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1844 in der Kirche zu Mautitz, 1553 mußte in demselben Jahre den vom Scheuerbalken herabgestürzten Vater dieser Kopulirten auf seinem Krankenbette 1554 das Heilige Abendmahl reichen und hielt
ihm bald nachher im Gotteshaus zu Mautitz die Leichenpredigt, weil er auf dasigem Friedhofe
seine lezte Ruhestätte fand. Auch kommunizirten in den Jahren 1832 bis mit 1846 noch sämtliche
Bewohner und Bewohnerinnen Haidebergs, 11 bis 14 Individuen, in der mautitzer Kirche und
schulpflichtige Kinder des Vorwerks besuchten die Schule zu Mautitz. Bald aber trat in dieser
Beziehung eine Aenderung ein. Als nämlich das im Jahre 1838 erschienene Parochiallastengesetz
auch die, bisher von solcher Last freien, Rittergüter zu Parochialbeiträgen verbindlich gemacht
hatte, begehrte die Kirchgemeinde zu Mautitz derartige Beiträge auch vom Vorwerk Haideberg. Da
ihr indessen dergleichen Beiträge bisher noch nicht zugeflossen waren, erklärte sie unumwunden:
Unter den Umständen könne sie auch hinfort Haidebergs Bewohner nicht für Solche gelten lassen,
die wirklich in ihr Gotteshaus eingepfarrt wären und müßte deshalb wünschen, daß die Haideberger
einer andern Parochie zugewiesen würden, indem ihre ohnehin arme Kirche durch diese Fremdlinge nicht nur vermehrtere Ausgaben für Kommunionwein habe und – wäre dieß auch zu übersehen –
wenigstens doch ihre Orgel und ihre Glocken bei Trauungen, Leztere (die Glocken) auch bei Taufen und Beerdigungen ohne die geringste Entschädigung, zu auswärtiger Benutzung dienen müßten, und ihr Begräbnißplatz selbst, wenn einmal Sterbefälle auf dem Vorwerke häufiger vorkämen,
dadurch beengt werden würde. Als hierauf Referent diese Erklärung der Gemeinde Mautitz dem
Herrn Besitzer Seerhausens, aus dessen Händen inzwischen das Rittergut Mautitz nebst dem Patronatsrecht über dasige Kirche durch Verkauf in andere Hände übergegangen war, 1555 in mündlicher
Unterredung mittheilte, entgegnete Sr. Exzellenz: Das Rittergut Seerhausen wäre nach Bloßwitz
eingepfarrt, Haideberg aber nur ein Vorwerk von Seerhausen, und aus diesem einfachen Grunde
hätten sich denn auch Haidebergs Bewohner ebenso, wie die in Seerhausen zur bloßwitzer Kirche
zu halten. Schien jedoch diese den Haidebergern für einzelne kirchliche Handlungen zu entlegen,
so sei das, als Bequemlichkeitssache, eine reine Privatangelegenheit der dortigen Dienstleute und
diese möchten deshalb auch in vorkommenden Fällen mit der mautitzer Gemeinde ein Privatabkommen treffen. Die öffentliche Gottesverehrung in einer näherliegenden, obwohl fremden Kirche
abzuwarten, ohne dabei an der Beichthandlung und an der Abendmalsfeier theilzunehmen, verbiete
ja ohnehin kein Gesetz. Hiermit schien die obschwebende Differenz beseitigt, denn die in den Jahren 1845, 1847 und 1848 zu Haideberg geborenen Kinder wurden im Hause oder in der Kirche zu
Bloßwitz getauft und die Leute des haideberger Wirtschaftsvoigts auf den bloßwitzer Friedhof
gebracht. Aber scheinbar nur war die eingetretene Ruhe! Unterm 6ten März 1849 richteten beide
Gemeinden, die bloßwitzer, wie die mautitzer, an die Kircheninspektion das Gesuch: Diese möchte
die erforderliche Einleitung treffen, damit von der H. Behörde definitiv entschieden werde, in welche Kirche, ob in die zu Bloßwitz oder in die zu Mautitz das Vorwerk Haideberg künftig als eingepfarrt zu betrachten sei, auf daß sich herausstelle, welche von beiden Kirchengemeinden die Parochialbeiträge von jenem Vorwerke rechtlich beanspruchen dürfte? Und die H. Behörde entschied:
„Eingepfarrt sei Haideberg, als Pertinenzstück von Seerhausen, gleich diesem in die bloßwitzer
Kirche, die schulpflichtigen Kinder des Vorwerks dagegen hätten wie die groptitzer, die nahe Schule im Dorfe Mautitz zu besuchen, indem die Kirchschule zu Bloßwitz und die Nebenschule zu
Seerhausen vom Vorwerke zu fern lägen und sonach die Einschulung in eine der beiden leztgenannten den Bestimmungen des Schulgesetzes widerstritten.“ Die weitern Verhandlungen hierüber
enthalten die Inspektionsakten.
