Pressemappe Jahrespressekonferenz 2016 Kontakt Contact Alexandra Hahn Leitung Presse und Medien T +49 721 926 3890 [email protected] Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Hans-Thoma-Straße 2 – 6 D-76133 Karlsruhe Inhalt Neupräsentation der Niederländer-Sammlung 2 Neuerwerbungen 3 Elger Esser: Oskar-Schlemmer-Preis und Ausstellung formlos. Kunst nach 1945 (Junge Kunsthalle) 4-7 8 Erworben aus „jüdischem Vermögen“/ Grafische Blätter der Sammlung Haymann 9 DOUBLE VISION Albrecht Dürer & William Kentridge / Black & White (Junge Kunsthalle) 1/11 10-12 Neupräsentation der Niederländer-Sammlung Das Mahlerey-Cabinet Karoline Luises ist weiterhin zu sehen Die Niederländer-Sammlung der Kunsthalle, mit Erwerbungen der badischen Markgräfin Karoline Luise aus dem 18. Jahrhundert und systematischen Ankäufen der Kunsthalle vor allem nach 1945, genießt einen hohen internationalen Ruf. Nun werden für zwei Jahre Landschaften, Genredarstellungen, Porträts, Stillleben, aber auch Historienbilder flämischer und holländischer Meister in neuer Zusammenstellung gezeigt. Diese ermöglicht vielfältige Perspektiven auf Künstler des „goldenen“ 17. Jahrhunderts wie Peter Paul Rubens, Jacob Jordaens, David Teniers, Rembrandt Harmensz. van Rijn, Jacob van Ruisdael, Pieter de Hooch u.a. Im Zentrum der Neupräsentation befinden sich drei Säle, die anlässlich der Großen Landesausstellung 2015 Die Meister-Sammlerin. Karoline Luise von Baden eingerichtet wurden. In ihnen wird die private Gemäldesammlung der Markgräfin, ihr sogenanntes Mahlerey-Cabinet gezeigt, das mit über 30 restaurierten Prunkrahmen seit dem Sommer in neuem Glanz erstrahlt. Alle Höhepunkte des Mahlerey-Cabinets sind hier zu sehen, darunter Werke aus der berühmten Sammlung des französischen Generalleutnants Comte de Vence, Genrebilder von Gerard Dou, Landschaften von Jan Both und Jean Pillement, Blumenstillleben von Jan van Huysum und Rachel Ruysch, sowie die vier berühmten Karlsruher Stillleben von Jean Siméon Chardin. Auch das Porträt Karoline Luises, gemalt von JeanÉtienne Liotard, findet sich hier. Zudem sind wandfüllende Ensembles als Zitat einer historisch-barocken Hängung zu sehen. Am 9. März 2016 findet um 11 Uhr eine Pressekonferenz in der Kunsthalle statt, in der die öffentliche Online-Datenbank Karoline Luise von Baden. Kunst und Korrespondenz vorgestellt wird. Sie enthält eine Fülle von Originalquellen, die Licht auf die Meister-Sammlerin werfen und im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, des Generallandesarchivs Karlsruhe und der Università della Svizzera italiana gesichtet, ausgewertet und kommentiert wurden. 2/11 Neuerwerbung 2015 Edgar Degas (Paris 1834 – 1917) Meereslandschaft, Sonnenuntergang, 1869 Pastell auf Papier, 23,5 x 31,4 cm Gemessen an der Vorliebe der Impressionisten für die Landschaftsmalerei war Degas’ Interesse an dieser Gattung eher zurückhaltend. Reine Landschaftsdarstellungen entstehen vor allem in drei Schaffensphasen: Ende der 1850er Jahre in Italien, 1869 im Rahmen eines Aufenthaltes an der Kanalküste sowie in den 1890er Jahren. Das vorliegende Blatt gehört zu einer Serie von mehr als 40 kleinformatigen Landschaftspastellen, die Degas im Sommer 1869 in der Normandie anfertigte. In dieser Werkreihe setzte sich der Künstler zum ersten Mal intensiv mit der Technik des Pastells auseinander, die er offenbar direkt vor der Natur erprobte. Die Darstellung spiegelt die Weite der Küstenlandschaft wider ohne präzisere Anhaltspunkte zu geben. Wie die meisten dieser frühen Landschaftspastelle zeigt es die Atmosphäre eines bedeckten Tages, über den sich ein für die Küste typischer Dunst ausbreitet. Das Blatt ergänzt den Bestand der Karlsruher Kunsthalle an Werken von Edgar Degas (ein