Herstellungsbeitrag II des

Herstellungsbeitrag II des Wasserverbandes Gardelegen Letzlingen am 09.03.2016
Grundsätzliches:
Die Aussagen von mir, und der Interessengemeinschaft Heimat und Recht, stellen keine Rechtsberatung im
Juristischen Gesetzlichen Sinne da, sondern sind Denkanstöße, bzw. Analysen die unsere Meinung wieder
geben, und den Interessierten Bürger zum Nachdenken und Überdenken verschiedenster Gesetze und
Vorgehensweisen von sogenannten Behörden und Institutionen der BRD , anregen sollen.
So verhält es sich auch zum Herstellungsbeitrag II. Des Wasserverbandes Gardelegen.
Für alle die es noch nicht wissen, handelt es sich bei dem Herstellungsbeitrag II, um eine Nachträgliche
Berechnung für Abwasser Anschlussleistungen für Grundstückseigentümer, die ihr Grundstück „VOR“ 1991
an das Öffentliche Netz des Kommunalen Wasserverbandes angeschlossen hatte, oder Anschliesse ließen.
Nun müssten wir ja alle wissen, das die DDR spätestens mit der sogenannten „Wiedervereinigung“, 1990
aufgehört hat zu Existieren. Das ist nunmal Tatsache.
Bereits im Jahre 1991 beschäftigten sich einige Rechtsinstitute – also Fachleute aus dem Bereich
Verwaltungsrecht – im neu gegründeten Bundesland Sachsen Anhalt – mit der Rechtmäßigkeit oder nicht
Rechtmäßigkeit, des Herstellungsbeitrages.
In Bescheiden des z.b. Wasserbandes Gardelegen beruft man sich auf §6(1) Satz 1 KAG - LSA
- §6(1) Satz 1: Dieser sagt sagt unter anderem aus – Zitat: „Straßen, Wege, Plätze sowie selbständige
Grünanlagen und Parkeinrichtungen.“
Insofern kann in Frage gestellt werden wie sich §6(1) Satz 1- auf den sich berufen wird - auf
Erhebung von Kosten für den Herstellungsbeitrag II, Schmutzwasser lt.
Schmutzwasserbeseitigungsabgabensatzung des Wasserverbandes Gardelegen, bezogen werden
kann?. Weiterhin beruft man sich weiterhin auf §6(6) Satz 3 KAG - LSA
Dieser Satz sagt lediglich aus, Zitat: „Die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt bestimmen.“ Da
stellt sich wiedrum die Frage: welcher Zusammenhang mit den Bescheiden zu erkennen sein soll.?
Weiterhin beruft man sich auf den Art. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland,
Gleichheit aller Menschen, 1. - der allgemeine Gleichheitssatz.
Art. 3 Abs 1 Grundgesetz, enthält ein Grundrecht. Der allgemeine Gleichheitssatz verpflichtet nicht
nur alle staatliche Gewalten zur gleichen Anwendung der Rechtssätze, sondern zwingt auch den
Gesetzgeber zu einer an Ihm orientierten Ausgestaltung des Rechts. Er verbietet Ihm, wesentlich
Gleiches ungleich zu behandeln, und ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache
ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die Gesetzliche Differenzierung nicht finden
lässt, kurzum, wenn die Gesetzlichen Bestimmungen als willkürlich bezeichnet werden muß.
(BVerfGE 1, 14/52). Was wurde nun getan?? Aufgrund der massiven Proteste aus der Betroffenen
Bevölkerung gegen diese Willkürmaßnahmen erging eine Höchstrichterliche Entscheidung, das die
Länderparlarmente – Speziell das Land Sachsen Anhalt – eine neue Gesetzliche Regelung
diesbezüglich verabschieden sollte. Heimat
Seite 2
und Recht hat vergeblich versucht in Gesprächen und Schriftlichen Appellen mit Abgeordneten des
Landtages und an die Lantagsabgeordneten, Einfluss auf die Art und Weise der neuen Gesetzlichen
Regelung zu nehmen.
Ein neues bezügliches Gesetz wurde – ohne Rücksichtnahme auf die Bestehende schon Regelnde
Gesetze und Rechtsnormen – durchgeprügelt und Verabschiedet. Natürlich wieder zu Lasten der
Bürger!
