Frühjahr & Sommer 1.2015 Notizen Kindheit Kinder haben Rechte! Spende für Flüchtlinge Seite 3 Seite 26 Kita-Eröffnung mit Roland Kaiser Neues aus dem Stadtteilzentrum Seite 8 Seite 17 Editorial Thema Kindheit Recht haben und Recht bekommen ................................ S. 3 Eröffnung der Kindertagesstätte mit Roland Kaiser ...................... S. 8 Das Kita-Team .......................... S. 9 Alle anders, alle gleich, alle wichtig ............................. S. 10 Liebe Leserinnen und Leser, liebe Feundinnen und Freunde des Paul Gerhardt Stifts, die erste Ausgabe der Notizen im Jahr 2015 ist dem Thema Kindheit gewidmet. Im Mittelpunkt steht dabei die Kindertagesstätte als Ort von Bildung, Teilhabe und Inklusion. In seinem Beitrag "Rechte haben und Rechte bekommen" reflektiert Jörg Maywald die Bedeutung der Kinderrechte für Kindertagesstätten. Der Leiter der Kita des Paul Gerhardt Stifts, Jonas Burkowski, nimmt im Rahmen eines Interviews und in einem Artikel Stellung zur pädagogischen Konzeption und den Perspektiven der Einrichtung, die am 23. März im Beisein von Roland Kaiser und der Bildungsstaatssekretärin Siegrid Klebba feierlich eröffnet wurde. Auch dazu finden Sie einen Rückblick in diesem Heft. Die besondere Herausforderung der interreligiösen Öffnung einer evangelischen Kita skizziert Anke Freienstein. Einen ganz anderen Blick auf das Titelthema ermöglicht schließlich die Erinnerung an zwei Kinder eines von den Nationalsozialisten vernichteten Dorfes im besetzten Griechenland. Die Notizen wollen Sie zudem über die vielfältigen Aktivitäten und Angebote des Stadtteil- und Familienzentrums informieren, das im Juli sein neues Programm präsentieren wird. Die Mitarbeiterinnen der neuen Projekte "Intermediäre Stadtteilkoordination" und "Bildungspatenschaften für Romakinder" stellen sich vor und Friederike Schwemin gewährt einen Einblick in die Begleitforschung zum Projekt Netzwerk#P, das sich in besonderer Weise der partizipativen Bedarfsanalyse in der Bezirksregion Parkviertel gewidmet hat. Selbstverständlich erfahren Sie auch Neuigkeiten aus dem Geistlichen Zentrum. Wir wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser eine anregende Lektüre und eine schöne, erholsame Sommerzeit. Herzliche Grüße Ute Köpp-Wilhelmus "Kinder leben Toleranz und Vielfalt einfach vor!" ................ S. 12 In evangelischen Kitas religiöse Vielfalt wahrnehmen ................ S. 13 Avaptisto und Argyris ............... S. 15 Aktuelles aus dem Stadtteilzentrum ....................... S. 17 Nachbarschaft, Netzwerke, Nachfragen. Projektbericht ........ S. 19 "Bärenstark ins Leben mit ehrenamtlichen Paten".............. S. 21 Freiwilliges Soziales Jahr im Stadtteil- und Familienzentrum S. 23 Schwarze Perspektiven für den Kiez ................................... S. 24 Veranstaltungen ....................... S. 25 Frühstücken mit Händen und Füßen ................................ S. 26 Spende für das Refugium von DB Job Service ......................... S. 26 Splitter aus dem geistlichen Leben ..................................... S. 27 Seit 60 Jahren Diakonisse. Glückwünsche ......................... S. 29 Engagement aus Überzeugung. Hans Nisblé zum Geburtstag .... S. 30 Stefan Kurzke-Maasmeier Geleitwort des Vorstands ......... S. 32 Thema Kindheit Notizen 1.2015 · Seite 3 Recht haben und Recht bekommen Der Kinderrechtsansatz in Kindertageseinrichtungen Einleitung Kinder sind von Geburt an Träger von Rechten. Kinderrechte müssen nicht erworben oder verdient werden, sie sind nicht abhängig von bestimmten Eigenschaften, sondern unmittelbarer Ausdruck der jedem Kind innewohnenden Würde. Kinder als Rechtssubjekte zu achten, ist Aufgabe aller Akteurinnen und Akteure in der Arbeit mit Kindern und für Kinder. Mit der Orientierung an den Kinderrechten ist zugleich die Absage an paternalistische Haltungen verbunden. Kinder sind nicht bloß Objekt des Schutzes und der Fürsorge. Kinderrechtsschutz ist daher weitaus mehr als Kinderschutz. Eine an den Kinderrechten orientierte Pädagogik respektiert das Kind als eigenständigen Träger von Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechten. Die Umsetzung der Rechte jedes Kindes ist ein zentraler Aspekt guter Qualität. Pädagogik muss ihren Erfolg oder Misserfolg daran messen lassen, inwieweit sie zur Verwirklichung der Kinderrechte beiträgt. Warum eigene Kinderrechte? Von Beginn an sind Kinder Menschen und daher ohne Einschränkung Träger aller Menschenrechte. Werden der Status des Menschseins und die damit verbundenen Rechte als Maßstab des Vergleichs genommen, sind Kinder den Erwachsenen gleich. Zugleich aber unterscheiden sich Kinder zweifellos von Erwachsenen: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Als „Seiende“ sind sie einerseits Menschen wie alle anderen auch. Als „Werdende“ sind sie andererseits Menschen in einer besonderen Entwicklungsphase. Das Verhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern ist asymmetrisch: Erwachsene tragen Verantwortung für Kinder, nicht jedoch umgekehrt Kinder in gleicher Weise für Erwachsene. Aufgrund der Entwicklungstatsache brauchen Kinder besonderen Schutz, besondere Förderung und besondere, kindgerechte Beteiligungsformen. Für eine gesunde Entwicklung sind sie auf Erwachsene angewiesen, die Verantwortung dafür übernehmen, dass die Kinder zu ihrem Recht kommen. Bei der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Kindern und Erwachsenen geht es also sowohl um Gleichberechtigung wie auch um Anerkennung der Verschiedenheit. In der Balance von Gleichheit auf der einen und Verschiedenheit auf der anderen Seite liegt die besondere Herausforderung im Umgang der Erwachsenen mit den Kindern. Dieses ambivalente Verhältnis normativ angemessen zum Ausdruck zu bringen, ist die Aufgabe des internationalen wie auch des nationalen Rechts. Mit der Anerkennung besonderer Bedürfnisse von Kindern, die von denen der Erwachsenen unterschieden werden können, ist die Erkenntnis verbunden, dass Kinder einen eigenen, auf ihre spezielle Situation zugeschnittenen Menschenrechtsschutz benötigen. Rund 40 Jahre nach Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte haben die Vereinten Nationen daher 1989 die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet, die in spezifischer Weise die jedem Kind zustehenden Menschenrechte normiert. Die Kinderrechtskonvention ist Bestandteil einer Reihe internationaler Konventionen, in denen die Menschenrechte für besonders schutzbedürftige Gruppen der Bevölkerung formuliert wurden. Hierzu gehören z. B. die Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und die Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die in der UN-Kinderrechtskonvention niedergelegten Rechte sind nicht etwa „andere“, jenseits der allgemeinen Menschenrechte angesiedelte Rechte, denn „der Geist der Kinderrechte kommt aus dem Zentrum menschenrechtlichen Denkens“ (Kerber-Ganse 2009, S. 71). Vielmehr spezifiziert und erweitert die Kinderrechtskonvention die allgemeinen Menschenrechte in Bezug auf die besonderen Belange von Kindern. Kinderrechte sind insofern Menschenrechte für Kinder. Entwicklung der Kinderrechte in Deutschland Vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklungen ist es auch in Deutschland zu einem tief greifenden und noch nicht abgeschlossenen Perspektivenwechsel gekommen. Kinder werden auch hierzulande rechtlich weitgehend nicht mehr als Objekte der Erwachsenen, sondern als Subjekte und Träger eigener Rechte behandelt. Ein erster Schritt zur Formulierung eigener Kinderrechte erfolgte im Jahr 1922 mit Inkrafttreten des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes, das auf eine Initiative der 33 weiblichen Abgeordneten Thema Kindheit aus allen Reichstagsfraktionen zurückging. In § 1 Absatz 1 hieß es: „Jedes deutsche Kind hat ein Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit“. Zwar war dieses allein auf Kinder deutscher Staatsangehörigkeit beschränkte Recht auf Erziehung nicht mehr als ein Programmsatz ohne sich daraus ergebende Rechtsansprüche, aber ein Anfang war getan. Eine Weiterentwicklung erfolgte zunächst allerdings nicht, im Gegenteil, Hitlerdiktatur und Zweiter Weltkrieg unterbrachen den zaghaften Reformprozess und warfen das Kind erneut zurück in eine umfassende Abhängigkeit von Eltern und Staat. Auch die Nachkriegsjahre waren zunächst von Stillstand geprägt. Erst in den 1970er Jahren kam – in Deutschland West – Bewegung auf, nicht zuletzt durch die Enthüllungen über unhaltbare Zustände in zahlreichen Kinderheimen im Zuge der so genannten Heimkampagne sowie Foto: Archiv Paul Gerhardt Stift Notizen 1.2015 · Seite 4 durch die Aktivitäten der Frauenrechts- und einer sich neu bildenden Kinderschutzbewegung. Im Zusammenhang mit der umfassenden Sorgerechtsreform von 1980 wurde der Übergang von der elterlichen „Gewalt“ zur elterlichen „Sorge“ vollzogen. Außerdem wurde § 1626 Abs. 2 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt, der erstmals die Mitsprache von Kindern an allen sie betreffenden elterlichen Entscheidungen rechtsverbindlich vorsah. Weitere Verbesserungen im BGB brachte die Kindschaftsrechtsreform von 1998, darunter die weitgehende Gleichstellung ehelicher und nicht ehelicher Kinder. Außerdem wurde das Recht des Kindes auf Umgang mit beiden Elternteilen eingeführt. Schließlich haben Kinder seitdem die Möglichkeit, in Verfahren, die die elterliche Sorge betreffen, einen Verfahrensbeistand als „Anwalt des Kindes“ zur Seite zu bekommen. Ein besonders wichtiges Glied in der Kette bedeutender Kinderrechte ist das im November 2000 verabschiedete Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung. Gemäß § 1631 Absatz 2 BGB haben Kinder seitdem ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind auch seitens der eigenen Eltern unzulässig. Weitere Reformen, insbesondere des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) haben seit den 1990er Jahren zur Verbesserung der Förderung, Beteiligung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen beigetragen. Entgegen den Fortschritten auf der einfachgesetzlichen Ebene kommen Kinder in der deutschen Verfassung – dem Grundgesetz – allerdings weiterhin nicht als Träger eigener Rechte vor. In Artikel 6 des Grundgesetzes (Ehe und Familie) werden sie lediglich als Anhängsel ihrer Eltern – also als Objekte – behandelt und es bedurfte eigens eines Urteils des Bun- Thema Kindheit desverfassungsgerichts, um klarzustellen, dass das Kind uneingeschränkt Träger von Grundrechten ist. Foto: Angie Conscious, pixelio.de Prinzipien des Kinderrechtsansatzes Wie jeder Menschenrechtsansatz beruht der Kinderrechtsansatz auf bestimmten Prinzipien, die sich aus dem Charakter von Menschenrechten ergeben. Vor allem vier grundlegende Prinzipien können unterschieden werden: Universalität, Unteilbarkeit, Kinder als Träger eigener Rechte sowie Erwachsene als Verantwortungsträger. Das Prinzip der Universalität der Kinderrechte: Die Kinderrechte gelten weltweit in gleicher Weise für alle Kinder, unabhängig davon, in welcher Kultur oder Tradition sie leben, unabhängig auch davon, unter welchen Lebensumständen die Kinder aufwachsen. Alle Kinder sind hinsichtlich ihrer Rechte gleich. Jungen und Mädchen haben gleiche Rechte. Nicht-Diskriminierung gehört zum Kernbestand der Menschen- und Kinderrechte. Das Prinzip der Unteilbarkeit der Kinderrechte: Alle Rechte, die Kindern zustehen, sind gleich wichtig Notizen 1.2015 · Seite 5 und eng miteinander verbunden. Das „Gebäude der Kinderrechte“ ist als ganzheitliche Einheit zu verstehen. Keine Gruppe von Rechten ist wichtiger als eine andere. Quer zu allen Bereichen können Schutz-, Förderund Beteiligungsrechte gleiche Geltung beanspruchen. So sind Kinder beispielsweise besser vor Gefahren geschützt, wenn sie ihre Rechte kennen und an den sie betreffenden Entscheidungen beteiligt werden. Das Prinzip der Kinder als Träger eigener Rechte: Kinder sind Träger eigener Rechte (holders of rights). Diese Rechte müssen von ihnen nicht erworben oder verdient und sie können von ihnen auch nicht abgelegt oder veräußert werden. Sie stehen ihnen allein deshalb zu, weil sie Kind sind. Das Prinzip der Erwachsenen als Verantwortungsträger: Dem Prinzip der Kinder als Träger eigener Rechte korrespondiert die Pflicht der Erwachsenen, Verantwortung für die Umsetzung der Kinderrechte zu übernehmen. Erwachsene sind Pflichtenträger (duty bearers), von denen die Kinder die Umsetzung ihrer Rechte erwarten können. Für das Wohl des einzelnen Kindes sind in erster Linie die Eltern verantwortlich. Foto: Susanne Hammel, pixelio.de Aber auch Staat, Wirtschaft, Kultur, Sport und Medien, Verbände und Religionsgemeinschaften sowie die verschiedenen mit Kindern tätigen Institutionen und darüber hinaus alle in einer Gesellschaft lebenden Erwachsenen tragen Verantwortung für Kinderrechte. Kinderrechte in der Kita Fast alle Kinder in Deutschland gehen in die Kita. Die Inanspruchnahme beträgt bei Kindern zwischen drei und sechs Jahren inzwischen mehr als 90 Prozent. Vor dem Hintergrund gesamtgesellschaftlicher Veränderungen – stärkere Erwerbstätigkeit beider