DSLK TELEGRAMM 2016 Menschen // Fakten // Impressionen www.deutscher-schulleiterkongress.de Ausgabe 01/2016 Inhalt ■ Von Schülerhirnen und Piraten 2 Vorträge, die über den Tellerrand hinaus blicken ließen ■ Impressionen vom DSLK 2016 ■ Stimmen von Schulleitern 4 ■ Die Thesen des Philosophen Precht 3 4 Auftakt mit Auma Obama „Anrührend und begeisternd“ E s kommt nicht so oft vor, dass ein fünfter Geburtstag ein ganzes Kongresszentrum füllt – wie jetzt in Düsseldorf: Rund 2000 Schulleiterinnen und Schulleiter aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland sind zum Deutschen Schulleiterkongress zusammengekommen, (auch) um das fünfjährige Jubiläum dieser Leitveranstaltung für Schulleitungen in Deutschland zu begehen. Mit Besuchern auch aus Italien, Luxemburg und der Schweiz war die Veranstaltung im Kongresszentrum CCD Süd ausverkauft. 65 Prozent von ihnen, wie Moderatorin Nina Ruge erwähnte, waren mindestens schon zum zweiten Mal dabei. Kein Wunder, dass Michael Gloss, Geschäftsführer von Wolters Kluwer Deutschland – einer der Veranstalter des Deutschen Schulleiterkongresses (DSLK) –, von einer „familiären Veranstaltung“ sprach. Auch Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) – ebenfalls Veranstalter, ließ es sich nicht nehmen –, „unser Baby zu feiern“. Die Soziologin Dr. Auma Obama mit den Moderatoren Nina Ruge und Lothar Guckeisen. Längst ist aus dem ehemaligen Zögling – einer zu Beginn „belächelten Idee“, wie Gloss sich erinnerte – ein Großereignis mit 100 Referenten geworden, das nicht nur in- und ausländische Besucher anzieht, sondern auch viel mediale Resonanz von regionalen und überregionalen Berichterstattern erhält, darunter die ARD-Tagesschau, das Deutschlandradio, das Handelsblatt, die Rheinische Post sowie die Deutsche Presse-Agentur. Auma Obama sorgte bei der Auftaktveranstaltung nicht nur für internationales Flair, sondern appellierte an die anwesenden Schulleiterinnen und Schulleiter, Kinder in eine aktiv handelnde Position zu bringen und sie Verantwortung für sich und ihre Zukunft übernehmen zu lassen. Ein Ziel, das die gebürtige Kenianerin mit ihrer Stiftung in unterschiedlichen Ländern verfolgt. „Kinder müssen gesehen, gehört und ernst genommen werden“, so Obama. HOCHKARÄTIGE REDNER Ein weiteres Zeichen, welche große Bedeutung der DSLK in der Bildungslandschaft mittlerweile einnimmt, sind die hochkarätigen Redner, wie die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, der Hamburger Schulsenator Ties Rabe (SPD), Philosoph und Bestseller-Autor Richard David Precht und Dr. Auma Obama, Schwester des US-Präsidenten Barack Obama und Gründerin der Stiftung „Sauti Kuu – Starke Stimmen“, die sich für Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt einsetzt. Ihr engagierter und leidenschaftlicher Auftritt begeisterte das Publikum – wie auch der des Hamburger Bildungssenators Ties Rabe, der für seine offene Ansprache ebenfalls viel Applaus erhielt. Er fokussierte auf die Herausforderungen, denen sich Schulen aktuell stellen müssen, vom digitalen Lernen bis hin zur Inklusion – und würdigte insbesondere die Integrationsarbeit der Schulen, die sie aktuell bei Hunderttausenden von Flüchtlingskindern erbringen. Rabe: „Es ist anrührend und begeisternd, was Sie alle hier leisten.“ 01 DSLK 2016 Wissen und an die Lebenswelt des Lernenden anschließt.“ Stress sei dabei durchaus lernförderlich, zumindest in Maßen. Roth: „Lernen muss – zumindest mit Beginn des 4. Lebensjahres – als positive Anstrengung und Herausforderung empfunden werden.