738 Informationsvorlage

Vorlage Nr.
Stadt Solingen - INFORMATIONSVORLAGE
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erstellt am: 09.04.2015
- öffentlich -
Aktuelle Situation der hilfesuchenden Flüchtlinge in Solingen
Ressort 3: Beigeordneter Krumbein
Vorlage erstellt: 50 Soziales
Beratungsfolge:
Gremium:
Datum
Zuwanderer- und Integrationsrat
20.04.2015
Jugendhilfeausschuss
20.04.2015
ASGWSB
21.04.2015
Der Vorsitzende des Zuwanderer- und Integrationsrates, Herr Firouzkhah, hat die
Verwaltung gebeten zu einigen Bereichen die aktuelle Situation von Flüchtlingen
in Solingen schriftlich darzustellen.
A)
Zahlenmäßige Entwicklung*
In den letzten Jahren hat sich die Zahl der zugewiesenen Flüchtlinge deutlich erhöht. Nachfolgendes Schaubild zieht einen Vergleich zwischen 2013 und 2015.
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*In den in der Statistik genannten Zahlen (Stand Januar 2015) sind die in privaten
Wohnraum lebenden Personen nicht mitgezählt. Die Zahlen für 2016 basieren auf
einer Prognose.
Zur Zeit (Stichtag 31.03.2015) leben ca. 1.429 Flüchtlinge in Solingen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. nach dem Zwölften oder Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches erhalten. In der Prognose rechnet die Stadt mit
einem weiteren Zuwachs in Höhe von 50 Flüchtlingen pro Monat. Im Ergebnis
geht die Stadt von einer Steigerung um 600 Menschen im Jahr 2015 aus.
B)
Herkunftsländer
Insgesamt stammen die Flüchtlinge aus ca. 60 Ländern. Nachstehende Grafik zeigt
die Hauptherkunftsländer.
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Stand: 01.01.2015
C)
Altersgruppen
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Stand: 01.01.2015
D)
Wohnsituation
Aufgrund des Zuwachses der letzten Jahre hat die Verwaltung reagiert und seit
2012 zunächst aufgegebene Mietobjekte mit Wohnungscharakter reaktiviert.
Zur Zeit leben über 600 Flüchtlinge in selbst angemieteten Wohnungen. 500
Flüchtlinge leben in abgeschlossenen Wohnungen, die in größeren, komplexen
Gebäuden von der Stadt angemietet wurden oder sich im städtischen Eigentum
befinden und 300 in 6 klassischen Gemeinschaftseinrichtungen. Eine dieser Einrichtungen wird Ende des Jahres 2015 aufgegeben.
Ziel der Stadt Solingen ist es, die Gemeinschaftseinrichtungen primär als Ersteinrichtungen für Neuzuweisungen zu nutzen und Flüchtlinge, die wohntauglich sind,
weiterhin entweder in selbst oder von der Stadt angemieteten (auch eingestreuten) Wohnraum zu verselbständigen. Daher unternimmt die Stadt mit Unterstützung des Caritasverbandes Wuppertal/Solingen und des Diakonischen Werkes Solingen zusätzliche Anstrengungen, Wohnungen zu akquirieren und Flüchtlinge bei
der Verselbständigung aktiv zu begleiten. In Kürze kümmern sich dann vier Sozialarbeiter/Sozialarbeiterinnen um diesen Themenkomplex. Der Einsatz von Ehrenamtlern ist fest eingeplant.
Bisher konnten bis April 2015 insgesamt zusätzlich 62 Personen (Familien und Einzelpersonen) in Wohnungen umziehen. Weitere Angebote z.B. von großen Baugenossenschaften oder Vermietungsgesellschaften werden zur Zeit intensiv geprüft,
so dass die Stadt davon ausgeht, die gesteckten zahlenmäßigen Ziele bei der Unterbringung in Wohnungen deutlich zu überschreiten.
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Kriterien für die mögliche Verselbständigung in Wohnraum sind die Geeignetheit
der Wohnung und die Wohntauglichkeit der Flüchtlinge.
Aus Sicht der Stadt ist Wohnraum dann geeignet, wenn es sich um abgeschlossene Wohnungen handelt, die nicht sanierungsbedürftig sind, die Mietforderung im
Rahmen der Angemessenheitsgrenze bei den Kosten der Unterkunft liegt und die
Erreichbarkeit
von Öffentlichem Nahverkehr, Einkaufsmöglichkeiten sowie Schule und Kita gegeben ist. Letztendlich müssen die Strukturen der Familien auch auf die angebotenen Raumstrukturen passen. Insoweit konnten einige Angebote auch nicht genutzt werden. Andere, die noch saniert werden müssen oder bei denen die Zimmerstrukturen nicht auf die Flüchtlingsfamilien passen, befinden sich auch weiterhin auf der Angebotsliste.
