Wanderweg 4 Ferrara Die Stadt Von Ercole I d’Este Caterina Vi a Siena Viale della Certo sa eId ’Est e Via G u ar in i Ercol Vi a Corso Biagio Rosset E ti Corso D i Le ertà A Via P re artiri d Co Palazzo dei Diamanti era io o B viati rso Gi Corso M Castello Estense Chiesa del Gesù Corso Ercole I d’Este Palazzo dei Diamanti sch i de o llio Ma Vi a ur C Borg Lo ri ella L ib Via S p a d a ri vo Arma Vi a Vi a ale Vi a on ra Vi a Ca A B C D F è Tu Vi Mare estr Cosm Porta Pal Vi a G ova Vi a P a vone Ariosto H Arianu da Vi a B o r s o Santa Corso Vi a E F G H ov ec ca Palazzo Massari Piazza Ariostea Certosa Haus von Ludovico Ariosto 37 4 Bis Ende des 15. Jh. verliefen die nördlichen Stadtmauern längs der heutigen Straßen Viale Cavour und Corso Giovecca. Das Gebiet jenseits dieser Linie war nur sporadisch mit einigen Wohnhäusern und ein paar monumentalen Gebäuden bebaut. Dann aber entschloss sich Ercole I, die Hauptstadt seines Herzogtums deutlich zu vergrößern, das neu erschlossene Gebiet in die Stadtmauern einzubeziehen und alles dafür zu tun, dass es so schnell wie möglich besiedelt wurde. Die Gründe für das Projekt waren wirtschaftlicher, politischer und militärischer Natur, sollten dem Herzog aber auch neues Prestige einbringen. Er scheute keine Kosten und beauftragte Biagio Rossetti mit der Planung und Errichtung einer völlig neuen Stadt, an der Jahrzehnte lang gearbeitet wurde, die aber am Ende von verblüffender Modernität war. Castello Estense, rivellino nord Ausgangspunkt der Tour ist der Nordausgang des Schlosses (A). Von hier aus kann man sehr gut die riesigen Ausmaße der neuen Stadt von Ercole I erahnen: die Hauptstraße Viale Cavour links und Corso Giovecca rechts bildeten die Grundlinie der Erweiterung der Stadt nach Norden. Corso Giovecca entstand gleichzeitig mit der Erweiterung durch die Zerstörung der mittelalterlichen Stadtmauern, Viale Cavour dagegen war bis ins 19. Jh. ein von Straßen flankierter Kanal, der den Schlossgraben mit einem Seitenarm des Po verband. Das neue Stadtgebiet, das in etwa so groß wie das mittelalterliche war, wurde über diese Ost-WestAchse mit der bisherigen Stadt verknüpft. Es war ein Netz breiter Straßen, die ausgehend von zwei neuen Achsen, Corso Ercole I d’Este und Corso Porta Po– Corso B. Rossetti – Corso Porta Mare strukturiert wurde. Corso Ercole I d’Este wurde die Prachtstraße der Addizione Erculea, der neuen herzöglichen Stadt. Sie verband das Schloss mit der Porta degli Angeli, einem neuen Stadttor im Norden, das man vom Schloss aus in der Ferne erahnen kann. Gegenüber vom Schloss links erhebt sich der Palazzo Monte di Pietà aus dem 18. Jh., der unlängst restauriert wurde und nun wieder in seiner lebhaften ursprünglichen Farbgebung erscheint. Das Gebäude auf der rechten Seite ist der Sitz der Handelskammer. Ex Monte di Pietà 38 Am Nordausgang des Schlosses erkennt man noch deutliche Spuren der Regierung des Kirchenstaats, der 1598 an die Stelle der Este trat. Am Gebäudeflügel über der Zugbrücke ist außen ein eleganter überdachter Balkon angebaut, von dem aus die päpstlichen Legaten (fast immer Kardinäle) bequem den öffentlichen Zeremonien unten auf der Straße beiwohnen konnten. Über dem Balkon befindet sich eine Marmortafel mit den Zeichen der weltlichen Macht der Päpste: dem Baldachin mit den Schlüsseln des Hl. Petrus. Auch das Gebäude gegenüber ist ein Symbol der Politik der Legaten. Der Monte di Pietà war ein Leihhaus, in dem sich arme Leute kleinere Beträge leihen konnten, um so der Hinterlist und Habgier von Wucherern zu entgehen. Der ehemals wohltätige Zweck des Gebäudes ist auch daran zu erkennen, dass eine Reihe von Prellsteinen ringsum eine Abbildung von Christus aufweisen, der zum Zeichen der Barmherzigkeit die Arme ausbreitet. Vom Schloss geht man zunächst rechts und biegt dann sofort in Via Borgo dei Leoni ein. Als es hier noch ein Stadttor gab, stand gleich außerhalb