Curriculum Projekt GiB (2016-01-19)

»Der Sportverein für Alle –
Sport- und Bewegungsangebote
für Menschen mit und ohne
Beeinträchtigung«
Curriculum für eine Fortbildung zum Thema
Inklusion im organisierten Freizeitsport
(Stand 19. Januar 2016)
Impressum
„Der Sportverein für Alle –
Sport- und Bewegungsangebote
für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung“
Curriculum für eine Fortbildung zum Thema Inklusion im organisierten Freizeitsport
Inklusions-Projekt „GiB – Gemeinsam in Bewegung“
Ambulante Hilfen im Alltag – aha e.V.
Kölnische Straße 99
34119 Kassel
www.GiB-RegionKassel.de
Projektlaufzeit: Dezember 2014 bis November 2017
Mitwirkende in der AG Curriculum
Barbara Bruce-Micah, Axel Dietrich, Dolben Elsner v.d. Malsburg, Marco Ferchland, Uwe
Frevert, Barbara Pögl, Birgit Schopmans, Bianca Wagner, Philine Zölls
Schlussredaktion: Marco Ferchland
Kassel, Dezember 2015
Inhalt
3
Inhalt
1. Hintergrund ......................................................................................................................5
1.1 Das Inklusions-Projekt „GiB – Gemeinsam in Bewegung“ ...............................................5
1.2 Die AG Curriculum...........................................................................................................6
2. Konzept des Curriculums................................................................................................6
2.1 Zielgruppe .....................................................................................................................10
2.2 Lernziele der Fortbildung ...............................................................................................10
3. Basis-Module .................................................................................................................12
3.1 „Inklusion“ ......................................................................................................................12
3.1.1 Zusammenfassung ...................................................................................................................... 12
3.1.2 Ziele ............................................................................................................................................. 12
3.1.3 Inhalt ........................................................................................................................................... 12
3.1.4 Didaktik und Methodik ............................................................................................................... 21
3.1.5 Quellen, Infos, weitere Materialien ............................................................................................ 21
3.2 „Beeinträchtigung und Behinderung“ .............................................................................23
3.2.1 Zusammenfassung ...................................................................................................................... 23
3.2.2 Ziele ............................................................................................................................................. 23
3.2.3 Inhalt ........................................................................................................................................... 23
3.2.4 Didaktik und Methodik ............................................................................................................... 28
3.2.5 Quellen, Infos, weitere Materialien ............................................................................................ 29
3.3 „Barrierefreiheit“ ............................................................................................................31
3.3.1 Zusammenfassung ...................................................................................................................... 31
3.3.2 Ziele ............................................................................................................................................. 31
3.3.3 Inhalt ........................................................................................................................................... 31
3.3.4 Didaktik und Methodik ............................................................................................................... 41
3.3.5 Quellen, Infos, weitere Materialien ............................................................................................ 42
3.4 Sportpraxis inklusiv........................................................................................................44
3.4.1 Zusammenfassung ...................................................................................................................... 44
3.4.2 Ziele ............................................................................................................................................. 44
3.4.3 Inhalt ........................................................................................................................................... 44
3.4.4 Didaktik und Methodik ............................................................................................................... 45
3.4.5 Quellen, Infos, Materialien ......................................................................................................... 45
4. Themen-Module .............................................................................................................46
Inhalt
4
4.1 „Didaktik und Methodik für heterogene Gruppen“ ..........................................................46
4.1.1 Zusammenfassung ...................................................................................................................... 46
4.1.2 Ziele ............................................................................................................................................. 46
4.1.3 Inhalt ........................................................................................................................................... 47
4.1.4 Didaktik und Methodik ............................................................................................................... 65
4.1.5 Quellen, Infos, Materialien ......................................................................................................... 68
4.2 „Der inklusive Sportverein“ ............................................................................................70
4.2.1 Zusammenfassung ...................................................................................................................... 70
4.2.2 Ziele ............................................................................................................................................. 70
4.2.3 Inhalt ........................................................................................................................................... 70
4.2.4 Didaktik und Methodik ............................................................................................................... 74
4.2.5 Quellen, Infos, Materialien ......................................................................................................... 74
5. Anhang ...........................................................................................................................76
Parcours im Dunkeln mit Schlaf- und Sehbehinderten-Simulationsbrillen .............................76
Leitfaden für Streifzug „Barrierefreiheit“ ................................................................................78
Planung einer Praxisstunde für heterogene Gruppen ...........................................................82
Hintergrund
5
1. Hintergrund
1.1 Das Inklusions-Projekt „GiB – Gemeinsam in Bewegung“
Menschen mit Beeinträchtigungen1 nehmen an Angeboten im Sportverein „nebenan“ nur
selten teil. Ihre gleichberechtigte Teilhabe an wohnortnahen sowie neigungs- und fähigkeitsorientierten Sport- und Bewegungsangeboten ist aufgrund vielfältiger Barrieren oft erschwert.
