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Gaskombikraftwerk (GuD)
Basiswissen-Dokument, Stand Oktober 2013
1.
Zusammenfassung
Gaskombikraftwerke (GuD) sind gasbefeuerte Grosskraftwerke, in denen die Prinzipien von Gasturbinenund Dampfkraftwerken kombiniert werden. Sie zeichnen sich durch relativ niedrige Investitionskosten, rasche Aufbauzeit und hohe Betriebsflexibilität aus, dank derer sie eine wichtige Option zur Ergänzung zu
erneuerbaren Energien darstellen. Ihre Rentabilität ist aber unter den heutigen Rahmenbedingungen im
Zusammenhang mit der CO 2 -Belastung und ihrer Kompensation ungewiss. Ausserdem ist die Schweiz für
den Brennstoff vom Ausland abhängig. Aufgrund dieser Bedenken wurde die Idee zum Bau solcher Kraftwerke in letzter Zeit nicht verfolgt. Dank umweltfreundlicherer und effizienter Prozesse sowie geänderter
Rahmenbedingungen sind GuD-Anlagen heute im schweizerischen Stromproduktionsmix wieder denkbar.
Seit Frühjahr 2011 werden sie von Bundesrat und Parlament als Option zur Sicherung eines substanziellen
Beitrags an den Schweizer Strombedarf erachtet.
2.
Heutige Situation in der Schweiz
Die CO 2 -Kompensationsverordnung schreibt Gaskombikraftwerken (auch Gas- und Dampf-Kombikraftwerke
(GuD), engl.: Combined Cycle Gas Turbine (CCGT)) einen solch hohen Wirkungsgrad vor, wie er zurzeit nur
unter Nutzung der Abwärme realisiert werden kann (siehe Kapitel 8 „Rahmenbedingungen“). Neue Gaskombikraftwerke werden deshalb in der Schweiz mit einer minimalen Abwärmenutzung eingesetzt. Seit 2009 ist
in Monthey ein neues Kraftwerk in Betrieb (55 MW el , 348 GWh/Jahr), zusammen mit allen anderen Anlagen,
zum Beispiel Pierre-de-Plan (34 MW el , 100 GWh/Jahr) und Cornaux (43 MW el , 160 GWh/Jahr) beträgt die
schweizerische Stromerzeugung aus Erdgas jährlich etwa 800 GWh. Zudem befinden sich neue GuD in
unterschiedlichen Stadien der Planung (alle mit Wärmenutzung): Cornaux II (Groupe E, 420 MW), Utzenstorf
(BKW, 400 MW), Perlen (CKW, 240 MW) und Vernier (SIG, 60 MW). Nur an bisherigen Standorten von
Grosskraftwerken sind Gaskombikraftwerke auch ohne Nutzung der Abwärme realisierbar. Das derzeit einzige Projekt dieser Art in der Schweiz ist Chavalon (400 MW, 2,2 TWh/Jahr), das an der Stelle eines früheren Ölkraftwerks in der Gemeinde Vouvry im Kanton Wallis entstehen soll.