der Porta dei Leoni eine Gruppe von Häusern, die als Borgo dei Leoni bezeichnet wurde. Das Haus Nr. 28 ist Palazzo Naselli Crispi aus dem 16. Jh., ein kleines aber sehr gut strukturiertes Gebäude. An Werktagen kann man in den Innenhof gehen und ein Fresko mit einer Mariendarstellung im Innenbereich des Hauptportals bewundern. Das Fresko ist von Girolamo da Carpi, demselben Künstler, der auch die Architektur des Gebäudes entworfen hat. Palazzo Naselli Crispi Palazzo Naselli Crispi war früher einmal weithin sichtbar. Gegenüber gab es keine Häuser sondern einen ausgedehnten wundervollen Park, der sich zwischen dem Schlossgraben und Corso Ercole I. d’Este erstreckte. Girolamo Naselli, der erste Besitzer des Palazzos, war ein Sekretär des Herzogs und brauchte nur den Park zu durchqueren, um an seinen Arbeitsplatz zu gelangen. 39 Der Entwurf dieses bizarren Gebäudes wird Biagio Rossetti zugeschrieben. Die Fassade wirkt sehr elegant, ist jedoch völlig asymmetrisch. Das Portal liegt nicht zentral und die Fenster, die mal paarweise und mal einzeln vorkommen, weisen unterscheidliche Abstände auf. Dazu kommt ein merkwürdiger kleiner Balkon, der zwischen dem Erdgeschoss und dem ersten Stock zu schweben scheint, da das Portal ungewöhnlich niedrig ist. Noch ist nicht klar, wie es zu einer so merkwürdigen Bauweise gekommen ist; das Gebäude gehört jedenfalls zu den originellsten, die die italienische Renaissance hervorgebracht hat. 40 d’Es I Erco le Man kommt nun zu einer Kreuzung, die auch Quadrivio degli Angeli genannt wird. Dieses war der zentrale D Schnittpunkt der neuen, von Rossetti entworfenen Stadt, denn hier trafen Quadrivio degli Angeli Corso Ercole I d’Este und die neue Ost-West-Achse (heute Corso Porta Mare, Corso Biagio Rossetti und Corso Porta Po) zusammen. Letzere wurde eine bedeutende Verkehrsader, über die Durchgangsverkehr und Warentransport abgewickelt wurden (wie oben beschrieben existierte Viale Cavour noch nicht in heutiger Form, und Corso Giovecca war nicht als Durchgangsstraße konzipiert, da er zu den Stadtmauern hin geschlossen war). Wie wichtig das Quadrivio war, bezeugen die Palazzi, die sich an den vier Eckpunkten erheben. Der auffälligste ist Palazzo dei Diamanti (D), ein Gebäude von Rossetti, das nach zwei Fassaden mit mehr als 8000 pyramidenoder diamantenförmigen Steinen benannt ist. Der prächtigste Teil ist nicht etwa das Portal, sondern die auf die Kreuzung weisende Ecke, die mit schönen Steinmetzarbeiten von Gabriele Frisoni und einem zierlichen, rein dekorativen Balkon geschmückt ist. o Man überquert den kleinen langgestreckten Platz vor der Kirche und schlägt am Ende Corso Ercole I d’Este (C) nach rechts ein. An der wundervollen Straße reihen sich diverse Chiesa del Gesù historische Palazzi auf. Palazzo Varano (Nr. 12), das erste Gebäude gleich auf der rechten Seite, gehörte früher den Prinzen von Camerino. Es verfügt über ein mit mehrfarbigem Marmor verziertes Portal und einen Balkon. Das Portal gibt allerdings interessanterweise keinen Zugang zum Haus sondern zum Garten daneben. Die Kreuzung mit Via Armari wird von einem in auffälligem Gelb und Rot gehaltenen Palazzo im Stil der Neorenaissance beherrscht. Das Gebäude gehörte früher einmal den Grafen Gulinelli und den Herzögen Canonici Mattei und ist heute Sitz einer Privatschule. Eine Tafel an der Fassade erinnert daran, dass hier im Sommer 1900 ein Treffen zwischen dem Grafen Gulinelli und Ettore Bugatti stattfand, das zur Entstehung der legendären Automobilfabrik Bugatti führen sollte. Etwas weiter rechts liegt Palazzo Giulio d’Este (Nr. 16), der vermutlich einem unglücklichen Bruder des Herzogs Alfonso I d’Este und später den Prinzen Pio da Carpi gehörte. Heute ist das Gebäude Sitz Corso Ercole I d’Este der Präfektur. Es folgt Palazzo Camerini (Nr. 26) (heute Sitz des Polizeipräsidiums), über dessen neoklassizistischer Fassade ein flacher Giebel mit