Eingeschränkte Wahlmöglichkeiten, ungenügende Unterstützung, bauliche Hindernisse vor
und in den Sportstätten, fehlende Erfahrungen sowie unzureichendes Fachwissen im Sportverein stehen einem gemeinsamen Aktiv-Sein im Weg. Vor allem Barrieren „in den Köpfen“,
Vorurteile und ablehnende Einstellungen gegenüber beeinträchtigten Menschen, scheinen
oft unüberwindbar zu sein.
Zusammen mit fab e.V., dem Paritätischen Landesverband Hessen, dem Landessportbund
Hessen, der Sportjugend Hessen, dem Fachgebiet Behinderung und Inklusion der Universität Kassel, der Wassersport Vereinigung Cassel e.V. sowie weiteren Kooperationspartnern
vor Ort hat aha e.V. das dreijährige Projekt „GiB – Gemeinsam in Bewegung“ ins Leben gerufen. Gefördert von der Aktion Mensch und unterstützt von der Finanzgruppe HessenThüringen ist es erklärtes Ziel dieses Netzwerks, die Teilhabemöglichkeiten von Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen mit Beeinträchtigung in Sportvereinen der Region Kassel zu
verbessern. Jeder Mensch sollte nach seinen individuellen Wünschen und Voraussetzungen
ein Bewegungs-, Spiel oder Sportangebot in seinem Umfeld wählen und an diesem – selbstbestimmt und gleichberechtigt – teilnehmen können.2
Angesichts der vielfältigen Aspekte und Themenbereiche von Inklusion im Freizeitsport widmet sich „GiB“ verschiedenen Handlungsfeldern:
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Baustein „Fortbildungsangebote“: Entwicklung eines Curriculums zum Thema Inklusion im organisierten Freizeit- und Breitensport, Durchführung von darauf aufbauenden Fortbildungsveranstaltungen für Übungsleiter_innen, Trainer_innen und weiteren Mitarbeiter_innen in Sportvereinen;
Baustein „Sportangebote“: Entwicklung und Durchführung von modellhaften Sportangeboten in Kooperation mit Sportvereinen aus der Stadt und dem Landkreis Kassel, fortlaufende fachliche Beratung und Unterstützung der beteiligten Übungslei-
1
In Folgenden wird sowohl der Begriff Beeinträchtigung als auch der Begriff Behinderung verwendet: Eingeschränkte Teilhabe resultiert aus der Wechselwirkung von individuellen Beeinträchtigungen und umweltbezogenen Kontextfaktoren. Behinderung ist nicht gleichzusetzen mit einer körperlichen Schädigung oder
Beeinträchtigung, sondern ist das Ergebnis von ausgrenzenden Bedingungen (einstellungs- und umweltbedingten Barrieren), welche Teilhabe behindern. Der/die „Behinderte“ ist nicht in erster Linie seine/ihre Behinderung, sondern ein Mensch, der in bestimmten Aspekten beeinträchtigt ist und infolgedessen von seiner Umwelt in verschiedener Hinsicht behindert wird.
2
Dabei geht es allerdings nicht darum, dass alle gemeinsam Sport treiben müssen, sondern dass die individuellen Bedürfnisse berücksichtigt werden: Es sollte für jede_n möglich sein, zwischen verschiedenen
Sportvereinen und -angeboten zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung zu äußern. Das kann
sich auf das Sporttreiben in einer bestimmten „homogenen Gruppe“ (z.B. nur Frauen- oder Männersportgruppe, Sportgruppe für Menschen mit Beeinträchtigung, türkischer Sportverein) beziehen oder auch bedeuten, dass sich jemand gegen ein Sportangebot entscheidet.
Konzept des Curriculums
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ter_innen und Vereinsmitarbeiter_innen, bedarfsgerechte Unterstützung und Assistenz für die Teilnehmer_innen an den Sportangeboten;
Baustein „Netzwerkbildung, Information und Öffentlichkeitsarbeit“: Auf- und
Ausbau von Netzwerken (Vertreter_innen von Sportvereinen und -verbänden, der
Behinderten(selbst)hilfe, der kommunalen Verwaltung, Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungserfahrungen sowie deren Selbstvertretungsorganisationen), Informationen und Erfahrungsaustausch für Teilnehmer_innen und Interessierte
mit Hilfe einer interaktiven Internetseite sowie einer Broschüre.