Die öffentliche Akzeptanz grosser Gaskraftwerke ist wegen der Auslandabhängigkeit und des CO 2 Austosses relativ gering. Die Schweiz verfügt weder über namhafte eigene Gasvorkommen noch über grössere Speichermöglichkeiten für Gas und muss beides im Ausland einkaufen. Möglichkeiten zur Speicherung
gibt es höchstens für einige Tage, geologisch geeignete Orte für grosse unterirdische Speicher sind keine
vorhanden. Kurzfristig wird die Auslandabhängigkeit jedoch durch das „diversifizierte Gas-Portfolio der
Schweizerischen Gaswirtschaft und den Bau neuer Pipelines sowie Flüssiggasterminals gemindert“. 1
Das CO 2 -Gesetz begrenzt die Wirtschaftlichkeit von Gaskombikraftwerken in der Schweiz (siehe Kapitel 8
„Rahmenbedingungen“). Allerdings könnte der Beschluss des Bundesrates, bestehende Kernkraftwerke
nicht durch neue zu ersetzen, den Bau von Gaskombikraftwerken in der Schweiz notwendig machen. Gas1
Antwort des Bundesrates vom 16.03.2007 auf eine Interpellation der FDP-Fraktion, eingereicht im Nationalrat am 13.12.2006, zu finden unter
www.parlament.ch
Hintere Bahnhofstrasse 10, Postfach, 5001 Aarau, Telefon +41 62 825 25 25, Fax +41 62 825 25 26, [email protected], www.strom.ch
kombikraftwerke sind zumindest im Übergang zur Stromversorgung grösstenteils aus erneuerbaren Energien eine gute Alternative, weil sie die Produktion im Inland gewährleisten, in kurzer Zeit erbaut werden können und wirtschaftlicher sind als die Erneuerbaren. Daneben lässt sich die Produktion mit dieser Technik
sehr gut an die Anforderungen anpassen, die der Ausbau der Erneuerbaren mit sich bringt. Die Produktion
aus Wind und Sonne ist nicht zu steuern, während Gaskombikraftwerke beinahe so gut wie Pumpspeicherkraftwerke momentane Engpässe bedarfsgerecht ausgleichen können.
3.
Stand und weitere Entwicklung der Technik
In Gas-und Dampf-Kombikraftwerken werden die Prinzipien eines Gasturbinenkraftwerks und eines Dampfkraftwerks kombiniert (Abbildung 1). Eine Gasturbine dient dabei als Wärmequelle für einen nachgeschalteten Abhitzekessel, der als Dampferzeuger für die Dampfturbine wirkt. Im thermodynamischen Kreisprozess
wird dadurch ein höherer Wirkungsgrad erreicht als mit Gasturbinen im offenen Betrieb oder in konventionell
befeuerten Dampfkraftwerken. Die Wirkungsgrade erzielen Werte von gegen 60 %.
Bis in die 1970-er Jahre wurde Strom aus Erdgas nur mit Gasturbinen bei einem Wirkungsgrad von 40 %
erzeugt. Erst die Nutzung der Abwärme mit einer nachgeschalteten Dampfturbine macht Wirkungsgrade von
60 % möglich. Durch diese Kombination sowie durch die prozessinterne Verwendung der Abwärme aus der
Dampfturbine werden GuD-Anlagen auf die Stromproduktion optimiert. Weitere markante Erhöhungen sind
jedoch nicht zu erwarten, denn der Wirkungsgrad ist durch physikalische Gesetze (Energiegehalt des
Brennstoffs) und die Werkstoffbelastung der Gasturbine begrenzt. Im Mai 2011 erreichte eine Anlage der
Firma Siemens in Ingolstadt den bis dahin welthöchsten Wirkungsgrad von 60,75 %. 2
Abbildung 1: Prinzip einer Gas- und Dampf-Kombianlage. Quelle: P. Lehmacher, Ingenieurbüro für Technik und Information.
Die aktuelle Forschung thematisiert aber auch die CO 2 -Abscheidung und -Speicherung (CCS: Carbon Capture and Storage). Diese Technik senkt den Wirkungsgrad um etwa 7 %, aber hier könnten mit zukünftiger
Weiterentwicklung bessere Wirkungsgrade erreicht werden.
2
Bild der Wissenschaft
2/9
Die Technologie von GuD wird auch für die sogenannte Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) genutzt, indem
Dampf dem Produktionskreislauf entnommen und als Prozesswärme oder in Fernwärmenetzen zu Heizzwecken verwendet wird. Der Gesamtwirkungsgrad wird dadurch erhöht, der elektrische Wirkungsgrad sinkt
jedoch in Abhängigkeit der Wärmeentnahme. 3
GuD haben Leistungen von 60 MW bis 800 MW pro Block, eine 425-MW-Anlage erzeugt jährlich eine maximale Energiemenge von etwa 3 TWh. GuD wenden eine erprobte Technologie an, die eine hohe Flexibilität
beim Bau und im späteren Betrieb ermöglicht. Es kann wahlweise Band- oder Spitzenenergie erzeugt werden. Ebenfalls können Systemdienstleistungen angeboten werden. Die rasche Aufbauzeit und die vergleichsweise geringen Investitionen erklären auch, warum in den letzten 10 Jahren viele GuD-Kraftwerke
neu erbaut oder ausgebaut wurden. 4
4.
