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T it elt hema
Innovationen mit Geschmack
Genuss und Gesundheit, Tradition und Jugendkultur, Selbstvermarkter und
­industrielle Großbetriebe – Vielfalt prägt die Thüringer Ernährungsbranche.
Bier und Bratwurst gehören ebenso dazu wie nach modernsten Ernährungs­
gesichtspunkten entwickeltes „Functional Food“. Allen gemeinsam ist: nur
was den Geschmack in der richtigen Zielgruppe trifft, lässt sich auch wirt­
schaftlich vermarkten.
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Ost thür inger Wir tschaf t · Apr il 2015
T it elt hema
Ernährungswirtschaft: Tradition oder Innovation?
Auf den ersten Blick ist Thüringens Ernährungswirtschaft nicht von Innovationen geprägt. Aber es lohnt sich auf
alle Fälle, einen zweiten Blick zu riskieren. Modernste Produktionsanlagen, immer neue Ideen für traditionelle
Erzeugnisse, Umsetzung aktueller Forschungsergebnisse in Produkte und Technologien – auch das ist typisch für
die Branche. Immer im Blick: Die Erwartungen der Kunden zwischen Genuss und Gesundheit, die Zwänge des
Marktes zwischen Rohstoffkosten und Verkaufspreisen und die Anforderungen der Gesetze zwischen Hygiene
und Kennzeichnungspflicht.
Thüringer sind Genussmenschen. Deftiges
steht ganz hoch im Kurs. Allen voran die
berühmte Thüringer Bratwurst. Aber auch
Backwaren oder Schokolade haben eine
lange und wohlschmeckende Tradition.
Käse, Margarine oder hochprozentiges –
die Liste ließe sich beliebig fortführen.
„Die Ernährungsbranche ist ein wichtiger
wirtschaftlicher Faktor im Freistaat. Nur
in der Automobilindustrie und ihren
Zulieferern wird mehr Umsatz erwirt­
­
schaftet“, erläutert Doreen Ballauf, Ge­
schäftsstellenleiterin des Thüringer Ernäh­
rungsnetzwerkes. Dieses Potenzial will das
Netzwerk als Lobby- und Kommunikati­
onsplattform weiter erschließen – auch mit
medienwirksamen Events, wie dem Fami­
lienpicknick im ega-Park oder dem 1. Thü­
ringer Ernährungsgipfel auf der Wartburg.
33 Unternehmen und Forschungseinrich­
tungen nutzen das Netzwerk bereits zum
Erfahrungs- und Informationsaustausch,
für branchenspezifische Weiterbildung
oder zur Anbahnung von Kooperationen
und Forschungsprojekten.
t­raditionellen Bestandteilen unserer Nah­
rung Gesundheitsrisiken erwachsen. Pro­
duktentwickler suchen also nach Alterna­
tiven. Tierisches Eiweiß durch pflanzliches
zu ersetzten, Stevia als Zuckerersatz zu
nutzen oder Salz zu reduzieren ist deshalb
ein Thema in vielen Unternehmen der
Branche. Die Folge sind nicht nur geän­
derte Rezepturen sondern auch neue Her­
stellungsverfahren, Technologien, Liefer­
ketten usw.
Aber auch geänderte Lebenskonzepte
haben Einfluss auf das Kaufverhalten und
lassen Firmen reagieren. So bedingt bei­
spielsweise der hohe Anteil an Singlehaus­
halten eine höhere Nachfrage nach klei­
neren Packungsgrößen.
www.th-ern.net
Die Ernährungsbranche ist ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor im
Freistaat. Nur in der Automobilindustrie und ihren Zulieferern wird
mehr Umsatz erwirtschaftet.
D o r e en B allauf, T hürin g er E r nähr un g s n e t z wer k e . V.
Umsatz-Ranking Thüringer Industriebranchen 2014
Gesundheit liegt im Trend
Das Trendbarometer in der Ernährungs­
branche zeigt deutlich in Richtung Ge­
sundheit. Stichworte: „Functional Food“
oder „Laktosefrei“. Immer häufiger bekom­
men Lebensmittel einen Zusatznutzen.