Da „GiB“ vielfach Neuland betritt, wird das Projekt über den gesamten Zeitraum vom Fachgebiet Behinderung und Inklusion der Universität Kassel wissenschaftlich begleitet und ausgewertet.
Das Inklusions-Projekt „GiB“ wird von Aktion Mensch gefördert und von der Finanzgruppe
Hessen-Thüringen unterstützt.
1.2 Die AG Curriculum
Ein Schwerpunkt von „GiB“ ist „Bewusstseinsbildung“ im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)3, Akteure im organisierten Sport (Übungsleiter_innen, Abteilungsleiter_innen, Vorstände) sollen sensibilisiert, informiert und qualifiziert werden. Entsprechende Fortbildungen, die im Laufe des Projekts geplant und durchgeführt werden, sollen die
verschiedenen Aspekte von Inklusion sowohl theoretisch als auch (sport-)praktisch thematisieren.
Grundlage dieser Fortbildungsangebote bildet das vorliegende Curriculum, das von einer
Arbeitsgruppe von Expert_innen und einschlägigen Fachleuten zum Thema Inklusion, Behinderung und Sport im ersten Halbjahr 2015 konzipiert wurde:
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Pädagogische Fachkräfte aus dem Umfeld der institutionellen Behindertenhilfe;
Sportfachkräfte aus Vereinen und Verbänden (Landessportbund Hessen, Sportjugend Hessen);
Personen mit Beeinträchtigungen und Behinderungserfahrungen, Expert_innen aus
dem Bereich der Behindertenselbstvertretung;
Wissenschaftler_innen aus dem Fachgebiet Behinderung und Inklusion sowie des
Sportinstituts der Universität Kassel.
2. Konzept des Curriculums
Inklusion im organisierten Sport ist ein umfangreiches und vielschichtiges Themenfeld, verschiedenste Aspekte spielen eine Rolle, damit verbunden sind viele Fragestellungen und
Aufgaben. Das Curriculum sowie die darauf aufbauenden Fortbildungen können das Thema
Inklusion daher nur ausschnittsweise beleuchten und beschränken sich auf grundlegende
Gesichtspunkte. Bezugspunkt sind dabei konkrete Fragestellungen aus der Sport- und Vereinspraxis wie zum Beispiel:
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Artikel 8 Absatz 1 der UN-BRK
Konzept des Curriculums
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7
Wie gestalte ich meine Übungseinheit/Sportstunde inklusiv, d.h. für Teilnehmer_innen
mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam?
Wie kann ich jeder Teilnehmerin bzw. jedem Teilnehmer gerecht werden?
Wie kann ich Berührungsängste vor dem „Anderssein“ abbauen?
Was können Menschen mit Beeinträchtigung umsetzen, ohne dass sie überfordert
werden?
Worauf muss ich bei der Einbindung von Teilnehmer_innen mit Beeinträchtigung
speziell achten?
Welche rechtlichen Aspekte müssen berücksichtigt werden (z.B. Aufsicht, Unfallversicherung)?
Welche Barrieren können Menschen mit Beeinträchtigungen daran hindern, an
Sportangeboten teilzunehmen? Wie können diese Barrieren abgebaut oder verringert
werden?
Wie kann sich unser Sportverein ganz allgemein besser auf die Zielgruppe Menschen
mit Beeinträchtigung einstellen?
Wie müssen die Strukturen und Angebote unseres Vereins beschaffen und gestaltet
sein, dass Menschen mit Beeinträchtigung sich willkommen fühlen und ihre Wünsche
und Bedürfnisse berücksichtigt werden?
An wen kann ich mich wenden, wenn ich Fragen zu speziellen Themen habe?
Anliegen des Curriculums ist es, Übungsleiter_innen, Trainer_innen, Abteilungsleiter_innen,
Vorständen und Vorsitzenden einen Einstieg zu ermöglichen, sich sowohl inhaltlich/theoretisch als auch sportpraktisch mit dem Thema Inklusion auseinanderzusetzen.
Dem Curriculum und den entsprechenden Fortbildungen liegt ein breites Verständnis von
Inklusion zu Grunde:4 Inklusion bezieht sich nicht nur auf ein spezifisches Sportangebot,
sondern auch auf den Sportverein als Organisation, der einerseits inklusive Sportangebote
ermöglicht, sich andererseits aber auch im Hinblick auf bauliche sowie kommunikations- und
einstellungsbezogene Strukturen offen und anpassungsfähig zeigt. Das Curriculum thematisiert daher sowohl die Planung und Umsetzung von inklusiven Sportangeboten als auch die
inklusive Weiterentwicklung des Vereins. Idealerweise wird die Fortbildung im Tandem absolviert: Übungsleiter_in und Vereinsmanager_in aus einem Verein nehmen gemeinsam an
der Fortbildung teil, um sich dem Thema Inklusion sportpraktisch und organisatorisch zuzuwenden.