Gemälde, ein Pastell, eine Zeichnung, eine Gouache, eine Monotypie und zwei Radierungen) auf das Schönste. Weitere Erwerbungen 2015: Claude Gillot (Langres 1673 – 1722 Paris) Szene aus „Le Festin de Pierre“ Schwarze Tusche, rot laviert, über schwarzer Kreide; aufgelegt auf der Seite eines Albums 15 x 21,5 cm Franz Ackermann (geb. 1963 in Neumarkt St. Veit, Bayern): Die Befreiung, 2014 Bleistift, Aquarell, Acryl auf Papier, Fotografie, Collage, Ausschnitte, auf Alu Dibond, 64 x 177,5 cm Späte Ankunft, 2014 Bleistift, Aquarell, Acryl auf Papier, Fotografie, Collage, Ausschnitte, auf Alu Dibond, 65 x181 cm Global Cleaning, 2014 Bleistift, Aquarell, Acryl auf Papier, Fotografie, Collage, Ausschnitte, auf Alu Dibond, 67x114 cm 3/11 Elger Esser. Zeitigen Großer Staatspreis für Bildende Kunst 2016 20. Februar – 10. Juli 2016 Anlässlich der Verleihung des Oskar-Schlemmer-Preises 2016 zeigt die Kunsthalle eine Ausstellung mit acht fotografischen Zyklen des 1967 in Stuttgart geborenen Künstlers. Elger Esser war Student und Meister-Schüler von Bernd Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie. Seine Position entwickelte sich in den neunziger Jahren im Umfeld der Becher-Klasse und damit im Wirkungsraum der vitalen Auseinandersetzung mit der dokumentierenden und klassifizierenden Praxis von Bernd und Hilla Becher. Doch Elger Essers Bilder widersetzen sich der Abbildfunktion des fotografischen Mediums, und sie konterkarieren das digitale Bilderuniversum, das einige der Becher-Schüler in ihren Werken kommentieren. Elger Esser interpretiert Fotografie als freie schöpferische Kunst. Seine sorgfältig komponierten Bilder stehen im Spannungsfeld von spezifischen Traditionen der Malerei und des fotografischen Piktorialismus. Vor der Kontrastfolie der heutigen Medienpraxis machen sie Aussagen über das Entstehen von Bildern, über Zeit, Gedächtnis und Erinnerung. Elger Essers Aufnahmen von Landschaften, leerstehenden, teilweise dem Verfall oder Vergessen preisgegebenen historischen Bauten, die er vor allem in Frankreich ausfindig macht, inszenieren den Blick nicht nur durch Komposition, die Wahl des Ausschnitts und des Standpunkts. Sie erzeugen Atmosphären des Erinnerns vor allem auch über ein breites Repertoire fotografischer Strategien. Zu ihnen gehören Langzeitbelichtungen, Unschärfe, farbliche Verfremdungen und Retuschen, der experimentelle Einsatz ungewöhnlicher Materialien als Bildträger (zum Beispiel versilberter Metallplatten) und alter Druckverfahren (wie jenes der Heliogravür). Esser spürt den Ablagerungen im kollektiven Bildgedächtnis nach, wenn er berühmte kunsthistorische Topographien wie die Küstenregionen der Bretagne oder Claude Monets Garten in Giverny zum Gegenstand seiner Aufnahmen macht. 4/11 Auch Motive der Medien- und Kommunikationskultur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts nimmt er in seine Arbeit auf, indem er etwa Details alter französischer Postkarten stark vergrößert zum Bild macht, so dass sich deren Raster in eine an den Pointillismus erinnernde Auflösung verwandelt. Nie geht es dem Künstler um das Momenthafte einer Situation, sondern immer um dauerhafte und bedeutungsvolle Bildkonstruktionen. Elger Essers Kunst ist ein Produkt des späten 20. und des beginnenden 21. Jahrhunderts, aber seine Bilder sprechen nur indirekt von der Epoche ihrer Entstehung. Sie handeln in einem grundlegenden Sinn von Fotografie und Zeitlichkeit. Jedes seiner Werke, die auch als Elemente einer Serie immer für sich stehen, trägt latent den Konflikt zwischen unterschiedlichen Zeitordnungen in sich aus: zwischen dem Zeitmodus der beschleunigten Gegenwart, die gerade in den Medien der Bilderzeugung immer schneller von Problem zu Lösung fortschreitet, und einer erinnernden Entschleunigung, die der Zeitmodus des kulturellen Gedächtnisses ist. Elger Esser wuchs in Rom auf. 1986 kehrte er nach Deutschland zurück und schrieb sich 1991 an der Düsseldorfer Kunstakademie ein. 1996 wurde er MeisterSchüler bei Bernd Becher. 