Werben & Verkaufen /// www.wuv.de Nr. 9 /// 29. Februar 2016 /// 8,30 € Mehr Licht ! Omnicom-Chef Florian Adamski bringt Offenheit in die Media-Debatte Mit offenem Visier Foto: W&V/Thomas Dashuber Leicht war das sicher nicht: nach der hitzigen Media-Debatte der vergangenen Monate sich zu trauen, mit einem W&VInterview an die Öffentlichkeit zu gehen. Nach all den Vorwürfen zu mangelnder Transparenz, zu merkwürdigen Geschäftspraktiken, zu schwer durchschaubaren Trading-Deals. Doch Florian Adamski beweist Mut. Als Chef von OmnicomMedia, der zweitgrößten Mediaagenturgruppe Deutschlands, ist er der erste hochkarätige Mediamanager, der den Mumm hat, Klartext zu reden. Der zu allen Punkten Stellung bezieht. Ohne sich zu verstecken. Ohne all den schwierigen Themen auszuweichen. Und das ist gut so. Es ist höchste Zeit, dass die Media-Debatte auch aus Sicht der großen Agenturen geführt wird. Denn Adamskis Antworten relativieren manch einen Vorwurf. Aber entkräften sie diese auch? Sind Skonti tatsächlich eine Erlösquelle? „Aber da läuft nichts hintenrum“, sagt er und begründet es ausgiebig. Und das Geschäft mit Trading? Es liege im einstelligen Prozentbereich. Nun ja. Auch über Rückvergütungen, Programmatic Buying und Ad-Fraud spricht er mit offenem Visier. Was aber hält er vom Newcomer Blackwood Seven, der fett Transparenz auf seine Fahnen schreibt? Adamski hegt große Sympathien für Marktteilnehmer, die Organisationen zwingen, sich selbst zu hinterfragen (S. 16). 3 Dinge … die Sie in diesem Heft überraschen werden Die Digitalagentur Syzygy ist nach einer seltenen Konstellation von Himmelskörpern benannt. Das wusste der neue Agenturchef Lars Lehne noch nicht Seite 48 Er war 1986 live dabei, nach dem WM-Spiel, als Maradona sein irreguläres Tor mit der „Hand Gottes“ verteidigte: Guy Hayward, Global-CEO Kirshenbaum Seite 33 Die wahre Leidenschaft von Zeitungsvermarkter Heiko Genzlinger ist Tourenwagenrennen selber fahren Seite 47 Jochen Kalka, Chefredakteur [email protected] W&V 9-2016 | 3 M E D IA- D E BAT T E „Bei uns läuft nichts hintenrum“ 16 | W&V 9-2016 Der neue Omnicom-Media-Chef Florian Adamski erklärt im W&V-Gespräch, warum sich die Branche radikal verändern muss. Und was ihn an der Transparenzdebatte nervt I NTERVI EW: T homa s Nöt t i ng, Joc he n Ka l ka F OTO S : Fr i t z B e c k fü r W&V F lorian Adamski ist anders als andere Mediaagentur-Geschäftsführer. Sein unkonventioneller Stil ist ihm von Weitem anzusehen. Zum Interviewtermin bei W&V erscheint er in kariertem Hemd und modischem blauem Stricksakko. Auch im Geschäft gibt er sich selbstbewusst und progressiv. Der Mann, der mit gerade einmal 38 Jahren an der Spitze von Deutschlands zweitgrößter Mediaagenturgruppe steht, kündigt „radikale Veränderungen“ an. Im eigenen Haus, wo er soeben das „umfassendste Reorganisationsprojekt der Unternehmensgeschichte“ angestoßen hat. Und auch grundsätzlich: Mediaagenturen müssen sich mehr zu Dienstleistern und Beratern entwickeln, lautet sein Credo. Und auch zur Transparenzdebatte äußert sich der neue Omnicom-Media-Chef so klar wie bislang kein Agenturboss vor ihm. Herr Adamski, mit Verlaub: Sie sind der Mediaagentur-Geschäftsführer, der sich am coolsten kleidet. Was wollen Sie damit sagen? Sind Sie eine neue Generation? Meine Frau ist Modeberaterin und achtet schon darauf, wie ich aus dem Haus gehe. Aber das ist kein betont lässiger Auftritt. Ich gehöre vom Jahrgang sicher einer neuen Generation an – auch