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Frühjahr & Sommer
1.2015
Notizen
Kindheit
Kinder haben
Rechte!
Spende für
Flüchtlinge
Seite 3
Seite 26
Kita-Eröffnung
mit Roland Kaiser
Neues aus dem
Stadtteilzentrum
Seite 8
Seite 17
Editorial
Thema Kindheit
Recht haben und Recht
bekommen ................................ S. 3
Eröffnung der Kindertagesstätte
mit Roland Kaiser ...................... S. 8
Das Kita-Team .......................... S. 9
Alle anders, alle gleich,
alle wichtig ............................. S. 10
Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Feundinnen und Freunde des Paul Gerhardt Stifts,
die erste Ausgabe der Notizen im Jahr 2015 ist dem
Thema Kindheit gewidmet. Im Mittelpunkt steht dabei
die Kindertagesstätte als Ort von Bildung, Teilhabe und
Inklusion. In seinem Beitrag "Rechte haben und Rechte
bekommen" reflektiert Jörg Maywald die Bedeutung der
Kinderrechte für Kindertagesstätten. Der Leiter der Kita
des Paul Gerhardt Stifts, Jonas Burkowski, nimmt im
Rahmen eines Interviews und in einem Artikel Stellung
zur pädagogischen Konzeption und den Perspektiven
der Einrichtung, die am 23. März im Beisein von Roland
Kaiser und der Bildungsstaatssekretärin Siegrid Klebba
feierlich eröffnet wurde. Auch dazu finden Sie einen
Rückblick in diesem Heft. Die besondere Herausforderung der interreligiösen Öffnung einer evangelischen Kita skizziert Anke Freienstein. Einen ganz anderen Blick
auf das Titelthema ermöglicht schließlich die Erinnerung
an zwei Kinder eines von den Nationalsozialisten vernichteten Dorfes im besetzten Griechenland.
Die Notizen wollen Sie zudem über die vielfältigen Aktivitäten und Angebote des Stadtteil- und Familienzentrums informieren, das im Juli sein neues Programm
präsentieren wird. Die Mitarbeiterinnen der neuen Projekte "Intermediäre Stadtteilkoordination" und "Bildungspatenschaften für Romakinder" stellen sich vor
und Friederike Schwemin gewährt einen Einblick in die Begleitforschung zum Projekt Netzwerk#P, das sich in besonderer Weise der partizipativen Bedarfsanalyse in der
Bezirksregion Parkviertel gewidmet hat. Selbstverständlich
erfahren Sie auch Neuigkeiten aus dem Geistlichen Zentrum.
Wir wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser eine anregende Lektüre und eine schöne, erholsame Sommerzeit.
Herzliche Grüße
Ute Köpp-Wilhelmus
"Kinder leben Toleranz und
Vielfalt einfach vor!" ................ S. 12
In evangelischen Kitas religiöse
Vielfalt wahrnehmen ................ S. 13
Avaptisto und Argyris ............... S. 15
Aktuelles aus dem
Stadtteilzentrum ....................... S. 17
Nachbarschaft, Netzwerke,
Nachfragen. Projektbericht ........ S. 19
"Bärenstark ins Leben mit
ehrenamtlichen Paten".............. S. 21
Freiwilliges Soziales Jahr im
Stadtteil- und Familienzentrum S. 23
Schwarze Perspektiven für
den Kiez ................................... S. 24
Veranstaltungen ....................... S. 25
Frühstücken mit Händen
und Füßen ................................ S. 26
Spende für das Refugium von
DB Job Service ......................... S. 26
Splitter aus dem geistlichen
Leben ..................................... S. 27
Seit 60 Jahren Diakonisse.
Glückwünsche ......................... S. 29
Engagement aus Überzeugung.
Hans Nisblé zum Geburtstag .... S. 30
Stefan Kurzke-Maasmeier
Geleitwort des Vorstands ......... S. 32
Thema Kindheit
Notizen 1.2015 · Seite 3
Recht haben und Recht bekommen
Der Kinderrechtsansatz in Kindertageseinrichtungen
Einleitung
Kinder sind von Geburt an Träger von
Rechten. Kinderrechte müssen nicht
erworben oder verdient werden, sie
sind nicht abhängig von bestimmten
Eigenschaften, sondern unmittelbarer Ausdruck der jedem Kind innewohnenden Würde. Kinder als
Rechtssubjekte zu achten, ist Aufgabe aller Akteurinnen und Akteure in
der Arbeit mit Kindern und für Kinder.
Mit der Orientierung an den Kinderrechten ist zugleich die Absage an
paternalistische Haltungen verbunden. Kinder sind nicht bloß Objekt
des Schutzes und der Fürsorge. Kinderrechtsschutz ist daher weitaus
mehr als Kinderschutz. Eine an den
Kinderrechten orientierte Pädagogik
respektiert das Kind als eigenständigen Träger von Schutz-, Förder- und
Beteiligungsrechten. Die Umsetzung
der Rechte jedes Kindes ist ein zentraler Aspekt guter Qualität. Pädagogik muss ihren Erfolg oder Misserfolg
daran messen lassen, inwieweit sie
zur Verwirklichung der Kinderrechte
beiträgt.
Warum eigene Kinderrechte?
Von Beginn an sind Kinder Menschen
und daher ohne Einschränkung Träger aller Menschenrechte. Werden
der Status des Menschseins und die
damit verbundenen Rechte als Maßstab des Vergleichs genommen, sind
Kinder den Erwachsenen gleich. Zugleich aber unterscheiden sich Kinder zweifellos von Erwachsenen:
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Als „Seiende“ sind sie einerseits Menschen wie alle anderen
auch. Als „Werdende“ sind sie andererseits Menschen in einer besonderen Entwicklungsphase.
Das Verhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern ist asymmetrisch:
Erwachsene tragen Verantwortung für
Kinder, nicht jedoch umgekehrt Kinder in gleicher Weise für Erwachsene.
Aufgrund der Entwicklungstatsache
brauchen Kinder besonderen Schutz,
besondere Förderung und besondere, kindgerechte Beteiligungsformen.
Für eine gesunde Entwicklung sind
sie auf Erwachsene angewiesen, die
Verantwortung dafür übernehmen,
dass die Kinder zu ihrem Recht kommen.
Bei der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Kindern und Erwachsenen geht es also sowohl um
Gleichberechtigung wie auch um Anerkennung der Verschiedenheit. In
der Balance von Gleichheit auf der
einen und Verschiedenheit auf der
anderen Seite liegt die besondere
Herausforderung im Umgang der Erwachsenen mit den Kindern. Dieses
ambivalente Verhältnis normativ angemessen zum Ausdruck zu bringen,
ist die Aufgabe des internationalen
wie auch des nationalen Rechts.
Mit der Anerkennung besonderer Bedürfnisse von Kindern, die von denen
der Erwachsenen unterschieden werden können, ist die Erkenntnis verbunden, dass Kinder einen eigenen,
auf ihre spezielle Situation zugeschnittenen Menschenrechtsschutz
benötigen. Rund 40 Jahre nach Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte haben die
Vereinten Nationen daher 1989 die
UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet, die in spezifischer Weise
die jedem Kind zustehenden Menschenrechte normiert. Die Kinderrechtskonvention ist Bestandteil
einer Reihe internationaler Konventionen, in denen die Menschenrechte
für besonders schutzbedürftige
Gruppen der Bevölkerung formuliert
wurden. Hierzu gehören z. B. die Konvention zur Beseitigung jeder Form
von Diskriminierung der Frau und die
Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Die in der UN-Kinderrechtskonvention niedergelegten Rechte sind nicht
etwa „andere“, jenseits der allgemeinen Menschenrechte angesiedelte Rechte, denn „der Geist der
Kinderrechte kommt aus dem Zentrum menschenrechtlichen Denkens“
(Kerber-Ganse 2009, S. 71). Vielmehr
spezifiziert und erweitert die Kinderrechtskonvention die allgemeinen
Menschenrechte in Bezug auf die
besonderen Belange von Kindern.
Kinderrechte sind insofern Menschenrechte für Kinder.
Entwicklung der Kinderrechte in
Deutschland
Vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklungen ist es auch in
Deutschland zu einem tief greifenden
und noch nicht abgeschlossenen
Perspektivenwechsel
gekommen.
Kinder werden auch hierzulande
rechtlich weitgehend nicht mehr als
Objekte der Erwachsenen, sondern
als Subjekte und Träger eigener
Rechte behandelt. Ein erster Schritt
zur Formulierung eigener Kinderrechte erfolgte im Jahr 1922 mit Inkrafttreten des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes, das auf eine Initiative der 33 weiblichen Abgeordneten
Thema Kindheit
aus allen Reichstagsfraktionen zurückging. In § 1 Absatz 1 hieß es:
„Jedes deutsche Kind hat ein Recht
auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit“. Zwar war dieses allein auf
Kinder deutscher Staatsangehörigkeit beschränkte Recht auf Erziehung
nicht mehr als ein Programmsatz ohne sich daraus ergebende Rechtsansprüche, aber ein Anfang war getan.
Eine Weiterentwicklung erfolgte zunächst allerdings nicht, im Gegenteil,
Hitlerdiktatur und Zweiter Weltkrieg
unterbrachen den zaghaften Reformprozess und warfen das Kind erneut
zurück in eine umfassende Abhängigkeit von Eltern und Staat.
Auch die Nachkriegsjahre waren zunächst von Stillstand geprägt. Erst in
den 1970er Jahren kam – in
Deutschland West – Bewegung auf,
nicht zuletzt durch die Enthüllungen
über unhaltbare Zustände in zahlreichen Kinderheimen im Zuge der so
genannten Heimkampagne sowie
Foto: Archiv Paul Gerhardt Stift
Notizen 1.2015 · Seite 4
durch die Aktivitäten der Frauenrechts- und einer sich neu bildenden
Kinderschutzbewegung. Im Zusammenhang mit der umfassenden Sorgerechtsreform von 1980 wurde der
Übergang von der elterlichen „Gewalt“ zur elterlichen „Sorge“ vollzogen. Außerdem wurde § 1626 Abs. 2
in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt, der erstmals die Mitsprache
von Kindern an allen sie betreffenden elterlichen Entscheidungen
rechtsverbindlich vorsah.
Weitere Verbesserungen im BGB
brachte die Kindschaftsrechtsreform
von 1998, darunter die weitgehende
Gleichstellung ehelicher und nicht
ehelicher Kinder. Außerdem wurde
das Recht des Kindes auf Umgang
mit beiden Elternteilen eingeführt.
Schließlich haben Kinder seitdem
die Möglichkeit, in Verfahren, die die
elterliche Sorge betreffen, einen Verfahrensbeistand als „Anwalt des
Kindes“ zur Seite zu bekommen. Ein
besonders wichtiges Glied in der
Kette bedeutender Kinderrechte ist
das im November 2000 verabschiedete Gesetz zur Ächtung der Gewalt
in der Erziehung. Gemäß § 1631 Absatz 2 BGB haben Kinder seitdem ein
Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische
Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind auch seitens der eigenen Eltern unzulässig.
Weitere Reformen, insbesondere des
SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) haben seit den 1990er Jahren
zur Verbesserung der Förderung, Beteiligung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen beigetragen.
Entgegen den Fortschritten auf der
einfachgesetzlichen Ebene kommen
Kinder in der deutschen Verfassung –
dem Grundgesetz – allerdings weiterhin nicht als Träger eigener Rechte
vor. In Artikel 6 des Grundgesetzes
(Ehe und Familie) werden sie lediglich als Anhängsel ihrer Eltern – also
als Objekte – behandelt und es bedurfte eigens eines Urteils des Bun-
Thema Kindheit
desverfassungsgerichts, um klarzustellen, dass das Kind uneingeschränkt Träger von Grundrechten ist.
Foto: Angie Conscious, pixelio.de
Prinzipien des
Kinderrechtsansatzes
Wie jeder Menschenrechtsansatz
beruht der Kinderrechtsansatz auf
bestimmten Prinzipien, die sich aus
dem Charakter von Menschenrechten
ergeben. Vor allem vier grundlegende
Prinzipien können unterschieden
werden: Universalität, Unteilbarkeit,
Kinder als Träger eigener Rechte sowie Erwachsene als Verantwortungsträger.
Das Prinzip der Universalität der Kinderrechte: Die Kinderrechte gelten
weltweit in gleicher Weise für alle
Kinder, unabhängig davon, in welcher Kultur oder Tradition sie leben,
unabhängig auch davon, unter welchen Lebensumständen die Kinder
aufwachsen. Alle Kinder sind hinsichtlich ihrer Rechte gleich. Jungen
und Mädchen haben gleiche Rechte.
Nicht-Diskriminierung gehört zum
Kernbestand der Menschen- und
Kinderrechte.
Das Prinzip der Unteilbarkeit der
Kinderrechte: Alle Rechte, die Kindern zustehen, sind gleich wichtig
Notizen 1.2015 · Seite 5
und eng miteinander verbunden. Das
„Gebäude der Kinderrechte“ ist als
ganzheitliche Einheit zu verstehen.
Keine Gruppe von Rechten ist wichtiger als eine andere. Quer zu allen
Bereichen können Schutz-, Förderund Beteiligungsrechte gleiche Geltung beanspruchen. So sind Kinder
beispielsweise besser vor Gefahren
geschützt, wenn sie ihre Rechte kennen und an den sie betreffenden
Entscheidungen beteiligt werden.
Das Prinzip der Kinder als Träger eigener Rechte: Kinder sind Träger eigener Rechte (holders of rights).
Diese Rechte müssen von ihnen nicht
erworben oder verdient und sie können von ihnen auch nicht abgelegt
oder veräußert werden. Sie stehen
ihnen allein deshalb zu, weil sie Kind
sind.
Das Prinzip der Erwachsenen als Verantwortungsträger: Dem Prinzip der
Kinder als Träger eigener Rechte korrespondiert die Pflicht der Erwachsenen, Verantwortung für die
Umsetzung der Kinderrechte zu
übernehmen.
Erwachsene
sind
Pflichtenträger (duty bearers), von
denen die Kinder die Umsetzung ihrer Rechte erwarten können. Für das
Wohl des einzelnen Kindes sind in
erster Linie die Eltern verantwortlich.
Foto: Susanne Hammel, pixelio.de
Aber auch Staat, Wirtschaft, Kultur,
Sport und Medien, Verbände und
Religionsgemeinschaften sowie die
verschiedenen mit Kindern tätigen
Institutionen und darüber hinaus alle
in einer Gesellschaft lebenden Erwachsenen tragen Verantwortung für
Kinderrechte.
Kinderrechte in der Kita
Fast alle Kinder in Deutschland gehen in die Kita. Die Inanspruchnahme beträgt bei Kindern zwischen drei
und sechs Jahren inzwischen mehr
als 90 Prozent. Vor dem Hintergrund
gesamtgesellschaftlicher Veränderungen – stärkere Erwerbstätigkeit
beider Eltern, vermehrte Bildungsanstrengungen, Veränderungen im
Lebensumfeld verlagert sich das Eintrittsalter in Tagesbetreuung immer
weiter nach vorne. Es ist damit zu
rechnen, dass in wenigen Jahren
mehr als zwei Drittel aller Zweijährigen und rund ein Drittel der einjährigen Kinder eine Kindertageseinrichtung oder eine Tagespflegestelle
besuchen werden. Die Lebenszeit,
die Kinder dann durchschnittlich in
der Kita verbringen, wird die Zeit, die
sie in der (vierjährigen) Grundschule
sind, übersteigen.
Die Kita ist der Ort, an dem Kinder
Thema Kindheit
Notizen 1.2015 · Seite 6
Foto: Helene Souza, pixelio.de
zumeist zum ersten Mal regelmäßig
außerhalb ihrer Familie mit anderen
Kindern in einer Gruppe zusammenkommen. Der Austausch mit anderen
Kindern und mit den Erzieherinnen
wird zunehmend komplexer. Die Erweiterung des bisherigen Horizonts
ist mit neuen Chancen, aber auch mit
Ängsten und Risiken verbunden. Zusammenspiel muss erprobt, die
Durchsetzung eigener Rechte und die
Rücksichtnahme auf die Rechte anderer Menschen müssen geübt und
Beteiligung muss gelernt werden.
