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Umwelt □ Technik □ Vergabe
Dreiunddreißigste Ausgabe, März 2015
Köln
Von-Werth-Straße 2
50670 Köln
T +49 (0)221 4207-0
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Seite
□
Novelle der Gewerbeabfallverordnung – erster Arbeitsentwurf liegt
vor...................................................................................................................... 1
□
Bundesregierung soll Streichung der Heizwertklausel bis Ende 2016
angekündigt haben.......................................................................................... 2
□
Zur Zulässigkeit einer gewerblichen Sammlung von Sperrmüll.................... 3
□
Produktverantwortung: Neuer Weg für alte Kleider ....................................5
□
Neue Grundsatzentscheidung zum Begriff des Abfallerzeugers..................6
□
Abfallgebühren und Vor-Ort-Korrektur von Fehlbefüllungen –
Zwischenbilanz aus aktuellem Anlass .............................................................9
□
Novellierung des Anhangs III der Richtlinie 2008/98/EG und des
Europäischen Abfallverzeichnisses ................................................................. 11
□
Gebühren für die Begleitscheinbearbeitung im Nachweisverfahren ..........13
□
Erfordernis einer Sondernutzungserlaubnis für auf
Privatgrundstücken aufgestellte Altkleidercontainer ................................. 14
□
Der Warenimporteur als Erstinverkehrbringer im Sinne der
Verpackungsverordnung ................................................................................17
□
Anordnung einer Sicherheitsleistung für die Zeit nach
Betriebseinstellung......................................................................................... 18
□
Bundesrat beschließt Änderungen der 4. BImSchV – strengere
Anforderungen für Anlagen der Entsorgungswirtschaft ............................ 19
□
Anwendung des bauplanungsrechtlichen Fachplanungsprivilegs im
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren............................... 21
□
Bundesverwaltungsgericht bekräftigt Rechtsprechung zur
Auslegungsbekanntmachung bei Bebauungsplänen .................................. 23
□
Verantwortlichkeit für Grundwassersanierung nach Löscharbeiten ..........24
□
Grau ist alle Theorie – Satzungsrecht und Grundsatz der konkreten
Vollständigkeit................................................................................................ 27
□
Übertragbarkeit der Rechtsprechung zu Untersuchungs- und
Rügeobliegenheit beim Streckengeschäft auf Weiterlieferung der
gekauften Ware an Subunternehmer des Käufers ......................................29
□
Schadstoffemission und Energieverbrauch als Zuschlagskriterien
zulässig, dann aber hinreichend konkret! ....................................................30
□
Aktuelle Veröffentlichungen......................................................................... 32
□
Aktuelle Veranstaltungen.............................................................................. 33
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Novelle der Gewerbeabfallverordnung – erster Arbeitsentwurf
liegt vor
oder wirtschaftlichen Unzumutbarkeit
entfällt. Darüber, was mit Abfällen geschehen soll, die von dem Katalog der getrennt zu haltenden Fraktionen nicht erfasst sind, von vornherein als Gemisch anfallen oder unzulässigerweise vermischt
worden sind, besagt der Arbeitsentwurf
allerdings nichts. Diese für die Praxis wichtigen Fragen bleiben damit offen.
Am 12.02.2015 hat das Bundesumweltministerium (BMUB) den ersten Arbeitsentwurf zur Novelle der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) vorgelegt. Damit reagiert das BMUB auf veränderte rechtliche
Rahmenbedingungen seit Inkrafttreten
der derzeit geltenden GewAbfV, etwa
durch die Einführung der fünfstufigen
Abfallhierarchie nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz. Mit der Novelle sollen die
Getrennthaltung und das Recycling von
gewerblichen Siedlungsabfällen sowie
Bau- und Abbruchabfällen gestärkt und
die Verordnung vollzugstauglicher gemacht werden.
Erstmals sollen nun auch technische Anforderungen an Vorbehandlungsanlagen
geregelt werden; der vorliegende Arbeitsentwurf sieht insoweit zum Beispiel
vor, dass eine Vorbehandlungsanlage
über Komponenten zur Separierung verschiedener Kunststoffsorten verfügt. Vorbehandlungsanlagen müssen darüber
hinaus künftig eine Sortierquote von
mindestens 85 Masseprozent erfüllen.
Deutlich über das Ziel hinaus schießen
dürften die neuen Dokumentationspflichten für Abfallerzeuger und -besitzer. So
schreibt § 4 Abs. 3 des Arbeitsentwurfs
vor, dass sich ein Erzeuger oder Besitzer
von gewerblichen Siedlungsabfällen „bei
Übergabe“ vorzubehandelnder Abfälle –
dies muss wohl so verstanden werden,
dass damit jede einzelne Übergabe gemeint ist – von dem Betreiber der Vorbehandlungsanlage bestätigen lassen muss,
dass die Anlage die Anforderungen der
neuen Verordnung erfüllt; zudem hat er
sich die vorgeschriebene Dokumentation
des Anlagenbetreibers sowie die Ergebnisse der letzten Fremdkontrolle vorlegen zu
lassen. Wenn die Vorschrift dann noch
zusätzlich verlangt, dass Erzeuger und Besitzer die Kenntnisnahme von diesen Informationen
dem
Anlagenbetreiber
schriftlich bestätigen müssen, wird dies
dem geregelten Lebenssachverhalt – dem
alltäglichen Vorgang der Leerung eines
Behälters mit gewöhnlichem Siedlungsabfall – nicht mehr annähernd gerecht und
schafft eine nutzlose und praxisferne Bürokratie. Hier, wie an anderen Stellen des
Entwurfs, wird noch erheblich nachzubessern sein.
Der Arbeitsentwurf sieht eine Reihe wesentlicher Neuerungen gegenüber der
geltenden Rechtslage vor:
Dies zeigt sich schon an der für den Anwendungsbereich der Verordnung zentralen Neudefinition des Begriffs der gewerblichen Siedlungsabfälle, der zukünftig auch gewerbliche und industrielle Abfälle erfassen soll, die nach der Abfallverzeichnisverordnung nicht in Kapitel 20
einzustufen sind, aber nach Art, Schadstoffgehalt und Reaktionsverhalten wie
Siedlungsabfälle entsorgt werden können.
Ein Kernpunkt der Novelle besteht weiterhin darin, dass künftig die bisher in § 3
Abs. 2 GewAbfV vorgesehene Möglichkeit
entfällt, statt einer Getrennthaltung eine
gemischte
Erfassung
durchzuführen,
wenn die gewerblichen Siedlungsabfälle
einer Vorbehandlungsanlage zugeführt
und dort in weitgehend gleicher Menge
und stofflicher Reinheit wieder aussortiert
werden. Eine gemischte Erfassung ist in
dem Arbeitsentwurf nur noch für den Fall
vorgesehen, dass die Getrennthaltung
technisch unmöglich oder wirtschaftlich
unzumutbar ist; in diesem Fall greift
grundsätzlich eine Pflicht zur Vorbehandlung, die wiederum nur unter den Voraussetzungen der technischen Unmöglichkeit
Die betroffenen Interessenverbände hatten bis zum 13.03.2015 Gelegenheit zur
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Stellungnahme. Es ist zu erwarten, dass
viel Kritik an einigen Grundentscheidungen des Novellierungsentwurfs ebenso
wie an den Details einzelner Regelungen
vorgebracht werden wird. Die Diskussion
um die neue Gewerbeabfallverordnung,
durch die der jetzt vorliegende Entwurf
des BMUB sicherlich noch die eine oder
andere wesentliche Veränderung erfahren
wird, steht also noch ganz am Anfang.
□
Bundesregierung soll Streichung
der Heizwertklausel bis Ende 2016
angekündigt haben
Die Bundesregierung soll in dem gegen
die Bundesrepublik Deutschland wegen
unzureichender Umsetzung der fünfstufigen Abfallhierarchie des Art. 4 Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) eingeleiteten
Vertragsverletzungsverfahren erklärt haben, die Heizwertklausel bis Ende 2016 abschaffen zu wollen.
Nach der in § 8 Abs. 3 Satz 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) geregelten Heizwertklausel, deren Anwendbarkeit davon
abhängt, dass der Vorrang oder Gleichrang der energetischen Verwertung nicht
in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2
KrWG festgelegt ist, wird die Gleichrangigkeit der energetischen mit der stofflichen Verwertung vermutet, wenn der
Heizwert des einzelnen Abfalls, ohne
Vermischung mit anderen Stoffen, mindestens 11.000 Kilojoule pro Kilogramm
beträgt. In der Praxis hat die Heizwertklausel zur Folge, dass Abfälle, bei denen
die Durchführung eines Recyclingverfahrens möglich wäre, der grundsätzlich
nachrangigen Hierarchienstufe der energetischen Verwertung in einer Müllverbrennungsanlage zugeführt werden können.
Die Europäische Kommission hatte am
21.02.2014 gemäß Art. 258 des Vertrags
über die Arbeitsweise der Europäischen
Union (AEUV) ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen unzureichender Umsetzung der Abfallhierarchie des
Art. 4 AbfRRL eingeleitet. Im Rahmen ihrer Bewertung, die konkrete Ausgestaltung der unionsrechtlichen Vorgaben
durch die §§ 6 ff. KrWG führe zu einer
Verkürzung der fünfstufigen auf eine
dreistufige Abfallhierarchie, hatte sich die
Europäische Kommission unter anderem
auf die Heizwertklausel bezogen.
Die offenbar beabsichtigte Abschaffung
der Heizwertklausel stellt einen ersten
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Schritt auf dem Weg zu einer unionsrechtskonformen Umsetzung der Abfallhierarchie des Art. 4 AbfRRL durch die
Vorschriften der §§ 6 ff. KrWG dar und ist
deshalb zu begrüßen. Da sich die Kritik
der Europäischen Kommission an der Umsetzung der fünfstufigen Abfallhierarchie
im KrWG nicht auf die Heizwertklausel
beschränkt, müssen weitere Schritte folgen. Aus Sicht der Abfallwirtschaft bleibt
zu wünschen, dass die Bundesregierung
die bestehende Chance ergreift, durch eine konsequente Umsetzung der fünfstufigen Abfallhierarchie im nationalen Recht
Handlungsspielräume für mehr Recycling
zu eröffnen.
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Zur Zulässigkeit einer gewerblichen Sammlung von Sperrmüll
Mit dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom 18.02.2015
– 4 B 53/14 (Vorinstanz: Verwaltungsgericht Dresden, Beschl. v. 06.03.2014 – 3 L
1133/13) liegt, soweit ersichtlich, erstmalig
eine oberverwaltungsgerichtliche Entscheidung zur Frage der Zulässigkeit einer
gewerblichen Sammlung von Sperrmüll
vor. Die Entscheidung enthält dabei konkrete Aussagen zu der in Literatur und
Rechtsprechung durchaus kontrovers diskutierten Frage, wie die in § 17 Abs. 2
Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)
normierte Rückausnahme, nach der insbesondere „gemischte Abfälle aus privaten
Haushaltungen“ einer gewerblichen (und
gemeinnützigen) Sammlung nicht zugänglich sind, auszulegen ist.
Inhalt und Reichweite der rechtlichen
Rahmenbedingungen
gewerblicher
Sammlungen beschäftigen nach wie vor
die Verwaltungsgerichte. Obwohl es der
Rechtsprechung zwischenzeitlich gelungen ist, den §§ 17 und 18 KrWG eine gewisse „Kontur“ zu verleihen, sind nach
wie vor viele Fragen im Einzelnen ungeklärt. So ist beispielswiese umstritten, ob
bestimmte Abfallfraktionen, wie etwa
Sperrmüll oder auch gemischte Bau- und
Abbruchabfälle (aus privaten Haushaltungen), einer gewerblichen Sammlung
überhaupt zugänglich sind. Der Streit entzündet sich dabei an § 17 Abs. 2 Satz 2
KrWG, der eine Rückausnahme zu § 17
Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 KrWG enthält
und insofern bestimmt, dass „gemischte
Abfälle aus privaten Haushaltungen und
gefährliche Abfälle“ einer gewerblichen
(und gemeinnützigen) Sammlung nicht
zugänglich sind. Während etwa das Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg (Urt. v.
09.12.2013 – 8 K 3508/12) die Auffassung
vertritt, dass eine gewerbliche Sammlung
von Sperrmüll i.S.d. ASN 20 03 07 AVV
nicht zulässig ist, weil darin regelmäßig
auch gemischte Abfälle i.S.v. § 17 Abs. 2
Satz 2 KrWG enthalten seien, erachtet das
VG Dresden (Beschl. v. 06.03.2014 – 3 L
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1133/13) unter Verweis auf die in der AVV
enthaltene Differenzierung zwischen gemischten Siedlungsabfällen (ASN 20 03 01)
und Sperrmüll (ASN 20 03 07) eine entsprechende gewerbliche Sammlung für
zulässig.
nützige) Sammlungen von Wertstoffgemischen hätte zulassen wollen, Sperrmüll
hingegen in die Rückausnahme des § 17
Abs. 2 Satz 2 KrWG hätte einbeziehen
wollen, er dies ausdrücklich geregelt hätte.
Mit der Entscheidung des OVG wurde der
Beschluss des VG Dresden nunmehr bestätigt und somit, soweit ersichtlich, erstmalig obergerichtlich geklärt, dass es sich bei
Sperrmüll „nicht um gemischte Siedlungsabfälle i.S.v. § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG“
handelt.
Im Ergebnis stellt das OVG somit eindeutig klar, dass Sperrmüll einer gewerblichen Sammlung grundsätzlich zugänglich
ist und sich der Begriff der „gemischten
Abfälle aus privaten Haushaltungen“ in §
17 Abs. 2 Satz 2 KrWG wohl nur auf gemischte Siedlungsabfälle nach ASN 20 03
01 der AVV beziehen dürfte. Überdies
stellt sich das OVG damit auch gegen die
von einigen Bundesländern erlassenen
Vollzugshilfen, in denen die Zulässigkeit
einer gewerblichen Sammlung von Sperrmüll auf Grund ihrer Eigenschaft als
„Mischabfall“ abgelehnt wird. Abzuwarten bleibt jedoch, ob diese durchaus kontrovers diskutierte Frage von anderen
OVG‘s bestätigt wird.