was die Einstellungen angeht. Wir arbeiten ja in einer Branche, die sich radikal verändert. Und da gibt es übrigens Manager, die weitaus wichtiger sind als ich und die noch viel lässiger rumlaufen. Sie bauen derzeit die Omnicom-MediaGruppe um. Etwa 150 Mitarbeiter wechseln aus der Einkaufsabteilung der Holding zu den Tochteragenturen OMD und PHD. Bauen Sie einen Wasserkopf ab? Ganz sicher nicht. Es geht einfach darum, unsere Ressourcen näher an die Kunden zu bringen. In den letzten Jahren hat sich unse18 | W&V 9-2016 re Mitarbeiterzahl mehr als verdoppelt. Dieses Wachstum hat vor allem in der für den Kunden eher anonymen Holding stattgefunden. Die Folge war ein Ungleichgewicht zu den Kollegen, die bei OMD und PHD an der Kundenfront arbeiten. Das drehen wir nun um. Was heißt das konkret für Ihre Kunden? Bislang haben Mitarbeiter relativ weit weg von den Kunden gearbeitet. Jetzt werden sie Teil der Kundenteams im Arbeitsalltag der Kundenberater. Hinzu kommt: Wir reduzieren Komplexität. Wir hatten in der Vergangenheit 15 verschiedene Agenturmarken, die mit unseren Kunden kommuniziert haben. Das haben wir radikal gestrafft. Es gibt nur noch drei große Kompetenzbereiche innerhalb der Holding: Analytics, Investment und Content. Diese sind eng verzahnt mit unseren starken Agenturmarken OMD und PHD. Einige der größten Omnicom-Kunden Ca.-Bruttowerbeausgaben 2015 in Mio. Euro Rewe Group Oetker Gruppe McDonald’s Apple 1&1 Internet Bayer Healthcare MCM Klosterfrau Sony Google 310 251 218 143 130 105 53 42 37 Omnicom Media Group Germany 2015 gesamt: ca. 2,8 Mrd. € Auswahl. Quelle: Nielsen und Recma 2015 Sie haben unlängst 1&1 gewonnen. Der bislang größte Coup Ihrer Amtszeit? Es ist zumindest unser größter Etatgewinn seit etwa zehn Jahren. Wir haben vor zwei Jahren den Etat von Vodafone verloren. Der Gewinn von 1&1 kompensiert diesen Verlust. Die Recma bescheinigt Ihren Agenturen allerdings zuletzt mäßige Neugeschäftswerte. OMD steht bei B, PHD bei B+. Haben Sie ein Neugeschäftsproblem? Im Gegenteil. 2015 werden wir aber erstmals nach langer Zeit wieder deutlich wachsen. Wir haben mit Bayer, Verivox, SAP und HUK Coburg große Kunden gewonnen. Im aktuellen Jahr kommen 1&1 oder Bacardi hinzu. Man muss die von Ihnen genannten Werte schon zeitlich richtig einordnen. Sie beziehen sich auf die Zeit bis 2014. Da hatten wir tatsächlich eine Phase, in der das Neugeschäft nicht so lief wie in den Jahren davor. Ist Ihr Umstrukturierungsprogramm eigentlich auch eine Antwort auf die Transparenzdebatte? Nein. Wir machen das, weil wir es für richtig halten. Wir müssen uns verändern, weil der Markt komplizierter geworden ist und Kunden immer mehr Fragen an uns haben. Die einfachen Antworten von einst gibt es heute nicht mehr. Deshalb entwickeln wir uns immer mehr zu einem Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen. Ich bin davon überzeugt: In wenigen Jahren wird der bisherige Maßstab Billings nicht mehr der Maßstab für unseren Erfolg sein. Was wird es dann sein? Ganz einfach: unser konkreter, nachweisbarer Beitrag zum Geschäftserfolg unserer Kunden. Wir werden ähnlich bewertet werden wie Beratungsunternehmen, etwa Roland Berger oder Accenture. Wir investieren und expan- dieren immer mehr in Bereiche, die mit Billings nichts mehr zu tun haben. Unsere Agentur Trakken etwa. Das ist ein Beratungs- und Implementierungsunternehmen. Können Sie denn nachvollziehen, dass sich Werbekunden mehr Transparenz von ihren Mediaagenturen