alternovum. Das KWA Journal 1/2015 TITELTHEMA. Lebensdienliche Sicherheit durch Hightech. S.10 MENSCHEN. BIRGIT KRIEGLER UND HAUKE THOMAS. S.20 KWA INTERVIEW. KESSLER-ZWILLINGE: FIT OHNE ROBOTIK. S.12 BETREUTES WOHNEN ZU HAUSE. S.34 Titelfoto: Werner Krüper; Fotos obere Reihe: Stockbild, Sieglinde Hankele, Anton Krämer Lebensdienliche Sicherheit durch Hightech. Titelthema. 10 KWA ExklusivInterview. BEGLEITUNG UND PFLEGE. Diesem Entwurf (s)eines Menschenbildes ist nichts hinzuzufügen, vielmehr findet sich diese Haltung glücklicherweise auch heute bei der Auseinandersetzung um das Wertvolle des Menschen, auch wenn er von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit betroffen ist. Was allerdings von Nell-Breuning nicht ermessen konnte, sind die umfassenden Herausforderungen, mit denen wir 2015 durch den demografischen Wandel konfrontiert sind und die uns in den kommenden Jahren voll treffen werden. Tagesbetreuung und Tagespflege. Alice und Ellen Kessler: Fit ohne Robotik. 12 22 Impressum Herausgeber KWA Kuratorium Wohnen im Alter gAG Biberger Straße 50, 82008 Unterhaching Verantwortlicher Redakteur (V. i. S. d. P.) Dr. Stefan Arend (Vorstand) Biberger Straße 50, 82008 Unterhaching Redaktion Sieglinde Hankele Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Tel.: 089 66558-565, Fax: 089 66558-3565 E-Mail: [email protected] Gestaltung und Layout Klarelinie, Agentur für Gestaltung GmbH, 86919 Utting am Ammersee, www.klarelinie.de Auflage/Erscheinungsweise Druckauflage 1/2015: 28.000 Exemplare ISSN 2199-2088 © KWA Kuratorium Wohnen im Alter Blitzlicht. 04 Leben. Begleitung und Pflege. "Es ging mir noch nie so gut …" 22 Die Rezeption 06 Herzlich willkommen 24 Von der Muse geküsst 06 Sanfte Küche 25 Mein Nachbar heißt Kurstift 07 Gesundheit. Netzwerke. Mentales Training bei Schlaganfall 26 WWW – World Wide Wohnstift 08 Genesung durch Hightech TITELTHEMA. Novum. Lebensdienliche Sicherheit Bewege dich! 27 28 durch Hightech10 reisen. alternovum. Das KWA Journal ist kostenlos. Die Zusendung kann jederzeit storniert werden. Bestellungen, Abbestellungen, Adressänderungen: KWA Kuratorium Wohnen im Alter Biberger Straße 50, 82008 Unterhaching Tel.: 0800 5924636, Fax: 089 66558-547 E-Mail: [email protected] Aus Gründen der Lesbarkeit wird bei den meisten geschlechtsspezifischen Bezeichnungen die männliche Form gewählt. KWA Kuratorium Wohnen im Alter ist ein gemeinnütziges Dienstleistungsunternehmen und wurde 1966 in München gegründet. KWA ist Mitglied im Paritätischen. Bundesweit unterhält KWA 18 Einrichtungen, darunter 14 Altenwohnstifte, eine eigene Klinik für neurologische und geriatrische Rehabilitation, zwei Pflegestifte und ein Bildungszentrum mit staatlich anerkannten Berufsfach- und Fachschulen. Fit ohne Robotik Reiseglück … Kegelbahn u. Kühlungsborn 20 KWA Club. 02 Tegernsee u. Timmelsjoch 21 NEU! Betreutes Wohnen zu Hause34 alternovum | 1/2015 12 nicht ersetzen 14 Liebe zum Beruf, Verständnis und Empathie Blickwinkel. Pflegestärkungsgesetz I 29 Ausbildung. Technik kann Pflege entlasten, 16 Moderne Technik für eine humane Pflege. Der Nestor der katholischen Soziallehre Oswald von Nell-Breuning (1890–1991) hat bereits vor 50 Jahren in seiner Schrift über