Eltern, vermehrte Bildungsanstrengungen, Veränderungen im Lebensumfeld verlagert sich das Eintrittsalter in Tagesbetreuung immer weiter nach vorne. Es ist damit zu rechnen, dass in wenigen Jahren mehr als zwei Drittel aller Zweijährigen und rund ein Drittel der einjährigen Kinder eine Kindertageseinrichtung oder eine Tagespflegestelle besuchen werden. Die Lebenszeit, die Kinder dann durchschnittlich in der Kita verbringen, wird die Zeit, die sie in der (vierjährigen) Grundschule sind, übersteigen. Die Kita ist der Ort, an dem Kinder Thema Kindheit Notizen 1.2015 · Seite 6 Foto: Helene Souza, pixelio.de zumeist zum ersten Mal regelmäßig außerhalb ihrer Familie mit anderen Kindern in einer Gruppe zusammenkommen. Der Austausch mit anderen Kindern und mit den Erzieherinnen wird zunehmend komplexer. Die Erweiterung des bisherigen Horizonts ist mit neuen Chancen, aber auch mit Ängsten und Risiken verbunden. Zusammenspiel muss erprobt, die Durchsetzung eigener Rechte und die Rücksichtnahme auf die Rechte anderer Menschen müssen geübt und Beteiligung muss gelernt werden. Kinderrechtsbildung als Werteerziehung Die sozialen Erfahrungen, die Kinder in der Kita machen, haben einen großen Einfluss auf die Bildung ihrer Persönlichkeit. Inwieweit sich Kinder als aktive Mitglieder einer Gemeinschaft erleben können, die für die Rechte des Einzelnen eintritt und Mitgestaltung ermöglicht, aber auch Grenzen und Regeln markiert und diese erklärt, hat große Auswirkungen auf die moralische Entwicklung und auf die politische Sozialisation des Kindes. Die Kindertageseinrichtung kann daher zu Recht als „Kinderstube der Demokratie“ (Hansen/ Knauer/Friedrich 2004) bezeichnet werden. Werteerziehung als Kinderund Menschenrechtsbildung ist ein unverzichtbarer Bestandteil elementarer Bildung. „Die Vermittlung orientierender Werte und Regeln“ (§ 22 Absatz 2 SGB VIII) ist Teil des Förderauftrags von Kindertageseinrichtungen. In einer zunehmend multikulturell und multireligiös zusammengesetzten Gesellschaft wird dieser Aspekt immer wichtiger. Ein Beispiel: Das Recht des Kindes auf Ruhe und Erholung Gemäß Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention hat jedes Kind ein Recht auf Ruhe und Erholung. Nicht selten kommt es gerade in Krippen zu Konflikten in Zusammenhang mit dem Schlafbedürfnis von Kindern, sei es, weil der Tagesablauf in der Einrichtung durch schlafende Kinder durcheinander gebracht wird, sei es, weil Eltern darauf drängen, ihr Kind Thema Kindheit frühzeitig aus dem Mittagsschlaf zu wecken. Fallbeispiel Die Mutter von Leonie übergibt der Kita folgenden handgeschriebenen Zettel: Liebe Erzieherinnen, da wir sehr früh zur Arbeit müssen, wollen mein Mann und ich abends wenigstens ab 19.30 Uhr Zeit für uns haben. Bitte lassen Sie Leonie mittags nicht länger als bis 14.30 Uhr schlafen, da sie sonst abends sehr spät einschläft und wir manchmal High Life bis in die Puppen haben. Vielen Dank! Die Mutter von Leonie Was kann die Kita tun? Das Recht des Kindes auf ausreichenden und erholenden Schlaf kollidiert mit elterlichen Bedürfnissen. Es muss bedacht werden, dass sowohl das Kind davon profitiert, wenn seine Eltern ausgeruht und ausgeglichen sind, als auch die Eltern davon profitieren, am Ende des Kita-Tages ein einigermaßen ausgeruhtes und ausgeglichenes Kind in Empfang zu nehmen. Zunächst ist wichtig, dass die Fachkräfte über entwicklungspsychologische Kenntnisse in Bezug auf das Schlafverhalten junger Kinder verfügen. Hierzu gehört, dass sich Schlafdauer und zirkadianer Rhythmus je nach Kind unterscheiden und biologisch verankert sind. Demgegenüber ist der Schlaf-Wach-Rhythmus eines Kindes durchaus (in Grenzen) beeinflussbar und kann behutsam angepasst werden. Eine Umstellung benötigt Zeit (in der Regel bis zu zwei Wochen) und bedarf erwachsener Begleitung. Auf der Basis des entwicklungspsychologischen Wissens sollten in Gesprächen mit den Eltern das Schlafverhalten des Kindes, die Wünsche der Eltern und die Möglich- Notizen 1.2015 · Seite 7 keiten der Kita hinsichtlich flexibler Schlafenszeiten erörtert werden. Die Anfertigung eines Schlafprotokolls kann dabei hilfreich sein. Im Verlauf der Gespräche kann als realistisches Ziel vereinbart werden, die unterschiedlichen Bedürfnisse einander anzugleichen und den Schlaf-WachRhythmus des Kindes behutsam zu verändern. Dabei sollte klar sein, ein tief schlafendes Kind nicht „einfach“ zu wecken. Die Veränderung braucht Zeit und benötigt eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen Eltern und Kita. Auf diese Weise kann es mit Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte gelingen, dass das Kind zu seinem Recht auf Ruhe und Erholung kommt und zugleich die Wünsche der Eltern berücksichtigt werden. kann gute Qualität gesichert und beständig verbessert werden? Literatur Hansen, R.; Knauer, R. & Sturzenhecker, B. (2011): Partizipation in Kindertageseinrichtungen. So gelingt Demokratiebildung mit Kindern! Weimar: Verlag Das Netz. Kerber-Ganse, W. (2009): Die Menschenrechte des Kindes. Die UN-Kinderrechtskonvention und die Pädagogik von Janusz Korczak. Versuch einer Perspektivenverschränkung. Opladen: Verlag Barbara Budrich. Zum Autor Zusammenfassung Die pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen haben – in Ergänzung zu den Eltern – dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder altersgemäß ihre Rechte kennenlernen und auch tatsächlich zu ihrem Recht kommen. Die Orientierung an den Kinderrechten und die Umsetzung des Kinderrechtsansatzes sind zentrale Bausteine guter Qualität in der Kita. Die folgenden Fragen stehen dabei im Mittelpunkt: Welche Rechte haben junge Kinder und was für Konsequenzen ergeben sich daraus für das Konzept und die Pädagogik einer guten Krippe? Wie sind junge Kinder altersgerecht an den sie betreffen den Entscheidungen zu beteiligen? Auf welche Weise können die Eltern für die Rechte ihrer Kinder sensibilisiert werden und wie kann eine Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zum Wohl des Kindes gelingen? Welche Kinderrechte basierten Indikatoren für gute Qualität gibt es und wie Hinweis: Dieser Text stellt eine gekürzte Version folgenden Artikels dar: Maywald, Jörg (11.2.2014) Recht haben und Recht bekommen – der Kinderrechtsansatz in Kindertageseinrichtungen. Verfügbar unter: http://www.kita-fachtexte.de/uploads/media/KiTaFT_maywald _II_2014_1_.pdf.. Zugriff am 15.03. 2015. Hier ist auch die ausführliche Literaturliste einsehbar. Wir danken dem Autor und den Herausgebern von "kita-fachtexte.de" sehr herzlich für die Genehmigung zum Wiederabdruck der gekürzten Fassung in diesem Heft. Die „Kita-Fachtexte“ sind ein Online-Lehrbuch mit kindheitspädagogischen und entwicklungspsychologischen Aufsätzen. Das Kooperationsprojekt der ASH Berlin, dem FRÖBEL e.V. sowie der Weiterbildungsinitiative frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) wendet sich an Auszubildende und Fachkräfte in Kita und Grundschule. Mehr als 80 Texte sind unter www.kita-fachtexte.de aufrufbar. Thema Kindheit Notizen 1.2015 · Seite 8 Feierliche Eröffnung der Kindertagesstätte Roland Kaiser übergibt zum Start einen Wagen mit Musikinstrumenten Am 23. März öffnete die neue Kindertagesstätte des Paul Gerhardt Stifts endlich ihre Pforten. Mit Staatssekretärin Siegrid Klebba, dem Bezirksbürgermeister Dr. Christian Hanke und dem Schlagersänger Roland Kaiser sowie weiteren Ehrengästen verfolgten rund 120 Gäste die Eröffnungsfeier im Großen Saal. Roland Kaiser mit dem Kitaleiter Jonas Burkowski und einem Vater mit Tochter in der neuen Kita. Staatssekretärin Siegrid Klebba hob in ihrem Grußwort hervor, welch einen hohen Stellenwert die frühkindliche Bildung für das Land Berlin besitze. Deshalb engagiere sich ihre Senatsverwaltung auch weiterhin für die Schaffung neuer Kitaplätze. Sie gratulierte dem Paul Gerhardt Sift zur Eröffnung der Kita und wünschte den Mitarbeitenden, Eltern und Kindern einen guten Start. Der Bezirksbürgermeister Dr. Christian Hanke betonte, dass die neue Kita das Angebot des Stifts hervorragend ergänze. "Kinder unterschiedlicher kultureller und religiöser Herkunft können hier gemeinsam spielen und lernen. Dies ist in unserem bunten Stadtteil besonders wichtig. Gerade die jüngsten unserer Bewohner sollen vom Start weg die beste Förderung erhalten." Er dankte dem Paul Gerhardt Stift für sein Engagement im Stadtteil. Auch Roland Kaiser zeigte sich begeistert von den neuen Angeboten und Projekten im ZukunftsHaus Wedding. Er selbst sei dem Stift sehr verbunden, weil er in seiner frühen Kindheit einige Zeit hier verbracht habe und von den Diakonissen des Stifts umsorgt worden sei. "Ich möchte dem Paul Gerhardt Stift etwas zurückgeben, deshalb unterstütze ich den Aufbau der neuen Kindertagesstätte und das ZukunftsHaus Wedding." Mit einem Austausch am Buffet, das Jugendliche Schülerfirma Lecker Schmecker Bäcker zubereitet hatten, und einer Besichtigung der Räumlichkeiten endete dieser schöne Tag für das Paul Gerhardt Stift. v.l.n.r.: Dr. Christian Hanke, Roland Kaiser, StS. Siegrid Klebba, Kuratoriumsvorsitzender Hans Nisblé und Frau sowie SupInt. Martin Kirchner Schlüsselübergabe an die Leitung des Hauses durch die Architektin Inka Weber-Klüver (re.) Thema Kindheit Das Kita-Team In der letzten Ausgabe haben wir Anika Marx-Tetzner, Esther Ingelfinger und Jeannine Isensee vorgestellt. MIttlerweile ist das Team weiter gewachsen. Hier stellen wir Ihnen die neuen Mitarbeiterinnen vor. Vorgestellt Mein Name ist Susanne Gratzias und ich komme aus Berlin. Ich bin Facherzieherin für Sprachförderung, außerdem habe ich 1999 an der TU Berlin ein Studium der Kunst- und Erziehungswissenschaften mit einem Magisterabschluss beendet. Ich lebe mit meiner Familie im Wedding, wo ich auch schon seit vielen Jahren arbeite, u.a. für das Quartiersmanagement am Sparrplatz und im Rahmen der Bundesoffensive "Frühe Chancen" Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration." Ich freue mich sehr darauf, meine Erfahrungen hier in die Kita einbringen zu können. In meiner Freizeit mache ich viel Sport, ich lese gerne und liebe das Kino und Musik. Mein Name ist Andra Wortmann und ich bin 24 Jahre alt. Gebürtig komme ich aus Osnabrück, Niedersachsen. Dort habe ich auch meine Ausbildung zur Erzieherin erfolgreich abgeschlossen. Während dieser Ausbildung habe ich schon viele Erfahrungen in den unterschiedlichsten Einrichtungen sammeln dürfen (KiTa, Förderschulen, Kinder- und Jugendhilfe, Freizeiten). Darüber hinaus war ich mehrere Jahre bei der Lebenshilfe, Familienentlastender Dienst, tätig. Nach der Ausbildung begann ich mit einem BSJ (Berufsvorbereitendes, soziales Jahr) an einer Förder- Notizen 1.2015 · Seite 9 schule mit Schwerpunkt geistige Entwicklung. Nach Berlin bin ich im Sommer 2012 gekommen. Im Moment studiere ich Heilpädagogik im 5. Semester an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin. Seit Januar 2015 unterstütze ich 2-3 Mal in der Woche die Gruppe der U3Kinder. Ich freue mich auf eine schöne Zeit und auf eine gute Zusammenarbeit mit Eltern und Kindern. Hallo, ich bin Manuela Böttge und arbeite seit dem 15.12.14 im Krippenbereich. Geboren und aufgewachsen bin ich in einer Kleinstadt in Brandenburg, lebe aber seit fünf Jahren in Berlin. Im letzten Jahr schloss ich meine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin ab und machte danach einen kurzen Exkurs in den Studiengang soziale Arbeit, schloss diesen aus diversen Gründen aber nicht ab. Nun freue ich mich auf die Arbeit hier in der Kita des Paul Gerhardt Stifts. Ich finde es sehr spannend, Teil einer vor kurzem neu gegründeten Kita zu sein und mich mit meinem Können und Wissen voll einbringen zu können. In meiner Freizeit lese ich viel und gehe gern schwimmen. Ich bin ein sehr kreativer Mensch und freue mich sehr mit den Kindern entsprechende Angebote und Aktivitäten gestalten zu können. Mein Name ist Vilma Eiden. Ich bin in Argentinien geboren, dort habe ich die Schule besucht und dann Psychologie und Pädagogik studiert. Ich habe eine Tochter und lebe in Berlin seit vielen Jahren. Ich bin staatlich anerkannte Erzieherin und Facherzieherin für Integra- tion, seit sehr lange Zeit auch tätig in der pädagogischen Arbeit mit Kindern unter drei Jahren bis zum Schulalter, sowie auch in der Integrations- und Inklusionsarbeit im Kindergarten. Schwerpunkte meiner pädagogischen Arbeit sind Sprache, Kommunikation, Bewegung und die soziale Entwicklung der Kinder in der Gruppe. Meinen Beruf als Pädagogin übe ich sehr gerne aus, unter anderem, weil ich während meiner Berufsjahre immer wieder feststellen konnte, dass in der Augen der Kinder, wir alle gleich sind, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder Religion. Im diesem Sinne ist es für mich eine besondere Freude ein Teil des Teams in der neuen Kita des Paul Gerhardt Stift zu sein. Ich freue mich auch sehr darauf, mit den Kindern neue bunte Wege zu gehen und ihre Eltern kennenzulernen. Thema Kindheit Notizen 1.2015 · Seite 10 Alle anders, alle gleich, alle wichtig Gedanken zum Leitsatz der Kindertagesstätte im Paul Gerhardt Stift Der Leitsatz der Rahmenkonzeption der Kindertagesstätte im Paul Gerhardt Stift zu Berlin lautet: "Alle anders, alle gleich, alle wichtig." Etwas ausführlicher heißt dies: Alle Menschen sind anders, alle Menschen sind gleich, alle Menschen sind wichtig! Der Dreisatz beginnt mit einer Differenzierung. „Wieso beginnt der Spruch der Kita nicht mit Gleichheit?