Verdunstung (TU Hamburg

DIN 4049 Teil 3: Begriffe zur quantitativen
Hydrologie
AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
DIN 4049 Teil 3: Begriffe zur quantitativen
Hydrologie
AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
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DIN 4049 Teil 3: Begriffe zur quantitativen
Hydrologie
AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
Verdunstung
AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
Vorgang, bei dem Wasser bei Temperaturen unter dem
Siedepunkt vom flüssigen oder festen Zustand in den
gasförmigen übergeht.
Der physikalische Vorgang der Verdunstung verbindet die
Umwandlung von Energie aus Strahlung oder Wärme mit
einer Aggregatzustandsänderung von Wasser aus flüssiger
oder fester Form in die Gasform.
Bezogen auf einen beliebigen Teil der Erdoberfläche ist somit
die Verdunstung ein Glied sowohl der Energie- als auch der
Wasserbilanz.
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Energiebilanz - Wasserbilanz
Energiebilanz
Rn + H + G + LE = 0
H: fühlbarer Wärmestrom
Rn: Nettostrahlung
G: Bodenwärmestrom
LE: latenter Wärmestrom
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Wasserbilanz
P + E + R + ∆W = 0
P: Niederschlag (Precipitation)
E: Verdunstung (Evaporation) (ET)
R: Abflusshöhe (ober- und unterirdisch)
∆W: Wasservorratsänderung
(www.hydroskript.de)
latenter Wärmestrom
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Der latente Wärmestrom LE der Verdunstung ist eine
Energieflussdichte, angegeben in W/m². Dem entspricht der
Wasserdampfstrom der Verdunstung, angegeben in kg/(m²s).
Umwandlung von 1kg flüssigen Wassers in Wasserdampf:
spezifische Verdampfungswärme L* des Wassers
L* = (2,498 - 0,00242 T) 106 J/kg.
Mit der Dichte des Wassers ρW = 10³ kg/m³ entspricht:
1 kg/m²=1 mm Verdunstungshöhe
Spezielle Verdunstungswärme: LV= L* · ρW
Relative Luftfeuchte:
rL=100 ea/es
Sättigungsdefizit:
d = eS-ea
(eS=Sättigungsdampfdruck)
(www.hydroskript.de)
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Verdunstungsfaktoren
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Physikalisch ist die Verdunstung von vier Faktoren abhängig:
1. Differenz zwischen dem Dampfdruck an der Oberfläche und dem der
oberflächennahen Luft;
2. An der Oberfläche zur Verfügung stehende Energie;
3. Menge des in der Luft abtransportierten Wasserdampfes;
4. Menge des an der Oberfläche vorhandenen oder dorthin
transportierten Wassers
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Sonneneinstrahlung als Energiequelle
Lufttemperatur
Luftfeuchtigkeit und Sättigungsdefizit der Luft
Windbewegung
Verdunstung
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Evaporation E:
direkte Verdunstung von freier Bodenoberfläche und über Wasser,
unter Ausschluss biologisch physiologischer Prozesse.
Transpiration T:
Verdunstung von Pflanzenoberflächen, biologisch physiologisch relevant
Evapotranspiration ET=E+T:
Reale Evapotranspiration (= aktuelle) ist die ET einer teilweise oder
ganz mit Pflanzen bewachsenen Fläche, deren Wassernachschub
durch Wassermangel, biologische oder physikalische Bedingungen
begrenzt ist.
Die potentielle Evapotranspiration tritt ohne diese Begrenzungen auf.
Sie unterscheidet sich von der potentiellen Evaporation vor allem
dadurch, dass sich auch bei optimaler Wasserversorgung unter
bestimmten Bedingungen wie hoher Temperatur, niedriger
photosynthetisch aktiver Strahlung die Blattporen (Stomata)
schließen können oder andere physiologische Vorgänge die
Transpiration reduzieren.
(www.hydroskript.de)
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potentielle Verdunstung
AB 1-09 Wasserwirtschaft
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Die potentielle Evapotranspiration ist definiert als die
maximale Verdunstungshöhe, die unter gegebenen
Klimabedingungen erzielt wird, unter der Voraussetzung,
dass genügend Wasser verfügbar ist.
In den unterschiedlichsten Formeln und Ansätzen werden
folgende Klimaparameter verwendet:
T: Lufttemperatur [°C]
v: Windgeschwindigkeit, gemessen in 2 m ü. GOK [m/s]
s: Sonnenscheindauer [h/d]
RG: Globalstrahlung [W/m²]
e: Dampfdruck [hPa] oder
rf: relative [%] oder
a: absolute [g/m³] Luftfeuchte
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Mittlere jährliche
potentielle
Verdunstungshöhe als
GrasReferenzverdunstung
(HAD, 2003)
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Mittlere jährliche
tatsächliche
Verdunstungshöhe
(HAD, 2003)
Messverfahren - Verdunstung
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ƒ direkte Messung der Evaporation oder der Evapotranspiration ist
nicht genau möglich.
