Blauer Brief 1/2016 - Blaues Kreuz Kanton Bern

Der Blaue Brief
Mitgliedermagazin Blaues Kreuz Kanton Bern
31 | Februar 2016
EDITORIAL
behrchen / photocase.de
Nach jahreslangem Ringen im Nationalund Ständerat, wurde Mitte Dezember
das lange erwartete neue Alkoholgesetz
abgeschrieben. Zum Glück, müssen wir
sagen, was für eine Institution der Sucht­
hilfe absurd klingen mag. Leider wurden
im Verlauf der Verhandlungen die vie­
len erhofften Massnahmen wie Mindest­
preise, Verkaufsbeschränkungen oder
Erhöhung der finanziellen Mittel für die
Prävention nach und nach ausgehebelt
und gestrichen, sodass am Schluss nur
gerade die Testkäufe überlebten. Zuletzt
wurde aufgrund der Lobbyarbeit der Al­
koholproduzenten gar über die Förde­
rung der Alkoholproduktion mittels Son­
dersteuersätze und Modelle diskutiert.
Unter diesen Umständen ist das Blaue
Kreuz froh über die Abschreibung des
Gesetzes, und bedauert gleichzeitig, dass
wiederum eine Chance für einen verbes­
serten Jugendschutz verpasst wurde.
Das Blaue Kreuz Kanton Bern beschäf­
tigt mittlerweile eine andere Frage. Die
Gesundheits- und Fürsorgedirektion hat
alle Institutionen aus dem ambulanten
Suchtbereich aufgefordert, einen neuen
Zählrahmen für die Vergütung auszuar­
beiten. In gemeinsamen Workshops wird
die Arbeit im Bereich Beratung, Präven­
tion und Nachsorge aller Institutionen
verglichen, sodass Normkosten in den
einzelnen Arbeitsbereichen ausgewie­
sen werden können. Dass die Gesund­
heits- und Fürsorgedirektion ein Mitwir­
ken der Suchtinstitutionen ermöglicht
ist zwar ehrenhaft, täuscht aber letztlich
nicht darüber hinweg, dass auf längere
Frist mit Einsparungen, unter Umstän­
den sogar in Richtung Vergütung mittels
Fallpauschale, was in anderen Kantonen
bereits umgesetzt wurde, zu rechnen ist.
Was das für Auswirkungen auf unsere
Organisation und unsere Arbeit mit Men­
schen mit teilweise hohem Betreuungs­
bedarf bedeutet, ist zum jetzigen Zeit­
punkt schwer abzuschätzen.
Ein weiteres Problem sind die rückläu­
figen Mitgliederzahlen und Spendener­
träge. Der Vorstand hat sich intensiv
mit diesem Thema auseinandergesetzt
und will neue Wege ausprobieren, um
in der Öffentlichkeit für die Thematik
­Alkoholprobleme zu sensibilisieren. Als
erste Massnahme findet die Mitglieder­
versammlung vom 26. Mai 2016 von
17 – 19 Uhr an einem Donnerstagabend
in Kombination mit dem Wissensforum
statt. Wir erhoffen uns, dass so vermehrt
auch jüngere Mitglieder an der Mitglie­
derversammlung teilnehmen werden.
Der anschliessende Vortrag zum Thema
«Sucht – was taugen die neuen Medi­
kamente» verspricht auf jeden Fall ein
­Update, sodass Sie nach dem Besuch
der MV in Suchtfragen wieder auf dem
neuesten Stand sind.
Reservieren Sie sich den Termin!
Cornelia Stettler, Kommunikation/Fundraising
Blaues Kreuz Kanton Bern
Es gibt nichts Stetigeres als den Wandel
Cornelia Stettler | Im Juni 2016 wird
­Daniel Schenk auf eine 34jährige Mitarbeit beim Blauen Kreuz zurück schauen
können. Für ihn endet dann sein langjähriges Anstellungsverhältnis, welches
im 1982 mit seiner Berufung als Blaukreuz-Fürsorger begann.
Daniel Schenk, was hat sich in all den
Jahren an deiner Arbeit verändert?
Die Entwicklung der Arbeit mit alkohol­
abhängigen Menschen und deren Um­
feld hat eine jahrhundertealte, bewegte
Geschichte. In meiner Zeit hat das Blaue
Kreuz drei Professionalisierungsschübe
erlebt. Ich wurde in den 80er Jahren in
meine Anstellung berufen und an einer­
offiziellen Feier einer Vereinsstunde ein­
gesetzt. Die Freiwilligenarbeit wurde
durch bezahlte Arbeit ersetzt. Ein gros­
ser Teil meiner Aufgaben lag neben der
Arbeit mit suchtkranken Menschen und
deren Angehörigen in der Vereinsarbeit.
