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Talentmanagement
im Mittelstand
Wie lassen sich Talente finden, fördern und binden?
Februar 2016
Talentmanagement im Mittelstand
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Talentmanagement
im Mittelstand
Eine der wichtigsten Fragestellungen bei Führungskräften und Personalverantwortlichen
Wertvolles Talentmanagement
Talentmanagement hat sich in den letzten Jahren zu einer der wichtigsten Fragestellungen bei
Führungskräften und Personalverantwortlichen etabliert. Auch im Mittelstand ist das Finden
und Binden von gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein entscheidender
Faktor, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens langfristig zu sichern. Doch wie kann
Talentmanagement speziell im Mittelstand funktionieren? Welche Besonderheiten gibt es zu
beachten und wie können praktische Maßnahmen aussehen? Im folgenden Whitepaper erfahren Mittelständler, wie sie Talente gewinnen, identifizieren, entwickeln und binden können.
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1.1 Aktuelle Entwicklungen
„Megatrends“ machen deutlich, warum Talentmanagement aktuell von großer Bedeutung ist:
Demografischer Wandel:
Bis zum Jahr 2030 werden 1 Mio. Fach- und Führungskräfte fehlen.
Wertewandel:
Der Wandel der
Die Generation Y (nach 1982 geboren) und ihr verändertes Werteverständnis von Arbeit nimmt
Arbeitswelt
Einfluss auf die Arbeitswelt. Waren in den 80er Jahren noch „Karriere“, „Führung“ oder „ge-
(be-)trifft auch
steigertes Einkommen“ die angestrebten persönlichen Ziele, haben heutzutage andere Werte
den Mittelstand.
eine größere Bedeutung gewonnen. Verschiedene Studien und Befragungen belegen, dass
diese Generation auf selbstbestimmtes Arbeiten, persönliche Weiterentwicklung, interessante
und sinnvolle Aufgaben sowie ein gutes Verhältnis zwischen „Arbeit und Leben“ (Work-LifeBalance) achtet. Das veränderte Werteverständnis sollte ernst genommen werden, da diese
Generation, auch aufgrund des Fachkräftemangels, ihre Bedürfnisse aktiv einfordert. Ignorieren Unternehmen deren Erwartungen, werden gute Talente das Unternehmen schnell wieder
verlassen. Die aktuelle Diskussion über „Arbeit 4.0“ („Wie werden wir morgen arbeiten?“)
zeigt aber auch, dass dieses Thema nicht nur die Generation Y betrifft. So hat beispielsweise
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Frühjahr einen Dialogprozess gestartet,
um über „Arbeit 4.0“ eine breite Diskussion mit der Bevölkerung in Gang zu setzen (
www.
arbeitenviernull.de).
Flexibler und transparenter Arbeitsmarkt:
Die Fluktuation hat sich in den Unternehmen erhöht und wird sich noch weiter verschärfen.
Aktuelle Studien gehen davon aus, dass es zukünftig die Regel sein wird, den Arbeitgeber fünf
bis sieben Mal im Laufe seines Erwerbslebens zu wechseln. Gleichzeitig erhöht sich zunehmend die Transparenz des Arbeitsmarktes. Karrierewebsites, Socialmediakanäle, Arbeitgeberwettbewerbe oder Bewertungsplattformen (wie
www.kununu.de) geben direkte Einblicke
in die Unternehmen und entlarven so manch gut gemeinte Hochglanzbroschüre. Das (Macht-)
Verhältnis zwischen Unternehmen und Bewerbern dreht sich um. Unternehmen müssen sich
mehr und mehr bei potenziellen Mitarbeitern bewerben und eine attraktive Unternehmenskultur vorweisen, um im Kampf um die Talente erfolgreich zu sein.
