Präambel 1 PRÄAMBEL TEIL 1 - Peter & Peter Real Estate

Home Away From Home
PRÄAMBEL TEIL 1
In der Präambel werden die soziologischen und ökonomischen Aspekte der
Theorie vom „Dritten Ort“ dargestellt.
Da die Konzeption unserer Projektstudie intensiv auf diesen Überlegungen
aufbaut, soll die hier vorliegende Zusammenfassung zu einer besseren
Nachvollziehbarkeit unserer Arbeit beitragen.
HOME AWAY FROM HOME WILLKOMMEN AM DRITTEN ORT
eine Begriffsbestimmung unter Auswertung von Texten des Soziologen Ray Oldenburg
und des Wirtschaftsberaters Christoph Mikunda
Der „Erste Ort“, das individuell inszenierte Heim des Bürgertums, war eine
Erfindung des 19. Jahrhunderts. „Zeige mir deine Wohnung und ich sage dir,
wer du bist“. Man wohnte
bescheiden bis schwülstig.
Der
Mehrwert
der
„Ästhetik“ war noch ganz
unter der Kontrolle des
Einzelnen.
In den Sechziger Jahren
des
20.Jahrhunderts
entdeckte man dann die
motivierende Kraft einer
ästhetischeren
Arbeitsumgebung. So entstand
der „Zweite Ort“.
Der „Erste Ort“ – das individuelle Heim des Bürgertums
Weitläufige
Großraumbüros mit mehr Licht, Luft
und Grün oder bunt
gestrichene Fabrikhallen
sorgten dafür, dass die
Mitarbeiter seltener krank
wurden und produktiver
waren.
Auch
der
Arbeitsplatz
wurde ein Stück weit zum
„inszenierten“
Lebensraum.
Der „Zweite Ort“ – das Büro als inszenierter Raum
In den achtziger Jahren begann man allmählich auch Shops, Restaurants und
Museen zu inszenieren.
Die ersten Erlebnishotels wurden gebaut. Die Menschen begannen die
Sinnlichkeit und Wohnlichkeit dieser halböffentlichen Orte als persönlichen
Lebensraum wahrzunehmen. Der „Dritte Ort“ war geboren.
Verwendet wurde der Begriff der „Third Places“ zum ersten Mal von dem
amerikanischen Soziologieprofessor Ray Oldenburg.
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Ende der Achtziger Jahre wettert er in seinem Buch mit dem langen Titel „The
Great Good Place: cafés, coffee shops, bookstores, bars, hair salons, and
other hangouts at the heart of a community” - gegen die Shopping-Mall- und
Fastfood-Gesellschaft seines Landes.
Er bezeichnet ihre Plätze als „Nicht-Orte“, womit er eine Diskussion über
diese Themen in Gang setzte.
In seiner Kritik verweist Oldenburg auf die „guten, alten Plätze“ Europas, an
denen man stundenlang „herumhängt“.
Vorbilder sieht er in den irischen Pubs, der italienischen Piazza, den Wiener
Kaffeehäusern.
Home away from Home – Ray
Oldenburgs „Third Places“
Italienische Piazza
Irish Pub
Wiener Kaffeehaus
Eine ausführliche Definition und Materialsammlung zum Begriff vom „Dritten
Ort“ erhält man in Christian Mikundas Buch „Marketing spüren“, an welches
sich unsere nachfolgenden Erläuterungen anlehnen.
„Dritte Orte sind Orte, an denen man sich
vorübergehend wie zu Hause fühlt und die emotional
so stark sind, dass sie ihren Besuchern die Möglichkeit
geben, sich selbst emotional aufzuladen.“
Home away from home
Christian Mikunda
Mikunda bezieht in seine Begriffsdefinition alle Arten von kommerziell
geprägten Welten (Shopping, Gastronomie, Museen, etc.) ein. Bei allen
bekannten Konzepten von Dritten Orten wird einer Kernfunktion ein
mindestens gleichwertiges emotionales Extra hinzugegeben:
- Shops sind auch Sehenswürdigkeiten für Touristen,
- Brandlands sind auch Ausflugsziele für Familien,
- Hotels sind auch Treffpunkte mit Life Style,
- Museen sind auch Shopping Malls und Orte der Kraft.