wünschen? Selbstverständlich. Mediaagenturen handeln schätzungsweise mit 10 Mrd. Euro von den rund 15 Mrd. Euro, die netto hierzulande in Werbung investiert werden. Dass Kunden genau wissen wollen, was mit diesem Geld passiert und welche Erlösoptionen sich daraus für ihre Agentur ergeben, ist absolut nachvollziehbar. Wäre ich auf Kundenseite, würde ich dieselben Fragen stellen. Trotzdem kommt das Wort Transparenz in Ihrem Umgestaltungsprogramm an keiner Stelle vor. Warum nutzen Sie die Gelegenheit nicht, um sich auf diesem Florian Adamski Der gebürtige Düsseldorfer ist ein Eigengewächs des Omnicom-Networks. Der heute 38-Jährige arbeitet seit mehr als 19 Jahren für die Agenturgruppe, wo er seine Karriere als Volontär startete. 2008 wurde er mit gerade einmal 30 Jahren jüngster Agenturgeschäftsführer des Unternehmens bei der Düsseldorfer Tochter MediaTeam OMD. Neben seiner Tätigkeit bei Omnicom gründete er auch eigene Unternehmen, etwa 2000 ein Startup für personalisierte Content- und News-Aggregation. Nach dem Rückzug von Omnicom-Media-Chef Manfred Kluge stieg Adamski im April 2015 zum CEO der gesamten Agenturgruppe auf. Feld zu positionieren? Ich will dieser Debatte ja gar nicht ausweichen. Sie ist wichtig und richtig. Ich gehöre auch nicht zu denjenigen, die meinen, das Thema sei erledigt. Mich ärgert es aber, wenn in der Presse darüber pauschalisierend und undifferenziert berichtet wird. Dabei wird übersehen, was Agenturen in den letzten Jahren an Transparenz geschaffen haben. Bei uns gibt es ein 15-köpfiges Media-Controlling-Team. Diese Kollegen können jedem Kunden jederzeit alle Fragen beantworten. Ich kann letztlich nur für unsere Gruppe sprechen. Dort arbeite ich seit 19 Jahren, und ich gebe Ihnen mein Ehrenwort: In all diesen Jahren hat kein Kunde mir gegenüber je bezweifelt, dass wir uns stets vertragskonform, gesetzeskonform und auch kommerziell und moralisch richtig verhalten haben. Gerichtstermine zu solchen Themen standen weder bei meinen Vorgängern noch bei mir im Kalender. W&V 9-2016 | 19 20 | W&V 9-2016 Umbau bei Omnicom Die Omnicom Media Group ist mit jährlich 2,9 Mrd. Euro Billings die zweitgrößte deutsche Mediaagenturgruppe. Derzeit baut sie um. Ziel: Mehr Mitarbeiter sollen im direkten Kundengeschäft arbeiten. 150 Planer wechseln von der Holding zu den Tochteragenturen OMD und PHD. Die Aktivitäten werden in drei Geschäftsbereiche unterteilt, Agenturmarken wie Annalect treten dafür in den Hintergrund. Digitalchef Sascha Jansen und Einkaufschef Frank Ziegler steigen in die Geschäftsführung auf. Dann lassen Sie uns doch etwas Transparenz schaffen. Wie handhaben Sie das Thema Rückvergütungen? 97 Prozent unserer Rückvergütungen fließen an Kunden zurück. Genau so, wie unsere Verträge es vorsehen. Die anderen drei Prozent haben eine Klausel in ihren Verträgen, wo diese Frage klipp und klar geregelt ist. Omnicom Media Group Germany CEO Florian Adamski · CFO Richard Small · COO Peter Kuhlmann · CIO Frank Ziegler · CDO Sascha Jansen Wie hoch ist bei Ihnen das Verhältnis zwischen Honoraren und sonstigen Einnahmen, also Erlösen, die aus Geschäften mit Medien kommen? Über 60 Prozent unserer Erträge kommen aus Commissions und Fees. Das sind Honorare und Dienstleistungsvergütungen unserer Kunden für Forschung, Content, Branded Experiences. Der Rest kommt aus anderen Quellen. Aus Trading? Auch aus Trading. Diese Diskussion wird aber überproportional geführt. Bei uns handelt es sich um einen