“ Der Hirnforscher Gerhard Roth beschäftigte sich mit der Kernfrage jeglicher Pädagogik. Experten-Auftritte Von Schülerhirnen und Piraten Die Möglichkeit, über den Tellerrand der eigenen Profession hinauszublicken – auch das macht den Reiz des Deutschen Schulleiterkongresses aus. E xperten aus mitunter zunächst abseitig klingenden Bereichen sorgen immer wieder für Aha-Effekte beim Publikum. Wie nun der Ex-Geheimagent Leo Martin oder der Abenteurer Rüdiger Nehberg. Bemerkenswerte Erkenntnisse vermittelten auch die langjährige Schulaufsichtsbeamtin Helga Braun und der Bremer Hirnforscher Gerhard Roth. Letzterer beschäftigte sich mit nichts Geringerem als der Kernfrage jeglicher Pädagogik: „Wie bringt man das Gehirn der Schüler zum Lernen?“ „Zu den wichtigsten Faktoren für den Lernerfolg gehören die fachliche und didaktisch-pädagogische Kompetenz des Lehrenden, seine persönliche Glaubwürdigkeit und Feinfühligkeit im Umgang mit den Schülern einschließlich eines qualifizierten, das heißt auf Schwächen und Stärken des Lernenden eingehenden Feedbacks“, so führte Roth aus. Der Professor für Entwicklungsneurobiologie hob damit die besondere Bedeutung der Lehrer-Persönlichkeit hervor. Roth: „Schüler stellen schnell und intuitiv fest, ob der Lehrende motiviert ist, seinen Stoff beherrscht und sie respektiert.“ Wenn nicht – dann laute das Signal an die Schülerhirne: Abschalten. Elementar auch: Den Kindern und Jugendlichen die Sinnhaftigkeit des Stoffes zu vermitteln. Heißt konkret: „Ein neuer Stoff wird umso nachhaltiger im Langzeitgedächtnis verankert und umso leichter erinnert, je besser er sich an vorhandenes Gerade weil die Qualität einer Schule eng mit dem Engagement ihrer Lehrkräfte zusammenhängt, beschäftigte sich Helga Braun aus dem österreichischem Bildungsministerium mit einem klassischen Führungsproblem: Was tun, wenn einzelne Mitglieder des Kollegiums nicht mitziehen? Auch wenn es sich um ein schulisches Tabu handele, natürlich gebe es sie: schlechte Lehrerinnen und Lehrer – und der Umgang mit ihnen sei eine echte Herausforderung für ihre Führungskräfte. „Im schlimmsten Fall erfahren sie die Wirkungslosigkeit des eigenen Tuns, wenn sich zeigt, dass man trotz des Einsatzes – nicht zuletzt auch an dienstrechtlichen Herausforderungen und Fallstricken – scheitern kann.“ Braun appellierte, auch bei Gegenwind geduldig zu bleiben und sich nicht in Kleinkriegen zu verstricken. Besser: sich Unterstützung durch Schulaufsicht und Kollegium holen. Dass bestimmte Kommunikationsformen helfen können, Menschen (auch zunächst unwillige) zu gewinnen, zeigte der ehemalige Nachrichtendienst-Mitarbeiter Leo Martin auf: „‘Behandle jeden so, wie du selbst behandelt werden möchtest!‘ hat ausgedient. ‚Behandle jeden so, wie er selbst behandelt werden möchte!‘ … Das ist der Schlüssel zum Erfolg“, erklärte er. Rüdiger Nehberg, der sich ohne Ausrüstung durch den brasilianischen Dschungel geschlagen und auch mal mit dem Tretboot den Atlantik überquert hat, sprach den Anwesenden Mut zu. „Ich analysierte sämtliche zu erwartenden Probleme der Reise wie Stürme, Piraten, Schiffbruch oder Trinkwassermangel und war entsprechend vorbereitet. Psychisch, physisch, technisch“, erzählte er. Das könnten Schulleitungen ja schließlich auch. IMPRESSUM Herausgeber: Michael Gloss, Geschäftsführer der Wolters, Kluwer Deutschland GmbH Redaktion: Gerda Sandner, Programmleiterin des Deutschen Schulleiterkongresses, Tel: +49 9261 4230, E-Mail: [email protected] • Agentur für Bildungsjournalismus, Andrej Priboschek (v. i. S. d. 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HRB 58843, USt.-ID.Nr. 188836808 02 Ausgabe 01/2016 DSLK 2016 Impressionen Das Miteinander stand im Mittelpunkt 1 Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe bekam viel Beifall. 2 Volle Konzentration bei den Vorträgen. 