Kinderrechtsbildung als
Werteerziehung
Die sozialen Erfahrungen, die Kinder
in der Kita machen, haben einen
großen Einfluss auf die Bildung ihrer
Persönlichkeit. Inwieweit sich Kinder
als aktive Mitglieder einer Gemeinschaft erleben können, die für die
Rechte des Einzelnen eintritt und
Mitgestaltung ermöglicht, aber auch
Grenzen und Regeln markiert und
diese erklärt, hat große Auswirkungen auf die moralische Entwicklung
und auf die politische Sozialisation
des Kindes. Die Kindertageseinrichtung kann daher zu Recht als „Kinderstube der Demokratie“ (Hansen/
Knauer/Friedrich 2004) bezeichnet
werden. Werteerziehung als Kinderund Menschenrechtsbildung ist ein
unverzichtbarer Bestandteil elementarer Bildung. „Die Vermittlung orientierender Werte und Regeln“ (§ 22
Absatz 2 SGB VIII) ist Teil des Förderauftrags von Kindertageseinrichtungen. In einer zunehmend multikulturell und multireligiös zusammengesetzten Gesellschaft wird dieser
Aspekt immer wichtiger.
Ein Beispiel: Das Recht des
Kindes auf Ruhe und Erholung
Gemäß Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention hat jedes Kind ein
Recht auf Ruhe und Erholung. Nicht
selten kommt es gerade in Krippen
zu Konflikten in Zusammenhang mit
dem Schlafbedürfnis von Kindern, sei
es, weil der Tagesablauf in der Einrichtung durch schlafende Kinder
durcheinander gebracht wird, sei es,
weil Eltern darauf drängen, ihr Kind
Thema Kindheit
frühzeitig aus dem Mittagsschlaf zu
wecken.
Fallbeispiel
Die Mutter von Leonie übergibt der
Kita folgenden handgeschriebenen
Zettel: Liebe Erzieherinnen, da wir
sehr früh zur Arbeit müssen, wollen
mein Mann und ich abends wenigstens ab 19.30 Uhr Zeit für uns haben.
Bitte lassen Sie Leonie mittags nicht
länger als bis 14.30 Uhr schlafen, da
sie sonst abends sehr spät einschläft
und wir manchmal High Life bis in
die Puppen haben. Vielen Dank! Die
Mutter von Leonie
Was kann die Kita tun? Das Recht des
Kindes auf ausreichenden und erholenden Schlaf kollidiert mit elterlichen Bedürfnissen. Es muss bedacht
werden, dass sowohl das Kind davon
profitiert, wenn seine Eltern ausgeruht und ausgeglichen sind, als auch
die Eltern davon profitieren, am Ende
des Kita-Tages ein einigermaßen
ausgeruhtes und ausgeglichenes
Kind in Empfang zu nehmen. Zunächst ist wichtig, dass die Fachkräfte über entwicklungspsychologische
Kenntnisse in Bezug auf das Schlafverhalten junger Kinder verfügen.
Hierzu gehört, dass sich Schlafdauer
und zirkadianer Rhythmus je nach
Kind unterscheiden und biologisch
verankert sind. Demgegenüber ist
der Schlaf-Wach-Rhythmus eines
Kindes durchaus (in Grenzen) beeinflussbar und kann behutsam angepasst werden. Eine Umstellung
benötigt Zeit (in der Regel bis zu zwei
Wochen) und bedarf erwachsener
Begleitung.
Auf der Basis des entwicklungspsychologischen Wissens sollten in Gesprächen mit den Eltern das
Schlafverhalten des Kindes, die
Wünsche der Eltern und die Möglich-
Notizen 1.2015 · Seite 7
keiten der Kita hinsichtlich flexibler
Schlafenszeiten erörtert werden. Die
Anfertigung eines Schlafprotokolls
kann dabei hilfreich sein. Im Verlauf
der Gespräche kann als realistisches
Ziel vereinbart werden, die unterschiedlichen Bedürfnisse einander
anzugleichen und den Schlaf-WachRhythmus des Kindes behutsam zu
verändern. Dabei sollte klar sein, ein
tief schlafendes Kind nicht „einfach“
zu wecken. Die Veränderung braucht
Zeit und benötigt eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen
Eltern und Kita. Auf diese Weise kann
es mit Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte gelingen, dass das
Kind zu seinem Recht auf Ruhe und
Erholung kommt und zugleich die
Wünsche der Eltern berücksichtigt
werden.
kann gute Qualität gesichert und beständig verbessert werden?
Literatur
Hansen, R.; Knauer, R. & Sturzenhecker,
B. (2011): Partizipation in Kindertageseinrichtungen. So gelingt Demokratiebildung mit Kindern! Weimar: Verlag Das
Netz.
Kerber-Ganse, W. (2009): Die Menschenrechte des Kindes. Die UN-Kinderrechtskonvention und die Pädagogik von
Janusz Korczak. Versuch einer Perspektivenverschränkung. Opladen: Verlag Barbara Budrich.
Zum Autor
Zusammenfassung
Die pädagogischen Fachkräfte in
Kindertageseinrichtungen haben – in
Ergänzung zu den Eltern – dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder altersgemäß ihre Rechte kennenlernen und
auch tatsächlich zu ihrem Recht
kommen. Die Orientierung an den
Kinderrechten und die Umsetzung
des Kinderrechtsansatzes sind zentrale Bausteine guter Qualität in der
Kita. Die folgenden Fragen stehen
dabei im Mittelpunkt: Welche Rechte
haben junge Kinder und was für Konsequenzen ergeben sich daraus für
das Konzept und die Pädagogik einer
guten Krippe? Wie sind junge Kinder
altersgerecht an den sie betreffen
den Entscheidungen zu beteiligen?
Auf welche Weise können die Eltern
für die Rechte ihrer Kinder sensibilisiert werden und wie kann eine Erziehungs- und Bildungspartnerschaft
zum Wohl des Kindes gelingen? Welche Kinderrechte basierten Indikatoren für gute Qualität gibt es und wie
Hinweis: Dieser Text stellt eine gekürzte
Version folgenden Artikels dar: Maywald,
Jörg (11.2.2014) Recht haben und Recht
bekommen – der Kinderrechtsansatz in
Kindertageseinrichtungen.
Verfügbar unter: http://www.kita-fachtexte.de/uploads/media/KiTaFT_maywald _II_2014_1_.pdf.. Zugriff am
15.03. 2015. Hier ist auch die ausführliche Literaturliste einsehbar. Wir danken
dem Autor und den Herausgebern von
"kita-fachtexte.de" sehr herzlich für die
Genehmigung zum Wiederabdruck der
gekürzten Fassung in diesem Heft. Die
„Kita-Fachtexte“ sind ein Online-Lehrbuch mit kindheitspädagogischen und
entwicklungspsychologischen Aufsätzen.
Das Kooperationsprojekt der ASH Berlin,
dem FRÖBEL e.V. sowie der Weiterbildungsinitiative frühpädagogische Fachkräfte
(WiFF)
wendet
sich
an
Auszubildende und Fachkräfte in Kita
und Grundschule. Mehr als 80 Texte sind
unter www.kita-fachtexte.de aufrufbar.
Thema Kindheit
Notizen 1.2015 · Seite 8
Feierliche Eröffnung der Kindertagesstätte
Roland Kaiser übergibt zum Start einen Wagen mit Musikinstrumenten
Am 23. März öffnete die neue Kindertagesstätte des Paul Gerhardt Stifts endlich
ihre Pforten. Mit Staatssekretärin Siegrid
Klebba, dem Bezirksbürgermeister Dr.
Christian Hanke und dem Schlagersänger
Roland Kaiser sowie weiteren Ehrengästen
verfolgten rund 120 Gäste die Eröffnungsfeier im Großen Saal.
Roland Kaiser mit dem Kitaleiter Jonas Burkowski
und einem Vater mit Tochter in der neuen Kita.
Staatssekretärin Siegrid Klebba hob in ihrem Grußwort hervor, welch einen hohen
Stellenwert die frühkindliche Bildung für
das Land Berlin besitze. Deshalb engagiere sich ihre Senatsverwaltung auch weiterhin für die Schaffung neuer Kitaplätze. Sie
gratulierte dem Paul Gerhardt Sift zur Eröffnung der Kita und wünschte den Mitarbeitenden, Eltern und Kindern einen guten
Start.
Der Bezirksbürgermeister Dr. Christian
Hanke betonte, dass die neue Kita das
Angebot des Stifts hervorragend ergänze.
"Kinder unterschiedlicher kultureller und
religiöser Herkunft können hier gemeinsam spielen und lernen. Dies ist in unserem bunten Stadtteil besonders wichtig.
Gerade die jüngsten unserer Bewohner
sollen vom Start weg die beste Förderung
erhalten." Er dankte dem Paul Gerhardt
Stift für sein Engagement im Stadtteil.
Auch Roland Kaiser zeigte sich begeistert
von den neuen Angeboten und Projekten
im ZukunftsHaus Wedding. Er selbst sei
dem Stift sehr verbunden, weil er in seiner
frühen Kindheit einige Zeit hier verbracht
habe und von den Diakonissen des Stifts
umsorgt worden sei. "Ich möchte dem
Paul Gerhardt Stift etwas zurückgeben,
deshalb unterstütze ich den Aufbau der
neuen Kindertagesstätte und das ZukunftsHaus Wedding."
Mit einem Austausch am Buffet, das Jugendliche Schülerfirma Lecker Schmecker
Bäcker zubereitet hatten, und einer Besichtigung der Räumlichkeiten endete dieser schöne Tag für das Paul Gerhardt Stift.
v.l.n.r.: Dr. Christian Hanke, Roland Kaiser, StS.
Siegrid Klebba, Kuratoriumsvorsitzender Hans
Nisblé und Frau sowie SupInt. Martin Kirchner
Schlüsselübergabe an die Leitung des Hauses durch die Architektin
Inka Weber-Klüver (re.)
Thema Kindheit
Das Kita-Team
In der letzten Ausgabe haben wir
Anika Marx-Tetzner, Esther Ingelfinger und Jeannine Isensee vorgestellt.
MIttlerweile ist das Team weiter gewachsen. Hier stellen wir Ihnen die
neuen Mitarbeiterinnen vor.
Vorgestellt
Mein Name ist Susanne Gratzias und
ich komme aus Berlin. Ich bin Facherzieherin für Sprachförderung, außerdem habe ich 1999 an der TU
Berlin ein Studium der Kunst- und
Erziehungswissenschaften mit einem
Magisterabschluss beendet. Ich lebe
mit meiner Familie im Wedding, wo
ich auch schon seit vielen Jahren arbeite, u.a. für das Quartiersmanagement am Sparrplatz und im Rahmen
der Bundesoffensive "Frühe Chancen" Schwerpunkt-Kitas Sprache &
Integration." Ich freue mich sehr darauf, meine Erfahrungen hier in die
Kita einbringen zu können. In meiner
Freizeit mache ich viel Sport, ich lese
gerne und liebe das Kino und Musik.
Mein Name ist Andra Wortmann und
ich bin 24 Jahre alt. Gebürtig komme
ich aus Osnabrück, Niedersachsen.
Dort habe ich auch meine Ausbildung zur Erzieherin erfolgreich abgeschlossen. Während dieser Ausbildung habe ich schon viele Erfahrungen in den unterschiedlichsten Einrichtungen sammeln dürfen (KiTa,
Förderschulen, Kinder- und Jugendhilfe, Freizeiten). Darüber hinaus war
ich mehrere Jahre bei der Lebenshilfe, Familienentlastender Dienst, tätig. Nach der Ausbildung begann ich
mit einem BSJ (Berufsvorbereitendes, soziales Jahr) an einer Förder-
Notizen 1.2015 · Seite 9
schule mit Schwerpunkt geistige
Entwicklung. Nach Berlin bin ich im
Sommer 2012 gekommen. Im Moment studiere ich Heilpädagogik im
5. Semester an der Katholischen
Hochschule für Sozialwesen Berlin.
Seit Januar 2015 unterstütze ich 2-3
Mal in der Woche die Gruppe der U3Kinder. Ich freue mich auf eine schöne Zeit und auf eine gute Zusammenarbeit mit Eltern und Kindern.
Hallo, ich bin Manuela Böttge und
arbeite seit dem 15.12.14 im Krippenbereich. Geboren und aufgewachsen bin ich in einer Kleinstadt in
Brandenburg, lebe aber seit fünf
Jahren in Berlin. Im letzten Jahr
schloss ich meine Ausbildung zur
staatlich anerkannten Erzieherin ab
und machte danach einen kurzen
Exkurs in den Studiengang soziale
Arbeit, schloss diesen aus diversen
Gründen aber nicht ab.
Nun freue ich mich auf die Arbeit hier
in der Kita des Paul Gerhardt Stifts.
Ich finde es sehr spannend, Teil einer
vor kurzem neu gegründeten Kita zu
sein und mich mit meinem Können
und Wissen voll einbringen zu können. In meiner Freizeit lese ich viel
und gehe gern schwimmen. Ich bin
ein sehr kreativer Mensch und freue
mich sehr mit den Kindern entsprechende Angebote und Aktivitäten
gestalten zu können.
Mein Name ist Vilma Eiden. Ich bin in
Argentinien geboren, dort habe ich
die Schule besucht und dann Psychologie und Pädagogik studiert.
Ich habe eine Tochter und lebe in
Berlin seit vielen Jahren.
Ich bin staatlich anerkannte Erzieherin und Facherzieherin für Integra-
tion, seit sehr lange Zeit auch tätig in
der pädagogischen Arbeit mit Kindern unter drei Jahren bis zum
Schulalter, sowie auch in der Integrations- und Inklusionsarbeit im
Kindergarten.
Schwerpunkte meiner pädagogischen Arbeit sind Sprache, Kommunikation, Bewegung und die soziale
Entwicklung der Kinder in der Gruppe.
Meinen Beruf als Pädagogin übe ich
sehr gerne aus, unter anderem, weil
ich während meiner Berufsjahre immer wieder feststellen konnte, dass
in der Augen der Kinder, wir alle
gleich sind, egal welcher Herkunft,
Hautfarbe oder Religion.
Im diesem Sinne ist es für mich eine
besondere Freude ein Teil des Teams
in der neuen Kita des Paul Gerhardt
Stift zu sein. Ich freue mich auch
sehr darauf, mit den Kindern neue
bunte Wege zu gehen und ihre Eltern
kennenzulernen.
Thema Kindheit
Notizen 1.2015 · Seite 10
Alle anders, alle gleich, alle wichtig
Gedanken zum Leitsatz der Kindertagesstätte im Paul Gerhardt Stift
Der Leitsatz der Rahmenkonzeption
der Kindertagesstätte im Paul Gerhardt Stift zu Berlin lautet: "Alle anders, alle gleich, alle wichtig." Etwas
ausführlicher heißt dies: Alle Menschen sind anders, alle Menschen
sind gleich, alle Menschen sind
wichtig! Der Dreisatz beginnt mit einer Differenzierung. „Wieso beginnt
der Spruch der Kita nicht mit Gleichheit?“ fragte mich Ende Januar eine
kritische Stimme. Das Argument war,
dass es mehr Gleichheit zwischen
Menschen gebe als Unterschiedlichkeit. Wäre somit nicht die Gleichheit
zu Beginn zu nennen? Wichtig
scheint mir zu sein, dass die Reihenfolge keine Gewichtung festlegt,
denn alle drei Aussagen stehen als
Kerngedanken nebeneinander und
sind gleichwertig. Gleichwohl bedin-
gen sie einander und sind nur in diesem Dreiklang stimmig. Im Folgenden
werde ich genauer auf die einzelnen
Leitsätze eingehen.