Cholesterin beeinflussende Margarine oder
verdauungsfördernde Joghurts stehen
symbolhaft für eine Reihe solcher Produk­
te. „Immer gefragter sind auch Nahrungs­
mittel, die frei von möglichen Auslösern
von Unverträglichkeiten oder Allergien
sind“, berichtet ­Doreen Ballauf. Dazu zäh­
len unter anderem Gluten oder Laktose,
aber auch tierisches Eiweiß. „Zunehmend
mehr Menschen sind davon betroffen und
ernähren sich bewusster.“ Durch veränder­
te Ernährungsgewohnheiten, Produktion
und Verarbeitung können aus diesen
Herstellung von Kraftwagen und
Kraftwagenteilen (15 %)
Ernährungsgewerbe (13 %)
Herstellung von Metall­
erzeugnissen (12 %)
Herstellung von Gummi- und
Kunststoffwaren (9 %)
Herstellung von Glas und Glas­
waren, Keramik, Verarbeitung von
Steinen und Erden (4 %)
Herstellung von Holz-, Flecht-,
Korb- und Korkwaren (ohne Möbel)
(2 %)
Metallerzeugung und -bearbeitung
(4 %)
Herstellung von Druckerzeugnissen;
Vervielfältigung von bespielten
Ton-, Bild- und Datenträgern (2 %)
Herstellung von Papier, Pappe und
Waren daraus (4 %)
Herstellung von Möbeln (1 %)
Maschinenbau (9 %)
Herstellung von chemischen
­Erzeugnissen (3 %)
Herstellung von pharmazeutischen
Erzeugnissen (1 %)
Herstellung von Datenverarbei­
tungsgeräten, elektronischen und
optischen Erzeugnissen (8 %)
Reparatur und Installation von
Maschinen (3 %)
Herstellung von Textilien (1 %)
Herstellung von elektrischen
­Ausrüstungen (6 %)
Herstellung von sonstigen Waren
(3 %)
Sonstige (1 %)
Herstellung von Leder, Lederwaren
und Schuhen (0,24 %)
Basis: Landesamt für Statistik Thüringen
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Forschung, die gesund ist und schmeckt
„Wenn man sich gegen wirtschaftsstarke
Wettbewerber an den Kühltheken des Ein­
zelhandels durchsetzen will, bedarf es be­
sonderer Produkte. Produkte, die leicht
und gesund und dabei schmackhaft sind“,
ist Rita Weimann überzeugt. Die von
­Bauern der Region getragene und von ihr
geleitete HERZGUT Landmolkerei e G aus
Rudolstadt orientiert sich streng an diesen
Verbraucherwünschen. Entsprechend setz­
te die Molkerei 1995 gemeinsam mit der
FSU Jena eine sehr innovative Idee um:
Hochwertige Milch, die sich problemlos zu
streichzarter Butter oder gesundem Jo­
ghurt verarbeiten lässt. Dafür müssen die
Kühe einen besonderen Ernährungsplan
einhalten – wissenschaftlich entwickelt
und patentiert. „Die Kühe erhalten täglich
eine Extraportion Raps, die reich an un­
gesättigten Fettsäuren ist. Dafür bedanken
sie sich mit einer hochwertigen Milch“, er­
läutert Geschäftsführerin Rita Weimann.
Vorteil für den Verbraucher: Das ohnehin
schon gesunde Lebensmittel Milch ist noch
gesünder. Zudem lässt sich die Butter auf­
grund des natürlichen Anteils an ungesät­
tigten Fettsäuren selbst frisch aus dem
Kühlschrank einfach und leicht streichen.
Für den hierfür sonst üblichen Zusatz von
Innovative Ideen sind gefragt, wenn man sich gegen wirtschaftsstarke
Wettbewerber an den Kühltheken des Einzelhandels durchsetzen will.
Pflanzenölen besteht keinerlei Notwendigkeit. Vorteil für die Molkerei: Die „Pre­
mium-Milch“ ist die Basis für alle Pre­
miumprodukte der Frischemolkerei.