Daraufhin wurden die Beitreibung der Herstellungsbeitrag II Beiträge wieder aktiv durch den
Wasserverband Gardelegen betrieben und Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt.
Was ist also falsch an der Erhebung des Herstellungsbeitrages II??
Der HB II ist Grundsätzlich nicht Verfassungskonform , weil er u.a. gegen einige Grundrechte die im
Grundgesetz verankert sind, verstößt. Dazu zählen Art.3 – Der Allgemeine Gleichheitsgrundsatz, Die
Vertragsfreiheit - Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz, eines der wichtigsten Grundprinzipien des deutschen
Zivilrechts und Ausprägung der Privatautonomie, ist ein Grundrecht wird in § 311 Abs. 1 BGB
vorausgesetzt. Weiterhin verstößt der HB II gegen den Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz. Im deutschen Zivilrecht
regelt beispielsweise § 138 BGB, was als „sittenwidriges Rechtsgeschäft“ verstanden werden kann. Das
Gesetz spricht dabei von einem „Verstoß gegen die guten Sitten“. Der § 817 BGB regelt, wie mit
Geschäften, die gegen die guten Sitten verstoßen, umgegangen werden muss. Selbst die Landesverfassung
des Landes Sachsen Anhalt kennt keine Rechtsprechung die den hestellungsbeitrag II zuläßt.
NEUES URTEIL
Jetzt wurde in der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes - Nr. 94/2015 vom 17. Dezember 2015
Beschluss vom 12. November 2015 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 mitgeteilt, das die Klagen von Zwei
Personen aus Cottbus stattgegeben wurde und die Forderung aus dem Herstellungsbeitrag II des dortigen
Wasserverbandes, zurückgewiesen wurden. Das Bundesverfassungsgerichts hat zwei Entscheidungen des
Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg über die Festsetzung von Beiträgen für den Anschluss von
Grundstücken an die Schmutzwasserkanalisation mit heute veröffentlichtem Beschluss aufgehoben und die
Sachen zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
Hier der Tenor:
Nach der vor dem 1. Februar 2004 gültigen Fassung von § 8 Abs. 7 Satz 2 des
Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg hätte von den Beschwerdeführerinnen kein
Beitrag mehr erhoben werden können. Die Anwendung einer seit dem 1. Februar 2004 gültigen
Neufassung entfaltet bei ihnen daher eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung. Sachverhalt
und Verfahrensgang: Die Beschwerdeführerinnen wenden sich gegen ihre Heranziehung zu
Kanalanschlussbeiträgen auf Grundlage von § 8 Abs. 7 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das
Land Brandenburg (KAG). Nach der ursprünglichen Fassung (a. F.) dieser Vorschrift entstand die
Beitragspflicht, „sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann,
frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung“. Das
Seite 3
Oberverwaltungsgericht legte dies mit Urteil vom Urteil vom 8. Juni 2000 so aus, dass es „nicht auf
die formelle und materielle Gültigkeit dieser Satzung, sondern ausschließlich auf den formalen Akt
des Satzungserlasses“ ankomme. Mit Wirkung zum 1. Februar 2004 änderte der Landesgesetzgeber
die Vorschrift dahingehend (n. F.), dass die Beitragspflicht „frühestens … mit dem Inkrafttreten einer
rechtswirksamen Satzung“ entsteht. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, die
Rechtsprechung habe die alte Fassung entgegen der Intention des Gesetzgebers ausgelegt. Dies habe
zu großen Beitragsausfällen geführt, da Ansprüche nicht mehr innerhalb der
Festsetzungsverjährungsfrist hätten geltend gemacht werden können. Um künftige Beitragsausfälle
zu vermeiden, werde eine Klarstellung vorgenommen. Die Beschwerdeführerinnen sind
Eigentümerinnen von Grundstücken in Cottbus. Die erste Beitragssatzung der Stadt, die sich in der
Folge als unwirksam erwies, sollte zum 30. Juni 1993 in Kraft treten. Nach den Feststellungen der
Verwaltungsgerichte trat erstmals zum 1. Januar 2009 eine wirksame Satzung in Kraft. Das
Grundstück der Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 2961/14 war bereits vor dem 3. Oktober
1990 an die Schmutzwasserkanalisation angeschlossen worden; der Bescheid über den
Kanalanschlussbeitrag datiert auf den 29. November 2011. Die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1
BvR 3051/14 wurde mit Bescheid vom 12. Mai 2009 zu einem Kanalanschlussbeitrag herangezogen;
die Möglichkeit des Anschlusses an die Schmutzwasserkanalisation hatte für dieses Grundstück nach
ihren Angaben bereits kurz nach dem 3. Oktober 1990 bestanden. Widersprüche und Klagen blieben
insoweit ohne Erfolg. Wesentliche Erwägungen der Kammer: Die angegriffenen Entscheidungen
verletzen die Beschwerdeführerinnen in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit
dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG. 1. Die
Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG trat zwar nicht formell rückwirkend in Kraft. Gleichwohl hat sie
in den Fällen der Beschwerdeführerinnen materiell rückwirkenden Charakter. Nach § 8 Abs. 7 Satz 2
KAG a. F. in seiner Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht war der Zeitpunkt der ersten
Beitragssatzung mit formellem Geltungsanspruch für das Entstehen der Beitragspflicht maßgeblich.