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1.2 Definition Talentmanagement – die Grundlage
Was aber versteht man unter „Talenten“? Von Personen mit „Talent“ wird dann gesprochen,
wenn jemand eine besondere Veranlagung bzw. Begabung mitbringt. Talente sind demnach
stabile, angeborene Denk,- Gefühls- und Verhaltensmuster eines Menschen, die produktiv eingesetzt werden können. Jedoch ist Talent weit mehr als das meist in der Gesellschaft
verbreitete Verständnis einer speziellen musikalischen Begabung oder eines hohen Intelligenzquotienten. Talente können ganz vielschichtig sein - ob kreativ, technisch, analytisch,
beziehungsorientiert, strategisch, sprachlich… - so einzigartig der Mensch, so facettenreich
sind auch die Talente.
Beim Talentmanagement muss jedes Unternehmen zunächst selbst definieren, was unter „Talent“ verstanden und wie das Talentmanagement ausgerichtet wird. Meist stehen zwei Fragen
im Fokus:
„So einzigartig
der Mensch, so
facettenreich
sind auch die
Talente.“
•
Soll sich das Talentmanagement auf eine relativ kleine Gruppe von
Mitarbeitern ausrichten, wie zum Beispiel auf sogenannte „High Potentials“
oder Führungskräfte? Meist wird diese Gruppe von Mitarbeitern in
„Talentpools“ aufgenommen und durchläuft dann spezielle Entwicklungs- und
Förderungsmaßnahmen.
•
Oder fasst man den Talentbegriff weiter und geht davon aus, dass jeder
Mitarbeiter im Unternehmen über „Talent“ verfügt? Dann bestünde die Aufgabe
von Führungskräften, Personalverantwortlichen und letztendlich der gesamten
Organisation darin, dieses Talent zu entdecken und zu fördern.
Für den Aufbau eines erfolgreichen Talentmanagements ist der Rückhalt der Geschäftsführung zwingende Voraussetzung. Diese muss Talentmanagement als wichtiges, unternehmensrelevantes Thema (an-)erkennen und aktiv vorantreiben. Sind Mitarbeiter aus den Personalabteilungen für die Umsetzung verantwortlich, muss die Geschäftsführung sicherstellen, dass
die nötige „Rückendeckung“ auch aus den Fachabteilungen vorhanden ist.
Die strategische Verankerung des Talentmanagements mit der Unternehmensstrategie ist von
großer Bedeutung. Die Unternehmensstrategie zeigt Weg und Ziele auf, wie sich das Unternehmen in Zukunft entwickeln und positionieren möchte. Daran sollte sich auch die zukünftige
Talentmanagementstrategie orientieren.
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1.3 Talentgewinnung
Steht beim klassischen Recruiting das kurzfristige Besetzen von vakanten Stellen im Vordergrund, setzt das Talentmanagement schon viel früher an, um gute Kandidaten frühzeitig anzusprechen und mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Der Mittelstand hat an dieser Stelle eine besondere Herausforderung zu meistern. Im Kampf um die Talente steht er in direkter Konkurrenz
zu den Großunternehmen. Auch ist bei den jungen Nachwuchskräften ein starker Trend zur
Urbanisierung erkennbar. Unternehmen mit einem Standort in eher strukturschwachen oder
ländlichen Regionen, müssen sich daher gut positionieren. Für den Mittelstand ergeben sich
gute Chancen eine „echte“ Arbeitgebermarke aufzubauen, die weit mehr wert ist als so manche
Hochglanzbroschüre. So können pragmatische Maßnahmen auch mit kleinem Budget initiiert
werden, um sich bei den Talenten einen Namen zu machen. Ein möglicher Talentgewinnungsprozess wird im Folgenden analog zur „AIDA“ Formel aus dem Marketing dargestellt.