Anderssein. Die Einzigartigkeit der
Würde des Menschen
Anderssein macht das Menschsein
vielleicht nicht im Kern aus, aber Unterschiedlichkeit von Menschen bezeichnet sie als nicht austauschbare
Individuen. Jedes menschliche Leben
ist einzigartig, jede Biografie kann nur
einmal gelebt werden. Von eineiigen
Zwillingen weiß man, dass sie sich
trotz fast identischer genetischer Ausstattung zu sehr unterschiedlichen
Persönlichkeiten entwickeln können.
Die Einzigartigkeit des Menschen begegnet uns im Prinzip der Menschenwürde. Sie meint, dass das
Menschsein nicht von Leistung oder
Kompetenzen abhängt, sondern dass
der Mensch schutzwürdig ist, weil er
Mensch ist. Der Mensch ist um seiner
selbst willen da, und er ist verletzlich. Deshalb darf er nicht für andere
Zwecke missbraucht werden. Das ist
der Kern dessen, was Menschenwürde ausmacht. Dass Menschen sich
als Individuen unterschiedlich entwickeln dürfen, ist Ausdruck der geachteten Würde. Individuell sein
bedeutet anders sein! Darin, dass wir
einzigartig sind, gründet sich Gemeinschaft. Martin Buber beschreibt
dies 1923 in seinem dialogischen
Prinzip
folgendermaßen:
„Der
Mensch wird am Du zum Ich.“ Anders
gesagt: nur weil du anders bist als
ich, kann ich mich von dir unterscheiden – sonst wären wir austauschbar. Im Anderssein bin ich
„ich“ und du „du“. Nur weil ich sehe,
dass du anders bist als ich, kann ich
mich auch selbst sehen. In der Un-
Foto: wolla2, pixelio.de
Sonja Drechsel-Walther
Thema Kindheit
terscheidung kann Anerkennung gelingen. Anderssein macht uns als
Mit-Menschen existent.
Gleichsein. Angewiesenheit,
Schöpfung und gleiche Rechte
Gleich sind wir alle in einem - im
menschlich sein. Aber was heißt
denn nun menschlich sein? So steht
im Römerbrief 2, Vers 11: „Denn vor
Gott sind alle Menschen gleich“. Mir
gefällt an dieser Darstellung, dass
sie durch das Konzept der Schöpfung
über eine klassisch humanistische
Sichtweise hinausgeht. In dieser
Aussage wird eine Form von Bescheidenheit deutlich, die die
Menschheit in einen Schöpfungszusammenhang stellt und eine Verantwortung für das Ganze betont.
Gleichsein heißt auch, dass wir auf
Solidarität angewiesen sind und uns
als Gleiche anerkennen müssen.
Menschsein und Gleichsein vor Gott
bedeuten zudem, dass jedem Leben
etwas
Göttliches
innewohnt.
Menschsein heißt leben zu dürfen.
Wir sind gleich darin, dass das Leben
endlich ist und dass es in jedem Leben Stärken und Schwächen gibt.
„Wenn die Bibel vom Menschen
spricht, stehen nicht partielle Funktionen, äußere Rollen oder einzelne
Aspekte, sondern immer nur der
ganze Mensch im Mittelpunkt“, so
Eberhard Schockenhoff (1996, 244
in: Naturrecht und Menschenwürde).
Kategorien sind Versuche des Menschen, Komplexität zu beherrschen,
aber sie vereinfachen häufig oder
schließen aus. Ob es sich nun um
Glauben, Herkunft, Geschlecht,
Hautfarbe oder individuelle menschliche Fähigkeiten wie Sprache, Motorik oder Kognition handelt – sie
beschreiben nie das Ganze des
Menschseins.
Für die Gleichheit ist neben der gleichen gottgewollten Würde auch die
Notizen 1.2015 · Seite 11
rechtliche Gleichheit von Bedeutung.
Die Menschenrechte bilden jenseits
religiöser Begründungen die normative Basis für das menschliche Zusammenleben. Die Anerkennung von
Menschenrechten bedeutet dabei die
Pflicht jedes Einzelnen, für das Recht
der Anderen einzutreten und deren
Freiheit und Rechtsansprüche anzuerkennen. Gleiche Rechte sagen aus,
dass menschengemachte Verhältnisse
von Ungerechtigkeit und Leid nicht auf
immer Bestand haben müssen und wir
frei sind, an Veränderungen mitzuwirken, gleich welcher Herkunft wir sind
oder welche Kompetenzen wir mitbringen. Die Kinderrechte sind eine
Ausbuchstabierung dieser Menschenrechte für die Gruppe der Kinder, die
einen besonderen Schutz benötigen
(siehe Artikel von Jörg Maywald in
diesem Heft). Die Kinderrechte bilden
eine wesentliche Grundlage der pädagogischen Arbeit in der Kita. Wir
möchten in unserer Arbeit die Rechte
von Kindern altersgemäß vermitteln
und stärken.
Für Kinder unserer Kita ergeben sich
aus den vorstehenden Prinzipien Anderssein und Gleichsein folgende Erkenntnisse:
• Niemand kann alles;
• Niemand kann alles gleich gut;
• Niemand kann alles gleichzeitig;
• Jeder Mensch macht Fehler –
niemand ist perfekt;
• Wir sind alle verschieden und
das ist schön;
• Wir sind einzigartig, aber haben die
gleichen Rechte!
Wichtigsein. Alle haben
Bedeutung und alle werden
gebraucht
Wenn etwas wichtig ist, dann ist es
bedeutungsvoll, es ist wesentlich. Auf
der einen Seite hat es Gewicht, auf der
anderen Seite hat es Folgen. Alle
Menschen wichtig zu nehmen heißt,
die Vielfalt (das Anderssein) von
Menschen mit gleichen Rechten anzuerkennen. Es geht dabei allerdings
um mehr, als nur dabei zu sein.
Wichtig sein bedeutet zudem nicht,
dass alles akzeptiert und hingenommen werden muss. Etwas wichtig
nehmen heißt, dafür einzustehen
und dafür aufzustehen. Für Dinge,
die mir wichtig sind, tue ich etwas.
Jedes Kind hat Recht auf Bildung. Eine Kindertagesstätte ist die erste
Bildungseinrichtung im Leben eines
Menschen. Im Wedding liegt es in
den Händen vieler Beteiligter weiterhin dafür zu sorgen, dass eine bessere Versorgungsstruktur und ein
Ausbau an Kitaplätzen folgen.
Alle Menschen sind wichtig! Das
heißt für unsere Einrichtung konkret,
dass wir alle Eltern und ihre Kinder
auf ihren Bildungswegen kooperativ
begleiten und unterstützen. Kinder
im Kitaalter stehen selbst nicht für
ihre Rechte ein, sie sind auf Menschen angewiesen, die sie in diesem
Prozess vertreten – Eltern, Pädagogen, Nachbarn oder Freunde. Inklusion in unser Kita bedeutet konkret,
dass nicht die Homogenität der
Gruppe, sondern die Individualität
des Kindes und seine Begabungen,
Lebensumstände und Ressourcen im
Blickpunkt stehen. Die inklusive
Pädagogik beschränkt sich jedoch
nicht ausschließlich etwa auf die
Förderung von Kindern mit Behinderungen. Inklusion bedeutet vielmehr,
eine Pädagogik der Vielfalt und Teilhabe wirksam werden zu lassen. Unsere Kindertagesstätte will Kindern in
ihrer Unterschiedlichkeit gerecht
werden und nicht in ein System integrieren. Sie folgt damit dem pädagogischen Ethos Johann Hinrich
Wicherns: „Keiner darf verloren gehen“ – alle sind wichtig!
Thema Kindheit
Notizen 1.2015 · Seite 12
"Kinder leben Vielfalt und Toleranz einfach vor!"
Ein Gespräch mit Jonas Burkowski, Leiter der neuen Kindertagesstätte im Stift
Lieber Herr Burkowski, im November
2014 sind die ersten Kinder in die
neue Kita des Paul Gerhardt Stifts
eingezogen. Am 23. März wurde sie
offiziell eröffnet. Wie geht es Ihnen
heute, rückblickend auf die letzten
Monate?
Ich bin sehr glücklich, dass wir schon
so viel erreicht haben. Die pädagogische Arbeit beginnt vor Ort greifbar
zu werden, wir als Team finden uns
zusammen, die Räume füllen sich mit
Leben. Und die Kinder tragen eine
Menge dazu bei. Gleichzeitig fühle
ich mich auch immer noch auf dem
Weg. Die nächste Zeit wird sehr
spannend und ich freue mich darauf.
Was waren die größten Herausforderungen, die es zu meistern galt? Was
hat gut geklappt?
Eine große Herausforderung war es,
überhaupt erst die Betriebserlaubnis
für die Kita zu bekommen. Das lag
an den relativ langen und komplizierten Wegen des Genehmigungsverfahrens. Eine genaue Prüfung
Jonas Burkowski
durch die Senatsverwaltung ist jedoch sehr wichtig, denn so kann die
Qualität von Kitas sichergestellt wer-
haben wir schon einen gemeinsamen
Spaziergang mit Senioren aus dem
Servicewohnen unternommen und
Foto: Helene Souza, pixelio.de
den. Wir sind sehr froh, dass wir diese Hürde gemeistert haben und uns
nun auf die eigentlichen Aufgaben
konzentrieren können. Wir haben
wirklich ein super Team zusammengestellt und die Arbeit mit den Kindern macht große Freude. Sie
bringen so viel mit ein, das ist schön
zu sehen und motiviert uns sehr.
Was war die Idee dahinter, hier auf
dem Areal eine Kita aufzubauen?
Die Arbeit mit Kindern spielt eine
große Rolle im Paul Gerhardt Stift.
Wir haben hier vor Ort bereits das
Refugium für Flüchtlingsfamilien und
auch viele Angebote für Familien mit
Kindern. Mit der Kita bieten wir jetzt
aber konkret etwas für die Altersgruppe der Kindergartenkinder an
und holen damit auch wieder neue
Familien auf das Gelände. Wir wollen
Begegnung schaffen, auch zwischen
Kindern und älteren Menschen – z.B.
hoffen, dass noch weitere Kooperationen entstehen wie z.B. eine Lesepatenschaft oder Begleitung bei
Ausflügen. Im Sinne des Mehrgenerationenkonzepts des Zukunftshauses Wedding war eine Kita genau
das, was hier noch fehlte.
Wie ist die Kita des Paul Gerhardt
Stifts in den Wedding integriert –
welche Kooperationen mit anderen
Einrichtungen gibt es oder sind angestrebt?
Wir kooperieren jetzt schon mit den
umliegenden evangelischen Kitas,
wie z.B. der Kita Kapernaum an der
Seestraße und der Cornelius Kita am
Schillerpark. Zudem sind weitere Kooperationen mit anderen Kindergruppen geplant. Im Sommer starten
wir auch eine musikalische Früherziehung in Kooperation mit der Musikschule Fanny Hensel.
Thema Kindheit
Das pädagogische Konzept der Kita
beruht auf den Grundsätzen von Anerkennung, Gerechtigkeit, Freiheit
und Respekt, die jedem Kind gebühren. Das Motto der Kita lautet "Alle
anders, alle gleich, alle wichtig". Wie
verstehen und leben Sie das Motto?
Ich finde das Motto sehr treffend. In
den drei Begriffen steckt so viel drin:
"Alle anders" bedeutet, dass wir uns
eigentlich erst durch den anderen
selbst erkennen. Durch Verschiedenheit entsteht
Individualität, aus
Vielfalt entstehen Chancen. "Alle
gleich" heißt, dass wir alle menschlich und auch verletzlich sind und es
okay ist, mal Fehler zu machen. Und
einen Menschen oder eine Sache
wichtig zu nehmen, beinhaltet einen
Appell, einen Aufruf zur Handlung.
Also jedes Kind ist anders und jedes
Kind ist gleich und dafür stehen wir
auf, das nehmen wir wichtig und leben es.
Nach welchen Grundsätzen richtet
sich Ihre Arbeit mit den Kindern?
Wir leben das Prinzip der Vielfalt und
der Interreligiosität. Vielfalt bedeu-
Notizen 1.2015 · Seite 13
tet, dass es bei uns außer der paritätischen Abbildung von Alter und Geschlecht kein Auswahlkriterium gibt
und wir jedes einzelne Kind so annehmen und wertschätzen, wie es
ist. Wir haben Kinder mit unterschiedlichem sprachlichem und religiösem Hintergrund und auch Kinder
mit Behinderung. Das gehört zur kulturellen Vielfalt und zur Welt, die uns
umgibt, dazu und ist daher selbstverständlicher Teil unserer Arbeit.
Diese Vielfalt wollen wir den Kindern
vermitteln – wir können hier aber
auch selbst viel von den Kindern lernen. Sie leben die Vielfalt und Toleranz einfach vor. Es wird gemeinsam
gespielt und beim Spielen entdeckt.
Unser Ansatz bedeutet auch, dass
wir die verschiedenen Themen und
Fragestellungen der Kinder aufnehmen, gerade auch religiöse Fragen,
und sie in den Alltag integrieren. Wir
schauen, was wir zum Thema machen können, was die Kinder betrifft
und wovon alle etwas lernen. Es ist
sehr bereichernd, wenn man es
schafft, Kinder ins Gespräch zu bringen und eine Haltung zu entwickeln,
die Verschiedenheit zulässt und sich
nicht auf eine gültige Antwort beschränkt.
Was wünschen Sie sich für die
Zukunft?
Wir haben noch diese Startenergie
im Team und jeder von uns geht mit
viel Motivation an die Arbeit. Ich
wünsche mir, dass wir uns das
erhalten und wir auch so kritisch und
offen mit uns bleiben. Und ich wünsche mir, dass wir unsere ersten Vorschulkinder in etwa eineinhalb
Jahren gut auf die Schule vorbereiten
können.
FSJler/in gesucht!
Bewerbungen
bis zum 31. Juli!
In evangelischen Kitas religiöse Vielfalt wahrnehmen
Religiöse Vielfalt ist eine Realität in
unserer Gesellschaft. Neben den
christlich traditionellen Festen wie
Ostern und Weihnachten, feiern Juden, Christen, Muslime, Hindus, Bahais ihre Feste zunehmend öffentlich
sichtbar. Am Brandenburger Tor ist
seit einigen Jahren Anfang Dezember
ein Chanukkaleuchter zu bewundern, Hindus feiern ihr Wagenfest als
öffentliches Straßenfest, Kinder erhalten schulfrei zum muslimischen
Zuckerfest.
Kinder nehmen diese Vielfalt wahr
und stellen Fragen. Sie wachsen auf
in diesen verschiedenen Religionen
oder aber kommen mit ihnen in Kontakt und ihre Eltern melden sie in
evangelischen Kitas an. Die Pädagoginnen und Pädagogen in konfessionellen Einrichtungen werden immer
stärker mit dieser Vielfalt konfrontiert, und sie sollten sich dafür interessieren und ihre pädagogische
Arbeit darauf ausrichten.
Pädagogen müssen Offenheit
und Interesse mitbringen
Die Jahreslosung in diesem Jahr
(„Nehmt einander an, wie Christus
euch angenommen hat zu Gottes
Lob", Römerbrief 15,7) erinnert an
die frei machende Heilsbotschaft,
sich gegenseitig anzunehmen. Aus
pädagogischer Sicht ist das eine der
elementarsten Aufgaben: Kinder anzunehmen, so wie sie sind. Das heißt
auch, Familien unterschiedlicher religiöser Herkunft in evangelischen
Kitas auf- und anzunehmen.
Das vorbehaltslose Willkommenheißen, Wertschätzung und Interesse an
Traditionen und Glaubensinhalten
sind hier wichtige Aufgaben pädagogischer Arbeit. Pädagoginnen
und Pädagogen müssen Offenheit,
Interesse und interreligiöse Kompetenzen mitbringen, um dieser vorhandenen Vielfalt gerecht zu werden.