das Alter darauf hingewiesen, dass „die wachsende Zahl der pflegebedürftigen Menschen […] eine entsprechend wachsende Zahl von Kräften, die in pflegerischen Berufen wirken [erfordert]. In dem, was diesem beruflichen Wirken eigen ist und seinen Kerngehalt ausmacht, gibt es keinen Ersatz des menschlichen Faktors durch die Technik, denn hier geht es ja gerade darum, dass der Mensch dem Mitmenschen, dem verlassenen, müden, traurigen, entmutigten, Rat und Hilfe suchenden Mitmenschen, seine Person und seine Zeit schenkt. Unterhalten kann ihn auch das Radio, aber ihm das Bewusstsein geben, dass er nicht nur immer noch Glied der menschlichen Gesellschaft ist, sondern auch als solches gewertet und behandelt wird, das kann nur der andere Mensch.“ 30 Weiterbildung. Wir können anhand der uns zugänglichen Zahlen die Zukunft der Pflege und Betreuung in den Jahren 2020, 2025 oder 2030 schon recht gut erahnen: Aufgrund des enormen Rückgangs der Geburtenraten seit der Zeit, als von Nell-Breuning seinen Text schrieb, werden „humane Ressourcen“ knapper, sprich: helfende, pflegende Hände. Und wir können recht gut voraussagen, wie viele Menschen bei uns in den kommenden Jahren auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sein werden. Zudem wissen wir um die gesellschaftlichen Veränderungen durch immer mehr Einpersonenhaushalte und zeitlebens kinderlos bleibende Paare. Von daher wird der Wunsch des Soziallehrers von Nell-Breuning wohl nicht in Erfüllung gehen. Wir werden auch Technik brauchen, um Menschen begleiten und pflegen zu können. Wir werden Technik brauchen, die dem auf Unterstützung Angewiesenen dient, die Pflegenden entlastet und ihnen so Zeit für Beziehungsarbeit ermöglicht. Auch wenn es überraschend klingen mag: Wir werden Technik brauchen, damit Pflege auch künftig human bleiben kann. Foto: Stockbild Inhalt. Editorial. Umgang m. Demenz ist erlernbar 31 Engagement. KWA Stiftsbeiräte 17 Sternstunden. Gärtner und GenieSSer. 18 Göttliche Musik … 32 … und gute Unterhaltung. 33 Menschen. Dr. Stefan Arend, KWA Vorstand 03 Fotos: Stockbilder Blitzlicht. Wussten Sie schon, dass … Pflegebündnis Mittelbaden Mehr als 40 Unternehmen und Institutionen, vom kleinen ambulanten Dienst bis zum großen regionalen Altenhilfeträger, von Altenpflegeschulen bis hin zur Agentur für Arbeit, ziehen im Pflegebündnis Mittelbaden an einem Strang und machen sich vor allem für zwei Ziele stark: KWA Mitglied ist bei „United Against Waste“? Die Schonung von Ressourcen und der nachhaltige Umgang mit Lebensmitteln stehen für KBS Geschäftsführer Thomas Schurr dabei im Vordergrund. Ein erklärtes Ziel des eingetragenen Vereins ist es, ein breites Bewusstsein für die Verschwendung von Lebensmitteln zu schaffen. Blütenpracht in der Rosenau Hightech in der Pflege aus Teenagersicht Schülerinnen des Edith-Stein-Gymnasiums München saßen zusammen mit ihrer Lehrerin Rita Heinemann und Schulleiter Manfred Zimmermann unter den Zuhörern des KWA Symposiums 2015. Was haben sie aus der Fachtagung zu „lebensdienlicher Sicherheit durch Hightech“ mitgenommen? „Besonders interessant waren die vielen Möglichkeiten, die man hat, um sein Leben im Alter durch Technik komfortabler und sicherer zu machen. Und die Fragestellung, welche ethischen Probleme auf die Menschen zukommen“, sagt Sophie Reif. Weiteres Feedback der Schülerinnen ist auf www.alternovum.de zu finden. Dass die Schülerinnen zum Symposium kamen, liegt an der regen Kooperation des KWA GeorgBrauchle-Hauses mit dem Edith-Stein-Gymnasium. 