Potenzial
Das theoretische Produktionspotenzial von Gaskombikraftwerken richtet sich nach der Verfügbarkeit des
primären Energieträgers Erdgas und ist ansonsten beinahe unbegrenzt. Allerdings ist die Verfügbarkeit aller
Primärenergien endlich. Dabei muss zwischen Ressourcen und Reserven unterschieden werden. Reserven
sind Vorkommen, die bekannt und nach dem heutigen Stand der Technik wirtschaftlich abbaubar sind. Ressourcen hingegen sind Vorkommen, die zwar nachweislich vorhanden sind, gegenwärtig aber nicht wirtschaftlich gefördert werden können, oder die bloss mit einer gewissen Sicherheit vermutet werden. Sie betragen meist ein Vielfaches der Reserven.
Eine Studie der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) von 2011 prognostiziert für die Energieträger Uran, Kohle und Erdgas eine aus geologischer Sicht komfortable Situation, denn
der projizierte Bedarf kann voraussichtlich auf viele Jahrzehnte hinaus gedeckt werden. 5 Allenfalls kritisch ist
im Betrachtungszeitraum die Lage beim Erdöl. Wichtig für die Stromversorgung sind die Ergebnisse zur
Verfügbarkeit von Erdgas, das gemäss BGR in den kommenden Jahrzehnten auch bei steigendem Bedarf
nicht durch die Vorratslage limitiert sein wird. Dabei verschiebt sich die Menge der Reserven im Lauf der
Jahre. Dies ist abhängig von der Entwicklung von Fördertechnologien, Funden und Energiepreisen. Weltweit
sind heute etwa gleich viele unkonventionelle (Schiefergas, Tight Gas, Kohleflözgas) wie herkömmliche
Gasreserven vorhanden. 6
3
Weitere Erläuterungen zu WKK-Anlagen sowie ein Vergleich zwischen WKK und GuD können den entsprechenden Basiswissen-Dokumenten entnommen werden.
4
Projected Costs of Generating Electricity, International Energy Agency (IEA), Paris, 2010
5
Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 2011. Bd. DERA Rohstoffinformationen, Bundesanstalt für Geowissenschaften und
Rohstoffe, Hannover, 2011.
6
Golden Age of Gas, International Energy Agency (IEA), Paris, 2011
3/9
Abbildung 2: Regionale Verteilung des Gesamtpotenzials an konventionellem und nicht-konventionellem Erdgas 2010. Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe BGR.
CO 2 -Abscheidung und -Speicherung könnte auch das Potenzial für Gaskraftwerke in der Schweiz erhöhen,
sofern ein bedeutendes Potenzial für geologische CO 2 -Speicherung in der Schweiz vorhanden wäre. Aber
das ist in absehbarer Zeit nicht realisierbar. Würde diese Option weiter verfolgt, wären die nächsten Schritte
detaillierte geologische Studien in potenziellen Standortgebieten sowie eine Pilotstudie zur Abklärung der
technischen Machbarkeit und Sicherheit. 7 Die CO 2 -Sequestrierung wird in einem separaten BasiswissenDokument behandelt.
In seinem Bericht über die Zukunft der nationalen Infrastrukturnetze bestätigt der Bundesrat, dass die Kapazität des Gasnetzes auf absehbare Zeit dem Bedarf genügt. Die vorhandene Netzinfrastruktur würde sogar
den Zubau von bis zu acht Gaskombikraftwerken mit jeweils zwei Blöcken von 400 MW an den heutigen
Standorten der Kernkraftwerke erlauben. 8 Schon jetzt transportiert die Transitgas-Leitung, die von Norden
nach Süden quer durch die Schweiz führt, bis zu sechsmal mehr Erdgas, als die Schweiz verbraucht.
