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Gleichzeitig ist das Unternehmen an der Börse massiv überbewertet, was den Aktienkurs weiter nach unten ziehen wird. Fazit: „Twitter wird Schwierigkeiten haben, seine kurzund langfristigen Ziele zu erreichen.“ Devitts Argumente zielen auf Twitters Position am Aktienmarkt ab. Aber sie sind verankert in den gravierenden Problemen auf Produktebene. Mehr als alles andere braucht Twitter mehr aktive Nutzer, die ein gutes Werbepublikum abgeben. Aber dafür müsste das Unternehmen sein zehn Jahre altes Tweet-Prinzip aufgeben, in dem jede Stimme überall gleich viel wert ist. Derzeit funktioniert Twitter jedenfalls nur für eine kleine Nachrichten-Elite wirklich gut. Der Rest twittert gegen einen immensen Strom von Trivialitäten an und konkurriert mit den dominanten Feeds Prominenter und Unternehmen. Andererseits hat Twitter ein erhebliches Problem mit Störenfrieden, Fake-Profilen und Spammern. Das ist Gift für ein soziales Netzwerk und schreckt Werbekunden ab. Wer zielgerichtet Werbung in einem angenehmen Umfeld machen will, geht lieber zu Facebook. Da sind die Twitter-Nutzer eh schon längst. Twitter-Insider und SiliconValley-Experte Chris Sacca fasst das mit einer Zahl zusammen: Im Juni 2015 hatte Twitter seinen Daten zufolge einen Berg von einer Milliarde Karteileichen aufgehäuft. So verlockend und zugleich wenig überzeugend ist der Dienst. Kein Wunder: Twittern sei zu schwierig, angsteinflößend und einsam, schreibt Sacca. Zumal das, was Twitter ausmachen könnte, vor allem schnelle Live-Inhalte, längst auch bei anderen Internetdiensten funktio- Wachstum/Jahr Nutzer-Wachstum 21 151 14 167 16 185 18 204 19 218 14 232 13 241 9 255 14 271 16 284 288 4 13 302 14 304 307 3 2 305 -2 100 % 80 % 60 % 40 % 100 20 % 50 0 120 % 1Q 2Q 3Q 4Q 1Q 2Q 3Q 4Q 1Q 2Q 3Q 4Q 1Q 2Q 3Q 4Q 2012 2012 2012 2012 2013 2013 2013 2013 2014 2014 2014 2014 2015 2015 2015 2015 niert. Twitter kennt die Probleme und arbeitet längst an Lösungen. Algorithmisch sortierte Chroniken und Tweet-Sammlungen zu einem Thema („Moments“) sollen Einsteigern und Gelegenheitsnutzern einen interessanteren Feed bescheren. Die Aufhebung des 140-Zeichen-Limits könnte mehr Blogger und Journalisten zu Twitter bringen. Und auch atmosphärisch soll sich durch verstärkte Anstrengungen gegen Online-Belästigungen etwas verbessern. Trotzdem bleibt ein Problem: Twitter kann nicht beides sein, breites Massenmedium und Spielplatz einer selbsternannten Informationselite. Alles auf Anfang Farhad Manjoo von der New York Times hat eine bessere Idee: Statt an Facebook und Google sollte sich Twitter lieber an Wikipedia orientieren. Er schlägt Jack Dorsey einen drastischen Plan vor: Schrumpfe Dein Unternehmen, gib die Börse auf! „Nicht jede Internetfirma muss die größte sein, die mutigste und immer weiter wachsen.“ Vielleicht hätte Twitter bessere Aussichten als unabhängiges Privatunternehmen, als kleine, nachhaltig wirtschaftende Abteilung eines größeren Konglomerats oder gar Non-Profit-Organisation. Nur so könnte Twitter die übertriebenen Erwartungen dämpfen, die einer gesunden Entwicklung im Weg stünden. Denn lässt man Nutzerwachstum und Facebook-Ver- 0% Quelle: Stifel gleich beiseite, erscheint Twitter als erstaunlich robustes Unternehmen mit einer starken Entwicklung. Doch wie können die nächsten Schritte aussehen? Twitter könnte auf Zersplitterung statt maximale Breitenwirkung setzen. Zum Beispiel auf nach Regionen, Themen und Ereignissen kanalisierte Tweets, bessere Gruppen- und Privatfunktionen oder kuratierte Inhalte. Twitter würde damit sein Prinzip des offenen Netzwerks abschwächen, könnte aber seine Stärken als InfoPlattform ausspielen. Twitter könnte Infrastruktur werden. Das erscheint halsbrecherisch, könnte aber Schule machen. Denn neben Twitter stehen derzeit auch einige andere Stars der Internet-Szene auf dem Prüfstand. Der Ausstieg aus der Wall Street wäre die Emanzipation vom Diktat des Shareholder-Values und des Nur-mehr-ist-Mehr – und damit vielleicht erst der Anfang von Twitters richtiger [email protected] S Zukunft. PPPPPPPPPPPP PPPPPPPPPPPP PPPPPPPPPPPP CHIP < 2016 < 04 Zu wenig Geld pro Nutzer Pro Nutzer macht Facebook doppelt so viel Umsatz wie Twitter, vor allem durch Werbung. Der Average Revenue Per User (ARPU) ist Erfolgsanzeiger für Internetfirmen. Umsatz mit Werbung pro Nutzer $ 5,40 $ 12,84 < 17 TREND > RECYCLING Zurück zum Händler Elektroschrott landet viel zu selten im RecyclingContainer. Mit einem neuen Gesetz nimmt der Staat nun die großen Händler in die Pflicht S atte 21,6 Kilogramm Elektroschrott, vom kaputten