Das Aufgabengebiet war breit gesteckt
und zeitlich fast unlimitiert, bis in die
Abendstunden galt es Bildungs- und
Freizeitaktivitäten für Betroffene, Ange­
hörige, Freiwillige und Interessierte zu
organisieren und daran teilzunehmen.
Filmabende, Selbsthilfegruppen, Basare
zur Geldgewinnung bis zu Suchtkranken­
helfer-Seminaren gehörten zu den An­
lässen, einige davon werden in zeitge­
mässer Form (Wissensforum, Basiskurs)
bis heute fortgesetzt.
Was hat sich in der Arbeitsweise und
bei den Methoden verändert?
Die Gründung der Berufsschule für
Sozial­arbeit IBSA hat einen weiteren
grossen Professionalisierungsschub aus­
gelöst. Die Klientenarbeit war zu Beginn
viel niederschwelliger und oft platzten
diese, auch in angetrunkenem Zustand
und ohne Voranmeldung, in Beratungsoder Gruppengespräche rein und Haus­
besuche waren an der Tagesordnung.
Viele Jahre stand mein Auto im Metro­
parking für Notfalleinsätze bereit. Tele­
fonanrufe von besorgten Bürgern/in­
nen, ich möge doch bei diesem oder
jenem Nachbarn vorbeischauen, waren
nicht selten. Die Autospesen und Park­
abonnemente machten einen ansehn­
lichen Anteil meines Lohnes aus und die
Kilometerangaben waren für den Kan­
ton das einzige Kriterium für die Ver­
gabe der Subventionen. Als Folge der
professionellen Ausbildung änderte sich
die Arbeitshaltung. Abgrenzung war ein
Thema, Hausbesuche galten als unpro­
fessionell und von den Klientinnen und
Klienten wurde ein Schritt zu mehr Ei­
genverantwortung erwartet. Entstanden
sind in dieser Zeit viele neue Angebote
wie beispielsweise das Alkistübli, die or­
ganisierte Gassenarbeit bis zur späteren
Einsatztruppe Pinto. Verändert hat sich
auch das Anforderungsprofil der Sozial­
arbeitenden, fort vom charismatischen
Leader mit starker Vorbildfunktion, hin
zum zielgerichteten Berater mit Vernet­
zungsfunktion.
Wie sieht es auf der Klienten Seite aus?
Auffallend ist eine grosse Zunahme bei
den Frauen, welche als Betroffene in die
Beratung kommen. Lag das Verhältnis
von Männern zu Frauen in den 80er Jah­
ren bei 90 % zu 10 %, so sind heute rund
40 % aller Betroffenen Frauen. Auch die
Verteilung auf die Berufsfelder hat sich
stark gewandelt. Früher gehörten über­
durchschnittlich viele Bauarbeiter zu den
Klienten, heute kommen diese aus allen
Schichten und Berufsgattungen. Darun­
ter genauso viele Mitglieder der Mittel­
klasse und Akademiker wie Handwerker.
Und auch das Konsumverhalten hat sich
gewandelt. Die Gesetze sind liberaler ge­
worden, Betrunkene können nicht mehr
einfach ins Gefängnis gesteckt werden,
anstelle des Polizeigesetzes gibt es die
fürsorgerische Unterbringung. Alkohol
ist heute omnipräsent, gesellschaftsfähig
und billig erhältlich und die Fachleute,
Forscher und Politiker widmen sich auch
dem missbräuchlichen Konsum und sei­
nen Folgen für die Gesellschaft und nicht
einzig der Abhängigkeit. Ein Thema ist
auch der Mehrfachkonsum von Alkohol,
Kokain und Cannabis.
Der Blaue Brief dankt Daniel Schenk
für sein langjähriges Engagement. Die
offizielle Verabschiedung erfolgt an
der Mitgliederversammlung. Alle die
ihm persönlich ­Lebewohl sagen wollen, sind dazu herzlich eingeladen.
Wo siehst du Risiken für die Zukunft?
Die Diagnoseverfahren wurden stetig
­verfeinert. Und auch die klassifizierten
Persönlichkeitsstörungen, wie sie die
WHO empfiehlt, haben eine Stellung ein­
genommen, wie es früher undenkbar
­gewesen wäre. Die Forschung sucht nach
neuen, wirksameren Verfahren und Me­
dikamenten, um dem Menschen, auch
dem Suchtkranken, zu helfen. Evidenz­
basierte Behandlung ist ein Thema und
die Zusammenarbeit mit suchtmedizi­
nischen Diensten und Kliniken für ge­
nauere Abklärungen und entsprechende
Triage gehören zum Berufsalltag. Durch
die mögliche Einführung einer Fallpau­
schale in der Psychiatrie in den näch­
sten Jahren, stellt sich für die ambulante
Beratung die Frage nach deren Zukunft
und dem genauen Einsatzgebiet. Sicher
braucht es einen erhöhten kollegialen
­Dialog unter den Fachmitarbeitenden
(Sozialarbeitende, Suchtberater, KESB,
IV, Integrationsberater, Spitex etc.) und
einen weiteren Ausbau der Informations­
vermittlung an Betroffene und Angehö­
rige, damit diese von den neuen Diagno­
semöglichkeiten profitieren und eine auf
sie zugeschnittene Therapie besuchen
können . Der nächste Professionalisie­
rungsschub ist also voll im Gange.
