Eingemeindung Schinkels am 01.04.1914

100 jähriges Jubiläum der Eingemeindung Schinkels zur Stadt Osnabrück
Am 01.April 1914 wurde die bis dahin selbstständige Landgemeinde Schinkel in die Stadt
Osnabrück eingemeindet. Dieses Datum ist sowohl für Schinkel als auch für die Stadt
Osnabrück historisch von herausragender Bedeutung.
Die Gemeinde Schinkel lag östlich der Stadt Osnabrück und hatte die Grundfläche von
13,4 km². Die Größe dieser Gemarkung ist vielen heute nicht mehr bewusst. Sie erstreckte
sich im Westen über den Grenzweg, die Oststraße und die Gartlage entlang der „Alten
Landwehr“ bis an die Mönkedieckstraße, im Norden vom Sonnenhügel, nördlich des
Waldfriedhofes Dodesheide entlag des Dodeshausweges bis in den Limberg, im Osten
entlang der Grenze zu Belm, über den Power Weg und Strothmannsweg, an der
Parierfabrik Schoeller vorbei bis zur Hase an der Sandforter Straße und im Süden von der
Sandforter Straße entlang der Hase bis an den Grenzweg.
In den Grenzen der Gemarkung Schinkel wohnen und leben heute ca. 25.000 Einwohner
der Stadt Osnabrück und somit fast 1/6 der Bevölkerung.
Schinkel wurde erstmalig 1332 urkundlich erwähnt. Die Geschichte Schinkels ist bis zur
Mitte des 19. Jahrhunderts durch Bauernschaften und einzelne Gehöfte geprägt. Anders
als in zahlreichen anderen Gemeinden fehlte hier eine Kirche um die herum sich ein
Dorfkern ausbildete. Gemeindeversammlungen fanden unter freiem Himmel statt. Schinkel
war somit ländlich, bäuerlich geprägt. Die Landgemeinde Schinkel gehörte
verwaltungstechnisch zum Amt Iburg. Die Verwaltung oblag einem Gemeindevorsteher,
mithin einem der größeren Bauern Schinkels.
Mit der Industrialisierung dynamisierte sich die Entwicklung Schinkels erheblich.
Ausgehende von Bau der Eisenbahnstrecke Rheine – Löhne siedelten sich große
Industriebetriebe im Osten der Stadt Osnabrück an der Grenze zu Schinkel an. Zu nennen
sind hier beispielhaft die Eisenbahnbetriebsstätten, das Stahlwerk Osnabrück und die
Eisengießerei Ortmann. Für die hier beschäftigten, neu zugezogenen, Arbeitskräfte gab es
in der Stadt Osnabrück nicht ausreichend Wohnraum. Somit wurde Schinkel zur neuen
Heimstatt der Industriebeschäftigten und ihrer Familien. Hier gab es ausreichend Platz zur
Errichtung neuer Häuser mit großen Grundstücken zur Selbstversorgung.
Die Gemeinde Schinkel stand somit am Anfang des 20. Jahrhunderts vor enormen
Herausforderungen. Durch den Zuzug neuer Bevölkerungsschichten wuchs die
Bewohnerzahl innerhalb von nur 30 Jahren um das Zehnfache auf ca. 10.500 Einwohner
im Jahre 1914. Dadurch entwickelte sich Schinkel, nach Osnabrück, zur zweitgrößten
Gemeinde im Regierungsbezirk Osnabrück.
Das enorme Bevölkerungswachstum setzte aber eine leistungsfähige Infrastruktur und
Verwaltung voraus. Schulen wurden gebraucht, Straßen mussten hergestellt werden, es
fehlte an einer leistungsfähigen Kanalisation, Gas- und Wasserversorgung. Die
mangelhafte Kanalisation z.B. führte zu Krankheiten und einer starken Verschmutzung der
Hase. 1905 wurde eine Feuerwehr gegründet, Löschgerät musste angeschafft werden und
1908 wurde ein Gemeindehaus an der Tannenburgstraße Ecke Heiligenweg für 40.000
RM gebaut.
Alle diese Maßnahmen musste die Landgemeinde Schinkel aus eigenen Steuermitteln
finanzieren. Da die Industriebetriebe, in denen die neuen Bewohner Schinkels beschäftigt
waren, an der Grenze zu Schinkel auf dem Gebiet der Stadt Osnabrück lagen, fiel ein
Hauptteil der Steuereinnahmen an die Stadt Osnabrück.
Anfang des 20.Jh. versuchte die Gemeindeverwaltung Schinkel über einen kommunalen
Lastenausgleich die finanzielle Basis zu stärken. Dieses gelang nur zum Teil.
Bereits 1907 regte die königliche Regierung Hannover, in Zusammenhang mit einer Klage
der Stadt Osnabrück über die starke Verschmutzung der Hase, eine Eingemeindung
Schinkels zu Osnabrück an. Die Gemeindevertreter Schinkels lehnten dieses aber noch
kategorisch ab.
Im Jahr 1912 waren die Probleme Schinkels dann aber so groß, dass die Gemeinde
Schinkel mit dem Magistrat der Stadt Osnabrück Verhandlungen über einen
Eingemeindungsvertrag aufnahm. In diesem Vertrag wurden die Bürgerrechte der
Schinkeler Bevölkerung, die Besitzverhältnisse und die Verwaltung Schinkels nebst der
politischen Vertretung geregelt.
Dieser ausgehandelte Vertrag wurde dann am 29.10.1913 von Gemeindeausschuss
Schinkel und am 31.10.1913 vom Magistrat der Stadt Osnabrück ratifiziert. Somit kam es
am 01. April 1914 zur Eingemeindung Schinkels nach Osnabrück.
Die Eingemeindung Schinkels war somit unausweichlich und für beide Gemeinden
gewinnbringend.
Dringende infrastrukturelle Investitionen auf dem Bereich Schinkels konnten nun finanziert
und durchgeführt werden. In den Folgejahren wurden Schulen gebaut, die Kanalisation
ausgebaut und an die städtische angeschlossen, Straßen wurden befestigt und eine
leistungsfähige Wasser- und Stromversorgung installiert.
Für die Stadt Osnabrück ist die Eingemeindung Schinkels die erste und bis heute größte
Eingemeindung. Die Stadt vergrößerte über Nacht ihre Grundfläche um fast 40% und
gewann über 10.000 Einwohner hinzu. Somit gewann Osnabrück Platz im Osten der Stadt
zur Ansiedlung von Industrie und zur Schaffung neuer Wohnquartiere.
Auch wenn in Teilen der Schinkeler Bevölkerung die Stimmung vorherrschte von
Osnabrück annektiert zu seien und im restlichen Stadtgebiet Schinkel als das Anhängsel
jenseits der Bahn bezeichnet wurde, so war diese Eingemeindung doch unausweichlich
und gewinnbringend.
Bürgerverein Schinkel von 1912 e.V., Carsten Friderici