2008 gingen die Produktentwickler
­einen Schritt weiter: Gemeinsam mit Wis­
senschaftlern unter anderem von der Universität Jena, fanden sie einen Weg, wert­
volle Omega-3-Fettsäuren aus Fischölen
geschmacksneutral in Joghurt einzu­
binden. 2010 startete Herzgut den Verkauf
des Omeghurts. ­Natürlich hatte dieser zu­
vor den „Geschmackstest“ bei Molkerei­
mitarbeitern und Verbrauchern erfolgreich
bestanden. Dem müssen sich alle neuen
Produkte von Herzgut stellen, auch die
klassischen Molkerei-Produkte von Früh­
lingsjoghurt bis Butterkäse. Mit beson­
derer Spannung erwartete die Molkerei
jüngst die Ergebnisse der Kostproben i­ hrer
aktuellsten Neuheit: „Jovia, ein mit der
Süße aus Stevia und Rüben gesüßter
­Joghurt, überzeugt durch seinen fruchtigleichten Geschmack – und das obwohl er
im Vergleich zu herkömmlich gesüßten
­Joghurts mit 44 Prozent weniger Zucker
Qualität von Herzgut:
100 Prozent Thüringer Milch von regionalen Erzeugern, tagfrisch verarbeitet
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Rit a Weimann , H E R ZG U T L an dm olker ei e .G .
auskommt“, so Rita Weimann. „Damit kom­
men wir gesundheitsbewussten Kunden
entgegen, die Zucker meiden, aber trotz­
dem nicht auf den Genuss fruchtigen
­Joghurts verzichten wollen.“
Kundennähe und Regionalität sind Rita
Weimann und ihren 100 Mitarbeitern be­
sonders wichtig. So kommt nicht nur die
Milch ausschließlich von Bauern der Re­
gion. In der firmeneignen Verkaufsstelle
kann man seine Milch selber zapfen und
handgefertigte Schwarzataler Käsespezia­
litäten erwerben. Nach vorheriger Anmel­
dung können Besuchergruppen auch einen­
Blick in die Herstellung von Käse werfen.
www.herzgut.de
Sündige Belohnung:
Bewährtes immer wieder neu entdecken
„Pralinen sind die kleine Sünde, mit der
man sich gern mal zwischendurch belohnt.
Da denkt keiner an Gesundheit, da zählt
vor allem der Genuss“, sagt Elvira Ortlepp
mit einem Augenzwinkern über die Pro­
dukte, die täglich das Band im Schokola­
denwerk Berggold GmbH verlassen, deren
Geschäftsführerin sie ist.
Seit 1876 wird in Pößneck Schokolade­
hergestellt. Das Sortiment, hauptsächlich
Pralinen und Fruchtgelees, hat sich in den
letzten Jahrzehnten kaum grundsätzlich
verändert und ist doch immer wieder neu.
„Große branchenverändernde Innovatio­
nen können wir als relativ kleines Unter­
nehmen nicht stemmen, aber unsere Kun­
den können sich jedes Jahr auf köstliche
Neuerungen von Berggold freuen.“ Entwi­
ckelt werden sie im werkseigenen Labor,
getestet von den eigenen Mitarbeitern.
„Was uns nicht schmeckt, landet auch
nicht in den Regalen der Supermärkte“,
versichert Elvira Ortlepp. Geschafft haben
es im vergangenen Jahr beispielsweise
Punsch-Zapfen und Bratapfelgelee oder
weihnachtliches Rum- und Marzipankon­
fekt sowie Fondanttaler in den Ge­
schmacksrichtungen Zitrone und Cassis.
Den Test nicht bestanden hat beispielswei­
se das pflanzliche Süßungsmittel Stevia.
Ehe aus einer Idee ein neues Produkt
werden kann, muss sie jedoch außer dem
„Geschmackstest“ noch weitere Hürden
T it elt hema
meistern: Kann es auf den vorhandenen
Anlagen produziert werden? Welche In­
vestitionen sind ggf. notwendig? Sind die
Rohstoffe am Markt verfügbar? Kann mit
den anfallenden Kosten das gewohnte
Preis-Leistungs-Verhältnis gewahrt wer­
den? So beeinflussen am Ende auch harte
betriebswirtschaftliche Kriterien die Um­
setzung neuer Produktideen.
Ideen für neue Kreationen gehen den
Schokoladenexperten nicht aus. Impulse
kommen von den Herstellern von Aromen
und anderen Zutaten zum anderen aber
auch von den Konsumenten – im haus­
eigenen Werksverkauf, auf Messen wie der
„Grünen Woche“, per Internet und seit
kurzem auch auf Facebook. Dieser Kon­
takt ist Elvira Ortlepp sehr wichtig, denn
die Produkte müssen letztendlich den Weg
in die Einkaufstaschen schaffen.