04 alternovum | 1/2015 Nach ausführlichen Besprechungen und Planungen war es Anfang November 2014 so weit: Die 70.000 Blumenzwiebeln, die der Altenhilfeverein e. V. Konstanz gespendet hatte, konnten im Park des Pflegehauses Loretto und im Park des Wohnstifts an den dafür vorgesehenen Stellen eingegraben werden: damit die Rosenau noch schöner wird! Gärtner von der Insel Mainau, Schüler der Geschwister-Scholl-Schule, des Ellenrieder-Gymnasiums, des Heinrich-Suso-Gymnasiums sowie des Hegne Marianum unterstützten Mitarbeiter des KWA Parkstifts Rosenau tatkräftig beim Eingraben der Zwiebeln. Was eingegraben wurde, hat inzwischen seine Pracht entfaltet und ist in einem Online-Bilderalbum zu sehen auf www.alternovum.de. Ein herzliches Dankeschön den Spendern und den zahlreichen Helfern! Die Altenpflege soll den Stellenwert in der öffentlichen Wahrnehmung erhalten, der ihr zusteht. Altenpflege ist schließlich eine tragende Säule in der Versorgung großer Bevölkerungsteile. So arbeitet das Bündnis auf vielen Plattformen, um die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, welche Rahmenbedingungen und Bedürfnisse es zu erfüllen gilt. Die vielfältigen und verantwortungsvollen Berufsbilder, die die Altenpflege zu bieten hat, sind vielen potenziellen Bewerbern nicht bewusst. Dass mittlerweile gerade im Bereich der Fachkräfte mit einer dreijährigen Ausbildung gute Gehälter bezahlt werden, beste Berufsperspektiven mit attraktiven Weiterbildungsangeboten bestehen oder eine gute Vereinbarkeit mit Familie und Beruf zunehmend ermöglicht wird, ist wenig bekannt. Dass gerade mittlere und große Träger von Senioreneinrichtungen auch interessante Karriereoptionen bieten, wird ebenfalls kaum realisiert. Deshalb möchte das Bündnis aufklären. Zudem will das Bündnis dem Irrglauben begegnen, dass einzelne Pflegeskandale stellvertretend für eine ganze Branche stehen. Kaum eine Branche hat derart regelmäßige Prüfszenarien zu durchlaufen und so eng gefasste Dokumentationen zu erbringen wie Institutionen der Altenpflege. Die Erfahrungen des ersten Jahres des Pflegebündnisses Mittelbaden sind äußerst ermutigend. Zahlreiche Einladungen zu Ausbildungsmessen, zu Symposien und zu Gründungsinitiativen ähnlicher Vereinigungen zeigen, dass das Bündnis gebraucht wird. Unterstützt wird diese Arbeit auch durch das KWA Parkstift Hahnhof. Neben einer aktiven Mitgliedschaft arbeitet Stiftsdirektor Marco Kuhn-Schönbeck auch aktiv im Vorstand mit. Mehr dazu unter: www.pflegebuendnis-mittelbaden.de. Fortbildung Am 4. Mai 2015 startet am KWA Bildungszentrum in Pfarrkirchen eine berufsbegleitende Aufbauweiterbildung für Pflegedienstleitung nach der AVPfleWoqG. In den acht Blockwochen mit insgesamt 264 Stunden Unterricht wird fachliches Wissen zur Führung und Organisation einer Pflegeeinheit vermittelt. Ein hochkarätiges Dozententeam wird die Teilnehmer sorgfältig auf die Abschlussprüfungen vorbereiten. Gewaltprävention, deeskalierende