3 Engagierte Zusammenarbeit beim Länderforum NRW. 4 Veranstalter vor der Presse: Udo Beckmann (VBE, l.) und Michael Gloss (Wolters Kluwer). 5 Beim Mittagessen kamen die Schulleitungen ins Gespräch. 1 2 4 www.deutscher-schulleiterkongress.de 3 5 03 DSLK 2016 Stimmen von Teilnehmern „Das Highlight in unserem Kalender“ Giovanna Ferrara, Falko Stolp, Andrea Zran, Konrektorin an einer Grundschule in Wickede, Ruhr (NRW) Leiter einer Gemeinschaftsschule in Erfurt (Thüringen) Leiterin einer Grundschule der Gemeinde Haar (Bayern) „Ich bin zum dritten Mal dabei und wurde von meiner Schulleiterin angesteckt. Der Kongress ist immer das Highlight in unserem Kalender. Besonders gut hat mir dieses Jahr schon die Eröffnung im Plenum gefallen. Und die Workshops finde ich inhaltlich sehr sinnvoll.“ „Ich war schon einmal beim Schulleiterkongress dabei und habe es als Bereicherung empfunden. Dieses Jahr steht Inklusion und Heterogenität verstärkt auf dem Plan. Daneben interessiert mich auch die Thematik des Schulleitungsmanagements und die Frage, wie man digitale Medien noch effizienter nutzen kann.“ „Der Hauptgrund für mich, weshalb ich schon zum zweiten Mal dabei bin, ist, dass man hier hochkarätige Referenten hört. Vor allem kommen die Referenten nicht alle aus dem Bildungsbereich, so bekommt man auch den Blick über den Tellerrand hinaus. Frau Obama hat mir zum Beispiel Denkanstöße gegeben.“ Debatte Inklusion ja – aber nicht so! Der Deutsche Schulleiterkongress will über Themen diskutieren, die „brennen”. Und das Thema Inklusion ist ohne Frage ein Aufregerthema. „D as Problem sind die Ängste. Und die Ängste sind berechtigt“, stellte Fred Ziebarth fest. Er ist seit 1989 pädagogischer Koordinator an der Fläming-Grundschule Berlin, die schon seit den 70er Jahren Inklusion betreibt. Die Diskussion mit dem Titel „Eine Schule für alle“ war spürbar aufgeheizt. Es diskutierten Prof. Uwe Becker, Autor des Buches „Die Inklusionslüge“, Prof. Richard David Precht, Philosoph und Autor, Christian Geyer-Hindemith, Redakteur der FAZ, sowie Fred Ziebarth – gemeinsam mit den Zuhörern. 04 „FÖDERALER WAHNSINN“ Dabei gibt es kaum ein Thema, bei dem sich Schulleitungen, Wissenschaftler und Theoretiker scheinbar so einig sind: Inklusion ja – aber nicht so! Uwe Becker brachte einige der derzeitigen Mängel auf den Punkt, wie den „föderalen Wahnsinn“, die Unterfinanzierung der Schulen und alleingelassene Lehrer. „Dadurch kommt es zu akrobatisch anmutenden Lösungsstrategien“, so Becker und erhielt dafür Applaus. Ein Schulleiter aus dem Publikum brachte es auf den Punkt: Es scheint, als würde das Thema Inklusion dafür genutzt, um längst überfällige Diskussionen endlich zu führen. Über eine Revolution, wie Precht sie forderte – eine Schule ohne Noten, ohne Fächer, ohne Druck – hätten manche der Anwesenden durchaus Sympathien. Aus lange Sicht jedenfalls. Zunächst aber muss es andere Lösungen geben. „Wir müssen überlegen, was wir unter den gegebenen Bedingungen verändern können“, so Ziebarth. Die Schulen müssen sich generell für eine Haltung entscheiden: Wollen sie Inklusion als Chance oder unmögliche Aufgabe begreifen? VERÄNDERUNG KOMMT VON UNTEN „Auch wir hatten anfangs Angst“, erzählte ein Schulleiter einer Grund- und Mittelschule. Aber inzwischen sei eine neue, entlastende Art von Unterricht entstanden, von der alle profitierten. Inklusion kann also gelingen, so der Tenor – häufig aber nur, wenn sich Schulleitungen nicht immer an Vorgaben von oben halten. „Ich glaube an die revolutionäre Kraft der Schulleitungen“, machte ein Zuhörer den Anwesenden Mut. Das Schlusswort zu einer spannenden Diskussion. Ausgabe 01/2016
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