-- MEDIENINFORMATION -- Pressekonferenz der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie (ArGeZ) am 13. April 2015 auf der Hannover Messe Industrie - Es gilt das gesprochene Wort – 2014 – leichtes Wachstum aber nicht bei allen Zulieferern – Aktuelles Geschäftsklima freundlich, konjunkturelle Seitwärtsbewegung für 2015 erwartet – Flexibilität und wettbewerbsfähige Kostenstrukturen verlangen gegenseitiges Vertrauen, Offenheit und Fairness im Umgang miteinander und weniger Nachfragemacht Hannover, 13. April 2015. Die in der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie – ArGeZ – organisierten Industriebranchen haben im vergangenen Jahr einen Umsatz von 218 Milliarden € erzielt, das entspricht einem Anstieg um 1,1%. Basis für das Wachstum war die gute Automobilkonjunktur in Nordamerika, China und Osteuropa. Auch die Süd- und Westeuropäischen Märkte haben sich stabilisiert. Somit ist die Bedeutung des Exportgeschäfts im Durchschnitt aller Branchen nochmals leicht gestiegen, allerdings drückt die Quote der direkten Exporte bei weitem nicht den Geschäftsanteil des Auslandes aus, da die inländischen Kunden ihre Produkte zu rund 75% im Ausland absetzen. Weite Teile des allgemeinen Maschinenbaus als wichtige Kundenbranche entwickeln sich wegen der unveränderten Investitionszurückhaltung weiterhin verhalten. Während die Entwicklung der Produktionsmenge durchaus zufriedenstellen kann, standen die Betriebsergebnisse bei hohem Kostendruck der Kunden stark unter Druck. Trotz steigender Energieund Personalkosten gelingt es den mittelständischen Zulieferbetrieben nicht, nachhaltige Abschlüsse mit den meistens marktmächtigen Kunden zu erzielen. Die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter haben die Unternehmen nochmals um ca. 10.500 erhöht. Die Zulieferindustrie ist in Deutschland also noch eine Wachstumsbranche. Konjunkturelle Perspektiven 2015 – Geschäftsklima-Index Zulieferindustrie im März weiter erfreulich Das Geschäftsklima der Zuliefererindustrie hat sich im März verbessert. In den letzten Monaten zeigten sich die Erwartungen kontinuierlich optimistischer. Im März zeigte sich jetzt auch die Bewertung der aktuellen Lage verbessert. Unterstützt wird dieses März-Lagebild durch die Entwicklung des Einkaufsmanagerindex sowie das steigende Wirtschaftsvertrauen im Eurogebiet. Insbesondere, dass sich die Stimmung der Industrie nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Italien und Spanien leicht verbessert hat, stimmt zuversichtlich. Allerdings sind die Aussichten mit hohen Unsicherheiten behaftet. Neben den politischen Krisen in der Ukraine oder im Nahen Osten lasten auch innenpolitische Entscheidungen auf dem Ausblick auf das Jahr 2015. Die kostenträchtigen rentenpolitischen Entscheidungen der Großen Koalition, der bürokratische Aufwand zur Handhabung des Mindestlohn in der Lieferkette und teilweise hohe Tarifabschlüsse setzen den finanziellen Spielräumen der Unternehmen zu. Besonders verunsichert sind die Entscheider der Branchen allerdings zunehmend durch die Energiewende. Fehlende Planbarkeit der zu erwartenden Kosten erschweren es jedenfalls immer mehr, Investitionsentscheidungen zugunsten des Standorts Deutschland zu treffen. Dennoch blickt die deutsche Zulieferindustrie überwiegend optimistisch in die weitere Zukunft und hält ein Wachstum von 3% im Jahr 2015 für erreichbar. Der Geschäftsklimaindex Zulieferindustrie wird von der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie ArGeZ in Zusammenarbeit mit dem Ifo-Institut, München, ermittelt. Er beruht auf der monatlichen Befragung von rund 600 Unternehmen und deckt die in der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie zusammengeschlossenen Branchen Gießerei-Industrie, Kunststoffverarbeitung, Stahl- und Metallverarbeitung, NE-Metall-Industrie, Kautschukindustrie sowie Technische Textilien ab. Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette verbessern Nachhaltigkeit auch in der Zulieferkette, insbesondere zwischen der Großindustrie und den zahlreichen mittelständischen Zulieferern, ist ein wichtiges Anliegen der ArGeZ. In diesem Zusammenhang ist unter Nachhaltigkeit in der Zuliefererkette ein auf einen längeren Zeitraum angelegte vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Großindustrie und den Zulieferern zu verstehen, die sich nicht mit im Tagesgeschäft häufig anzutreffendem kurzfristigem Denken im Einkauf verträgt. Innovationen, Flexibilität und wettbewerbsfähige Kostenstrukturen gedeihen am besten in einem Umfeld, das weniger von der Marktmacht als von gegenseitigem Vertrauen, Offenheit und Fairness im Umgang miteinander geprägt ist. Was haben