einem Basrelief zu erkennen ist. Cors Etwas weiter rechts erhebt sich die Chiesa del Gesù (B). Die Kirche wurde um 1570 von Alberto Schiatti für die Jesuiten errichtet, die erst kurz zuvor nach Ferrara gekommen waren. Im Innern befinden sich wertvolle Gemälde und Skulpturen sowie das Grabmal von Barbara von Österreich. te 4 Corso Ercole I d’Este 41 4 In dem Palazzo befinden sich heute einige vorrangige Museen, die Nationale Pinakothek, die wichtigste Sammlung antiker Malerei der Stadt, die Galerie für Kunst der Moderne und der Gegenwart, in der bedeutende Kunstausstellungen stattfinden, das Museum des Risorgimento und des Widerstandes sowie das Museum Michelangelo Antonioni, das Bilder des berühmten Filmregisseurs aus Ferrara zeigt. Gegenüber vom Palazzo dei Diamanti liegt Palazzo Turchi-Di Bagno (heute Sitz von Fakultäten der Universität), der vieles von seinem einstigen Glanz verloren hat, aber immer noch über ein schönes Portal und eine hohe marmorne Dekoration an der Ecke zur Kreuzung hin verfügt. Auf der anderen Seite der Verkehrsstraße erhebt sich der Palazzo ProsperiSacrati, dessen Ecke ebenfalls dekoriert und mit einem Balkon versehen ist. Bemerkenswert an diesem Gebäude ist vor allem das grandiose, wunderschöne Marmorportal mit eingefassten Bronzemedaillons. Palazzo Prosperi-Sacrati Man mag sich fragen, warum in diesem Teil der Stadt mehrfach Ortsbezeichnungen mit dem Wort “degli Angeli” (“Engels-“) vorkommt, z.B. Porta degli Angeli, Quadrivio degli Angeli oder Corso Ercole I d’Este, der früher “Via degli Angeli” hieß. Diese Tatsache hat einen einfachen Grund: am letzten Abschnitt von Corso Ercole d’Este auf Höhe des Friedhofs lag früher eine große Kirche namens Santa Maria degli Angel. Sie war Grabstätte für viele Mitglieder der herzöglichen Familie, wurde aber zur Zeit der napoleonischen Besatzung entweiht, verfiel dann sehr schnell und war nach etwas mehr als einem Jahrhundert völlig verschwunden. 42 Man schlägt nun am Quadrivio Corso Porta Mare ein und kommt am Botanischen Garten der Universität und am Parco Massari vorüber. Letzterer ist der größte Park innerhalb der Stadtmauern und eröffnet sich am Fuße zweier riesiger jahrhundertealter Libanon-Zedern, deren Äste bis über die Straße ragen. Gleich dahinter auf der linken Seite liegt ein Filippo De Pisis, “Die größerer Gebäudekomplex, der aus dem Palazerschlagene Gladiole” zo Cavalieri di Malta, einem schönen RokokoGebäude, und Palazzo Massari (E) besteht. Im Palazzo Massari befinden sich das Museum Giovanni Boldini und das Museum des 19. Jh. sowie das Museum für Kunst der Moderne und der Gegenwart Filippo De Pisis (Eingang auf Höhe Haus-Nr. 9). Im Hintergrund links in den ehemaligen Reitställen ist ein Pavillon für Kunst der Gegenwart eingerichtet, in dem regelmäßig Kunstausstellungen stattfinden. Im Garten zwischen diesen Gebäuden sind zahlreiche Skulpturen von Künstlern der Gegenwart zu sehen. Auf Palazzo Massari folgt rechter Hand das weite lichte Rechteck der Piazza Ariostea (F), in deren Mitte sich eine reich verzierte Säule mit der Statue des Dichters Ludovico Ariosto Giovanni Boldini: “Frau mit rosa Kleid” erhebt. Das Monument hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Ursprünglich sollte es aus zwei gleichen Säulen und einem Reiterstandbild von Ercole I d’Este bestehen. Letzteres wurde jedoch nie realisiert. Während eine Säule spurlos verschwand, blieb die andere bestehen und wurde später von den päpstlichen Legaten als Basis für eine Statue von Papst Alexander VII benutzt. Als dann der Geist der französischen Revolution in Ferrara Einzug hielt, wurde die Statue des Papstes zunächst durch eine Freiheitsstatue und wenig später durch eine Statue Napoleons im Gewand eines römischen Kaisers ersetzt. Mit der Restauration wurde der Statue Napoleons das gleiche Schicksal ihrer Vorgänger zuteil (der Kopf und eine Hand dieser Statue sind allerdings noch heute im Museum von Casa Romei zu sehen). Schließlich entschied man sich, dem unsterblichen Dichter des “Rasenden Rolands” ein Denkmal zu setzen, und diese Entscheidung hatte endlich Bestand, denn der Dichter hielt allen folgenden Zeitenwenden stand, ganz gleich welcher politischen Richtung sie auch waren. 