Universität Leipzig Prof. Dr. Katharina Beckemper Sommersemester 2016 Hausarbeit im Strafrecht für Fortgeschrittene „Das Ende des schönen Bob“ Das Gesicht des Dorfschönlings von Machern, Bob (B), ist vor einigen Monaten bei einer verabredeten Schlägerei im Brandiser Polenzwald von René (R) so stark verletzt worden, dass es fortan von einer wulstigen und äußerst unschönen Narbe „geziert“ wurde. Verantwortlich für diese Narbe war René (R), der allerdings aufgrund von Beweisschwierigkeiten bislang wegen der Attacke im Polenzwald nicht belangt wurde. B selbst hatte sich inzwischen an R gerächt, indem er ihn auf einem Dorffest vor einigen Wochen ebenfalls schwer im Gesicht verletzt hatte. Außerdem hatte B den Tod der Gemeinderätin Yvonne (Y) herbeigeführt. Wegen dieser Sache drohte ihm nun eventuell Strafverfolgung und eine lange Haftstrafe. Er befürchtete, dass sich nun all seine Freunde und Familie von ihm abwenden und die Dorfgemeinschaft ihn ächten würden. B verließ deshalb allmählich der Lebensmut. B erzählte seinem Freund Justin (J) von seinem Wunsch zu sterben. Er betonte dabei, dass er – obwohl er sich den Tod sehr herbeisehnte – aus Angst vor dem Sterben Hemmungen habe, sich selbst zu töten. Am liebsten wäre es ihm, wenn er – der J – ihn eines Tages hinterrücks erschießen würde. Zwar hatte J anfangs Zweifel, konnte aber das Dilemma des B nachvollziehen und beschloss, seinem Wunsch nachzukommen. Eine Waffe wollte er sich hierfür hingegen nicht beschaffen. Es gab zwar einen schönen Waffenladen in Machern, dessen Inhaber Viktor (V) achtete aber seit einem Vorfall vor einigen Jahren sehr genau darauf, an wen er Waffen verkaufte. J entschied sich daher, B in einem von diesem unbemerkten Augenblick Gift in ein Getränk zu mischen. Genug Gelegenheit gäbe es bei gemeinsamen Fußballabenden oder Vereinsfeiern, weil beide dem Fanclub „Ultras Machern“ angehörten. Da er jedoch nicht unerkannt an Gift gelangen konnte, wandte er sich an R, dessen Tante Silke (S) in einer Apotheke arbeitete. J bat R darum, Gift zu besorgen, wozu R gern bereit war, weil er mit B seit dem Vorfall im Polenzwald ohnehin verfeindet war. Zwar war es ihm sehr unrecht, B einen Gefallen zu tun, sein Hass und seine Rachsucht bewogen ihn dann aber schließlich zu der Zusage, J bei der Tötung behilflich zu sein. Bei einem seiner regelmäßigen Besuche seiner Tante S in der Apotheke steckte R von S unbemerkt mehrere Packungen hochdosierter Diazepame in seine Jackentasche, die sich in einer verschlossenen Glasvitrine befanden, an der jedoch der Schlüssel gesteckt hatte. Dies bemerkte S aufgrund eines Kundengespräches nicht. Mit dem Gift in der Tasche fuhr er zum Vereinshaus, wo schon fröhlich gezecht wurde. Obwohl R selbst dem Fanclub des verfeindeten Fußballvereins FSV Brandis angehörte, war er aufgrund der langgedienten Kinderfreundschaft mit J auf den Vereinsfeiern der Ultras geduldet. Bald fand R den J, der bereits für alle Wodka Tonic mixte. R zeigte ihm die mitgebrachten Arzneien. Beide Männer zerkleinerten gemeinsam einige der Tabletten und mischten sie in einen Wodka Tonic, den J bei der nächsten Getränkerunde B in die Hand gab. B leerte das Getränk und wurde alsbald ohnmächtig. Ein von Vereinsfreunden herbeigerufener Krankenwagen brachte B in ein Krankenhaus, in dem er intensivmedizinisch betreut wurde. Er war durch die Tabletten in ein Koma gefallen und musste künstlich ernährt und beatmet werden. Ein Arzt stellte außerdem fest, dass B durch die Tabletteneinnahme irreparable Hirnschäden erlitten hatte. Bs Mutter (M) ist eine strikte Gegnerin von lebensverlängernden Maßnahmen. Sie war der Meinung, dass diese körperliche Qualen nur unnötig ausweiteten, weshalb sie für sich selbst auch eine Patientenverfügung verfasst hatte. Für B hatte M eine ebensolche Verfügung vorformuliert, die bestätigte, dass auch er – B – im Krankheitsfall keine künstliche Beatmung oder Ernährung wünschte. Oft hatte M auf B eingeredet und ihn gebeten, die Verfügung doch zu unterschreiben, was B jedoch ablehnte, weil er nie gegen lebensverlängernde Maßnahmen war. Er war sogar ausdrücklich dafür. Als M ihren Sohn leblos im Krankenhaus an zahlreiche Schläuche und Apparaturen gefesselt liegen sah, überkam sie großes Mitleid. Sie war der Überzeugung, dass B trotz der geschädigten Hirnfunktionen Höllenqualen erlitt. Sie fälschte daher seine Unterschrift auf der für ihn vorbereiteten Patientenverfügung und legte sie dem behandelnden Doktor (D) vor. Dieser veranlasste sofort die Beendigung der lebensverlängernden Maßnahmen, woraufhin B verstarb. Wie haben sich die Beteiligten nach dem StGB strafbar gemacht? Die Strafbarkeit wegen der Geschehnisse im Polenzwald und der Tötung der Y war bereits Gegenstand anderer Prüfungsarbeiten und ist daher nicht zu prüfen. Auch die Strafbarkeit des Viktor ist nicht zu erörtern. Bearbeiterhinweise: Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt. Das Gutachten soll im Rahmen einer auf das Wesentliche konzentrierten Lösung einen Umfang von 25 Seiten (12 pt, 1,5 zeilig, 1/3 Rand) nicht überschreiten. Diazepame sind psychopharmazeutische Medikamente zur Behandlung von Angstzuständen oder Schlafstörungen. Abgabe: Spätestens bis zum 07.04.2016, im Sekretariat des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht, Zi. 4.17, Burgstrasse 27, 04109 Leipzig. Bei Abgabe per Post ist das Datum des Poststempels maßgeblich.
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