In Deutschland werden die flexibleren Gaskombikraftwerke vorrangig im Spitzen- und Mittellastbereich mit
4000 Betriebsvolllaststunden pro Jahr eingesetzt. Dies ist der Bereich mit dem wirtschaftlichsten Betrieb.
Wenn sie jedoch für die Deckung der Grundlast verwendet werden, können sie ohne Weiteres 6000 Betriebsvolllaststunden pro Jahr erreichen. In den nachstehenden Tabellen werden 6000 Betriebsvolllaststunden pro Jahr berücksichtigt.
7
L.W.Diamond, W.Leu und G.Chevalier, Studie zur Abschätzung des Potenzials für CO₂-Sequestrierung in der Schweiz, Bundesamt für Energie BFE,
Bern, 2010
8
Zukunft der nationalen Infrastrukturnetze in der Schweiz, Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK,
Bern, 2010
4/9
Potenzial [TWh]
Theoretisch
Technisch
Wirtschaftlich 9
Erwartet
Tabelle 1:
5.
2013
0.8
0.8
0.8
0.8
2035
20
20
15
12
2050
35
35
24
20
Potenzial der Stromerzeugungstechnologie bis 2050.
Einschätzung zu Leistungsverfügbarkeit und Energiequalität
Mehrere politische Ereignisse haben in den letzten Jahrzehnten die Unzuverlässigkeit der Versorgung im
europäischen Gasnetz bewiesen, hauptsächlich bei Konflikten zwischen Russland und der Ukraine. In der
Schweiz wird jedoch von einer sicheren Gasversorgung ausgegangen, weil sie mit 75 % den weitaus grössten Teil ihres Gasbedarfs aus Fördergebieten innerhalb der EU und aus Norwegen bezieht. Die Erdgasversorgung der Schweiz erfolgt über das europäische Hochdruck-Pipeline-Netz, welches sich gegenwärtig über
eine Rohrlänge von rund 190 000 km vom Atlantik bis nach Sibirien erstreckt. 10
Erdgas kann mit einem wirtschaftlichen Prozess verflüssigt werden, was eine Volumenreduktion um den
Faktor 600 ermöglicht. Dieses verflüssigte Erdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) kann dann mit speziellen
Tankschiffen von einem beliebigen Ort auf der Welt transportiert und ins europäische Leitungsnetz einge3
speist werden. Der jährliche schweizerische Gasbedarf liegt bei etwa 3,5 Mrd. m , weniger als 10 % werden
für Elektrizitätserzeugung benutzt. 11 So ist die Erdgasversorgung heute kein bedeutendes Risiko mehr.
Verfügbare Leistung [MW]
Grundlast
Mittellast
Spitzenlast
Systemdienstleistung
Tabelle 2:
6.
2013
100
100
100
0
2035
2000
2000
2000
2000
2050
3200
3200
3200
3200
Leistungsverfügbarkeit der Technologie im Winterhalbjahr bis 2050.
Gestehungskosten
Im Vergleich zu anderen Grosskraftwerkstechnologien lassen sich Gaskombikraftwerke mit verhältnismässig
tiefen Investitionen rasch erstellen. Ihre Stromgestehungskosten sind aber eher hoch und schwankend, insbesondere wenn man die Primärenergie- und die CO 2 -Kosten berücksichtigt.
Es besteht bis heute ein Zusammenhang zwischen Preisen für Gas und Öl (Ölpreisbindung). Dies könnte
sich gemäss dem World Energy Outlook des IEA ändern. 12 Denn das Erdgasangebot hat sich bedeutend
erhöht, was einerseits auf die rasche Entwicklung der Verflüssigung, andererseits auf die unkonventionelle
Gasgewinnung zurückzuführen ist. Dies wird wahrscheinlich eine Trennung der Öl- und Gaspreise verursachen, die für mehrere Jahre anhalten könnte.
