandidaten in einen Direktkampf zu verwickeln. Mit ihrem Fraktionschef Paul Furrer schickt die SP zwar einen durchaus bekannten Kandidaten ins Rennen. Doch angesichts der ohnehin grossen bürgerlichen Übermacht und der getroffenen Absprachen dürfte er chancenlos bleiben. Den Sozialdemokraten drohen weitere vier Jahre auf harter Oppositionsbank. Kein einfaches Schicksal, haben sie doch bereits bei den Nationalratswahlen durch die Abwahl von Fraktionspräsident Andy Tschümperlin ihr Aushängeschild verloren. Ende für Wirtschaftsförderung Petra Gössis Gegenschlag Eine mögliche Profiteurin angesichts dieser Ausgangslage wäre die CVP, die momentan zwei Vertreter in der Regierung stellt und den zurücktretenden Volkswirtschaftsdirektor Kurt Zibung ersetzen muss. Neben dem amtierenden Baudirektor Othmar Reichmuth schickt sie neu ihren Parteipräsidenten Andreas Meyerhans und den Unternehmer Michael Stähli ins Rennen. Bei der Parteileitung der Freisinnigen kam dieses Vorpreschen ganz schlecht an. Noch bevor der Wahlkampf überhaupt begonnen hatte, holte Kantonalpräsidentin Petra Gössi zum Gegenschlag aus. Die inzwischen einzige Kandidatin für das nationale Präsidium verkündete, dass die FDP den Regierungsratskandidaten der SVP auf ihre Liste nimmt. Umgekehrt führt die SVP die beiden FDP-Kandidaten, die Regie- Das prächtig bemalte Rathaus am Schwyzer Hauptplatz. rungsräte Kaspar Michel und Sozialdirektorin Petra Steimen, auf ihrer Liste. Kritik hatte im Vorfeld vor allem Finanzdirektor Michel einstecken müssen, der für die schlechte finanzielle Situation des Kantons herhalten muss. Doch mit dem Schulterschluss SVPFDP ist praktisch in Stein gemeisselt, dass das bürgerliche Fünferticket in der SIGI TISCHLER / KEYSTONE Regierung bleibt. Die Macht im Kanton Schwyz wird wohl auf vier Jahre hinaus zementiert. Einzige offene Frage ist scheinbar nur, welcher der beiden neuen CVP-Kandidaten das interne Rennen für sich entscheiden wird. Die düpierte CVP sprach umgehend von einem «Päckli», und auch innerhalb der Freisinnigen stiess die Unterstüt- Etwas optimistischer darf die SP in die gleichzeitig stattfindenden Kantonsratswahlen steigen. Zum ersten Mal kommt der sogenannte Kantonsproporz mit Sitzgarantie der Gemeinden zur Anwendung. Diese im Kanton Schwyz nach zähem Ringen eingeführte Variante des doppelten Pukelsheim garantiert, dass der Wählerwille bei der Sitzverteilung im Parlament besser gespiegelt wird. Die SP tritt in 29 von 30 Gemeinden an und dürfte ihre Sitzzahl von 10 doch um ein paar Mandate erhöhen können. Gespannt darf man sein, inwieweit auch Grüne und GLP vom neuen Wahlsystem profitieren, die mit einer Vertreterin beziehungsweise einem Vertreter im 100-köpfigen Parlament sitzen. An der Dominanz der SVP (35 Sitze) und in ihrem Windschatten der CVP (29) und der FDP (24) wird sich nichts ändern. Das alles dominierende Thema im Wahlkampf ist die ungemütliche Finanzlage des Kantons, der in den letzten Jahren einen grossen Teil seines Vermögens aufgezehrt hat. Zu reden gibt ausserdem, dass Schwyz ein Kanton von Wegpendlern ist, der zu wenig lokale Arbeitsplätze anbietet. Doch vielleicht erledigt sich das Thema nach dem 20. März von selbst, hat doch SVP-Kandidat Bünter angekündigt, er würde als erste Amtshandlung die kantonale Wirtschaftsförderung komplett abschaffen. Kraftprobe um das Gasbranche darf grünes Armeebudget geht weiter Mäntelchen tragen Der Bundesrat fordert das Parlament heraus Lauterkeitskommission beurteilt Werbung für Heizenergie rz. V Die Reform «Weiterentwicklung Die Regulierungsbehörde der Werbebranche beanstandet einige Slogans für Erdgas und Heizöl. Eine zentrale Werbung für Gas wird aber akzeptiert. der Armee» (WEA) ist im Parlament durchberaten. Der Ständerat hat am Montag die letzten inhaltlichen Differenzen zum Nationalrat bereinigt. Einigkeit herrscht auch dahingehend, dass die Armee mehr Geld braucht. Beide Kammern haben grossmehrheitlich einen Bundesbeschluss gutgeheissen, der besagt: «Zur Deckung des Finanzbedarfs der Armee in den Jahren 2017 