2008 hatte er eine Gastprofessur an der Folkwang Schule in Essen inne; von 2006-2009 war er Professor für Fotografie an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Seit Mitte der neunziger Jahre stellt Elger Esser regelmäßig in Einzel- und Gruppenausstellungen international aus und ist mit seinen Werken in zahlreichen bedeutenden Museen und Kunstsammlungen vertreten, wie etwa im Solomon R. Guggenheim Museum und im Metropolitan Museum, New York, im Stedelijk Museum, Amsterdam, im Kunsthaus Zürich, im Musée d’art moderne Centre Georges Pompidou, Paris, und in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München. Die Ausstellung zeigt rund 75 Exponate aus Elger Essers Serien Ansichten, 2004-6, Wrecks, 2006, Ägypten, 2011, Landschaften, 1999-2015, Giverny, 2010, Ninfa, 2013, Combray, 2007-12, und Undinen, 2012. Zur Ausstellung erscheint ein Katalogbuch mit Texten von Bernd Stiegler und Kirsten Voigt im Verlag Schirmer-Mosel, München. 5/11 Oskar-Schlemmer-Preis Großer Staatspreis für Bildende Kunst 2016 19. Februar 2016, 19 Uhr, öffentliche Veranstaltung Der mit 25. 000 Euro dotierte Preis wurde erstmals 2014 an Katharina Grosse vergeben. Durch den Großen Staatpreis werden Künstlerinnen und Künstler mit Landesbezug ausgezeichnet, die der aktuellen Kunst wichtige Impulse gegeben und bereits internationale Anerkennung gefunden haben. Die Verleihung des Preises durch Kunststaatssekretär Jürgen Walter MdL findet am 19. Februar 2016 (um 19 Uhr) in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe statt. Die Laudatio hält Prof. Dr. Armin Zweite. Begleitprogramm Künstlergespräch Mi, 18.05.2016, 19 Uhr Von Wogen, Wracks und Wellen Ein Gespräch zwischen Hubertus von Amelunxen, Berlin, und Elger Esser über die Stofflichkeit des Bildes, moderiert von Pia Müller-Tamm Themenführungen Di, 08.03.2016, 19 Uhr Kunstgriff Rückgriff – Elger Essers Umgang mit Erinnerung Kirsten Voigt Teilnahmegebühr € 2 Di, 12.04.2016, 19 Uhr Landschaft sehen, Natur empfinden. Beobachtungen zu Alten Meistern und zu Elger Esser. Holger Jacob-Friesen Teilnahmegebühr € 2 Di, 07.06.2016, 19 Uhr Kunstgriff Rückgriff – Elger Essers Umgang mit Erinnerung Kirsten Voigt Teilnahmegebühr € 2 Öffentliche Führungen Sonntags, 15 Uhr Teilnahmegebühr € 2 6/11 Junge Kunsthalle – Begleitprogramm Elger Esser Samstag, 9. April, 15-17 Uhr Unterwegs auf dem Nil Papierbilder mit Pastell, Aquarell oder Buntstiften überarbeiten. Für Kinder ab 8 Jahren. Gebühr: € 5,Samstag, 7. Mai, 15-17 Uhr Esser trifft Schirmer Schäumende Gischt bricht sich an schroffen Klippen. Mit der Monotypie Technik aufregende Meeresbilder umsetzen. Für Kinder ab 8 Jahren Gebühr: € 5,Samstag, 4. Juni, 15-17 Uhr Gestrandet! Schiffsdinosaurier stecken im Morast fest. Faszinierende Fotografien regen zu einer Umsetzung in Tempera, Acryl, Pastell oder der Umdruck Technik an. Für Kinder ab 10 Jahren. Gebühr: € 5,Samstag, 2. Juli, 15-17 Uhr Wo die großen Wasser toben Meeresbilder mit tosenden Wellen entstehen mit dicken Pinseln, satter Farbe und Kleisterpapier. Für Kinder ab 5 Jahren Gebühr: € 5,In den Pfingstferien Fotos werden zu Bildern oder Bilder zu Fotos 17.-20. Mai, 14-17 Uhr Mit Digitalkamera im Park und in der Stadt unterwegs auf der Suche nach Motiven für ungewöhnliche Bilder. Im Anschluss werden die Aufnahmen digital und analog bearbeitet und ausgedruckt. Für Jugendliche ab 12 Jahren. Andrea Schendekehl Gebühr: € 20,Für alle Angebote ist eine Anmeldung erforderlich! Telefon 0721/926-3370 oder per Mail unter: [email protected] Die Anmeldung ist nur bis zum letzten Werktag vor Kursbeginn, 16 Uhr, möglich. Eine Mindestteilnehmerzahl ist Voraussetzung. 