Attention:
Talente gewin-
Potenzielle Kandidaten auf das Unternehmen aufmerksam machen. Junge Nachwuchskräfte
nen mit Hilfe
und Hochschulabsolventen berichten immer wieder, dass sie zwar oft den Wunsch verspüren
der AIDA-
in der jeweiligen Region beruflich einzusteigen, doch manchmal gar nicht die unterschiedli-
Formel.
chen Karrieremöglichkeiten der Unternehmen kennen. Hier muss die Wahrnehmung erhöht
werden:
•
Schulkooperationen: Schulen bieten meist sogar kostenfreie Möglichkeiten, das eigene
Unternehmen zu präsentieren. Sei es auf Jobmessen, auf Karrieretagen, Tag der offenen
Tür, Zusammenarbeit in Projekten oder durch Vorträge. Oft gibt es konkrete Ansprechpartner unter den Lehrern, die genau für diese Kooperationen verantwortlich sind. Diese
gilt es anzusprechen.
•
Hochschulkooperationen: Um bei Absolventen von Hochschulen und Universitäten
wahrgenommen zu werden, bieten sich neben den üblichen Jobmessen auch Kooperationen an. Der sogenannte „Career Service“, der mittlerweile an fast allen Hochschulen zu
finden ist, dient als Türöffner. Der direkte Weg über die Lehrstühle oder Fachschaften ist
auch interessant, da einige Hochschulprofessoren ihre Studenten sehr gut kennen und
einen Kontakt herstellen können. Der Beziehungsaufbau zu den Lehrenden und Dozenten
ist dabei das „A und O“ und bezieht sich zunächst auf einen rein fachlichen Austausch.
Warum dann nicht mal die eigenen Fachkräfte aus dem Unternehmen fragen, ob nicht
Interesse besteht hier aktiv zu werden?
•
Karriere- und Berufsmessen: Neben den Messen der Schulen und Hochschulen gibt es
oftmals in jeder Region spezielle Karriere- und Berufsmessen. Eine regelmäßige und
kontinuierliche Teilnahme kann bereits die Wahrnehmung bei potenziellen Bewerbern
stark erhöhen.
•
Mitarbeiterempfehlungsprogramme: Lassen Sie Ihre Mitarbeiter zum Botschafter Ihres
Unternehmens werden. Informieren Sie die Mitarbeiter regelmäßig über die Karrieremöglichkeiten im eigenen Unternehmen und animieren Sie, die Angebote im Freundes- oder
Bekanntenkreis zu kommunizieren.
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Interest:
Welche Leistun-
Haben potenzielle Kandidaten das Unternehmen auf dem Schirm, geht es nun darum auch
gen macht mein
ihr Interesse daran zu wecken. Die eigene Karriere Website bleibt immer noch der Dreh- und
Unternehmen
Angelpunkt, um für die Bewerber interessant zu sein. Punkten Sie als Mittelstand mit der per-
besonders für
sönlichen Note. Machen Sie deutlich, für welche Werte Ihr Unternehmen steht. Insbesondere
Talente?
gute Fachkräfte fragen sich vor ihrer Bewerbung, ob ihre Werte mit denen eines potenziellen
Arbeitgebers übereinstimmen. Eng verbunden mit den Werten sind dann die speziellen Leistungen für Mitarbeiter. Überlegen Sie, welche besonderen Angebote ihr Unternehmen bietet
und welche sich von anderen Unternehmen abgrenzen. Verleihen Sie Ihrer Website zudem
echte Persönlichkeit, indem z.B. ein Mitarbeiter- oder Azubiblog betrieben und so die Unternehmenskultur nach außen kommuniziert wird. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter ehrlich über den
Unternehmensalltag berichten. Interviewen Sie Ihre Mitarbeiter und fragen Sie sie, warum sie
gerade in diesem Unternehmen arbeiten. Ziel sollte sein, ein authentisches Bild vom Unternehmen abzubilden.