Dabei stellte das OVG fest, dass auf Grund
der Systematik der AVV der Begriff der
„gemischten Abfälle aus privaten Haushaltungen“ in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG nur
dahingehend auszulegen ist, dass „hiervon gemischte Siedlungsabfälle nach Unterziffer 20 03 01 erfasst sind“. Weder
nach nationalem noch nach europäischem
Abfallrecht sei es geboten, die Rückausnahme von der Überlassungspflicht aus §
17 Abs. 2 Satz 2 KrWG auch auf Sperrmüll
zu erstrecken. Insbesondere den in Art. 16
Abfallrahmenrichtlinie
enthaltenen
Grundsätzen der Entsorgungsautarkie und
Nähe werde bereits dadurch in ausreichender Art und Weise Rechnung getragen, dass eine Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen weiterhin dann besteht, soweit einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
Letztlich sei auch den Gesetzesmaterialen
nichts anderes zu entnehmen. Das OVG
verweist in diesem Zusammenhang auf
das Gesetzgebungsverfahren, in dem die
Bundesregierung dem Vorschlag des Bundesrates, die Rückausnahme in § 17 Abs. 2
Satz 2 KrWG auch um Wertstoffgemische
zu erweitern, ausdrücklich nicht gefolgt
war und vielmehr die Auffassung vertrat,
dass gewerbliche Sammlungen nicht auf
Monofraktionen zu beschränken sind und
mit Ausnahme der gemischten Abfälle
sämtliche Abfälle zur Verwertung erfassen könnten. Daraus folgt nach Ansicht
des OVG letztlich, dass der Gesetzgeber
dann, wenn er gewerbliche (und gemein-
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Produktverantwortung:
Weg für alte Kleider
Neuer
rückgeben zu können; den Aufwand, die
Produkte nach Herstellern oder Vertreibern zu sortieren und unterschiedlichen
Rücknahmesystemen zuzuführen, wird er
in aller Regel nicht in Kauf nehmen.
Das Verwaltungsgericht (VG) Würzburg
hat in einem vielbeachteten Urteil entschieden, dass das filialenbasierte
Rücknahmesystem für Altkleider eines großen
Textileinzelhändlers auch insoweit rechtlich zulässig ist, als dort Textilien zurückgenommen werden, die von anderen Vertreibern stammen.
Bundesweit streiten gewerbliche Sammler
und Kommunen vor Gericht erbittert um
den ersten Zugriff auf Altkleider aus privaten Haushalten. Jenseits dieser Auseinandersetzungen haben sich Unternehmen, die bundesweit Einzelhandel mit
Bekleidung betreiben, dazu entschlossen,
in ihren Verkaufsfilialen von ihren Kunden zurückgegebene Kleidung zurückzunehmen und dafür Gutschriften auszugeben, die beim nächsten Einkauf eingelöst
werden können. Das gilt auch für Kleidung, die die Kunden nicht bei den betreffenden Unternehmen erworben haben. Die so zurückgenommenen Textilien
werden durch drittbeauftragte Fachfirmen sortiert und weiter verwertet. Mit
den kommunalen Überlassungspflichten
sind solche Systeme vereinbar, weil diese
nicht für Abfälle gelten, die in Wahrnehmung der Produktverantwortung freiwillig zurückgenommen werden.
Streitig ist allerdings, ob die Systembetreiber neben den von ihnen selbst vertriebenen Textilien auch solche anderer
Vertreiber zurücknehmen dürfen.
Das VG Würzburg hat diese Frage am
10.02.2015 (4 K 13.1015) im Sinne der Systembetreiber bejaht. Das – noch nicht
rechtskräftige – Urteil ist wegweisend für
die Etablierung vergleichbarer Systeme
und stärkt das Instrument der freiwilligen
Produktverantwortung erheblich: Freiwillige Rücknahmesysteme können nur erfolgreich sein, wenn sie bei den Verbrauchern auf hinreichende Akzeptanz stoßen.
Der Verbraucher erwartet jedoch, alte
Produkte beim Erwerb neuer Ware zu-
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Neue
Grundsatzentscheidung
zum Begriff des Abfallerzeugers
Einsatz soweit wie möglich aufgefangen
und zunächst zwischengelagert. Per Entsorgungsverfügung gab die zuständige
Behörde der Anlagenbetreiberin die Beseitigung des Löschwassers auf, die dagegen Klage erhob.
In seinem Urteil vom 15.10.2014 (7 C 1.13)
hatte sich das Bundesverwaltungsgericht
(BVerwG) mit der Frage zu beschäftigen,
ob eine Person, die im Zeitpunkt der Entstehung eines Abfalls nicht die tatsächliche Sachherrschaft über diesen hat, Abfallerzeuger im Sinne des Abfallrechts sein
kann. Dies ist nach Ansicht des Gerichts
(ausnahmsweise) möglich, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die
eine Zurechnung der Abfallentstehung
aufgrund von Risikosphären oder Fehlverhalten ermöglichen. Im Ergebnis hat das
BVerwG den Begriff des Abfallerzeugers
damit dem in anderen Bereichen des Ordnungsrechts verwendeten Begriff des
Verursachers angenähert. Einen Anwendungsfall der neuen Rechtsprechung bildet nach dem kurz danach ergangenen
Beschluss des BVerwG vom 24.10.2014 (7 C
2.13) die Beauftragung von Abbruch- und
Räumungsarbeiten.
Die rechtliche Besonderheit des Falles
liegt darin, dass die Klägerin zu keinem
Zeitpunkt Abfallbesitzer war. In dem
Zeitpunkt, in dem das Löschwasser eingesetzt und dadurch zu Abfall wurde, lag
die tatsächliche Sachherrschaft bei der
Feuerwehr; die anschließende Zwischenlagerung erfolgte außerhalb des Betriebsgrundstückes, sodass auch in dieser Zeit
kein Abfallbesitz der Anlagenbetreiberin
vorlag. Die Rechtmäßigkeit der Entsorgungsverfügung und der Erfolg der Klage
hingen somit davon ab, ob die Anlagenbetreiberin als Abfallerzeugerin anzusehen war, obwohl sie zu keinem Zeitpunkt
Besitz an dem Löschwasser hatte und die
Handlung, die unmittelbar zur Entstehung
des Abfalls führte, nicht selbst vorgenommen hatte. Das BVerwG hat dies,
ebenso wie das Oberverwaltungsgericht
Münster in der Vorinstanz (vgl. hierzu die
Beiträge in den Köhler & KlettNewslettern aus Dezember 2011, S. 7 f.
sowie Juli 2010, S. 6 ff.), bejaht:
Die abfallrechtlichen Grundpflichten zur
ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung und zur gemeinwohlverträglichen Beseitigung von Abfällen richten
sich, soweit nicht Überlassungspflichten
eingreifen, an die Erzeuger und Besitzer
von Abfällen. Nur diese Personen kommen daher als Adressaten von abfallrechtlichen Entsorgungsverfügungen in Betracht. In der Regel sind dabei der erste
Abfallbesitzer und der Abfallerzeuger
identisch. Mit der Frage, ob diese Regel
ausnahmslos gilt, hat sich das BVerwG im
Urteil vom 15.10.2014 beschäftigt.
Das BVerwG stellt zur Begründung der
Entscheidung zunächst auf den Wortlaut
der gesetzlichen Definition für den Begriff
Abfallerzeuger ab, die sich nach geltendem Recht in § 3 Abs. 8 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) findet. Danach ist
Ersterzeuger – die Alternative der Zweiterzeugung durch Veränderung der Beschaffenheit oder Zusammensetzung von
Abfällen kam von vornherein nicht in Betracht – derjenige, durch dessen Tätigkeit
Abfälle anfallen. Dies sei im Regelfall derjenige, der im Zeitpunkt der Umwandlung
einer Sache in Abfall die Sachherrschaft
über sie ausgeübt und durch sein Verhalten die letzte Ursache für die Abfallentstehung gesetzt habe. Nur unter besonderen Umständen sei es möglich, aufgrund
einer fallbezogenen Wertung eine andere, im Vorfeld der Abfallentstehung handelnde Person als Abfallerzeuger anzuse-
Bei dem in Rede stehenden Abfall handelte es sich um Löschwasser, welches die
Feuerwehr zur Bekämpfung eines Großbrandes auf dem Betriebsgelände einer
immissionsschutzrechtlich
genehmigten
Anlage zur physikalisch-chemischen Behandlung von gefährlichen Abfällen eingesetzt hatte. Dieses Löschwasser war mit
perfluorierten Tensiden aus dem zugesetzten Schaummittel und betrieblichen
Stoffen verunreinigt; es wurde bei dem
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Newsletter 01/15
hen. Gefordert sei vom Wortlaut des Gesetzes eine Tätigkeit, die gerade für die
Umwandlung des Stoffes oder Gegenstandes in Abfall wesentlich sei. Dabei
handele es sich zwar typischerweise, aber
nicht zwingend um eine Tätigkeit des
unmittelbaren Besitzers, denn auch eine
andere Person könne etwa durch eine
schädigende Handlung in einer Weise auf
eine Sache einwirken, dass diese zu Abfall
wird. Wann der Ursachenbeitrag einer
Person für die Entstehung von Abfall so
wesentlich sei, dass der Abfall durch ihre
Tätigkeit anfalle, lasse sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht konkret beantworten; es könne jedoch in Anlehnung an die
ordnungsrechtliche Terminologie zum
Verhaltensstörer vom Erfordernis einer
unmittelbaren Verursachung gesprochen
werden, wobei Unmittelbarkeit typischerweise, aber nicht notwendig mit der
zeitlich letzten Ursache gleichzusetzen sei.
an Risikosphären oder Fehlverhalten anknüpfen, ebenfalls die Erzeugereigenschaft begründen.
Dieses Verständnis entspreche auch Sinn
und Zweck der gesetzlichen Regelung, die
einerseits durch den ordnungsrechtlichen
Effektivitätsgrundsatz und andererseits
durch das Verursacherprinzip geprägt sei.
Beide Grundsätze verlangten, bei Vorliegen besonderer Umstände, durch die sich
bei wertender Betrachtung ein vorgelagertes Verhalten als wesentliche Ursache
für die Abfallentstehung darstelle, die
Person, die diese Ursache gesetzt hat, als
Abfallerzeuger anzusehen.
Im konkreten Fall sah das BVerwG das
Verhalten der Klägerin, welches bei einer
auf Risikosphären beruhenden wertenden
Betrachtung dazu führe, dass sie Erzeuger
des verunreinigten Löschwassers sei, in
dem Betrieb der Anlage. Denn bei diesem
handele es sich um eine gefahrgeneigte
Tätigkeit. In der Anlage seien organische
Abfälle behandelt worden, „die Abfälle
bis hin zu gefährlichen Abfällen waren“;
bei Störungen im Betriebsablauf hätten
sich daraus Brand- und Explosionsgefahren ergeben können, die sich im tatsächlichen Geschehensablauf schließlich auch
realisiert hätten. Die Gefahrgeneigtheit
finde schließlich ihren Ausdruck in den
gesetzlichen Regelungen über die Gefährdungshaftung, denen die Anlage unterlag. Der Gefahrgeneigtheit entspreche
nach ordnungsrechtlichen Grundsätzen
eine Störerverantwortung der Klägerin,
für deren Wahrnehmung ihr allerdings
wirksame Mittel gefehlt hätten, sodass
eine effektive Gefahrenabwehr nur durch
die Feuerwehr habe erfolgen können.
Dies schaffe einen besonderen Bezug zwischen der privaten Gefahrenverursachung
und der öffentlichen Gefahrenabwehr
durch Löscharbeiten, der es rechtfertige,
beides als natürliche Einheit zu sehen.
Diese Wertung liege auch den Regelungen der Landesfeuerwehrgesetze zugrunde, die im Falle der Gefährdungshaftung
Regressansprüche gegen Anlagenbetreiber vorsähen. Die Klägerin sei daher Abfallerzeugerin gewesen, sodass die an sie
In systematischer Hinsicht spreche für die
Möglichkeit eines Auseinanderfallens von
Abfallerzeuger und erstem Abfallbesitzer
zunächst, dass das Gesetz jeweils selbständige Definitionen des Abfallerzeugers
und des Abfallbesitzers enthalte, wodurch
verdeutlicht werde, dass der Abfallerzeuger nicht lediglich ein Unterfall des Abfallbesitzers sei. Besondere Bedeutung
komme zudem dem unionsrechtlichen Bezug zur Abfallrahmenrichtlinie zu. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe in
zwei Grundsatzentscheidungen – zum einen in der Rechtssache „Van de Walle“
und zum anderen in der Rechtssache
„Commune de Mesquer“ – entschieden,
dass Abfallerzeuger im Sinne der Abfallrahmenrichtlinie auch Personen sein
könnten, die nicht die letzte Ursache für
die Entstehung eines Abfalls gesetzt hätten und bei Entstehung des Abfalls nicht
im Besitz des zu Abfall gewordenen Stoffes gewesen seien. Auch das Unionsrecht
gehe somit zwar für den Regelfall von der
Erzeugereigenschaft desjenigen aus, der
die Sachherrschaft über die zu Abfall gewordene Sache im Zeitpunkt der Abfallentstehung habe. Vorgelagertes Verhalten anderer Personen könne aber aufgrund von Zurechnungserwägungen, die
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gerichtete Beseitigungsverfügung rechtmäßig und die hiergegen gerichtete Klage
unbegründet gewesen sei.
scheidung jedoch weitere Rechtsunsicherheiten und damit Haftungsrisiken verbunden sein.
Auf die im Urteil vom 15.10.2014 entwickelten Grundsätze hat das BVerwG nur
wenige Tage später im Beschluss vom
24.10.2014 (7 C 2.13) zurückgegriffen. Hier
ging es um Abfälle, die beim Abbruch einer abgebrannten Druckerei entstanden
waren. Den Auftrag für die Abbrucharbeiten hatte eine Versicherung erteilt, die
nach Einschätzung des BVerwG damit eigene Interessen an der Klärung der
Brandursache verfolgte. Es spreche daher
„Erhebliches“ dafür, dass sich die Versicherung das Tätigwerden des Abbruchunternehmers zurechnen lassen müsse und
somit Abfallerzeugerin sei. Das BVerwG
hat daher der Versicherung die Kosten des
von den Beteiligten übereinstimmend für
erledigt erklärten Verfahrens auferlegt.
Die beiden dargestellten Entscheidungen
des BVerwG bedeuten eine Ausweitung
der Abfallerzeugereigenschaft, die der
aus anderen Bereichen des Ordnungsrechts bekannten Verursacherhaftung nahe kommt. Ihre praktische Tragweite lässt
sich allerdings noch nicht verlässlich überblicken. Während das Urteil vom
15.10.2014 durch die wiederholte Betonung des Grundsatzes, dass als Abfallerzeuger in der Regel nur derjenige in Betracht kommt, der im Zeitpunkt der Abfallentstehung den Besitz inne hat, und
den mehrfachen Hinweis auf das Erfordernis besonderer Umstände des Einzelfalls für eine abweichende Beurteilung
tendenziell den Ausnahmecharakter der
Entscheidung in den Vordergrund stellt,
ist angesichts des Beschlusses vom
24.10.2014, wonach bereits der alltägliche
Umstand der Erteilung eines Auftrags für
Abriss- und Räumungsarbeiten ausreichen
soll, einen Nichtbesitzer zum Abfallerzeuger werden zu lassen, nicht auszuschließen, dass von der Rechtsprechung keine
hohen Anforderungen an das Vorliegen
von besonderen Umständen des Einzelfalls gestellt werden. Wo die Grenzen genau verlaufen, wird die weitere Entwicklung zeigen. Vorerst dürften mit der Ent-
8
Newsletter 01/15
□
Abfallgebühren
und
Vor-OrtKorrektur von Fehlbefüllungen –
Zwischenbilanz aus aktuellem Anlass
Das Verursacherprinzip wird dadurch im
Bereich der Abfallentsorgung unterlaufen. Den Mietern fehlt so der Anreiz zu
der – oft ohnehin als lästig empfundenen
– Vermeidung und Trennung von Abfällen. Typischerweise wird die Tendenz zu
abfallwirtschaftlichem Desinteresse durch
die Anonymität von Großwohnanlagen
und die Sozialstruktur der dort lebenden
Mieter verstärkt.
Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hat in
fünf Musterverfahren durch Urteile vom
17.03.2015 – 14 K 5992/13, 14 K 5993/13,
14 K 5994/13, 14 K 6760/13 und 14 K 6796/13
– die von Wohnungsbauunternehmen angefochtenen
Abfallgebührenbescheide
der Stadt Köln aufgehoben. In den Entscheidungsgründen hat das Gericht ausgeführt, dass die Abfallgebühren der beklagten Stadt insgesamt nicht auf einer
ausreichenden satzungsrechtlichen Grundlage beruhten, weil die zugrunde liegenden Gebührenmaßstäbe in der Abfallgebührensatzung nicht hinreichend festgelegt seien. Dies führe dazu, dass die in der
Kalkulation für das Veranlagungsjahr 2013
ermittelten Gebührensätze je Behältergröße unwirksam seien. Diese Folgerungen gelten auch für die Veranlagungsjahre 2014 und 2015.
Die Folgen dieser Situation bestehen regelmäßig in einem erhöhten Abfallaufkommen und in Fehlbefüllungen der Abfallbehälter. Durch derartige Fehlbefüllungen, insbesondere mit großvolumigen Verpackungen und sperrigen Gegenständen, wird die weitere Befüllung der
Behälter verhindert, die Bereitstellung
weiterer Gefäße erzwungen und die letztlich von allen Mietern gemeinsam zu tragende Gebührenlast in die Höhe getrieben – abgesehen davon, dass insoweit die
gesetzlichen Ziele der Vermeidung, Trennung und Verwertung von Abfällen konterkariert werden.
Die
Vor-Ort-Korrektur
von
Fehlbefüllungen (Nachsortierung) ist wesentlicher Bestandteil der AbfallmanagementDienstleistungen. Diese dienen dem Ziel,
auch bei Großwohnanlagen mit schwieriger Mieterschaft eine geordnete Entsorgung – insbesondere von Wertstoffen – zu
gewährleisten. Zudem wird hierdurch die
Sauberkeit und Hygiene der Behälterstandplätze verbessert.
Den Urteilen des VG Köln vom 17.03.2015
liegen Rechtsstreitigkeiten über die abfallgebührenrechtliche Behandlung der im
Rahmen von Abfallmanagement-Dienstleistungen praktizierten Vor-Ort-Korrektur von Fehlbefüllungen (sog. Nachsortierung) zugrunde. Wohnungsbauunternehmen lassen vielfach – vor allem in
Großstädten – solche Dienstleistungen in
großen Wohnanlagen erbringen, um die
Vermeidung, Trennung und Verwertung
von Abfällen zu fördern und das äußere
Erscheinungsbild und die Hygiene der Behälterstandplätze zu verbessern. Die in
dieser Hinsicht bestehenden Defizite beruhen darauf, dass es in großen Wohnanlagen schon aus Platzgründen unmöglich
ist, jeder Wohneinheit oder jedem Haushalt einen eigenen Abfallbehälter zuzuweisen. Großwohnanlagen werden daher
zentral entsorgt. Die dafür zu entrichtenden Gebühren werden in der Regel nach
der Größe der Wohnfläche oder der Zahl
der Mieter umgelegt – und zwar unabhängig davon, welche Abfallmenge der
einzelne Mieter tatsächlich erzeugt hat.
Trotz dieser Vorzüge bekämpfen die
Kommunen seit Jahren die Vor-OrtKorrektur von Fehlbefüllungen, was sich
nur mit dem verursachten Nebeneffekt
eines verringerten Gebührenaufkommens
erklären lässt. Das Mittel der kommunalen
Repression waren zunächst abfallsatzungsrechtliche Verbote und Verbotsverfügungen, die damit begründet wurden,
die Vor-Ort-Korrekt verstoße gegen die
abfallrechtlichen Überlassungspflichten.
Diese Versuche sind juristisch gescheitert
(grundlegend dazu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.12.2007 – 7 C 42.07;
Oberverwaltungsgericht für das Land
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Nordrhein-Westfalen,
Urteil
vom
11.09.2008 – 20 A 1661/06). Auch Versuche,
die Vor-Ort-Korrektur mit arbeitsschutzrechtlichen Mitteln zu verbieten, waren
erfolglos (dazu VG Düsseldorf, Beschluss
vom 20.04.2010 – 3 L 1995/08).
Streitgegenstand der vom VG Köln durch
die Urteile vom 17.03.2015 entschiedenen
Musterverfahren sowie einer Vielzahl gegenwärtig ruhend gestellter Parallelverfahren sind die vorbezeichneten Mehrgebühren für Abfallbehälter mit Nachsortierung. Die klagenden Wohnungsbauunternehmen sehen hierin eine wirkungsgleiche Fortsetzung der früheren, von der
Stadt Köln angesichts der erhobenen Einwendungen aufgegebenen Gebührenzuschläge für die Nachsortierung. Sie machen geltend, dass diese Mehrgebühren
gegen das Kostendeckungs- und das
Äquivalenzprinzip, das Prinzip der Leistungsproportionalität, das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes und gegen die abfallrechtlichen
Lenkungsziele gem. § 9 Abs. 2 Satz 3 des
Abfallgesetzes für das Land NordrheinWestfalen verstoßen.
Die Stadt Köln hat alsdann zu dem Mittel
finanzieller Sanktionen gegriffen, indem
sie in ihrer Abfallgebührensatzung (erstmalig für 2010) Gebührenzuschläge für
die Nachsortierung, d.h. für die Vor-OrtKorrektur von Fehlbefüllungen, geregelt
hat. Nachdem entsprechende Gebührenbescheide verwaltungsgerichtlich angefochten worden waren, hat die Stadt Köln
Ende 2010 die Erhebung dieser Gebührenzuschläge ausgesetzt und schließlich aufgegeben.
In den folgenden Jahren hat die Stadt
Köln ihre Abfallgebührensatzung abermals geändert. Die Vorschriften über Gebührenzuschläge für die Nachsortierung
von Abfallbehältern sind entfallen. Stattdessen sind in der Satzung die Kataloge
der Gebührensätze für die verschiedenen
Behälter erweitert worden. Dabei sind gesonderte Gebührensätze für Behälter mit
Nachsortierung geregelt worden, welche
gegenüber den Basissätzen der Gebühren
für gleich große Behälter ohne Nachsortierung deutlich erhöht sind. Die Differenz zwischen den Basissätzen und den
gesonderten, für Behälter mit Nachsortierung erhobenen Gebührensätzen lässt sich
als Mehrgebühr für die Nachsortierung
kennzeichnen. Diese Differenz beläuft
sich im Veranlagungsjahr 2013 auf eine
prozentuale, nach dem Behältervolumen
unterschiedliche Erhöhung zwischen 15,77
% und 22,72 %.
Das VG Köln hat diese Grundsatzfragen
des Gebühren- und des Abfallrechts nicht
entschieden, sondern sich hierzu nur in
obiter dicta geäußert, die als solche für
die Urteile vom 17.03.2015 keine tragende
Bedeutung haben. Als entscheidungserheblich hat das Gericht angesehen, dass
die Abfallgebührensatzung der Stadt Köln
die Zuordnung und Verteilung der Kosten
für Verwaltung und Logistik nicht, jedenfalls nicht klar, regelt. Diese Kosten seien
– so das VG Köln – der Höhe nach erheblich. Sie dürften deshalb nicht vernachlässigt werden. Die Abfallgebührensatzung
der Stadt Köln sei insofern unvollständig
und keine taugliche Rechtsgrundlage für
die Erhebung von Abfallgebühren. Infolgedessen sei auch die Gebührenkalkulation der Stadt nicht nachvollziehbar und
rechtlich nicht zu halten. Die Gebührenbescheide der Stadt müssten deshalb aufgehoben werden, soweit sie angefochten
sind.
Die Stadt Köln hat die neu strukturierte
Abfallgebührensatzung erstmalig der Erhebung der Abfallgebühren im Jahr 2013
zugrunde gelegt. Für die Jahre 2014 und
2015 ist die städtische Abfallgebührensatzung nicht mehr strukturell, sondern nur
noch hinsichtlich einzelner Gebührensätze
geändert worden.
Beachtung verdient, dass das VG Köln die
Berufung gegen die Urteile vom
17.03.2015 nicht zugelassen hat. Die Stadt
kann somit diese Urteile nicht unmittelbar
mit der Berufung angreifen. Sie kann lediglich binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigun-
10
Newsletter 01/15
gen einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen. Über einen solchen Antrag
müsste das Oberverwaltungsgericht für
das Land Nordrhein-Westfalen entscheiden.
□
Novellierung des Anhangs III der
Richtlinie 2008/98/EG und des Europäischen Abfallverzeichnisses
Änderungen der Stoffrichtlinie (Richtlinie
67/548/EG) und der Zubereitungsrichtlinie
(Richtlinie 1999/45/EG) durch die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (sogenannte CLPVerordnung, CLP = classification, labeling
and packaging) erforderten eine Novellierung des Anhangs III der Richtlinie
2008/98/EG sowie der Entscheidung
2000/532/EG über ein Europäisches Abfallverzeichnis. Die Novellierungen erfolgten
am 18.12.2014 und sind ab dem 01.06.2015
anwendbar. Unklar ist derzeit, ob bis dahin die vom Bundesumweltministerium
(BMUB) beabsichtigten Änderungen der
Abfallverzeichnisverordnung (AVV) umgesetzt sein werden.
Die gegenwärtige Rechts- und Entscheidungslage wird dadurch kompliziert, dass
das VG Köln in den obiter dicta der Urteile
vom 17.03.2015 ausgeführt hat, die umstrittenen Mehrgebühren für Abfallbehälter mit Nachsortierung seien als solche
nicht zu beanstanden. Der modifizierte
Volumenmaßstab nach § 1 Abs. 1 UAbs. 3
der städtischen Abfallgebührensatzung
sei hinreichend bestimmt und in der Sache
unbedenklich. Da das VG Köln indessen
die Aufhebung der angefochtenen Gebührenbescheide allein auf die Unvollständigkeit der Abfallgebührensatzung
hinsichtlich der Zuordnung und Verteilung der Verwaltungs- und Logistikkosten
gestützt und deshalb in der Satzung keine
taugliche Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung gesehen hat, ist der Streit
über die Rechtmäßigkeit der Mehrgebühren für Abfallbehälter mit Nachsortierung
unentschieden und für die künftige
Rechtspraxis offen geblieben.
In der Praxis der Entsorgungswirtschaft
sind Fragen der Abgrenzung gefährlicher
von nicht gefährlichen Abfällen regelmäßig von – teilweise erheblicher – Bedeutung. Welche Maßstäbe bei der Abgrenzung anzulegen sind, bestimmt sich zunächst und maßgeblich nach der AVV.
Diese setzt die im Anhang III der Richtlinie
2008/98/EG sowie dem Europäischen Abfallverzeichnis enthaltenen europarechtlichen Vorgaben zur Unterscheidung gefährlicher von nicht gefährlichen Abfällen
um bzw. nimmt auf diese Bezug.
Der materielle Streit der Beteiligten über
die Mehrgebühren für Abfallbehälter mit
Nachsortierung ist durch die Urteile des
VG Köln vom 17.03.2015 damit weder entschieden noch erledigt; vielmehr besteht
er zwischen den Beteiligten fort. Der darüber geführte Streit wird gegenwärtig
bundesweit ausgetragen, weil auch andere Kommunen für Abfallbehälter mit
Nachsortierung erhöhte Gebühren oder
entsprechend erhöhte privatrechtliche
Entgelte erheben. Diese besondere Belastung wird aus der Sicht der Wohnungsbauunternehmen und der Abfallmanagement-Dienstleister der praktizierten,
den abfallwirtschaftsrechtlichen Zielen
dienenden Vor-Ort-Korrektur von Fehlbefüllungen nicht gerecht.
Danach ist für die Abgrenzung gefährlicher von nicht gefährlichen Abfällen unter bestimmten Voraussetzungen auch auf
sogenannte Gefahreneigenschaften (etwa
giftig, gesundheitsschädlich, umweltgefährdend etc.) abzustellen. Ob ein Abfall
diese Eigenschaften erfüllt, bestimmt sich
im Wesentlichen nach den chemikalienrechtlichen Vorgaben der Stoffrichtlinie
(Richtlinie 67/548/EG) und der Zubereitungsrichtlinie (Richtlinie 1999/45/EG). Diese enthalten Grenz- bzw. Konzentrationswerte und korrespondierende Vorgaben für deren Bestimmung.
Stoff- und Zubereitungsrichtlinie sind
durch die CLP-Verordnung geändert wor-
11
Newsletter 01/15
den. Diese führt ein neues System von Gefahreneigenschaften ein, das im Wesentlichen ab dem 01.06.2015 gilt.
lige Auswirkungen auf Gewässer untersucht. Hinsichtlich der Bestimmung eines
Abfalls als HP 14 („ökotoxisch“) verbleibt
es bis auf Weiteres bei den Kriterien der
Stoffrichtlinie. Denn der europäische
Normgeber ist der Auffassung, dass weitere Studien erforderlich sind, um zu prüfen, ob auch hinsichtlich der gefahrenrelevanten Eigenschaft HP 14 („ökotoxisch“)
die Vorgaben der CLP-Verordnung angewendet werden können.
Ersetzung von Anhang III
Der europäische Normgeber hat die ab
dem 01.06.2015 geltenden Vorgaben der
CLP-Verordnung zum Anlass genommen,
Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG durch
die Verordnung (EU) Nr. 1357/2014 vom
18.12.2014 zu novellieren, indem die Bezugnahme des Anhangs III auf die Stoffund Zubereitungsrichtlinie durch Bezugnahmen auf die CLP-Verordnung ersetzt
werden:
Neues Europäisches Abfallverzeichnis
Die Ersetzung des Anhangs III der Richtlinie 2008/98/EG machte eine Änderung
des Europäischen Abfallverzeichnisses erforderlich. Diese erfolgte durch Beschluss
der
Kommission
vom
18.12.2014
(2014/955/EU).
- Im Zuge dieser Ersetzung wurden die gefahrenrelevanten Eigenschaften bzw. Gefährlichkeitsmerkmale der CLP-VO übernommen. Diese ersetzen die bisherigen in
Anhang III enthaltenen gefahrenrelevanten Eigenschaften H 1 – H 15. Um insoweit
Verwechselungen zu vermeiden, wurden
sie in HP 1 – HP 15 umbenannt.