einstelligen Prozentsatz der Werbezeiten, die wir von TV-Sendern kaufen. Das ist eine Restzeitenvermarktung. Ja, wir kaufen diese Volumina ohne direkten Auftrag und hoch rabattiert ein. Wir versuchen, in Teilen damit eine Marge zu erzielen. Wir nutzen diese auch, um Garantien für bestimmte Konditionen in einzelnen Mediengattungen zu erfüllen, wie es inzwischen bei einer Vielzahl von Kunden der Fall ist. Um es klar zu sagen: Wir investieren in einigen Fällen selbst signifikant, um einen Kunden überhaupt betreuen zu dürfen. Und jeder einzelne Euro aus Trade-Volumina wird gegenüber den Kunden als solcher deklariert. Und wir klären über die damit verbundenen Limitationen auf, etwa Schieberecht. Kunden können dann entscheiden, ob sie das wollen oder nicht. In der Diskussion ist das Thema aktuell ja wegen des Digitalgeschäfts. AgencyTrading-Desks, über die Mediaagenturen programmatisch einkaufen, gelten als Blackboxes. Inwieweit machen Sie transparent, was Sie über Ihr TradingDesk Accuen einkaufen? Alle unsere Kunden erhalten einen vollständigen Überblick der eingesetzten Umfelder – da gibt es keine Blackboxes. Für 80 Prozent unserer Kunden weisen wir vertragsgemäß jede einzelne Einkaufsposition aus – bis auf Analytics & Development Investment & Accountability Content & Experience Kernaufgaben Data-Management Customer-Insights Web-Analytics Kernaufgaben Verhandlung (Media/Data/Tech) Accountability, Digitale Entwicklungskompetenzen Kernaufgaben Branded Entertainment, Social Communities, Live Communication Kernmarken Annalect, Trakken Kernmarken Resolution, Accuen, Areasolutions Kernmarken Fuse OMD PHD CEO Oliver Stroh · COO Thomas Hinkel · CDO Christian Zimmer CEO Holger Thalheimer OMD Düsseldorf OMD Berlin GF Akgün Karakas, Boris Cieslar, Andreas Törpel OMD Hamburg OMD München PHD Frankfurt PHD Düsseldorf GF Kate Burgarth, Norbert Andermann, Frank Knebel, Henning Wegemer GF Petra Strauss, Julia Tillack GF Holger Thalheimer, Sabine KnöpfelRuth, Katrin Grünmeier GF Holger Thalheimer, Sabine KnöpfelRuth Quelle: Omnicom den letzten Cent. Die übrigen 20 Prozent haben explizit andere KPIs. Diese Kunden interessieren sich nicht für unsere Einkaufspreise, sondern für skalierbare Ergebnisse. Zum Beispiel die Generierung von Probefahrten zu einem bestimmten Preis, wohlgemerkt bei voller Brand-Safety. In solchen Fällen sind wir damit entweder erfolgreich und machen dabei vielleicht auch eine Marge. Oder aber es funktioniert nicht. Dann zahlen wir drauf. Kommt so etwas vor? „Wir investieren selbst signifikant, um Kunden überhaupt betreuen zu dürfen“ Glauben Sie mir das: Wir haben bereits Summen in sechsstelliger Höhe abschreiben müssen. Manche Werbekunden befürchten, Programmatic Buying befördere Ad-Fraud und spüle Marken in Umfelder, in die sie nicht wollen. Dabei ist das Gegenteil richtig. Wir haben uns schon lange dem Thema Qualität im Bereich Digital verschrieben und treiben diesen Punkt mit Eigen- und Marktinitiativen konsequent voran. So können wir technologisch schon vor dem ersten Gebot Ad-Fraud weitgehend ausschließen. Wir haben erst kürzlich eine W&V 9-2016 | 21 Vollerhebung unserer Kampagnen gemacht. Ergebnis: Nur 3,1 Prozent unserer Ad-Impressions waren fraudulent. Der Gesamtmarkt liegt bei gut 9 Prozent. Das ist dann im Vergleich zwar gut, aber natürlich immer noch nicht zufriedenstellend. In solchen Fällen muss eben nachverhandelt werden. Und genau das tun wir dann. Es ist schade, dass im Zusammenhang