Thema Kindheit
Aber auch unabhängig davon sollten
Kinder, die nicht in Berührung mit
anderen Religionen kommen, früh
lernen, dass sie Teil einer vielfältigen
Gesellschaft sind und dass interkulturelles Lernen auch immer etwas
mit Religion zu tun hat. „Wir müssen
lernen, mit Verschiedenheiten zu leben und sie als wertvoll für die Gemeinschaft zu betrachten“, so Petra
Wagner (2008, S. 75). Diese Einsicht
entstammt dem pädagogischen Ansatz der "vorurteilsfreien Erziehung",
und ich halte sie für richtungsweisend für die Haltung von Erziehenden. Vielfalt ist zwar herausfordernd,
aber grundsätzlich positiv und bereichert eine Gemeinschaft. Kulturelle und religiöse Vielfalt als
Bereicherung des Lebens aufzufassen, eignet sich als hervorragendes
Ziel auch oder vor allem für evangelische Kitas.
Jesus hat die Grenzen der
Kulturen überschritten
Als Christin und Mitglied der EKD
freue ich mich über Zeichen der Offenheit in meiner Kirche, weil das
einen wesentlichen Teil meiner religiösen Überzeugung und meines
Glaubens darstellt. Jesus hat die
Grenzen der Kulturen überschritten
und sich mit Menschen anderer
Glaubensrichtungen auseinandergesetzt, wenn er z.B. die Samariterin
am Brunnen angesprochen hat, das
Kind des römischen Soldaten heilte
und weil er einfach niemanden weggeschickt oder aufgegeben hat, der
zu ihm kam.
Das sind Gründe genug, sich in einer
evangelischen Kita mit verschiedenen Religionen zu beschäftigen, sie
wertzuschätzen und mit ihnen zu arbeiten. Nebenbei ist es außerordentlich belebend und spannend,
fremde Glaubensrichtungen und Traditionen kennenzulernen, Unter-
Notizen 1.2015 · Seite 14
schiede aber auch Gemeinsamkeiten
festzustellen. Gleichzeitig wirft das
auch immer wieder auf das eigene
Verständnis von Religion und Glauben zurück. In der Begegnung mit
Menschen aus anderen Religionen
werde ich gefragt, wie das denn bei
mir ist, was dazu in der Bibel steht
usw. In der Begegnung mit dem Anderen wird das Eigene verstärkt
wahrgenommen. Auch lernen christliche Kinder , ihre eigene Tradition
besser kennen: Eine Fastenzeit gibt
es im Islam und im Christentum.
Warum fasten denn Christen und
wann? Der heilige Martin ist in der
christlichen Tradition ein Vorbild
selbstloser Nächstenliebe, die sich
im Bild des geteilten Mantels manifestiert, und auch im Islam ist das
Teilen wesentlicher Bestandteil des
religiösen Selbstverständnisses. Es
gibt insbesondere zwischen den
großen monotheistischen Religionen
unglaublich viele Querverbindungen
und Gemeinsamkeiten, die zum Teil
Foto: S. v. Gehren, pixelio.de
verschüttet sind und gemeinsam mit
Kindern offen gelegt werden können.
Das ist eine spannende und herausfordernde Aufgabe in konfessionellen Bildungseinrichtungen, die jede
Mühe lohnt.
Alle anders, alle gleich, alle
wichtig
Keiner wird ausgeschlossen und alle
sind wichtig. Das ist im Leitsatz des
Paul Gerhardt Stifts und dessen neugegründeter Kita zu lesen. Diese Kita
hat sich die Arbeit mit den Religionen und Kulturen zum Schwerpunkt
gemacht. Die Pädagoginnen dort
fragen sich, wie sie aktiv die Vielfalt
der Kinder und ihrer Familien wahrnehmen und damit arbeiten können.
Dort werden etwa Ostern und Weihnachten als christliche Feste erklärt
und gefeiert. Es hat beispielsweise
aber auch das chinesische Frühjahrsfest seinen Platz, weil derzeit
ein Kind aus China in der Gruppe ist,
für das diese Tradition eine große
Thema Kindheit
Bedeutung einnimmt.
Auch das Berliner Bildungsprogramm erkennt im „respektvollen
Umgang mit anderen Religionen“
einen Auftrag für Erzieherinnen und
Erzieher. Für konfessionelle Träger
sieht der Senat eine Aufgabe „die
verbindenden Anliegen der unterschiedlichen Religionen“ zu betonen
(BBP 2014, S.24 ).
Interreligiöses Lernen ist Friedensarbeit (vgl. Edelbrock et. al. 2012,
S.23). Der Frieden als Hoffnung und
Ziel ist zentral im christlichen Glauben. Mit Jesus soll ein Kind den Frieden auf Erden bringen und Kinder
Notizen 1.2015 · Seite 15
haben noch die Fähigkeit, Grenzen
zu überwinden und Vielfalt als spannend und bereichernd zu erleben.
Elementarpädagogische Arbeit in der
Kirche sollte diese Fähigkeit erkennen, aufnehmen und in ihre Konzepte einbeziehen.
Zur Autorin
Literatur
Berliner Bildungsprogramm (BBP) für Kitas und Kindertagespflege, Senatsverwaltung von Bildung, Jugend und
Wissenschaft, Berlin 2014.
Biesinger, Albert; Edelbrock, Anke;
Schweitzer, Friedrich (Hrsg.) Religiöse
Vielfalt in der Kita. So gelingt interreligiöse und interkulturelle Bildung in der
Praxis, Berlin 2012 .
Wagner, Petra (Hrsg.): Handbuch Kinderwelten: Vielfalt als Chance - Grundlagen
einer vorurteilsbewussten Bildung und
Erziehung, Freiburg i.Br. 2008.
Avaptisto und Argyris – Zwei Kinder aus Distomo
ter auf dem Weg zur Arbeit. In sicherem Abstand folgte die 4. SS-PolizeiPanzergrenadier-Division unter ihrem
Kompaniechef Fritz Lautenbach. Auf
den Feldern vor dem Dorf begann das
systematische Foltern und Morden,
es dauerte nicht mehr als zwei Stunden. An seinem Ende waren 218
schutzlose Dorfbewohner sadistisch
umgebracht – Frauen, Männer, Alte,
Jugendliche sowie 20 Kleinkinder
und Säuglinge. Nach ihrem Mordhandwerk bemalten die Soldaten die
Häuser mit Kreuzen, als Zeichen,
dass darin niemand mehr lebte. Nur
wenige überlebten, weil sie sich in
Strohkammern,
in
versiegten
Foto: Voula Papaioannou /
(c) Benaki Museum, Athen
Avaptisto Zakka wäre im April diesen
Jahres 71 Jahre alt geworden. Er hätte Bäcker werden können oder Bauer,
Kapitän eines Schiffes oder Lehrer,
vielleicht auch Künstler oder Staatspräsident. In diesen Tagen würde
Avaptisto im Schatten einiger Olivenbäume sicher mit seinen Enkeln
spielen, Reifentreiben oder Fußball.
Er würde ihnen in den Pausen aus
seinem manchmal mühsamen, aber
sehr glücklichen Leben erzählen, die
griechischen Heldensagen vor ihnen
ausbreiten und über seine eigene
Tollpatschigkeit lachen. Später am
Abend säße der weißhaarige Mann
mit seiner Frau und seinen Kindern
um einen großen Holztisch, um den
lauen Frühsommertag bei einem guten Glas Agiorgitiko und einer filterlosen Zigarette zufrieden ausklingen
zu lassen. Aber Avaptisto Zakka hat
all diese Erfahrungen nicht gemacht,
und er wird nie mit seinen Enkeln
spielen. Der Junge hat nie laufen gelernt, war nicht in der Schule, hat
weder einen Beruf ergriffen noch geheiratet.
Avaptisto ist tot. Er war erst zwei Monate alt, als ihn ein deutscher SSMann mit massiven Stiefeltritten tötete, nachdem dieser zuvor seine
Mutter durch einen Schuss ermordet
hatte. Das alles geschah am 10. Juni
1944 in Distomo, einem kleinen
Bauerndorf am Fuße des Parnassgebirges, nur ein Steinwurf vom Meer
entfernt, an der Straße von Athen
nach Delphi.
Die Deutschen schickten zwei griechische Lastwagen mit Soldaten, die
als Bauern verkleidet waren und unbewaffnet erschienen. Mit ihren bunten Hemden und den traditionellen
Hüten wirkten sie wie Straßenarbei-
Thema Kindheit
Schachtbrunnen oder in Backöfen
versteckt hatten.
Der kleine Argyris Sfountouris, noch
keine vier Jahre alt, verliert an diesem Tag seine Eltern und 30 weitere
Familienangehörige. Er überlebt das
Massaker an der Hand seiner
Schwester wie durch ein Wunder.
Seine Kindheit, ja sein ganzes Leben
nimmt durch die Morde von Distomo
einen unvorhersehbaren Verlauf. Argyris kommt in verschiedene Waisenhäuser rund um Athen und wird
vier Jahre später mit dem Roten Kreuz
in das Kinderdorf Pestalozzi in das
schweizerische Trogen gebracht. Sein
halbes Leben verbringt er in der
Schweiz, er promoviert an der ETH
Zürich und wird Physiklehrer, Dichter,
Übersetzer sowie politischer Aktivist
gegen die Militärjunta in Griechenland. Schließlich geht er mit dem
Schweizerischen Katastrophenhilfekorps als Entwicklungshelfer nach
Somalia und Indonesien. Argyris
wollte vor allem auch Kindern helfen,
die ein ähnliches Schicksal erfahren
hatten wie er. Das große Lebensthema von Argyris Sfountouris gründet in
seiner traumatischen Kindheitserfahrung, es ist die immer wieder kehrende Frage danach, wie Menschen
zu etwas unvorstellbar Bösem in der
Lage sind, aber auch wie das Gute
und der Frieden geschaffen werden
können. Argyris Sfountouris will mit
seinem
Engagement
die
Öffentlichkeit sensibilisieren.
Die Deutsche Botschaft nannte das
Massaker von Distomo noch 1996
eine "Maßnahme im Rahmen der
Kriegsführung", weshalb Sfountouris
auch keine Entschädigung zustehe.
Damals hatte er gerade damit begonnen, vor Gerichten in Griechenland gemeinsam mit anderen
Überlebenden zu klagen - und zwar
mit Erfolg. Aber die Bundesrepublik
legte durch alle Instanzen bis hin
Notizen 1.2015 · Seite 16
zum Internationalen Gerichtshof in
Den Haag Revision ein, da sie einen
Präzedenzfall fürchtete. Sie konnte
sich schließlich auf die Staatenimmunität berufen und zahlte nicht.
Sfountouris klagte weiter, und wurde
zumindest im moralischen Sinne rehabilitiert, als der BGH im Jahr 2003
die Ermordung der Zivilisten in Distomo als eines der abscheulichsten
Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkriegs bezeichnete.
Argyris Sfountouris macht sich weiterhin stark dafür, dass solche Verbrechen nie mehr passieren und
Kinder wie Avaptisto Zakka nicht
vergessen werden. Sein Kampf um
die Aufarbeitung des Massakers von
Distomo und um die Entschädigung
für die Überlebenden ruft auch und
gerade uns Deutsche in eine bleibende Verpflichtung.
Literatur
Dieter Begemann: Distomo 1944. In:
Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Orte des
Grauens. Verbrechen im Zweiten
Weltkrieg. Primus Verlag, Darmstadt
2003.
Ein Lied für Agyris. Ein Film von Stefan
Haupt. 2006, Website zum Film:
www.fontanafilm.ch/DOKFILME/argyris/
Stadtteilzentrum
Notizen 1.2015 · Seite 17
Aktuelles aus dem Stadtteilzentrum
In einem sehr intensiven zweiten
Halbjahr 2014 konnten wir neben
den Veranstaltungen zum Thema
Weltreligionen unsere erste MitMach-Konferenz im Stadtteilzentrum
veranstalten, einen Fotowettbewerb
organisieren und nicht zuletzt das
fabel-Projekt mit einem Fachtag für
Familien im Wedding beenden. Die
letzte große Veranstaltung 2014 war
die große Nikolaus-Feier, an der wieder wie in den vergangenen Jahren
zahlreiche Familien und deren
Freunde und Nachbarn teilgenommen haben. Diese Veranstaltung –
dieses Mal finanziell unterstützt
durch Landesmittel – konnten wir
nun bereits zum dritten Mal in bewährt guter Kooperation mit dem
Deutschen Familienverband durchführen. Die Feier hat für die Bürgerinnen und Bürger hier im Parkviertel
mittlerweile einen festen Platz im
vorweihnachtlichen Veranstaltungskalender.
Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben uns zum Ende des Jahres verlassen. Dies waren Cetin
Sahin, Andreas Klassen, Margot Wesche und Bettina Pankow. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz
ausdrücklich für deren tatkräftigen
Einsatz und großes Engagement bedanken und wir freuen uns sehr, dass
Bettina Pankow die Arbeit im Stadtteilzentrum weiterhin ehrenamtlich
unterstützt.
Verstärkung im Team
Glücklicherweise können wir – nach
einer dreimonatigen Lücke – nun
auch wieder neue Kollegen und Kolleginnen begrüßen. Reneé Thiele unterstützt im Stadtteilzentrum das
Café und hilft bei den zahlreichen
Veranstaltungen tatkräftig mit. Ute
Obasi arbeitet sich als Verwaltungsassistenz sehr engagiert ein (siehe
Vorstellung). Seit Anfang März können wir auch Sanja Gusic (Projekt Intermediäre
Stadtteilkoordination)
und Alice Kleinschmidt (Projekt Bildungspatenschaften) im Team des
Stadtteilzentrums begrüßen. An dieser Stelle nochmals ein ganz herzliches Willkommen. Wir freuen uns auf
die neuen Kollegen und Kolleginnen
und die neuen Projekte.
Projekte "die fabel" und "Netzwerk # P" erfolgreich beendet
Das Projekt „die fabel“ ist inzwischen beendet (siehe dazu den Evaluationsbericht auf unserer Homepage). An dieser Stelle möchte ich
mich ganz herzlich bei allen Beteiligten für die so engagierte Arbeit
bedanken. Nicht zuletzt durch den
Einsatz von zahlreichen Ehrenamtlichen, die ihre Aufgaben sehr verantwortungsvoll übernommen haben,
wurde das Projekt zum Erfolg. Sie
schenkten neben der vielen Zeit auch
viel Aufmerksamkeit und Zuwendung
– gerade den Kindern! Dies ist nicht
selbstverständlich und deshalb hier
ein ganz großes Dankeschön!!
Es konnten sehr viele Familien und
deren Kinder auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen unterstützt
werden
und
wichtige
Kooperationen mit weiteren Einrichtungen und Mitarbeiterinnen aufgebaut und gestärkt werden.
Leider ist es uns nicht gelungen –
trotz mehrfacher Antragsstellung –
dieses erfolgreiche Projekt in diesem
Umfang weiterzuführen. Doch durch
die Unterstützung durch das Bezirksamt Mitte können ab März diesen Jahres ehrenamtliche Bildungspatenschaften für Romafamilien initiiert und begleitet werden. Wir freuen uns sehr, dass wir mit Alice
Kleinschmidt dafür eine engagierte
und kompetente Mitarbeiterin gefunden haben (siehe ihre Vorstellung). Wer Interesse daran hat, sich
ehrenamtlich als Bildungspate zu
Stadtteilzentrum
engagieren melde sich bei ihr am
besten immer dienstags unter
45005-121;
E-Mail:
alice.klein
[email protected]
Das Projekt Netzwerk#P ist ebenfalls
Ende 2014 beendet worden (siehe
Bericht von Friederike Schwemin auf
Seite 19f. sowie der Abschlussbericht auf unserer Website). In den
sechs Monaten hat Friederike
Schwemin eine unglaubliche Fülle an
Gesprächen geführt und mit der MitMach-Konferenz und dem ersten
Netzwerktreffen "Runder Tisch Seniorinnen- & Seniorenarbeit im Parkviertel" (siehe Foto Seite 17) einen
sehr wichtigen Beitrag für die Weiterentwicklung des Stadtteilzentrums
geleistet. Auf ihren Vorarbeiten basierend können wir - Sanja Gusic und
Irma Leisle - seit Beginn diesen Jahres die vom Bezirksamt Mitte übertragene Stadtteilkoordination für den
Prognoseraum Wedding ausüben.