9
Das wirtschaftliche sowie das erwartete Potenzial richten sich nach dem Gaspreis sowie weiteren Randbedingungen.
10
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK
11
Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2012, Bundesamt für Energie BFE, Bern, 2013
12
World Energy Outlook 2010, International Energy Agency, Paris, 2010
5/9
Die Stromgestehungskosten aus GuD-Anlagen liegen heute bei etwa 9 Rappen pro kWh13, und der Anteil
des Erdgases in solchen Anlagen beträgt über 65 %. Somit ist die Abhängigkeit vom Gaspreis extrem hoch.
Ein Anstieg des Gaspreises um 20 % erhöht die Stromgestehungskosten folglich um 14 %. 14 Da die Schweiz
kaum über Gasressourcen verfügt, ist diese Abhängigkeit ein umso grösseres Problem. Mit der CCSTechnologie werden die Gestehungskosten im Jahr 2035 bei etwa 16 Rappen pro kWh liegen (etwa
12 Rappen pro kWh ohne CCS).
Laut IEA betragen die Overnight 15-Kosten eines Gaskombikraftwerks zwischen 635 US-Dollar pro kW el (in
Korea) und 1747 US-Dollar pro kW el (in Australien). Für die Schweiz kann man diese Kosten mit 1500 USDollar pro kW el werten. Eine 400-MW-Anlage verursacht demnach Investitionskosten von 600 Mio. Franken.
Die Schätzungen des VSE für die Gestehungskosten sind in Tabelle 3 dargestellt. Für die Investitionskosten
wurde ein Mix aus Neu- und Umbauten angenommen. Die Stromgestehungskosten wurden mit einem Zinssatz von 5 % und 10 % berechnet, was zur dargestellten Bandbreite führt.
Kosten
Investitionskosten
(CHF/kW)
Evtl. Betrieb, Unterhalt
und Stilllegung (Rp/kWh)
Gestehungskosten
(Rp/kWh)
CO 2 -Preis (CHF/t)
Tabelle 3:
2012
1000–1500
1
2035
800-1300
(CCS: 1400-2000)
1
2050
800-1300
(CCS: 1200-1800)
1
9
12-13 (16 mit CCS)
12-13 (15 mit CCS)
36
42.9
41.4
Kosten bis 2050. Quelle: PSI Energie-Spiegel Nr.20, 06.2010
Im Bereich der Gestehungskosten ist eine Prognose zum jetzigen Zeitpunkt schwierig zu treffen, da sich die
Verwendung der Gaskraftwerke ändert. Mit zunehmender Einspeisung der neuen erneuerbaren Energie wird
viel Flexibilität benötigt, die zum Teil mit Gaskraftwerken erzielt werden kann. Andererseits werden Gaskraftwerke weniger für die Grundversorgung gebraucht und hätten geringere Vollaststunden. Dies könnte die
Gestehungskosten beeinflussen.
7.
Umwelt/Klima
Im Vergleich zu anderen fossil-thermischen Kraftwerken (Erdöl, Kohle), verursachen moderne Gaskombikraftwerke im Betrieb geringere direkte Emissionen von Luftschadstoffen und CO 2 (im Vergleich zum Beispiel zu Kohle sind die Luftschadstoff- und CO 2 -Emissionen etwa halb so hoch). Moderne Anlagen produzieren rund 380 g CO 2 pro kWh Strom. Ein nicht vernachlässigbarer Teil der gesamten Umweltbelastung von
GuD-Anlagen ist auf die Exploration, Förderung und Aufbereitung von Erdgas zurückzuführen. Dies gilt insbesondere für CO 2 , Kohlenmonoxid und Schwefeldioxid. Auch die kumulierten Methanemissionen stammen
fast ausschliesslich aus den vorgelagerten Bereichen (beispielsweise Leckagen beim Transport). Betrachtet
man den gesamten Lebenszyklus, erreichen sie etwa 425 g CO 2 pro kWh. Sie liegen damit über dem
Durchschnittswert des Schweizer Produktionsmix. Mit der Entwicklung der CO 2 -Abscheidung sollte dieser
13
Stromkosten: 10.8-11.4 Rp/kWh (2010), 11.8-12.5 Rp/kWh (2030); aus: Nachhaltige Elektrizität: Wunschdenken oder bald Realität?