mit Programmatic stets über diese Themen gesprochen wird. Wir sollten eigentlich über die signifikanten Effizienzsteigerungen reden, die sich für Kunden ergeben. Wir bieten unseren Kunden an, diesen Vorteil an sie weiterzureichen und bei ihnen ebenfalls das Geld per Lastschrift einzuziehen. Die meisten Kunden wollen aber nicht, dass wir auf ihr Konto zugreifen. Das ist ein Problem. Ein anderes ist, dass einige Kunden ihre Rechnungen signifikant zu spät zahlen – da müssen wir dann in Vorleistung treten. Und wenn ein Kunde Probleme bekommt, müssen wir dem Geld hinterherrennen. Wir wurden bereits sehr konkret mit den Folgen von Insolvenzen konfrontiert. Die alte Gretchenfrage aber bleibt: Können Agenturen gleichzeitig Händler und Berater sein? Anzeige Noch mal: Tradinggeschäfte machen bei uns nur einen kleinen, einstelligen Prozentsatz eines riesigen Markts aus. Sie werden im Rahmen einer sinnvollen Empfehlung im Vorfeld explizit besprochen und nicht „untergemischt“, wie oftmals kolportiert. Worin soll da ein Interessenkonflikt bestehen? Weil es eine objektive Mediaberatung negativ beeinflussen könnte, wenn Agenturen Eigeninteressen als Händler haben. Den Vorwurf, das würde massiv zunehmen, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Bei uns sind sie nicht gestiegen – ganz anders übrigens als die Rückvergütungen, die wir an Kunden weiterreichen. Bei uns machen diese Geschäfte mit Medien, etwa über die Betreuung von Etats oder Marktforschung, einen verschwindend geringen einstelligen Prozentsatz unserer Umsätze aus. Wir achten peinlichst genau darauf, wie diese Leistungen vergütet werden. Unsere Stunden- und Tagessätze dafür sind unter Marktniveau angesiedelt. Was ist mit Skonti? Auch eine Erlösquelle, bei der Mediaagenturen mit Kundengeldern wirtschaften. Es stimmt, Skonti sind für uns eine Erlösquelle. Aber da läuft nichts hintenrum. Uns ist vollkommen bewusst, dass wir diese Skonti für Kundengelder erhalten. Deswegen informieren wir unsere Kunden auch darüber. Aber man muss schon so fair sein und den Zahlungsverkehr genau anschauen. Wir erlauben zum Beispiel Vermarktern, Gelder bei uns per Lastschriftverfahren einzuziehen. Dafür gibt es Incentivierungen. 22 | W&V 9-2016 / " Ein verwandtes Thema sind Dienstleistungsvergütungen. Gelder, die von Vermarktern an Mediaagenturen für Dienstleistungen wie Marktforschung bezahlt werden. Gibt es das bei Ihnen? ,( 2( .4# Wir bieten unseren Kunden Optionen, die diese wahrnehmen können – oder eben nicht. Wir beraten objektiv, und unsere Kunden sind mündig. Und dann bleiben wir manchmal auch in Teilen auf diesen Volumina sitzen und müssen sie abschreiben, weil sie eben nicht in Anspruch genommen werden. Glauben Sie mir: Diese Konflikte haben wir in unserer Gruppe nicht. " " " " # % ' (' 0" 3 ' / $'(1', ", /(3/1 & ' 3/ / ('' " ,( 2( 4-4.!#)*.& Trotzdem: Ist es nicht ein Fehler im System, wenn Mediaagenturen zu großen Teilen nicht von ihren Kunden, sondern von den Medien bezahlt werden? Das ist ein sehr pauschaler Vorwurf, den man schlecht pauschal zurückweisen kann. Man muss sich die Mühe machen, die einzelnen Details zu beleuchten. Ich glaube, das habe ich gerade getan. Entscheidend ist, stets transparent zu verfahren. Wir legen Vereinbarungen und Optionen gegenüber unseren Kunden offen. Und die können dann Entscheidungen treffen. Zahlen Kunden denn ausreichend Honorare? Ich werde nicht behaupten, dass uns unsere Kunden pauschal schlecht bezahlen. Die