- Seiner Regelungsstruktur nach entspricht
das neue Europäische Abfallverzeichnis im
Wesentlichen dem alten. So verbleibt es
dabei, dass bestimmte mit einem Sternchen (*) versehene Abfälle als gefährlich
gelten. Bei Abfällen, den sowohl gefahrenrelevante als auch nicht gefahrenrelevante Abfallschlüssel zugeordnet werden
können (sogenannte Spiegeleinträge),
wird die Entscheidung darüber, ob der
Abfall gefährlich oder nicht gefährlich ist,
nach wie vor letztlich anhand einer Analytik getroffen werden.
- Die früheren Gefahreneigenschaften H 5
(„gesundheitsschädlich“), H 6 („giftig“), H
12 („Abfälle, die bei der Berührung mit
Wasser, Luft oder Säure ein giftiges oder
sehr giftiges Gas abscheiden“) und H 15
(„Abfälle, die nach der Beseitigung auf irgendeine Weise die Entstehung eines anderen Stoffes bewirken können, z.B. ein
Auslaugprodukt, das eine der oben genannten Eigenschaften aufweist“) sind
neu definiert worden.
- Geändert wurden die Beschreibungen
diverser Abfallschlüssel. Dies gilt insbesondere für die Gruppe 16 02 (Abfälle aus
elektrischen und elektronischen Geräten)
- Für das Gefährlichkeitsmerkmal HP 10
(„reproduktionstoxisch“) gelten künftig
verschärfte Konzentrationsgrenzen.
- Aufgenommen wurden drei neue gefährliche Abfälle (bestimmte Rotschlämme
aus der Aluminiumoxidherstellung = 01 03
10*; metallisches Quecksilber = 16 03 07*;
teilweise stabilisiertes Quecksilber = 19 03
08*).
- Aus der CLP-VO nicht übernommen wurde dagegen die Kriterien für die Bestimmung der Gefahreneigenschaft HP 14
(„ökotoxisch“ = Abfall, der unmittelbare
oder mittelbare Gefahren für einen oder
mehrere Umweltbereiche darstellt oder
darstellen kann). Unter Zuhilfenahme dieses Kriteriums wird ermittelt, ob Konzentrationen von gefährlichen Stoffen im Abfall dazu führen können, dass der Abfall
nachteilige Auswirkungen auf Umweltbereiche haben kann; dabei werden nachtei-
- Zudem legt das geänderte Europäische
Abfallverzeichnis fest, dass die im geänderten
Anhang
III
der
Richtlinie
2008/98/EG festgelegten Konzentrationsgrenzwerte nicht für reine Metalllegierungen in massiver Form gelten, die nicht
durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind.
12
Newsletter 01/15
Gebühren für die Begleitscheinbearbeitung im Nachweisverfahren
Als gefährlich angesehene Abfalllegierungen sind im Verzeichnis eigens aufgeführt und mit einem Sternchen (*) versehen.
□
Änderung der AVV
Der neue Anhang III der Richtlinie
2008/98/EG sowie das geänderte Europäische Abfallverzeichnis sind ab dem
01.06.2015 anwendbar. Derzeit ist nicht
absehbar, ob bis dahin die, wie zu hören
ist, vom BMUB beabsichtigte Anpassung
der AVV realisiert sein wird.
Die Erhebung von Gebühren bei der Prüfung von Begleitscheinen im Rahmen der
Nachweisführung gehört seit längerem
zur gängigen Praxis in einer Reihe von
Bundesländern. Aktualität erhält dieses
Thema durch zwei Entscheidungen des
Oberverwaltungsgerichts (OVG) Koblenz
und
des
Bundesverwaltungsgerichts
(BVerwG) vom Ende letzten Jahres sowie
aufgrund des Umstandes, dass einige Behörden Bearbeitungsgebühren auch für
die automatisierte Fehlerprüfung im
Rahmen des elektronischen Abfallnachweisverfahrens erheben.
Die Erhebung von Gebühren bei der
Überwachung der Nachweisführung ist in
vielen Ländern (wie etwa Hamburg,
Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Bayern,
Sachsen-Anhalt) gängige Praxis.
Zuletzt haben sich das OVG Koblenz und
das BVerwG Ende 2014 mit der Rechtsmäßigkeit von Gebühren für die Kontrolle
von Begleitscheinen befasst und die Gebührenerhebung grundsätzlich für rechtmäßig befunden. Nach dem BVerwG
(Beschl. v. 15.10.2014 – 9 B 1.14) kann die
Überprüfung abfallrechtlicher Begleitscheine durch Landesrecht mit einer Gebühr belegt werden. Das BVerwG stellt
fest, dass die Begleitscheine innerhalb des
systematischen Zusammenhangs aus Vorab- und Verbleibkontrolle einen wesentlichen Teil der Überprüfung des Entsorgungsvorgangs darstellen, dessen Ordnungsgemäßheit der zuständigen Behörde insgesamt nachzuweisen ist. Das
BVerwG liegt damit auf der Linie des OVG
Koblenz, das im Urteil vom 10.12.2014 (Az.
6 A 10051/14) festgestellt hat, dass die Prüfung von Begleitscheinen im Rahmen der
Verbleibskontrolle
eine
notwendige
Amtshandlung darstellt, für die auch eine
Gebühr erhoben werden dürfe. Dabei sei
eine Gebühr pro Begleitschein in Höhe
von fünf bis zehn Euro nicht zu beanstanden.
13
Newsletter 01/15
Eine besondere Aktualität erhält das
Thema der Bearbeitungsgebühren für die
Prüfung von Begleitscheinen derzeit dadurch, dass einige Behörden nunmehr
auch Gebühren für fehlerhafte Begleitscheine erheben. So setzen Behörden Bearbeitungsgebühren pro Begleitschein
fest, wenn sie bei der automatisierten
Prüfung von Begleitscheinen im behördlichen Überwachungssystem ASYS etwa auf
vermeintliche Fehler beim Zeitpunkt der
Signatur stoßen. Dies betrifft insbesondere auch die Diskussion um den Zeitpunkt
der Entsorgersignatur. So interpretieren
einige Behörden die Nachweisverordnung
(NachweisV) entgegen ihrem Wortlaut
dahin, dass die Signatur unmittelbar nach
Anlieferung an der Entsorgungsanlage zu
leisten ist. Nach der NachweisV ist hingegen auf den Zeitpunkt der Annahme abzustellen, der aufgrund erforderlicher
Prüfungen des Abfalls jedoch nach dem
Anlieferdatum liegen kann, weil auch
dann erst die Annahme zur ordnungsgemäßen Entsorgung erklärt werden kann
(siehe hierzu den Köhler & Klett Newsletter 05/13, S. 6 f.). Unabhängig von dieser
inhaltlichen Frage dürfte hierbei auch von
Bedeutung sein, ob bei einer automatisiert durchgeführten Prüfung mit einer
ebenso automatisierten Fehlermeldung
die Höhe einer „Bearbeitungsgebühr“ in
einem groben Missverhältnis zu den Kosten der Amtshandlung steht. Nach dem
OVG Saarlouis (Urt. v. 13.03.2013 – 3 A
202/11) liegt ein grobes Missverhältnis zwischen Gebühr und den Kosten der Amtshandlung vor, wenn die Gebühr die Kosten der Amtshandlung um mehr als hundert Prozent übersteigt. Da eine verspätete Signatur im Nachhinein nicht zu korrigieren ist und sich die Amtshandlung der
Behörde in der Fehlerfeststellung erschöpft, stellt sich die Frage nach der
Rechtfertigung der Gebührenhöhe.
□
Erfordernis
einer
Sondernutzungserlaubnis für auf Privatgrundstücken aufgestellte Altkleidercontainer
Bislang entsprach es der herrschenden
Rechtsprechung, dass für auf Privatgrundstücken aufgestellte Altkleidercontainer
eine Sondernutzungserlaubnis benötigt
wird, wenn sie von der Straße bzw. dem
Gehweg aus befüllbar sind (Oberverwaltungsgericht – OVG – NRW, Beschl. v.
15.07.1999 – 23 B 334/99). Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden ist dieser
Rechtsprechung des OVG NRW, welche
zuletzt unter anderem durch das VG Neustadt a.d. Weinstraße (Beschl. v. 27.02.2013
– 4 L 90/13.NW), das VG Mainz (Beschl. v.
12.03.2014 – 6 L 123/14.MZ) und durch das
VG Saarlouis (Urt. v. 10.09.2014 – 6 K
475/14) bestätigt wurde, entgegengetreten (Beschl. v. 09.01.2015 – 7 L 1576/14.WI).
In dem vom VG Wiesbaden zu entscheidenden Fall hatte die Antragstellerin, eine
gewerbliche Sammlerin, Altkleidercontainer auf Privatgrundstücken in Wiesbaden
aufgestellt. Die Container waren mit der
Adresse der Antragstellerin versehen. Die
Antragstellerin hatte die Container teilweise direkt an der Grundstücksgrenze,
aber auch bis zu einem halben Meter entfernt von der Straße auf den Privatgrundstücken aufgestellt.
Die Landeshauptstadt Wiesbaden brachte
an den Containern daraufhin einen Zettel
an, um der Antragstellerin sinngemäß
mitzuteilen, dass ihre Container ohne erforderliche Sondernutzungserlaubnis aufgestellt worden und daher bis zu einer
von der Behörde gesetzten Frist zu entfernen seien; ansonsten würden die Container per Ersatzvornahme entfernt werden. Soweit die Antragstellerin die von
der Antragsgegnerin angebrachten Zettel
wahrnahm, legte sie Widerspruch ein.
Nachdem die Antragstellerin die Container nicht entfernt hatte, entfernte die
Landeshauptstadt Wiesbaden diese. Mit
Bescheid forderte sie von der Antrag-
14
Newsletter 01/15
stellerin die Kosten für die Entfernung
und Verwahrung der Container. Weiterhin teilte die Landeshauptstadt Wiesbaden mit, dass die Container längstens zwei
Monate nach Zahlungsaufforderung in
Verwahrung bleiben würden. Begleiche
die Antragstellerin innerhalb dieser Zeit
nicht die Kosten und hole die Container
ab, würden die Container verwertet oder
entsorgt.
dernutzung gem. § 16 Abs. 1 HStrG vorliege.
Das VG Wiesbaden führt zur Frage des
Umfangs des Gemeingebrauchs unter anderem aus, dass unter Gemeingebrauch
das jedermann zustehende subjektive öffentliche Recht zu verstehen sei, eine öffentliche Straße im Rahmen der Widmung
ohne besondere Zulassung zu Zwecken
des Verkehrs zu nutzen (§ 14 HStrG). Darüber hinaus sei bei innerörtlichen Straßen die Nutzung der Straße durch ihre
Aufenthalts- und Erschließungsfunktion
für die Anliegergeschäfte gekennzeichnet, das heißt dem Verkehr komme auch
eine sogenannte kommunikative Komponente zu. Daher diene die Straße auch
dem geschäftlichen und kommunikativen
Verkehr in vielfältiger Weise. Somit sei
entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch der geschäftliche Verkehr wesentlicher Bestandteil des öffentlichen
Verkehrs im Sinne des Gemeingebrauchs.
Selbst wenn die mit dem Befüllen der
Container verbundenen Handlungen keine Vorgänge darstellen würden, die
überwiegend dem öffentlichen Verkehr
dienten, sondern der gewerblichen Betätigung des Aufstellers zuzurechnen seien,
müsste im Einzelnen von der Antragsgegnerin dargelegt werden, in welcher Distanz die Container von der Straße entfernt gestanden hätten und ob die Klappe
des Altkleidercontainers eventuell von
den der Straße abgewandten Seiten zu
bedienen gewesen wäre. Auch könne in
dem Abholen der Altkleider aus dem Altkleidercontainer, der auf privatem Grund
steht, keine Sondernutzung liegen, da sich
das dafür erforderliche Überqueren des
öffentlichen Gehwegs nicht von der Belieferung eines Geschäfts mit Waren von einem Lieferfahrzeug aus unterscheide.
Das hiergegen durch die Antragstellerin
vor dem VG Wiesbaden eingeleitete Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
hatte Erfolg.
Das VG Wiesbaden hat festgestellt, dass
bereits die Entfernung der Container
rechtswidrig war. Zwar seien die per Zettel angebrachten Beseitigungsaufforderungen als Verwaltungsakte zu qualifizieren gewesen. Sie seien jedoch nicht vollstreckbar gewesen, da sie nicht bestandskräftig geworden wären. Zudem seien die
Verwaltungsakte der Antragstellerin nicht
bekannt gegeben worden, soweit sie keine Kenntnis von diesen hatte. In den Fällen, in denen die Antragstellerin jedoch
Kenntnis von den angebrachten Zetteln
hatte, hätte sie ordnungsgemäß Widerspruch eingelegt und somit die Bestandskraft der Verwaltungsakte gehemmt. Ferner fehle es an einer Zustellung der Verwaltungsakte, welche aber Voraussetzung
für eine ordnungsgemäße Vollstreckung
sei.
Schließlich sei ungeachtet der formellen
Mängel der Verwaltungsakte darauf hinzuweisen, dass die Beseitigungsanordnung nicht auf § 17a Abs. 1 Satz 1 Hessisches Straßengesetz (HStrG) hätte gestützt
werden können. Nach dieser Norm kann
die zuständige Behörde die erforderlichen
Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung einer Straße anordnen, wenn die
Benutzung ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis erfolgt. Dies sei
aber nicht der Fall, da das Aufstellen der
Altkleidercontainer auf Privatgrundstücken nicht über den Gemeingebrauch
hinausgehe und somit bereits keine Son-
Die Entscheidung des VG Wiesbaden ist zu
begrüßen. Die Frage, ob für das Aufstellen von Altkleidercontainern auf Privatgrundstücken eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich ist, wird vom Gesetz
nicht eindeutig beantwortet und wirft
daher erhebliche Rechtsunsicherheiten bei
gewerblichen Sammlern auf. Gegen eine
15
Newsletter 01/15
Sondernutzung spricht zunächst, dass sich
der Altkleidercontainer nicht im öffentlichen Straßenraum befindet. Grundsätzlich
liegt eine Überschreitung des Gemeingebrauchs erst vor, wenn die Anlage in den
Straßenraum hineinragt – was aber vorliegend nicht der Fall war. Weiterhin ist
die vom OVG NRW vertretene Ansicht
fraglich, dass die mit der Befüllung des
Altkleidercontainers verbundenen Handlungen – Lektüre einer Gebrauchsanweisung, Öffnen einer Klappe, Einwerfen von
Schuhen oder Kleidung – den Gemeingebrauch anderer Verkehrsteilnehmer beeinträchtigt. Denn dadurch, dass sich der
Altkleidercontainer gerade nicht im öffentlichen Straßenraum befindet, spielen
sich diese Vorgänge am Rande der Straße
bzw. bereits teilweise auf dem Privatgrundstück ab. Eine vergleichbare Beeinträchtigung, wie sie etwa von Warenautomaten im öffentlichen Verkehrsraum
ausgeht, dürfte gerade nicht vorliegen.
Dies spricht dafür, dass die Befüllung von
Altkleidercontainern als vom Gemeingebrauch umfasster geschäftlicher und
kommunikativer Vorgang i.S. der Entscheidung des VG Wiesbaden zu beurteilen ist.
denn nach der Rechtsprechung sind solche
Verstöße auch bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit von gewerblichen Sammlern
beachtlich.