Die Wohntauglichkeit der Flüchtlinge ist davon abhängig, dass sie sich auf
Deutsch verständigen können und in dem kurzfristig angelegten Aufenthalt in
Gemeinschaftseinrichtungen gezeigt haben, dass sie mit anderen Mitbewohnern
zusammen leben können, ihren Haushalt selbst organisieren und sauber halten
können. Bei der Attestierung der Wohntauglichkeit werden sowohl die Erkenntnisse der Heimverwalter als auch der Sozialarbeiterinnen berücksichtigt.
E)
Bürgerschaftliches Engagement
Die Willkommenskultur ist in Solingen nicht nur durch die vermehrten Wohnangebote oder die enorme Spendenbereitschaft der Bevölkerung ausgeprägt. Besonders erfreulich ist eben auch die bereits gelebte oder neu angebotene BereitInformationsvorlage – Aktuelle Situation der hilfesuchenden Flüchtlinge in Solingen Seite 5/10
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schaft, sich in der Flüchtlingsarbeit ehrenamtlich zu engagieren. Auf Initiative der
Stadt und durch deren Förderung wurde zusammen mit drei Wohlfahrtsverbänden
eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die sich zur Aufgabe macht, alle bereits
vorhandenen ehrenamtlichen Akteure zu erfassen und neue Ehrenamtler zu gewinnen. Grundlage dafür war eine im Januar gestartete Umfrageaktion, bei der
auch neue Kräfte ihr Interesse und ihre einzubringenden Zeitressourcen sowie ihre
inhaltlichen Wünsche äußern konnten. Neben den Angeboten Sprachkenntnisse
zu vermitteln stehen die Entwicklung von Teilhabemöglichkeiten für Kinder und
Jugendliche und die Übernahme von Patenschaften.
Zur sachgerechten Vorbereitung für den Einsatz von Ehrenamtlern dient das Angebot der Koordinierungsstelle, durch eine Gruppenschulung Kenntnisse über die
aktuelle Situation, den Status und die Rechte von Flüchtlingen sowie die persönliche Situation der Flüchtlinge (Traumatisierung, Bindungsverluste, materielle Situation, Verunsicherung, Orientierungslosigkeit, etc.) zu vermitteln. Inzwischen hat eine Schulung im März bereits stattgefunden, weitere sind in den nächsten Wochen
geplant.
Der Einsatz der dann geschulten Ehrenamtler orientiert sich entweder an den bestehenden Aktivitäten von Verbänden und Vereinen oder an den Bedarfen, die
auch zwischen dem Stadtdienst Soziales und der Koordinierungsstelle abgesprochen werden.
Weitere Interessenten können sich gerne an die Koordinierungsstelle – Infotelefon:
0212-59448235 wenden.
In verschiedenen Wohnkomplexen werden Räume für Sozialarbeit und ehrenamtliches Engagement vorgehalten.
F)
Rahmenbedingungen Bund und Land
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a)
Mindeststandards Wohnen
Asylbewerber/Asylbewerberinnen sind verpflichtet, zunächst (maximal drei Monate) in zentralen Asylaufnahmeeinrichtungen des Landes zu wohnen. Sie werden
danach nach einem komplizierten Schlüssel auf die Kommunen verteilt. Die dortige Unterbringung erfolgt in der Regel (d.h. wenn keine besonderen Ausnahmegründe
bestehen) in Gemeinschaftsunterkünften der Kommunen. Hierbei sind
sowohl das öffentliche Interesse als auch die besonderen persönlichen Belange
der Asylbewerber/Asylbewerberinnen zu berücksichtigen.
Grundsätzlich ist die Verweildauer dieses Personenkreises in den Übergangsheimen abhängig vom Statuswechsel (nicht abgeschlossener, abgelehnter oder zugelassener Asylfall) und damit auch von der Verfahrensdauer im Einzelfall. Die
durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Asylverfahren, die in ausschließlicher Zuständigkeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge erfolgt, liegt derzeit
bei ca. 6 Monaten.
Es gibt Bundesländer, die einen Mindeststandard bei der Wohnfläche pro Person
entweder als Vorgabe oder Empfehlung gebildet haben. Dieser liegt bei 6-7 qm
pro Person. Nordrhein-Westfalen hat einen solchen Mindeststandard nicht gebildet. Allerdings hält sich die Stadt Solingen grundsätzlich an diesen bundesweiten
Orientierungswert.
b)
Zuschüsse Land und Bund
Nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz des Landes NRW erhalten die Kommunen
eine pauschalierte Landeszuweisung, die sich nach dem anrechenbaren Bestand
der Flüchtlinge zum 1. Januar des Vorjahres richtet. Die Mittel werden dann nach
einem landesweiten Zuweisungsschlüssel verteilt.
