Rückenschmerzen seit über 20 Jahren – Was steckt dahinter?

For tbildung
Rückenschmerzen seit über 20 Jahren –
Was steckt dahinter?
KRIMI – Kontinuierliche Rheumatologisch-Internistische Fortbildung aus Mainz
An a m n e se / Ve rl au f :
Der 69-jährige Mann wird vorgestellt zur Evaluation von
Rückenschmerzen mit progredientem Charakter. Diese Be­­
schwerden der gesamten Wirbelsäule bestehen bereits seit
über 20 Jahren, also mit Beginn Ende seiner 40er. Morgens
besteht eine zunehmende Steifigkeit der Wirbelsäule und
insgesamt Verminderung der Wirbelsäulenbeweglichkeit.
­
Schmerz­
mittel, wie Diclofenac oder Ibuprofen lindern die
Beschwerden. Darüber hinaus intermittierende Schmerzen im
Bereich der Fersen und Knie. Der HLA-B27 Genstatus ist positiv.
Keine Psoriasis Anamnese in der Familie und beim Patienten,
keine entzündlichen Darm- oder Augenerkrankungen, KHK,
Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie
und Adipositas mit einem BMI von 29,5 kg/m2.
A . LW S l ate ra l, g e l be r P fe i l ma r k i e r t e i n e Ve rä n der ung
passend zu einem Syndesmophyt L1/2. B. LWS a.p. jedoch
Unte rsu c h u ng s b ef u n d e:
mi t ma s s i ve r pro l i fe rati ve r K n o c h e n a ppo s i ti o n L 1/2. C .
Klinischer Befund mit Hyperkyphose der BWS eingeschränkt, B WS lateral mit Zuckerguss-ar tiger Ank ylose, passend zur
aufgehobenen LWS-Lordose und HWS-Beweglichkeit in allen D I S H .
Ebenen deutlich eingeschränkt und konsekutiver Kniebeugehaltung – Phänotyp passend zur Spondylitis Ankylosans (AS). mans (SD) und einer AS. Neben den proliferativen SpondyloDie internistische Untersuchung ist bis auf die Adipositas und phyten im Bereich der LWS zeigt die gesamte BWS eine zuckerstrumpfförmige PNP im Vibrationstest bds. unauffällig.
gussartige Verknöcherung. Auch sind die Iliosakralfugen nicht
ankylosiert, sondern gut einsehbar. Sonographisch zeigen sich
L a b o r:
proliferative plantare Fersensporne. Der HLA-B27 Status ist bei
BSG 13 mm n. W, CRP i. NB, HbA1c 6,8 Prozent, KreaClearance circa 6 Prozent in der Bevölkerung positiv und keinesfalls diag56 ml/min, Urin-Albumin/g Krea 324 mg, gGT 95 U/l (NB -60), nostisch für eine AS. Zusammenfassend zeigt sich das Bild einer
übriges klinisches Labor unauffällig.
führende DISH und SD.
Ursächlich für die Entstehung einer DISH sind genetische FakDia gno stik :
toren, jedoch auch Übergewicht und D.m. Der D.m. mit eingeKonventionelles Röntgen HWS, BWS, LWS in 2 Ebenen, Becken schränkter Nierenfunktion muss in der Therapie berücksichtigt
a.p.
werden.
Arthrosonographie Fersen und Knie bds.
Therapeutisch steht, wie bei der AS, die Krankengymnastik zum
Erhalt der (Rest)-Beweglichkeit und Muskelkraft, Atemtherapie
D i a g n o se :
sowie die Schmerzreduktion im Vordergrund. Darüber hinaus
Diffuse idiopathische skelettale Hyperostose (DISH).
wurde eine Schmerztherapie mit Paracetamol und niedrig
dosierten Opiaten bei Niereninsuffizienz begonnen.
D i sk u ssi o n:
Der 69-jährige Patient leidet seit über 20 Jahren an möglichen Auto r und Fo to :
entzündlichen Rückenschmerzen. Darüber hinaus liegt ein Prof. Dr. med. Peter Härle
HLA-B27 positiver Genstatus, als wichtiger Risikofaktor für das Klinik für Rheumatologie, Klinische Immunologie und
Vorliegen eine AS (alt, M. Bechterew), vor. Auch ist der klinische Physikalische Therapie
Eindruck passend zur genannten Diagnose AS.
Katholisches Klinikum Mainz, Standort St. Vincenz und
Die Erstmanifestation einer AS liegt in der Regel unter 40 Jah- Elisabeth Hospital
ren, Anfang des 50. Lebensjahres als Erstmanifestation wäre An der Goldgrube 11, 55131 Mainz
daher schon sehr spät.
Tel.: 06131-575-1750
Die einfache konventionelle Röntgendiagnostik ergibt die Dif- Mail: [email protected]
ferenzierung zwischen einer DISH, einer Spondylosis defor- www.kkm-mainz.de/rheumatologie
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Ärzteblatt Rheinland-Pfalz ❙ 5/2015