Strategien und Elemente der Selbstbehauptung stehen im Fokus des eintägigen Pädagogik-Seminars „Herausforderndes Verhalten in Pflege und Betreuung“ am 10. Juni 2015 unter der Leitung von Thomas Groß und Joachim Huber-Rypacek. Weitere Fortbildungsangebote finden Interessierte unter www.kwa-bildungszentrum.de. Noch sind einzelne Plätze frei. 05 Gast und Mitarbeiterin des Kurstifts Foto: Jacob Wawer Foto: Werner Krüper Foto: Werner Krüper Leben. KWA Stift Brunneck Caroline Oetker Stift Die Rezeption als Ort der Begegnung und Kompetenz Das Wort „Rezeption“ stammt aus dem Lateinischen „recipere“ und bedeutet „aufnehmen“. In diesem Sinne erfüllt es die wesentlichen Merkmale der Tätigkeit an der Rezeption. Dort nehmen die Mitarbeiter zum einen die eintretenden Besucher oder Bewohner auf, zum anderen auch Informationen, die sie dann koordiniert weiterleiten. Wikipedia schreibt zudem: „Die Rezeption ist nicht nur Schnittstelle zwischen Gast und Hotel, sondern auch zwischen allen anderen Abteilungen im Haus, wie Restaurant, Küche, Etage“ und: „Sie koordiniert die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen und ist zusätzlich Ansprechpartner für Lieferanten und Handwerker.“ So ist das den meisten von uns bekannt und vertraut. Die Mitarbeiter an der Rezeption haben eine wesentliche Aufgabe. Kompetenz, Freundlichkeit und eine authentisch gelebte Dienstleistungshaltung gehören dazu. Es ist doch immer der erste 06 alternovum | 1/2015 Eindruck in einem Haus, der für ein nachhaltiges Empfinden sorgt. Die Anforderungen an das Rezeptionsteam haben sich in den vergangenen Jahren allerdings verändert. Heute ziehen zum Teil auch hochbetagte Menschen in ein Stift ein. So ist es wichtig, dass Rezeptionsmitarbeiter neben dem Erfüllen originärer Aufgaben auch ein offenes Ohr für Sorgen und Nöte von Bewohnern und Angehörigen haben, Hilfestellung anbieten, wo es angezeigt scheint – und bei intensivem Beratungsbedarf den Kontakt zu Kollegen herstellen, die auch fachlich komplexe Fragen kompetent beantworten. In allen Servicebereichen ist es uns ein großes Anliegen, auch die Würde von Menschen mit demenziellen Veränderungen zu achten und ihnen mit Wertschätzung zu begegnen. Fortbildungen bringen entsprechende Sicherheit. Peter Wendt Von der Muse geküsst KWA Kurstift Bad Dürrheim Mein Nachbar heißt Kurstift Musikalische Begegnungen, Sonntagsmatinee, Singstunden sowie Sport und Spiel wecken die Lebensgeister. Was zeichnet das Leben im Wohnstift aus? Worin liegt der Vorteil gegenüber dem Leben in den eigenen vier Wänden? Der größte Vorteil liegt sicherlich darin, dass Bewohner durch das Leben in einer Hausgemeinschaft ein soziales Umfeld haben. Hier können sie selbstständig Kontakte pflegen und sich in die Gemeinschaft einbringen. Gerade bei eingeschränkter Mobilität erweist sich das private Zuhause oft als „goldener Käfig“. Auch wenn die Wohnung im Wohnstift meist kleiner ist als die vorherige: Durch die Gemeinschaftsräume ist der Lebensraum im Alltag groß und vielfältig. Sowohl der Park als auch Schwimmbad und Café sind barrierefrei zugänglich. Das Café im Stift Brunneck ist für viele Bewohner ihr zweites Wohnzimmer – so wie man es dem Österreicher nachsagt. Es