Inhaltsverzeichnis Heft 4/2015

ISSN 0941-7648
1. April 2015
24. Jahrgang
F 13004
Seiten 77–104
ThürVBl. 4/2015
Thüringer Verwaltungsblätter
Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung
Herausgeber
Prof. Dr. Manfred Aschke,
Präsident des Thüringer Verfassungsgerichtshofs
Dr. Hans Walter Sebastian Dette,
Präsident des Thüringer Rechnungshofes
Jörg Geibert,
Thüringer Innenminister a. D.
Uwe Homberger,
Präsident des Justizprüfungsamtes
Prof. Dr. Peter Michael Huber,
Richter des Bundesverfassungsgerichts
Stefan Kaufmann,
Präsident des Thüringer Oberlandesgerichts
Prof. Dr. Matthias Ruffert,
Universität Jena
Prof. Dr. Hartmut Schwan,
Präsident des Thüringer Oberverwaltungsgerichts
Dr. Klaus von der Weiden,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Redaktion
Udo Schneider,
Präsident des Verwaltungsgerichts Meiningen
Aus dem Inhalt
77 Herzberg/Debus Der Bürgerbeauftragte – Möglichkeiten
und Grenzen der Ombudseinrichtung
84 ThürOVG Wirkung baurechtlicher Genehmigungen und
sonstiger Maßnahmen für und gegen Rechtsnachfolger
90 ThürOVG Zur Neugründung eines wegen gravierender
Gründungsmängel zunächst nicht rechtswirksam
entstandenen Zweckverbands
97 VG Gera Zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts
nach dem Thüringer Naturschutzgesetz
Å BOORBERG
1. April 2015
ThürVBl.
4/2015
Thüringer Verwaltungsblätter
Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung
Inhalt
Abhandlungen
Herzberg/Debus, Der Bürgerbeauftragte – Möglichkeiten und
Grenzen der Ombudseinrichtung — 77
Literatur
Weber, Praxis des Gewerbe- und Gaststättenrechts (Ebert)
— 103
Kotulla, Thüringische Verfassungsurkunden (Klein) — 103
Notizen
Rechtsprechungsdokumentation — II
Pressemitteilungen — III
Veranstaltungen — III
Abhandlungen in den Verwaltungsblättern — IV
Aktuelle Beiträge in PUBLICUS – Der Online-Spiegel
für das Öffentliche Recht — IV
Impressum — IV
Rechtsprechung
ThürOVG
VG Gera
Beschl. v. 20.12.2013 1 EO 312/13
Rechtsnachfolge, Nutzer, Verhaltensstörer — 84
Beschl. v. 14.11.2013 2 EO 838/12
Konkurrentenstreitverfahren, Dienstposten, Organisationsfreiheit, Dokumentation — 86
Beschl. v. 13.06.2013 3 ZKO 449/12
Schutzanspruch des Asylsuchenden, Rechtsschutzbedürfnis — 89
Beschl. v. 08.07.2014 4 ZKO 651/07
Zweckverband, Entstehung, Umlegungsschlüssel, Beitragskalkulation, Aufwandsüberschreitungsverbot — 90
Beschl. v. 09.12.2013 4 EO 827/12
Duldungsbescheid, Beitrag, öffentliche Last, Zwangsvollstreckung — 95
Urt. v. 10.03.2014
Naturschutzrechtliches Vorkaufsrecht — 97
VG Meiningen Urt. v. 13.02.2014
5 K 162/13 Ge
8 K 229/12 Me Schwerbehinderte, öffentlich, Personenverkehr, Fahrgeldeinnahmen
— 99
Beschl. v. 19.11.2014 2 K 423/14 Me örtliche Zuständigkeit, Ermächtigung, Verordnung — 101
VG Weimar
Beschl. v. 04.08.2014 1 K 355/09 We
Erinnerung, Fahrtkosten, Entschädigung, Zeitversäumnis — 102
I ThürVBl. 4/2015
NOTIZEN
NOTIZEN
R E C H T S P R E C H U N G S D O K U M E N TAT I O N
Rechtsprechungsdienst der Thüringer
Verwaltungsgerichte und des Verfassungsgerichtshofs
Die folgende Leitsatzübersicht enthält neu ergangene Entscheidungen des
Thüringer Verfassungsgerichtshofs und des Thüringer Oberverwaltungsgerichts, soweit sie vom Gericht mit einem Leitsatz versehen worden sind, und
wichtige Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Gera, Meiningen und Weimar. Außerdem werden hier eingestellt amtliche Leitsätze zu Entscheidungen
des Bundesverwaltungsgerichts mit Bezug zu Thüringen sowie des Thüringer
Oberlandesgerichts mit Bezug zum öffentlichen Recht. Ausgewählte Entscheidungen werden in einem der nächsten Hefte der ThürVBl. abgedruckt. Die
ThürVBl.-Leitsatzübersicht erscheint monatlich.