Desire:
Ist das Interesse potenzieller Kandidaten geweckt, sollte dann der Wunsch bei Bewerbern mit
dem Unternehmen in Kontakt zu treten oder sogar dort zu arbeiten, erzeugt werden. Hürden
müssen möglichst gering gehalten werden, um einen schnellen und flexiblen Einstieg zu gewährleisten. Ist den Interessenten klar wie Kontakt aufgenommen werden kann? Ein persönlicher Ansprechpartner ist unabdingbar. Er muss regelmäßig und schnell auf Kontaktanfragen
reagieren und diese auch pflegen. Am besten auf verschiedenen Wegen, damit Interessenten
mit Ihrem Unternehmen möglichst einfach in den persönlichen Kontakt kommen. Bewerbertage, Tag der offenen Tür, Vergabe von Bachelor- und Masterarbeiten, Kurzpraktika oder 3 bis
6-monatige Praktika. Stellen Sie sicher, dass es sich nicht um Eintagsfliegen handelt, sondern
diese Maßnahmen regelmäßig stattfinden. Daneben spielt auch eine qualitative Ausrichtung
der Maßnahmen eine wichtige Rolle. Die Aufgaben und Tätigkeiten in den Praktika sollten
herausfordernd und sinnvoll sein
Action:
Schaffen Sie
Anreize für
Talente, sich
in Ihrem Unternehmen zu
bewerben.
Der Wunsch des Kandidaten sich zu bewerben ist geweckt. Nicht nur das, womöglich kann er
sich vorstellen, ein festes Arbeitsverhältnis einzugehen. In dieser Phase sind einige erfolgskritische Maßnahmen zu berücksichtigen: es geht darum, sicherzustellen, dass der Kandidat sich
ohne großen Aufwand bewerben kann, z.B. direkt über das eigene XING Profil. Dazu dienen
etwa kurze Antwortmöglichkeiten, entweder auf die Bewerbung oder für die Einladung zum
Vorstellungsgespräch, um den Bewerbern Wertschätzung und ein gutes Gefühl zu vermitteln.
Ist das „klassische“ Vorstellungsgespräch noch zeitgemäß? Nicht selten fangen gute Kandidaten nur deshalb nicht bei einem Unternehmen an, da sie keine positiven Erfahrungen im
Gespräch gemacht haben. Unternehmen sollten sich fragen, wie eine Kommunikation „auf
Augenhöhe“ gelingen kann.
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1.4 Talentidentifizierung
Eine saubere und gründliche Talentidentifizierung ist das Herzstück jeden Talentmanagements. Folgende 4 Phasen können zu einer fundierten Entscheidung führen.
POSITIONSANALYSE
NOMINIERUNG
POTENZIALANALYSE
AUSWAHL
1. Phase: Zielpositionen-Bewertung
Effektive Maß-
Grundlage der Talentidentifizierung ist die Bewertung von Schlüsselpositionen. Diese können
nahmen für eine
direkt von der Geschäftsführung oder auch in der Zusammenarbeit von Geschäftsführung,
aussagekräftige
Führungskräften und HR-Verantwortlichen definiert werden. Bei der Bewertung geht es nicht
Talentidentifi-
zwingend um spezifische (aktuelle) Stellen, sondern um mögliche Schlüsselpositionen, die
zierung.
für das Unternehmen von Bedeutung sind. Es gilt bei der Bewertung zwei wichtige Aspekte
zu berücksichtigen: Erstens sollte sich die Bewertung nicht nur auf die Führungsebene beschränken, sondern auch die Fachpositionen einbeziehen, die für Herausforderungen und für
die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens von hoher Bedeutung sind. Zweitens sollten die
spezifischen Anforderungen an zukünftige Inhaber der Schlüsselpositionen festgelegt werden.
2. Phase: Nominierung
In der Nominierungsphase wird definiert, welche generellen Mitarbeitergruppen für künftige
Schlüsselpositionen in Frage kommen und Berücksichtigung finden. Auch der Nominierungsprozess sollte klar sein. Ein interessanter Trend: Jeder Mitarbeiter kann sich im Rahmen einer
Selbstnominierung für einen Talentpool bewerben. Dies fördert Transparenz, Selbstverantwortung und verhindert, dass Talente verkannt werden oder von Führungskräften aus eigennützlichen Motiven nicht „aus der Hand gegeben werden“.