Unabhängig von der Entscheidung des VG
Wiesbaden ist nach wie vor bei der Aufstellung von Altkleidercontainern auf Privatgrundstücken Vorsicht geboten. Denn
die vom VG Wiesbaden vertretene Ansicht
stellt zurzeit noch eine Mindermeinung
dar. Ob sich andere Verwaltungsgerichte
der Entscheidung des VG Wiesbaden anschließen, bleibt abzuwarten. Es empfiehlt
sich daher Altkleidercontainer vorsichtshalber so auf Privatgrundstücken aufzustellen, dass sie nicht von der öffentlichen
Straße aus befüllbar sind. Alternativ besteht auch die Möglichkeit sich von der
zuständigen Behörde – vor der geplanten
Aufstellung des Containers – zusichern zu
lassen, dass das Aufstellen des Containers
keiner Sondernutzung bedarf. Andernfalls
besteht das Risiko einer unerlaubten Sondernutzung, welche grundsätzlich eine
Ordnungswidrigkeit darstellt. Darüber
hinaus können Verstöße gegen das Straßenrecht weitreichende Folgen haben,
16
Newsletter 01/15
□
Der Warenimporteur als Erstinverkehrbringer im Sinne der Verpackungsverordnung
Im konkreten Fall war die Klägerin als
Herstellerin i.S.d. § 3 Abs. 8, 2. Alt. VerpackV und daher als gemäß § 6 Abs. 1 S. 1
VerpackV
systembeteiligungspflichtige
Erstinverkehrbringerin einzuordnen, weil
sie nach ihrem Internetauftritt und nach
den Ausführungen ihres Prozessbevollmächtigten Lebensmittel aus dem osteuropäischen Raum eigenverantwortlich einführt und an Großhandels- und Einzelhandelsunternehmen im Bundesgebiet
abgibt.
Durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) NRW vom 09.12.2014 – 20 A
2234/12 – wird die verpackungsrechtliche
Einordnung des Warenimporteurs als
Erstinverkehrbringer für den Rechtsanwender erleichtert. Gleichwohl ist weiterhin aufgrund einer wertenden Betrachtung zu entscheiden, wer bei der Einfuhr
verpackter Waren als Importeur die rechtliche Verantwortung für die betreffenden
Waren trägt.
Demnach schafft die zitierte Gerichtsentscheidung ein Stück Rechtssicherheit in
den zahlreichen Untiefen des geltenden
Verpackungsrechts.
Hersteller und Vertreiber, die mit Ware
befüllte
Verkaufsverpackungen
nach
Maßgabe des § 6 Abs. 1 S. 1 Verpackungsverordnung (VerpackV) erstmals in Verkehr bringen, müssen sich mit diesen Verpackungen an einem Rücknahmesystem
i.S.d. § 6 Abs. 3 VerpackV beteiligen. Gemäß § 3 Abs. 8, 2. Alt. VerpackV ist Hersteller auch derjenige, der Verpackungen
in den Geltungsbereich der Verordnung
einführt. Nach den Ausführungen des
OVG NRW ist hierbei in Fällen des Warenimports derjenige als Erstinverkehrbringer
i.S.d. § 6 Abs. 1 S. 1 VerpackV und daher
als systembeteiligungspflichtiger Hersteller einzuordnen, der im Zeitpunkt des
Grenzübertritts die rechtliche Verantwortung für die Ware trägt. Die danach entscheidende rechtliche Verantwortung soll
hierbei dem Importeur verpackter Waren
zuzuweisen sein.
Argumentativ bezieht sich das OVG NRW
sowohl auf die Entstehungsgeschichte des
§ 3 Abs. 8 VerpackV, als auch auf die Einschätzungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) sowie des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz,
Bau
und
Reaktorsicherheit
(BMUB). Mit Blick auf die vorzunehmende
wertende Betrachtung stellt das OVG
NRW klar, dass sich die Einordnung als
rechtlich verantwortlicher Importeur nicht
allein danach beurteilt, wer zum Zeitpunkt des Grenzübertritts zivilrechtlich
Eigentümer der Ware ist.
17
Newsletter 01/15
□
Anordnung einer Sicherheitsleistung für die Zeit nach Betriebseinstellung
tende Lösung dargestellt hätte. Da das
Material nach dem Ansinnen der Klägerin
dauerhaft auf dem Anlagengelände verweilen solle, beabsichtige sie ein endgültiges Lagern des Materials unter Ausschluss der Kreislaufwirtschaft, mithin ein
Ablagern von Abfall, das ihr indes nicht
erlaubt sei. Denn die ursprüngliche Genehmigung gestatte nur ein Lagern, nicht
aber ein Ablagern von Abfällen. Dies folge unter anderem aus den Nebenbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung, die nur ein „Zwischenlagern“ gestatteten, bzw. die Anlage als
„Zwischenlagerplatz“ bezeichneten. Ein
langes Verweilen von Abfällen an derselben Stelle schlage nicht in ein „Ablagern“
um, wenn das gelagerte Material nicht
auf Dauer auf dem Gelände bleiben solle.
Der VGH verweist zur Begründung auf Nr.
8.14 des Anhangs 1 zur 4. Verordnung zur
Durchführung des BImSchG (Verordnung
über genehmigungsbedürftige Anlagen –
4. BImSchV), wonach Anlagen zum Lagern
von Abfällen über einen Zeitraum von
über einem Jahr genehmigungsbedürftig
sind. Aus der Verwendung des Rechtsbegriffs „Lagern“ folge, dass ein längeres
Lagern von Abfällen auch in der 4.
BImSchV nicht als Ablagern angesehen
werde. Über die erforderliche abfallrechtliche Zulassung zum Ablagern verfüge die
Klägerin nicht.
§
17
Bundes-Immissionsschutzgesetz
(BImSchG) regelt in Abs. 4a die Möglichkeit, gegenüber Betreibern von Abfallentsorgungsanlagen eine Sicherheitsleistung
zur Erfüllung der Pflichten nach Betriebseinstellung anzuordnen. Der Bayerische
Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat nun
entschieden, dass bei Festsetzung einer
Sicherheitsleistung nach § 17 BImSchG die
Möglichkeit einer dauerhaften Ablagerung von Abfällen auf dem Betriebsgelände nicht zu berücksichtigen ist, wenn
für die Ablagerung nicht die erforderliche
abfallrechtliche Zulassung vorliegt (VGH,
Beschluss vom 30.09.2014 – 22 ZB 13.579).
Die Klägerin betreibt eine Bauschuttrecyclinganlage auf Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Der
Betrieb der Anlage ist bis zur Endverfüllung des gesamten Deponiegeländes, spätestens jedoch bis zum 30.11.2016 gestattet.
Nach einer Änderungsanzeige durch die
Klägerin vom 16.01.2012 änderte das Landratsamt mit Bescheid vom 14.02.2012 Nebenbestimmungen des ursprünglichen
Genehmigungsbescheides ab und verpflichtete die Klägerin in einem weiteren
Bescheid, spätestens innerhalb von acht
Wochen nach dessen Bestandskraft für die
Bauschuttrecyclinganlage eine Sicherheitsleistung in Höhe von 125.425,00 € zu erbringen. Gegen diesen Bescheid erhob die
Klägerin erfolglos Klage vor dem Verwaltungsgericht Augsburg (VG). Der Antrag
auf Zulassung der Berufung vor dem VGH
blieb ohne Erfolg.
Auch die Kostenermittlung durch das
Landratsamt befand der VGH für rechtmäßig. Allein die theoretische Möglichkeit, dass die Behörde durch Beauftragung Dritter mit dem Brechen von verbliebenem Bauschutt Erlöse erzielen
könnte, führe nicht zur Verringerung der
Höhe der Sicherheitsleistung.
Die Entscheidung des VGH bestätigt die
bisherige Rechtsprechung zur Sicherheitsleistung für Abfallentsorgungsanlagen im
Wege nachträglicher Anordnungen. Bei
der Ermittlung der Höhe der Sicherheitsleistung muss die Behörde die Möglichkeit, dass auf dem Anlagengelände dauerhaft Abfälle abgelagert werden können, nicht beachten, wenn eine entspre-
Der VGH folgte nicht der Auffassung der
Klägerin, ihr hätte anstelle einer Sicherheitsleistung die Möglichkeit eingeräumt
werden müssen, das auf der Anlage befindliche Material dort zu belassen, da
dies gegenüber der existenzvernichtenden
Forderung nach Beibringung einer Sicherheitsleistung eine deutlich weniger belas-
18
Newsletter 01/15
chende abfallrechtliche Zulassung nicht
vorliegt.
□
Bundesrat beschließt Änderungen
der 4. BImSchV – strengere Anforderungen für Anlagen der Entsorgungswirtschaft
Anlässlich der Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU in deutsches
Recht beabsichtigt das Bundesumweltministerium (BMUB) Änderungen der 4.
BImSchV (vgl. hierzu den Köhler & Klett
Newsletter 03/14, S. 4 ff.). Der Bundesrat
hat am 06.03.2015 – neben redaktionellen
– diverse inhaltliche Änderungen der 4.
BImSchV beschlossen. Diese betreffen in
erster
Linie
nach
dem
BundesImmissionsschutzgesetz
genehmigungsbedürftige Anlagen der Entsorgungswirtschaft, namentlich den Typ der „Anlage
zur sonstigen Behandlung“ von gefährlichen/nicht gefährlichen Abfällen. Abzuwarten bleibt, ob die Bundesregierung die
4. BImSchV nach den Maßgaben des Beschlusses des Bundesrates vom 06.03.2015
ändern wird.
- Anlagen zur sonstigen Behandlung von
gefährlichen
Abfällen
mit
einer
Durchsatzkapazität von 10 t oder mehr je
Tag sollen künftig im Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung
(„G“) genehmigt werden müssen. Zudem
erhalten sie den Status einer IED-Anlage
(Nr. 8.11.2.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV).
Die bisherige Regelung in Nr. 8.11.2.1 in
der Fassung der 4. BImSchV vom
02.05.2013, wonach dieser Anlagentyp ab
einer Durchsatzleistung von 1 t oder mehr
je Tag lediglich im vereinfachten Genehmigungsverfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung („V“) zu genehmigen war und
keinen IED-Status hatte, soll entfallen.
Anlagen zur mechanischen Behandlung
von gefährlichen Abfällen, Anlagen zum
Sieben, Trennen, Sortieren derartiger Abfälle und sonstige Anlagen der Entsorgungswirtschaft, die genehmigungsrechtlich als „Anlagen zur sonstigen Behandlung von gefährlichen Abfällen“ einzuordnen sind, sind daher künftig ab einer
Durchsatzkapazität von 10 t oder mehr je
Tag im deutlich aufwändigeren und in der
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Regel auch langwierigeren Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu genehmigen. Zudem und maßgeblich unterliegen sie den materiellrechtlichen Anforderungen an IEDAnlagen, deren Erfüllung für die Anlagenbetreiber mit erheblichem Mehraufwand einhergehen kann; insoweit ist vor
allem auf den Ausgangszustandsbericht
zu verweisen.
Rechtslage auch – ab einer Durchsatzkapazität von 10 t oder mehr je Tag im
vereinfachten Genehmigungsverfahren zu
genehmigen sein und haben auch künftig
keinen IED-Status (Nr. 8.11.2.4).
- Die Genehmigungsbedürftigkeit von Anlagen zur biologischen Behandlung von
Gülle durch anaerobe Vergärung zum
Zwecke der Biogaserzeugung (Nr. 8.6.3)
soll auch künftig unabhängig von der Abfalleigenschaft der in der Biogasanlage
eingesetzten Gülle bestehen. Dadurch soll
die im Vollzug oftmals streitige Frage, ob
Gülle Abfall im Rechtssinne ist oder nicht,
umgangen werden. Hier ist der Bundesrat
dem Vorschlag der Ausschüsse gefolgt
und hat sein ursprüngliches Ansinnen, aus
Gründen der Einheitlichkeit der Regelungen unter Nr. 8 des Anhangs 1 der 4.
BImSchV auch für Gülle die Abfalleigenschaft zu fordern, aufgegeben; insoweit
soll es bei der bisherigen Rechtslage bleiben.
Dabei hatten sich nicht nur die Verbände
der Abfallwirtschaft, sondern auch der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie der
Wirtschaftsausschuss gegen die Neuregelung ausgesprochen. Sie gehe über die
Vorgaben der IED hinaus. Die vorgesehene Regelung würde einen Auffangtatbestand schaffen, nach dem z.B. auch die
Behandlung von Elektronikschrott ab einer Kapazität von 10 t je Tag eine IEDAnlage darstellen würde. Alternativ hatten die Ausschüsse eine ergänzende Regelung in Nr. 8.11.1 Spalte b) Nr. 7 vorgeschlagen, wonach lediglich Anlagen zur
sonstigen Behandlung von gefährlichen
Abfällen „zur Verwertung oder Rückgewinnung von anderen organischen Stoffen als Metallen und Metallverbindungen“ ab 10 t oder mehr je Tag im Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu genehmigen sein sollten und den IED-Status
erhalten sollten, es im Übrigen aber bei
der Regelung in Nr. 8.11.2.1 in der Fassung
vom 02.05.2013 bleiben sollte. Der Bundesrat ist diesem Vorschlag nicht gefolgt.
- Neu ist zudem, dass Anlagen zur sonstigen Behandlung nicht gefährlicher Abfälle mit einer Durchsatzleistung von 50 t
oder mehr je Tag den Status einer IEDAnlage erhalten und im Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung
zu genehmigen sind, wenn in ihnen (nicht
gefährliche) Abfälle für die Verbrennung
vorbehandelt oder (nicht gefährliche)
Schlacken oder Aschen behandelt werden
(Nr. 8.11.2.3).
Die übrigen Anlagen zur sonstigen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen
sollen dagegen – wie unter der bisherigen
20
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□
Anwendung des bauplanungsrechtlichen Fachplanungsprivilegs
im
immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungsverfahren
sich darüber hinweggesetzt, dass sie ihr
Einvernehmen verweigert habe bzw. dieses nur mit im Bescheid vom 20.12.2012
unzureichend berücksichtigten Maßgaben
erteilt habe. Die Klage hatte aufschiebende Wirkung, so dass die Antragstellerin
von der ihr erteilten Genehmigung keinen
Gebrauch machen konnte. Die Antragstellerin hatte beim Landratsamt vergeblich die Anordnung der sofortigen Vollziehung der ihr erteilten Genehmigung
beantragt, sodass sich der BayVGH mit
dem Antrag auf sofortige Vollziehung der
immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu befassen hatte.