Projekt Intermediäre Stadtteilkoordination Wedding
Für den Zeitraum Januar 2015 bis
Dezember 2016 ist das Stadtteilzentrum des Paul Gerhardt Stifts vom
Bezirksamt Mitte mit der sogenannten Intermediären Stadtteilkoordination für den Prognoseraum Wedding
beauftragt worden.
Das Projekt Intermediäre Stadtteilkoordination Wedding (ISW) hat zum
Ziel, die Vernetzung zwischen unterschiedlichen Akteuren in den Stadtteilen auszubauen und zu verbessern. Außerdem werden aktuelle
Themen und Bedarfe aus dem Stadtteil bzw. aus der Bewohnerschaft in
die Verwaltung und umgekehrt
transportiert. Generell versteht sich
das Projekt als Anlaufpunkt für alle
aktuellen Themen im Stadtteil. Im
Projekt werden jedoch auch Schwerpunktthemen identifiziert, die im
Notizen 1.2015 · Seite 18
Laufe des Projekts gemeinsam mit
den Kooperationspartnern und interessierten Bürger/innen bearbeitet
werden. Im Rahmen der Stadtteilkoordination wird im Laufe der ersten
Monate ein Handlungsfeld erarbeiten, das schwerpunktmäßig im weiteren Verlauf bearbeitet werden wird.
Auch die bürgerschaftlichen Akteure
im Stadtteil werden bei ihren jeweils
eigenen Beteiligungsprojekten durch
die Stadtteilkoordination unterstützt.
Diese genannten Schwerpunkte bearbeitet Irma Leisle, Leiterin des
Stadtteil- und Familienzentrums des
Paul Gerhardt Stiftes.
Ein weiteres, zentrales Ziel des Projektes der Stadtteilkoordination ist
es, sowohl die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen als auch von
Senioren/-innen im Wedding gemeinsam mit anderen Einrichtungen
und Projekten aktiv zu fördern. Kern
dieses Schwerpunktes sind die Vernetzung und Aktivierung der Akteure
und Einrichtungen, die organisatorische Begleitung lokaler Beteiligungsaktivitäten, die Durchführung
von Beratungs- und Weiterbildungsangeboten sowie die Durchführung
von Bedarfserhebungen. Diesen
Schwerpunkt bearbeitet Sanja Gusic,
pädagogische
Mitarbeiterin
im
Stadtteil- und Familienzentrum des
Paul Gerhardt Stifts.
Geplant ist auch ein Newsletter ab
dem 2. Halbjahr 2015, der zu den
aktuellen Themen des Projektes informiert.
Das Projekt Intermediäre Stadtteilkoordination wird gefördert durch die EU, die
Bundesrepublik Deutschland, das Land
Berlin im Rahmen des Programms "Zukunftsinititaive Stadtteil II", Teilprogramm Soziale Stadt.
Vor Ostern wurde wieder einmal in
Kooperation mit den Kolleginnen
vom Deutschen Familienverband eine Vielzahl von unterschiedlichsten
Dinge gebastelt und die beteiligten
Eltern und Kinder hatten großen
Spaß dabei.
Fest der Nachbarn am 29. Mai und
Stadtteilfest am 7. Juni
Und was erwartet uns noch im weiteren Verlauf diesen Jahres? Am 29.
Mai 2015 wollen wir wieder wie im
vergangenen Jahr das europäische
Fest der Nachbarn feiern, bei gutem
Wetter mit allen Bewohnerinnen und
Bewohnern hier auf dem Stiftsgelände. Wir freuen uns auf die mitgebrachten Speisen und stellen von
unserer Seite die Getränke. Anmeldungen für das Fest der Nachbarn
nimmt Mareike Hartig; Tel: 03045029836 oder Regine Vogl,Tel.
45005-103 entgegen.
Am 7. Juni 2015 feiern wir das traditionelle Jahresfest des Paul Gerhardt
Stiftes mit einem Gottesdienst am
Vormittag und am Nachmittag in der
Zeit von 14 bis 17 Uhr als Stadtteilfest für die Bewohnerinnen hier im
Kiez. Weitere Programmplanungen
entnehmen Sie bitte zeitnah unserer
Homepage.
An der langen Nacht der Familie werden wir uns wie in den letzten Jahren
wieder beteiligen (siehe Veranstaltungen), detaillierte Informationen
dazu folgen.
Stadtteilzentrum
Vorgestellt
Beteiligung im Wedding stärken?
Nichts lieber als das!
Mein Name ist Sanja Gusic, ich bin 28
Jahre alt und sehr glücklich darüber,
seit März 2015 im Stadtteilzentrum
mitarbeiten zu dürfen. Das Thema Partizipation ist für mich bereits seit einigen Jahren hoch im Kurs. Als
Jugendliche engagierte ich mich in der
kirchlichen Jugendverbandsarbeit und
erfuhr hier am eigenen Leibe, welche
Wirkkraft gelebte politische Partizipa-
Notizen 1.2015 · Seite 19
tion nach innen und außen haben
kann. Da ich gerne mit Menschen
arbeite, lag das Studium der Sozialen Arbeit an der Katholischen
Hochschule für Sozialwesen in Berlin nicht fern. Nach meiner dreijährigen Vorstands-tätigkeit im Bund der
Deutschen Katholischen Jugend
Berlin (BDKJ-Berlin), führte mich
mein Weg in den Deutschen Bundesjugendring. Hier arbeitete ich
zweieinhalb Jahre als Referentin im
onlinegestützten
Jugendbeteiligungsprojekt Ichmache>Politik. Nun
bin ich hier und freue mich auf die
vielen, neuen Aufgaben und die Zusammenarbeit mit den Akteur_innen
im Kiez!
Nachbarschaft, Netzwerke, Nachfragen
Eine partizipative Bedarfsanalyse im Parkviertel
Von Juli bis Dezember 2014 wurde im
Paul Gerhardt Stift im Auftrag des
Bezirksamtes Berlin Mitte eine Begleitforschung zum Projekt Netzwerk
#P durchgeführt. Diese beinhaltete
eine partizipative Bedarfsanalyse
bezüglich der Wünsche und Bedürfnisse der älteren Bewohnerinnen
und Bewohner des Parkviertels.
Gleichzeitig wurde aber auch die Akzeptanz und Nutzung des Stifts im
Sozialraum untersucht sowie die
Stolpersteine und Hürden die das
Stadtteil- und Familienzentrum auf
dem Weg zu einem „Haus für alle“ zu
überwinden hat, sichtbar gemacht.
Im Fokus der Studie stand die gemeinsame Entwicklung zielgruppenorientierter und -übergreifender
Angebote wie auch der Ausbau eines
Netzwerkes mit anderen Institutionen und Einrichtungen in der Nachbarschaft.
Zusammengefasst standen hierbei
folgende Forschungsfragen im Vordergrund:
1. Was kennzeichnet das Paul Gerhardt Stift sowie das Stadtteil- und
Familienzentrum und wie wird es von
den Anwohnerinnen und Anwohnern
aus der Nachbarschaft genutzt?
2. Wo liegen die Interessen und Bedarfe der Zielgruppen und Themen
für zukünftige Angebote des Stadtteilzentrums?
3. Wie erreicht und beteiligt man Seniorinnen und Senioren sowie Jugendliche aus der Nachbarschaft bei
der Entwicklung und Umsetzung
neuer Angebotsideen.
Um diese Fragestellungen zu beantworten, wurden mit insgesamt 64
SeniorInnen und Jugendlichen Gruppen- sowie Einzelgespräche und mit
sechs MitarbeiterInnen des Stifts Experteninterviews durchgeführt. Darüber hinaus wurden mit der ersten
Mit-Mach-Konferenz (8.10.2014) und
dem neu initiierten Runden Tisch –
SeniorInnenarbeit im Parkviertel
(27.11.2014) zwei Veranstaltungen
organisiert, bei denen der Austausch
und die Interessen von BewohnerInnen und VertreterInnen zielgruppenspezifischer
Einrichtungen
im
Mittelpunkt standen. Eine zusätzliche Straßenbefragung von 100
Passanten gab ebenfalls Aufschluss
über die Bekanntheit und Wirkung
des Stifts wie auch des Stadtteil- und
Familienzentrums.
Nachfolgend sind die zentralen Er-
Stadtteilzentrum
gebnisse in Anlehnung an die oben
genannten drei Fragen dargestellt.
Öffentliche Sichtbarkeit des
Stadtteilzentrums erhöhen
Sowohl das Stift wie auch das Stadtteilzentrum bieten nach Meinung der
Befragten ein großes und zum Teil
bisher ungenutztes Potenzial. Die
Grünanlage und das Café Klosterhof
werden von allen sehr geschätzt. Bekannt ist das Paul Gerhardt Stift allerdings, vorrangig aufgrund des
Ärztezentrums, zum Großteil bei der
älteren Bewohnerschaft. Jugendliche, vor allem mit einem Migrationshintergrund, konnten auch mit dem
Stadtteilzentrum wenig anfangen, da
sich die Angebote, noch aus der Tradition als Familienzentrum, schwerpunktmäßig an Familien, Schwangere und Mütter, aber auch zunehmend an Personen in der zweiten Lebenshälfte richten. Die hohen
Mauern und die Pforte am Eingangsbereich wirken wenig einladend und
in diesem Zusammenhang wird die
fehlende Sichtbarkeit der Angebote
und Veranstaltungen genannt. Die
Untersuchung hat gezeigt, dass die
größte Hürde die Überwindung ist,
den Weg in die Räumlichkeiten zu
finden und diese kennen zu lernen,
um sich selber ein Bild von den Angebotsstrukturen und Bedingungen
zu machen. Durch eine öffentliche
Bekanntmachung und bessere Sichtbarkeit der Veranstaltungen auf dem
Bürgersteig ließe sich die Akzeptanz
und Bekanntheit noch steigern.
Ältere suchen Angebote und
Gemeinschaft
Die befragten Seniorinnen und Senioren wollen mit den Freizeitangeboten vorrangig mit anderen
Menschen in Kontakt kommen und
eine Abwechslung vom Alltag erleben. Gemeinschaft und Geselligkeit
Notizen 1.2015 · Seite 20
aber auch die gemeinsame Achtsamkeit und das Vertrauen stehen im
Vordergrund, da die Senioren vor allem ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit haben. Ach wenn sie
sportlich und mobil bleiben wollen,
sind Ältere insbesondere im Winter
und im Dunkeln in ihrer Mobilität
sehr eingeschränkt. Veränderungen
sind allerdings auch wiederum bei
einigen schwieriger zu akzeptieren,
da gerade AnwohnerInnen, die schon
über viele Jahre in der Nachbarschaft
leben oftmals den Vergleich zu früher
suchen. Folgende Angebotsideen
und Themen wurden aus den Bedürfnissen heraus generiert.
○ Lernaktivitäten/Bildungsangebote
(z.B. Näh-, Kunst- und FotografieKurse)
○ Kulturübergreifende Feste und
Veranstaltungen (Fest der Kulturen
mit traditionellen Speisen und
Trachten, interkulturelles Picknick
und Erzählcafé, mehr Konzerte und
Lesungen)
○ Freizeitaktivitäten (Hip-Hop und
orientalische Tanzkurse, Strick-Café,
künstlerische Angebote)
○ Nachbarschaftliche/generationsübergreifende Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen („Beauty-Tag“ für
Jung und Alt, PC-Kurse, InteressensTauschbörse)
hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Stadtteilzentrums zu
erfahren und sie auch daran zu beteiligen, eignen sich aufgrund des
hochschwelligen Zugangs Nachbarschafts-Konferenzen, wie die MitMach-Konferenz, nur bedingt. Diese
sind, wie der Runde Tisch – SeniorInnenarbeit im Parkviertel gezeigt
hat, eher ein Format, welches Organisationen und Einrichtungen anspricht. Vielversprechender war es
die SeniorInnen in ihren alltäglichen
öffentlichen Situationen (z.B. beim
Nachbarschafts-Café, vor oder nach
dem Sportkurs) anzusprechen, sodass sie nicht einen zusätzlichen
Weg auf sich nehmen müssen. Zum
anderen wären Feste und Veranstaltungen auf dem Gelände des Stifts
eine gute Möglichkeit, Beteiligte „so
ganz nebenbei“ in einem informellen
Rahmen zu befragen oder über Ideen
Bedarfe durch Ansprache
erfahren
Egal ob Jung oder Alt: man informiert
und erreicht Personen am besten
über den aufwendigen Weg der persönlichen Ansprache. Sei es auf dem
Gelände selbst, auf der Straße oder
in anderen Freizeitstätten, überall
waren alle Befragten stets aufgeschlossen und bereit über ihre Interessen, Ideen und Ansichten zu
erzählen. Um die Meinung und Ideen
der AnwohnerInnen des Parkviertels
abstimmen zu lassen. Als eine weitere einfache Form der Beteiligung
wurde die Umsetzung des Briefkastens oder Ideenbrett vorgeschlagen,
wo jeder seine Wünsche oder auch
Kritiken mitteilen kann.
Allerdings ist man bei allen Beteiligungsprozessen auf die jeweilige
Stadtteilzentrum
Motivation der Zielgruppen angewiesen. Um bedarfsgerechte Angebote
zu entwickeln und um diese auch
umsetzen zu können, sind intensive
Kontakte zu anderen Einrichtungen
(u.a. Schulen, Freizeitstätten, Jugendclubs) in der Umgebung von
Vorteil.
Letztendlich hat diese Untersuchung
mit verschiedenen Methoden die
Bedürfnisse und Interessen vorrangig
von Älteren aber auch Jugendlichen
ermittelt. Darauf aufbauend wurden
Themen und Formate für bedarfsgerechte Angebote des Stadtteilzentrums und Beteiligungsmöglichkeiten
entwickelt. Diese sind als Empfehlungen, Ideen und Hilfestellungen
anzusehen. Darüber hinaus wurden
die individuellen Voraussetzungen
(Wirkung, Bekanntheit, Nutzen) und
Notizen 1.2015 · Seite 21
sozialstrukturelle (Zielgruppen im
Quartier) sowie organisatorische Bedingungen (Geschichte, Struktur,
Räumlichkeiten) analysiert, um geeigneter auf die damit verbundenen
Hürden zu reagieren und bisher ungenutzte Potenziale des Stadtteilzentrums beziehungsweise des Paul
Gerhardt Stifts sichtbar zu machen.
Vorgestellt
Vor gefühlt 100 Jahren habe ich Arbeitswissenschaften studiert, kurz
nach meinem Abschluss bin ich aus
persönlichen Gründen in den Kongo
ausgewandert.
Durch einen Job in einem Ausbil-
dungszentrum in Brazzaville habe ich
angefangen, mich mit Büroorganisation und Textverarbeitung zu beschäftigen.
Wieder in Deutschland, habe ich eine
Umschulung zur Bürofachkraft gemacht und bin in diesem Bereich geblieben.
Seit dem 9. März 2015 unterstütze
ich die Verwaltung des Stadtteil- und
Familienzentrums
im Infobüro.
Schön ist, dass ich auch meine Erfahrungen mit anderen Kulturen und
Menschen unterschiedlicher Herkunft einbringen kann.