3. Phase: Potenzialanalyse
In dieser Phase geht es um die Diagnose des nötigen Potenzials und die Eignung für kommende Schlüsselpositionen. Der Mensch ist vielschichtig und einzigartig. Mit der folgenden
5-Stufen-Systematik können die einzigartigen Potenziale der Mitarbeiter entdeckt werden.
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Talente: Talente sind produktiv einsetzbare, angeborene Denk-Gefühls- und Verhaltensmuster
eines Menschen.
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05
Wissen/Erfahrung
04
Charakter: Charakter bezeichnet vorbildliches,
verantwortungsvolles und integres Verhalten in
unterschiedlichen Situationen.
Handlungskompetenzen
Eigenschaften: Eigenschaften beschreiben
die persönliche Art und Weise, wie Mitarbeiter
Aufgaben erledigen und mit Menschen interagieren.
Charakter
Handlungskompetenzen: Kompetenzen sind
wiederholbare Verhaltensweisen in komplexen,
unerwarteten und offenen Situationen, die
erfolgreiche Ergebnisse liefern.
Wissen/Erfahrungen: Das spezifische Wissen
und berufliche Erfahrungen, die jemand in
einem bestimmten beruflichen Kontext
gesammelt hat.
03
Eigenschaften
02
ERGEBNIS:
Differenziertes
Talentprofil
01
Talent
Auf letzteres sollte nicht der große Schwerpunkt gelegt werden, da Wissen und
Erfahrungen noch am ehesten gelernt und entwickelt werden können.
Die unterschiedlichen Aspekte der Persönlichkeit können mittlerweile sehr gut über
bestimmte Online-Testverfahren abgebildet werden. Sie werden kostengünstig und
schnell durchgeführt und geben Aufschluss über die noch „unentdeckten“ Potenziale. Zusammen mit der Einschätzung des direkten Vorgesetzten des Talents ergibt
sich somit ein differenziertes Profil.
Abbildung 1: Potenzialanalyse
4. Phase: Auswahl
Geschäftsführung, Führungskräfte und HR-Verantwortliche sollten sich von den Kandidaten
einen eigenen Eindruck machen. Bewährt haben sich sogenannte halbstrukturierte Interviews, in denen allen Kandidaten zuvor festgelegte Fragen gestellt werden, aber auch noch die
Möglichkeit besteht, Zwischen- bzw. weitere Fragen einzubauen. Eine weitere, gut ergänzende
Maßnahme ist, die Kandidaten eine Präsentation zu zukünftigen unternehmensrelevanten
Themen halten zu lassen. Zusammen mit der Rückmeldung der direkten Führungskräfte und
der Analyse der Testergebnisse der Potenzialanalyse ergibt sich dann ein komplettes Bild.
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1.5 Talententwicklung
Die Förderung von Talenten beginnt mit einem realistischen Entwicklungsplan, der auf einer
Potenzialanalyse aufbaut. Vorhandene Stärken werden deutlich, aber auch persönliche Entwicklungsfelder werden konkretisiert. Wie können diese Potenziale identifiziert werden? Auf
was sollte der zukünftige Entwicklungsplan den Schwerpunkt legen?
Für die Identifizierung des Potenzials eignet sich ein „Dreiklang“ bezüglich des Blicks auf die
Persönlichkeit und verschiedenen Rückmelde- und Reflexionsmethoden.
Bitten Sie zunächst Ihre Talente eine Selbsteinschätzung ihres Potenzials vorzunehmen.
Folgende Leitfragen geben Orientierung:
Stärken/Schwächen: Welche Aufgaben/Tätigkeiten fallen mir leicht? Wo habe
ich bisher überdurchschnittliche Leistungen erzielt? Bei welchen Tätigkeiten
empfinde ich Freude und erhalte ich Energie? Welche Aufgaben fallen mir
schwer? Bei welchen Tätigkeiten muss ich große Anstrengungen unternehmen,
um mein Ziel zu erreichen?