ƒ Verdunstung ist stark Standortabhängig
Die anzuwendenden Verfahren sind abhängig vom geforderten Zeitund Flächenmaßstab!
ƒ zahlreiche Verfahren basierend auf Wasser-, Energiebilanzen,
aerodynamischen Konzepten zur Abschätzung der punktuellen
Verdunstung.
ƒ Berechnung aus der Wasserhaushaltsgleichung (große Zeitspannen
mit gleichen Rücklagen zu Begin und Ende)
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Raum- und Zeitmaßstäbe
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(Maniak, 1997)
Lysimeter
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Nicht wägbares
Lysimeter
(Versickerungsmesser)
nach Friedrich
Franzen für
Grünlandstandorte
(gestrichelt:
Ackerstandorte)
(Maniak, 1997)
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Wägbares Lysimeter
(aus Szabo & Szalay, 1962)
Lysimeter mit Gefäßmessung
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(aus Szabo & Szalay, 1962)
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Übung Lysimeter
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Aufgabe
Ein wägbares Lysimeter mit einer Oberfläche von 2 m² hat an
einem Frühsommertag die folgenden Werte gemessen:
Niederschlag hN = 34 mm/d,
Oberflächenabfluss QOD = 34, l/d,
Infiltration, Perkolation iV = 8 l/d,
Gewichtsdifferenz: + 14 kg.
Wie groß war die tägliche Verdunstungshöhe in mm?
Um welche Verdunstung handelt es sich?
Interzeption
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Begriffe nach DIN 4049:
Interzeption:
Vorrübergehendes Speichern von
gefallenem Niederschlag oder
abgesetztem Niederschlag an
Pflanzenoberflächen.
Interzeptionsverlust hv (mm):
Differenz der Niederschlagshöhen
aus Freilandniederschlag und
Bestandsniederschlag infolge
einer
Interzeptionsverdunstung in
einer Betrachtungszeitspanne.
Freilandniederschlag :
Niederschlag unmittelbar über
dem Pflanzenbestand.
(www.hydroskript.de, Maniak, 1997)
NA-Modell
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Verdunstungspfanne
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Bei Verdunstungsgefäßen (bzw. Verdunstungspfannen oder -kesseln)
wird der Wasserverlust infolge Verdunstung aus dem offenen Gefäß
bestimmt durch Messen von Volumen- bzw. Massenänderung.
Am weitesten verbreitet ist Class A pan, ein kreisrunder Kessel mit
1,14 m² Oberfläche und einer mittleren Tiefe von 0,2 m.
Verdunstungspfanne Class A.
Durchmesser: 1206,5 mm = 47,5", Höhe:
254 mm = 10", Material: nichtrostender
Edelstahl, Gewicht: 26 kg
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Verfahren nach Haude
In Deutschland hat Haude (1955) ein auf dem Dalton-Ansatz beruhendes
Verfahren zur Berechnung von Monatssummen der potentiellen
Evapotranspiration ETH in mm/d veröffentlicht:
Haude-Formel
ETH = fH * (eS - ea) = fH * eS * (1-rL/100)
fHaude: empirischer (konstanter) monatlicher Pflanzenfaktor (Haude-Faktor)
es : Sättigungsdampfdruck der Luft mit Wasserdampf in hPa (14 Uhr MEZ)
17,62⋅ T
e S = 6,11 ⋅ e 243,12+ T
ea: tatsächlicher Dampfdruck in hPa (14 Uhr MEZ)
rL: relative Luftfeuchte [%]
Bei 7 mm/d liegt eine energetische Obergrenze im Anwendungsbereich der Formel.
Das Haude-Verfahren eignet sich nur für die empirische Berechnung von
Monatssummen der Verdunstung.
(Maniak, 1997)
Haude-Faktoren [mm/hPa/d]
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Beispiel
Eingangsdaten
Monat März: fH=0,27mm/(mbar*d)=0,36 mm/mmHg (Faktor 1,33)
Monatsmittelwert (14 Uhr MEZ) der rel. Luftfeuchte: rL=63%
Monatsmittel der Temperatur (14 Uhr MEZ): T=7,9°C
Berechnung
ETH = fH * eS * (1-(rL/100))
eS=6,11*e(17,62*7,9)/(243,12+7,9)=10,64 hPa = 10,64 mbar
ETH=0,27*10,64*(1- (63/100))=1,063 mm/d=32,9mm/Monat
Tabellenwert
Penman Methode
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Kombinierte Methode von aerodynamischem Konzept und Energiebilanz.
Wird für die Berechnung der potentiellen Verdunstung von
Erdoberflächen herangezogen.