Es war danach unerheblich, ob die erste Satzung wirksam war. Wenn die erste Beitragssatzung
unwirksam war, konnte die Beitragspflicht für die betroffenen Grundstücke nur noch durch eine
nachfolgende wirksame Beitragssatzung begründet werden, die rückwirkend auf das Datum des
formalen Inkrafttretens der ersten, unwirksamen Beitragssatzung in Kraft gesetzt wurde. War zum
Zeitpunkt des Erlasses der wirksamen Satzung - wie in den Fällen der Beitragsschuldnerinnen - die
Festsetzungsfrist von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die unwirksame Satzung in
Kraft treten sollte, bereits abgelaufen, konnte die Beitragspflicht nur für eine „juristische
Sekunde“ entstehen, war dann aber sofort verjährt und damit erloschen. Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG
n. F. ist auf das Inkrafttreten einer „rechtswirksamen“ Satzung abzustellen. Dies eröffnete in Fällen,
in denen Beiträge nach der alten Rechtslage nicht mehr erhoben werden konnten, erneut die
Möglichkeit, die Beitragsschuldner zu Anschlussbeiträgen heranzuziehen. 2. Anders als in der
Begründung des Gesetzesentwurfs angenommen ist § 8 Abs. 2 Satz 7 KAG n. F. nicht als
„Klarstellung“, sondern als konstitutive Änderung der alten Rechtslage zu behandeln. Maßgeblich
hierfür ist, dass die geänderte Norm in ihrer ursprünglichen Fassung von den Gerichten in einem
Sinn ausgelegt werden konnte und ausgelegt worden ist, der mit der Neuregelung ausgeschlossen
werden soll. 3. § 8 Abs. 2 Satz 7 KAG n. F. entfaltet bei Anwendung in Fällen, in denen Beiträge nach
der alten Rechtslage nicht mehr erhoben werden konnten, eine unzulässige echte Rückwirkung. a)
Zwar war die Beitragspflicht in diesen Fällen mangels wirksamer Satzung noch nicht entstanden und
damit auch nicht wegen Festsetzungsverjährung
Seite 4
erloschen. Ein nachträglicher Eingriff in einen abgeschlossenen Sachverhalt liegt aber dennoch vor,
weil eine Veranlagung der Grundstücke der Beschwerdeführerinnen zu einem Herstellungsbeitrag
rechtlich nicht mehr möglich gewesen wäre, wenn es bei der seinerzeitigen Gesetzeslage geblieben
wäre. Wäre eine auf den 30. Juni 1993 - den Tag des Inkrafttretens der ersten unwirksamen Satzung rückwirkende wirksame Beitragssatzung beschlossen worden, wäre die vierjährige Festsetzungsfrist
in Lauf gesetzt worden und Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31. Dezember 1997 eingetreten.