Ich fühle mich hier schon sehr wohl
und möchte mich bedanken, dass ich
so offen und herzlich empfangen
wurde.
“bärenstark ins Leben mit ehrenamtlichen Paten“
Unterstützungsangebot der Frühen Hilfen für junge Familien auch im Stift
Mit unserem „bärenstark“-Projekt
stehen wir jungen Familien in angespannten Lebenssituationen mit Rat
und Tat zur Seite. Geschulte ehrenamtliche Familienpaten helfen Familien mit großer Geduld, wenn der
neue Lebensalltag während der
Schwangerschaft und nach der Geburt des Kindes über den Kopf zu
wachsen droht. Freude und Anspannung können ein Wechselbad der
Gefühle auslösen und schnell kann
Überforderung drohen. Die Familie
stimmt gemeinsam mit den Familienpaten ab, welche Art der Entlastung und Bestärkung sie sich
wünscht. Sei es das Spielen mit dem
Geschwisterkind, sei es die Begleitung bei Arzt- und Behördengängen
oder auch nur die Entlastung, einmal
in Ruhe einkaufen oder alleine zum
Friseur gehen zu können. Unsere Familienpaten unterstützen die Familien einmal wöchentlich für circa vier
Stunden. Das Projekt wird seit über
einem Jahr auch im Stadtteil- und
Familienzentrum des Paul Gerhardt
Stifts angeboten.
Viele junge Familien konnten in der
Vergangenheit vom Engagement ehrenamtlicher Familienpaten profitieren. In den Rückmeldungen zeigten
sie sich dankbar für diese stärkende
Unterstützung. „Seit ich für Dennis
und Can eine Familienpatin habe,
kann ich wenigstens meine Einkäufe
erledigen. Mit einem Neugeborenen
und einem Kleinkind alles in die
vierte Etage zu bringen, ist nicht
einfach. Dennis fragt schon immer
nach unserer Familienpatin, weil sie
sehr toll mit ihm spielt“ erzählte uns
eine alleinerziehende Mutter.
Junge Mütter oder Väter und Familien, die Entlastung benötigen, können sich unbürokratisch an unser
Büro wenden. Gemeinsam mit den
Familien schauen wir nach einem
passenden Familienpaten. Das Angebot ist kostenfrei.
Für diese Arbeit sind wir auf der Suche nach interessierten Bürgerinnen
und Bürgern, die einmal in der Woche für ca. vier Stunden ihre Zeit an
andere Familien im Kiez verschenken
wollen. Alle, die Freude und Lust haben, Kindern und Familien mit Säuglingen und Kleinkindern freundlich,
liebevoll, geduldig und tolerant zur
Seite zu stehen und ihnen den Start
ins Familienleben zu erleichtern,
Stadtteilzentrum
sind bei uns herzlich willkommen.
Wer sich entscheidet, bei „bärenstark“ mitzumachen, erhält eine
Qualifizierung als Familienpate und
die Möglichkeit, sich in kleinen
Teams mit anderen ehrenamtlichen
Paten auszutauschen.
In unserer Qualifizierung zum Familienpaten erhalten die Ehrenamtlichen das „nötige Rüstzeug“, das sie
für ihr Engagement benötigen. Mit
gemeinsamen Festen und Ausflügen
aller unserer Ehrenamtlichen wollen
wir die Gemeinschaft und den Erfahrungsaustausch untereinander stärken. Auch erhält Jede und Jeder eine
Bescheinigung ihrer bzw. seiner ehrenamtlichen Tätigkeit.
Die Ehrenamtskoordinatorin des Familienpatenprojekts „bärenstark ins
Foto: SkF e.V.
Notizen 1.2015 · Seite 22
Leben mit ehrenamtlichen Familienpaten“ des Sozialdienstes katholischer Frauen e.V. Berlin (SkF e.V.
Berlin) ist immer mittwochs in der
Zeit von 10 bis 15 Uhr direkt vor Ort
im Stadtteil- und Familienzentrum
des Paul Gerhardt Stifts zu erreichen.
Weitere Auskünfte und Informationen
zu unserem Angebot sind unter
0151/ 14648745 und per E-Mail unter [email protected] zu erhalten.
LeNa – lebendige
Nachbarschaft, wer
gestaltet mit?
Der Besuchsdienst LeNa startete im
Dezember 2014 hier am Standort
Paul Gerhardt Stift und kommt inzwischen mehr und mehr im Bezirk an.
Deutlich wird, dass hier im Wedding
viele ältere Menschen allein leben,
die dringend auf die Unterstützung
durch andere Menschen angewiesen
sind.
„Ich habe Probleme mit meinen
Stimmbändern, weil ich immer weniger Gelegenheit zum sprechen habe!“ sagt eine 87 jährige Dame, die
sich freut, nun eine Besucherin zu
haben, die ihr regelmäßig Zeit
schenkt.
„Ich möchte gerne wie früher regelmäßig ins Einkaufszentrum gehen,
komme aber nicht mehr alleine
raus“ äußert eine 92 jährige Dame.
Wer möchte gerne mitgestalten und
nur wenige Stunden seiner kostbaren Zeit für einen guten Zweck zur
Verfügung stellen?
Zur Belohnung gibt es Dankbarkeit,
spannende Unterhaltung und eine
gute Begleitung.
Bitte melden Sie sich bei Frau Ginkel
unter 030 450 05 240
Ein Angebot unseres Kooperationspartners Evangelisches Johannesstift
Altenhilfe gGmbH
Vorgestellt
Ich freue mich sehr die Koordination
des Projektes „Bildungspatenschaften für Grundschulkinder aus RomaFamilien“ am Paul Gerhardt Stift
übernehmen zu dürfen.
Ich bin 31 Jahre alt, im Erzgebirge in
Sachsen geboren und in Erfurt und
Bremen zur Schule gegangen. Studiert habe ich zunächst Kulturwissenschaften, Friedens- und Konfliktforschung und Politikwissenschaften
in Marburg und lebe und arbeite nun
seit fünf Jahren in Berlin. Durch Auslandsaufenthalte und ehrenamtliches
Stadtteilzentrum
Foto: privat
Notizen 1.2015 · Seite 23
Engagement im interkulturellen Bereich, mit Flüchtlingen und Menschen mit Migrationshintergrund,
habe ich mich mehr und mehr der
sozialen Praxis zugewandt. Insbesondere die Soziale Arbeit, die sich
mit dem Schaffen einer solidarischen, toleranten und bunten Gesellschaft beschäftigt, liegt mir sehr
am Herzen. Deswegen absolviere ich
zurzeit noch ein Aufbaustudium der
Sozialen Arbeit mit dem Schwer-
punkt „Inclusive Community Work“
an der Katholischen Hochschule für
Sozialwesen Berlin und arbeite
glücklicherweise seit einiger Zeit in
diesem inspirierenden Bereich.
Ich möchte mich für Begegnungen
zwischen Menschen auf Augenhöhe
einsetzen, in denen beide Seiten
voneinander lernen, einander verstehen und unterstützen.
Mein Freiwilliges Soziales Jahr im Stadtteil- und
Familienzentrum
So. Jetzt arbeite ich schon seit sechs
Monaten im Stadtteil- und Familienzentrum und helfe in verschiedenen
Bereichen mit. Ob mit den Schülern
der Schule am Schillerpark hinter der
Theke im Café, beim Kochen und Backen in der Küche oder bei verschiedenen Veranstaltungen – ich bin
immer dabei. Und eben weil ich in so
vielen Bereichen mithelfen kann,
verging das halbe Jahr so schnell,
dass mir jetzt erst bewusst wird, dass
schon Halbzeit ist!
Am ersten Tag meines FSJs war ich so
aufgeregt, dass ich mir kaum etwas
merken konnte. Die einzigen Eindrücke, die ich am Abend mit nach
Hause brachte, waren Veranstaltungsräume mit hohen Decken, eine
blitzeblank polierte Küche und ein
riesiger Vorratsschrank.
Inzwischen kenne ich mich im gesamten Haus bestens aus, weiß genau, wo die regelmäßigen Veranstaltungen stattfinden und kann Gäste
bequem zu dem Raum führen, den
sie suchen.
Aber natürlich ist die Orientierung in
dem großen Haus nicht das Einzige,
das ich im letzten halben Jahr gelernt
habe. Abgesehen davon, dass ich
jetzt weiß, wie man den leckersten
Schokokuchen und den einfachsten
Käsekuchen der Welt backt, habe ich
schnell bemerkt, was es bedeutet
acht Stunden am Tag arbeiten zu
müssen. Gerade in den ersten Wochen meines FSJ war ich noch fest
davon überzeugt, dass die lange Arbeitszeit kein Problem für mich darstellen würde. Dass Pausen wichtig
sind, um sich inmitten eines anstrengenden Tages zu sammeln,
stellte ich aber schon ziemlich
schnell fest.
Außerdem durfte ich in dem halben
Jahr im Stadtteilzentrum viel mit Jugendlichen zusammenarbeiten und
hatte dabei total viel Spaß, so dass
ich mich jetzt für ein Sozialpädagogik-Studium entschieden habe. Das
FSJ und meine Chefinnen haben mir
bei dieser Entscheidung sehr geholfen.
Generell fühle ich mich im Team pudelwohl und ich bin superfroh, dass
mir meine Kollegen schon von Anfang an das Gefühl gegeben haben,
dazu zu gehören. Als ich vor kurzem
Urlaub hatte habe ich sie alle schon
vermisst und hoffe deswegen, dass
die zweite Hälfte meines FSJ nicht
allzu schnell vorübergeht.
Laura Pötten (li.) und ihre Kollegin Ayjelan
Ergenc im Café Klosterhof
Stadtteilzentrum
Auch mein Zeitmanagement sowie
meine Bereitschaft, spontan weitere
Aufgaben zu übernehmen haben sich
im Laufe der Zeit verändert. Nach den
ersten Wochen, in denen ich abends
fix und fertig zu Hause angekommen
war, versuchte ich meine Aufgaben
für den nächsten Tag zu ordnen und
sie nach deren Wichtigkeit einzustufen. Ich bemerkte, dass es überhaupt
kein Problem ist, mal „Nein“ zu sagen und dass deswegen niemand
böse ist.
Ich würde nicht sagen, dass mein
Zeitmanagement inzwischen ein-
Notizen 1.2015 · Seite 24
wandfrei funktioniert, aber ich habe
mich auf jeden Fall gebessert und
aus meinen Fehlern gelernt!
Besonders freue ich mich außerdem
darüber, dass ich während meines
FSJ auch künstlerisch tätig werden
konnte/ kann. So durfte ich die kahlen Wände unserer Kinderbibliothek
mit einem großen Fuchs aus dem
Buch „Pippilothek“ verzieren. Auch
die Flyer des Stadtteilzentrums darf
ich entwerfen und gestalten.
Mein FSJ im Stadtteil- und Familienzentrum hat mir also schon jetzt sehr
viel gebracht. Ich habe einen Einblick
ins Arbeitsleben bekommen, habe
bei der Arbeit mit Jugendlichen neue
Erfahrungen gesammelt und habe
richtig tolle Menschen kennengelernt, die mir total ans Herz gewachsen sind.
Das Paul Gerhardt
Stift ist dabei!
Schwarze Perspektiven für den Kiez
EOTO e.V. im Paul Gerhardt Stift – Anti-Rassismus-Preis des Bundes
Each One Teach One (EOTO) e.V. ist
ein Community-basiertes Bildungsund Empowerment-Projekt in Berlin.
Im März 2014 eröffnete der Verein
mit Unterstützung des Lern- und Erinnerungsort Afrikanisches Viertel als
Kiez-Bücherei seine Türen und ist
seither ein Ort des Lernens und der
Begegnung. EOTO stellt Literatur von
Menschen afrikanischer Herkunft vor
und vermittelt Wissen im intergenerationellen Dialog. Die Präsenzbücherei umfasst Werke von Autoren-/
innen des afrikanischen Kontinents
und der Diaspora und dokumentiert
anhand 2500 vor allem deutschsprachiger Bücher Schwarze Geschichte und Gegenwart in und
außerhalb Deutschlands. Als KiezBücherei steht EOTO allen Menschen
16h pro Woche offen!
Bücherei & Schwarze
Perspektiven für den Kiez
Die Afrodeutsche Vera Heyer (geb.
1949, + 1995) hat in den 70er Jahren
begonnen, in ihrer Freizeit Bücher
von Schwarzen Autor_innen zu sammeln. Sie hatte den Wunsch, dass ihr
Erbe nach ihrem Tod 1995 in Form
einer Bücherei öffentlich zugänglich
gemacht wird. Diese Vision wird nun
von einem ehrenamtlichen Team
umgesetzt – die Bücher werden erfasst, katalogisiert, aufgearbeitet,
gruppiert und dadurch zugänglich
gemacht. Zu besonderen Anlässe organisieren wir Lesungen. Die Büchersammlung wird kontinuierlich
durch Spenden erweitert. Dadurch
Schüler_innen des Projekts Black Diaspora School bei der Preisverleihung
gemeinsam mit der Fußball-Weltmeisterin Steffi Jones, (c) EOTO e.V.
Stadtteilzentrum
entsteht ein lebendiger Ort, der zum
Treff- und Ausgangspunkt unserer
Aktivitäten geworden ist.
Black Diaspora School & Black
Youth Fridayz – Schwarze
Jugendliche engagieren sich
Ein wichtiges Ziel von EOTO ist es,
Schwarze Jugendliche zu empowern.
Es geht darum, Engagement zu fördern, gemeinsam zu lernen, zu leben
und zu lachen. In unserer Black Diaspora School (BDS) treffen sich
Schwarze Jugendliche ab 13 Jahren
mittwochs bei EOTO und lernen gemeinsam für die Schule und in außerschulischen Projekten. So ist
kürzlich in Kooperation mit dem
Ballhaus Naunynstraße ein Film über
Empowerment, Rassismus und das
Leben Schwarzer Menschen im Wedding entstanden. Aktivitäten und
Themen, die in der BDS behandelt
werden, umfassen zudem: afrikanische Geschichte, Prüfungsvorbereitung,
literarische
Vorbilder,
Menschenrechte, Nachhilfe, Theaterbesuche, Podiumsdiskussionen,
Ferienangebote und der Austausch
mit Vorbildern aus der Community.
Jeden letzten Freitag im Monat sind
Schwarze Jugendliche außerdem zum
Black Youth Fridayz eingeladen –
zum gemeinsamen Musikhören,
Austauschen, Kennenlernen und
Netzwerken.
EOTO im Paul Gerhardt Stift
Wir sind vor ziemlich genau einem
Jahr ins Paul Gerhart Stift gezogen seit dem ist viel passiert:
▸ Wir haben fast 1000 neue Bücher
für unseren Bestand geschenkt bekommen!
▸ Wir haben Dienstags-Freitags für
alle Interessierten offen (Di 15:3019:30; Mi-Fr: 14-18 Uhr)!
▸ Die Black Diaspora School hat von
der Antidiskriminierungsstelle des
Bundes den ersten Preis im Wettbe-
Notizen 1.2015 · Seite 25
werb „Rassismus – nicht mit mir“ erhalten!
▸ Wir suchen nach Fördermitgliedern,
um auch zukünftig im PGS aktiv sein
zu können!
[Anzeige]
Altenhilfe Berlin-Wedding
Die Schillerpark ambulant Sozialstation Wedding ist ein seit dem 1.2.2015
von den Kassen zugelassener Pflegedienst auf dem Gelände des Paul Gerhardt Stifts. Einen ambulanten
Pflegedienst gab es auch vor dem
1.2.15 auf dem Gelände des PGS, aber
organisiert und koordiniert vom Sunpark ambulant aus Neukölln.
Jetzt gibt es den ambulanten Pflegedienst Schillerpark ambulant, zu finden sind wir im Mutterhaus 1. Etage,
von dort aus läuft die Organisation
und Koordination der ambulanten
Pflege.