“ fragte mich Ende Januar eine kritische Stimme. Das Argument war, dass es mehr Gleichheit zwischen Menschen gebe als Unterschiedlichkeit. Wäre somit nicht die Gleichheit zu Beginn zu nennen? Wichtig scheint mir zu sein, dass die Reihenfolge keine Gewichtung festlegt, denn alle drei Aussagen stehen als Kerngedanken nebeneinander und sind gleichwertig. Gleichwohl bedin- gen sie einander und sind nur in diesem Dreiklang stimmig. Im Folgenden werde ich genauer auf die einzelnen Leitsätze eingehen. Anderssein. Die Einzigartigkeit der Würde des Menschen Anderssein macht das Menschsein vielleicht nicht im Kern aus, aber Unterschiedlichkeit von Menschen bezeichnet sie als nicht austauschbare Individuen. Jedes menschliche Leben ist einzigartig, jede Biografie kann nur einmal gelebt werden. Von eineiigen Zwillingen weiß man, dass sie sich trotz fast identischer genetischer Ausstattung zu sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten entwickeln können. Die Einzigartigkeit des Menschen begegnet uns im Prinzip der Menschenwürde. Sie meint, dass das Menschsein nicht von Leistung oder Kompetenzen abhängt, sondern dass der Mensch schutzwürdig ist, weil er Mensch ist. Der Mensch ist um seiner selbst willen da, und er ist verletzlich. Deshalb darf er nicht für andere Zwecke missbraucht werden. Das ist der Kern dessen, was Menschenwürde ausmacht. Dass Menschen sich als Individuen unterschiedlich entwickeln dürfen, ist Ausdruck der geachteten Würde. Individuell sein bedeutet anders sein! Darin, dass wir einzigartig sind, gründet sich Gemeinschaft. Martin Buber beschreibt dies 1923 in seinem dialogischen Prinzip folgendermaßen: „Der Mensch wird am Du zum Ich.“ Anders gesagt: nur weil du anders bist als ich, kann ich mich von dir unterscheiden – sonst wären wir austauschbar. Im Anderssein bin ich „ich“ und du „du“. Nur weil ich sehe, dass du anders bist als ich, kann ich mich auch selbst sehen. In der Un- Foto: wolla2, pixelio.de Sonja Drechsel-Walther Thema Kindheit terscheidung kann Anerkennung gelingen. Anderssein macht uns als Mit-Menschen existent. Gleichsein. Angewiesenheit, Schöpfung und gleiche Rechte Gleich sind wir alle in einem - im menschlich sein. Aber was heißt denn nun menschlich sein? So steht im Römerbrief 2, Vers 11: „Denn vor Gott sind alle Menschen gleich“. Mir gefällt an dieser Darstellung, dass sie durch das Konzept der Schöpfung über eine klassisch humanistische Sichtweise hinausgeht. In dieser Aussage wird eine Form von Bescheidenheit deutlich, die die Menschheit in einen Schöpfungszusammenhang stellt und eine Verantwortung für das Ganze betont. Gleichsein heißt auch, dass wir auf Solidarität angewiesen sind und uns als Gleiche anerkennen müssen. Menschsein und Gleichsein vor Gott bedeuten zudem, dass jedem Leben etwas Göttliches innewohnt. Menschsein heißt leben zu dürfen. Wir sind gleich darin, dass das Leben endlich ist und dass es in jedem Leben Stärken und Schwächen gibt. „Wenn die Bibel vom Menschen spricht, stehen nicht partielle Funktionen, äußere Rollen oder einzelne Aspekte, sondern immer nur der ganze Mensch im Mittelpunkt“, so Eberhard Schockenhoff (1996, 244 in: Naturrecht und Menschenwürde). Kategorien sind Versuche des Menschen, Komplexität zu beherrschen, aber sie vereinfachen häufig oder schließen aus. Ob es sich nun um Glauben, Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe oder individuelle menschliche Fähigkeiten wie Sprache, Motorik oder Kognition handelt – sie beschreiben nie das Ganze des Menschseins. Für die Gleichheit ist neben der gleichen gottgewollten Würde auch die Notizen 1.2015 · Seite 11 rechtliche Gleichheit von Bedeutung. Die Menschenrechte bilden jenseits religiöser Begründungen die normative Basis für das menschliche Zusammenleben. Die Anerkennung von Menschenrechten bedeutet dabei die Pflicht jedes Einzelnen, für das Recht der Anderen einzutreten und deren Freiheit und Rechtsansprüche anzuerkennen. Gleiche Rechte sagen aus, dass menschengemachte Verhältnisse von Ungerechtigkeit und Leid nicht auf immer Bestand haben müssen und wir frei sind, an Veränderungen mitzuwirken, gleich welcher Herkunft wir sind oder welche Kompetenzen wir mitbringen. Die Kinderrechte sind eine Ausbuchstabierung dieser Menschenrechte für die Gruppe der Kinder, die einen besonderen Schutz benötigen (siehe Artikel von Jörg Maywald in diesem Heft). Die Kinderrechte bilden eine wesentliche Grundlage der pädagogischen Arbeit in der Kita. Wir möchten in unserer Arbeit die Rechte von Kindern altersgemäß vermitteln und stärken. Für Kinder unserer Kita ergeben sich aus den vorstehenden Prinzipien Anderssein und Gleichsein folgende Erkenntnisse: • Niemand kann alles; • Niemand kann alles gleich gut; • Niemand kann alles gleichzeitig; • Jeder Mensch macht Fehler – niemand ist perfekt; • Wir sind alle verschieden und das ist schön; • Wir sind einzigartig, aber haben die gleichen Rechte! Wichtigsein. Alle haben Bedeutung und alle werden gebraucht Wenn etwas wichtig ist, dann ist es bedeutungsvoll, es ist wesentlich. Auf der einen Seite hat es Gewicht, auf der anderen Seite hat es Folgen. Alle Menschen wichtig zu nehmen heißt, die Vielfalt (das Anderssein) von Menschen mit gleichen Rechten anzuerkennen. Es geht dabei allerdings um mehr, als nur dabei zu sein. Wichtig sein bedeutet zudem nicht, dass alles akzeptiert und hingenommen werden muss. Etwas wichtig nehmen heißt, dafür einzustehen und dafür aufzustehen. Für Dinge, die mir wichtig sind, tue ich etwas. Jedes Kind hat Recht auf Bildung. Eine Kindertagesstätte ist die erste Bildungseinrichtung im Leben eines Menschen. Im Wedding liegt es in den Händen vieler Beteiligter weiterhin dafür zu sorgen, dass eine bessere Versorgungsstruktur und ein Ausbau an Kitaplätzen folgen. Alle Menschen sind wichtig! Das heißt für unsere Einrichtung konkret, dass wir alle Eltern und ihre Kinder auf ihren Bildungswegen kooperativ begleiten und unterstützen. Kinder im Kitaalter stehen selbst nicht für ihre Rechte ein, sie sind auf Menschen angewiesen, die sie in diesem Prozess vertreten – Eltern, Pädagogen, Nachbarn oder Freunde. Inklusion in unser Kita bedeutet konkret, dass nicht die Homogenität der Gruppe, sondern die Individualität des Kindes und seine Begabungen, Lebensumstände und Ressourcen im Blickpunkt stehen. Die inklusive Pädagogik beschränkt sich jedoch nicht ausschließlich etwa auf die Förderung von Kindern mit Behinderungen. Inklusion bedeutet vielmehr, eine Pädagogik der Vielfalt und Teilhabe wirksam werden zu lassen. Unsere Kindertagesstätte will Kindern in ihrer Unterschiedlichkeit gerecht werden und nicht in ein System integrieren. Sie folgt damit dem pädagogischen Ethos Johann Hinrich Wicherns: „Keiner darf verloren gehen“ – alle sind wichtig! Thema Kindheit Notizen 1.2015 · Seite 12 "Kinder leben Vielfalt und Toleranz einfach vor!" Ein Gespräch mit Jonas Burkowski, Leiter der neuen Kindertagesstätte im Stift Lieber Herr Burkowski, im November 2014 sind die ersten Kinder in die neue Kita des Paul Gerhardt Stifts eingezogen. Am 23. März wurde sie offiziell eröffnet. Wie geht es Ihnen heute, rückblickend auf die letzten Monate? Ich bin sehr glücklich, dass wir schon so viel erreicht haben. Die pädagogische Arbeit beginnt vor Ort greifbar zu werden, wir als Team finden uns zusammen, die Räume füllen sich mit Leben. Und die Kinder tragen eine Menge dazu bei. Gleichzeitig fühle ich mich auch immer noch auf dem Weg. Die nächste Zeit wird sehr spannend und ich freue mich darauf. Was waren die größten Herausforderungen, die es zu meistern galt? Was hat gut geklappt? Eine große Herausforderung war es, überhaupt erst die Betriebserlaubnis für die Kita zu bekommen. Das lag an den relativ langen und komplizierten Wegen des Genehmigungsverfahrens. Eine genaue Prüfung Jonas Burkowski durch die Senatsverwaltung ist jedoch sehr wichtig, denn so kann die Qualität von Kitas sichergestellt wer- haben wir schon einen gemeinsamen Spaziergang mit Senioren aus dem Servicewohnen unternommen und Foto: Helene Souza, pixelio.de den. Wir sind sehr froh, dass wir diese Hürde gemeistert haben und uns nun auf die eigentlichen Aufgaben konzentrieren können. Wir haben wirklich ein super Team zusammengestellt und die Arbeit mit den Kindern macht große Freude. Sie bringen so viel mit ein, das ist schön zu sehen und motiviert uns sehr. Was war die Idee dahinter, hier auf dem Areal eine Kita aufzubauen? Die Arbeit mit Kindern spielt eine große Rolle im Paul Gerhardt Stift. Wir haben hier vor Ort bereits das Refugium für Flüchtlingsfamilien und auch viele Angebote für Familien mit Kindern. Mit der Kita bieten wir jetzt aber konkret etwas für die Altersgruppe der Kindergartenkinder an und holen damit auch wieder neue Familien auf das Gelände. Wir wollen Begegnung schaffen, auch zwischen Kindern und älteren Menschen – z.B. hoffen, dass noch weitere Kooperationen entstehen wie z.B. eine Lesepatenschaft oder Begleitung bei Ausflügen. Im Sinne des Mehrgenerationenkonzepts des Zukunftshauses Wedding war eine Kita genau das, was hier noch fehlte. Wie ist die Kita des Paul Gerhardt Stifts in den Wedding integriert – welche Kooperationen mit anderen Einrichtungen gibt es oder sind angestrebt? Wir kooperieren jetzt schon mit den umliegenden evangelischen Kitas, wie z.B. der Kita Kapernaum an der Seestraße und der Cornelius Kita am Schillerpark. Zudem sind weitere Kooperationen mit anderen Kindergruppen geplant. Im Sommer starten wir auch eine musikalische Früherziehung in Kooperation mit der Musikschule Fanny Hensel. Thema Kindheit Das pädagogische Konzept der Kita beruht auf den Grundsätzen von Anerkennung, Gerechtigkeit, Freiheit und Respekt, die jedem Kind gebühren. Das Motto der Kita lautet "Alle anders, alle gleich, alle wichtig". Wie verstehen und leben Sie das Motto? Ich finde das Motto sehr treffend. In den drei Begriffen steckt so viel drin: "Alle anders" bedeutet, dass wir uns eigentlich erst durch den anderen selbst erkennen. Durch Verschiedenheit entsteht Individualität, aus Vielfalt entstehen Chancen. "Alle gleich" heißt, dass wir alle menschlich und auch verletzlich sind und es okay ist, mal Fehler zu machen. Und einen Menschen oder eine Sache wichtig zu nehmen, beinhaltet einen Appell, einen Aufruf zur Handlung. Also jedes Kind ist anders und jedes Kind ist gleich und dafür stehen wir auf, das nehmen wir wichtig und leben es. Nach welchen Grundsätzen richtet sich Ihre Arbeit mit den Kindern? Wir leben das Prinzip der Vielfalt und der Interreligiosität. Vielfalt bedeu- Notizen 1.2015 · Seite 13 tet, dass es bei uns außer der paritätischen Abbildung von Alter und Geschlecht kein Auswahlkriterium gibt und wir jedes einzelne Kind so annehmen und wertschätzen, wie es ist. Wir haben Kinder mit unterschiedlichem sprachlichem und religiösem Hintergrund und auch Kinder mit Behinderung. Das gehört zur kulturellen Vielfalt und zur Welt, die uns umgibt, dazu und ist daher selbstverständlicher Teil unserer Arbeit. Diese Vielfalt wollen wir den Kindern vermitteln – wir können hier aber auch selbst viel von den Kindern lernen. Sie leben die Vielfalt und Toleranz einfach vor. Es wird gemeinsam gespielt und beim Spielen entdeckt. Unser Ansatz bedeutet auch, dass wir die verschiedenen Themen und Fragestellungen der Kinder aufnehmen, gerade auch religiöse Fragen, und sie in den Alltag integrieren. Wir schauen, was wir zum Thema machen können, was die Kinder betrifft und wovon alle etwas lernen. Es ist sehr bereichernd, wenn man es schafft, Kinder ins Gespräch zu bringen und eine Haltung zu entwickeln, die Verschiedenheit zulässt und sich nicht auf eine gültige Antwort beschränkt. Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Wir haben noch diese Startenergie im Team und jeder von uns geht mit viel Motivation an die Arbeit. Ich wünsche mir, dass wir uns das erhalten und wir auch so kritisch und offen mit uns bleiben. Und ich wünsche mir, dass wir unsere ersten Vorschulkinder in etwa eineinhalb Jahren gut auf die Schule vorbereiten können. FSJler/in gesucht! Bewerbungen bis zum 31. Juli! In evangelischen Kitas religiöse Vielfalt wahrnehmen Religiöse Vielfalt ist eine Realität in unserer Gesellschaft. Neben den christlich traditionellen Festen wie Ostern und Weihnachten, feiern Juden, Christen, Muslime, Hindus, Bahais ihre Feste zunehmend öffentlich sichtbar. Am Brandenburger Tor ist seit einigen Jahren Anfang Dezember ein Chanukkaleuchter zu bewundern, Hindus feiern ihr Wagenfest als öffentliches Straßenfest, Kinder erhalten schulfrei zum muslimischen Zuckerfest. Kinder nehmen diese Vielfalt wahr und stellen Fragen. Sie wachsen auf in diesen verschiedenen Religionen oder aber kommen mit ihnen in Kontakt und ihre Eltern melden sie in evangelischen Kitas an. Die Pädagoginnen und Pädagogen in konfessionellen Einrichtungen werden immer stärker mit dieser Vielfalt konfrontiert, und sie sollten sich dafür interessieren und ihre pädagogische Arbeit darauf ausrichten. Pädagogen müssen Offenheit und Interesse mitbringen Die Jahreslosung in diesem Jahr („Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob", Römerbrief 15,7) erinnert an die frei machende Heilsbotschaft, sich gegenseitig anzunehmen. Aus pädagogischer Sicht ist das eine der elementarsten Aufgaben: Kinder anzunehmen, so wie sie sind. Das heißt auch, Familien unterschiedlicher religiöser Herkunft in evangelischen Kitas auf- und anzunehmen. Das vorbehaltslose Willkommenheißen, Wertschätzung und Interesse an Traditionen und Glaubensinhalten sind hier wichtige Aufgaben pädagogischer Arbeit. Pädagoginnen und Pädagogen müssen Offenheit, Interesse und interreligiöse Kompetenzen mitbringen, um dieser vorhandenen Vielfalt gerecht zu werden. Thema Kindheit Aber auch unabhängig davon sollten Kinder, die nicht in Berührung mit anderen Religionen kommen, früh lernen, dass sie Teil einer vielfältigen Gesellschaft sind und dass interkulturelles Lernen auch immer etwas mit Religion zu tun hat. „Wir müssen lernen, mit Verschiedenheiten zu leben und sie als wertvoll für die Gemeinschaft zu betrachten“, so Petra Wagner (2008, S. 75). Diese Einsicht entstammt dem pädagogischen Ansatz der "vorurteilsfreien Erziehung", und ich halte sie für richtungsweisend für die Haltung von Erziehenden. Vielfalt ist zwar herausfordernd, aber grundsätzlich positiv und bereichert eine Gemeinschaft. Kulturelle und religiöse Vielfalt als Bereicherung des Lebens aufzufassen, eignet sich als hervorragendes Ziel auch oder vor allem für evangelische Kitas. Jesus hat die Grenzen der Kulturen überschritten Als Christin und Mitglied der EKD freue ich mich über Zeichen der Offenheit in meiner Kirche, weil das einen wesentlichen Teil meiner religiösen Überzeugung und meines Glaubens darstellt. Jesus hat die Grenzen der Kulturen überschritten und sich mit Menschen anderer Glaubensrichtungen auseinandergesetzt, wenn er z.B. die Samariterin am Brunnen angesprochen hat, das Kind des römischen Soldaten heilte und weil er einfach niemanden weggeschickt oder aufgegeben hat, der zu ihm kam. Das sind Gründe genug, sich in einer evangelischen Kita mit verschiedenen Religionen zu beschäftigen, sie wertzuschätzen und mit ihnen zu arbeiten. Nebenbei ist es außerordentlich belebend und spannend, fremde Glaubensrichtungen und Traditionen kennenzulernen, Unter- Notizen 1.2015 · Seite 14 schiede aber auch Gemeinsamkeiten festzustellen. Gleichzeitig wirft das auch immer wieder auf das eigene Verständnis von Religion und Glauben zurück. In der Begegnung mit Menschen aus anderen Religionen werde ich gefragt, wie das denn bei mir ist, was dazu in der Bibel steht usw. In der Begegnung mit dem Anderen wird das Eigene verstärkt wahrgenommen. Auch lernen christliche Kinder , ihre eigene Tradition besser kennen: Eine Fastenzeit gibt es im Islam und im Christentum. Warum fasten denn Christen und wann? Der heilige Martin ist in der christlichen Tradition ein Vorbild selbstloser Nächstenliebe, die sich im Bild des geteilten Mantels manifestiert, und auch im Islam ist das Teilen wesentlicher Bestandteil des religiösen Selbstverständnisses. Es gibt insbesondere zwischen den großen monotheistischen Religionen unglaublich viele Querverbindungen und Gemeinsamkeiten, die zum Teil Foto: S. v. Gehren, pixelio.de verschüttet sind und gemeinsam mit Kindern offen gelegt werden können. Das ist eine spannende und herausfordernde Aufgabe in konfessionellen Bildungseinrichtungen, die jede Mühe lohnt. Alle anders, alle gleich, alle wichtig Keiner wird ausgeschlossen und alle sind wichtig. Das ist im Leitsatz des Paul Gerhardt Stifts und dessen neugegründeter Kita zu lesen. Diese Kita hat sich die Arbeit mit den Religionen und Kulturen zum Schwerpunkt gemacht. Die Pädagoginnen dort fragen sich, wie sie aktiv die Vielfalt der Kinder und ihrer Familien wahrnehmen und damit arbeiten können. Dort werden etwa Ostern und Weihnachten als christliche Feste erklärt und gefeiert. Es hat beispielsweise aber auch das chinesische Frühjahrsfest seinen Platz, weil derzeit ein Kind aus China in der Gruppe ist, für das diese Tradition eine große Thema Kindheit Bedeutung einnimmt. Auch das Berliner Bildungsprogramm erkennt im „respektvollen Umgang mit anderen Religionen“ einen Auftrag für Erzieherinnen und Erzieher. Für konfessionelle Träger sieht der Senat eine Aufgabe „die verbindenden Anliegen der unterschiedlichen Religionen“ zu betonen (BBP 2014, S.24 ). Interreligiöses Lernen ist Friedensarbeit (vgl. Edelbrock et. al. 2012, S.23). Der Frieden als Hoffnung und Ziel ist zentral im christlichen Glauben. Mit Jesus soll ein Kind den Frieden auf Erden bringen und Kinder Notizen 1.2015 · Seite 15 haben noch die Fähigkeit, Grenzen zu überwinden und Vielfalt als spannend und bereichernd zu erleben. Elementarpädagogische Arbeit in der Kirche sollte diese Fähigkeit erkennen, aufnehmen und in ihre Konzepte einbeziehen. Zur Autorin Literatur Berliner Bildungsprogramm (BBP) für Kitas und Kindertagespflege, Senatsverwaltung von Bildung, Jugend und Wissenschaft, Berlin 2014. Biesinger, Albert; Edelbrock, Anke; Schweitzer, Friedrich (Hrsg.) Religiöse Vielfalt in der Kita. So gelingt interreligiöse und interkulturelle Bildung in der Praxis, Berlin 2012 . Wagner, Petra (Hrsg.): Handbuch Kinderwelten: Vielfalt als Chance - Grundlagen einer vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung, Freiburg i.Br. 2008. Avaptisto und Argyris – Zwei Kinder aus Distomo ter auf dem Weg zur Arbeit. In sicherem Abstand folgte die 4. SS-PolizeiPanzergrenadier-Division unter ihrem Kompaniechef Fritz Lautenbach. Auf den Feldern vor dem Dorf begann das systematische Foltern und Morden, es dauerte nicht mehr als zwei Stunden. An seinem Ende waren 218 schutzlose Dorfbewohner sadistisch umgebracht – Frauen, Männer, Alte, Jugendliche sowie 20 Kleinkinder und Säuglinge. Nach ihrem Mordhandwerk bemalten die Soldaten die Häuser mit Kreuzen, als Zeichen, dass darin niemand mehr lebte. Nur wenige überlebten, weil sie sich in Strohkammern, in versiegten Foto: Voula Papaioannou / (c) Benaki Museum, Athen Avaptisto Zakka wäre im April diesen Jahres 71 Jahre alt geworden. Er hätte Bäcker werden können oder Bauer, Kapitän eines Schiffes oder Lehrer, vielleicht auch Künstler oder Staatspräsident. In diesen Tagen würde Avaptisto im Schatten einiger Olivenbäume sicher mit seinen Enkeln spielen, Reifentreiben oder Fußball. Er würde ihnen in den Pausen aus seinem manchmal mühsamen, aber sehr glücklichen Leben erzählen, die griechischen Heldensagen vor ihnen ausbreiten und über seine eigene Tollpatschigkeit lachen. Später am Abend säße der weißhaarige Mann mit seiner Frau und seinen Kindern um einen großen Holztisch, um den lauen Frühsommertag bei einem guten Glas Agiorgitiko und einer filterlosen Zigarette zufrieden ausklingen zu lassen. Aber Avaptisto Zakka hat all diese Erfahrungen nicht gemacht, und er wird nie mit seinen Enkeln spielen. Der Junge hat nie laufen gelernt, war nicht in der Schule, hat weder einen Beruf ergriffen noch geheiratet. Avaptisto ist tot. Er war erst zwei Monate alt, als ihn ein deutscher SSMann mit massiven Stiefeltritten tötete, nachdem dieser zuvor seine Mutter durch einen Schuss ermordet hatte. Das alles geschah am 10. Juni 1944 in Distomo, einem kleinen Bauerndorf am Fuße des Parnassgebirges, nur ein Steinwurf vom Meer entfernt, an der Straße von Athen nach Delphi. Die Deutschen schickten zwei griechische Lastwagen mit Soldaten, die als Bauern verkleidet waren und unbewaffnet erschienen. Mit ihren bunten Hemden und den traditionellen Hüten wirkten sie wie Straßenarbei- Thema Kindheit Schachtbrunnen oder in Backöfen versteckt hatten. Der kleine Argyris Sfountouris, noch keine vier Jahre alt, verliert an diesem Tag seine Eltern und 30 weitere Familienangehörige. Er überlebt das Massaker an der Hand seiner Schwester wie durch ein Wunder. Seine Kindheit, ja sein ganzes Leben nimmt durch die Morde von Distomo einen unvorhersehbaren Verlauf. Argyris kommt in verschiedene Waisenhäuser rund um Athen und wird vier Jahre später mit dem Roten Kreuz in das Kinderdorf Pestalozzi in das schweizerische Trogen gebracht. Sein halbes Leben verbringt er in der Schweiz, er promoviert an der ETH Zürich und wird Physiklehrer, Dichter, Übersetzer sowie politischer Aktivist gegen die Militärjunta in Griechenland. Schließlich geht er mit dem Schweizerischen Katastrophenhilfekorps als Entwicklungshelfer nach Somalia und Indonesien. Argyris wollte vor allem auch Kindern helfen, die ein ähnliches Schicksal erfahren hatten wie er. Das große Lebensthema von Argyris Sfountouris gründet in seiner traumatischen Kindheitserfahrung, es ist die immer wieder kehrende Frage danach, wie Menschen zu etwas unvorstellbar Bösem in der Lage sind, aber auch wie das Gute und der Frieden geschaffen werden können. Argyris Sfountouris will mit seinem Engagement die Öffentlichkeit sensibilisieren. Die Deutsche Botschaft nannte das Massaker von Distomo noch 1996 eine "Maßnahme im Rahmen der Kriegsführung", weshalb Sfountouris auch keine Entschädigung zustehe. Damals hatte er gerade damit begonnen, vor Gerichten in Griechenland gemeinsam mit anderen Überlebenden zu klagen - und zwar mit Erfolg. Aber die Bundesrepublik legte durch alle Instanzen bis hin Notizen 1.2015 · Seite 16 zum Internationalen Gerichtshof in Den Haag Revision ein, da sie einen Präzedenzfall fürchtete. Sie konnte sich schließlich auf die Staatenimmunität berufen und zahlte nicht. Sfountouris klagte weiter, und wurde zumindest im moralischen Sinne rehabilitiert, als der BGH im Jahr 2003 die Ermordung der Zivilisten in Distomo als eines der abscheulichsten Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkriegs bezeichnete. Argyris Sfountouris macht sich weiterhin stark dafür, dass solche Verbrechen nie mehr passieren und Kinder wie Avaptisto Zakka nicht vergessen werden. Sein Kampf um die Aufarbeitung des Massakers von Distomo und um die Entschädigung für die Überlebenden ruft auch und gerade uns Deutsche in eine bleibende Verpflichtung. Literatur Dieter Begemann: Distomo 1944. In: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Orte des Grauens. Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Primus Verlag, Darmstadt 2003. Ein Lied für Agyris. Ein Film von Stefan Haupt. 2006, Website zum Film: www.fontanafilm.ch/DOKFILME/argyris/ Stadtteilzentrum Notizen 1.2015 · Seite 17 Aktuelles aus dem Stadtteilzentrum In einem sehr intensiven zweiten Halbjahr 2014 konnten wir neben den Veranstaltungen zum Thema Weltreligionen unsere erste MitMach-Konferenz im Stadtteilzentrum veranstalten, einen Fotowettbewerb organisieren und nicht zuletzt das fabel-Projekt mit einem Fachtag für Familien im Wedding beenden. Die letzte große Veranstaltung 2014 war die große Nikolaus-Feier, an der wieder wie in den vergangenen Jahren zahlreiche Familien und deren Freunde und Nachbarn teilgenommen haben. Diese Veranstaltung – dieses Mal finanziell unterstützt durch Landesmittel – konnten wir nun bereits zum dritten Mal in bewährt guter Kooperation mit dem Deutschen Familienverband durchführen. Die Feier hat für die Bürgerinnen und Bürger hier im Parkviertel mittlerweile einen festen Platz im vorweihnachtlichen Veranstaltungskalender. Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben uns zum Ende des Jahres verlassen. Dies waren Cetin Sahin, Andreas Klassen, Margot Wesche und Bettina Pankow. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich für deren tatkräftigen Einsatz und großes Engagement bedanken und wir freuen uns sehr, dass Bettina Pankow die Arbeit im Stadtteilzentrum weiterhin ehrenamtlich unterstützt. Verstärkung im Team Glücklicherweise können wir – nach einer dreimonatigen Lücke – nun auch wieder neue Kollegen und Kolleginnen begrüßen. Reneé Thiele unterstützt im Stadtteilzentrum das Café und hilft bei den zahlreichen Veranstaltungen tatkräftig mit. Ute Obasi arbeitet sich als Verwaltungsassistenz sehr engagiert ein (siehe Vorstellung). Seit Anfang März können wir auch Sanja Gusic (Projekt Intermediäre Stadtteilkoordination) und Alice Kleinschmidt (Projekt Bildungspatenschaften) im Team des Stadtteilzentrums begrüßen. An dieser Stelle nochmals ein ganz herzliches Willkommen. Wir freuen uns auf die neuen Kollegen und Kolleginnen und die neuen Projekte. Projekte "die fabel" und "Netzwerk # P" erfolgreich beendet Das Projekt „die fabel“ ist inzwischen beendet (siehe dazu den Evaluationsbericht auf unserer Homepage). An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen Beteiligten für die so engagierte Arbeit bedanken. Nicht zuletzt durch den Einsatz von zahlreichen Ehrenamtlichen, die ihre Aufgaben sehr verantwortungsvoll übernommen haben, wurde das Projekt zum Erfolg. Sie schenkten neben der vielen Zeit auch viel Aufmerksamkeit und Zuwendung – gerade den Kindern! Dies ist nicht selbstverständlich und deshalb hier ein ganz großes Dankeschön!! Es konnten sehr viele Familien und deren Kinder auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen unterstützt werden und wichtige Kooperationen mit weiteren Einrichtungen und Mitarbeiterinnen aufgebaut und gestärkt werden. Leider ist es uns nicht gelungen – trotz mehrfacher Antragsstellung – dieses erfolgreiche Projekt in diesem Umfang weiterzuführen. Doch durch die Unterstützung durch das Bezirksamt Mitte können ab März diesen Jahres ehrenamtliche Bildungspatenschaften für Romafamilien initiiert und begleitet werden. Wir freuen uns sehr, dass wir mit Alice Kleinschmidt dafür eine engagierte und kompetente Mitarbeiterin gefunden haben (siehe ihre Vorstellung). Wer Interesse daran hat, sich ehrenamtlich als Bildungspate zu Stadtteilzentrum engagieren melde sich bei ihr am besten immer dienstags unter 45005-121; E-Mail: alice.klein [email protected] Das Projekt Netzwerk#P ist ebenfalls Ende 2014 beendet worden (siehe Bericht von Friederike Schwemin auf Seite 19f. sowie der Abschlussbericht auf unserer Website). In den sechs Monaten hat Friederike Schwemin eine unglaubliche Fülle an Gesprächen geführt und mit der MitMach-Konferenz und dem ersten Netzwerktreffen "Runder Tisch Seniorinnen- & Seniorenarbeit im Parkviertel" (siehe Foto Seite 17) einen sehr wichtigen Beitrag für die Weiterentwicklung des Stadtteilzentrums geleistet. Auf ihren Vorarbeiten basierend können wir - Sanja Gusic und Irma Leisle - seit Beginn diesen Jahres die vom Bezirksamt Mitte übertragene Stadtteilkoordination für den Prognoseraum Wedding ausüben. Projekt Intermediäre Stadtteilkoordination Wedding Für den Zeitraum Januar 2015 bis Dezember 2016 ist das Stadtteilzentrum des Paul Gerhardt Stifts vom Bezirksamt Mitte mit der sogenannten Intermediären Stadtteilkoordination für den Prognoseraum Wedding beauftragt worden. Das Projekt Intermediäre Stadtteilkoordination Wedding (ISW) hat zum Ziel, die Vernetzung zwischen unterschiedlichen Akteuren in den Stadtteilen auszubauen und zu verbessern. Außerdem werden aktuelle Themen und Bedarfe aus dem Stadtteil bzw. aus der Bewohnerschaft in die Verwaltung und umgekehrt transportiert. Generell versteht sich das Projekt als Anlaufpunkt für alle aktuellen Themen im Stadtteil. Im Projekt werden jedoch auch Schwerpunktthemen identifiziert, die im Notizen 1.2015 · Seite 18 Laufe des Projekts gemeinsam mit den Kooperationspartnern und interessierten Bürger/innen bearbeitet werden. Im Rahmen der Stadtteilkoordination wird im Laufe der ersten Monate ein Handlungsfeld erarbeiten, das schwerpunktmäßig im weiteren Verlauf bearbeitet werden wird. Auch die bürgerschaftlichen Akteure im Stadtteil werden bei ihren jeweils eigenen Beteiligungsprojekten durch die Stadtteilkoordination unterstützt. Diese genannten Schwerpunkte bearbeitet Irma Leisle, Leiterin des Stadtteil- und Familienzentrums des Paul Gerhardt Stiftes. Ein weiteres, zentrales Ziel des Projektes der Stadtteilkoordination ist es, sowohl die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen als auch von Senioren/-innen im Wedding gemeinsam mit anderen Einrichtungen und Projekten aktiv zu fördern. Kern dieses Schwerpunktes sind die Vernetzung und Aktivierung der Akteure und Einrichtungen, die organisatorische Begleitung lokaler Beteiligungsaktivitäten, die Durchführung von Beratungs- und Weiterbildungsangeboten sowie die Durchführung von Bedarfserhebungen. Diesen Schwerpunkt bearbeitet Sanja Gusic, pädagogische Mitarbeiterin im Stadtteil- und Familienzentrum des Paul Gerhardt Stifts. Geplant ist auch ein Newsletter ab dem 2. Halbjahr 2015, der zu den aktuellen Themen des Projektes informiert. Das Projekt Intermediäre Stadtteilkoordination wird gefördert durch die EU, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Berlin im Rahmen des Programms "Zukunftsinititaive Stadtteil II", Teilprogramm Soziale Stadt. Vor Ostern wurde wieder einmal in Kooperation mit den Kolleginnen vom Deutschen Familienverband eine Vielzahl von unterschiedlichsten Dinge gebastelt und die beteiligten Eltern und Kinder hatten großen Spaß dabei. Fest der Nachbarn am 29. Mai und Stadtteilfest am 7. Juni Und was erwartet uns noch im weiteren Verlauf diesen Jahres? Am 29. Mai 2015 wollen wir wieder wie im vergangenen Jahr das europäische Fest der Nachbarn feiern, bei gutem Wetter mit allen Bewohnerinnen und Bewohnern hier auf dem Stiftsgelände. Wir freuen uns auf die mitgebrachten Speisen und stellen von unserer Seite die Getränke. Anmeldungen für das Fest der Nachbarn nimmt Mareike Hartig; Tel: 03045029836 oder Regine Vogl,Tel. 45005-103 entgegen. Am 7. Juni 2015 feiern wir das traditionelle Jahresfest des Paul Gerhardt Stiftes mit einem Gottesdienst am Vormittag und am Nachmittag in der Zeit von 14 bis 17 Uhr als Stadtteilfest für die Bewohnerinnen hier im Kiez. Weitere Programmplanungen entnehmen Sie bitte zeitnah unserer Homepage. An der langen Nacht der Familie werden wir uns wie in den letzten Jahren wieder beteiligen (siehe Veranstaltungen), detaillierte Informationen dazu folgen. Stadtteilzentrum Vorgestellt Beteiligung im Wedding stärken? Nichts lieber als das! Mein Name ist Sanja Gusic, ich bin 28 Jahre alt und sehr glücklich darüber, seit März 2015 im Stadtteilzentrum mitarbeiten zu dürfen. Das Thema Partizipation ist für mich bereits seit einigen Jahren hoch im Kurs. Als Jugendliche engagierte ich mich in der kirchlichen Jugendverbandsarbeit und erfuhr hier am eigenen Leibe, welche Wirkkraft gelebte politische Partizipa- Notizen 1.2015 · Seite 19 tion nach innen und außen haben kann. Da ich gerne mit Menschen arbeite, lag das Studium der Sozialen Arbeit an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin nicht fern. Nach meiner dreijährigen Vorstands-tätigkeit im Bund der Deutschen Katholischen Jugend Berlin (BDKJ-Berlin), führte mich mein Weg in den Deutschen Bundesjugendring. Hier arbeitete ich zweieinhalb Jahre als Referentin im onlinegestützten Jugendbeteiligungsprojekt Ichmache>Politik. Nun bin ich hier und freue mich auf die vielen, neuen Aufgaben und die Zusammenarbeit mit den Akteur_innen im Kiez! Nachbarschaft, Netzwerke, Nachfragen Eine partizipative Bedarfsanalyse im Parkviertel Von Juli bis Dezember 2014 wurde im Paul Gerhardt Stift im Auftrag des Bezirksamtes Berlin Mitte eine Begleitforschung zum Projekt Netzwerk #P durchgeführt. Diese beinhaltete eine partizipative Bedarfsanalyse bezüglich der Wünsche und Bedürfnisse der älteren Bewohnerinnen und Bewohner des Parkviertels. Gleichzeitig wurde aber auch die Akzeptanz und Nutzung des Stifts im Sozialraum untersucht sowie die Stolpersteine und Hürden die das Stadtteil- und Familienzentrum auf dem Weg zu einem „Haus für alle“ zu überwinden hat, sichtbar gemacht. Im Fokus der Studie stand die gemeinsame Entwicklung zielgruppenorientierter und -übergreifender Angebote wie auch der Ausbau eines Netzwerkes mit anderen Institutionen und Einrichtungen in der Nachbarschaft. Zusammengefasst standen hierbei folgende Forschungsfragen im Vordergrund: 1. Was kennzeichnet das Paul Gerhardt Stift sowie das Stadtteil- und Familienzentrum und wie wird es von den Anwohnerinnen und Anwohnern aus der Nachbarschaft genutzt? 2. Wo liegen die Interessen und Bedarfe der Zielgruppen und Themen für zukünftige Angebote des Stadtteilzentrums? 3. Wie erreicht und beteiligt man Seniorinnen und Senioren sowie Jugendliche aus der Nachbarschaft bei der Entwicklung und Umsetzung neuer Angebotsideen. Um diese Fragestellungen zu beantworten, wurden mit insgesamt 64 SeniorInnen und Jugendlichen Gruppen- sowie Einzelgespräche und mit sechs MitarbeiterInnen des Stifts Experteninterviews durchgeführt. Darüber hinaus wurden mit der ersten Mit-Mach-Konferenz (8.10.2014) und dem neu initiierten Runden Tisch – SeniorInnenarbeit im Parkviertel (27.11.2014) zwei Veranstaltungen organisiert, bei denen der Austausch und die Interessen von BewohnerInnen und VertreterInnen zielgruppenspezifischer Einrichtungen im Mittelpunkt standen. Eine zusätzliche Straßenbefragung von 100 Passanten gab ebenfalls Aufschluss über die Bekanntheit und Wirkung des Stifts wie auch des Stadtteil- und Familienzentrums. Nachfolgend sind die zentralen Er- Stadtteilzentrum gebnisse in Anlehnung an die oben genannten drei Fragen dargestellt. Öffentliche Sichtbarkeit des Stadtteilzentrums erhöhen Sowohl das Stift wie auch das Stadtteilzentrum bieten nach Meinung der Befragten ein großes und zum Teil bisher ungenutztes Potenzial. Die Grünanlage und das Café Klosterhof werden von allen sehr geschätzt. Bekannt ist das Paul Gerhardt Stift allerdings, vorrangig aufgrund des Ärztezentrums, zum Großteil bei der älteren Bewohnerschaft. Jugendliche, vor allem mit einem Migrationshintergrund, konnten auch mit dem Stadtteilzentrum wenig anfangen, da sich die Angebote, noch aus der Tradition als Familienzentrum, schwerpunktmäßig an Familien, Schwangere und Mütter, aber auch zunehmend an Personen in der zweiten Lebenshälfte richten. Die hohen Mauern und die Pforte am Eingangsbereich wirken wenig einladend und in diesem Zusammenhang wird die fehlende Sichtbarkeit der Angebote und Veranstaltungen genannt. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die größte Hürde die Überwindung ist, den Weg in die Räumlichkeiten zu finden und diese kennen zu lernen, um sich selber ein Bild von den Angebotsstrukturen und Bedingungen zu machen. Durch eine öffentliche Bekanntmachung und bessere Sichtbarkeit der Veranstaltungen auf dem Bürgersteig ließe sich die Akzeptanz und Bekanntheit noch steigern. Ältere suchen Angebote und Gemeinschaft Die befragten Seniorinnen und Senioren wollen mit den Freizeitangeboten vorrangig mit anderen Menschen in Kontakt kommen und eine Abwechslung vom Alltag erleben. Gemeinschaft und Geselligkeit Notizen 1.2015 · Seite 20 aber auch die gemeinsame Achtsamkeit und das Vertrauen stehen im Vordergrund, da die Senioren vor allem ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit haben. Ach wenn sie sportlich und mobil bleiben wollen, sind Ältere insbesondere im Winter und im Dunkeln in ihrer Mobilität sehr eingeschränkt. Veränderungen sind allerdings auch wiederum bei einigen schwieriger zu akzeptieren, da gerade AnwohnerInnen, die schon über viele Jahre in der Nachbarschaft leben oftmals den Vergleich zu früher suchen. Folgende Angebotsideen und Themen wurden aus den Bedürfnissen heraus generiert. ○ Lernaktivitäten/Bildungsangebote (z.B. Näh-, Kunst- und FotografieKurse) ○ Kulturübergreifende Feste und Veranstaltungen (Fest der Kulturen mit traditionellen Speisen und Trachten, interkulturelles Picknick und Erzählcafé, mehr Konzerte und Lesungen) ○ Freizeitaktivitäten (Hip-Hop und orientalische Tanzkurse, Strick-Café, künstlerische Angebote) ○ Nachbarschaftliche/generationsübergreifende Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen („Beauty-Tag“ für Jung und Alt, PC-Kurse, InteressensTauschbörse) hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Stadtteilzentrums zu erfahren und sie auch daran zu beteiligen, eignen sich aufgrund des hochschwelligen Zugangs Nachbarschafts-Konferenzen, wie die MitMach-Konferenz, nur bedingt. Diese sind, wie der Runde Tisch – SeniorInnenarbeit im Parkviertel gezeigt hat, eher ein Format, welches Organisationen und Einrichtungen anspricht. Vielversprechender war es die SeniorInnen in ihren alltäglichen öffentlichen Situationen (z.B. beim Nachbarschafts-Café, vor oder nach dem Sportkurs) anzusprechen, sodass sie nicht einen zusätzlichen Weg auf sich nehmen müssen. Zum anderen wären Feste und Veranstaltungen auf dem Gelände des Stifts eine gute Möglichkeit, Beteiligte „so ganz nebenbei“ in einem informellen Rahmen zu befragen oder über Ideen Bedarfe durch Ansprache erfahren Egal ob Jung oder Alt: man informiert und erreicht Personen am besten über den aufwendigen Weg der persönlichen Ansprache. Sei es auf dem Gelände selbst, auf der Straße oder in anderen Freizeitstätten, überall waren alle Befragten stets aufgeschlossen und bereit über ihre Interessen, Ideen und Ansichten zu erzählen. Um die Meinung und Ideen der AnwohnerInnen des Parkviertels abstimmen zu lassen. Als eine weitere einfache Form der Beteiligung wurde die Umsetzung des Briefkastens oder Ideenbrett vorgeschlagen, wo jeder seine Wünsche oder auch Kritiken mitteilen kann. Allerdings ist man bei allen Beteiligungsprozessen auf die jeweilige Stadtteilzentrum Motivation der Zielgruppen angewiesen. Um bedarfsgerechte Angebote zu entwickeln und um diese auch umsetzen zu können, sind intensive Kontakte zu anderen Einrichtungen (u.a. Schulen, Freizeitstätten, Jugendclubs) in der Umgebung von Vorteil. Letztendlich hat diese Untersuchung mit verschiedenen Methoden die Bedürfnisse und Interessen vorrangig von Älteren aber auch Jugendlichen ermittelt. Darauf aufbauend wurden Themen und Formate für bedarfsgerechte Angebote des Stadtteilzentrums und Beteiligungsmöglichkeiten entwickelt. Diese sind als Empfehlungen, Ideen und Hilfestellungen anzusehen. Darüber hinaus wurden die individuellen Voraussetzungen (Wirkung, Bekanntheit, Nutzen) und Notizen 1.2015 · Seite 21 sozialstrukturelle (Zielgruppen im Quartier) sowie organisatorische Bedingungen (Geschichte, Struktur, Räumlichkeiten) analysiert, um geeigneter auf die damit verbundenen Hürden zu reagieren und bisher ungenutzte Potenziale des Stadtteilzentrums beziehungsweise des Paul Gerhardt Stifts sichtbar zu machen. Vorgestellt Vor gefühlt 100 Jahren habe ich Arbeitswissenschaften studiert, kurz nach meinem Abschluss bin ich aus persönlichen Gründen in den Kongo ausgewandert. Durch einen Job in einem Ausbil- dungszentrum in Brazzaville habe ich angefangen, mich mit Büroorganisation und Textverarbeitung zu beschäftigen. Wieder in Deutschland, habe ich eine Umschulung zur Bürofachkraft gemacht und bin in diesem Bereich geblieben. Seit dem 9. März 2015 unterstütze ich die Verwaltung des Stadtteil- und Familienzentrums im Infobüro. Schön ist, dass ich auch meine Erfahrungen mit anderen Kulturen und Menschen unterschiedlicher Herkunft einbringen kann. Ich fühle mich hier schon sehr wohl und möchte mich bedanken, dass ich so offen und herzlich empfangen wurde. “bärenstark ins Leben mit ehrenamtlichen Paten“ Unterstützungsangebot der Frühen Hilfen für junge Familien auch im Stift Mit unserem „bärenstark“-Projekt stehen wir jungen Familien in angespannten Lebenssituationen mit Rat und Tat zur Seite. Geschulte ehrenamtliche Familienpaten helfen Familien mit großer Geduld, wenn der neue Lebensalltag während der Schwangerschaft und nach der Geburt des Kindes über den Kopf zu wachsen droht. Freude und Anspannung können ein Wechselbad der Gefühle auslösen und schnell kann Überforderung drohen. Die Familie stimmt gemeinsam mit den Familienpaten ab, welche Art der Entlastung und Bestärkung sie sich wünscht. Sei es das Spielen mit dem Geschwisterkind, sei es die Begleitung bei Arzt- und Behördengängen oder auch nur die Entlastung, einmal in Ruhe einkaufen oder alleine zum Friseur gehen zu können. Unsere Familienpaten unterstützen die Familien einmal wöchentlich für circa vier Stunden. Das Projekt wird seit über einem Jahr auch im Stadtteil- und Familienzentrum des Paul Gerhardt Stifts angeboten. Viele junge Familien konnten in der Vergangenheit vom Engagement ehrenamtlicher Familienpaten profitieren. In den Rückmeldungen zeigten sie sich dankbar für diese stärkende Unterstützung. „Seit ich für Dennis und Can eine Familienpatin habe, kann ich wenigstens meine Einkäufe erledigen. Mit einem Neugeborenen und einem Kleinkind alles in die vierte Etage zu bringen, ist nicht einfach. Dennis fragt schon immer nach unserer Familienpatin, weil sie sehr toll mit ihm spielt“ erzählte uns eine alleinerziehende Mutter. Junge Mütter oder Väter und Familien, die Entlastung benötigen, können sich unbürokratisch an unser Büro wenden. Gemeinsam mit den Familien schauen wir nach einem passenden Familienpaten. Das Angebot ist kostenfrei. Für diese Arbeit sind wir auf der Suche nach interessierten Bürgerinnen und Bürgern, die einmal in der Woche für ca. vier Stunden ihre Zeit an andere Familien im Kiez verschenken wollen. Alle, die Freude und Lust haben, Kindern und Familien mit Säuglingen und Kleinkindern freundlich, liebevoll, geduldig und tolerant zur Seite zu stehen und ihnen den Start ins Familienleben zu erleichtern, Stadtteilzentrum sind bei uns herzlich willkommen. Wer sich entscheidet, bei „bärenstark“ mitzumachen, erhält eine Qualifizierung als Familienpate und die Möglichkeit, sich in kleinen Teams mit anderen ehrenamtlichen Paten auszutauschen. In unserer Qualifizierung zum Familienpaten erhalten die Ehrenamtlichen das „nötige Rüstzeug“, das sie für ihr Engagement benötigen. Mit gemeinsamen Festen und Ausflügen aller unserer Ehrenamtlichen wollen wir die Gemeinschaft und den Erfahrungsaustausch untereinander stärken. Auch erhält Jede und Jeder eine Bescheinigung ihrer bzw. seiner ehrenamtlichen Tätigkeit. Die Ehrenamtskoordinatorin des Familienpatenprojekts „bärenstark ins Foto: SkF e.V. Notizen 1.2015 · Seite 22 Leben mit ehrenamtlichen Familienpaten“ des Sozialdienstes katholischer Frauen e.V. Berlin (SkF e.V. Berlin) ist immer mittwochs in der Zeit von 10 bis 15 Uhr direkt vor Ort im Stadtteil- und Familienzentrum des Paul Gerhardt Stifts zu erreichen. Weitere Auskünfte und Informationen zu unserem Angebot sind unter 0151/ 14648745 und per E-Mail unter [email protected] zu erhalten. LeNa – lebendige Nachbarschaft, wer gestaltet mit? Der Besuchsdienst LeNa startete im Dezember 2014 hier am Standort Paul Gerhardt Stift und kommt inzwischen mehr und mehr im Bezirk an. Deutlich wird, dass hier im Wedding viele ältere Menschen allein leben, die dringend auf die Unterstützung durch andere Menschen angewiesen sind. „Ich habe Probleme mit meinen Stimmbändern, weil ich immer weniger Gelegenheit zum sprechen habe!“ sagt eine 87 jährige Dame, die sich freut, nun eine Besucherin zu haben, die ihr regelmäßig Zeit schenkt. „Ich möchte gerne wie früher regelmäßig ins Einkaufszentrum gehen, komme aber nicht mehr alleine raus“ äußert eine 92 jährige Dame. Wer möchte gerne mitgestalten und nur wenige Stunden seiner kostbaren Zeit für einen guten Zweck zur Verfügung stellen? Zur Belohnung gibt es Dankbarkeit, spannende Unterhaltung und eine gute Begleitung. Bitte melden Sie sich bei Frau Ginkel unter 030 450 05 240 Ein Angebot unseres Kooperationspartners Evangelisches Johannesstift Altenhilfe gGmbH Vorgestellt Ich freue mich sehr die Koordination des Projektes „Bildungspatenschaften für Grundschulkinder aus RomaFamilien“ am Paul Gerhardt Stift übernehmen zu dürfen. Ich bin 31 Jahre alt, im Erzgebirge in Sachsen geboren und in Erfurt und Bremen zur Schule gegangen. Studiert habe ich zunächst Kulturwissenschaften, Friedens- und Konfliktforschung und Politikwissenschaften in Marburg und lebe und arbeite nun seit fünf Jahren in Berlin. Durch Auslandsaufenthalte und ehrenamtliches Stadtteilzentrum Foto: privat Notizen 1.2015 · Seite 23 Engagement im interkulturellen Bereich, mit Flüchtlingen und Menschen mit Migrationshintergrund, habe ich mich mehr und mehr der sozialen Praxis zugewandt. Insbesondere die Soziale Arbeit, die sich mit dem Schaffen einer solidarischen, toleranten und bunten Gesellschaft beschäftigt, liegt mir sehr am Herzen. Deswegen absolviere ich zurzeit noch ein Aufbaustudium der Sozialen Arbeit mit dem Schwer- punkt „Inclusive Community Work“ an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin und arbeite glücklicherweise seit einiger Zeit in diesem inspirierenden Bereich. Ich möchte mich für Begegnungen zwischen Menschen auf Augenhöhe einsetzen, in denen beide Seiten voneinander lernen, einander verstehen und unterstützen. Mein Freiwilliges Soziales Jahr im Stadtteil- und Familienzentrum So. Jetzt arbeite ich schon seit sechs Monaten im Stadtteil- und Familienzentrum und helfe in verschiedenen Bereichen mit. Ob mit den Schülern der Schule am Schillerpark hinter der Theke im Café, beim Kochen und Backen in der Küche oder bei verschiedenen Veranstaltungen – ich bin immer dabei. Und eben weil ich in so vielen Bereichen mithelfen kann, verging das halbe Jahr so schnell, dass mir jetzt erst bewusst wird, dass schon Halbzeit ist! Am ersten Tag meines FSJs war ich so aufgeregt, dass ich mir kaum etwas merken konnte. Die einzigen Eindrücke, die ich am Abend mit nach Hause brachte, waren Veranstaltungsräume mit hohen Decken, eine blitzeblank polierte Küche und ein riesiger Vorratsschrank. Inzwischen kenne ich mich im gesamten Haus bestens aus, weiß genau, wo die regelmäßigen Veranstaltungen stattfinden und kann Gäste bequem zu dem Raum führen, den sie suchen. Aber natürlich ist die Orientierung in dem großen Haus nicht das Einzige, das ich im letzten halben Jahr gelernt habe. Abgesehen davon, dass ich jetzt weiß, wie man den leckersten Schokokuchen und den einfachsten Käsekuchen der Welt backt, habe ich schnell bemerkt, was es bedeutet acht Stunden am Tag arbeiten zu müssen. Gerade in den ersten Wochen meines FSJ war ich noch fest davon überzeugt, dass die lange Arbeitszeit kein Problem für mich darstellen würde. Dass Pausen wichtig sind, um sich inmitten eines anstrengenden Tages zu sammeln, stellte ich aber schon ziemlich schnell fest. Außerdem durfte ich in dem halben Jahr im Stadtteilzentrum viel mit Jugendlichen zusammenarbeiten und hatte dabei total viel Spaß, so dass ich mich jetzt für ein Sozialpädagogik-Studium entschieden habe. Das FSJ und meine Chefinnen haben mir bei dieser Entscheidung sehr geholfen. Generell fühle ich mich im Team pudelwohl und ich bin superfroh, dass mir meine Kollegen schon von Anfang an das Gefühl gegeben haben, dazu zu gehören. Als ich vor kurzem Urlaub hatte habe ich sie alle schon vermisst und hoffe deswegen, dass die zweite Hälfte meines FSJ nicht allzu schnell vorübergeht. Laura Pötten (li.) und ihre Kollegin Ayjelan Ergenc im Café Klosterhof Stadtteilzentrum Auch mein Zeitmanagement sowie meine Bereitschaft, spontan weitere Aufgaben zu übernehmen haben sich im Laufe der Zeit verändert. Nach den ersten Wochen, in denen ich abends fix und fertig zu Hause angekommen war, versuchte ich meine Aufgaben für den nächsten Tag zu ordnen und sie nach deren Wichtigkeit einzustufen. Ich bemerkte, dass es überhaupt kein Problem ist, mal „Nein“ zu sagen und dass deswegen niemand böse ist. Ich würde nicht sagen, dass mein Zeitmanagement inzwischen ein- Notizen 1.2015 · Seite 24 wandfrei funktioniert, aber ich habe mich auf jeden Fall gebessert und aus meinen Fehlern gelernt! Besonders freue ich mich außerdem darüber, dass ich während meines FSJ auch künstlerisch tätig werden konnte/ kann. So durfte ich die kahlen Wände unserer Kinderbibliothek mit einem großen Fuchs aus dem Buch „Pippilothek“ verzieren. Auch die Flyer des Stadtteilzentrums darf ich entwerfen und gestalten. Mein FSJ im Stadtteil- und Familienzentrum hat mir also schon jetzt sehr viel gebracht. Ich habe einen Einblick ins Arbeitsleben bekommen, habe bei der Arbeit mit Jugendlichen neue Erfahrungen gesammelt und habe richtig tolle Menschen kennengelernt, die mir total ans Herz gewachsen sind. Das Paul Gerhardt Stift ist dabei! Schwarze Perspektiven für den Kiez EOTO e.V. im Paul Gerhardt Stift – Anti-Rassismus-Preis des Bundes Each One Teach One (EOTO) e.V. ist ein Community-basiertes Bildungsund Empowerment-Projekt in Berlin. Im März 2014 eröffnete der Verein mit Unterstützung des Lern- und Erinnerungsort Afrikanisches Viertel als Kiez-Bücherei seine Türen und ist seither ein Ort des Lernens und der Begegnung. EOTO stellt Literatur von Menschen afrikanischer Herkunft vor und vermittelt Wissen im intergenerationellen Dialog. Die Präsenzbücherei umfasst Werke von Autoren-/ innen des afrikanischen Kontinents und der Diaspora und dokumentiert anhand 2500 vor allem deutschsprachiger Bücher Schwarze Geschichte und Gegenwart in und außerhalb Deutschlands. Als KiezBücherei steht EOTO allen Menschen 16h pro Woche offen! Bücherei & Schwarze Perspektiven für den Kiez Die Afrodeutsche Vera Heyer (geb. 1949, + 1995) hat in den 70er Jahren begonnen, in ihrer Freizeit Bücher von Schwarzen Autor_innen zu sammeln. Sie hatte den Wunsch, dass ihr Erbe nach ihrem Tod 1995 in Form einer Bücherei öffentlich zugänglich gemacht wird. Diese Vision wird nun von einem ehrenamtlichen Team umgesetzt – die Bücher werden erfasst, katalogisiert, aufgearbeitet, gruppiert und dadurch zugänglich gemacht. Zu besonderen Anlässe organisieren wir Lesungen. Die Büchersammlung wird kontinuierlich durch Spenden erweitert. Dadurch Schüler_innen des Projekts Black Diaspora School bei der Preisverleihung gemeinsam mit der Fußball-Weltmeisterin Steffi Jones, (c) EOTO e.V. Stadtteilzentrum entsteht ein lebendiger Ort, der zum Treff- und Ausgangspunkt unserer Aktivitäten geworden ist. Black Diaspora School & Black Youth Fridayz – Schwarze Jugendliche engagieren sich Ein wichtiges Ziel von EOTO ist es, Schwarze Jugendliche zu empowern. Es geht darum, Engagement zu fördern, gemeinsam zu lernen, zu leben und zu lachen. In unserer Black Diaspora School (BDS) treffen sich Schwarze Jugendliche ab 13 Jahren mittwochs bei EOTO und lernen gemeinsam für die Schule und in außerschulischen Projekten. So ist kürzlich in Kooperation mit dem Ballhaus Naunynstraße ein Film über Empowerment, Rassismus und das Leben Schwarzer Menschen im Wedding entstanden. Aktivitäten und Themen, die in der BDS behandelt werden, umfassen zudem: afrikanische Geschichte, Prüfungsvorbereitung, literarische Vorbilder, Menschenrechte, Nachhilfe, Theaterbesuche, Podiumsdiskussionen, Ferienangebote und der Austausch mit Vorbildern aus der Community. Jeden letzten Freitag im Monat sind Schwarze Jugendliche außerdem zum Black Youth Fridayz eingeladen – zum gemeinsamen Musikhören, Austauschen, Kennenlernen und Netzwerken. EOTO im Paul Gerhardt Stift Wir sind vor ziemlich genau einem Jahr ins Paul Gerhart Stift gezogen seit dem ist viel passiert: ▸ Wir haben fast 1000 neue Bücher für unseren Bestand geschenkt bekommen! ▸ Wir haben Dienstags-Freitags für alle Interessierten offen (Di 15:3019:30; Mi-Fr: 14-18 Uhr)! ▸ Die Black Diaspora School hat von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes den ersten Preis im Wettbe- Notizen 1.2015 · Seite 25 werb „Rassismus – nicht mit mir“ erhalten! ▸ Wir suchen nach Fördermitgliedern, um auch zukünftig im PGS aktiv sein zu können! [Anzeige] Altenhilfe Berlin-Wedding Die Schillerpark ambulant Sozialstation Wedding ist ein seit dem 1.2.2015 von den Kassen zugelassener Pflegedienst auf dem Gelände des Paul Gerhardt Stifts. Einen ambulanten Pflegedienst gab es auch vor dem 1.2.15 auf dem Gelände des PGS, aber organisiert und koordiniert vom Sunpark ambulant aus Neukölln. Jetzt gibt es den ambulanten Pflegedienst Schillerpark ambulant, zu finden sind wir im Mutterhaus 1. Etage, von dort aus läuft die Organisation und Koordination der ambulanten Pflege. Unser Team bestehend aus 8 erfahrenen und engagierten Mitarbeitern 3 examinierte Pflegefachkräfte, 4 Pflegehelferinnen und eine Hauswirtschaftskraft- pflegt sie dort, wo Sie sich wohl und geborgen fühlen: In vertrauter Umgebung zu Hause. Wir unterstützen Sie flexibel und unbürokratisch mit allen unseren grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Leistungen, aber auch in pflegerischen Beratungsfragen ( wie z.B. die Reform der Pflegeversicherung seit 1.1.2015 mit zusätzlichen Leistungen), um Ihnen das Leben zu erleichtern. Wir sind 24 Stunden für Sie erreichbar. Sprechen Sie uns an. Wir kommen gern zu Ihnen nach Hause und vermitteln Sie auch gerne bei Fragen an unsere Kooperationspartner. Veranstaltungen >> 7. Juni von 10–17.30 Uhr: Jahresfest mit Festgottesdienst um 10 Uhr, ab 14 Uhr: Stadtteilfest für die Bewohner/innen im Kiez. >> 19. & 20. Juni von 15–18 Uhr: Schreibwerkstatt: Im Fluss der Worte schwimmen. Anmeldung im Stadtteilzentrum >> 16. Juli bis 28. August: Während der Sommerferien werden wir wieder Angebote für Familien und Kinder machen. Spielen, basteln, kochen, backen und auch Ausflüge bieten wir an – das detaillierte Programm finden Sie ab Anfang Juni auf unserer Homepage. Vor allem die Kurse für die Senioren/innen machen im Sommer keine oder nur eine kurze Pause. Nach den Sommerferien beginnen alle unsere Kurse neu wieder in der ersten und zweiten Septemberwoche. >> 12. September von 10–18 Uhr: Tag der Diakonie - Kapernaum-Gemeinde und Paul Gerhardt Stift planen einen gemeinsamen Tag der Musik und Begegnung. Ort: Paul Gerhardt Stift, Informationen unter 45005-114 >> 10. Oktober: Lange Nacht der Familie. Detektivische Suche zwischen Kinderbibliothek und neu eröffneter Schillerbibliothek. >> 11. November: St. Martins-Umzug gemeinsam mit den Bewohnern/-innen des Pflegewohnheims Schillerpark und dem Deutschen Familienverband. >> 05. Dezember: Advents- und Nikolausfeier des Stadtteilzentrums Das neue Programm 2.2015 ist ab Juli erhältlich! Informationen: 45005 131 [email protected] Refgugium Notizen 1.2015 · Seite 26 Frühstücken mit Händen und Füßen Schon im Frühling vergangenen Jahres hatten das Servicewohnen, das geistliche Zentrum und das Refugium die Bewohnerinnen und Bewohner des Paul Gerhardt Stifts zu einem gemeinsamen Frühlingsbrunch eingeladen. Die positiven Rückmeldungen haben uns darin bestärkt, diese Möglichkeit der nachbarschaftlichen Begegnung auch in diesem Jahr wieder anzubieten. Das gemeinsame Essen und Trinken schafft einen Raum in dem sich Menschen unterschiedlicher Generationen und unterschiedlicher kultureller Herkünfte ungezwungen begegnen können. So konnten wir uns am 18. März über 60 gutgelaunte Frühstücksgäste freuen. Bei Kaffee, Tee und frischen Brötchen konnten sich die Flüchtlinge aus dem Refugium und die Senioren aus dem Wohnstift kennenlernen und – auch mithilfe der ehrenamtlichen Sprachmittlerinnen des Refugiums – miteinander ins Gespräch kommen. In einer fröhlichen Runde wurde Marmelade herumgereicht und den Tischnachbarn viele Fragen gestellt. Besonderes Highlight war auch in diesem Jahr wieder der Chor des Wohnstifts, der das Treffen musikalisch begleitete. Wir freuen uns, dass auch dieses Frühstück regen Anklang gefunden hat und hoffen, damit vielleicht eine neue Tradition begründen zu können, die das bunte Leben hier im Haus abbildet und bestärkt. Spende Refugium KD Bank BLZ 350 601 90 Konto 181 80 Verw.Zweck: 910850 Spende für das Refugium DB JobService-Spende hilft Flüchtlingskindern >> In 2014 haben die Impulsgeber bei DB Job-Service den zweiten Fotowettbewerb ausgerufen. Die Teilnahme war groß. Eine Vernissage auf dem Mitarbeitertreffen in Münster zeigte alle Fotos aus dem Wettbewerb. „Die Schönsten wurden im neuen Jahreskalender 2015 veröffentlicht“, so Harald Ebeling, Personalberater bei DB JobService. "Am meisten freut mich, dass die Kalender heute in fast jedem Büro zu sehen sind", berichtet Mandy Mandery-Mross, Personalberaterin. Wie im Jahr zuvor folgten viele dem Aufruf, sich mit einem freiwilligen Beitrag für die Kalender an einer Spendenaktion zu beteiligen. Durch das Engagement Einzelner, wie von Barbara Killich, Leiterin HCJH 3, konnten weitere Spender im Casino sowie in DB-Geschäftsfeldern gewonnen werden. Insgesamt wurden 850 Euro für die Einrichtung eines Kinderspielplatzes im Rahmen der Flüchtlingshilfe an das Paul Gerhardt Stift zu Berlin gespendet. Die Spende wurde am 20. März von Barbara Killich (Foto: Mitte) an Ute Köpp-Wilhelmus, Geschäftsführerin des Paul Gerhardt Stifts (Foto: rechts) und Tobias Kuske, Kreisjugendpfarrer im Kirchenkreis Nord-Ost (Foto: links) übergeben. „Ich freue mich sehr über das große Engagement“, betont Ute Köpp-Wilhelmus. „Sie kommt den Kindern im Refugium, der Flüchtlingsunterkunft des Stifts, zugute“, ergänzt Tobias Kuske. Im Refugium leben 102 Flüchtlinge, etwa die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Viele Bewohner sind durch Kriegs- und Fluchterfahrungen zum Teil schwer traumatisiert. Seit April 2014 wurde innerhalb der Einrichtung eine Frauenetage eingerichtet, die allein reisenden Frauen und Müttern mit ihren Kindern einen Schutzraum bietet. „Insbesondere für die Kinder wollen wir die psychosozialen und pädagogischen Angebote verstärken", so Ute Köpp-Wilhelmus. „Dazu gehört ganz zentral die Einrichtung eines Kinderspielplatzes." << >> Originalbeitrag aus: DB JobService AKTUELL Nr. 2 April 2015, S. 3<< Geistliches Zentrum Notizen 1.2015 · Seite 27 Splitter aus dem geistlichen Leben in unserem Haus Nicht immer gibt es etwas von großen Ereignissen zu berichten. Doch manches lohnt sich weiterzugeben. Immer mehr Menschen nehmen das Angebot der "Offenen Kirche“ mittwochs von 10.00 bis 16.00 Uhr wahr. Sie sind erstaunt: „Ich gehe hier schon immer vorbei und habe nie gewusst, dass hier eine so schöne Kirche ist.“ Oder „Ich wohne hier schon über 20 Jahre, die Kirche ist mir noch nie aufgefallen.“ Oder „Ich war beim Arzt und habe die Glocke gehört, aber keine Kirche gesehen.“ Wie immer am ersten Freitag im März, feierten wir hier den traditionellen Weltgebetstag, wie er am gleichen Tag weltweit begangen wird. Überall gilt die gleiche Gottesdienstordnung. Es werden die gleichen Lieder gesungen. Wenn man einmal nachdenkt, wird 24 Stunden lang irgendwo auf der Welt dieser Gottesdienst gefeiert. In diesem Jahr hatten ihn Frauen von den Bahamas vorbereitet. „Begreift ihr meine Liebe?“ war das Thema. Beim Zusammensein danach gab es einiges Traditionelles von den Bahamas zu essen und dazu einen regen Gedankenaustausch. 2016 wird die Gottesdienstordnung aus Kuba kommen. Am 15. März nahmen wir Schwestern und der Konvent an dem Gottesdienst der geistlichen Gemeinschaften unserer Landeskirche EKBO teil. Dieser Gottesdienst stand unter dem Thema: „Einander annehmen - Vielfalt leben.“ Aus fünf Gemeinschaften wurden Kommentare zu dem Text aus dem Römerbrief Kapitel 15 Vers 1-7 verlesen. Diese Texte sagten in Kürze etwas zu der jeweiligen Gemeinschaft und deren Aufgaben in ihren diakonischen Einrichtungen aus. Ein Gedankenaustausch folgte in lockerer Runde danach. Solche Zusammenkünfte dienen der Verständigung und machen Diakonie sichtbarer. Niklas biegt das Kreuz Der Orkan "Niklas" wütete über Berlin und hat das Kreuz vom Kirchengiebel abgebrochen. Am 31.03.2015 gegen 14.45 Uhr ruft mich Herr Janiec, unser Objektmanager, an: „Wie kommt man auf das Dach, auf dem das Kreuz ist?“ Meine Antwort: „Vom Wohnzimmerfenster in der zweiten Etage.“ Wir gingen in das Wohnzimmer. Das Kreuz hatte der Sturm abgebrochen, es hing nach vorn in der Luft über dem Altarraumdach. Der Klosterhof war zur Hälfte abgesperrt und die Feuerwehr bereits gerufen worden. Sie war aber im Dauereinsatz. Es hieß also, aufpassen und abwarten. Kurz nach 17.00 Uhr kam die Polizei und bald darauf auch die Feuerwehr. Vier Feuerwehrmänner gingen mit Leitern aufs Dach. Das Kreuz wurde herunter genommen. Einer der Feuerwehrleute trug das Kreuz auf seiner Schulter, als er die Leiter herabstieg, wir stellten es in die Kirche. Das Bild mit dem Feuerwehrmann gibt einen besonderen Eindruck auf Karfreitag. Nun muss es restauriert oder gar erneuert werden. Was hat es in den Jahren seit 1888 nicht alles ausgehalten? Paul Gerhardt Konvent Der Paul Gerhardt Konvent hat keine steigenden Mitgliederzahlen, aber seine Gemeinschaft ist stabil und tragfähig. Neben den Einladungen in das Diakonische Werk zum Treffen und Austausch der Gemeinschaften wollen wir auch den Kontakt zur Schwestern- und Bruderschaft im Evangelischen Johannesstift und zum Kaiserswerther Verband halten. Über den gemeinsamen Gottesdienst der Gemeinschaften in der Kaiser-Wil- Geistliches Zentrum helm-Gedächtniskirche und über den Weltgebetstag finden Sie Anmerkungen von Oberin Siegrid Fellechner. Ansonsten bringen wir uns wie jedes Jahr gerne ein in die ehrenamtlichen Dienste, wie Andachten, Fürbittgebet, Bibelstunde, „Offene Kirche“, Besuchsdienst und Veranstaltungen. Anwesend und ehrenamtlich tätig waren wir im Februar beim Treffen des Freundeskreises Ostpreußen und bei den Begegnungen mit den Gästen aus dem Kaliningrader Gebiet. Dankbar haben wir wahrgenommen mit wie viel Liebe und Einsatz das Evangelium dort unter schwierigen finanziellen Bedingungen verkündigt und gelebt wird. Unsere Treffen finden regelmäßig am letzten Freitag des Monats im Anschluss an die Taizé-Andacht statt. Abweichungen werden bekannt gegeben. Heilender Gott, du kennst meine Gedanken, meine Gefühle, meine Angst, meine Sorgen, meine Hilflosigkeit, meine Schmerzen. Lass mich nicht allein. Steh du mir bei und heile mich. Gib mir Kraft für alles, was vor mir liegt. Gib mir deinen Segen, der mir neues Leben schenkt. Amen Gottesdienste 8.00 Uhr Morgenandacht 12.00 Uhr Mittagsgebet Jeden Montag 15.30 Uhr Fürbittgebet Jeden Mittwoch 10:00-16.00 Uhr „Offene Kirche“. Jeden Sonntag um 10:00 Uhr Gottesdienst in der Stiftskirche Notizen 1.2015 · Seite 28 Paul Gerhardt tanzt Es ist unwahrscheinlich, dass Paul Gerhardt jemals getanzt hat. Dabei war er sehr musikalisch. Das kann man sich wirklich nicht vorstellen, wenn man in das strenge Gesicht des Standbildes sieht, das im Großen Saal steht. Unter diesem strengen Blick schwingen jeden Donnerstag um 15 Uhr zwölf Personen aus dem Paul Gerhardt Stift das Tanzbein unter der professionellen Leitung des Tanzleiters Stephan Scholz. Und da geht es sehr lustig zu! Mit großer Geduld und viel Humor hält er uns 45 Minuten in Schwung. Wir lernen Langsamen Walzer, Tango Argentino, Rumba und verschiedene Gruppentänze. Aus den Grundschritten dieser Tänze entwickeln sich neue Figuren. So wird neben der Beweglichkeit das Gedächtnis trainiert. Beine und Füße werden spielerisch gelockert. So manche Abnutzungserscheinungen verschwinden wie durch Zauberhand. Schmerzen lassen nach oder hören auf. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gilt das Tanzen für alte Menschen als heilsame Therapie. Das Tanzen mit Stephan macht uns allen große Freude. Natürlich gehört dazu die passende Musik, die uns erst richtig in Schwung bringt. Der Donnerstag als "Tanz Tag" ist ein fester Termin in unserem Kalender geworden. Nach dem Tanzen fühlen wir uns wieder jung und voller Lebensfreude. Auch Tanzbegeisterte mit Rollator haben die Gelegenheit zum Tanzen in einem besonderen Kurs, der immer donnerstags um 16 Uhr stattfindet. Seit März gibt es außerdem einen Kurs für Menschen mit beginnender Demenzerkrankung, zu dem jeden Dienstag ab 9:30 Uhr eingeladen wird. Die Kosten für diesen Kurs können bei Vorliegen einer Pflegestufe von der Pflegekasse übernommen werden. Anmeldungen für die Tanzkurse werden im Stadtteilzentrum entgegen genommen. Geistliches Zentrum Kirchenführungen für Erwachsene mit Kindern (Auch für Kitagruppen und Schulen geeignet), Information und Anmeldung Nancy Horn-Gittel Tel.: (030) 45005-114 Mobil: 0178 1316414 [email protected] Termine 08.06. 