In PSI Energie-Spiegel Nr.20, Juni 2010
14
Stromperspektiven 2020 – neue Erkenntnisse, Axpo Holding AG, Baden, 2010
15
Kosten ohne Zins (als ob der Bau in einer Nacht abgemacht wäre)
6/9
Ausstoss in Zukunft um einen Faktor zwischen 3 bis 6 reduziert werden können (60 bis 150 g CO 2 pro kWh),
obwohl dabei der Wirkungsgrad um etwa 7 % vermindert wird.
8.
Rahmenbedingungen
Die sogenannte CO 2 -Kompensationsverordnung legt den Gesamtwirkungsgrad fest, den fossil-thermische
Anlagen wie Gaskombikraftwerke in der Schweiz mindestens erreichen müssen. 16 An bestehenden Standorten beträgt dieser 58,5 %, an neuen muss er mindestens 62 % erreichen. Mit der Vorgabe dieser hohen
Wirkungsgrade werden die Betreiber dazu verpflichtet, neben Strom auch Wärme zu produzieren. 17 GuDAnlagen wird hierzu Wärme aus dem Produktionsprozess entnommen, wodurch der gesamte Wirkungsgrad
zwar erhöht, der elektrische jedoch gesenkt wird. Das Kraftwerk wird damit als sogenannte Wärme-KraftKopplungsanlage betrieben.
Die CO 2 -Kompensation ist ein begrenzender Faktor für die Wirtschaftlichkeit von Gaskombikraftwerken.
Anlagen in der Schweiz müssen ihren Ausstoss zu 100 % kompensieren, wovon nach heutigem CO 2 -Gesetz
50 % mit Massnahmen im Inland zu realisieren sind. 18 Doch die inländische Kompensation ist sehr teuer und
kaum realisierbar, weil die Schweiz im Verhältnis zum Ausland relativ wenig CO 2 ausstösst und daher nur
wenige Möglichkeiten zur Reduktion vorhanden sind.
Die Wirtschaftlichkeit könnte sich verbessern, würde das Gesetz die Kompensation vollständig im Ausland
zulassen. Aus Schweizer Sicht würde eine Anbindung an den europäischen Emissionshandelsmarkt umweltpolitische wie auch wirtschaftliche Vorteile bringen: Durch einen gemeinsamen CO 2 -Markt würden mehr
kostengünstige Reduktionspotenziale offenstehen. 19 Eine Verknüpfung des Schweizer Markts für CO 2 Emissionen mit dem EU-Emissionshandelssystems liegt seit 2010 auf dem Verhandlungstisch der EU und
der Schweiz. Ein Zusammenschluss eines schweizerischen Emissionshandelssystems mit demjenigen der
EU setzt allerdings eine volle Kompatibilität beider Systeme und den Abschluss eines Staatsvertrags voraus.
16
Verordnung über die Kompensation der CO2-Emissionen von fossil-thermischen Kraftwerken (CO2-Kompensationsverordnung)“ vom 24. November
2010 (Stand am 1. Januar 2011)
17
Bundesamt für Umwelt BAFU
18
Bundesgesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz) vom 8. Oktober 1999 (Stand am 1. Januar 2013)
19
siehe Basiswissen-Dokument „Internationaler Handel mit Strom, Grünstrom-Zertifikaten und Emissionsrechten“
7/9
9.