ist gemütlich und lädt zum Verweilen ein. Hier gibt es viele Gelegenheiten, Gemeinschaft und Kultur zu erleben. Das KWA Kurstift Bad Dürrheim ist fester Bestandteil der Stadt. Immer mehr Bürger interessieren sich dafür, wie das Leben im Haus aussieht. Musik und die schönen Künste spielen im Leben der Bewohner eine große Rolle. Viele musizieren, malen oder zeichnen selbst, teils in der Wohnung, teils in Gemeinschaft. Dass das Stift Brunneck ein besonders musisches Haus ist, spiegelt auch das Veranstaltungsprogramm wider: Lesungen, Vorträge und Konzertmatineen bereichern den Alltag. Seit diesem Frühjahr gibt es zudem Musiknachmittage, die verschiedene Musikgenres und Generationen verbinden. Unter dem Motto „Musikalische Begegnungen“ präsentieren Bewohner, Angehörige und Freunde des Hauses Stücke auf ihren Lieblingsinstrumenten. Dabei treffen auch mal Klavier und Westerngitarre aufeinander. Das anregende Milieu und gesundheitsfördernde Angebote tragen dazu bei, dass Stiftsbewohner aktiv bleiben. Beim Gedächtnistraining und auch bei Sport und Spiel wird überdies viel gelacht. Gisela Hüttis 13 Jahre lang blickte Gertrude Baumgarts auf dem Weg zur Arbeit auf die erleuchteten Fenster des Kurstifts und fragte sich, wie das Haus von innen aussieht. Den Tag der offenen Tür zum Kurstiftsjubiläum nutzte sie, um es endlich zu erfahren. „Ich bin überrascht, wie hell und gemütlich es hier ist und was den Bewohnern geboten wird“, sagt Baumgarts. „Und ein wenig ärgere ich mich darüber, dass ich nicht schon früher gekommen bin. Schließlich sind die Menschen, die hier wohnen, meine Nachbarn.“ So wie Gertrude Baumgarts geht es auch anderen, die das Kurstift nur von außen kennen. Die sehen, dass Menschen aller Generationen im Kurstift ein- und ausgehen, dass Bewohner mit dem KWA Bus ins Zentrum von Bad Dürrheim fahren oder in Richtung Salinensee spazieren gehen. So hat jeder eine eigene Vorstellung davon, wie Menschen im Kurstift leben. „Dass Stiftsbewohner eine eigene Wohnung haben, war mir nicht klar. Ich habe gedacht, dass sie wie in einem Pflegeheim in Zimmern leben. So verschieden wie die Bewohner sind, so unterschiedlich sind auch ihre Appartements eingerichtet“, berichtet Baumgarts. Sie durfte sich einige anschauen. Bei einem Rundgang durch das Kurstift entdeckte die Nachbarin auch besondere Räume. Neben der Sauna und dem kleinen Laden hat es ihr ein Raum besonders angetan: das englische Kaminzimmer. Nachdem sie in einem der großen Ledersessel Platz genommen hatte, kam sie zum Schluss: „Genauso sieht in meiner Vorstellung das perfekte Wohnzimmer aus.“ Ähnlich wie Gertrude Baumgarts sind auch andere, die zum ersten Mal ins Haus kommen, beeindruckt von den Räumen, Menschen und Möglichkeiten. Mit einem Besuch des Kurstifts verändert sich nicht nur die Vorstellung vom Leben im Haus. Es verändert sich auch der Blick auf die Vielfalt der Wohnformen im Alter. Christina Gilly 07 Fotos: Andrea Daiger Foto: Stockbild Netzwerke. > Volker Schulze Hannelore Schulze Astrid Braun Gemäß einer Onlinestudie von ARD und ZDF nutzt die Altersgruppe 60+ das Internet mehr denn je. Während im Jahr 2003 gerade einmal 13 Prozent der über Sechzigjährigen online gingen, waren es im Jahr 2014 