Thüringer Oberverwaltungsgericht
1021 Immissionsschutzrecht
VwGO § 80 Abs. 5; BImSchG § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 24 Satz 1, § 25 Abs. 2; TA Lärm Nr. 6.1, Nr. 6.3,
Nr. 7.2, ThürBO § 1 Abs. 1, ThürBO § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2; ThürBO
i. d. F. v. 16.03.2004 § 77 Satz 2, ThürBO § 79 Abs. 1 Satz 2 (Holzschnitzel,
Hackschnitzelmaschine, Häcksler, Holzlagerplatz, Schallleistungspegel,
immissionsschutzrechtliche Verfügung, Lärmbelästigung, schädliche Umwelteinwirkungen, Nachbarschaft, Gebot der Rücksichtnahme, TA Lärm,
Beurteilungspegel, Immissionsrichtwerte, Überschreitung, allgemeines
Wohngebiet, nicht genehmigungsbedürftige Anlage, Wahl des Standorts, Betriebseinstellung, Untersagungsverfügung, Betriebsuntersagung, Ermessen,
Entschließungsermessen, bauaufsichtliche Anordnung, bauliche Anlage)
Der Betreiber einer immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlage ist auch unterhalb der Schwelle des § 25 Abs. 2
BImSchG gehalten, durch eine geeignete Standortwahl schädliche Umweltweinwirkungen zu vermeiden oder auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Dementsprechend kann er im Einzelfall auch dann verpflichtet sein,
den Betrieb einer Anlage vollständig einzustellen, wenn die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 BImSchG nicht vorliegen. Dem korrespondiert
die Befugnis der zuständigen Behörde zum Erlass einer entsprechenden
Untersagungsverfügung auf der Grundlage des § 24 Satz 1 BImSchG.
ThürOVG, Beschl. v. 04.07.2014 – 1 EO 683/13 – (I. Instanz: VG Meiningen, Beschl. v. 16.10.2013 – 5 E 363/13 Me)
1332 Beförderungen
GG Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2; ThürBesG § 16 Abs. 1, § 22;
ThürPersVG § 69, § 75 Abs. 2 Nr. 2; ThürSchulBVO § 3 Nr. 5, § 3 Nr. 6
(Konkurrentenstreit, Auswahlentscheidung, Bewerbungsverfahrensanspruch, laufbahnrechtliche Voraussetzungen, Dienstposten Schulleiter/stellvertretender Schulleiter, Schulamtsbezirke, Dokumentationspflicht, Personalratsbeteiligung, Einschränkung des Bewerberkreises, Auswahlgruppen,
vorgezogene Bewerberauswahl, Aktualitätsgebot)
1. Der Dienstherr kann sich gegenüber einem nicht berücksichtigten
Beförderungsbewerber nicht auf das Fehlen von Laufbahnvoraussetzungen berufen, wenn der Dienstherr bei seiner Auswahl nicht zwischen den
unterschiedlichen Laufbahnen differenziert, sondern auf die von den Bewerbern bekleideten Dienstposten (Schulleiter/stellvertretender Schulleiter) abgestellt hat.
2. Auf die Zugehörigkeit des Beförderungsbewerbers zu unterschiedlichen Schulamtsbezirken kommt es nicht an, wenn der Dienstherr keine
sachlich unterlegte Beschränkung der Beförderungen auf bestimmte Bezirke vorgenommen hat.