2015 16.00 h „Lucas Granach als Bürger Wittenbergs und Repräsentant des frühen Bürgertums“ Vortrag: Winfried Gayko Ort: Paul Gerhardt Stift, Fliedner Saal Kosten: um eine Spende wird gebeten, Eintritt frei 12.06.2015 18.00 h Orgelvesper in der Kapelle mit Gustavo la Cruz 12.09.2015 10–18.00 h Diakonie und Kirche: Für Vielfalt in der Nachbarschaft. Gemeinsamer Tag von Kapernaum Gemeinde und Paul Gerhardt Stift. Musik, Tanz und Begegnung. Sie sind herzlich eingeladen! Informationen: Nancy Horn-Gittel Tel.: (030) 45005-114 CREDO ich glaube an gott der die welt nicht fertig geschaffen hat wie ein ding das immer so bleiben muss der nicht nach ewigen gesetzen regiert die unabänderlich gelten nicht nach natürlichen ordnungen Notizen 1.2015 · Seite 29 von armen und reichen sachverständigen und uniformierten herrschenden und ausgelieferten ich glaube an gott der den widerspruch des lebendigen will und die veränderung aller zustände durch unsere arbeit durch unsere politik ich glaube an jesus christus der recht hatte als er "ein einzelner der nichts machen kann" genau wie wir an der veränderung aller zustände arbeitete und darüber zugrunde ging an ihm messend erkenne ich wie unsere intelligenz verkrüppelt unsere fantasie erstickt unsere anstrengung vertan ist weil wir nicht leben wie er lebte jeden tag habe ich angst dass er umsonst gestorben ist weil er in unseren kirchen verscharrt ist weil wir seine revolution verraten haben in gehorsam und angst vor den behörden ich glaube an jesus christus der aufersteht in unser leben dass wir frei werden von vorurteilen und anmaßung von angst und hass und seine revolution weitertreiben auf sein reich hin ich glaube an den geist der mit jesus in die welt gekommen ist an die gemeinschaft aller völker und unsere verantwortung für das was aus unserer erde wird ein tal voll jammer hunger und gewalt oder die stadt gottes ich glaube an den gerechten frieden der herstellbar ist an die möglichkeit eines sinnvollen lebens für alle menschen an die zukunft dieser welt gottes amen. Seit 60 Jahren Diakonisse Glückwünsche an Sr. Hildegard und Sr. Margot Diakonisse Hildegard Oelke, Altoberin des Paul Gerhardt Stifts, und Diakonisse Margot Krede wurden vor 60 Jahren als Diakonissen eingesegnet. Schwester Margot ist seit 1958 in der Gemeinde Neu Westend tätig und ist glücklich und zufrieden, trotz mancher körperlichen Schwierigkeiten dort noch ihren Dienst tun zu können. Sie ist von unserem Haus noch die einzige „Gemeindeschwester“ und erfreut sich in Neu Westend großer Beliebtheit. Wenn man sie fragt, hat sie viel aus der Gemeinde zu berichten von dem wie es war und wie es heute ist. Schwester Hildegard haben wir 1969 als Oberin in das Mutterhaus Paul Gerhardt Stift zu Berlin geholt. Sie war vorher im Mutterhaus Bethanien in Kreuzberg. Dort hat sie ihre Ausbildung absolviert als Krankenschwester, Gemeindschwester, Organistin mit C-Prüfung, Vorschulleiterin und stellvertretende Oberin. Hier bei uns wirkte sie 35 Jahre als Oberin und Leiterin des Schwesternchores. Sie erlebte als Oberin die Schließung des Krankenhauses und den Umbau zum Aussiedlerheim, welches auch geschlossen wurde. Unser Haus verdankt Geistliches Zentrum · Notiz nehmen insbesondere Sr. Hildegard sehr viel. Wir wünschen beiden Diakonissen Gottes reichen Segen und beglückwünschen sie zu ihrem Jubiläum recht herzlich. Vorgestellt Meine Name ist Steffani Elser, ich bin 41 Jahre jung und lebe im Wedding. Ich habe eine Ausbildung als Sozialassistentin abgeschlossen und konnte erste berufliche Erfahrungen an der Sekundarschule am Schillerpark sammeln. Seit Januar 2015 arbeite ich nun gemeinsam mit Mareike Hartig im Servicewohnen. Ich unterstütze sie dort im Büro und biete z.B. den Frühstückstreff oder gemeinsames Spiel an. Außerdem begleite ich das Tanzangebot im Projekt "Erinnerung in Bewegung". Wichtig ist mir, dass die Seniorinnen und Senioren Freude am gemeinsamen Austausch haben. Ich fühle mich sehr wohl im Paul Gerhardt Stift und freue mich, Teil des Teams im ZukunftsHaus Wedding zu sein. Notizen 1.2015 · Seite 30 Engagement aus Überzeugung Zum 70. Geburtstag von Hans Nisblé Es war kein guter Zeitpunkt, um das Licht der Welt zu erblicken. Weite Teile Europas lagen im März 1945 bereits in Schutt und Asche. Berlin wurde zunehmend zu einer Trümmerstadt und die Menschen hofften auf ein nahes Ende des Krieges und der menschenverachtenden nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Hans Nisblé wurde am 28. März 1945 in diese Zeit hinein in Moabit geboren zur Freude seiner Eltern, die einen kurzen Augenblick das Leid und das Elend um sich herum vergessen konnten. Die Kindheit, der Schulbesuch und die Lehre in der Schriftgießerei des Ullstein-Verlages haben die Normalität des Alltags im Berlin der Nachkriegsjahre gehabt, aber die Vergangenheit war immer durch die Teilung der Stadt gegenwärtig. Der Bau der Mauer war für den schon damals politisch interessierten Hans der Anstoß, nicht untätig Zuschauer der Entwicklung in seiner Heimatstadt zu sein. Sein Entschluss stand fest: er wurde noch 1961 Mitglied der SPD. Sein Engagement, sich für die Belange der Menschen einzusetzen und das geteilte Berlin nicht als unveränderbar hinzunehmen, waren auch die Ziele der Berliner Sozialdemokraten, die ihn im Jahr 1968 mit nur 23 Jahren zum Geschäftsführer im Kreis Wedding wählten. In dieser Tätigkeit wurde auch die Bundespolitik auf ihn aufmerksam und er war in den Wahlkämpfen der Jahre von 1969 bis 1982 Mitglied der Wahlkampfteams von Willy Brandt und Helmut Schmidt. Foto: AWO Berlin Der Ort der bürgernahen Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens ist aber die Kommunalpolitik; und so wurde er 1971 Mitglied der Weddinger Bezirksverordnetenversammlung, war einige Jahre Fraktionsvorsitzender, gehörte dem Abgeordnetenhaus von Berlin an, bis ihn die Bezirksverordnetenversammlung Wedding 1986 zum Bezirkstadtrat für Sozialwesen wählte. Das war etwas ganz nach seinem Herzen, denn er konnte nahe bei den Bürgerinnen und Bürgern sein und ihnen bei ihren Alltagssorgen und Nöten helfen. So war es nur eine Folge seiner sozialen Arbeit, dass er 1994 in das Amt des Weddinger Bezirksbürgermeisters gewählt wurde, als der Vorgänger, Jörg-Otto Spiller, Mitglied des Bundestages wurde. Durch die kommunalpolitische Arbeit geprägt, verkannte er nicht, dass Berlin eine Veränderung der Bezirksstrukturen benötigte, die im Ergebnis zu einem Zusammengehen der damaligen Verwaltungsbezirke Wedding, Tiergarten und Mitte im Jahr 2001 führte. Hans Nisblé gehörte dann auch dem Notiz nehmen neuen Bezirksamt an, hatte aber durch seine seit vielen Jahren erfolgreiche ehrenamtliche Tätigkeit bei der Arbeiterwohlfahrt Berlin schon länger die Überzeugung gehabt, dass die Träger der sozialen Dienstleistungen, deren Arbeit zunehmend für viele Menschen von existentieller Bedeutung sind, unterstützt werden müssen. Er wurde Landesvorsitzender der Berliner Arbeiterwohlfahrt, eine Tätigkeit, die ihm viele Möglichkeiten bis jetzt gibt, sich für die sozialpolitischen Belange auch als Interessenvertreter einzusetzen, ihm also sprichwörtlich auf den Leib geschnitten war. Seine christliche Überzeugung über die Notwendigkeit diakonischen Wirkens in unserer Gesellschaft bringt Hans Nisblé seit vielen Jahren als Mitglied und Kuratoriumsvorsitzender des Paul-Gerhardt-Stift im Ortsteil Wedding des Bezirks Mitte ein. Diese Stiftung hat in den letzten Jahrzehnten alle Höhen und Tiefen der sozial- und gesundheitspolitischen Entwicklungen erfahren. Heute ist das Paul-Gerhardt-Stift mit neuen Aufgaben für die Zukunft gut aufgestellt. Gleichwohl bleiben für das Kuratorium und die Leitung der Stiftung noch wichtige Aufgaben für die langfristige Entwicklung zu bearbeiten. Für seine Verdienste erhielt Hans Nisblé im Jahr 2007 vom Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland das Bundesverdienstkreuz. Die jahrzehntelange unermüdliche Arbeit für die Menschen geht immer auch auf die eigene gesundheitliche Kraft. Und so ist es durchaus verständlich, wenn eines Tages der Entschluss reift, das Leben etwas ruhiger angehen zu lassen. Wer Hans kennt, wird sich seinen Ruhestand ohne das Leben in der Gemeinschaft Notizen 1.2015 · Seite 31 nicht vorstellen können. Und so warten auch im neuen Lebensjahr soziale Aufgaben auf ihn. Dafür ist eine robuste Gesundheit notwendig, die wir von ganzem Herzen dem Geburtstagskind wünschen, verbunden mit persönlicher Zufriedenheit und Freude am Leben. Impressum Herausgeber Paul Gerhardt Stift zu Berlin Martin von Essen (Direktor), Andreas Arentzen (Kaufm. Vorstand), Ute Köpp-Wilhelmus (Geschäftsführung) Zum Autor Adresse Vorgestellt Bankverbindung Müllerstraße 56–58, 13349 Berlin Telefon 030 45005 - 101, Telefax 030 45005 - 100 [email protected] www.paulgerhardtstift.de Geschäftskonto Evangelische Bank eG GENODEF1EK1 DE12 5206 0410 1 003 901 483 KTN: 1003 9014 83 Redaktion Stefan Kurzke-Maasmeier (verantw.) Vera Fischer Fotos soweit nicht angegeben: Paul Gerhardt Stift zu Berlin Foto: privat Mein Name Vera Fischer passt gut zu mir, denn das Wasser ist mein Element. Das Fischen hat mich allerdings nie gelockt. Zander und Hering begegnete ich nur als Teilnehmer dieses Namens in meinen Journalistenseminaren bei der Evangelischen Medienakademie. Zuvor habe ich als Redakteurin der Berliner Morgenpost aus Berlin und der Welt berichtet. Vor allem die sozialen Themen lagen mir am Herzen. Projektmanagement, Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit sind die Beilagen in meinem Erfahrungsmenu, das ich zur innovativen Teamküche im ZukunftsHaus Wedding gerne beisteuere. Layout · Satz Stefan Kurzke-Maasmeier Druck Union Sozialer Einrichtungen www.u-s-e.org Auflage 1.200 Datum der Herausgabe Mai 2015 Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kritik! Bitte schreiben Sie uns unter [email protected] oder rufen uns an 030 45005 136. Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe ist der 1. November 2015 Notiz nehmen Notizen 1.2015 · Seite 32 Blick zurück nach vorn Geleitwort des Vorstands Am 23. März konnten wir die neue Kindertagesstätte mit einem festlichen Empfang eröffnen. Besonders gefreut hat uns der Besuch vieler Ehrengäste, darunter die Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Jugend, Bildung und Wissenschaft, Siegrid Klebba, und der Sänger Roland Kaiser, der uns als Freund des ZukunftsHaus' Wedding dankenswerterweise unterstützt. Mit der Kindertagesstätte ist ein weiterer Baustein für das ZukunftsHaus Wedding fertiggestellt worden und wir freuen uns, dass das Paul Gerhardt Stift auf diese Weise einen sichtbaren Beitrag zu Bildung und Inklusion im Stadtteil leistet. Wir danken allen bisherigen Spenderinnen und Spendern, die zur Unterstützung von Bau und Betrieb der Kita eine „Baustein-Spende“ erworben haben. Wir laden Sie, liebe Leserinnen und Leser der Notizen ein, ebenfalls einen Baustein zu erwerben, um so die Weiterentwicklung der Kita und die Finanzierung von wichtigen Anschaffungen oder zusätzlichen Angeboten zu unterstützen. Im weiteren Verlauf des Jahres 2015 werden wir uns der Konsolidierung unserer Angebote widmen. Seit wenigen Wochen haben wir die Anzahl der Plätze für besonders schutzbedürftige Flücht- linge auf 102 erweitert, etwa die Hälfte der Bewohner sind Kinder und Jugendliche. Dieser Arbeitszweig wird in den kommenden Jahren immer wichtiger werden. Als diakonische Einrichtung stehen wir in einer besonderen Verantwortungspflicht gegenüber Schutz suchenden Menschen. Mit neuen Projekten und Personen entwickelt sich das Stadtteilzentrum weiter zu einem wichtigen Partner des Bezirks. Mit dem Projekt "Bewegung in Erinnerung", dem Runden Tisch für Senioren und weiteren Kursen und Angeboten wird unser Haus in Kooperation mit der Evangelisches Johannesstift Altenhilfe gGmbH mehr und mehr zu einem Ort für Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Am 7. Juni feiert das Paul Gerhardt Stift den 139. Jahrestag seines Bestehens mit einem Festgottesdienst und einem großen Stadtteil- und Familienfest. Dazu möchten wir Sie schon heute herzlich einladen. Im Rahmen des Jahresfestes werden unsere Diakonissen Sr. Margot Krede und die Altoberin Sr. Hildegard Oelke das 60-jährige Jubiläum ihrer Einsegnung feierlich begehen können. Wir möchten ihnen an dieser Stelle von Herzen für ihre unschätzbar wertvolle Arbeit danken und wünschen ihnen Gottes Segen. Wir gratulieren ebenso dem Vorsitzenden des Kuratoriums, Herrn Hans Nisblé, zur Vollendung seines 70. Lebensjahres und wünschen ihm alles erdenklich Gute. Im kommenden Jubiläumsjahr werden wir dann in besonderer Weise die Tradition und die fortwirkende Erneuerung des Paul Gerhardt Stifts sichtbar machen. Wir bitten Sie: bleiben Sie dabei an unserer Seite und unterstützen Sie unsere Arbeit auch weiterhin mit Ihren Spenden und Ihrer Aufmerksamkeit. Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien eine wundervolle Sommerzeit und Gottes reichen Segen. Mit herzlichen Grüßen, Ihre Pfarrer Martin von Essen Direktor Andreas Arentzen Kaufmännischer Vorstand Spenden Wenn auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, für das Paul Gerhardt Stift spenden möchten, können Sie dies jederzeit durch eine Überweisung auf folgendes Konto tun: KD Bank, BLZ 350 601 90, Konto 18180, IBAN: DE95 35 0601 90 0000 01 8180 BIC: GENODED1DKD. Sie erhalten selbstverständlich eine Spendenbescheinigung! Sie können die Arbeit des Paul Gerhardt Stifts auch durch ein Testament, ein Vermächtnis oder eine Schenkung unterstützen. Kommen Sie auf uns zu, gern sprechen wir mit Ihnen über Ihre Fragen! 030 45005 118 / -101 oder [email protected]
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