„Wir fragen uns ständig, wo die Ent­
wicklung hingeht, wie wir neue Zielgrup­
pen erreichen können. Über den Verkaufs­
erfolg in den Lebensmittelmärkten ent­
scheidet neben dem guten Geschmack
auch gute und gezielte Werbung. Wenn
wir uns weiter am Süßwarenregal gegen
große Konzerne behaupten wollen, müs­
sen wir auch dort immer wieder neue
Made in Pößneck – gefragt weltweit:
Fruchtgelees und Pralinen von Berggold
Wege gehen“, ist sich Lisa Degenkolb, Ab­
teilung Marketing, sicher.
Die Firma Berggold Pößneck beschäf­
tigt rund 100 Mitarbeiter und bildet zehn
Azubis aus. Ihre Pralinen und andere Sü­
ßigkeiten schmecken nicht nur den Deut­
schen. Sie sind weltweit gefragt von Neu­
seeland bis Skandinavien.
www.heinerle-berggold.de
www.facebook.com/Schokoladenwerk.
Berggold
Spontan ein bisschen verrückt sein:
Lebensgefühl als Kaufentscheidung
Die „Werbung mit Sexappeal“ der Alten­
burger Brauerei fällt auf. „Soll sie auch“,
so Bastian Leikeim, einer der Geschäfts­
führer des 144 Jahre alten Unternehmens.
Dass sie nicht jedem gefällt, nimmt er in
Kauf, auch die Kritik vom Werberat. „Wir
wollen nicht Grenzen austesten oder gar
überschreiten, sondern Lebensgefühl ver­
mitteln: Spontan etwas verrückt sein. Zum
Team, das die Motive bewertet und aus­
wählt, gehören übrigens auch Frauen.“
Im Wettbewerb der Brauereien will er
so vor allem bei jungen Kunden punkten.
„Der durchschnittliche Biertrinker ist zwi­
Ehe aus einer Idee ein neues Produkt werden kann, muss sie außer
dem „Geschmackstest“ noch weitere Hürden meistern. So beeinflussen
am Ende auch harte betriebswirtschaftliche Kriterien die Umsetzung neuer
Produktideen.
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T it elt hema
Bastian Leikeim: Werbung mit Sexappeal ist nicht jedermanns Geschmack, fällt aber auf.
Wir wollen nicht Grenzen austesten oder gar überschreiten, sondern
Lebensgefühl vermitteln: Spontan etwas verrückt sein. Der durchschnittliche Biertrinker ist zwischen 40 und 60 Jahre alt. Mit unserer Werbung
wollen auch die 20 bis 40-Jährigen erreichen.
B a s tian L eikeim , A lt enb ur g er B r au er ei G mb H
PR-Info
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schen 40 und 60 Jahre alt“, argumentiert
er. „Wir wollen auch die 20 bis 40-Jähri­
gen erreichen.“
Bewusst haben sich die Altenburger
Brauer gegen immer wieder neue Biersor­
ten und Biermischgetränke entschieden.
Beim Aufwand für Entwicklung und
Markteinführung könne das eher kleine
Unternehmen nicht mit den großen An­
bietern mithalten, mit innovativer Wer­
bung aber seine Marktnische finden und
sich als „Spaßmarke“ etablieren. Werbe­
träger sind nicht die Medien sondern Pla­
kate, die sowohl am Straßenrand als auch
in den Getränkemärkten zu sehen sind.
Anders als die Werbung ist die Qua­lität
der sechs Altenburger Biersorten unum­
stritten. „Wir bereiten gerade die Zertifi­
zierung nach dem International Featured
Standards, kurz IFS, vor“, unterstreicht
Bastian Leikeim seinen Qualitätsanspruch.
Mehrfache Prämierungen durch die DLG
(Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft
e. V.) und nicht zuletzt steigende Umsatz­
zahlen bestätigen das.
Die Altenburger Brauerei GmbH ist im
100-prozentigen Besitz der Familie Lei­
keim. Rund 50 Mitarbeiter brauen jährlich
etwa 145.000 Hekto­liter Bier. Der größte
Teil davon wird im Getränkeeinzelhandel
in den neuen Bundesländern vertrieben.
Besonders beliebt sind die Altenburger
Biere im Raum Leipzig, Zwickau und
Chemnitz.
www.brauerei-altenburg.de
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