3. Die Dokumentationspflicht des Dienstherrn hinsichtlich der Auswahlerwägungen gilt auch in den Fällen, in denen er zu Recht – oder zu
Unrecht – davon ausgeht, der Bewerber erfülle das Anforderungsprofil
nicht (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
II ThürVBl. 4/2015
4. Für die vom Thüringer Kultusministerium bei der Beförderung von
Studienräten (A 13) zu Oberstudienräten (A 14) vorgenommene Einschränkung auf Studienräte, die bereits einen Dienstposten innehaben,
der mit A 15 (Studiendirektor) bewertet ist (Auswahlgruppen), fehlen
sachliche Gründe. Die zeitlich mehrere Jahre vorgezogene Auswahl von
Lehrern im Eingangsamt (A 13), um deren Beförderungen nach A 15
sicherzustellen, ist sach- und rechtswidrig.
ThürOVG, Beschl. v. 24.10.2014 – 2 EO 457/14 – (I. Instanz: VG Weimar, Beschl. v. 02.06.2014 – 1 E 943/13 We)
1334 Besoldung
GG Art. 3, Art. 33; BBesG § 73; ThürBesG § 65; ThürBesÜblG § 3 Abs. 2;
2. BesÜV i. d. F. v. 25.11.1997 § 2, § 4 i. d. F. v. 25.11.1997 (Beamtenrecht,
abgesenkte Bezüge, Ostbesoldung, Besoldungsangleichung)
Der Thüringer Besoldungsgesetzgeber hat sich bei der zum 01.07.2008
erfolgten Ersetzung des Bundesbesoldungsrechts durch das Thüringer
Besoldungsrecht auch bei der übergangsweisen Regelung der nach Besoldungsgruppen abgestuften Angleichung der Ostbesoldung im Rahmen
des ihm zustehenden gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums gehalten.
ThürOVG, Beschl. v. 17.06.2013 – 2 ZKO 1050/10 – (I. Instanz: VG
Weimar, Urt. v. 01.06.2010 – 4 K 1123/18 We)
1342 Beförderungen
GG Art. 33 Abs. 2; RiG TH § 11 Abs. 1; LbV TH §§ 50 ff. (Konkurrentenstreit, dienstliche Beurteilung, Regelbeurteilung, Anlassbeurteilung, Beurteilungsstichtag, Leistungsbewertung, Eignungsprognose)
1. Die vom Dienstherrn im Einzelfall gewählte Beurteilungsart „Regelbeurteilung und Anlassbeurteilung“ kennen weder die Beurteilungsrichtlinie noch die sonstigen normativen Grundlagen des Beurteilungswesens; eine solche Mischform ist dem Recht der dienstlichen Beurteilung fremd.
2. Besteht nach der Beurteilungsrichtlinie eine Verpflichtung zur Erteilung einer Regelbeurteilung, dann müssen die für sie vorgesehenen
Maßgaben eingehalten werden, um im Rahmen einer Auswahlentscheidung eine hinreichende Vergleichbarkeit und damit die Chancengleichheit der Bewerber zu gewährleisten.
3. Zum Auseinanderfallen von Leistungsbewertung und Eignungsprognose in einer dienstlichen Beurteilung im Einzelfall.
4. Zur Berücksichtigung der in einer dienstlichen Beurteilung enthaltenen Eignungsprognose in der Auswahlentscheidung im Einzelfall.
ThürOVG, Beschl. v. 10.03.2014 – 2 EO 511/13 – (I. Instanz: VG Gera,
Beschl. v. 31.07.2013 – 1 E 331/13 Ge)
Verwaltungsgericht Gera
526 Tierschutz
ThürVwVfG § 3 Abs. 3; GefTierG TH § 8, § 3 Abs. 2 (Zuständigkeit der
Verwaltungsbehörde, örtliche, Hund, Wesenstest, Übertragung der Zuständigkeit)
Hat die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 GefTierG TH örtlich zuständige Behörde die Durchführung eines Wesenstestes an einem Hund nach § 8
Abs. 1 Satz 1 GefTierG TH angeordnet, kann sie dieses Verfahren bei
einem Umzug des Tierhalters fortführen, wenn die nunmehr örtlich zuständig gewordene Verwaltungsbehörde nach § 3 Abs. 3 ThürVwVfG
dazu ihre Zustimmung erteilt und die Fortführung des Verfahrens unter
Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen
Durchführung des Verfahrens dient.