Haarfön bis zum ausrangierten Kühlschrank, hinterließ jeder Deutsche im Jahr 2014 – und belegte damit einen Spitzenplatz unter den Bürgern der großen Industrienationen. Abgesehen von der riesigen Menge des jährlichen Schrottaufkommens in Deutschland – nach einer Untersuchung der United Nations University kamen 2014 1,8 Millionen Tonnen zusammen (siehe Infografik unten rechts) – gibt es ein weiteres Problem. Nur gut ein Drittel des Elektroschrotts landet in den dafür vorgesehen Sammelbehältern auf den kommunalen Wertstoffhöfen. Der Rest wird offenbar verbotenerweise im Hausmüll entsorgt oder illegal exportiert. Eine deutliche Erhöhung der Recyclingquote verspricht sich die Bundesregierung vom neuen Elektronikgerätegesetz, das Ende Oktober 2015 in Kraft getreten ist und nach einer neun Monate dauernden Übergangsfrist ab 24. Juli volle Geltung erlangen wird. Um den Verbrauchern die sachgerechte Entsorgung von Elektroschrott zu erleichtern, sind ab die- sem Zeitpunkt die großen Elektronikhändler zur kostenlosen Rücknahme ausrangierter Geräte verpflichtet. Wenig verbraucherfreundlich sind allerdings die Ausführungsbestimmungen: Während in den meisten europäischen Ländern jeder Elektronikhändler ein Altgerät zurücknehmen muss, wenn der Kunde ein neues kauft, gilt die Rücknahmepflicht in Deutschland nur für Händler mit einer Verkaufsfläche ab 400 Quadratmetern. Immerhin: Kleingeräte müssen diese großen Händler auch dann annehmen, wenn kein Neukauf erfolgt. Der Verbraucher wiederum muss vor der umweltfreundlichen Rückgabe beim Händler zum Zollstock greifen, denn nur Geräte mit einer Kantenlänge von maximal 25 Zentimetern werden ohne Neukauf gratis angenommen. Andernfalls bleibt nur der Weg zum Wertstoffhof. Auch Onlineshops sind betroffen Die Gesetzesnovelle erfasst auch den Onlinehandel. Shops mit einer Regalfläche von mehr als 400 Quadratmetern sind ebenso wie stationäre Elektromärkte zur Rücknahme von Altelektronik verpflichtet. Ob jedoch viele Verbraucher die Mühe auf sich nehmen werden, Elektroschrott fachgerecht zu verpacken und per Post an einen Onlineshop zu schicken? Davon kann auch die Politik nicht ausgehen. Händler, die europaweit liefern, müssen sich in jedem einzelnen EU-Land bei einem dortigen Recyclingsystem registrieren, das die Rückgabe von Altgeräten organisiert. Besonders zu diesem organisatorischen und finanziellen Mehraufwand wird Kritik laut. Viele mittelständische Shopbetreiber könnten wegen dieser Regelungen den internationalen Versand einstellen, befürchtet Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverbands Onlinehandel. In der verbleibenden Übergangsfrist von gut vier Monaten haben aber auch die großen Onlinehändler offenbar noch jede Menge Vorbereitungsarbeit zu leisten: Wir haben führende deutsche Hardware-Versender gefragt, wie sie die Rücknahmepflicht konkret umsetzen wollen. Darauf antworten wollte oder konnte keiner der befragten Onlineshops. [email protected] S Foto: iStockphoto/BluIz60 VON ANDREAS VOGELSANG PPPPPPPPPPPP PPPPPPPPPPPP PPPPPPPPPPPP PPPPPPPPPPPP Mit dem „Gesetz zur Neuordnung des Rechts über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten“ setzt die Bundesregierung eine EU-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Gesetz ist seit 24. Oktober 2015 in Kraft, bis zum 24. Juli 2016 gilt noch eine Übergangsfrist. > Wo können Verbraucher vor dem 24. Juli Elektroschrott loswerden? Die Entsorgung im Hausmüll ist und bleibt verboten. Die kommunalen Wertstoffhöfe sowie viele Elektro- und Baumärkte nehmen Altgeräte in haushaltsüblichen Mengen kostenlos zu- 18 > rück. Bei fast allen Mobilfunkanbietern kann man alte Handys abgeben. > Welche zusätzlichen Optionen haben Verbraucher ab dem 24. Juli? Kleingeräte mit einer Kantenlänge von maximal 25 Zentimetern können die Kunden bei allen Händlern ab 400 Quadratmetern Verkaufsfläche (beziehungsweise Regalfläche bei Onlineshops) abgeben – auch wenn sie das Gerät nicht dort gekauft haben. > Was ist mit Großgeräten? Größere Elektrogeräte muss der Händler nur zurücknehmen, wenn der Kunde ein gleichwertiges Neugerät kauft. Sonst ist der Wertstoffhof zuständig. Wer wie viel E-Schrott produziert Mit 1,8 Millionen Tonnen insgesamt und 21,6 Kilogramm pro Kopf liegt Deutschland bei den E-Schrott-Produzenten ganz vorn. kg/Einwohner 22,1 7 4,4 17,3 21,6 23,5 22,1 7,0 8,7 Elektroschrott in Mill. t 7,1 6,0 6 5 4 3 2,2 2 1 0 US CN JP 1,8 DE 1,5 1,4 1,4 1,2 GB FR BR RU QUELLE: UNITED NATIONS UNIVERSITY, STATISTA.COM E-Schrott – was Sie jetzt wissen müssen 04 > 2016 > CHIP
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