Laudatio von Ministerin Schulze auf Ehrenpreisträger Prof. Dr

Laudatio
Svenja Schulze
Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen
Verleihung des
Innovationspreises des Landes Nordrhein-Westfalen
in der Kategorie Ehrenpreis an
Herrn Prof. Dr. Robert Schlögl
Direktor MPI für chemische Energiekonversion
29. Februar 2016, Düsseldorf
Es gilt das gesprochene Wort.
Verfügbare Redezeit: 10 Minuten
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Sehr geehrte Damen und Herren,
es freut mich sehr, Sie heute mit dem Ehrenpreis auszeichnen zu dürfen, sehr geehrter
Herr Prof. Schlögl. Für ein beeindruckendes Engagement, dass Sie bei Ihrer Arbeit an den
Tag legen. Für den interdisziplinären Ansatz, den Sie dabei verfolgen. Und für den
zukunftsweisenden thematischen Schwerpunkt Ihrer Arbeit.
Man kann über Sie Sätze lesen wie diesen: "Schlögls Forschung konzentriert sich vor
allem auf die In-Situ-Untersuchung heterogener Katalysatoren mit dem Ziel, kinetisch
anspruchsvolle Reaktionen unter Nutzung von für technische Anwendungen typischen
Stoffen zu verstehen, gleichzeitig für die Energiespeicherung wichtige nanochemischoptimierte Stoffe zu finden und zu definieren." So beschreibt die „Agentur Zukunft“ ihre
Arbeit. Vermutlich haben bei dem Wort "In-Situ-Untersuchung" schon einige hier im Saal
abgeschaltet.
Ich würde es so formulieren: Herr Prof. Schlögl ist ein wichtiger Antreiber der
Energiewende in Deutschland! Er kümmert sich um die Frage: Was tun, wenn der Wind
mal nicht weht, wir aber inzwischen einen großen Teil unserer Energie mit seiner Hilfe
produzieren. Wo speichern wir die Energie und mit Hilfe welcher Stoffe kann das
gelingen?
Sehr geehrte Damen und Herren,
Kraftwerk, Leitungsnetz, Verbraucher – ein Energiesystem mit diesem einfachen Dreiklang
war lange Zeit Motor unserer Wirtschaft, Garant für behagliches Wohnen und attraktiver
Arbeitgeber für viele Menschen. Langfristig wird das Geschichte sein. Zumindest dann,
wenn uns die Energiewende gelingt. Wie wichtig es ist, dass sie gelingt, hat uns die
jüngste UN-Klimakonferenz in Paris noch einmal deutlich gezeigt. Wenn wir unsere
Verantwortung für nachfolgende Generationen ernst nehmen, wenn wir unseren Kindern
und Enkeln einen lebenswerten Planeten hinterlassen wollen, dann müssen wir handeln.
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Ich habe aber den Eindruck, dass der dazu notwendige Bewusstseinswandel weiter um
sich greift.
Die Energiewende ist eine gigantische Herausforderung für unsere moderne
Industriegesellschaft. Die damit verbundenen Fragen sind extrem komplex. Wir wollen
eine nachhaltigere Energieproduktion. Wir wollen keine Kernenergie. Wir wollen weniger
Treibhausgase und wir wollen eine gleichbleibend hohe Versorgungssicherheit. Gleichzeit
soll Energie bezahlbar bleiben. Das grenzt an die Quadratur des Kreises. Ohne innovative
Beiträge aus der Wissenschaft wird dieses ehrgeizige Generationenprojekt nicht gelingen.
Das macht Ihre Arbeit umso wertvoller, sehr geehrter Herr Prof. Schlögl. Auch Sie
betrachten Ihre eigene Arbeit als Generationenprojekt. Sie hinterfragen Ihre Ansätze
immer wieder aufs Neue und passen Ihre Arbeit an ein sich ständig wandelndes
Energiesystem an. Dabei stellen Sie für die Wissenschaft aber nicht den Anspruch, alleine
den einen richtigen Weg vorgeben zu können. Sie bieten Grundlagen und Erkenntnisse,
die Orientierung geben.