Mitgliederversammlung,
26. Mai 2016, Hotel Kreuz
Bern
Ab 17 Uhr startet die MV mit den statuta­
rischen Geschäften. Von 19 bis 20.30
Uhr sind alle Teilnehmer/innen zum
Wissens­forum zum Thema «Sucht - was
taugen die neuen Medikamente?» einge­
laden. Dr. med. Peter Allemann, Chefarzt
vom Kompetenzzentrum für Mensch und
Sucht Südhang gewährt einen Einblick in
die Erfahrungen mit neuen Medikamen­
ten, die den Durchbruch in der Suchtthe­
rapie insbesondere auch der Behandlung
von Alkoholabhängigkeit versprechen.
Das Blaue Kreuz dankt seinen Freiwilligen
Christian Gerber | Ein «Danke schön»
kredenzte das Blaue Kreuz Kanton­Bern
seinen Freiwilligen. Über 90 «Volun­
teers» im Alter zwischen 16 und mehr
als 80 Jahren folgten am 21. November 2015 der Einladung ins Eventforum­
Bern. In fröhlicher Runde wurde getanzt,
gegessen und geplaudert. ­Menschen,
die sich in den verschiede­nen Bereichen
der Blaukreuzarbeit freiwillig einsetzen,
lernten sich kennen. Das bunt durchmischte Völklein war ein ­Abbild der Vielfalt und langjährigen wie gegenwärtigen
Geschichte des Blauen Kreuzes.
Karin Hegnauer, die stellvertretende Lei­
terin des Bereichs Suchtprävention, wies
darauf hin, dass sich jährlich gegen 400
Freiwillige und Ehrenamtliche in der
Suchtprävention, in alkoholfreien Treff­
punkten, Selbsthilfe- und Gebetsgrup­
pen, Brockishops und Blaukreuzvereinen
mit mehr als 20 000 Arbeitsstunden ein­
setzen und so einen Wert von rund einer
halben Million Schweizerfranken zeiti­
gen. Alleine aus finanzieller Sicht ist die
Freiwilligenarbeit des Blauen Kreuzes
volkswirtschaftlich unverzichtbar, dazu
für zwischenmenschliche Beziehungen
und den gesellschaftlichen Zusammen­
halt von unschätzbarem Wert.
Seit bald 140 Jahren wirkt das Blaue
Kreuz im Kanton Bern als älteste noch
aktive Organisation der Suchthilfe und
lässt als diakonisches Werk Gottes Se­
gen fliessen. Die Gründung fiel in eine
Zeit, als die Arbeit in den Fabriken men­
schenverachtend und die Armut gross
war. Allzu oft suchten die Leute Trost im
Schnaps und landeten im Delirium oder
in der Depression. Wie damals, sind auch
heute neben angestellten Fachpersonen
unzählige Freiwillige engagiert.
Dass der Anlass alkoholfrei durchge­
führt wurde, versteht sich von selbst. Der
Präsident des Blauen Kreuzes im Kan­
ton Bern, Anton Genna, betonte in sei­
ner Grussbotschaft, dass es nicht pri­
mär um Verbote gehe, sondern darum,
das Selbstwertgefühl der Menschen zu
stärken. Dazu passend stellte sich eine
Gruppe von jungen Frauen der «round­
about – moving girls» vor. Mit Humor wur­
den zuerst die älteren Anwesenden zum
Walzertanz aufgefordert, bevor die Jungen
dann unvermittelt zum Hip-Hop überlei­
teten und so auch aufzeigten: Das Blaue
Kreuz will sich veränderten gesellschaft­
lichen Verhältnissen nicht verschliessen.
Während des ganzen Abends beteiligten
sich etliche am «Speed-Dating». Mar­
tina Julius-Joswig, die sich als Gästebe­
treuerin im alkoholfreien Treffpunkt B4 in
Langenthal einsetzt, gelangen am mei­
sten kurze Begegnungen mit Leuten ver­
schiedenster Bereiche und Altersstufen.