VG Gera, Beschl. v. 28.08.2014 – 2 E 579/14 Ge – (nachfolgend: ThürOVG, Beschl. v. 06.11.2014 – 3 EO 664/14)
Verwaltungsgericht Meiningen
1132 Ausbaubeiträge
AO § 119 Abs. 1, § 122 Abs. 1 Satz 1, § 122 Abs. 5 Satz 2; ThürKAG
§ 7 Abs. 7, § 15 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b (Abgabenbescheid, Bekanntgabe,
Beitragssatzung, Beitragsmaßstab, Vollgeschossmaßstab, Bebauung, zuläsFortsetzung Seite III
sige, vorhandene, Nacherhebung, Beitragspflicht, Entstehung, Vorderliegergrundstück, Hinterliegergrundstück, Erschließung, gesichert, Eigentümeridentität, Anschluss, gemeinsam, betriebsfertig, Vereinbarung, Sicherung,
dinglich, Überbau, Vorteil, beitragsrelevant)
1. Ein Hinterliegergrundstück kann betriebsfertig angeschlossen sein,
wenn der Eigentümer des Anlieger- und Hinterliegergrundstücks mit
dem Aufgabenträger eine Vereinbarung über einen gemeinsamen Anschluss dieser Grundstücke über das Anliegergrundstück getroffen hat
und die Entwässerungssatzung diese Möglichkeit eröffnet. Bei Eigentümeridentität ist insoweit die Erschließung auch dinglich gesichert.
2. Zur Bestimmung der Beitragspflichtigkeit eines Überbaus nach der
neueren Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts bei
kombinierten Vollgeschossmaßstab.
VG Meiningen, Urt. v. 26.03.2014 – 5 K 629/12 Me –
Verwaltungsgericht Weimar
1021 Immissionsschutzrecht
GG Art. 14 Abs. 1; VwGO § 42 Abs. 2, § 80 Abs. 5, § 80 a Abs. 3; BImSchG
§ 4, § 5 Abs. 1 Satz 1, § 6, § 10 Abs. 3 Satz 1, § 10 Abs. 3 Satz 4, § 10
Abs. 3 Satz 5, § 10 Abs. 4, § 10 Abs. 6; 9 BImSchV § 8, § 9, § 10, § 12,
§ 14, TA Luft (Immissionsschutzrecht, Biomethananlage, Sofortvollzug, Antragsbefugnis, Klagebefugnis, Einwendung, Präklusion, Drittschutz, Verfahrensfehler, Erörterungstermin, Schutzpflicht, Vorsorgepflicht, Nachbar, Einwirkungsbereich, Gewerbebetrieb)
1. Zu den Anforderungen an die Klage- und Antragsbefugnis nach
§ 42 Abs. 2 VwGO.
2. Zur Präklusion von Einwendungen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 und
Satz 5 BImSchG.
3. Zur Geltendmachung von Verfahrensfehlern betreffend den Erörterungstermin nach § 10 Abs. 6 BImSchG.
4. Zum Drittschutz bei der Geltendmachung von Rechtsverletzungen
durch Immissionen.
5. Nachbarschaft im Bereich des Umweltschutzrechts setzt ein qualifiziertes Betroffensein im Sinne einer engeren räumlichen und zeitlichen
Beziehung des Bürgers zum Genehmigungsgegenstand voraus; zur
Nachbarschaft gehören damit nur solche Personen, die nach ihren Lebensumständen den Einwirkungen der Anlage für eine gewisse Dauer
ähnlich wie Bewohner ausgesetzt sind.
VG Weimar, Beschl. v. 30.09.2014 – 7 E 925/14 We –
Der Verfassungsgerichtshof hat den Antrag für zulässig und begründet
erachtet. Der Entscheidung liegen folgende Erwägungen zugrunde: Als
nicht verbotene Partei kann die NPD sich auf das aus Art. 21 GG folgende Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien berufen.