Für besonders wichtig halte ich den interdisziplinären Weg, den Sie dabei gehen. Alle für
eine Fragestellung relevanten Fachbereiche frühzeitig einzubinden, erhöht den
Forschungsaufwand enorm. Es erhöht aber ebenso das Potenzial der Ergebnisse. Wenn
mehr Disziplinen eingebunden werden, dann gibt es mehr und andere Ideen und
Innovationen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
angesichts der Komplexität aktueller Herausforderungen können wir es uns nicht leisten,
die Welt nur aus der Perspektive einer Disziplin zu betrachten. Auch in der Wissenschaft
brauchen wir einen ganzheitlichen Blick auf die Dinge. Und dafür brauchen wir
Wissenschaftler wie Sie, sehr geehrter Herr Prof. Schlögl. Sie haben sich selbst als
Dirigenten eines Orchesters bezeichnet, in dem Sie sich von den hinteren Reihen zur
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ersten Geige vorgearbeitet haben. Dabei haben Sie die verschiedenen Instrumente
kennengelernt und wissen ganz genau, wann sie zum Einsatz kommen müssen. Ein
Orchester braucht Geigen und Cellos, Flöten und Klarinetten, Trompeten und Posaunen,
um Zuhörer zu finden und Erfolg zu haben.
In der Wissenschaft ist es ähnlich. Diesen Ansatz leben Sie, sehr geehrter Herr Prof.
Schlögl und so führen Sie auch mit Erfolg "ihr" Orchester. Sie und das Max-Planck-Institut
in Mülheim an der Ruhr werden als Ansprechpartner für chemische Energiekonversion
international beachtet und geschätzt. Für den Forschungsstandort Nordrhein-Westfalen ist
das eine große Bereicherung.
Der Nobelpreisträger Prof. Gerhard Ertl, bei dem Sie habilitiert haben, hat über Sie gesagt:
"Schlögl ist wie eine Kerze, die nicht nur an zwei Enden brennt, sondern an zwei ganz
verschiedenen Enden: einerseits als Wissenschaftler, andererseits als Organisator von
Forschungsprozessen."
Sehr geehrte Damen und Herren,
genau solche Wissenschaftler brauchen wir, wenn wir die großen Herausforderungen
unserer Zeit meistern wollen.
Sehr geehrter Herr Prof. Schlögl,
Sie gelten als "Wissenschaftler von Herzen" und als politischer Mensch. Sie bringen sich
ein in die öffentlichen Debatten über Themen, die Ihren Forschungsbereich berühren. Sie
treiben diese Debatten an und gestalten Sie mit. Aus dem ursprünglichen Berufswunsch
Förster ist eine beachtliche Karriere als Forscher geworden. Inzwischen haben Sie rund
1.000 Publikationen verfasst und halten mehr als 20 Patente. Da ist es fast unvorstellbar,
was ich über Ihre Studienwahl gelesen habe: Sie sollen gewürfelt haben, um sich
zwischen Biologie und Chemie zu entscheiden.
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Sie betrachten Ihr Lebenswerk als Beitrag zu einer weltweiten Entwicklung. Dem kann ich
nur zustimmen. Und ich möchte ergänzen, dass es kein kleiner Beitrag ist, den Sie bisher
geleistet haben und immer noch leisten. Ihre wissenschaftliche Laufbahn hat Sie von
München über Cambridge, Basel, Berlin und Frankfurt am Main nach Nordrhein-Westfalen
geführt. Die Liste Ihrer Ämter, Auszeichnungen, Honorarprofessuren und Mitgliedschaften
in hochrelevanten Gesellschaften aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Stattdessen
möchte ich Ihnen an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich danken! Für Ihr
unermüdliches Engagement im Dienste der Wissenschaft und für Ihren außerordentlichen
Einsatz für einen starken Wissenschaftsstandort NRW. Herzlichen Glückwunsch zum
Ehrenpreis!
Vielen Dank!