7/11 JUNGE KUNSTHALLE formlos Kunst nach 1945 19. März 2016 – 14. August 2016 Bunte Kleckse und Farbspritzer, wild tanzende Farbkreise, rätselhafte Zeichen, rhythmische Muster in Weiß, glühendes Rot – Bewegung festgehalten im Moment des Malens. Informelle Kunst hat verschiedene Ausprägungen. Sie wendet sich von der rational geometrischen Abstraktion zur Formoffenheit hin, um im freien und spontanen Schaffensprozess dem Gestischen, der Farbe und der Oberfläche der Malgründe Ausdruck zu verleihen. Dabei entlädt sich die aus dem Unbewussten heraus agierende Kreativität in dynamischen und rhythmischen Malvorgängen. Der Malprozess ist genauso wichtig wie das Kunstwerk selbst. Gestischer Malerei verschrieben sich in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts Künstler wie Karl Otto Götz, Bernard Schultze oder Emil Schumacher. Ihre Arbeiten kommen weitgehend ohne gegenständliche Bezüge und Vorzeichnung aus. Im Zentrum ihrer Kunst des „Formlosen“ stehen der freie und spontane Schaffensprozess, Materialität der Farbe sowie der eigentliche Malvorgang. Pure Energie und Dynamik vermitteln die Werke der Ausstellung formlos in der Jungen Kunsthalle. Spannende Maltechniken können enträtselt und in einer Werkstatt voller anregender Materialien, Werkzeugen und Farben auf großformatigen Papieren umgesetzt werden. Malen nach Musik bietet ein weiteres Experimentierfeld, aus Pigmenten können eigene Farben hergestellt werden. Rakel gleiten rasant über einen Malgrund aus Farbe und Kleister und lassen wilde Achterbahnschwünge entstehen. Sand, Erde und Naturmaterialien eröffnen Blicke auf Phantasieräume. Eine Ausstellung für alle, mit Angeboten auch für Erwachsene. Eröffnungsfest Samstag, 19. März, 15 Uhr EINTRITT Frei! 8/11 Erworben aus „jüdischem Vermögen“ Grafische Blätter der Sammlung Haymann 15. April - 1. Juli 2016 Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe kauft 75 Blatt expressionistische Druckgrafik in acht Mappenwerken und ein Kunstbuch von Rinah Alexander Lior aus Israel zurück. Sie ist die Nichte und rechtmäßige Erbin des jüdischen Arztes Dr. Hermann Haymann aus Badenweiler, dem dieser Kunstwerke einst gehörten. Die Kunsthalle hat im Jahr 1943 ein großes Konvolut von Büchern und Grafikmappen vom Finanzamt Müllheim erworben. Haymann musste diese Papierarbeiten 1938 verpfänden, um mit dem Erlös die Judenvermögensabgabe und die bei seiner Ausreise aus Deutschland in die USA obligatorisch zu leistende Reichsfluchtsteuer zu begleichen. Nach dem Krieg wurde diese Erwerbung ordnungsgemäß bei der US-amerikanischen Militärregierung als Ankauf aus „jüdischem Vermögen“ gemeldet und die Kunstwerke 1951 an Hermann Haymann zurückgegeben. Im Rahmen der Provenienzforschung wurden acht Grafikmappen und ein Kunstbuch gefunden, die damals offenbar vergessen wurden. Nach Ermittlung der rechtmäßigen Eigentümerin werden sie nun von der Kunsthalle gekauft. Diesem besonderen Sammlungszugang wird vom 15. April bis 30. Juni 2016 eine Ausstellung gewidmet, um die Erinnerung an Herrmann Haymann und das Schicksal der Juden in Baden-Württemberg zu wahren. 