Inhaltlich geht es darum, Inklusion zu erfahren, zu verstehen und umzusetzen:
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4
Inklusion: Idee, Bedeutung, Grenzen
Soziale Aspekte von Behinderung, Behinderungsformen
Selbsterfahrung (z.B. selbst im Rollstuhl unterwegs sein, blind Sport machen),
Barrieren und Barrierefreiheit selbst erleben
Barrierefreiheit: Idee, Umsetzung, Grenzen
Behinderten-Sportarten ausprobieren (z.B. Torball, Sitzvolleyball)
Hier ausgelegt als „Inklusion mit normativer Prägung“, dass über einem reinen soziologischem Verständnis hinausgeht (vgl. DOSB – Deutscher Olympischer Sportbund (Hrsg.): Expertise. „Diversität, Inklusion,
Integration und Interkulturalität – Leitbegriffe der Politik, sportwissenschaftliche Diskurse und Empfehlung
für den DOSB und die dsj“. Frankfurt a.M. 2014, 36f).
Konzept des Curriculums
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8
Didaktisch und methodische Ansätze für heterogene Gruppen
Praktische Spielformen und Ideen für inklusive Sportangebote
Anpassung von Sportarten, Behindertensportarten
Ansätze zur inklusiven Weiterentwicklung des Sportvereins
(„Index für Inklusion im und durch Sport“)
Finanzierung und Fundraising für Inklusion
Daneben bietet die Fortbildung den Teilnehmer_innen die Möglichkeit für intensiven Erfahrungsaustausch (z.B. positive und negative Erfahrungen, drängende Probleme, offene Fragen).
Das Curriculum ist modularisiert: Es gibt obligatorische Basis-Module sowie inklusive Sportpraxis für alle Teilnehmer_innen sowie vertiefende Themen-Module, die wahlweise belegt
werden können. Des Weiteren umfasst das Curriculum eine Materialsammlung mit Handouts, Arbeitsblättern, weiterführenden Texten, Literaturtipps und Kontaktadressen, die sowohl den Teilnehmer_innen als auch den Referent_innen zur Verfügung gestellt wird. Eine
erfolgreiche Teilnahme bedeutet, dass sowohl alle Basis-Module als auch ein Themen-Modul
absolviert worden sind, nach Abschluss wird eine entsprechende Teilnahmebescheinigung
ausgestellt.
Im Hinblick auf die Durchführung der Fortbildungen ist es grundsätzliches Anliegen, dass
Personen mit Beeinträchtigungen und Behinderungserfahrungen als Referent_innen eingebunden sind.
Der inhaltliche Rahmen der Fortbildung bzw. der einzelnen Module wird durch das Curriculum allgemein abgesteckt, die detaillierte didaktisch-methodische Umsetzung liegt in der
Verantwortung der einzelnen Referent_innen.5
Im Rahmen von „GiB“ werden sechs Fortbildungsveranstaltungen auf der Basis dieses Curriculums angeboten, die jeweils 16 Lerneinheiten6 umfassen und für die Teilnehmer_innen
kostenfrei sind. Die Teilnehmer_innen der Fortbildungen haben die Möglichkeit, ergänzend
an inklusiven Sportangeboten zu hospitieren (z.B. inklusive Sportangebote im Projekt „GiB“).
Die Fortbildungen werden auf je 20 TN ausgerichtet.
Die Fortbildungen von „GiB“ werden wissenschaftlich begleitet und ausgewertet, das Curriculum wird im Projektverlauf entsprechend ergänzt, angepasst und optimiert.
Das Projekt „GiB“ ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt, das Curriculum ist daher nicht auf die
Fortbildungen beschränkt, die im Rahmen des Projekts angeboten werden, es wird auch
anderen Interessierten für „externe“ Bildungsangebote zur Verfügung gestellt.
5
Einige Mitarbeiter_innen der AG Curriculum werden auch als Referent_in tätig sein.
6
Es ist geplant, die Fortbildungen als Wochenend-Veranstaltungen durchzuführen.