Heutzutage trifft man immer häufiger auf „spektakuläres Erlebnismarketing
und begehbare Werbung. Dritte Orte dieser Art sind Ausdruck einer
Erlebnisgesellschaft.“ (2)
Die erfolgreichen Erlebniskonzepte der Gegenwart verbinden die Sehnsucht
nach Entertainment mit ehrlichen, großen Gefühlen, mit echten Materialien
und hochwertiger Gestaltung, mit Lebenshilfe im Alltag, mit der
Seelenmassage zwischendurch für den gestressten Kunden. Man setzt die
Erlebnisse heutzutage so ein, dass sie den Gesamtdruck auf den Besucher
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(Kunden) eher abbauen. Kurzum: Die Erlebnisgesellschaft ist erwachsen
geworden.“
Der Besuch von Dritten Orten wird mehr und mehr zu einem Bestandteil des
Mood-Managements selbstbewusster Bürger.
Dritte Orte verfügen über Landmark-Charakter
Egal, ob es sich um große oder kleine, um neu geschaffene oder um
wiederbelebte Orte handelt - ein idealer Third Place verlangt durch seine
Inszenierung und seine emotionale Aufladung geradezu danach abgebildet zu
werden (Postkarten, Reiseführer, Souvenirs, etc.).
10 Beispiele:
- Die Hackeschen Höfe in Berlin.
- Das jüdische Museum in Berlin (über 700.000 Besucher noch bevor
die Exponate eingebracht waren).
- Der Potsdamer Platz (eines der best funktionierenden UEC).
- Das Schuhgeschäft im Reiseführer (Niketown).
- Strandbad Heiligendamm, Ostsee.
- Die Reeperbahn in Hamburg.
- Das Guggenheim Museum in Venedig.
- “The Venetian” in Las Vegas.
- Das Hotel Oriental in Bangkok.
- Die kleine Kapelle von Ronchamp, (mehr als 1 Mio. Besucher jährlich).
Hotel Oriental, Bangkok
Reeperbahn, Hamburg
Kapelle von Ronchamp
Themenwelten
Die Inszenierung von eindeutig positionierten Themenwelten unterstützt
die Beförderung eines Ortes zum Landmark.
Zu Beginn der Entwicklung von Themenwelten galt die Integration von
Kulisseneffekten, besonders in USA und Asien, als wichtigste „Technik“ zur
Herstellung solcher Orte.
Über das Gestaltungselement der Kulisse an sich und über die anfänglich
eher primitiven Baumethoden, mag man als Europäer schmunzeln. Doch
wenngleich diese Welten künstlich und unecht erschienen, bzw. noch immer
erscheinen sollten, so waren zumindest die Gefühle, die sie bei vielen
Besuchern hervorriefen echt.
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Heutzutage ist jedoch selbst in den USA ein höheres, besser gesagt ein
möglichst hohes Maß an Authentizität gefragt.
Die Säulen im „Venecian“ in Las Vegas sind mittlerweile selbstverständlich
aus echtem Marmor und nicht aus dem bemaltem Putz früherer
Vergleichsbauwerke.
Themenwelten versetzen uns mitten in eine Geschichte.
Je authentischer die Geschichte vermittelt wird, desto höher
ist die emotionale Aufladung des Ortes.
Besonders in Europa setzt man radikal auf den Faktor Echtheit, denn
schließlich war das schon immer unsere Stärke.
Die möglichst authentische Erlebnisgestaltung einer Themenwelt zielt an neu
inszenierten, wie auch an historischen Orten darauf ab, den Besucher zum
Flanieren anzuregen.