Die Forderungen wären dann in der „juristischen Sekunde“ ihres Entstehens erloschen. § 8 Abs. 7
Satz 2 KAG n. F. eröffnete damit in Fällen, in denen Beiträge nach der alten Rechtslage nicht mehr
erhoben werden konnten, erneut die Möglichkeit, die Beitragsschuldner zu Anschlussbeiträgen
heranzuziehen. b) Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen liegt
hier nicht vor. Von den in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen kommt hier nur diejenige
der Vorhersehbarkeit einer Neuregelung wegen Unklarheit und Verworrenheit der ursprünglichen
Gesetzeslage in Betracht. Jedoch mussten die Betroffenen vorliegend nicht mit einer Rechtsänderung
rechnen. Das Oberverwaltungsgericht hatte sich im Urteil vom 8. Juni 2000 eindeutig dafür
entschieden, in dem Konflikt zwischen den finanziellen Interessen der Gemeinden einerseits und den
Interessen der Bürger andererseits letzteren den Vorrang zu geben. Im Übrigen rechtfertigt allein die
Auslegungsbedürftigkeit einer Norm nicht deren rückwirkende Änderung; erst wenn die
Auslegungsoffenheit ein Maß erreicht, das zur Verworrenheit der Rechtslage führt, darf der
Gesetzgeber eine klärende Neuregelung auf die Vergangenheit erstrecken. Eine solche Unklarheit und
Verworrenheit der ursprünglichen Gesetzeslage war hier nicht gegeben. 4. Selbst wenn die
Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n. F. in den genannten Fällen als unechte Rückwirkung zu
qualifizieren wäre, läge ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes vor. Denn diese
unechte Rückwirkung stünde einer echten Rückwirkung jedenfalls im Ergebnis nahe, weshalb an ihre
Vereinbarkeit mit der Verfassung gesteigerte Anforderungen zu stellen wären. Bei einer
Gesamtabwägung hat der Gesetzgeber dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz der
Beschwerdeführerinnen nicht in hinreichendem Maß Rechnung getragen. Vertrauen erwächst
vorliegend aus der Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts. Das allgemeine Ziel der
Umgestaltung des Abgabenrechts sowie fiskalische Gründe rechtfertigen die rückwirkende
Abgabenbelastung hier nicht; dies gilt auch vor dem Hintergrund der besonderen tatsächlichen und
rechtlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung.
Was ergibt sich nun aus der neuen „Situation“??
Die Interessengemeinschaft Heimatundrecht, ist inzwischen mit Fachleuten aus diesem Bereich –
Wasser / Abwasser in verbindung getreten und erörtert die eventuellen – sich aus dem Urteil des BvG
ergebenden Juristischen Möglichkeiten! Wir werden in einem weiteren Video Detailierter zu der
Angelegenheit aus unserer Sicht Auskunft geben.
Was empfehlen wir?
Wir empfehlen allen betroffenen Grundstückseigentümern und auch Interessierten Mitbürgern, sich
in „Stammtischen“ zu organisieren, die Rechtslage neu zu beleuchten und ggf. mit uns zusammen zu
arbeiten, um eine Gemeinsame Rückabwicklung des Hestellungsbeitrages II zu erwirken. Nur durch
gemeinsamen Friedlichen Widerstand können wir begangenes Unrecht und die damit verbundene
Willkür entgegen wirken.
Seite 5
Erfolgreiche Verfassungsbeschwerden gegen die
rückwirkende Festsetzung von
Kanalanschlussbeiträgen
Pressemitteilung Nr. 94/2015 vom 17. Dezember 2015
Beschluss vom 12. November 2015
1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14
Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat zwei Entscheidungen des
Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg über die Festsetzung von Beiträgen für den Anschluss von
Grundstücken an die Schmutzwasserkanalisation mit heute veröffentlichtem Beschluss aufgehoben und die
Sachen zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Nach der vor dem 1. Februar 2004 gültigen Fassung
von § 8 Abs. 7 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg hätte von den
Beschwerdeführerinnen kein Beitrag mehr erhoben werden können. Die Anwendung einer seit dem 1.