Interesse: Welche (unternehmensrelevanten) Themen begeistern mich?
In welchen Bereichen möchte ich mich weiterentwickeln? Welche Themen
bewegen mich und mit welchen möchte ich mich in Zukunft beschäftigen und
dazu lernen?
Ideales Umfeld: Welches Arbeitsumfeld benötige ich, um überdurchschnittliche
Leistungen zu erzielen? Möchte ich mich fachlich spezialisieren oder eine Führungsposition anstreben? Welche Art von Tätigkeiten liegen mir: große Herausforderungen, Interaktion im Team, Verbesserung von Prozessen?
Stärken &
Schwächen
Interesse
ideales Umfeld
Dann sollte eine Fremdeinschätzung durch die jeweilige Führungskraft und von
ein bis zwei Kollegen aus dem näheren Umfeld erfolgen.
Abbildung 2: Selbsteinschätzung
Aus diesem Potenzialprofil lässt sich ein individueller Entwicklungsplan ableiten, der aus
einem Maßnahmenportfolio besteht. An dieser Stelle erfolgt die kurze Vorstellung zwei dieser
Maßnahmen, die speziell im Mittelstand gut umgesetzt werden können:
Stretching jobs
„Die PS müssen
Talenten sollten zeitlich befristete Projekte übertragen werden, die auf der einen Seite heraus-
auf die Straße
fordernd sind, also hohe Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten beinhalten, auf der anderen
gebracht
Seite aber auch für das Unternehmen von hoher Bedeutung sind, wie etwa strategische The-
werden.“
men. Sind mehrere Talente im Talentmanagementprogramm vorhanden, können auch Teams
an einer wichtigen Aufgabenstellung zusammen arbeiten und innovative Lösungsvorschläge
kreieren. Insgesamt sollte sichergestellt werden, dass sich die Aufgaben auf jeden Fall von den
mit der derzeitigen Funktion verbundenen Tätigkeiten unterscheiden.
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Mentoring und Coaching
Schaffen Sie Möglichkeiten, dass Ihre Talente sich aktiv mit ihrem Entwicklungsprozess auseinandersetzen. Beim Mentoring geht es schwerpunktmäßig um die Weitergabe von Wissen
und kann sehr gut von erfahrenen Personen gewährleistet werden. Dafür eignen sich nicht nur
Kollegen aus den eigenen Reihen, sondern auch welche aus anderen Unternehmen. Warum
nicht mal Kontakt zu befreundeten Unternehmen oder Zulieferern aufnehmen und nachfragen,
ob Interesse an einem unternehmensübergreifenden Mentoringprogramm besteht? Hilfestellung durch Coaching sollte in Betracht gezogen werden, wenn spezielle Themen aus der Potenzialanalyse wie Selbstorganisation oder Kommunikation anstehen. Externe Coaches können
mit dem entsprechenden Thema beauftragt werden.
1.6 Talentbindung
Talente werden am stärksten durch eine für sie attraktive Unternehmenskultur an das Unternehmen gebunden. Dies ist einer der wichtigsten und gleichzeitig schwierigsten Schritte, da
Kultur immer das ganze Unternehmen umfasst und auch nicht von „heute auf morgen“ verändert werden kann. Unternehmen sollten alles daran setzen ihre Kräfte zu konzentrieren, eine
attraktive Arbeitsumgebung zu schaffen, um Talente langfristig zu binden. Folgende Kulturanker sind nach unseren Erkenntnissen sowie verschiedenen Studien, besonders relevant:
Die Kultur des
Unternehmens ist
entscheidend für
die langfristige
Bindung von
Talenten.
•
Ausgewogene Work-Life-Balance: Vertrauensarbeitszeit, flexibles bzw. mobiles
Arbeiten, Zeit für die persönliche Entwicklung, Gesundheitsmanagement etc.
•
Transparente Unternehmenspolitik: Talente sollten Zugang zu strategischen
Informationen erhalten und aktiv an der Unternehmensentwicklung teilhaben.