Diese Bestimmung ist als „hineinwirkendes Bundesverfassungsrecht“
auch Bestandteil des Thüringer Landesverfassungsrechts. Hiernach ist
der öffentlichen Gewalt jede unterschiedliche Behandlung der Parteien,
durch die deren Chancengleichheit bei Wahlen beeinträchtigt werden
kann, verfassungskräftig untersagt, sofern sie sich nicht durch einen
zwingenden Grund rechtfertigen lässt.
Durch ihren Protestaufruf hat die Thüringer Ministerin für Soziales,
Familie und Gesundheit in dieses Recht eingegriffen, ohne dass sie hierzu
durch einen zwingenden Grund berechtigt war. Die Ministerin kann sich
selbst nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen, da sie
nicht als Privatperson, sondern als Amtsträgerin zu den Protesten aufgerufen hat.
Auch die anerkannte Kompetenz der Landesregierung zur Öffentlichkeitsarbeit rechtfertigt den Protestaufruf nicht. Zwar sind allein durch
die in der Medieninformation enthaltenen negativen Werturteile über
die NPD die Grenzen der Kompetenz zur Öffentlichkeitsarbeit noch
nicht überschritten. Denn diese Werturteile beruhen nicht auf sachfremden Erwägungen. Indessen ist die Aufforderung zur Teilnahme an einer
Demonstration gegen den Nominierungsparteitag der NPD keine rechtlich zulässige Öffentlichkeitsarbeit. Dieser Protestaufruf geht über eine
Information der Öffentlichkeit hinaus und hat unmittelbar parteiergreifenden Charakter insofern, als er zu Lasten einer nicht verbotenen Partei
die Bevölkerung zum Handeln aufruft, was zu einer Schmälerung ihrer
Wahlchancen führen kann. Hierdurch verhält sich der Staat nicht mehr
neutral, sondern wird selbst Partei. Auch die Grundentscheidung der
Verfassung für eine wehrhafte Demokratie rechtfertigt nicht, dass der
Staat unmittelbar parteiergreifend tätig wird und seine neutrale Rolle
aufgibt.
Der Verfassungsgerichtshof lässt offen, ob und gegebenenfalls unter
welchen Umständen staatliche Aufrufe an die Bürger zur Teilnahme an
Kundgebungen gerechtfertigt sein können. Dem Staat ist es im Hinblick
auf die Chancengleichheit der politischen Parteien aber jedenfalls untersagt, zu einer Protestkundgebung aufzurufen, wenn diese sich gezielt gegen den Nominierungsparteitag einer nicht verbotenen politischen Partei richtet.
Die Entscheidung ist mit sieben zu zwei Stimmen ergangen. Die Mitglieder Prof. Dr. Bayer und Heßelmann haben ein Sondervotum abgegeben.
Medieninformation vom 3. Dezember 2014 (VerfGH 2/14).
PRESSEMITTEILUNGEN
Thüringer Verfassungsgerichtshof
Organklage der NPD gegen die Thüringer Ministerin für Soziales,
Familie und Gesundheit erfolgreich
Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass die Thüringer Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit durch ihren Aufruf, sich an
Protesten gegen den am 15.03.2014 stattfindenden Landesparteitag der
NPD in Kirchheim zu beteiligen, gegen ihre Pflicht zur parteipolitischen
Neutralität verstoßen und dadurch zu Lasten der NPD in den laufenden
Landtags- und Kommunalwahlkampf eingegriffen hat.
Die Thüringer Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit rief
durch eine Medieninformation auf der Homepage ihres Ministeriums
zur Beteiligung an den Protesten gegen den am 15.03.2014 geplanten
NPD-Landesparteitag in Kirchheim auf. Hiergegen wandte sich der Landesverband Thüringen der NPD im Wege eines Organstreitverfahrens
vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof (siehe Medieninformation 5/
2014 vom 06.10.2013).
V E R A N S TA LT U N G E N
12. Düsseldorfer Krankenhausrechtstag
Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des
Landes Nordrhein-Westfalen (MGEPA NRW) führt am 12. Mai 2015 in
Düsseldorf den 12. Krankenhausrechtstag durch. Ziel der Veranstaltung
ist es, aktuelle Probleme des Krankenhausrechts aus Sicht der Praxis vorzustellen und zu diskutieren.