gut 45 Prozent. Das Interesse am Internet steigt auch unter den Bewohnern von KWA Wohnstiften stetig. Andrea Daiger, zuständig für die Kundenbetreuung im KWA Parkstift St. Ulrich, hat sich mit vier bekennenden „Surfern“ unterhalten, sie gefragt, wofür sie Internet nutzen und was ihnen daran gefällt. KWA Parkstift St. Ulrich Ilse Zschache WWW – World Wide Wohnstift In der Wohnung des Ehepaars Hannelore und Volker Schulze gibt es zwei Computer-Bildschirme, zwei Tastaturen und zwei Mäuse. Hannelore Schulze erledigt mit ihrer Ausrüstung alles Schriftliche, bearbeitet digitale Aufnahmen mit einem Bildbearbeitungsprogramm und gestaltet auf dem Bildschirm auch Glückwunschkarten. Dass Briefe nicht mehr von Hand geschrieben werden, findet sie einerseits schade, andererseits schätzt sie, dass sie ihre Texte mit schöner Schrift und 08 alternovum | 1/2015 attraktiven Bildern kreativ gestalten kann. Online informiert sie sich gerne, beispielsweise über medizinische Begriffe. Hannelore Schulze betont jedoch: „Mit diesen Informationen muss man sehr kritisch umgehen.“ Die 72-Jährige hat 18 Jahre PC-Erfahrung. Auf die Anfänge blickt sie mit einem Schmunzeln zurück: „Mein Mann hat damals einen Macintosh-Computer in unser Arbeitszimmer gestellt, mit folgender Anleitung: Haube ab, einschalten, schreiben, speichern, ausschalten, Haube drauf.“ Sie hat sich vieles selbst beigebracht. Vor einigen Jahren hat sie einen VHS-Kurs für Senioren besucht, speziell zur Internetnutzung. Der 73-jährige Ehemann nutzte Computer ab 1983 zunächst beruflich. Seit 1996 bewegt Volker Schulze sich auch im Internet. Heute nutzt er es vor allem für E-Mails, ebenso zum Einkaufen und Onlinebanking. Offline arbeitet er viel mit Excel und anderen Office-Programmen. „Computer und Internet gehören für uns beide längst zum täglichen Leben.“ Was ihn am Internet begeistert? „Vor allem die weltweite Vernetzung und die damit verbundene Möglichkeit der Informationsbeschaffung. Und die Möglichkeit, mit dem Computer Informationen auszuwerten.“ Dass das World Wide Web und die Arbeit am PC viel Zeit rauben können, ist dem Paar bewusst. Doch er ist sich sicher: „Wir lassen uns vom Computer und vom Internet nicht versklaven!“ Die 83-jährige Stiftsbewohnerin Astrid Braun verrät: „Ich kaufe im Internet ein und tätige online auch meine Bankgeschäfte. Meine Visitenkarten sowie Glückwunschkarten und Etiketten für Briefe gestalte ich mit Hilfe des Internets. Außerdem beschäftige ich mich mit der Mediathek und dem LeoWörterbuch.“ Sie schätzt vor allem die Vielseitigkeit des Mediums Internet und die Schnelligkeit. Deshalb hat sie auch einen E-Mail-Account. „Eine Antwort per E-Mail erreicht mich schneller als ein Brief“, sagt die Seniorin. Mit dem Computer arbeitet sie seit 2002. Zunächst hat sie einen Kurs belegt, ihre Kenntnisse dann durch Privatstunden vertieft. Heute geht sie mit einem Laptop ins Netz. Astrid Brauns Erkenntnis: „Im Grunde genommen ist es gar nicht so schwer, wie man es sich vorstellt.“ Wie sie auf das Internet kam? Dazu sagt sie: „Ich war neugierig. Und wenn man einmal dran ist, kann man nicht mehr loslassen.“ Und wofür nutzt die 87-jährige Ilse Zschache Internet? „Für alles!