Das vom Bayerischen Verwaltungsgericht
(BayVGH) mit Beschluss vom 04.09.2013 –
22 AS 13.40052 – entschiedene einstweilige Rechtsschutzverfahren war auf die Anordnung des Sofortvollzugs einer der Antragsstellerin erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichtet. Diese
betraf eine Anlage zur zeitweiligen Lagerung von gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen, zur Lagerung von Eisenund Nichteisenschrotten einschließlich Autowracks und zur Behandlung von nicht
gefährlichen Abfällen (Nrn. 8.9 Spalte 2
Buchstabe b), 8.11 Spalte 2 Buchstabe b)
bb) und 8.12. Spalte 2 Buchstaben a) und
b) im Anhang zur 4. BImSchV in der Fassung vom 14.03.1997). Die von der beigeladenen Stadt geltend gemachten Bedenken gegen die bauplanungsrechtliche Gebietsverträglichkeit der Anlage waren bei
der Genehmigungserteilung von dem
Landratsamt nicht in die Abwägung eingestellt worden. Deswegen hatte der Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs
keinen Erfolg.
Der Antrag erforderte eine Interessenabwägung des Gerichts. Dabei waren die
gleichrangigen Rechtspositionen der Antragstellerin als privatem Unternehmen
einerseits und der durch Art. 28 Abs. 2
Satz 1 Grundgesetz geschützten Gemeinde
andererseits zu berücksichtigen.
Dem Gericht erschien dabei zweifelhaft,
ob die in die Abwägungsentscheidung des
Landratsamts einzustellenden städtebaulichen Belange der beigeladenen Stadt hinreichend berücksichtigt worden waren.
Dazu ging der BayVGH von der Geltung
des Fachplanungsprivilegs in § 38 Satz 1
Alternative 2 BauGB aus, so dass sich die
Gemeinde nicht auf §§ 31, 36 BauGB berufen könne. Denn bei der Anlage der Antragstellerin handele es sich um eine öffentlich zugängliche Beseitigungsanlage
im Sinne des § 38 Satz 1 Alternative 2
BauGB. Damit entfiele das verfahrensrechtliche Erfordernis des Einvernehmens.
Zwar sei die beigeladene Stadt formell
beteiligt worden, nicht jedoch unter dem
rechtlichen Gesichtspunkt des § 38 Satz 1
BauGB, sondern deswegen, weil das Landratsamt fälschlicherweise das Einvernehmen der Gemeinde für notwendig erachtet hatte. Dieser Umstand habe auch bei
der gebundenen Entscheidung für die
immissionsschutzrechtliche Genehmigung
Bedeutung, weil infolge der Ausdehnung
des Fachplanungsprivilegs in § 38 Satz 1
BauGB auf das immissionsschutzrechtliche
Die Antragstellerin erhielt unter dem
20.12.2012 von dem Landratsamt die immissionsschutzrechtliche
Genehmigung
für die Errichtung und den Betrieb der
Abfallentsorgungsanlage. Dabei ging das
Landratsamt davon aus, dass die Beigeladene ihr gemeindliches Einvernehmen
nach § 36 BauGB erteilt habe und gewährte daraufhin der Antragstellerin gemäß § 31 Abs. 2 BauGB verschiedene erforderliche Befreiungen von den Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans.
Die Beigeladene hat daraufhin Klage gegen die der Antragstellerin erteilte Genehmigung erhoben, über die im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung
des BayVGH noch nicht entschieden war.
Mit der Klage hat die beigeladene Stadt
geltend gemacht, das Landratsamt habe
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Genehmigungsverfahren dieses um ein
planerisches Element angereichert werde,
so dass in einem Teilbereich eine Abwägung stattzufinden habe.
nem Gewerbegebiet ausgegangen werden kann, bleibt der Entscheidung im
Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Der von der beigeladenen Stadt geltend
gemachte Einwand, die streitgegenständliche Anlage diene auch der Lagerung gefährlicher Abfälle und sei deswegen
grundsätzlich in einem Gewerbegebiet
unzulässig, richtiger Standort sei vielmehr
in einem Industriegebiet, könne auf eine
nachhaltige Störung der kommunalen
Planung hindeuten. Er stelle damit einen
berücksichtigungsbedürftigen städtebaulichen Belang dar. Denn ein immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger
Lagerplatz auch für gefährliche Abfälle sei
bei typisierender Betrachtung in einem
Gewerbegebiet wohl nicht gebietsverträglich.
Die erforderliche Abwägung sei vom
Landratsamt nicht vorgenommen worden.
Die Erwägungen des Landratsamts, die in
den Nebenbestimmungen zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgenommen worden seien und im Übrigen
zeigten, dass es sich mit den Bedenken
der Beigeladenen auseinandergesetzt habe, könnten nicht die notwendige Abwägung ersetzen. Dies gelte schon deshalb,
weil das Landratsamt zu Unrecht von der
Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens ausgegangen sei.
Anzumerken bleibt zur Entscheidung des
BayVGH allerdings, dass die streitgegenständliche Anlage nach dem Anlagentyp
der 4. BImSchV nicht als „Abfallbeseitigungsanlage“ im Sinne von § 38 Satz 1 Alternative 2 BauGB, sondern als Abfallverwertungsanlage einzuordnen sein dürfte.
Damit kommt ihr auch bei öffentlicher
Zugänglichkeit das Fachplanungsprivileg
nicht zu. Mithin war die beigeladene
Stadt nicht gehindert, das verweigerte
Einvernehmen geltend zu machen. Ob unter den konkreten Bedingungen des Einzelfalls von einer „Atypik“ und damit der
bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit bei
der Beurteilung der Gebietsverträglichkeit
der streitgegenständlichen Anlage in ei-
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Bundesverwaltungsgericht bekräftigt Rechtsprechung zur Auslegungsbekanntmachung bei Bebauungsplänen
von der Gemeinde in das Verfahren einzuführen und so zur Grundlage der Abwägungsentscheidung zu machen.
In einer weiteren Entscheidung vom selben Tag (Urteil vom 11.09.2014 – Az.: 4 CN
3.14) hat das BVerwG entschieden, dass
einem Antragsteller in einem Normenkontrollverfahren die Präklusion von Einwendungen und damit die Unzulässigkeit
des Verfahrens nach § 47 Abs. 2a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht entgegen gehalten werden kann, wenn die
Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2
Hs. 1 BauGB nicht ordnungsgemäß war.
Dies gilt insbesondere auch dann, wenn
die Bekanntmachung nicht die ausreichenden Angaben dazu enthalten hatte,
welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar waren.
In zwei Entscheidungen vom 11.09.2014
hat
das
Bundesverwaltungsgericht
(BVerwG) seine strenge Rechtsprechung
zur Unwirksamkeit der Auslegungsbekanntmachung im Bebauungsplanverfahren nach § 3 Abs. 2 Baugesetzbuch
(BauGB) im Zusammenhang mit dem Hinweis auf vorhandene Umweltinformationen bekräftigt.
In der ersten Entscheidung (Urteil vom
11.09.2014 – Az.: 4 CN 1.14) hat das BVerwG
zunächst bestätigt, dass es nicht ausreichend ist, in der öffentlichen Bekanntmachung zur Auslegung des Bebauungsplans
einen Hinweis auf den Umweltbericht und
„andere umweltrelevante Stellungnahmen allgemeiner Art“ zu geben. Vielmehr
seien die Gemeinden verpflichtet, die in
den vorhandenen Stellungnahmen und
Unterlagen behandelten Umweltthemen
nach Themenblöcken zusammenzufassen
und diese in der Auslegungsbekanntmachung schlagwortartig zu charakterisieren. Das Gericht betont, dass das Europäische Unionsrecht und § 3 Abs. 2 Satz 2 Hs.
1 BauGB auf die „verfügbaren“ umweltbezogenen Informationen abstelle und
der Gemeinde daraus keine Befugnis zur
Selektion der bekannt zu machenden
Umweltinformationen zustehe.
Das BVerwG hat eindeutig klargestellt,
dass der Eintritt der Rechtsfolge des § 47
Abs. 2a VwGO, also der Präklusion und
damit der Unzulässigkeit des Normenkontrollantrags, davon anhängt, dass die
ortsübliche Bekanntmachung des Orts und
der Dauer der Auslegung des Planentwurfs sowie die Angabe zu den verfügbaren Umweltinformationen ordnungsgemäß erfolgt ist.
In diesem Zusammenhang hat das
BVerwG auch betont, dass für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ohne
Bedeutung ist, ob der Verstoß gegen die
Vorschriften über die Auslegungsbekanntmachung nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 BauGB nach Ablauf der Jahresfrist unbeachtlich geworden ist. Denn diese Vorschrift regelt die Unbeachtlichkeit von
formellen Fehlern für die Wirksamkeit eines Bebauungsplans, verhält sich aber
weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrer systematischen Stellung zur Zulässigkeit
eines
Normenkontrollantrags
(BVerwG, a. a. O., Rn. 13).
In dieser Entscheidung fügt das BVerwG
ausdrücklich hinzu, dass der strikte Wortlaut und der unionsrechtliche Hintergrund
keinen Raum für etwaige Ausnahmen in
Bezug auf die Angaben, welche Arten
umweltbezogener Informationen verfügbar sind, lassen. Auch wenn die Umweltinformationen geringfügig und unwesentlich seien, könne die Gemeinde nicht darauf verzichten, in der Auslegungsbekanntmachung die Öffentlichkeit genau
zu informieren, um der Anstoßwirkung
der Auslegung der Bebauungsplanunterlagen nachzukommen. Auch etwaige bisher unbekannte Umweltbelange seien
Die beiden neuen Urteile des BVerwG bestätigen, dass die Städte und Gemeinden
besondere Sorgfalt an den Inhalt der Auslegungsbekanntmachung für Bebauungspläne, insbesondere im Hinblick auf die
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vorhandenen Umweltinformationen, anlegen müssen, um die Rechtswirksamkeit
von Bebauungsplänen insoweit nicht zu
gefährden.
□
Verantwortlichkeit für Grundwassersanierung nach Löscharbeiten
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG)
hat in einem wegweisenden Beschluss
vom 16.02.2000 – 1 BvR 242/91, 315/99 – die
ordnungsrechtliche
Zustandsstörerhaftung des Grundstückseigentümers aus
Gründen des grundrechtlichen Eigentumsschutzes beschränkt. Danach beruht die
Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers zwar auf einer zulässigen Inhaltsund Schrankenbestimmung des Eigentums
im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG). Sie ist jedoch nach dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Der Weg von diesen verfassungsrechtlichen Erkenntnissen bis zu konkreten Schlussfolgerungen und Einzelfallentscheidungen der Rechtspraxis ist jedoch
lang und vielfach verschlungen. Davon
zeugt ein noch nicht rechtskräftiges,
gleichwohl aber beachtenswertes Urteil
des Verwaltungsgerichts (VG) Karlsruhe
vom 11.11.2014 – 6 K 2682/12 – zu den Voraussetzungen und Schranken der ordnungsrechtlichen Zustandsstörerhaftung
des Grundstückseigentümers für eine
Grundwassersanierung, die infolge von
Löscharbeiten der Feuerwehr und einer
Kontamination des Bodens und des
Grundwassers erforderlich geworden war.
Das VG Karlsruhe hat die daraufhin gegen
die klagende Grundstückseigentümerin
erlassenen Sanierungsanordnungen und
Gebührenbescheide aufgehoben, weil die
städtische Ordnungsbehörde die vom
BVerfG entwickelten Zumutbarkeitsgrenzen der Zustandsstörerhaftung nicht hinreichend beachtet hatte.
Dem Urteil des VG Karlsruhe lag der Fall
eines Großbrandes zugrunde, der aus ungeklärter Ursache von einem auf dem
Grundstück der Klägerin abgestellten
Lastkraftwagen der Mieterin ausgegangen war. Das Feuer hatte auf weitere
Fahrzeuge und eine Lagerhalle übergegriffen. Diese brannte völlig ab. Um einen
Feuerüberschlag auf benachbarte, ihrerseits an ein Wohngebiet angrenzende
Hallen zu vermeiden, hatte der Einsatzlei-
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Newsletter 01/15
ter der städtischen Feuerwehr den Einsatz
schaumbildender Löschmittel angeordnet.
Diese enthielten wassergefährdende Tenside. Das Schaummittel durfte im Zeitpunkt des Einsatzes nicht mehr in Verkehr
gebracht werden; die vor einem bestimmten Stichtag in Verkehr gebrachten
Schäume durften jedoch im Zeitpunkt des
Einsatzes aufgebraucht werden. Im Falle
des geschilderten Brandes hielt sich der
Einsatz der Löschmittel im Rahmen der
gesetzlichen Fristen. Das Löschwasser mit
den wassergefährdenden Tensiden gelangte über zwei auf dem Grundstück befindliche Mulden-Rigolensysteme in das
Grundwasser.
fende rechtliche Bedenken, weil die klagende Grundstückseigentümerin in den
angefochtenen Bescheiden ohne einen
Kostenbeschränkungsvorbehalt zur Sanierung verpflichtet worden ist. Das VG
Karlsruhe hat die Sanierungsanordnungen
deshalb wegen Unverhältnismäßigkeit als
ermessensfehlerhaft angesehen.
Offengelassen hat das VG Karlsruhe die
vorgelagerten
Rechtsfragen
der
Störerauswahl. Dies betrifft zum einen die
Frage, ob die beklagte Stadt – wegen der
schadensursächlichen Maßnahmen ihrer
Feuerwehr – selbst als Handlungsstörerin
verantwortlich ist. Es sei – so das VG
Karlsruhe – nicht ermessensfehlerhaft,
wenn die Behörde sich bei tatsächlich ungeklärter oder rechtlich ungesicherter
Verhaltensverantwortlichkeit im Interesse
einer alsbaldigen Durchführung der
Untersuchungsmaßnahmen an den Zustandsverantwortlichen, hier also an die
Grundstückseigentümerin, hält (so schon
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18.04.2007 – 22 ZB 07.222;
Oberverwaltungsgericht Hamburg, Urteil
vom 17.05.2000 – 5 BF 31/96; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg – VGH
BW, Urteil vom 10.05.1990 – 5 S 1847/89).
Insoweit sei entscheidend, dass es zum
maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung „wohl nicht hinreichend wahrscheinlich war, dass die Feuerwehr der Beklagten durch den Einsatz
des Schaumes als Störer in Betracht kam“.
Die städtische Ordnungsbehörde ordnete
gegenüber der klagenden Grundstückseigentümerin an, dass diese auf eigene Kosten zahlreiche aufwendige Gefahrenerkundungs- und Grundwassersanierungsmaßnahmen durchzuführen habe. Hinsichtlich mehrerer Maßnahmen ordnete
die städtische Ordnungsbehörde zuvor
angedrohte Ersatzvornahmen an. Für
sämtliche Amtshandlungen erhob die beklagte Stadt durch gesonderte Bescheide
Gebühren.
Die klagende Grundstückseigentümerin
erhob – nach erfolglosen Widerspruchsverfahren – verwaltungsgerichtliche Anfechtungsklage gegen alle vorerwähnten
Sanierungsanordnungen, die diesbezüglichen Festsetzungen der Ersatzvornahme
und die Gebührenbescheide.