Unser Team bestehend aus 8 erfahrenen und engagierten Mitarbeitern 3 examinierte Pflegefachkräfte, 4 Pflegehelferinnen und eine Hauswirtschaftskraft- pflegt sie dort, wo Sie
sich wohl und geborgen fühlen: In vertrauter Umgebung zu Hause.
Wir unterstützen Sie flexibel und unbürokratisch mit allen unseren grundpflegerischen und
hauswirtschaftlichen Leistungen, aber
auch in pflegerischen Beratungsfragen
( wie z.B. die Reform der Pflegeversicherung seit 1.1.2015 mit zusätzlichen Leistungen), um Ihnen das Leben
zu erleichtern. Wir sind 24 Stunden
für Sie erreichbar.
Sprechen Sie uns an. Wir kommen
gern zu Ihnen nach Hause und vermitteln Sie auch gerne bei Fragen an unsere Kooperationspartner.
Veranstaltungen
>> 7. Juni von 10–17.30 Uhr: Jahresfest mit Festgottesdienst um 10 Uhr,
ab 14 Uhr: Stadtteilfest für die Bewohner/innen im Kiez.
>> 19. & 20. Juni von 15–18 Uhr:
Schreibwerkstatt: Im Fluss der Worte
schwimmen. Anmeldung im Stadtteilzentrum
>> 16. Juli bis 28. August: Während
der Sommerferien werden wir wieder
Angebote für Familien und Kinder
machen. Spielen, basteln, kochen,
backen und auch Ausflüge bieten wir
an – das detaillierte Programm finden Sie ab Anfang Juni auf unserer
Homepage. Vor allem die Kurse für
die Senioren/innen machen im Sommer keine oder nur eine kurze Pause.
Nach den Sommerferien beginnen
alle unsere Kurse neu wieder in der
ersten und zweiten Septemberwoche.
>> 12. September von 10–18 Uhr: Tag
der Diakonie - Kapernaum-Gemeinde
und Paul Gerhardt Stift planen einen
gemeinsamen Tag der Musik und Begegnung. Ort: Paul Gerhardt Stift,
Informationen unter 45005-114
>> 10. Oktober: Lange Nacht der Familie. Detektivische Suche zwischen
Kinderbibliothek und neu eröffneter
Schillerbibliothek.
>> 11. November: St. Martins-Umzug
gemeinsam mit den Bewohnern/-innen des Pflegewohnheims Schillerpark und dem Deutschen Familienverband.
>> 05. Dezember: Advents- und Nikolausfeier des Stadtteilzentrums
Das neue Programm
2.2015 ist ab Juli
erhältlich!
Informationen: 45005 131 [email protected]
Refgugium
Notizen 1.2015 · Seite 26
Frühstücken mit
Händen und Füßen
Schon im Frühling vergangenen Jahres hatten das Servicewohnen, das
geistliche Zentrum und das Refugium
die Bewohnerinnen und Bewohner
des Paul Gerhardt Stifts zu einem gemeinsamen Frühlingsbrunch eingeladen. Die positiven Rückmeldungen
haben uns darin bestärkt, diese
Möglichkeit der nachbarschaftlichen
Begegnung auch in diesem Jahr wieder anzubieten. Das gemeinsame Essen und Trinken schafft einen Raum
in dem sich Menschen unterschiedlicher Generationen und
unterschiedlicher kultureller Herkünfte
ungezwungen begegnen können.
So konnten wir uns am 18. März über
60 gutgelaunte Frühstücksgäste
freuen. Bei Kaffee, Tee und frischen
Brötchen konnten sich die Flüchtlinge aus dem Refugium und die Senioren aus dem Wohnstift kennenlernen
und – auch mithilfe der ehrenamtlichen Sprachmittlerinnen des Refugiums – miteinander ins Gespräch
kommen. In einer fröhlichen Runde
wurde Marmelade herumgereicht und
den Tischnachbarn viele Fragen gestellt.
Besonderes Highlight war auch in
diesem Jahr wieder der Chor des
Wohnstifts, der das Treffen musikalisch begleitete.
Wir freuen uns, dass auch dieses
Frühstück regen Anklang gefunden
hat und hoffen, damit vielleicht eine
neue Tradition begründen zu können,
die das bunte Leben hier im Haus
abbildet und bestärkt.
Spende Refugium
KD Bank
BLZ 350 601 90
Konto 181 80
Verw.Zweck: 910850
Spende für das
Refugium
DB JobService-Spende
hilft Flüchtlingskindern
>> In 2014 haben die Impulsgeber bei
DB Job-Service den zweiten Fotowettbewerb ausgerufen. Die Teilnahme
war groß. Eine Vernissage auf dem
Mitarbeitertreffen in Münster zeigte
alle Fotos aus dem Wettbewerb. „Die
Schönsten wurden im neuen Jahreskalender 2015 veröffentlicht“, so Harald Ebeling, Personalberater bei DB
JobService. "Am meisten freut mich,
dass die Kalender heute in fast jedem
Büro zu sehen sind", berichtet Mandy
Mandery-Mross, Personalberaterin.
Wie im Jahr zuvor folgten viele dem
Aufruf, sich mit einem freiwilligen Beitrag für die Kalender an einer Spendenaktion zu beteiligen. Durch das
Engagement Einzelner, wie von Barbara Killich, Leiterin HCJH 3, konnten
weitere Spender im Casino sowie in
DB-Geschäftsfeldern gewonnen werden. Insgesamt wurden 850 Euro für
die Einrichtung eines Kinderspielplatzes im Rahmen der Flüchtlingshilfe an
das Paul Gerhardt Stift zu Berlin gespendet.
Die Spende wurde am 20. März von
Barbara Killich (Foto: Mitte) an Ute
Köpp-Wilhelmus, Geschäftsführerin
des Paul Gerhardt Stifts (Foto: rechts)
und Tobias Kuske, Kreisjugendpfarrer
im Kirchenkreis Nord-Ost (Foto: links)
übergeben.
„Ich freue mich sehr über das große
Engagement“, betont Ute Köpp-Wilhelmus. „Sie kommt den Kindern im
Refugium, der Flüchtlingsunterkunft
des Stifts, zugute“, ergänzt Tobias
Kuske.
Im Refugium leben 102 Flüchtlinge,
etwa die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Viele Bewohner sind
durch Kriegs- und Fluchterfahrungen
zum Teil schwer traumatisiert. Seit
April 2014 wurde innerhalb der Einrichtung eine Frauenetage eingerichtet, die allein reisenden Frauen und
Müttern mit ihren Kindern einen
Schutzraum bietet. „Insbesondere
für die Kinder wollen wir die psychosozialen und pädagogischen Angebote
verstärken",
so
Ute
Köpp-Wilhelmus. „Dazu gehört ganz
zentral die Einrichtung eines Kinderspielplatzes." <<
>> Originalbeitrag aus: DB JobService
AKTUELL Nr. 2 April 2015, S. 3<<
Geistliches Zentrum
Notizen 1.2015 · Seite 27
Splitter aus dem geistlichen Leben in unserem Haus
Nicht immer gibt es etwas von
großen Ereignissen zu berichten.
Doch manches lohnt sich weiterzugeben. Immer mehr Menschen nehmen das Angebot der "Offenen
Kirche“ mittwochs von 10.00 bis
16.00 Uhr wahr. Sie sind erstaunt:
„Ich gehe hier schon immer vorbei
und habe nie gewusst, dass hier eine
so schöne Kirche ist.“ Oder „Ich
wohne hier schon über 20 Jahre, die
Kirche ist mir noch nie aufgefallen.“
Oder „Ich war beim Arzt und habe die
Glocke gehört, aber keine Kirche gesehen.“
Wie immer am ersten Freitag im
März, feierten wir hier den traditionellen Weltgebetstag, wie er am
gleichen Tag weltweit begangen wird.
Überall gilt die gleiche Gottesdienstordnung. Es werden die gleichen Lieder gesungen. Wenn man einmal
nachdenkt, wird 24 Stunden lang irgendwo auf der Welt dieser Gottesdienst gefeiert. In diesem Jahr hatten
ihn Frauen von den Bahamas vorbereitet. „Begreift ihr meine Liebe?“
war das Thema.
Beim Zusammensein danach gab es
einiges Traditionelles von den Bahamas zu essen und dazu einen regen
Gedankenaustausch. 2016 wird die
Gottesdienstordnung aus Kuba kommen.
Am 15. März nahmen wir Schwestern
und der Konvent an dem Gottesdienst der geistlichen Gemeinschaften unserer Landeskirche EKBO teil.
Dieser Gottesdienst stand unter dem
Thema: „Einander annehmen - Vielfalt leben.“ Aus fünf Gemeinschaften
wurden Kommentare zu dem Text aus
dem Römerbrief Kapitel 15 Vers 1-7
verlesen. Diese Texte sagten in Kürze
etwas zu der jeweiligen Gemeinschaft und deren Aufgaben in ihren
diakonischen Einrichtungen aus.
Ein Gedankenaustausch folgte in lockerer Runde danach. Solche Zusammenkünfte dienen der Verständigung und machen Diakonie sichtbarer.
Niklas biegt das Kreuz
Der Orkan "Niklas" wütete über Berlin und hat das Kreuz vom Kirchengiebel abgebrochen. Am 31.03.2015
gegen 14.45 Uhr ruft mich Herr Janiec, unser Objektmanager, an: „Wie
kommt man auf das Dach, auf dem
das Kreuz ist?“ Meine Antwort: „Vom
Wohnzimmerfenster in der zweiten
Etage.“ Wir gingen in das Wohnzimmer. Das Kreuz hatte der Sturm abgebrochen, es hing nach vorn in der
Luft über dem Altarraumdach. Der
Klosterhof war zur Hälfte abgesperrt
und die Feuerwehr bereits gerufen
worden. Sie war aber im Dauereinsatz.
Es hieß also, aufpassen und abwarten. Kurz nach 17.00 Uhr kam die
Polizei und bald darauf auch die
Feuerwehr. Vier Feuerwehrmänner
gingen mit Leitern aufs Dach. Das
Kreuz wurde herunter genommen.
Einer der Feuerwehrleute trug das
Kreuz auf seiner Schulter, als er die
Leiter herabstieg, wir stellten es in
die Kirche. Das Bild mit dem Feuerwehrmann gibt einen besonderen
Eindruck auf Karfreitag. Nun muss es
restauriert oder gar erneuert werden.
Was hat es in den Jahren seit 1888
nicht alles ausgehalten?
Paul Gerhardt Konvent
Der Paul Gerhardt Konvent hat keine
steigenden Mitgliederzahlen, aber
seine Gemeinschaft ist stabil und
tragfähig. Neben den Einladungen in
das Diakonische Werk zum Treffen
und Austausch der Gemeinschaften
wollen wir auch den Kontakt zur
Schwestern- und Bruderschaft im
Evangelischen Johannesstift und zum
Kaiserswerther Verband halten. Über
den gemeinsamen Gottesdienst der
Gemeinschaften in der Kaiser-Wil-
Geistliches Zentrum
helm-Gedächtniskirche und über den
Weltgebetstag finden Sie Anmerkungen von Oberin Siegrid Fellechner.
Ansonsten bringen wir uns wie jedes
Jahr gerne ein in die ehrenamtlichen
Dienste, wie Andachten, Fürbittgebet, Bibelstunde, „Offene Kirche“,
Besuchsdienst und Veranstaltungen.
Anwesend und ehrenamtlich tätig
waren wir im Februar beim Treffen
des Freundeskreises Ostpreußen und
bei den Begegnungen mit den Gästen aus dem Kaliningrader Gebiet.
Dankbar haben wir wahrgenommen
mit wie viel Liebe und Einsatz das
Evangelium dort unter schwierigen
finanziellen Bedingungen verkündigt
und gelebt wird.
Unsere Treffen finden regelmäßig am
letzten Freitag des Monats im Anschluss an die Taizé-Andacht statt.
Abweichungen werden bekannt gegeben.
Heilender Gott,
du kennst meine Gedanken,
meine Gefühle, meine Angst,
meine Sorgen,
meine Hilflosigkeit,
meine Schmerzen.
Lass mich nicht allein.
Steh du mir bei und heile mich.
Gib mir Kraft für alles,
was vor mir liegt.
Gib mir deinen Segen, der mir
neues Leben schenkt.
Amen
Gottesdienste
8.00 Uhr Morgenandacht
12.00 Uhr Mittagsgebet
Jeden Montag 15.30 Uhr
Fürbittgebet
Jeden Mittwoch 10:00-16.00
Uhr „Offene Kirche“.
Jeden Sonntag um 10:00 Uhr
Gottesdienst in der Stiftskirche
Notizen 1.2015 · Seite 28
Paul Gerhardt tanzt
Es ist unwahrscheinlich, dass Paul
Gerhardt jemals getanzt hat. Dabei
war er sehr musikalisch. Das kann
man sich wirklich nicht vorstellen,
wenn man in das strenge Gesicht des
Standbildes sieht, das im Großen
Saal steht.
Unter diesem strengen Blick schwingen jeden Donnerstag um 15 Uhr
zwölf Personen aus dem Paul Gerhardt Stift das Tanzbein unter der
professionellen Leitung des Tanzleiters Stephan Scholz. Und da geht es
sehr lustig zu! Mit großer Geduld und
viel Humor hält er uns 45 Minuten in
Schwung. Wir lernen Langsamen
Walzer, Tango Argentino, Rumba und
verschiedene Gruppentänze. Aus den
Grundschritten dieser Tänze entwickeln sich neue Figuren. So wird neben
der
Beweglichkeit
das
Gedächtnis trainiert. Beine und Füße
werden spielerisch gelockert. So
manche Abnutzungserscheinungen
verschwinden wie durch Zauberhand.
Schmerzen lassen nach oder hören
auf. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gilt das Tanzen
für alte Menschen als heilsame Therapie.
Das Tanzen mit Stephan macht uns
allen große Freude. Natürlich gehört
dazu die passende Musik, die uns
erst richtig in Schwung bringt. Der
Donnerstag als "Tanz Tag" ist ein fester Termin in unserem Kalender geworden. Nach dem Tanzen fühlen wir
uns wieder jung und voller Lebensfreude.
Auch Tanzbegeisterte mit Rollator
haben die Gelegenheit zum Tanzen in
einem besonderen Kurs, der immer
donnerstags um 16 Uhr stattfindet.
Seit März gibt es außerdem einen
Kurs für Menschen mit beginnender
Demenzerkrankung, zu dem jeden
Dienstag ab 9:30 Uhr eingeladen
wird. Die Kosten für diesen Kurs können bei Vorliegen einer Pflegestufe
von der Pflegekasse übernommen
werden. Anmeldungen für die Tanzkurse werden im Stadtteilzentrum
entgegen genommen.
Geistliches Zentrum
Kirchenführungen für
Erwachsene mit Kindern
(Auch für Kitagruppen und
Schulen geeignet),
Information und Anmeldung
Nancy Horn-Gittel
Tel.: (030) 45005-114
Mobil: 0178 1316414
[email protected]
Termine
08.06. 2015 16.00 h
„Lucas Granach als Bürger
Wittenbergs und Repräsentant
des frühen Bürgertums“
Vortrag: Winfried Gayko
Ort: Paul Gerhardt Stift,
Fliedner Saal
Kosten: um eine Spende wird
gebeten, Eintritt frei
12.06.2015 18.00 h
Orgelvesper in der Kapelle mit
Gustavo la Cruz
12.09.2015 10–18.00 h
Diakonie und Kirche: Für Vielfalt in der Nachbarschaft.
Gemeinsamer Tag von Kapernaum Gemeinde und Paul Gerhardt Stift. Musik, Tanz und
Begegnung. Sie sind herzlich
eingeladen!