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Die im Rahmen des Flüchtlingsgipfels des Landes NRW am 20.10.2014 vom Land
angekündigt Bereitstellung von weiteren 40 Mio. € (zu den bis dahin im Landeshaushalt vorgesehenen 143 Mio. €) ist im Rahmen der Verabschiedung des Landeshaushalts erfolgt.
Bund und Länder haben sich im November anlässlich der Beratungen über das
neue Asylbewerberleistungsgesetz darauf geeinigt, dass der Bund den Ländern in
den Jahren 2015 und 2016 jeweils weitere 500 Mio. € zur Verfügung stellt, die
Hälfte des Betrages müssen die Länder in den Folgejahren an den Bund zurückzahlen. Durch den auf NRW entfallenden Betrag von ca. 108 Mio. €, der allerdings
nur anteilig an die Kommunen weitergeleitet werden soll, erwartet die Stadt Solingen einen weiteren Finanzierungsbetrag in Höhe von ca. 448 T€ im laufenden
Haushaltsjahr.
Für Solingen bedeutet dies, dass Bund und Land der Stadt 2015 insgesamt 2,33
Mio. € für die Flüchtlingsunterbringung und -versorgung zur Verfügung stellen.
Dies ist eine Refinanzierungsquote gegenüber dem geplanten Gesamtaufwand
des laufenden Haushaltsjahrs (ohne Personalkosten) in Höhe von 10,1 Mio. € von
23 %.
G)
Willkommenskultur
Der Begriff Willkommenskultur bezeichnet die Offenheit einer Gesellschaft gegenüber Zuwanderern. Die Willkommenskultur signalisiert ihnen, ob sie erwünscht
sind und es für sie Perspektiven gibt.
Die Stadt und die mit ihr vernetzten Wohlfahrtsverbände, Vereine und ehrenamtlichen Organisationen haben in den letzten Jahren auch verstärkt auf die Integration von Flüchtlingen hingewirkt. Die steigenden Flüchtlingszahlen machen es notwendig, diese Anstrengungen noch zu verstärken. Daher haben die Wohlfahrts-
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verbände und die Stadt eine entsprechende Förderung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beantragt.
Das Angedachte Projekt soll dabei folgende Themenfelder bearbeiten, die die
vorhandene Willkommenskultur nochmals verstärkt:
Gesundheit
- Förderung der Gesundheit von Asylsuchenden durch Sensibilisierungs- und Aufklärungsangeboten
- Suchtprävention durch gesundheitsfördernde Maßnahmen in Übergangsheimen
- Abbau oft vorhandener sozialer Isolierung durch kulturelle, sportliche und freizeitpädagogische Angebote zur Gewalt- und Konfliktprävention
- Alltagsstrukturierende Angebote zur Persönlichkeitsstärkung
Bildung
- Förderung des Spracherwerbs durch niederschwellige Deutschkurse (alltags/lebensweltbezogen)
- Stärkung einer ressourcenorientierten Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung im schulischen Kontext
- Verbesserung der Beschäftigungschancen und der Beschäftigungsfähigkeit von
jungen Asylsuchenden durch Lernförderung und Ehrenamt
- Stärkung des ehrenamtlichen Engagements im Sozialraum und Förderung von
Nachbarschaftsprojekte zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit und zum Abbau
gesellschaftlicher Ressentiments
- Verbesserung der gesellschaftlichen und nachbarschaftlichen Akzeptanz der
Wohnheim-Standorte
- Qualifizierung von Ehrenamtlichen/Mentoringprogramme
Orientierung
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- Entwicklung und Umsetzung eines bedarfsorientierten, standardisierten Beratungs- und Betreuungsprogramms
- Stärkung einer Quartiers/sozialraumbezogene Erstorientierung
- Vermittlung von Kenntnissen bzgl. Asylverfahren, Aufenthalt, Sozialleistungen,
Arbeit und Aufnahmegesellschaft sowie Förderung der Orientierungsfähigkeit im
Alltag
- Öffnung der Regeldienste (z.B. Unterstützung- und Beratungsangebote Jugendsozialarbeit, JMD, Drogenberatung ) für Asylsuchende als reguläre Zielgruppe
Sobald die Projektgenehmigung vorliegt wird die Verwaltung weiter darüber informieren.
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