48 | 49 Spätestens dann, wenn morgendliche Frühnebel den Herbst ankünden, wird es Zeit für die wundervolle echte Engadiner Nusstorte, die einen auf die Freuden der kühleren Jahreszeit einstimmt. Sie bringt den strahlend blauen Bündner Berghimmel ins Unterland und wärmt Gedanken, Herz und kalte Füsse. Ihrem etwas herben Charme erliegen auch Standhafte – und in Wahrheit gibt es für echte Fans keine Jahreszeit, in der die Nusstorte nicht mit Leidenschaft genossen wird. Sie ist eine der berühmtesten «Engadinerinnen» – die «Tuorta da nusch engiadinaisa». Die schmackhafte Kalorienbombe gilt als Aushängeschild vieler Bündner Bäckereien. Auch die Confiserie Hauser in St. Moritz mit dem gleichnamigen Hotel ist bekannt für dieses exquisite Mürbeteig-Gebäck, das wegen des rahmignussigen Innenlebens weit herum seinesgleichen sucht. Viele Bündner, die im vorletzten Jahrhundert auswanderten, erlernten in Norditalien und Frankreich den Zuckerbäcker-Beruf. Nicht wenige waren so erfolgreich, dass sie sich in ihrer angestammten Heimat ein «gemachtes» Alter leisten konnten. Auf diese Weise fanden verschiedene süsse Spezialitäten Eingang in die Bündner Rezeptbücher. Auch mit der Engadiner Nusstorte verhält es sich so, denn im Engadin wachsen keine Baumnussbäume. Der Ursprung ist wahrscheinlich in Savoyen zu suchen. Als Erfinder der Engadiner Nusstorte wird ein Rückkehrer namens Fausto Pult genannt, der als erster die in seiner alten Heimat bekannte Mürbeteig-Spezialität Der Mürbeteig für die Engadiner Nusstorte besteht aus Mehl, Zucker, Eiern, Butter und einer Prise Salz. Für die Füllung hat jeder Bäcker sein «Hausrezept». Durch die Zugabe von Rahm wird die karamellisierte Zuckermasse kompakt und trotzdem geschmeidig. Die mit gehackten Nüssen angereicherte Füllung wird auf eine ausgerollte, in ein Kuchenblech gelegte Teigrondelle gegeben. Anschliessend kommt ein etwas kleinerer Teigdeckel darauf. Als goldgelb gebackene Köstlichkeit bleibt sie ohne Qualitätseinbusse relativ lange haltbar. Eine St. Moritzer «Institution» Eigentlich gehören «Hausers» zu den Zugezogenen. Doch der mitten im Dorfkern von St. Moritz gelegene Familienbetrieb ist, genau gleich wie die in ihrer Engadiner Nusstorte «Fuatscha Grassa» mit grob gehackten Baumnüssen und einer rahmigen Karamellmasse füllte. Im Jahre 1926 wurde das Gebäck in Samedan erstmals zum Verkauf angeboten. Einem breiten Publikum wurde die Engadiner Nusstorte aber erst in den 60er-Jahren zum Begriff, als sich auch das «gewöhnliche» Schweizervolk dank eines gewissen Wohlstandes Ferien im Engadin leisten konnte. Konditorei hergestellten Nusstorten und andere Spezialitäten, längst zu einer Institution geworden, ohne die man sich den Engadiner Hauptort nicht mehr vorstellen könnte. Familie Hauser hatte zuvor bereits in Zürich mehrere Betriebe besessen: Die erste Konditorei beim Kinderspital war 1892 von Engelbert Hauser eröffnet worden. Da der Mietvertrag in den 1950er-Jahren nicht mehr verlängert wurde, zog es die Zuckerbäcker-Familie ins Engadin. In St. Moritz konnte am alten Postplatz eine Liegenschaft gekauft werden, die nach einer rekordverdächtigen Umbauzeit kurz vor Weihnachten 1955 eröffnet wurde. Zu Hausers Betrieb gehören die Konditorei, das TeaRoom sowie der Hotelbetrieb. Dieser Neubeginn wurde von allem Anfang an von der dritten Generation geprägt. Zusammen mit seiner Frau Dori hat Albert Hauser den Betrieb mit viel Einsatz und Fachkenntnis zum Florieren gebracht. Im Jahre 1970 liessen die Besitzer das Hotel um vier Etagen aufstocken. Drei Jahre später wurde das Tea-Room in ein Restaurant umgebaut. Mit Markus und Marinda Hauser ist der Familienbetrieb seit 1985 in der Hand der vierten Generation. Um mit der Zeit Schritt zu halten, werden laufend Investitionen getätigt. Wie das bei einem echten Familienunternehmen nicht anders zu erwarten ist, wird nicht nur Geld in die verschiedenen Geschäftsbereiche gesteckt, sondern vor allem auch viel Herzblut und Innovationskraft. Meilensteine 1892 Engelbert Hauser eröffnet in Zürich seine erste BäckereiKonditorei, ein weiterer Betriebe an der Fraumünsterstrasse folgt 1924 Albert Richard Hauser übernimmt das Stammgeschäft in 2. Generation 1932 Eröffnung einer Filiale an der Zürcher Bahnhofstrasse 1954 Albert und Dori Hauser übernehmen den Betrieb; da der Mietvertrag in Zürich nicht verlängert wird, wagen sie im Engadin einen Neuanfang 1955 Eröffnung des Betriebs am alten Postplatz in St. Moritz mit Confiserie, Tea-Room und Hotelzimmern 1970 Aufstockung um vier Etagen; das Hotel bekommt 3*** Komfort 1973 aus dem Tea-Room wird ein moderner Gastronomiebetrieb 1985 Geschäftsübernahme durch Markus und Marinda Hauser
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