9/11 DOUBLE VISION Albrecht Dürer & William Kentridge und Begleitprojekt Black and White in der Jungen Kunsthalle 10.9.2016 - 8.1.2017 Albrecht Dürers „Rhinozeros“ zählt zu den bekanntesten Werken des Künstlers. Der Holzschnitt entstand nicht nach einem lebenden Modell. Als Vorlage diente vielmehr eine Skizze und Beschreibung des Tieres, die der Künstler nach der Ankunft des in Indien beheimateten Tieres in Lissabon erhalten hatte. Das Motiv des Rhinozeros‘ beschäftigt fast 500 Jahre später auch den aus Johannesburg stammenden Künstler William Kentridge. In seiner Heimat Südafrika leben heute weltweit die meisten Nashörner, auch wenn der Bestand der Tiere als Spätfolge der Kolonialisierung gefährdet ist. Kentridge bezieht sich in seinen Darstellungen explizit auf Dürer, löst jedoch die ikonische Präsenz des wehrhaften Tieres durch die Einführung von Bewegungselementen auf. Mit Albrecht Dürer (1471–1529) und William Kentridge (geb. 1955) begegnen sich in unserer Ausstellung zwei Künstler, die jenseits aller epochalen und kulturellen Unterschiede im Medium der Druckgrafik verbunden sind, das sie in vielfältiger Weise nutzen. Doch treffen sich der Meister der deutschen Renaissance und der global tätige Gegenwartskünstler mit südafrikanischen Wurzeln nicht allein durch die Wiederkehr von Motiven oder ihre Vorliebe für das Schwarz-Weiß, vielmehr vereint sie eine intensive Beschäftigung mit dem Prozess der Wahrnehmung. Zu den wegweisenden Publikationen Albrecht Dürers gehörte seine 1525 veröffentlichte „Underweysung der Messung“, in der er sich eingehend Fragen der Proportion und Perspektive widmet und die nur wenige Jahre später in einer überarbeiteten Neuauflage erschien. William Kentridge arbeitet in seinen Zeichnungen, Grafiken und Filmen vielfach mit optischen Geräten wie Guckkästen, Stereoskopen oder auch Anamorphosen. Ausgehend von dieser künstlerischen Beschäftigung mit dem Sehen wird zugleich das Ausstellen – die Art und Weise der musealen 10/11 Präsentation der Werke und ihre sinnliche Erfahrung durch den Betrachter – zum Thema der Ausstellung. Die etwa 110 ausgestellten Werke von Dürer und Kentridge sind in sieben Themenbereiche gegliedert, in denen inhaltliche, ästhetische und technisch mediale Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich werden. Die unterschiedlichen Ausdrucksqualitäten der jeweils gewählten Techniken wird im Vergleich von Holz- und Linolschnitt, Lithographie und Radierung sichtbar. Ausgehend von William Kentridges kritischem Rückblick auf die Moderne, deren Selbstverständnis als rationale und zivilisierte Epoche er in Frage stellt, verändert sich der Blick auf die Kunst Albrecht Dürers, dessen Werke die tiefgreifenden politischen, religiösen, gesellschaftlichen und medialen Umbrüche zu Beginn der Neuzeit reflektieren. Die materielle Grundlage der Ausstellung bildet der umfangreiche Bestand an Druckgrafik von Albrecht Dürer im Kupferstichkabinett der Kunsthalle, der um zahlreiche Werke aus dem Besitz von William Kentridge und von weiteren Leihgebern ergänzt wird. Ausgehend von der Präsentation im Hauptgebäude beleuchtet die Begleitausstellung in der Jungen Kunsthalle Black and White nicht nur die beiden Künstler als herausragende Persönlichkeiten ihrer Epoche, sondern auch die Entwicklung der druckgraphischen Techniken und die daraus resultierenden Möglichkeiten. Albrecht Dürer und William Kentridge verbindet sowohl das Medium der schwarzweißen Druckgraphik wie auch das Interesse an ihrer Zeit, die sie in ihrem Werk reflektieren. In den Werkstätten laden verschiedene Drucktechniken zum Ausprobieren ein. Das Angebot ist für alle Altersgruppen und Schularten geeignet. DOUBLE VISION ist eine Kooperation des Kupferstichkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin mit der Kolleg-Forschergruppe BildEvidenz der Freien Universität Berlin und der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Parallel zur Ausstellung DOUBLE VISION zeigt das ZKM l Karlsruhe die Projektion More Sweetly Play the Dance von William Kentridge aus dem Jahr 2015. Eröffnung Freitag, 9. September, 19 Uhr Eröffnungsfest Junge Kunsthalle Samstag, 10. September, 15 Uhr 11/11
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