meisten zahlen wesentlich angemessenere Honorare, als im Markt kolportiert wird. Natürlich verhandeln sie knallhart mit uns. Aber sie sind auch Argumenten zugänglich. Und wie ich schon sagte: Die Entwicklung geht dahin, dass Mediaagenturen mehr Geld mit Beratungsleistungen als mit Einkauf verdienen werden. Kunden wollen nicht mehr allein Millionen von Kontakten einkaufen, tiv wenige Direktkunden. Meine These zu diesem Thema ist: Vermarkter haben ein offensichtliches Interesse, diese Kunden nicht schlechter dastehen zu lassen. Aber sollte sich ihre Zahl signifikant erhöhen, wird sich das durchschnittliche Rabattniveau nicht gerade nach oben bewegen. Aber ich will das Thema nicht kleinreden. Wenn es sich durchsetzt, wird sich unsere Rolle eben noch schneller und radikaler ändern. Wie genau wird diese Rolle dann aussehen? $ " % #" %& # # " &# %& # % Ich habe kürzlich erst mit einem großen Kunden gesprochen. Er will erstmals eine Kampagne programmatisch selbst einkaufen. Jetzt stellt er fest, dass er die Ressourcen dafür nicht hat. Ich habe da gar keine Schadenfreude und habe ihm angeboten: Wir schicken einige Mitarbeiter für Tagessätze zu ihm in die Firma, und die richten das ein. Sie geben dabei Know-how an Ihre Kunden weiter. Genau. Das sagen mir einige meiner Kollegen in dem Zusammenhang auch. Und natürlich gibt es da bisweilen auch Verunsicherung. Aber meine Antwort lautet: Wir tun das, weil es unser Geschäftsmodell sein wird. Das hat mit dem ursprünglichen Modell einer Mediaagentur nicht mehr viel zu tun. Vielleicht muss man sich auch von dem Begriff Mediaagentur verabschieden. Ich sehe grundsätzlich drei mögliche Entwicklungen für Mediaagenturen. Es wird diejenigen geben, die die aktuellen Entwicklungen verschlafen. Die werden irgendwann mit ihren Networkschwestern zu größeren Einheiten zusammengelegt. Dann wird es Spezialdienstleister geben, etwa für bestimmte Branchen oder bestimmte Technologieangebote. Und dann wird es diejenigen geben, die frühzeitig schon ein umfassendes Set an Dienstleistungen angeboten haben, um dem Full-Service-Gedanken gerecht zu werden. Mein Ziel ist es, dass wir zu dieser Gruppe gehören. Mit Blackwood Seven hat gerade erst ein Newcomer einen großen Teiletat von VW gewonnen, der ebenfalls stark auf das Thema Transparenz setzt – aber auf eine technologische Lösung. Was halten Sie davon? sondern sie wollen nachweisbare und skalierbare Geschäftserfolge von uns. Und dafür sind sie auch bereit zu zahlen. Warum gibt es dann den Trend, dass Werbungtreibende ihren Mediaeinkauf in die eigenen Hände nehmen, vor allem im Digitalgeschäft? Wir arbeiten auch mit Direktkunden. Unser neuer Kunde 1&1 gehört dazu. Wenn Kunden diesen Weg gehen wollen, unterstützen wir sie dabei. Bis jetzt gibt es ja noch rela- Ich begrüße diese mutige Entscheidung von VW aus zwei Gründen: Erstens unterstreicht sie unseren eigenen Weg, uns für ein stark daten- und KPI-getriebenes Geschäftsmodell zu engagieren. Die hiermit verbundenen Investitionen in Technologie und Kompetenz sind schließlich enorm. Zweitens hege ich grundsätzlich große Sympathien für neue Marktteilnehmer, da sie Organisationen zwingen, sich selbst zu hinterfragen. Auch wenn es vielleicht die populistischere Schlagzeile wäre, aber die Omnicom Media Group ist diesbezüglich weder neidisch noch arrogant, sondern vielmehr aufmerksam und agil. ag e n t u re n@ w u v.d e W&V 9-2016 | 23
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