Februar 2004 gültigen Neufassung entfaltet bei ihnen daher eine verfassungsrechtlich unzulässige
Rückwirkung.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerinnen wenden sich gegen ihre Heranziehung zu Kanalanschlussbeiträgen auf
Grundlage von § 8 Abs. 7 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG). Nach
der ursprünglichen Fassung (a. F.) dieser Vorschrift entstand die Beitragspflicht, „sobald das Grundstück an
die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der
Satzung“. Das Oberverwaltungsgericht legte dies mit Urteil vom Urteil vom 8. Juni 2000 so aus, dass es
„nicht auf die formelle und materielle Gültigkeit dieser Satzung, sondern ausschließlich auf den formalen
Akt des Satzungserlasses“ ankomme. Mit Wirkung zum 1. Februar 2004 änderte der Landesgesetzgeber die
Vorschrift dahingehend (n. F.), dass die Beitragspflicht „frühestens … mit dem Inkrafttreten einer
rechtswirksamen Satzung“ entsteht. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, die Rechtsprechung
habe die alte Fassung entgegen der Intention des Gesetzgebers ausgelegt. Dies habe zu großen
Beitragsausfällen geführt, da Ansprüche nicht mehr innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist hätten
geltend gemacht werden können. Um künftige Beitragsausfälle zu vermeiden, werde eine Klarstellung
vorgenommen.
Die Beschwerdeführerinnen sind Eigentümerinnen von Grundstücken in Cottbus. Die erste Beitragssatzung
der Stadt, die sich in der Folge als unwirksam erwies, sollte zum 30. Juni 1993 in Kraft treten. Nach den
Feststellungen der Verwaltungsgerichte trat erstmals zum 1. Januar 2009 eine wirksame Satzung in Kraft.
Das Grundstück der Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 2961/14 war bereits vor dem 3. Oktober 1990
an die Schmutzwasserkanalisation angeschlossen worden; der Bescheid über den Kanalanschlussbeitrag
datiert auf den 29. November 2011. Die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 3051/14 wurde mit
Bescheid vom 12. Mai 2009 zu einem Kanalanschlussbeitrag herangezogen; die Möglichkeit des
Anschlusses an die Schmutzwasserkanalisation hatte für dieses Grundstück nach ihren Angaben bereits kurz
nach dem 3. Oktober 1990 bestanden. Widersprüche und Klagen blieben insoweit ohne Erfolg.
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerinnen in ihren Grundrechten aus Art. 2
Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes aus Art. 20
Abs. 3 GG.
Seite 6
1. Die Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG trat zwar nicht formell rückwirkend in Kraft. Gleichwohl hat
sie in den Fällen der Beschwerdeführerinnen materiell rückwirkenden Charakter.
Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a. F. in seiner Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht war der Zeitpunkt
der ersten Beitragssatzung mit formellem Geltungsanspruch für das Entstehen der Beitragspflicht
maßgeblich. Es war danach unerheblich, ob die erste Satzung wirksam war. Wenn die erste Beitragssatzung
unwirksam war, konnte die Beitragspflicht für die betroffenen Grundstücke nur noch durch eine
nachfolgende wirksame Beitragssatzung begründet werden, die rückwirkend auf das Datum des formalen
Inkrafttretens der ersten, unwirksamen Beitragssatzung in Kraft gesetzt wurde. War zum Zeitpunkt des
Erlasses der wirksamen Satzung - wie in den Fällen der Beitragsschuldnerinnen - die Festsetzungsfrist von
vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die unwirksame Satzung in Kraft treten sollte, bereits
abgelaufen, konnte die Beitragspflicht nur für eine „juristische Sekunde“ entstehen, war dann aber sofort
verjährt und damit erloschen.
Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n. F. ist auf das Inkrafttreten einer „rechtswirksamen“ Satzung abzustellen.
Dies eröffnete in Fällen, in denen Beiträge nach der alten Rechtslage nicht mehr erhoben werden konnten,
erneut die Möglichkeit, die Beitragsschuldner zu Anschlussbeiträgen heranzuziehen.
2. Anders als in der Begründung des Gesetzesentwurfs angenommen ist § 8 Abs. 2 Satz 7 KAG n. F. nicht
als „Klarstellung“, sondern als konstitutive Änderung der alten Rechtslage zu behandeln. Maßgeblich hierfür
ist, dass die geänderte Norm in ihrer ursprünglichen Fassung von den Gerichten in einem Sinn ausgelegt
werden konnte und ausgelegt worden ist, der mit der Neuregelung ausgeschlossen werden soll.