Als Referent eben im Begriff stand, seinen Artikel „Schloß und Dorf Seerhausen“ mit dem bis
hierher Erzählten zu schließen, trug sich in Seerhausens jüngster Zeit noch ein Ereigniß zu, wie es,
so weit die Geburtsanzeigen hiesiger Kirchenbücher in die Vergangenheit zurückreichen, weder in
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S. Kirchenb. Vol. […], J. 1844 No: 13.
Ueber diesen Unglücksfalle vergl. oben, Seite 512, und über Thomas’s Beerdigung Vol. VII des Kirchenbuchs, Jahr
1844, No: 36.
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Siehe weiter unten Seite […].
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diesem, noch in einem andern Dorfe der Parochie vorgekommen war, und was darum wohl eine
Aufzeichnung beansprucht. Es ist dieß die bis jezt unenträthselt gebliebene Auffindung eines neugeborenen Kindes. Als nämlich am Abende des neunten Oktobers 1860, bald nach 9 Uhr, der
Nachtwächter des Ritterguts Seerhausen seine gewohnte Ronde macht, um die Thore zu schließen
und die vierbeinigen Wächter des Hofes, die Kettenhunde loszulassen, fällt ihm am Hauptthore,
welches von der Kapelle und vom Dorfe her zum Rittergutshofe führt, ein mit Nadeln zugestecktes,
1¾ Elle langes und 1 Elle breites, unüberzogenes Federbett in die Augen. Er macht Lärmen, Mehre
vom Dienstpersonal des Ritterguts eilen herbei, man untersucht die Bettrolle und findet in ihr, aus
deren Inlett von weiß und blaugestreiften Drill dem Anschein nach das Namenszeichen oder die
Nummer ausgetrennt ist, ein lebendes, völlig ausgetragenes, nach ärztlichem Gutachten wahrscheinlich im Geheim und ohne Beihilfe einer gelernten Hebamme geborenes, höchstens zwei Tage
altes, aber wohlgebildetes Kind männlichen Geschlechts. Außer einer blaßröthlichen Windel, einem halbwollenen Tuche und einem Stück schon gebrauchten, fast werthlosen Baumwollenzeugs
steckte neben dem Kinde auch nach ein dem Anscheine nach aus einem Schreibebuche gerissenes,
starkes, weißes Papierblatt. In einer auf dieses Papier gebrachten, stilistisch, wie orthographisch
ziemlich richtig und mit Bleistift gut geschriebenen, jedoch nicht ausgeschriebenen Schrift bittet
die Mutter, „das Kind aus dem Vermögen der reichen Kirche zu Prausitz zu erziehen, indem der
uneheliche Vater des Neugeborenen aus Prausitz sei, seine Vaterschaft aber nicht anerkennen wolle.“ Mit dieser Bitte ist noch eine zweite vereint, nämlich die: „dem Kinde bei seiner Taufe den
Namen „Wilhelm“ zu geben.“ Daß diese Schrift völlig anonym abgefaßt war, versteht sich von