ET0 =
s
g
⋅ ( HV + H K ) +
⋅ f ( u ) ⋅ (esL − eaL )
s+ γ
s +γ
(Maniak, 1997)
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Größen in der Penman Formel
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(Maniak, 1997)
Berechnungsvorgang (Penman)
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Benötigte Messwerte
T; u2; ea; sn
Tabellenwerte
eS; s; γ; sN; Ra
Berechnete Zwischengrößen
W; f(u); f(T); f(ea); f(sn,sN); RNl; RNr
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AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
Gras-Referenzverdunstung
ƒ international anerkannter Standart zur Berechnung
der potentiellen Verdunstungshöhe.
ƒ Beruht auf Penman-Monteith-Modell
ET0 = g(t) ⋅ (0,65 ⋅ R *G + 7,6 ⋅ k) ⋅
1
1 + 0,00019 ⋅ h
R *G = R *0 ⋅ (0,20 + 0,46 ⋅ Sr )
ET0=Gras-Referenz-Verdunstung
g(t)=s/(s+γ)
RG*=Globalstrahlung [mm](Äquivalent)
h= Geländehöhe
R0*= extraterrestrische Strahlung [mm]
Sr = relative Sonnenscheindauer
(HAD, 2003)
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Tatsächliche Verdunstung
Verfahren nach Renger & Wessolek
Zur Ermittlung der realen Verdunstungs-Jahressummen einzelner Jahre steht ein
Verfahren von Renger & Wessolek (1990) zur Verfügung. Es wurde für ebene
Standorte und Böden auf Lockergestein ausgearbeitet und gilt unter der
Annahme, dass der Boden im Frühjahr auf Feldkapazität aufgefüllt ist. Die
Berechnung der realen Evapotranspiration in mm als Summe von April bis
März des Folgejahres erfolgt nach der Formel (DVWK 1990):
ETa = a · PSo + b · PWi + c · log WPfl + d · ETp + e
PSo: Sommerniederschlag in mm, Summe 01.04. bis 30.09.
PWi: Winterniederschläge in mm, Summe 01.10. bis 31.03. des Folgejahres
WPfl: pflanzenverfügbare Wassermenge im Boden in mm: WPfl = nFK (nutzbare
Feldkapazität) + kapilarer Aufstieg
ETp: potentielle Evapotranspiration nach Haude (Gras) in mm, Summe 01.04. bis
31.03. des Folgejahres
a bis e: Konstanten, abhängig von klimatischen und standörtlichen Bedingungen.
Berechnet nach dem Rijtema-Ansatz
(www.hydroskript.de)
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Tatsächliche Verdunstung
AB 1-09 Wasserwirtschaft
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Aufgabe:
Berechnen Sie die Verdunstungs-Jahressumme mit dem Verfahren von
Renger & Wessolek (1990) für einen grundwasserfernen Sandstandort mit
Nadelwald.
Gegeben:
Sommerniederschlag, Summe 01.04. bis 30.09. (Pso) = 320 mm
Winterniederschlag: 280 mm; ETpHaude = 550 mm
pflanzenverfügbare Wassermenge im Boden: 100 mm
ETa = a · PSo + b · PWi + c · log WPfl + d · ETp + e
Vergleich der Verfahren
(www.hydroskript.de)
AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
(HAD, 2003)
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AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
Gebietsverdunstung
Vmax = 5-8 mm/d Verdunstung
F = 20 km² :
=> 100.000 bis 160.000 m³/d
Jahreswerte BRD, i.M. (N)
Vegetationsfreier Boden: 250 mm (30%)
Kultiviertes Ackerland:
370 mm (45%)
Grasland
500 mm (60%)
Wald
580 mm (70%)
Weideland (vernässt)
>650 mm (>80%)
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AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
(HAD, 2003)
Gebietsverdunstung
AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
Die Gebietsverdunstung kann induktiv aus örtlich unterschiedlichen
Einzelverdunstungen als Mittel bestimmt werden. Das ist für langfristige
Mittelwerte und für Einzelwerte von Jahren und Monaten möglich. Dabei ist die
Höhenabhängigkeit von Niederschlag und Verdunstung zu berücksichtigen.
unregelmäßig
begrenzte Teilflächen
m Rasterflächen
n Rasterpunkte
(www.hydroskript.de)
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AB 1-09 Wasserwirtschaft
und Wasserversorgung
Mittlere
Jahressumme
der klimatischen
Wasserbilanz,
Zeitraum 1951-1980
(Deutscher Wetterdienst,
1993)
AB 1-09 Wasserwirtschaft
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Mittlere jährliche
klimatische
Wasserbilanz
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AB 1-09 Wasserwirtschaft
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Kenngrößen Wasser
[°C ]
[hPa]
[g/m³]
[J/(kg*K)]
[J/Kg]
[hPa]
[-]
(Maniak, 1997)
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