wir erreicht? Auch in der Lieferkette Automotive gilt Zahlungspünktlichkeit Schuldner, die verspätet ihre Rechnungen begleichen, haben es seit dem letzten Jahr schwerer. Am 29. Juli 2014 ist ein neues Gesetz in Kraft getreten, mit dem der Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr bekämpft werden soll. Die wichtigste Neuerung ist, dass die Zahlungsfristen verkürzt wurden. Bis zum Zahlungseingang dürfen jetzt nicht mehr als 30 bzw. 60 Tage verstreichen, nachdem eine Gegenleistung empfangen bzw. eine Rechnung eingegangen ist. Eine längere Zahlungsfrist kann nur noch in Ausnahmefällen individuell vereinbart werden. Die meisten Unternehmen regeln ihre Zahlungsziele in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). In der Zulieferindustrie werden die Zahlungsziele regelmäßig einseitig in den Einkaufsbedingungen des Käufers gestellt. Zahlungsziele von mehr als 30 Tagen sind dort nur noch in Ausnahmefällen – wenn der Steller der AGB besondere Gründe nachweist - zulässig. Bei individuell ausgehandelten Verträgen wird die Rechnung mit dem neuen Gesetz spätestens nach 60 Tagen fällig. Ist der Schuldner ein öffentlicher Auftraggeber, gilt auch hier eine Frist von 30 Tagen. Längere Zahlungsfristen sind nur dann wirksam, wenn sie ausdrücklich getroffen wurden und nicht grob unbillig sind. Individualverträge kommen in der Zulieferindustrie aber kaum vor und zwar schon deshalb nicht, weil große Abnehmer wegen der Vielzahl ihrer Vertragspartner vorformulierte Vertragswerke verwenden. Bei verspäteten Zahlungen müssen Schuldner seit der Gesetzesnovelle einen höheren Verzugszins zahlen: Er wird im unternehmerischen Geschäftsverkehr von 8 auf 9 Prozent über dem Basiszinssatz erhöht. Der Gläubiger hat bei Verzug des Schuldners – vorausgesetzt dieser ist kein Verbraucher außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, das am 29. Juli 2014 in Kraft getreten ist, setzt Deutschland eine Richtlinie der Europäischen Union um. Die ArGeZ Arbeitsgemeinschaft der Zulieferindustrien hat den Gesetzgebungsprozess aktiv begleitet und sich dafür eingesetzt, dass sich die Rechtslage zugunsten der Mitgliedsbetriebe verbessert. Christian Vietmeyer, Hauptgeschäftsführer des WSM Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e.V., ein Mitgliedsverband der ArGeZ, ist sich sicher, dass die überwiegend inhabergeführten, mittelständischen Unternehmen der Zulieferindustrie davon profitieren werden: „Das neue Gesetz ist ein wichtiger Schritt, um die Zahlungsmoral zu verbessern. Marktmächtige Schuldner können sich jetzt nicht mehr so leicht zu Lasten ihrer Vertragspartner übermäßig lange Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen einräumen. Wir merken, dass das Gesetz bei Neuverträgen wirkt. Es gibt aber immer noch marktstarke Unternehmen, die die neue Rechtslage ignorieren“. Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen - die Schutzstandards des AGB-Rechts müssen auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr bleiben Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) bietet dringend notwendige Schutzstandards im Zuliefer-Abnehmerverhältnis und darf nicht aufgeweicht werden. Marktstarke Unternehmen und ihre Verbände fordern, dass das AGB-Recht im Bereich B2B abgeschafft wird oder leicht auszuhebeln ist. Jedenfalls sollen einseitig gestellte Vertragsklauseln nach den Vorstellungen von Marktmächtigen keiner rechtlichen Wirksamkeitskontrolle mehr unterliegen. Zuletzt hat Herr Prof. Dr. Lars Leuschner von der Universität Osnabrück ein Rechtsgutachten vom 30.9.2014 vorgelegt, demzufolge die AGB-rechtliche Rechtskontrolle bei Verträgen zwischen Unternehmen stark eingeschränkt werden soll. U.a. fordert er, dass das AGB-Recht nicht mehr gilt, wenn das Geschäft einen bestimmten Wert überschreitet. Ziel der AGB-Kontrolle ist es, einen notwendigen Ausgleich zu schaffen, sofern AGB-Verwender durch das einseitige Stellen von Bedingungen privatautonomes Handeln für sich allein beanspruchen und Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Eine wirksame AGB-Kontrolle sorgt für ausgewogene Vertragsverhältnisse, vor allem soweit marktschwächere Vertragspartner beteiligt sind. Das deutsche AGB-Recht schränkt die Vertragsfreiheit nicht ein, da die Vertragspartner individuell jeden gesetzlich zulässigen Inhalt vereinbaren können. Vielmehr hilft das deutsche AGB-Recht, einseitige unangemessene Risikoverlagerungen zu Lasten marktschwächerer Vertragspartner zu verhindern. Hier gibt es zahlreiche Beispiele „marktstarker“ Nachfrager, deren einseitig diktierte Bedingungen eine wirksame AGB-rechtliche Kontrolle unerlässlich machen. So werden z.B. in Einkaufsbedingungen