43 4 Piazza Ariostea Gegenüber der Kirche liegt ein Tor, durch das man auf Viale della Certosa und anschließend auf Corso Ercole I d’Este zurückkehren kann. Man befindet sich nun in unmittelbarer Nähe der Stadtmauern und erkennt, wenn man sich nach rechts wendet, im Hintergrund das einstige Stadttor Porta degli Angeli. Wenn man dagegen links geht, erreicht man schnell eine Kreuzung mit zwei wichtigen historischen Gebäuden, die heute der Universität gehören. Das eine ist Palazzo Trotti Mosti (Nr. 37), heute Sitz der Fakultät für Rechtswissenschaften und das andere Palazzo Guarini Giordani (Nr. 44), heute Sitz der Wirtschaftswissenschaften. Biagio Rossetti konzipierte den Platz als neuen Handelsplatz und siedelte ihn am wichtigsten Verkehrsweg der neuen Stadt an. Er legte jedoch Wert darauf, dass die Straße seitlich an dem Platz vorbeiführte, damit das Treiben auf dem Markt und der Verkehr auf der Straße sich nicht gegenseitig störten. Die wichtigsten Gebäude an dem Platz sind Palazzo Bevilacqua auf der kurzeren Westseite (sein ursprüngliches Aussehen ist zum Teil noch im Innenhof zu erahnen) und Palazzo Rondinelli an der Längsseite im Hintergrund. Beide Gebäude sind leicht zu erkennen, denn es sind die einzigen, die über Arkaden verfügen. An der Ecke zu Via Palestro liegt die Chiesa delle Stimmate, in der ein Gemälde von Guercino aufbewahrt wird. Von Piazza Ariostea kann man über Via delle Erbe in einen der grünsten und scheinbar entlegensten Teile des historischen Zentrums gelangen. Von der kleinen Seitenstraße aus kann man in der Nähe des Friedhofs auf einen Fuß- und Radweg überwechseln, über den man bequem die Stadtmauern erreicht. Über Via Borso, eine kurze von hohen Mauern gesäumte Straße, die stets im Schatten hoher Baumkronen liegt, gelangt man zum städtischen Monumentalfriedhof. Die sogenannte Certosa (G) war anfangs ein Kloster der Karthäuser (ital. “certosini”), dessen Grundstein der Herzog Borso Certosa d’Este gelegt hatte. Zu Beginn des 19. Jh. wurde das Gelände nach Plänen von Francesco Canonici in einen Friedhof verwandelt. Dem Architekten sind auch die beiden großartigen Arkadengänge zuzuschreiben, die den großen Vorplatz des Friedhofs im Hintergrund flankieren. Rechts von der Kirche San Cristoforo liegt ein Hof, der dem ehemaligen Großen Kreuzgang entspricht. Rings um diesen Hof waren die Zellen der Mönche angeordnet. In der Mitte der hinteren Arkaden befindet sich das Grabmal von Borso d’Este. 44 Kirche San Cristoforo Im Palazzo Guarini lebte der große Gelehrte Guarino da Verona, Erzieher von Leonello d’Este und Vorreiter des Humanismus in Ferrara. Hier lebten auch seine Nachfahren, die Grafen Guarini, darunter Battista, Dichter und Autor des “Pastor Fido” und Anna, eine Musikerin und Sängerin am Hofe von Alfonso II. Im Palazzo der adeligen Familie Trotti Mosti lebte im 19. Jh. der patriotische Graf Tancredi, der 1848 für die Römische Republik einstand und einen Korps von Freiwilligen organisierte, die für die Verteidigung der Freiheit kämpften. Eine Büste des Grafen und viele Stücke, die an diese “Bersaglieri del Po” erinnern, sind im Museum des Risorgimento und der Resistenza ausgestellt. Man kann nun über Corso Ercole I d’Este ins Zentrum zurückkehren oder noch einen Abstecher über Via Arianuova zum Haus von Ludovico Ariosto (H) machen. Das Haus, in dem ein kleines Museum zu Ehren des großen Dichters der Renaissance eingerichtet ist, liegt an der Via Ariosto, die nach ca. achthundert Metern links von Via Arianuova abgeht. Haus von Ludovico Ariosto 45
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