selbst. Da nun am Morgen desselben Tags die für einige Wochen hier anwesend gewesene Schloßherrschaft Seerhausens ihre Rückreise bereits angetreten hatte, wird natürlich der Findling zunächst
dem Rittergutspachter, Herrn Wilhelm Roßberg, überbracht, der jedoch, in Erwägung, daß es sich
hier um eine Gemeindesache und nicht ausschließlich um eine Rittergutsangelegenheit handle, das
Kindlein noch vor Einbruch der Nacht an des Dorfes Gemeindevorstand, an den Gutsbesitzer Gottlob Schneider sendet. Da aber vor allen Dingen eine Anzeige bei der Gerichtsbehörde nöthig ist
und diese nicht dem Gemeindevorstande obliegt, so überliefert Leztrer wieder das Bettchen mit
seinem lebendigen Inhalte dem Ortsrichter und Feldgutsbesitzer Traugott Leberecht Hofmann,
dessen Ehefrau in ihrem weiblichen Samaritersinne das arme, seinem weitern Schicksale gewissenlos preisgegebene und völlig unbekleidete Würmlein vor Allem in ein warmes Bette legt und das
hungernde mit dünnem Semmelbrei sättigt, bis Amalie Marie Roßberg geb. Kaiser aus Oschatz,
Friedrich Siegmund Roßbergs Ehefrau, Handarbeiter und Einwohner von Seerhausen sich entschließt, den kleinen Fremdling ihrem auch erst am zweiten Oktobertage 1860 geborenen Töchterlein 1556 als Milchbruder beizugesellen. Auf erfolgte Anzeige erscheint hierauf am Morgen des 10ten
Oktobers Herr Gerichtsamtmann v. Carlowitz aus Riesa, begleitet von einem Arzte und von einem
Gensdarmen, in Seerhausen, um eine genaue Untersuchung vorzunehmen, dem Findling einen
Vormund zu bestellen und das anderweit Nöthige anzuordnen. In der 1ten Beilage zu No: 243 der
leipziger Zeitung vom 14ten Octbr. 1860, Seite 4946 las man alsbald auch eine amtliche Bekanntmachung d.d. Riesa d. 12. Octbr. 1860 mit der beigefügten Bitte an alle Kriminal- und Civilbehörden und Privatpersonen: „Solche Momente, welche zur Entdeckung der Mutter des Findlings oder
derjenigen Person, welche das Kind in so hilflosem Zustande aussezte, führen könnten, dem unterzeichneten Gerichtsamte mitteilen zu wollen.“ Am 19ten Trinitatissonntage (d. 14ten Oktobers 1860)
ward der Findling, gleich seiner Milchschwester, nach der Frühgottesverehrung in die bloßwitzer
Kirche gebracht, hier getauft und der begehrte Name „Wilhelm“ ihm beigelegt. Zu Taufzeugen
waren ausersehen: 1.) Herr Karl Anton Emil Freiherr v. Fritsch, Student der Oekonomie und der
Forstwirtschaften, in dessen Abwesenheit Herr Rittergutspachter Roßberg als Stellvertreter vortrat,
der bezeichnete Freiherr v. Fritsch ist der jüngere Sohn des Schloßherrn. 2.) Johann Traugott Kretzschmar, Feldgutsbesitzer und Gemeinderathsmitglied zu Seerhausen, des Findlings verpflichteter
1556
Vergl. Kirchenb. Vol. XI, Fol. 60, No: 51.