Konzept des Curriculums
9
»Der Sportverein für alle –
Sport- und Bewegungsangebote für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung«
Basis-Module
„Inklusion“
(2 LE)
„Beeinträchtigung und Behinderung“
(4 LE)
„Barrierefreiheit“
(2 LE)
„Sportpraxis inklusiv“
(2 LE)
Themen-Module
„Didaktik und Methodik
für heterogene Gruppen“
„Der inklusive Sportverein“
(6 LE)
Materialsammlung
1 LE (Lerneinheit) ≙ 45 Minuten
(6 LE)
Konzept des Curriculums
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2.1 Zielgruppe
Das Curriculum und die entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen richten sich vorrangig
an den organisierten Sport, sowohl an „praktisch Tätige“ als auch an „koordinierend Tätige“:
Übungsleiter_innen, Trainer_innen, Abteilungsleiter_innen, Vorstände und Vorsitzende. Angesprochen sind vereinsaktive und sportbegeisterte Menschen aus den unterschiedlichsten
Bereichen und Sparten, es gibt keine Beschränkungen hinsichtlich Sportarten und Altersstufen. Erfahrungen mit inklusivem Sport oder anderes Vorwissen werden nicht vorausgesetzt,
erwünscht sind Offenheit und die Bereitschaft, sich auf das Thema Behinderung und Inklusion einzulassen.
Die Fortbildungen richten sich im Weiteren auch an andere Tätige im Bereich Sport, z.B.
Personen aus dem organisierten Behindertensport sowie aus der Behindertenhilfe, Lehrer_innen, Motopäd_innen. Die Fortbildungen sind vom Landessportbund Hessen anerkannt
und berechtigen zur Verlängerung der C-Lizenzen (Übungsleiter_in-C sportartenübergreifender Breitensport, Vereinsmanager_in-C). Die Anerkennung durch den HBRS7 sowie die Akkreditierung als Lehrerfortbildung sind angefragt.
2.2 Lernziele der Fortbildung
Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention zielt das Curriculum und die entsprechenden
Fortbildungen auf „Bewusstseinsbildung“8, es geht darum, zu sensibilisieren, zu informieren
und zu qualifizieren (siehe Seite 7f). Die Teilnehmer_innen setzen sich sowohl mit theoretischen als auch mit sportpraktischen Inhalten auseinander, daneben gibt es Angebote zur
Selbsterfahrung und Möglichkeiten für Erfahrungsaustausch.
Nach Abschluss der Fortbildung sollen Übungsleiter_innen und Trainer_innen in der Lage
sein, sich auf unterschiedliche Teilnehmer_innen mit und ohne Beeinträchtigung einstellen
zu können und ein Sportangebot entsprechend der Voraussetzungen der Teilnehmenden
derart anzupassen, dass umfassende Teilhabe möglich ist. Mitarbeiter_innen in der Vereinsorganisation sollen in der Lage sein, Barrieren auf der Vereinsebene (abseits eines einzelnen Sportangebots) zu erkennen und Maßnahmen zum Abbau oder zur Reduktion einzuleiten. Die Teilnehmer_innen der Fortbildung wissen dann um Ansatzpunkte zur inklusiven Gestaltung der Kulturen, Strukturen und Praktiken im eigenen Sportverein.
Im Einzelnen geht es um folgende Inhalte und Kompetenzen:
Sensibilisierung für Vielfalt und Barrieren im Kontext von Beeinträchtigungen
• Perspektivübernahme
• Empathie
• Reflexion der eigenen Einstellung und Haltung gegenüber Vielfalt, Offenheit und Behinderung
• Erkennen von Barrieren, Sensibilisierung für Barrieren „in den Köpfen“ (Vorurteile,
Stereotype etc.)
7
Hessischer Behinderten- und Rehabilitationssportverband e.V.
8
Artikel 8 Absatz 1 der UN-BRK
Konzept des Curriculums
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Information und theoretische Grundlagen
• Basiswissen über „Behinderung“: soziale Aspekte über Behinderung, Behinderungsformen
• Inklusion: Idee, Bedeutung, Grenzen
• UN-Behindertenrechtskonvention
• „Index für Inklusion im und durch Sport“
Kompetenzen für die Praxis
• Didaktische Prinzipien und Methoden für heterogene Gruppen
• Praktische Spielformen und Ideen für inklusive Sportangebote
• Möglichkeiten und Strategien zum aktiven und lösungsorientierten Umgang mit Problemen inklusiver Sportangebote
• Reflexion von Grenzen inklusiver Sportangebote
• Anwendung des „Index für Inklusion im und durch Sport“
• Ansätze zur inklusiven Weiterentwicklung des Sportvereins
• Finanzierung und Fundraising für Inklusion