überzogene Vertragsstrafen, verschuldensunabhängige Haftungen beispielsweise für weltweite Rückrufe und unkalkulierbare Verlängerungen von Gewährleistungsfristen abverlangt. Die Reihe völlig unangemessener Haftungen, die sich auch nicht mehr versichern lassen, lässt sich fortsetzen. Die These, wegen des zu strikten deutschen AGB-Recht setze eine Flucht in ausländische Rechtsordnungen ein, ist nicht bewiesen. Große deutsche Kunden der Zulieferunternehmen wollen nach wie vor deutsches Recht auf ihre Zulieferbeziehungen anwenden. Und das Kartellrecht bietet nur in besonders gelagerten Fällen eine Handhabe. Die ArGeZ fordert vom Gesetzgeber, die notwendigen und ausgewogenen Schutzstandards des AGBRechts nicht aufzugeben. Christian Vietmeyer, Hauptgeschäftsführer des WSM Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e.V., ein Mitgliedsverband der ArGeZ, meint: „Das deutsche AGB-Recht im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist in den vergangenen 30 Jahren behutsam durch die Rechtsprechung fortentwickelt worden und zwar stets unter Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gebräuche. Es hat inzwischen eine Transparenz, Ausgewogenheit und Rechtssicherheit erreicht, wie sie keine andere uns bekannte Rechtsordnung bietet. Von diesen Vorteilen profitieren alle deutschen Marktteilnehmer.“ Kartellrecht setzt Forderungen nach Kostentransparenz bei Zulieferern Grenzen Die ArGeZ hat ein juristisches Positionspapier zu Kundenforderungen nach totaler Kostentransparenz (Cost Breakdown) erstellt, welches die kartellrechtlichen Grenzen dieser Compliance-widrigen Einkaufspraxis aufzeigt. Große Automobilhersteller und Tier1 Zulieferer fordern von ihren Zulieferern zunehmend, die Kosten der einzelnen Prozessschritte, regelmäßig auch einschließlich der Kosten für Vorprodukte und -material detailliert offenzulegen. Diese Forderung nach Kostentransparenz erscheint insbesondere dann besonders problematisch, wenn sie als notwendige Voraussetzung für die Angebotsabgabe eingefordert wird. D.h. bereits in einer sehr frühen Phase der Vertragsanbahnung, vor dem Vertragsabschluss und der eigentlichen Aufnahme des Liefervertragsverhältnisses wird von Zulieferern die totale Offenlegung der Prozess- und Vormaterialkosten verlangt. Die Kostentransparenz wird in diesen Fällen nicht dazu genutzt, Kostenoptimierung im Rahmen eines bestehenden Liefervertragsverhältnisses zu betreiben, sondern der wirtschaftlich überlegene OEM nutzt die offen gelegten Daten dazu, bei Preisverhandlungen noch stärkeren Druck auf den Zulieferer auszuüben und den Bezugspreis einseitig auf dessen Kosten zu drücken. Entgegen der freien unternehmerischen Entscheidung, Kostenoptimierung während der Laufzeit eines Produktes zum gemeinsamen Vorteil von OEM und Zulieferer zu betreiben, ist im vorliegenden Fall alleiniger und ausschließlicher Nutznießer der marktmächtige OEM. „Diese totale Kostentransparenz als notwendige Voraussetzung für die Angebotsabgabe halten wir kartellrechtlich und aus Sicht des unlauteren Wettbewerbs (UWG) für rechtlich unzulässig“, sagte Dr. Theodor Tutmann, Sprecher der ArGeZ anlässlich der Hannover Messe Industrie. Kartellrechtlich kann die Offenlegung der Kosten der einzelnen Prozessschritte des Zulieferers gegenüber dem OEM grundsätzlich in zweifacher Hinsicht problematisch sein. Zum einen kann der OEM durch die Forderung nach Kostentransparenz seine Nachfragemacht kartellrechtswidrig missbrauchen. Zum anderen kann die durch den OEM vermittelte Zirkulation von detaillierten Kosteninformationen ein verbotenes Kartell in Form einer wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensabstimmung begründen. Es wird nicht zuletzt zu prüfen sein, ob das beschriebene Einkaufsverhalten nicht gegen firmeneigene Compliance Vorschriften verstößt. Ansprechpartner: Dr. Theodor L. Tutmann, Geschäftsführer WSM Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie (ArGeZ), Tel. 02331 9588-12, E-Mail: [email protected] Über die ArGeZ: Die Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie (ArGeZ) wurde 1993 von deutschen Wirtschaftsverbänden gegründet. Die Interessengemeinschaft vertritt 9.000 Zulieferer, die mit 1 Million Beschäftigten einen Umsatz von 218 Mrd. Euro erwirtschaften. Sie hat die Aufgabe, die Belange der zumeist mittelständischen Zulieferfirmen in der Öffentlichkeit und Politik deutlich zu machen. Die ArGeZ setzt sich zudem ein für faire Geschäftsbeziehungen und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Zulieferern und Kunden aus Industrie und Handel. Nähere Informationen finden Sie unter www.argez.de .
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