Informationen:
Nancy Horn-Gittel
Tel.: (030) 45005-114
CREDO
ich glaube an gott
der die welt nicht fertig
geschaffen hat
wie ein ding das immer
so bleiben muss
der nicht nach ewigen
gesetzen regiert
die unabänderlich gelten
nicht nach natürlichen ordnungen
Notizen 1.2015 · Seite 29
von armen und reichen
sachverständigen und
uniformierten
herrschenden und ausgelieferten
ich glaube an gott
der den widerspruch
des lebendigen will
und die veränderung
aller zustände
durch unsere arbeit
durch unsere politik
ich glaube an jesus christus
der recht hatte als er
"ein einzelner der nichts
machen kann"
genau wie wir
an der veränderung aller
zustände arbeitete
und darüber zugrunde ging
an ihm messend erkenne ich
wie unsere intelligenz verkrüppelt
unsere fantasie erstickt
unsere anstrengung vertan ist
weil wir nicht leben wie er lebte
jeden tag habe ich angst
dass er umsonst gestorben ist
weil er in unseren kirchen verscharrt ist
weil wir seine revolution verraten
haben
in gehorsam und angst
vor den behörden
ich glaube an jesus christus
der aufersteht in unser leben
dass wir frei werden
von vorurteilen und anmaßung
von angst und hass
und seine revolution weitertreiben
auf sein reich hin
ich glaube an den geist
der mit jesus in die welt
gekommen ist
an die gemeinschaft aller völker
und unsere verantwortung für das
was aus unserer erde wird
ein tal voll jammer hunger und
gewalt
oder die stadt gottes
ich glaube an den gerechten
frieden
der herstellbar ist
an die möglichkeit eines
sinnvollen lebens
für alle menschen
an die zukunft dieser welt gottes
amen.
Seit 60 Jahren
Diakonisse
Glückwünsche an Sr.
Hildegard und Sr. Margot
Diakonisse Hildegard Oelke, Altoberin des Paul Gerhardt Stifts, und Diakonisse Margot Krede wurden vor 60
Jahren als Diakonissen eingesegnet.
Schwester Margot ist seit 1958 in der
Gemeinde Neu Westend tätig und ist
glücklich und zufrieden, trotz mancher körperlichen Schwierigkeiten
dort noch ihren Dienst tun zu können. Sie ist von unserem Haus noch
die einzige „Gemeindeschwester“
und erfreut sich in Neu Westend
großer Beliebtheit. Wenn man sie
fragt, hat sie viel aus der Gemeinde
zu berichten von dem wie es war und
wie es heute ist. Schwester Hildegard
haben wir 1969 als Oberin in das
Mutterhaus Paul Gerhardt Stift zu
Berlin geholt. Sie war vorher im Mutterhaus Bethanien in Kreuzberg. Dort
hat sie ihre Ausbildung absolviert als
Krankenschwester, Gemeindschwester, Organistin mit C-Prüfung, Vorschulleiterin und stellvertretende
Oberin. Hier bei uns wirkte sie 35
Jahre als Oberin und Leiterin des
Schwesternchores. Sie erlebte als
Oberin die Schließung des Krankenhauses und den Umbau zum Aussiedlerheim, welches auch geschlossen wurde. Unser Haus verdankt
Geistliches Zentrum · Notiz nehmen
insbesondere Sr. Hildegard sehr viel.
Wir wünschen beiden Diakonissen
Gottes reichen Segen und beglückwünschen sie zu ihrem Jubiläum
recht herzlich.
Vorgestellt
Meine Name ist Steffani Elser, ich
bin 41 Jahre jung und lebe im
Wedding. Ich habe eine Ausbildung als Sozialassistentin abgeschlossen und konnte erste berufliche Erfahrungen an der Sekundarschule am Schillerpark sammeln. Seit Januar 2015 arbeite ich
nun gemeinsam mit Mareike Hartig im Servicewohnen. Ich unterstütze sie dort im Büro und biete
z.B. den Frühstückstreff oder gemeinsames Spiel an. Außerdem
begleite ich das Tanzangebot im
Projekt "Erinnerung in Bewegung".
Wichtig ist mir, dass die Seniorinnen und Senioren Freude am gemeinsamen Austausch haben.
Ich fühle mich sehr wohl im Paul
Gerhardt Stift und freue mich, Teil
des Teams im ZukunftsHaus Wedding zu sein.
Notizen 1.2015 · Seite 30
Engagement aus Überzeugung
Zum 70. Geburtstag von Hans Nisblé
Es war kein guter Zeitpunkt, um das
Licht der Welt zu erblicken. Weite
Teile Europas lagen im März 1945
bereits in Schutt und Asche. Berlin
wurde zunehmend zu einer Trümmerstadt und die Menschen hofften
auf ein nahes Ende des Krieges und
der menschenverachtenden nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Hans Nisblé wurde am 28. März
1945 in diese Zeit hinein in Moabit
geboren zur Freude seiner Eltern, die
einen kurzen Augenblick das Leid
und das Elend um sich herum vergessen konnten. Die Kindheit, der
Schulbesuch und die Lehre in der
Schriftgießerei des Ullstein-Verlages
haben die Normalität des Alltags im
Berlin der Nachkriegsjahre gehabt,
aber die Vergangenheit war immer
durch die Teilung der Stadt gegenwärtig.
Der Bau der Mauer war für den schon
damals politisch interessierten Hans
der Anstoß, nicht untätig Zuschauer
der Entwicklung in seiner Heimatstadt zu sein. Sein Entschluss stand
fest: er wurde noch 1961 Mitglied
der SPD. Sein Engagement, sich für
die Belange der Menschen einzusetzen und das geteilte Berlin nicht als
unveränderbar hinzunehmen, waren
auch die Ziele der Berliner Sozialdemokraten, die ihn im Jahr 1968 mit
nur 23 Jahren zum Geschäftsführer
im Kreis Wedding wählten. In dieser
Tätigkeit wurde auch die Bundespolitik auf ihn aufmerksam und er war
in den Wahlkämpfen der Jahre von
1969 bis 1982 Mitglied der Wahlkampfteams von Willy Brandt und
Helmut Schmidt.
Foto: AWO Berlin
Der Ort der bürgernahen Gestaltung
des gesellschaftlichen Lebens ist
aber die Kommunalpolitik; und so
wurde er 1971 Mitglied der Weddinger Bezirksverordnetenversammlung,
war einige Jahre Fraktionsvorsitzender, gehörte dem Abgeordnetenhaus
von Berlin an, bis ihn die Bezirksverordnetenversammlung
Wedding
1986 zum Bezirkstadtrat für Sozialwesen wählte. Das war etwas ganz
nach seinem Herzen, denn er konnte
nahe bei den Bürgerinnen und Bürgern sein und ihnen bei ihren Alltagssorgen und Nöten helfen. So war
es nur eine Folge seiner sozialen Arbeit, dass er 1994 in das Amt des
Weddinger
Bezirksbürgermeisters
gewählt wurde, als der Vorgänger,
Jörg-Otto Spiller, Mitglied des Bundestages wurde. Durch die kommunalpolitische
Arbeit
geprägt,
verkannte er nicht, dass Berlin eine
Veränderung der Bezirksstrukturen
benötigte, die im Ergebnis zu einem
Zusammengehen der damaligen Verwaltungsbezirke Wedding, Tiergarten
und Mitte im Jahr 2001 führte.
Hans Nisblé gehörte dann auch dem
Notiz nehmen
neuen Bezirksamt an, hatte aber
durch seine seit vielen Jahren erfolgreiche ehrenamtliche Tätigkeit bei
der Arbeiterwohlfahrt Berlin schon
länger die Überzeugung gehabt, dass
die Träger der sozialen Dienstleistungen, deren Arbeit zunehmend für
viele Menschen von existentieller
Bedeutung sind, unterstützt werden
müssen. Er wurde Landesvorsitzender der Berliner Arbeiterwohlfahrt,
eine Tätigkeit, die ihm viele Möglichkeiten bis jetzt gibt, sich für die sozialpolitischen Belange auch als
Interessenvertreter einzusetzen, ihm
also sprichwörtlich auf den Leib geschnitten war.
Seine christliche Überzeugung über
die Notwendigkeit diakonischen Wirkens in unserer Gesellschaft bringt
Hans Nisblé seit vielen Jahren als
Mitglied und Kuratoriumsvorsitzender des Paul-Gerhardt-Stift im Ortsteil Wedding des Bezirks Mitte ein.
Diese Stiftung hat in den letzten
Jahrzehnten alle Höhen und Tiefen
der sozial- und gesundheitspolitischen Entwicklungen erfahren. Heute
ist das Paul-Gerhardt-Stift mit neuen
Aufgaben für die Zukunft gut aufgestellt. Gleichwohl bleiben für das Kuratorium und die Leitung der Stiftung
noch wichtige Aufgaben für die langfristige Entwicklung zu bearbeiten.
Für seine Verdienste erhielt Hans
Nisblé im Jahr 2007 vom Bundespräsidenten
der
Bundesrepublik
Deutschland das Bundesverdienstkreuz.
Die jahrzehntelange unermüdliche
Arbeit für die Menschen geht immer
auch auf die eigene gesundheitliche
Kraft. Und so ist es durchaus verständlich, wenn eines Tages der Entschluss reift, das Leben etwas
ruhiger angehen zu lassen. Wer Hans
kennt, wird sich seinen Ruhestand
ohne das Leben in der Gemeinschaft
Notizen 1.2015 · Seite 31
nicht vorstellen können. Und so warten auch im neuen Lebensjahr soziale Aufgaben auf ihn. Dafür ist eine
robuste Gesundheit notwendig, die
wir von ganzem Herzen dem Geburtstagskind wünschen, verbunden
mit persönlicher Zufriedenheit und
Freude am Leben.
Impressum
Herausgeber
Paul Gerhardt Stift zu Berlin
Martin von Essen (Direktor),
Andreas Arentzen (Kaufm. Vorstand),
Ute Köpp-Wilhelmus
(Geschäftsführung)
Zum Autor
Adresse
Vorgestellt
Bankverbindung
Müllerstraße 56–58, 13349 Berlin
Telefon 030 45005 - 101,
Telefax 030 45005 - 100
[email protected]
www.paulgerhardtstift.de
Geschäftskonto
Evangelische Bank eG
GENODEF1EK1
DE12 5206 0410
1 003 901 483
KTN: 1003 9014 83
Redaktion
Stefan Kurzke-Maasmeier (verantw.)
Vera Fischer
Fotos
soweit nicht angegeben:
Paul Gerhardt Stift zu Berlin
Foto: privat
Mein Name Vera Fischer passt gut zu
mir, denn das Wasser ist mein Element. Das Fischen hat mich allerdings nie gelockt. Zander und Hering
begegnete ich nur als Teilnehmer
dieses Namens in meinen Journalistenseminaren bei der Evangelischen
Medienakademie. Zuvor habe ich als
Redakteurin der Berliner Morgenpost
aus Berlin und der Welt berichtet. Vor
allem die sozialen Themen lagen mir
am Herzen. Projektmanagement,
Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit
sind die Beilagen in meinem Erfahrungsmenu, das ich zur innovativen
Teamküche im ZukunftsHaus Wedding gerne beisteuere.
Layout · Satz
Stefan Kurzke-Maasmeier
Druck
Union Sozialer Einrichtungen
www.u-s-e.org
Auflage
1.200
Datum der Herausgabe
Mai 2015
Wir freuen uns über Ihre
Anregungen und Kritik!
Bitte schreiben Sie uns unter
[email protected]
oder rufen uns an
030 45005 136.
Redaktionsschluss für die nächste
Ausgabe ist der 1. November 2015
Notiz nehmen
Notizen 1.2015 · Seite 32
Blick zurück nach vorn
Geleitwort des Vorstands
Am 23. März konnten wir die neue
Kindertagesstätte mit einem festlichen Empfang eröffnen. Besonders gefreut hat uns der Besuch
vieler Ehrengäste, darunter die
Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Jugend, Bildung
und Wissenschaft, Siegrid Klebba,
und der Sänger Roland Kaiser, der
uns als Freund des ZukunftsHaus'
Wedding dankenswerterweise unterstützt. Mit der Kindertagesstätte ist ein weiterer Baustein für das
ZukunftsHaus Wedding fertiggestellt worden und wir freuen uns,
dass das Paul Gerhardt Stift auf
diese Weise einen sichtbaren Beitrag zu Bildung und Inklusion im
Stadtteil leistet. Wir danken allen
bisherigen Spenderinnen und
Spendern, die zur Unterstützung
von Bau und Betrieb der Kita eine
„Baustein-Spende“ erworben haben. Wir laden Sie, liebe Leserinnen und Leser der Notizen ein,
ebenfalls einen Baustein zu erwerben, um so die Weiterentwicklung der Kita und die Finanzierung
von wichtigen Anschaffungen
oder zusätzlichen Angeboten zu
unterstützen.
Im weiteren Verlauf des Jahres
2015 werden wir uns der Konsolidierung unserer Angebote widmen. Seit wenigen Wochen haben
wir die Anzahl der Plätze für besonders schutzbedürftige Flücht-
linge auf 102 erweitert, etwa die
Hälfte der Bewohner sind Kinder
und Jugendliche. Dieser Arbeitszweig wird in den kommenden
Jahren immer wichtiger werden.
Als diakonische Einrichtung stehen wir in einer besonderen Verantwortungspflicht
gegenüber
Schutz suchenden Menschen. Mit
neuen Projekten und Personen
entwickelt sich das Stadtteilzentrum weiter zu einem wichtigen
Partner des Bezirks. Mit dem Projekt "Bewegung in Erinnerung",
dem Runden Tisch für Senioren
und weiteren Kursen und Angeboten wird unser Haus in Kooperation
mit
der
Evangelisches
Johannesstift Altenhilfe gGmbH
mehr und mehr zu einem Ort für
Menschen in der zweiten Lebenshälfte.
Am 7. Juni feiert das Paul Gerhardt
Stift den 139. Jahrestag seines
Bestehens mit einem Festgottesdienst und einem großen Stadtteil- und Familienfest. Dazu
möchten wir Sie schon heute
herzlich einladen. Im Rahmen des
Jahresfestes werden unsere Diakonissen Sr. Margot Krede und die
Altoberin Sr. Hildegard Oelke das
60-jährige Jubiläum ihrer Einsegnung feierlich begehen können.
Wir möchten ihnen an dieser Stelle von Herzen für ihre unschätzbar
wertvolle Arbeit danken und wünschen ihnen Gottes Segen. Wir
gratulieren ebenso dem Vorsitzenden des Kuratoriums, Herrn
Hans Nisblé, zur Vollendung seines 70. Lebensjahres und wünschen ihm alles erdenklich Gute.
Im kommenden Jubiläumsjahr
werden wir dann in besonderer
Weise die Tradition und die fortwirkende Erneuerung des Paul
Gerhardt Stifts sichtbar machen.
Wir bitten Sie: bleiben Sie dabei
an unserer Seite und unterstützen
Sie unsere Arbeit auch weiterhin
mit Ihren Spenden und Ihrer Aufmerksamkeit.
Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien eine wundervolle Sommerzeit und Gottes reichen Segen.
Mit herzlichen Grüßen, Ihre
Pfarrer Martin von Essen
Direktor
Andreas Arentzen
Kaufmännischer Vorstand
Spenden
Wenn auch Sie, liebe Leserinnen
und Leser, für das Paul Gerhardt
Stift spenden möchten, können
Sie dies jederzeit durch
eine Überweisung auf folgendes
Konto tun:
KD Bank, BLZ 350 601 90,
Konto 18180,
IBAN: DE95 35 0601 90
0000 01 8180
BIC: GENODED1DKD.
Sie erhalten selbstverständlich
eine Spendenbescheinigung!
Sie können die Arbeit des Paul
Gerhardt Stifts auch durch ein
Testament, ein Vermächtnis
oder eine Schenkung unterstützen. Kommen Sie auf uns zu,
gern sprechen wir mit Ihnen über
Ihre Fragen!
030 45005 118 / -101 oder
[email protected]