Zum Beispiel kann dies durch sogenannte „Kamingespräche“ ermöglicht
werden. Dabei treffen sich Talente regelmäßig mit den Geschäftsführern, um sich
über die aktuelle Unternehmensentwicklung auszutauschen. Dies ist nicht nur
eine große Wertschätzung gegenüber den Talenten, auch die Führung bekommt
wertvolle Impulse.
•
Regelmäßige Potenzialgespräche: Talente sollten einerseits regelmäßig
Rückmeldung über ihre Leistung und Entwicklung erhalten, anderseits auf
Basis des Potenzialanalyse gemeinsame Ziele für die zukünftige Entwicklung
definieren.
•
Fordernde Förderung: Herausfordernde Projekte, die eine hohe Relevanz für
das Unternehmen haben. Wichtig ist, dass passende Projekte im Einklang des
Potenzials (Stärken/Schwächen, Interessen, ideales Umfeld) ausgewählt werden.
Dies steigert nicht nur die Motivation, sondern gewährleistet auch sehr gute
Ergebnisse.
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Fazit/Umsetzung
Für eine erfolgreiche Einführung eines Talentmanagement-Ansatzes kann sich durchaus die
Frage ergeben, wo überhaupt anzufangen ist. Im Folgenden sollen drei konkrete Ideen vorgestellt werden, die bereits eine gute Grundlage für den Start bieten:
Workshop:
Insbesondere in der Anfangsphase zum Thema Talentmanagement empfiehlt sich ein Workshop, um ein gemeinsames Verständnis und die zukünftige Ausrichtung zu definieren. Folgende Fragen sind relevant:
• Was verstehen wir unter Talent?
• Wie kann eine zukünftige Ausrichtung im Sinne der Unternehmensstrategie erfolgen?
• Welche Ziele sollen mit dem Talentmanagement erreicht werden?
• Wer wird für das Talentmanagement verantwortlich sein?
• Wie können wir sicherstellen, dass das Talentmanagement erfolgreich ist?
Talentmanagementkonzept durch Talente entwickeln lassen:
Warum nicht direkt den potenziellen Talenten im Unternehmen ein Projekt für das neue
Talentmanagementkonzept übertragen? So bietet man nicht nur eine herausfordernde und
strategisch wichtige Aufgabe, sondern macht die Betroffenen zu Beteiligten. Zugleich wird
Identität geschaffen und die Ernsthaftigkeit des Themas unterstrichen.
Talentlandkarte bei ausgewählter Zielgruppe entwerfen:
Definieren sie eine Pilotgruppe, z.B. junge Nachwuchskräfte, die weniger als zwei Jahre im
Unternehmen sind. Mit und für diese Talente wird ein Talentcheck gemacht, d.h. es werden die
Potenziale, Interessen und Möglichkeiten im Unternehmen erhoben und in einem einfachen
Verfahren gematcht. Dabei erfährt man recht schnell, was sich die Talente wünschen, was sie
erreichen könnten und was das Unternehmen auch perspektivisch bieten kann. So erhält man
eine erste einfache Talentlandkarte.
Ausblick
Der Trend geht dahin, dass sich die Prozesse im Talentmanagement umkehren
werden. Suchte man bisher bei bestimmten, definierten Stellenanforderungen
nach Potenzialträgern, wird man künftig kontinuierlich Talente identifizieren und
entwickeln, ohne konkrete Stellen im Blick zu haben.
Die Unternehmen werden für die vorhandenen Talente passende Stellen suchen bzw.
schaffen und nicht andersherum aufgrund eines Besetzungsbedarfs Talente suchen.
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Die Autoren:
Philipp Apke
Berater für Talentmanagement
[email protected]
Michael Kühner
Geschäftsführer
Bildnachweis: Infografiken (Strametz & Associates GmbH) • Titelbild (Shutterstock - Goodluz), Seite 2 (Shutterstock - Pressmaster)
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