TV-Interview (PDF 21 KB)

Trierischer Volksfreund - Trierer Zeitung vom 27.02.2016
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Von unserem Redakteur Heribert Waschbüsch [hw] Ausgabe:
6
Gattung:
Gesamt-Geld
Auflage:
Rubrik:
Trierer Zeitung
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Hauptausgabe
Tageszeitung
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"Lohnpolitik überfordert die Firmen nicht"
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann im TV-Interview: Vorgehen der CSU bei Werkverträgen ist
skandalös
Es sind stürmische Zeiten für Politik und Gewerkschaften. Vor den Landtagswahlen in
Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt (13. März) kommt so manches
Thema wieder auf den Plan, das eigentlich schon abgehakt war. Mit dem IG-Metall-Chef Jörg
Hofmann sprach TV Redakteur Heribert Waschbüsch über diese Entwicklung.
Von unserem Redakteur
Heribert Waschbüsch
Trier. Er ist Chef der mächtigen Industriegewerkschaft Metall (IG Metall):
Jörg Hofmann ist heute, am Samstag,
als Hauptredner auf dem Frühjahrsempfang des DGB Trier.
Die Tarifverhandlungen in der
Metall- und Elektroindustrie und
anderen Branchen laufen an. Die
Arbeitgeber warnen vor überzogenen
Forderungen. Wie sehen Sie die Ausgangslage?
Hofmann: Die Wirtschaft ist auf einem
guten Niveau. Natürlich haben wir Risiken im politischen Umfeld. Aber die
Konjunktur wird vor allem von der starken Binnennachfrage getragen. Der private Konsum macht sich deutlich
bemerkbar. Das belegt eindeutig, dass
die gute Lohnentwicklung 2015 konjunkturtragend ist und dies auch 2016
sein wird. Wir sehen ja derzeit an den
guten Ertragslagen der Firmen, dass die
Lohnpolitik der IG Metall die Firmen
nicht überfordert hat. Deshalb ist es
sinnvoll, diesen Weg fortzusetzen.
In vielen Regionen gibt es immer
weniger Unternehmen, die tarifgebunden sind. Flächentarifverhandlungen betreffen viele Arbeitnehmer gar
nicht mehr
Hofmann: Das betrifft einige Regionen.
Insgesamt hat sich die Tarifbindung
zwar stabilisiert - aber doch auf einem
Abbildung:
Wörter:
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zu niedrigen Niveau. Wir wollen in der
Tarifrunde 2016 einen ersten Schritt
gehen und auch nicht tarifgebundene
Betriebe wieder einbeziehen.
Sie haben den Referentenentwurf zu
Werkverträgen und Leiharbeit als
Minimalkompromiss bezeichnet. Nun
schießt die CSU auch dagegen, lehnt
etwa das Verbot für Leiharbeiter ab,
als Streikbrecher einzutreten. Wie
sehen Sie das?
Hofmann: Das aktuelle Vorgehen der
CSU ist skandalös. Nachdem die Sozialpartner und das Arbeitsministerium
einen mühsamen Kompromiss erreicht
haben, droht nun das alles am Veto der
CSU zu scheitern.
Damit bestehen weiter Rechtsunsicherheiten für Betriebe, die Leiharbeiter
beschäftigen, und vor allem Nachteile
für Beschäftigte. Es muss wieder Ordnung am Arbeitsmarkt einkehren. Das
heißt: für gleiche Arbeit gleiches Geld
und nicht Lohndumping nach unten.
Haben Sie Angst, dass Europa an der
Flüchtlingswelle zerbricht?
Hofmann: Es ist eine ganz große Herausforderung, dass Europa solidarische
Lösungen findet. Uns muss es gelingen,
die Menschen, die ein Bleiberecht
haben, durch Arbeit und Ausbildung zu
integrieren.
Dass ist für Gewerkschaften und Arbeitgeber eine zentrale Aufgabe.
Haben Sie Befürchtungen, dass Lang-
zeitarbeitslose bei diesen großen Herausforderungen vergessen werden?
Hofmann: Nein, weil wir als Gewerkschaften die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen immer wieder einfordern: Integration in den Arbeitsmarkt
verlangt passgenaue Lösungen. Gleiche
Maßstäbe, gleichwertige Maßnahmen
für alle und insgesamt mehr Anstrengungen.
In Rheinland-Pfalz stehen in wenigen
Tagen die Landtagswahlen an, und es
scheint so, als könnte die AfD in den
Mainzer Landtag einziehen. Wie
sehen Sie die AfD?
Hofmann: Wir stellen fest, dass die
AfD auf viele wichtige Fragen, keine
Antworten bietet.
Die AfD ist eine Ein-Punkt-Partei, die
versucht, mit dem Schüren von populistischen und oft rassistischen Ressentiments zur Flüchtlingsfrage auf Stimmenfang zu gehen.
Fragen wie: Was tut der Staat für Bildung und gute Arbeit, wie schützen wir
Umwelt und Verbraucher, da bietet die
AfD eine Doppelnull.
Am Samstag sind Sie Gast in Trier
Hofmann: Ich komme endlich wieder
nach Trier. Das freut mich. Mein letzter
Besuch war ein Schulausflug. hw
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann fordert: Für die gleiche Arbeit muss es gleiches Geld geben. Foto: dpa
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