Wir wissen heute, dass der inszenierte Spaziergang über ein Gelände oder
durch ein Gebäude genauso lustvoll sein kann, wie das eigentliche Angebot
an Handel oder Kultur, das einen dort erwartet.
Das intuitive „Suchen und Finden“ ist deshalb ein charakteristisches Merkmal
aller Dritten Orte und entscheidend für das Gefühl, sich an einem Ort
heimisch zu fühlen.
Unsere Definition des Dritten Ortes
Die oben dargestellte Begriffsbestimmung des „Dritten Ortes“ wollen wir
ein wenig erweitern.
Über die Kerndefinition besteht Einvernehmen:
Dritte Orte sind stark emotional aufgeladene Orte, die den Besuchern die
Möglichkeit geben sich selbst emotional aufzuladen. Motto: MoodManagement.
Der Geltungsbereich des Begriffes Dritter Ort wird in der aktuellen Definition
Mikundas, hauptsächlich auf rein kommerziell organisierte Einzelprojekte Handel, Gastronomie, Museen etc. - beschränkt. Wir meinen, dass der Begriff
des Dritten Ortes jedoch unabhängig von der Art der Nutzung eines Ortes /
einer Immobilie und unabhängig von deren Größe angewendet werden kann.
Beispielsweise betrachten wir die gesamte Stadt Venedig als Dritten Ort,
obwohl es sich bei der Mehrheit der Gebäude um rein private Wohnhäuser
handelt.
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Ganz Venedig ist emotional aufgeladen. Die Stadt ist in ihrer Gesamtheit ein
einziges Urban Entertainmant Center, was nicht nur die jährlichen
Touristenzahlen, sondern auch die Anzahl der weltweiten Venedig-Kopien
belegen.
Markusplatz, Venedig
Rialto Brücke, Venedig
Über ähnliche Anziehungskraft verfügen die Altstädte von Heidelberg oder
Rom, ebenso wie Downtown Manhattan oder Santa Monica Beach (LA).
Durch besonders geschickte Addition bzw. Verknüpfung vieler kleiner
Stadtbausteine (egal ob privat oder öffentlich) sind hier, und zwar obwohl die
meisten dieser Bausteine für sich betrachtet im Grunde eher zurückhaltend
konzipiert sind, große Dritte Orte („Ortschaften“) entstanden.
Diese Städte / Stadtteile verströmen in ihrer Gesamtheit eine große
emotionale und authentische Kraft, sodass davon jegliche, auch schwächere
Einzelkomponenten überstrahlt werden. Die dort ansässigen kommerziellen
Projekte partizipieren an dieser Ausstrahlung und können nicht wirklich etwas
fasch machen.
Am Markusplatz läuft nahezu jede Art von Geschäft und in der
Umkehrbetrachtung könnte nicht einmal ein, kulturell betrachtet, mit eher
negativen Emotionen aufgeladener LIDL-Markt dem Markusplatz wirklich
substanziell etwas anhaben. Er wäre nicht mehr als eine Träne im Auge einer
Schönheit.
Last but not least gibt es auch noch ganz kleine Dritte Orte. Den pittoresken
Brunnen in einem engen madrilenischen Lichthof. Den Schrein in einem
buddhistischen Kloster.
Für das 5-jährige Kind eines der Verfasser ist der „verwunschene“
Dachboden des privaten Wohnhauses ein geradezu mystischer Ort. Dort
wohnen Feen und Mäuse zwischen mysteriösen Schachteln und
windschiefen Schränken, welche wiederum mit den allerinteressantesten
Geheimnissen angefüllt sind.
Dritte Orte können riesig oder ganz klein sein. Manchmal
sind sie spektakulär. Dies ist aber durchaus keine Voraussetzung.
Hin und wieder sind es gerade die stillen Sensationen,
die unsere Seele berühren.
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