Saatkrähe HN 2015 offenerBrief

OAG-HN + ORNI Schule Ralf Gramlich ! Schomberg ! 75050 Gemmingen
OFFENER BRIEF
an
Stadt Neckarsulm
Landratsamt Heilbronn
Stadt Heilbronn
Heilbronner Stimme
OAG-HN + ORNI Schule Ralf Gramlich ! Schomberg ! 75050 Gemmingen
17.03.2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit einigen Jahren wird die Öffentlichkeit, nicht nur im Raum Heilbronn, mit dem Thema Rabenvögel insbesondere der Saatkrähe im Siedlungsraum konfrontiert. Die Veröffentlichungen über
die Problematik mit den Vögeln, ob Fernsehen, Radio, Zeitungsartikel oder Leserbriefe rufen bei
den Lesern große Emotionen hervor. Oftmals werden sachliche Informationen von den beiden
Rabenvögeln Saatkrähe und Rabenkrähe, die inzwischen auch den Siedlungsbereich für sich
erschlossen haben, vermischt. Beide Arten unterscheiden sich nicht nur äußerlich, sondern in
vielen anderen Bereichen.
Mit diesem offenen Brief möchte die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft Heilbronn (OAG HN)
zur Versachlichung der schwierigen und emotionalen Diskussion beitragen.
Die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft Heilbronn (OAG HN) wurde im Jahre 2006 durch den
Unterzeichner Ralf Gramlich gegründet. Das Ziel der OAG HN ist die Erfassung der Vogelwelt
im Stadt- und Landkreis nach wissenschaftlichen Methoden. Bei regelmäßigen Treffen findet
ein Austausch zwischen den engagierten Vogelbeobachtern statt.
Erfassung
Die Erfassung der Saatkrähenbestände im Stadt- und Landkreis Heilbronn wurde bis 2009
durch Herrn Horst Furrington dokumentiert, danach übernahm die OAG HN das Monitoring und
führte die Bestandszählungen qualitativ und quantitativ kontinuierlich weiter.
Hintergrund
Die Saatkrähe trat in historischer Zeit im Stadt- und Landkreis Heilbronn nur als Wintergast auf
und war kein Brutvogel. Ab dem Jahre 2002 siedelten sich die ersten Brutkolonien mit 36
Brutpaaren an. In den vergangenen Jahren ist der Brutbestand auf 271 Brutpaare (Stand 2014)
angestiegen. Die Brutpaar-Erfassung erfolgt kurz vor Laubaustrieb durch Zählung der Nester
und Brutpaare in den bestehenden und neuen Kolonien.
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Somit konnten belastbare Zahlen gewonnen werden. Die gesamte Brutpaarzahl hat sich in den
letzten drei Jahren auf einem Niveau eingependelt, das möglicherweise eine Populationsgrenze
anzeigt.
Interpretation
Die Zahl der überwinternden Saatkrähen ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen.
Die Bestandszahlen der Brutpaare lassen eine deutliche Zunahme der Brutpopulation im
Stadt- und Landkreis Heilbronn erkennen.
Eine Tendenz zur Zersplitterung von größeren zu kleineren Kolonien ist erkennbar. Ob viele
Störungen dazu geführt haben oder ob dies ein natürlicher Prozess der Saatkrähe ist, lässt
sich abschließend nicht interpretieren. Die Verteilung der benutzten Horstbäume ist nicht mehr
konzentriert, sondern nimmt eine flächenmäßige Ausdehnung an. Eine Verstädterung ist
erkennbar.
Beispiel
2014 wurden in Neckarsulm im Bereich Friedhof / Ballei / Stadtpark / Pichterich 57 besetzte
Nester (78 Nester gesamt) gezählt. Im November konnten noch 60 Horste gezählt werden.
Dies würde bedeuten, dass man von etwa 120 - 140 Individuen ausgehen kann. Rechnet man
noch eine gewisse Anzahl an Nichtbrütern ein, kommt man auf etwa 160 - 180 Individuen der
Saatkrähen zu Beginn der Brutzeit.
Eingriffe
Es hat sich bei allen Eingriffen gezeigt, dass die Aktionen nur kurzfristig Erfolg zeigen. Die
Saatkrähe und andere Vogelarten reagieren durch die Störung mit einer Zersplitterung. Konkret
bedeutet das: Aus zwei Kolonien mit jeweils 20 Brutpaare die gestört wurden, sind in den
nächsten Jahren vier neue Kolonien mit jeweils 10 Brutpaaren entstanden.
Hinweisen möchten wir auch auf vollzogene Straftatbestände (z.B. Entfernung von besetzten
Nestern zur Brutzeit in Neckarsulm), die eine europaweit geschützte Vogelart betraf und
artenschutzrechtlich mit Sicherheit nicht genehmigt waren. Mit einem Urteil des
Verwaltungsgericht Stade, am 15.04.2014 – 1 A 1490/101 wurde dem Artenschutz,
insbesondere der Saatkrähe nach §44 BNatSchG Abs.1 Nr. 3 eine hohe Priorität beigemessen.
Auch wir möchten nicht verheimlichen, dass es bei den Saatkrähenkolonien zu Lärmbelästigung
und Beeinträchtigung durch Kot und herabfallende Äste kommt. Allerdings ist wenig
Verständnis und auch wenig Toleranz gegenüber den Rabenvögeln zu erkennen.
Die OAG HN wird auch zukünftig den Brutbestand der Saatkrähe im Stadt- und Landkreis
erfassen. Nur mit standardisierten Erfassungsmethoden können belastbare Zahlen ermittelt
werden, die als Diskussionsgrundlage dienen können.
Für weitere Rückfragen stehen die Verantwortlichen der OAG HN gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Gramlich
Jochen Fischer
Ornithologische Arbeitsgemeinschaft Heilbronn (OAG HN)
1
vgl. Natur und Recht 36, 2014:520-524
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