Bewertung und SWOT-Analyse
Bewertungskriterium
2013
2035
2050
Investitions- und Gestehungskosten
günstige Investitionskosten,
unbeständiger
Brennstoffpreis
Kosten im Bereich des erwarteten Marktpreises
Kosten im Bereich des erwarteten Marktpreises
Umweltverträglichkeit
höhere CO 2 Belastung als
Schweizer
Strommix
besser mit neuen
Technologien
(CCS)
besser mit neuen
Technologien
(CCS)
Verfügbarkeit der Energie
flexible Erzeugung, aber Auslandabhängigkeit
flexible Erzeugung und weniger Risiko in
Erdgasversorgung
flexible Erzeugung und weniger Risiko in
Erdgasversorgung
Produktionspotenzial
12 TWh
20 TWh
Gesellschaftliche Akzeptanz
0.8 TWh (ca.
1.5 % des
Strombedarfs).
mittelmässig,
besser als früher
(für GuD- und
WKK-Anlage)
besser (mit neuen CO 2 mindernden
Technologien)
besser, aber nur,
wenn die Ressourcen nicht
fehlen.
Politische Akzeptanz
besser als früher
genügend
genügend
intern
extern
Tabelle 4:
Tabelle 5:
Bewertung der Stromproduktion mit Gaskombikraftwerken nach verschiedenen Kriterien für die Zeiträume 2012, 2035
und 2050. Grün: gut, orange: genügend, rot: schlecht
Chancen
‒ Erhöhung des Wirkungsgrads
‒ Realisierung von CCS-Systemen
‒ Investitionen in der Schweiz, relative
Reduktion der Stromimportabhängigkeit
Risiken
‒ strenge CO 2 -Gesetze, Kyoto
‒ hohe CO 2 -Kompensations-Kosten
‒ politisch motivierte starke Förderung
kleiner WKK-Anlagen
‒ tiefer Strompreis gegenüber hohen
Rohstoffpreisen/Gestehungskosten
Stärken
‒ flexible Erzeugung
‒ Band- und Spitzenenergie
‒ SDL-fähig
‒ umweltfreundlichere fossile Technologie (im Vergleich zu Öl und Kohle)
Schwächen
‒ fossiler Energieträger
‒ CO 2 -Ausstoss
‒ begrenzte Ressourcen
‒ nur Übergangslösung
SWOT-Analyse
8/9
10.
Quellenverzeichnis
Axpo 2010
Stromperspektiven 2020 – neue Erkenntnisse, Axpo Holding AG, Baden,
September 2010
BAFU
http://www.bafu.admin.ch* (Bundesamt für Umwelt)
BFE 2010
L.W.Diamond, W.Leu und G.Chevalier, Studie zur Abschätzung des Potenzials für
CO 2 -Sequestrierung in der Schweiz, Bundesamt für Energie BFE, Bern, 2010
BFE 2013
Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2012, Bundesamt für Energie BFE,
Bern, 2013
BGR
http://www.bgr.bund.de* (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe)
BGR 2011
Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 2011. Bd. DERA
Rohstoffinformationen. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe,
Hannover, 2011.
Bild d. Wissenschaft
http://www.wissenschaft.de
Greenpeace Schweiz
http://www.greenpeace.org
IEA 2010
Projected Costs of Generating Electricity, International Energy Agency (IEA), Paris,
2010
IEA 2010a
World Energy Outlook 2010, International Energy Agency (IEA), Paris, 2010
IEA 2011
Golden Age of Gas, International Energy Agency (IEA), Paris, 2011
Lehmacher
Peter Lehmacher, Prinzip eines Kombikraftwerks, Ingenieurbüro für Technik und
Information, Bonn, 2005
PSI 2010
Nachhaltige Elektrizität: Wunschdenken oder bald Realität? In PSI Energie-Spiegel
Nr.20, Juni 2010
UVEK
http://www.uvek.admin.ch* (Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr,
Energie und Kommunikation)
UVEK 2010
Zukunft der nationalen Infrastrukturnetze in der Schweiz, Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK, Bern, 2010
9/9