Sie gewann den 1. Preis, einen Wochen­
aufenthalt im Chalet «Weidhüttli» der
­Ferienheime Blaues Kreuz in Achseten.
PERSONELLES
In der Blauzone hat Dscheren
­Karadschajew Regula Etzensperger­
­abgelöst. Im Perron bleu wird das Team
durch Dominique Roth verstärkt und
im Azzurro kocht ab Februar Karin
Gasser­und im BrockiShop in Bern über­
nimmt Daniel Etter die Aufgabenvon von
­Christian Schelbert.
pollography/ photocase.de
Veranstaltungskalender 1 | 2016
Datum
Zeit
Anlass
Ort
Kontakt
9.3.2016
14 – 16.30 Uhr
Offenes Malen
Perron bleu Biel
Fachstelle Biel
032 322 15 25
17.3.2016
19 – 20 Uhr
Comment faire face à un événement potentiellement traumatisant et au stressi
Perron bleu Biel
Fachstelle Biel
032 322 15 25
17.3.2016
19 – 20.30 Uhr
Scham
Wissensforum Hotel Kreuz
Bern
Fachstelle Bern
031 311 11 56
19.3.2016
14 Uhr
Generalversammlung Ferienheim Achseten
Kirchgemeindehaus Schloss
Münsigen
Verein Achseten
031 921 83 04
23.3.2016
14 – 16.30 Uhr
Offenes Malen
Perron bleu Biel
Fachstelle Biel
032 322 15 25
8.4. + 9.4. 2016
20 Uhr
Konzert der Blaukreuzmusik
Aula Steffisburg
Verein Steffisburg
033 437 52 54
20.4.2016
14 – 16.30 Uhr
Offenes Malen
Perron bleu Biel
Fachstelle Biel
032 322 15 25
21.4.2016
19 – 20.30 Uhr
Dein Leben gestalten – Du kannst es!
Wissensforum Hotel Kreuz
Bern
Fachstelle Bern
031 311 11 56
Bezirksfeier
Gstaad
Verein Steffisburg
033 437 52 54
8.5.2016
18.5.2016
14 – 16.30 Uhr
Offenes Malen
Perron bleu Biel
Fachstelle Biel
032 322 15 25
26.5.2016
18 Uhr
Mitgliederversammlung
Ab 16.30 Zvieri
Ab 18 Uhr statutarische Geschäfte
Ab 19 Uhr Wissensforum
Hotel Kreuz Bern
Geschäftssstelle
031 398 14 00
26.5.2016
19 – 20.30 Uhr
Sucht – was taugen die neuen
­Medikamente
Wissensforum Hotel Kreuz
Bern
Fachstelle Bern
031 311 11 56
1.6.2016
14 – 16.30 Uhr
Offenes Malen
Perron bleu Biel
Fachstelle Biel
032 322 15 25
15.6.2016
14 – 16.30 Uhr
Offenes Malen
Perron bleu Biel
Fachstelle Biel
032 322 15 25
16.6.2016
19 – 20.30 Uhr
Natürlich ins Gespräch kommen dank
Small Talk
Perron bleu Biel
Fachstelle Biel
032 322 15 25
15.9.2016
19 – 20.30 Uhr
Die fünf Sprachen der Liebe in der Familie
Wissensforum Hotel Kreuz
Bern
Fachstelle Bern
031 311 11 56
Impressum
Herausgeber: Blaues Kreuz Kanton Bern, Freiburgstrasse 115, 3008 Bern, Tel. 031 398 14 00,
[email protected], Postkonto 30-2045-0, www.blaueskreuzbern.ch
Redaktion: Cornelia Stettler, Kommunikation / Fundraising
Gestaltung: Renata Hubschmied, Bern, Fotos: BrockiShop, Suchtprävention
Druck: Schneider AG – Grafisches Unternehmen, Bern
Qualität Therapie
­Drogen Alkohol –
die Qualitätsnorm im
Suchthilfebereich
Kanton Bern
Sinn statt
Sucht …
Ihre
Spende
macht
es
möglich!
Empfangsschein / Récépissé / Ricevuta
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Die Annahmestelle
L’office de dépôt
L’ufficio d’accettazione
Einbezahlt von / Versé par / Versato da
CHF
Blaues Kreuz Kanton Bern
Geschäftsstelle, Freiburgstrasse 115
3008 Bern
Konto / Compte / Conto 30-11558-8
Einzahlung für / Versement pour / Versamento per
CHF
202
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Blaues Kreuz Kanton Bern
Geschäftsstelle, Freiburgstrasse 115
3008 Bern
Konto / Compte / Conto 30-11558-8
Einzahlung für / Versement pour / Versamento per
Blauer Brief 1/2016
Einzahlung Giro
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Versement Virement
300115588>
300115588>
Versamento Girata
441.02