3. § 8 Abs. 2 Satz 7 KAG n. F. entfaltet bei Anwendung in Fällen, in denen Beiträge nach der alten
Rechtslage nicht mehr erhoben werden konnten, eine unzulässige echte Rückwirkung.
a) Zwar war die Beitragspflicht in diesen Fällen mangels wirksamer Satzung noch nicht entstanden und
damit auch nicht wegen Festsetzungsverjährung erloschen. Ein nachträglicher Eingriff in einen
abgeschlossenen Sachverhalt liegt aber dennoch vor, weil eine Veranlagung der Grundstücke der
Beschwerdeführerinnen zu einem Herstellungsbeitrag rechtlich nicht mehr möglich gewesen wäre, wenn es
bei der seinerzeitigen Gesetzeslage geblieben wäre. Wäre eine auf den 30. Juni 1993 - den Tag des
Inkrafttretens der ersten unwirksamen Satzung - rückwirkende wirksame Beitragssatzung beschlossen
worden, wäre die vierjährige Festsetzungsfrist in Lauf gesetzt worden und Festsetzungsverjährung mit
Ablauf des 31. Dezember 1997 eingetreten. Die Forderungen wären dann in der „juristischen Sekunde“ ihres
Entstehens erloschen. § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n. F. eröffnete damit in Fällen, in denen Beiträge nach der
alten Rechtslage nicht mehr erhoben werden konnten, erneut die Möglichkeit, die Beitragsschuldner zu
Anschlussbeiträgen heranzuziehen.
b) Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen liegt hier nicht vor. Von den in
der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen kommt hier nur diejenige der Vorhersehbarkeit einer
Neuregelung wegen Unklarheit und Verworrenheit der ursprünglichen Gesetzeslage in Betracht. Jedoch
mussten die Betroffenen vorliegend nicht mit einer Rechtsänderung rechnen. Das Oberverwaltungsgericht
hatte sich im Urteil vom 8. Juni 2000 eindeutig dafür entschieden, in dem Konflikt zwischen den
finanziellen Interessen der Gemeinden einerseits und den Interessen der Bürger andererseits letzteren den
Vorrang zu geben. Im Übrigen rechtfertigt allein die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm nicht deren
rückwirkende Änderung; erst wenn die Auslegungsoffenheit ein Maß erreicht, das zur Verworrenheit der
Rechtslage führt, darf der Gesetzgeber eine klärende Neuregelung auf die Vergangenheit erstrecken. Eine
solche Unklarheit und Verworrenheit der ursprünglichen Gesetzeslage war hier nicht gegeben.
Seite 7
4. Selbst wenn die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n. F. in den genannten Fällen als unechte
Rückwirkung zu qualifizieren wäre, läge ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes vor. Denn
diese unechte Rückwirkung stünde einer echten Rückwirkung jedenfalls im Ergebnis nahe, weshalb an ihre
Vereinbarkeit mit der Verfassung gesteigerte Anforderungen zu stellen wären. Bei einer Gesamtabwägung
hat der Gesetzgeber dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz der Beschwerdeführerinnen nicht
in hinreichendem Maß Rechnung getragen. Vertrauen erwächst vorliegend aus der Gewährleistungsfunktion
des geltenden Rechts. Das allgemeine Ziel der Umgestaltung des Abgabenrechts sowie fiskalische Gründe
rechtfertigen die rückwirkende Abgabenbelastung hier nicht; dies gilt auch vor dem Hintergrund der
besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung.
Neu: 25.02.2016: Das OVG LSA (4L 120/15) hat sich erneut zum Herstellungsbeitrag II geäußert
Im Urteil bleibt das OVG bei seiner bekannten Rechtsauffassung, wie es zu erwarten war. Wahrscheinlich ist es leider so, dass,
wie in Brandenburg, erst das Bundesverfassungsgericht die Verwaltungsrichter der Länder über die Grundrechte der Bürger
aufklären muss.
Schade, man hätte sich etwas mehr Objektivität gewünscht.
Da leider die Verwaltungsgerichte in unserem Land Ihre Urteile nicht, wie es fast in jedem anderen Bundesland üblich ist, im
Internet zur Verfügung stellen, erfüllen wir diese elementare Pflicht einer demokratischen Rechtsordnung.
Neu: 09.02.2016: Was bedeutet das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 12.011.2015 für die
Rechtslage in Sachsen-Anhalt?
Eine Analyse der Rechtslage, von Ass. jur. Wolf-Rüdiger Beck (Sprecher des Initiativnetzwerkes Kommunale Abgaben) und Dr.
H. Neumann, vorgesehen zur Veröffentlichung in der Märzausgabe der DWW,