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Vormund und 3.) Frau Friederike Hofmann, die bereits rühmlich erwähnte Ehefrau des Richters
und Feldgutsbesitzers zu Seerhausen, Traugott Leberecht Hofmanns. 1557
Einen Geschlechtsnamen erhielt natürlich das Kind vor der Hand noch nicht, denn Niemand zweifelte, daß in der Folge der eifrigen Gensdarmerienachforschungen der mütterliche Geschlechtsname
sehr bald an den Tag kommen müsse, zumal da man, verleitet durch die mütterliche Bekanntschaft
mit dem Vermögen der prausitzer Kirche und durch das Vorgeben: „der uneheliche Vater stamme
aus dem Dorfe Prausitz“ die Gebärerin in nächster Umgebung suchte und dabei der Ansicht war,
daß selbige, dafern sie nicht zu der Klasse der Serinolindamen gehöre, wohl kaum im Stande gewesen sei, ihre Schwangerschaft vor scharfspähenden Frauenblicken zu verheimlichen. Hierin aber
hatte man sich arg getäuscht. Noch lebt der Knabe und gedeihet unter fremder Pflege, aber bis zum
heutigen Tage (d. 12. Febr. 1861) ist von der gewissenlosen Mutter noch nicht die mindeste Spur
aufgefunden, und fast möchte man argwöhnen, jene Angaben über Prausitz, dessen Kirche in weiten Umkreisen als eine der reichern Kirchen Sachsens bekannt ist, seien Nichts weiter als eine
Mystifikation, um die Polizei von der richtigen Spur abzulenken und deren Späherblicke auf einen
engern Bezirk zu beschränken. Mit Hilfe der Eisenbahn konnte man ja leicht auch aus weiterer
Ferne in unsere Gegend gelangen und eben so rasch auch wieder verschwinden. Nun, er ewige
Schirmherr der hilflosen Unschuld hat diesen Neugebornen mächtig beschüzt und ihn in mitleidige
Hände geführt, mag er auch in künftigen Jahren dieser Hilfe seines himmlischen Vaters nimmer
vergessen und zu einem so frommen Erdenbürger heranwachsen, daß er auch in schweren Pilgertagen freudig sprechen kann. „Wer will mir schaden? Der Herr ist bei mir!“ 1558
Aus dem jezt ausführlicher beschriebenen, von seinem nordöstlichen Anfangspunkte zu beiden
Seiten der leipzig-dresdner Chaussee größtenteils gegen Süden sich hinziehenden und nur in zwei
kleinen Abzweigungen oder Nebengassen der Hauptstraße des Orts gegen Osten auslaufenden
Dorfe Seerhausen wenden wir uns nun wieder zurück gegen Nordnordost und erreichen nach fast
dreiviertelstündiger Wanderung das bloßwitzer
Filialkirchdorf Mautitz.
In Urkunden sowohl des Bischofs zu Meißen, als auch des dasigen Burggrafen aus den Jahren
1222, 1264 und 1279 wird dasselbe Mucewicz und Muzewitz, so wie in andern ältern Schriften
bald Mautewicz, bald Maudewitz geschrieben. Daß dieses Mucewicz aber – wie Schiffner meint –
Ober- oder Nieder Muschitz, oder – wie Andere wähnen – Mockritz bei Döbeln sein sollte – diese
Ansicht ist bereits oben wiederlegt. 1559 Daß übrigens der Ort zur Zeit der Sorbenherrschaft erbaut
sein und sonach ein Alter von mindestens eintausend Jahren haben müßte, dafür spricht die Endsilbe seines Namens (wicz und titz), über dessen Bedeutung jedoch Referent, als Laie in den slawischen Mundarten, weder eine Vermuthung zu wagen vermag, noch auch in andern, ihm bis jezt zu
Gesicht gekommenen Schriften über die Vorzeit eine solche auffinden konnte. Was übrigens auch
Mautitz während seiner langen, mindestens bis in den Anfang des 10ten Jahrhunderts zurückreichenden, Existenz unter den schwersten Drangsalen erdulden mochte, das lässt sich theils ahnen,
theils ist’s geschichtlich aufgezeichnet. Dürfen wir doch nur erwägen, was bereits oben (Seite 17
ff.) über die allmälige Unterjochung der Daleminzier durch den ersten deutschen König, durch
Heinrich I., erzählt, ingleichen was ebenfalls (Seite 32 f.) über die Verwüstungen unserer Nachbarschaft durch den Polenherzog Boleslav I. vor und nach Strehlas Eroberung im 11ten Jahrhunderte
erwähnt, nicht minder was an derselben Stelle (Seite 32 f.) bei dem Jahre 1294 über die Gräuel
gesagt, welche der deutsche König Adolph v. Nassau im Gebiete des rechtmäßigen Erbtheils der
beiden Markgrafen, Friedrichs mit der gebissenen Wange und seines Bruders Diezmann, auch
Anstifter ihres eigenen, mit ewiger Schmach bedreckten Vaters, des thüringer Landgrafen Albrecht
1557
S. Kirchenbuch Vol. XI, Fol. 61, No: 54.
Randnotiz vom 28.12.1934: „Der Findling erhielt nach der Konfirmation (1874) den Geschlechtsnamen „Ritter“. Er
lebt 1934 in Dresden und hat mich heute besucht. Blosswitz, 28. Dezember 1934, Paul Korn, Pfarrer“
1559
Vergl. Seite 319.
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