bis 2020 wird ein Zahlungsrahmen von 20 Milliarden Franken bewilligt.» Trotzdem könnte die Armeereform in der Schlussabstimmung noch Schiffbruch erleiden. Dies, weil der Bundesrat zum Ärger der geschlossenen bürgerlichen Parteien weiterhin nicht willens ist, besagten Bundesbeschluss umzusetzen. Die Landesregierung stellt sich auf den Standpunkt, eine kurzfristige Aufstockung des Armeebudgets sei angesichts des vorherrschenden Spardrucks nicht möglich. Gemäss dem Sparpaket, das der Bundesrat im November 2015 präsentiert hat, soll die Bundeskasse ab 2017 um rund 1 Milliarde Franken entlastet werden. Das bedeute, dass die Landesverteidigung nicht von Sparmassnahmen ausgenommen werden könne. Konkret: Der Zahlungsrahmen für die Armee könne in den Jahren 2017 bis 2020 nicht, wie von den eidgenössischen Räten gefordert, 20 Milliarden Franken betragen, sondern lediglich 18,8 Milliarden. Die SVP hat bereits vor der Märzsession gedroht, sie werde der Armeereform nicht zustimmen, wenn der Bundesrat weiter auf stur schalte. Fraktionschef Adrian Amstutz will am kommenden Montag in der nationalrätlichen Fragestunde verbindlich klären, ob der Bundesrat bereit sei, die Entscheide von National- und Ständerat über den Rahmenkredit von 20 Milliarden Franken zu respektieren oder nicht. Laut Generalsekretär Martin Baltisser werde die SVP erst danach entscheiden, ob sie – wie im Sommer 2015 – Hand bietet zu einer unheiligen Allianz gegen die WEA. Ob der Bundesrat im epischen Seilziehen um das Armeebudget auf der Zielgeraden doch noch einlenken wird, bleibt vorerst unklar. Das Finanzdepartement behalf sich am Dienstag auf Anfrage mit einer ausweichenden Stellungnahme, indem der Ball ans Parlament retourniert wurde: «Mit dem Entscheid des Ständerates haben sich beide Räte für einen Zahlungsrahmen von 20 Milliarden ausgesprochen. Diesen Zahlungsrahmen müssen die Räte im Rahmen der Budgetberatung bestätigen.» dsc. V Die Gasbranche hat es geschafft, ihren Energieträger Methan im Markt als recht umweltfreundlichen Brennstoff zu positionieren. Tatsächlich wird bei der Verbrennung von Erdgas verglichen mit Öl aus chemischen Gründen viel Wasserstoff umgewandelt und weniger CO2 freigesetzt. Doch entsprechen alle Werbebotschaften dazu den Lauterkeitsregeln der Werbebranche? Greenpeace hat bei der Lauterkeitskommission geklagt und ist in einem wichtigen Punkt abgeblitzt. Weiter nutzen kann die Gasbranche nämlich den Satz «Wer jetzt auf eine neue Erdgas-Heizung setzt, dem dankt die Natur». Darüber freut man sich beim Verband der Schweizerischen Gasindustrie. Die von der Lauterkeitskommission beanstandeten Werbebotschaften würden indes seit langem nicht genutzt, heisst es. Nicht stichhaltig waren für die Lauterkeitskommission folgende Aussagen: «Erdgas belastet die Umwelt weniger als Heizöl, Holzschnitzel, Pellets oder importierter Kohlestrom» und «Heute ist die klimapolitisch wirksamste Massnahme, Heizöl durch Erdgas zu ersetzen». Wie die Lauterkeitskommission dazu mitteilt, soll Werbung weder unrichtig noch irreführend sein. Zudem sollen in Umweltfragen keine vagen Vorstellungen vermittelt werden. Mit Vergleichen sei nur dann etwas anzupreisen, wenn ein «signifikanter Vorteil» bestehe, so die Lauterkeitskommission. Strenger sind die Urteile bei der Erdölbranche. Hier wurden gleich mehrere Aussagen als unlauter klassiert: «Der Ersatz einer alten Ölheizung durch eine neue Ölheizung ist in jedem Fall die günstigste Variante», «Die Ölheizungstechnik ist häufig der wirkungsvollste und wirtschaftlichste Weg zu sparsamem Energieverbrauch und mehr Klimaschutz» und «Bei der Wahl des Heizsystems ist es umweltmässig betrachtet nahezu gehüpft wie gesprungen, für welche Anlage man sich entscheidet». Die Umweltorganisation Greenpeace zeigt sich zufrieden mit den Entscheiden und verlangt für Erdgas und Erdöl eine neue Pflicht für Warnhinweise zu den Folgen des Klimawandels, ähnlich wie diejenigen zur Gefährdung der Gesundheit auf Zigarettenpackungen.
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