Wenn das VG Karlsruhe dazu anmerkt,
dem Widerspruchsbescheid sei nicht zu
entnehmen, dass aus ex ante-Sicht der
Schaumeinsatz rechtswidrig gewesen sei,
mag diese Beurteilung angehen. Ob aber
– wie das VG Karlsruhe des Weiteren unterstellt – die Feuerwehr der Beklagten
die ordnungsrechtlich relevante Gefahrenschwelle nicht überschritten hat, erscheint in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht durchaus zweifelhaft.
Das VG Karlsruhe hat in seinem Urteil vom
11.11.2014 die zulässige Klage für begründet erachtet und die angefochtenen Sanierungsanordnungen, Ersatzvornahmefestsetzungen und Gebührenbescheide in
ihrer Gesamtheit aufgehoben. Nach der
Erkenntnis des VG Karlsruhe sind alle vorgenannten Verfügungen und Bescheide –
in Gestalt der Widerspruchsbescheide des
Regierungspräsidiums Karlsruhe – rechtswidrig ergangen. Sie verletzten demgemäß die Klägerin in ihren Rechten.
Zum anderen hat das VG Karlsruhe die
fehlende Einbeziehung der Mieterin in die
Störerauswahl als problematisch erkannt,
da der beklagten Stadt von Beginn der
Gegen die Sanierungsanordnungen bestehen – so das VG Karlsruhe – durchgrei-
25
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Sanierungsmaßnahmen an die Existenz
der Mieterin bekannt war. Beachtenswert
erscheint insoweit das obiter dictum des
VG Karlsruhe, einiges spreche dafür, dass
es sich bei der erstmals im Klageverfahren
erfolgten Einbeziehung der Mieterin in
die Störerauswahl „nicht um ein zulässiges Nachschieben von Ermessenserwägungen, sondern um eine erstmalige Ermessensausübung handeln dürfte, die im
Klageverfahren nicht nachgeholt werden
kann“.
fahr, die von dem Grundstück ausgeht,
aus Naturereignissen, aus der Allgemeinheit zuzurechnenden Ursachen oder von
nicht Nutzungsberechtigten herrührt (VG
Karlsruhe, ebenda).
Nach diesen Maßstäben hätte es – so das
VG Karlsruhe – im Hinblick auf die eigentumsrechtliche Opfergrenze spätestens im
Widerspruchsverfahren einer Aufklärung
bedurft, ob die Sanierungskosten den
Verkehrswert des Grundstücks nach der
Sanierung übersteigen. Hierzu wäre – wie
das Gericht hinzufügt – die Einholung einer konkreten situationsbezogenen fachkundigen Bewertung des Verkehrswertes
des Grundstücks nach der Sanierung geboten gewesen. Im Anschluss daran hätte
auf der Grundlage des Gutachtens eine
Ermessensentscheidung erfolgen müssen,
in welcher Höhe die Zustandshaftung der
in Anspruch genommenen Grundstückseigentümerin verhältnismäßig und zumutbar ist.
Für die verwaltungsgerichtliche Aufhebung der angefochtenen Sanierungsanordnungen sowie der diesbezüglichen
Ersatzvornahmefestsetzungen und Gebührenbescheide war indessen der Rückgriff auf die Rechtsprechung des BVerfG
zum Eigentumsschutz und zur rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeit ausschlaggebend. Die ordnungsrechtliche Zustandshaftung ist danach zwar Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2
GG), derzufolge der Eigentümer verpflichtet ist, die von dem Grundstück ausgehenden Gefahren zu beseitigen. Die Sozialbindung wird jedoch durch das Übermaßverbot begrenzt, das nur erforderliche und im Hinblick auf den Zweck angemessene und zumutbare Grundrechtsbeeinträchtigungen zulässt (so VG Karlsruhe,
Urteil vom 11.11.2014 – 6 K 2682/12 – im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom
16.02.2000 – 1 BvR 242/91, 315/99).
Im entschiedenen Fall waren nach Auffassung der beklagten Stadt Sanierungskosten in Höhe von ca. 1,176 Mio. Euro angefallen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe
ist im Widerspruchsbescheid von einem
reinen Grundstückswert von 466.200 Euro
ausgegangen. Bei dieser Sachlage war
nach der Erkenntnis des VG Karlsruhe ohne Weiteres davon auszugehen, dass die
grundrechtliche Opfergrenze überschritten war. Angesichts dessen war ein Absehen von einem Kostenvorbehalt oder einer Haftungsbegrenzung nicht gerechtfertigt. Vielmehr hätte „als Entscheidungsgrundlage für eine aus Gründen der
Verhältnismäßigkeit zu treffende Ermessensentscheidung eine konkrete situationsbezogene fachkundige Bewertung des
Verkehrswertes des Grundstücks der Klägerin nach Sanierung vorgenommen werden müssen“ (so schon VGH BW, Urteil
vom 08.03.2013 – 10 S 1190/09, Rn. 63 ff.).
Auf dieser Grundlage hätte dann – unter
Berücksichtigung ggfls. weiterer Zumutbarkeitsgesichtspunkte – eine Entscheidung über eine Haftungsbegrenzung erfolgen müssen (VG Karlsruhe, Urteil vom
11.11.2014 – 6 K 2682/12, Rn. 58).
Danach kann zur Bestimmung der Grenze
dessen, was einem Eigentümer an Belastungen zugemutet werden darf, das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem
Verkehrswert des betroffenen Grundstücks nach Durchführung der Sanierung
als Anhaltspunkt dienen. Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten,
entfällt in der Regel das grundrechtlich
geschützte Interesse des Eigentümers an
einem künftigen privatnützigen Gebrauch
des Grundstücks (BVerfG, Beschluss vom
16.02.2000 – 1 BvR 242/91, 315/99; VG
Karlsruhe, Urteil vom 11.11.2014 –
6 K 2682/12, Rn. 50). Eine diese Grenzen
überschreitende Belastung kann namentlich dann unzumutbar sein, wenn die Ge-
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Aufgrund der Aufhebung der Sanierungsanordnungen waren, wie das VG Karlsruhe konsequent entschieden hat, auch die
Ersatzvornahmefestsetzungen und die
Gebührenbescheide der beklagten Stadt
aufzuheben.
□
Grau ist alle Theorie – Satzungsrecht und Grundsatz der konkreten Vollständigkeit
In dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) vom
14.01.2015 – OVG 9 S 44.14 – ging es um
die Frage, ob die einem Beitragsbescheid
zu Grunde liegende Beitragssatzung wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz
der konkreten Vollständigkeit unwirksam
ist.
Das VG Karlsruhe hat gem. § 124 a
Abs. 1 Satz 1 und § 124 Abs. 2 Nr. 3 der
Verwaltungsgerichtsordnung die Berufung gegen das Urteil vom 11.11.2014 zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Somit ist davon auszugehen, dass der zugrunde liegende
Verwaltungsrechtsstreit vor dem Verwaltungsgerichtshof
Baden-Württemberg
fortgesetzt wird.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder)
(VG) hatte in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen einen Beitragsbescheid angeordnet. Die dem Beitragsbescheid zu Grunde liegende Beitragssatzung hielt das VG für unwirksam,
weil der Satzungsgeber – ein Zweckverband – geregelt hatte, dass die Beitragserhebung nach einem kombinierten Vollgeschossmaßstab durch Multiplikation der
bevorteilten Grundstücksfläche mit der
zulässigen Geschossfläche vorzunehmen
sei. Nach Auffassung des VG fehlte in der
Satzung eine Bestimmung, wie die Anzahl
der Vollgeschosse zu ermitteln sei, wenn
ein Bebauungsplan nur eine Geschossflächenzahl bzw. Grundflächenzahl festsetze
und weder aus dem Bebauungsplan noch
aus der Umgebungsbebauung abzuleiten
sei, wie hoch zulässigerweise gebaut werden dürfe. Das OVG hat auf Antrag des
Zweckverbandes den Beschluss des VG zur
Sicherung des Rangs des Beitrags als einer
auf dem Grundstück ruhenden öffentlichen Last vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Im Übrigen ist dem Urteil des VG Karlsruhe zu entnehmen, dass die klagende
Grundstückseigentümerin – parallel zu
dem Verwaltungsrechtsstreit – im ordentlichen Rechtsweg eine Klage gegen die
Stadt auf Schadensersatz aus Amtshaftung (§ 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
in Verbindung mit Art. 34 GG) erhoben
hat. In diesem Rechtsstreit hat das Landgericht Baden-Baden durch Urteil vom
24.07.2014 – 3 O 4/11 – der Klage dem
Grunde nach stattgegeben. Das Berufungsverfahren ist vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe anhängig. Im Hinblick darauf hat das VG Karlsruhe in seinem Urteil
vom 11.11.2014 angemerkt, dass im Zeitpunkt seines Urteils noch nicht zweifelsfrei feststand, dass der Schaumeinsatz
rechtswidrig war. Dieses Nebeneinander
der Klageverfahren im Verwaltungsrechtsweg und im ordentlichen Rechtsweg
beruht auf der historisch bedingten, für
die Amtshaftung geltenden Rechtswegklausel (Art. 34 Satz 3 GG). Die hierdurch
bedingte Aufspaltung des Rechtsweges ist
für die Effektivität des Rechtsschutzes
misslich und deshalb oft, wenn auch bisher vergeblich, kritisiert worden. Somit
bleibt das doppelspurige Vorgehen im
Verwaltungs- und Zivilrechtsweg der
Rechtspraxis und somit auch der anwaltlichen Beratung vorgegeben.
Das OVG hält die Entscheidung des VG für
offensichtlich fehlerhaft, weil das VG den
Grundsatz der konkreten Vollständigkeit
nicht richtig angewendet hat. Im Anschlussbeitragsrecht muss der Satzungsgeber zwar nach ständiger Rechtsprechung des OVG den Verteilungsmaßstab für alle im Versorgungsgebiet in Betracht kommenden Anwendungsfälle regeln, um den Grundsatz der konkreten
Vollständigkeit einzuhalten. Der Grundsatz der konkreten Vollständigkeit ver-
27
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langt aus Sicht des OVG aber nicht, dass in
der Satzung ein Beitragsmaßstab für alle
„irgendwie denkbaren“ Fälle geregelt
sein muss. Der Satzungsgeber sei vielmehr
nur gehalten, eine Maßstabsregelung für
die realistischerweise zu erwartenden Fälle zu treffen. Ein Bebauungsplan, der nur
Festsetzungen zur Geschossflächenzahl
oder zur Grundflächenzahl, aber keine
Festsetzungen zur zulässigen Zahl der
Vollgeschosse oder zur zulässigen Höhe
bzw. Baumassenzahl für Baukörper enthält, ist nach Auffassung des OVG kein
realistischerweise zu erwartender Fall. Das
OVG weist darauf hin, dass ein solcher
Bebauungsplan rechtswidrig sein dürfte,
weil ihm die städtebaulich ordnende
Funktion fehlt. Unbeschadet dessen sei
realistischerweise nicht zu erwarten, dass
eine Gemeinde als Plangeber den Aufwand eines Bebauungsplanungsverfahrens für einen derart rudimentären Plan
betreiben würde.
lungsmaßstäbe allerdings weiterhin den
Zweckverbänden. Zur Vermeidung einer
Verletzung des Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit sind deshalb sowohl
bei der Gestaltung der Beitragssatzung als
auch bei der Kalkulation alle in Betracht
kommenden Anwendungsfälle sorgfältig
und umfassend zu ermitteln.
Mit der zitierten Entscheidung fügt das
OVG seiner Rechtsprechung zum Grundsatz der konkreten Vollständigkeit der
Beitragsmaßstäbe eine weitere Facette
hinzu. Das OVG folgt damit nicht der in
der Verwaltungsgerichtsbarkeit oft verfolgten extensiven Auslegung und Anwendung des Grundsatzes der konkreten
Vollständigkeit, die teilweise auf eine Regelung aller „denkbaren“, d.h. theoretisch möglichen Beitragsmaßstäbe abstellt. Das OVG verfolgt hier vielmehr die
Linie, dass es erforderlich ist, aber auch
ausreicht, dass der Satzungsgeber bei der
Aufstellung der Beitragssatzung sorgfältig
prüft, welche Beitragsmaßstäbe in seinem
Verbandsgebiet tatsächlich zu erwarten
sind. Die theoretische Möglichkeit, dass
verbandsangehörige
Kommunen
Bebauungspläne ohne städtebauliche Ordnungsfunktion erlassen könnten, muss ein
Zweckverband dagegen grundsätzlich
nicht berücksichtigen.
Auch nach der zitierten Entscheidung des
OVG
obliegt
die
Ermittlung
der
„realistischerweise zu erwartenden“ Veranlagungsfälle und der daraus abzuleitenden Anwendungsfälle und Vertei-
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Übertragbarkeit der Rechtsprechung zu Untersuchungs- und Rügeobliegenheit beim Streckengeschäft auf Weiterlieferung der gekauften Ware an Subunternehmer
des Käufers
ist der Fall, wenn beide Parteien Kaufmann im Sinne des Handelsrechts sind und
ein Kaufvertrag geschlossen wurde. Da
§ 377 HGB nach der gesetzlichen Konzeption keine Anwendung auf Werkverträge
findet, kann der Abgrenzung zwischen
Kauf- und Werkvertrag im Einzelfall entscheidende Bedeutung zukommen, weil
davon abhängt, ob Rügeobliegenheiten
bestanden, deren Nichtbeachtung zu einem Anspruchsausschluss führt. Die Abgrenzung zwischen Kauf- und Werkvertrag richtet sich ausschließlich nach dem
jeweiligen Vertragsgegenstand. Während
beim Kaufvertrag der Schwerpunkt auf
der Übergabe und Verschaffung des Eigentums an einer fertigen Sache liegt,
steht beim Werkvertrag die Erstellung eines bestimmten Werkes im Vordergrund.
Große praktische Bedeutung haben die
Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten
z.B. bei Verträgen über die Lieferung von
Baustoffen wie Sand, Steinen, Zement,
etc., da auf diese Verträge regelmäßig
nicht die werkvertraglichen, sondern die
Vorschriften über den Handelskauf Anwendung finden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 08.04.2014 (VIII ZR 91/13) entschieden, dass die zum Streckengeschäft
entwickelte Rechtsprechung zur kaufmännischen Untersuchungs- und Rügeobliegenheit entsprechend anwendbar ist,
wenn der Verkäufer die Ware beim Käufer abliefert und dieser die Ware unmittelbar an seinen Subunternehmer weiterliefert.
Gemäß § 377 Abs. 1 Handelsgesetzbuch
(HGB) hat der Käufer einer Ware diese
unverzüglich nach Ablieferung durch den
Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel
zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Kommt ein Käufer dieser
Verpflichtung nicht nach, ist dies mit erheblichen rechtlichen Auswirkungen verbunden. Denn unterlässt der Käufer die
Anzeige, gilt die Ware gemäß § 377 Abs. 2
HGB als genehmigt und der Verkäufer ist
berechtigt, etwaige von dem Käufer geltend gemachte Ansprüche und Rechte in
Bezug auf den Mangel zurückzuweisen.
Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn es
sich um einen Mangel handelt, der bei der
Untersuchung nicht erkennbar war. Zeigt
sich ein solcher Mangel erst später, muss
die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden. Andernfalls gilt
die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt (§ 377 Abs. 3 HGB).
Neben Kaufverträgen gelten die Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten des
§ 377 HGB aufgrund einer entsprechenden
Anordnung in § 381 Abs. 2 HGB auch für
sogenannte Werklieferungsverträge, d.h.
für Verträge, die die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher
Sachen zum Gegenstand haben.
Bei anderen Verträgen finden die Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten des
§ 377 HGB dagegen nur Anwendung,
wenn dies entsprechend vertraglich vereinbart worden ist.
Beim Handel mit Waren nimmt ein Zwischenhändler die Ware oft nicht selbst
physisch in Empfang, sondern der Verkäufer liefert die Ware auf Geheiß des Zwischenhändlers unmittelbar an den Abnehmer des Zwischenhändlers. Die Rechtsprechung hat für diese sog. Streckengeschäfte den Grundsatz entwickelt, dass
der weiterverkaufende Zwischenhändler
die Untersuchung des Kaufobjekts nicht
In der Praxis ist zunächst von besonderer
Bedeutung, wann die Untersuchungs- und
Rügeobliegenheiten des § 377 HGB auf einen Vertrag überhaupt Anwendung finden.
§ 377 HGB findet unmittelbar zunächst
nur auf Kaufverträge Anwendung, die für
beide Parteien ein Handelskauf sind. Dies
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Newsletter 01/15
selbst durchführen muss, sondern seinem
Abnehmer überlassen darf, er dann aber
dafür zu sorgen hat, dass der Abnehmer
ihn oder den Verkäufer sobald wie möglich von Mängeln unterrichtet. Kommt es
dabei beim Abnehmer zu vermeidbaren
Verzögerungen, muss der Zwischenhändler sich diese zurechnen lassen. Eine wegen solch einer Verzögerung nicht rechtzeitig erfolgte Rüge führt dann dazu, dass
die Ware in Bezug auf den nicht rechtzeitig gerügten Mangel als genehmigt gilt.
Dies wiederum hat zur Folge, dass die Ansprüche ausgeschlossen sind, die dem Zwischenhändler im Falle einer rechtzeitigen
Rüge wegen des Mangels zugestanden
hätten.
□
Schadstoffemission und Energieverbrauch als Zuschlagskriterien
zulässig, dann aber hinreichend
konkret!
Zunehmend zeichnet sich im Vergaberecht eine Beachtung von umweltbezogenen Belangen ab. So verlangt die Vergabeverordnung (VgV) in § 4 Abs. 4 ausdrücklich eine Berücksichtigung von
Schadstoffemissionen und Energieverbrauch im Rahmen der Wertung. Insofern
hatte sich jüngst die Vergabekammer
Westfalen mit einer Vergabe zu befassen,
in der entsprechende Zuschlagskriterien
vorgegeben waren. Gleichwohl befreite
diese Forderung den Auftraggeber nicht
davon, dem Grundsatz einer hinreichenden Leistungsbeschreibung nachzukommen und die konkreten Vorgaben zur
Bewertung dieser Kriterien offenzulegen.
Daran mangelte es zum Teil noch (Beschluss vom 03.02.2015 – VK 1-1/15).
Mit Beschluss vom 08.04.2014 hat der BGH
entschieden, dass die Grundsätze zum
Streckengeschäft wegen der vergleichbaren Interessenlage entsprechend gelten,
wenn die Ware vom Verkäufer an einen
Subunternehmer des Käufers geliefert
wird, der die Ware in dessen Auftrag verwenden soll. Auch in diesem Fall muss daher darauf geachtet werden, dass sichergestellt ist, dass der Subunternehmer die
an ihn weitergelieferte Ware unverzüglich
prüft und etwaige Mängel rechtzeitig
rügt.
Sachverhalt
Der Auftraggeber (Antragsgegner) schrieb
in einem offenen Verfahren nach der
VOL/A die Altpapiersammlung für einen
Zeitraum von sieben Jahren aus. Dabei
war nach einer Konkretisierung der Vergabeunterlagen Leistungsgegenstand die
Einsammlung, der Transport und die Verwertung der Abfallfraktion. Detailvorgaben im Zusammenhang mit der Verwertung, wie die Angabe der Verwertungsanlage und der Transportentfernung zu dieser, wurden nicht mehr verlangt. Als Zuschlagskriterium hatte der Antragsgegner
vorgegeben, dass zu 75 % der Preis ohne
Kraftstoffkosten, zu 15 % die Kosten des
Energieverbrauchs (Kraftstoffe für Fahrzeuge bei der Einsammlung) und zu 10 %
die Schadstoffemission der Fahrzeuge in
die Wertung einfließen sollen. Wertungsmaßstab für den Preis sollte die
Höhe des Nettogesamtpreises eines Angebotes pro Jahr ohne Kraftstoffkosten
sein. Der Erlös aus der Verwertung des
vermarkteten Altpapiers war von diesem
abzuziehen. Gleichzeitig war den Vergabeunterlagen eine Bewertungsmatrix mit
verschiedenen Berechnungsformeln bei-
Im Zusammenhang mit der rechtzeitigen
Wahrnehmung von Untersuchungs- und
Rügeobliegenheiten werden in der Praxis
viele Fehler gemacht. Diese wiegen besonders schwer, weil diese Fehler später
nicht mehr geheilt werden und zu einem
endgültigen
Anspruchsverlust
führen
können. Solche Fehler können am besten
vermieden werden, wenn mit dem Abnehmer/Subunternehmer vertraglich Regelungen über die Wahrnehmung der
Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten
vereinbart werden, die die sehr allgemein
gehaltenen
gesetzlichen
Vorschriften
konkretisieren und besser handhabbar
machen.
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Newsletter 01/15
gefügt, nach denen eine Bewertung der
Angebote anhand von Punktzahlen vorgenommen werden konnte. Maßgeblich
für die Zuschlagserteilung sollte sodann
die Gesamtpunktzahl für die Einzelergebnisse sein. In einem Preisblatt bzw. einem
Angebotsblatt hatten die Bieter verschiedene Preispositionen anzugeben. Das waren unter anderem Kosten für die Leistungen ohne Kraftstoffkosten. Des Weiteren waren die Kraftstoffkosten für die
Sammlung, den Transport und die Verwertung einzutragen.
Entscheidung
Die Antragstellerin begehrte zu Recht und
mit Erfolg die Nachprüfung des Vergabeverfahrens. Die Vergabekammer Westfalen war insofern davon überzeugt, dass
der Antragsgegner eine fehlerhafte Wertungsentscheidung vorgenommen hatte.
Für den Wertungsvorgang sei aufgrund
der abgefragten Angaben nicht die erforderliche Vergleichbarkeit der Angebote
gewährleistet gewesen. Insofern seien
zwar gemäß § 4 Abs. 4 VgV gerade bei
der Vergabe von Dienstleistungen, welche
die Nutzung energieverbrauchsrelevanter
Waren, Geräte und Ausrüstung erfordern,
Kriterien wie die Schadstoffemission und
der
Energieverbrauch
grundsätzlich
wertbar. Eine darauf gerichtete Wertung
der Angebote könne aber nur dann gelingen, wenn die Leistungsbeschreibung
hinsichtlich der geforderten Angebotsangaben für alle Bieter eindeutig gewesen
sei und in gleicher Weise verstanden werden musste. Allein dadurch werde gewährleistet, dass vergleichbare Angebote
eingereicht würden, auf welche die Zuschlagskriterien bei der Bewertung objektiv und einheitlich anzuwenden seien. Der
Grundsatz der Gleichbehandlung schließe
diese Verpflichtung zur Transparenz ein.
Daher müsse der öffentliche Auftraggeber
nach den von ihm geforderten Angaben
und den hierzu festgelegten Zuschlagskriterien in der Lage sein, die Angebote effektiv sowie einheitlich zu prüfen.
Die Antragstellerin rügte die Vorgaben in
den Vergabeunterlagen und führte insofern aus, dass die bloße Abfrage der
Kraftstoffkosten nicht hinreichend sei, um
eine Bewertung der Schadstoffemission
und des Energieverbrauchs vornehmen zu
können. Vielmehr hätten zusätzlich die
jeweiligen Verbrauchswerte je Fahrzeug
und Kraftstoffart abgefragt werden müssen. Der Antragsgegner wies die Rüge zurück. Die Antragstellerin strengte daraufhin zunächst kein Nachprüfungsverfahren
an.
Sodann führte der Antragsgegner die
Wertung der Angebote durch und nahm
hinsichtlich der Kalkulation der Kraftstoffkosten bei dem bisherigen Bestbieter
(Beigeladene) eine Aufklärung vor. Fraglich waren dabei insbesondere die Kosten
für den Transport zur Verwertungsanlage.
Nach Auskunft der Beigeladenen lagen
noch keine abschließenden Angebote von
Verwertungsanlagen vor. Es sollten jedoch
keine gesonderten Kosten für den Transport zu diesen anfallen. Der Zuschlag sollte im Ergebnis an die Beigeladene erteilt
werden.
Dem wurden die Vergabeunterlagen vorliegend nicht gerecht. Die Bieter hatten
feststellbar bereits die Vergabeunterlagen
dahingehend unterschiedlich verstanden,
ob die Kosten des Transportes zur Verwertungsanlage (bspw. Papierfabrik) ebenfalls auszuweisen waren. Die diesbezüglichen Detailangaben sowie einheitliche
Bestimmungen der Entfernung zur Verwertungsanlage wurden im Laufe der Angebotsfrist entfernt. Demnach konnten
keine vergleichbaren Angebote eingereicht werden, auf welche die Zuschlagskriterien zu den Fahrzeugkosten einheitliche Anwendung finden konnten, da einzelne Bieter die Kosten für den Transport
zur Verwertungsanlage angegeben hat-
Diese Wertungsentscheidung rügte die
Antragstellerin abermals im Hinblick auf
das Kriterium der Kraftstoffkosten. Dieses
sei derart indifferent, dass keine vergleichbaren Angebote vorlägen, die gewertet worden seien. Mangels Abhilfe der
Rüge leitete die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren ein.
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Newsletter 01/15
Aktuelle Veröffentlichungen
ten und andere – wie die Beigeladene –
nicht.
□
Praxishinweis
Die vorstehende Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass es nicht ausreichend ist, wenn der Auftraggeber der
Vorgaben gemäß § 4 Abs. 4 VgV lediglich
insofern nachkommt, als dass die Schadstoffemission und die Energieeffizienz als
Zuschlagskriterien vorgegeben werden.
Dies korrespondiert vielmehr mit der
Pflicht des Auftraggebers, die gleichen
Angaben von den Bietern mit dem Angebot abzuverlangen und eine eindeutige
Bewertungsmatrix vorzugeben, welche
eine objektive und einheitliche Bewertung der Angebote hinsichtlich der vorgenannten Kriterien zulassen. Daran
mangelt es in der Praxis teilweise nicht
selten. Insofern muss sich der Auftraggeber bereits im Vorfeld im Klaren darüber
sein, wie und auf welchen Angebotsangaben beruhend er die vorgegebenen Zuschlagskriterien zu prüfen gedenkt. Dabei
sind insbesondere die Vorgaben zur Bewertung von Schadstoffemissionen häufig
wenig eindeutig, weil keine konkreten
Vorgaben zur Berechnungs- und Bewertungsmethode bestimmt wurden. In diesen Fällen ist nach der vorstehenden Entscheidung aber erst recht keine objektive
und einheitliche Bewertung möglich. Daher empfiehlt es sich, die Vorgabe von Zuschlagskriterien zur Schadstoffemission
und Energieeffizienz vor Ablauf der Angebotsfrist umfassend zu prüfen und im
Zweifel zu beanstanden.
Dr. Anno Oexle und Thomas Lammers
Unsichere Zeiten für gewerbliche Sammler
in: Recycling Almanach 2015, S. 53 ff.
Dr. Markus Pauly und Dr. Maren Heidmann
Wem gehört der Schrott ?
in: RECYCLING Almanach 2015, S. 156 ff.
Dr. Anno Oexle und Thomas Lammers
B2B: Umstrittener Zugriff
in: RECYCLING magazin 10/2014, S. 28 f.
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Newsletter 01/15
□
Aktuelle Veranstaltungen
– Auswahl –
10.06.2015
Umsetzung der Industrieemissionsrichtlinie
Referent: Dr. Rainer Geesmann
veranstaltet durch die TÜV Rheinland
Akademie GmbH in Nürnberg
22.04.2015
Aktuelles Abfallrecht – Neuerungen für
Unternehmen
Referent: Dr. Markus W. Pauly
veranstaltet durch die IHK Koblenz in
Koblenz
15.06.2015
Seminar „Gefahrgut”
Referent: Ludolf C. Ernst
veranstaltet durch die Rhenus eonova
GmbH in Berlin
23.04.2015
Workshop „Anschluss- und Benutzungszwang in Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung”
Referent: Ludolf C. Ernst
veranstaltet durch das Institut für Wirtschaft und Umwelt e.V. in Magdeburg
17.06.2015
Handeln und Makeln mit Abfällen
Referent: Dr. Anno Oexle
durch den BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. in Berlin
28.04.2015
Konflikte zwischen Hochwasserschutz und
Städtebaurecht
Referent: Prof. Dr. Rüdiger Breuer
veranstaltet durch den Bundesverband für
Wohnen und Stadtentwicklung e.V. in
Hannover
23.06.2015
Abfallrecht II – Abfall- und Immissionsschutzrecht –
Referent: Dr. Anno Oexle, Dr. Rainer
Geesmann
veranstaltet durch den BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. in Köln
11.05.2015
Abfallrecht I – Erfassung und Transport –
Referent: Dr. Anno Oexle
veranstaltet durch den BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. in Köln
________________________________
Autoren dieses Newsletters sind:
Büro Köln
Rechtsanwalt Prof. Dr. W. Klett
Rechtsanwalt Dr. M. W. Pauly
Rechtsanwalt Dr. Oexle
Rechtsanwalt Dr. A. de Diego
Rechtsanwalt Dr. R. Geesmann
Rechtsanwalt Prof. Dr. R. Breuer
Rechtsanwalt Dr. H. Weishaupt
Rechtsanwältin Dr. M. Heidmann
Rechtsanwältin C. Radeloff
Rechtsanwalt T. Lammers
Rechtsanwalt Dr. M. Peine
Rechtsanwältin Dr. N. Otoo
Rechtsanwältin V. Eske
15.05.2015
Grenzüberschreitende Abfallverbringung
Referent: Dr. Anno Oexle
veranstaltet durch den BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. in Köln
28.05.2015
Grenzüberschreitende Abfallverbringung
Referent: Dr. Anno Oexle
veranstaltet durch den BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. in Berlin
Büro Berlin
Rechtsanwalt L. Ernst
09.06.2015
Fachtagung Umwelt 2015
Referent: Dr. Anne-Louise Schümer
veranstaltet durch die TÜV NORD Akademie GmbH & Co. KG in Hamburg
Büro München
Rechtsanwalt R. Volpert
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