Die Themen: Rechtsfragen aus dem Krankenhausplanungs- und -entgeltrecht, Rechtsfragen der Krankenhaushygiene, Ambulante Versorgung
an und durch Kliniken – Rechtliche Gestaltungsoptionen, Sponsoring im
Krankenhaus sowie Compliance im Krankenhausbereich.
Veranstaltungsort: Deutsche Rentenversicherung Rheinland, Königsallee 71, Düsseldorf (großer Sitzungssaal)
Nähere Auskünfte durch: Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen, LMR Dr. Frank
Stollmann, Horionplatz 1, 40213 Düsseldorf, Tel.: (02 11) 86 18-33 76,
Fax: (02 11) 86 18-33 72, E-Mail: [email protected].
III ThürVBl. 4/2015
NOTIZEN
Fortsetzung von Seite II
NOTIZEN
Abhandlungen in den Verwaltungsblättern
In den im Richard Boorberg Verlag erscheinenden weiteren Verwaltungsblättern sind folgende Abhandlungen veröffentlicht:
Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (VBlBW)
Heft 3/2015
Scheidler, Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens
nach strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheit
im Verkehr – 93
Schober, Strukturen interkommunaler Zusammenarbeit – 97
Hollenbach, Das neue Wassergesetz für Baden-Württemberg – 106
Bayerische Verwaltungsblätter (BayVBl.)
Heft 3/2015
Rennert, Wo steht die Verwaltungsgerichtsbarkeit? – 73
Gottschaller, Grundlagen für die Erhebung und Bemessung eines Fremdenverkehrsbeitrags – 77
Heft 4/2015
Würfel/Werner, Einführung eines Mindestabstands für Windkraftanlagen – die „10 H-Regelung“ im Freistaat Bayern – 109
Széchényi, Die Kostenfolgen einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung –
115
Niedersächsische Verwaltungsblätter (NdsVBl.)
Heft 3/2015
Stüer, Die Papenburger Ozeanriesen und das europäische Umweltrecht –
65
Fricke, Zum barrierefreien Bauen in Niedersachsen – Ein Überblick über
aktuelle Rechtsauslegungsfragen in Bezug auf § 49 NBauO – 72
IV ThürVBl. 4/2015
Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.)
Heft 3/2015
Beckmann, Zur Auskunftspflicht des Bürgermeisters gem. § 55 Abs. 1
Satz 2 GO NRW über Angelegenheiten kommunaler Unternehmen – 85
Heusch/Schönenbroicher, Aktuelle Entwicklungen im Ordnungsbehördenrecht des Landes Nordrhein-Westfalen – 92
Sächsische Verwaltungsblätter (SächsVBl.)
Heft 3/2015
Füßer/Wolfrum, Der Zugang zur weiterführenden Schule zwischen
Wunschdenken und Wirklichkeit: Verfassungsrechtliche Determinanten
der Gewährleistung und Umsetzung staatlich legitimierter Beschulung – 53
Aktuelle Beiträge in PUBLICUS – Der
Online-Spiegel für das Öffentliche Recht
In unserem Online-Magazin können Sie unter www.publicus-boorberg.de
u. a. folgende Beiträge lesen:
Ausgabe 2/2015
van der Hout/Köhler, Staatliche Beihilfen im Hafensektor – Läutet die
Europäische Kommission die nächste Prüfrunde ein? – 4
Beisheim, Die gesetzliche Frauenquote kommt – Handlungsbedarf bei
mitbestimmten Unternehmen der öffentlichen Hand – 7
Albrecht, Possenspiel um kirchliche Deutungshoheit – Das BVerfG verwirrt mit Beschluss zum Arbeitsrecht in Tendenzbetrieben – 10
Festner, Finale einer fast endlosen Geschichte – Personalrechtliche Zuweisungen nach § 44 g SGB II – 13
Grau, Archivierung elektronischer Unterlagen – Die Staatlichen Archive
Bayerns eröffnen ihr „Digitales Archiv“ – 16
Joost, Nicht ohne meine Bürger… – Die Kraft der Vielen schafft Zukunft – Fachwerkstadt erfindet sich neu – 18