“ Sie schreibt E-Mails an die Familie, nimmt mit ihrem Tablet Fotos auf und versendet sie. Zudem recherchiert sie online Dinge, die sie interessieren – beispielsweise unbekannte Beilagen, die auf dem Speiseplan stehen. Auch Schach, Solitaire und Memory spielt sie auf ihrem Tablet. Am Internet mag sie, dass sie damit den Zugang zur Welt behält. Die 87-Jährige führt aus: „So weiß ich immer, was gerade passiert. Dank Internet kann ich auch die Verbindungen zu meinen Freunden in der ganzen Welt aufrechterhalten, und ihnen beispielsweise mit einem Bild von mir zeitnah eine Freude machen.“ Umgekehrt freut sich Ilse Zschache, dass sie durch tagesaktuelle Bilder und Berichte, die ihre Kinder via Internet schicken, an Reisen der Familie teilnehmen kann. Auch mit den Enkelkindern kommuniziert sie online. Sie nutzt das Internet seit zwei Jahren. Die Kinder und Enkel haben ihr zum 85. Geburtstag ein iPad geschenkt. Sie waren der Meinung: Unsere Oma muss das haben. Und die Oma schwärmt: „Es ist sehr platzsparend. Für uns Bewohner eines Wohnstiftes ist das gerade richtig. – Ich kann mir nicht mehr vorstellen, ohne mein iPad zu leben.“ Andrea Daiger, Sieglinde Hankele 09 Foto: Stockbild Titelthema. Lebensdienliche Sicherheit durch Hightech Das waren noch Zeiten, als der Hausnotruf als Innovation und moderne Technik galt. Kennen Sie Smartwatches? Die intelligenten Uhren, die stets anzeigen, wann Sie wo sind oder waren, und das nicht nur Ihnen. Kennen Sie smartband? Ein Armreif, der den Blutdruck misst, den Puls beobachtet und gesundheitliche Krisensituationen anzeigt, ebenso wie den Kalorienverbrauch – millionenfach verkauft. Auch Unterwäsche, die vor einem Herzinfarkt warnt, ist ebenso auf dem Markt wie der Schrittzähler im Sport-BH. All diese technischen Innovationen werden auch und gerade für ältere Menschen entwickelt. Unter dem Oberbegriff der „assistiven Technologien“ wurden Milliarden investiert. Da sind die Trekking-Systeme, die als 10 alternovum | 1/2015 Navigations- und Notfallhilfen bei Mobilität außer Haus Anwendung finden. Da sind die Therapieroboter, die Einsamkeitsgefühle durch künstliche Interaktion lindern sollen und affektives Nähebedürfnis durch sensorische Präsenz. Da sind Robotik-Systeme, die der Pflegeerleichterung dienen. Ist das lebensdienliche Technik? Kommt darauf an, ist die ausweichende Antwort, die jeder Jurist und Ethiker parat hat, wenn es um die Bewertung komplexer Fragestellungen geht. Dienen sie der Aufrechterhaltung persönlicher Selbstständigkeit und der eigenverantwortlichen Lebensführung, mag man sie willkommen heißen. Sie können beispielsweise in ländlichen Regionen dazu beitragen, dass auch bei geringer Arztdichte die medizinische „Vorsicht ist geboten, wenn Hightech zur unsichtbaren Überwachung wird.“ Vorsicht ist geboten, wenn Hightech zur unsichtbaren Überwachung wird und so Privatheit und Intimität in dramatischer Weise tangieren kann. Wollen Sie immer überwacht sein? Vermutlich nicht. Das Fürsorgebedürfnis von Professionellen, aber auch von Angehörigen führt mitunter zum Wunsch nach ständiger Erreichbarkeit und Kontrolle. Vorsicht ist auch hier geboten. Doch gilt das auch für Menschen mit hirnorganischen Veränderungen, für Menschen mit Demenz? Hier ist die Sorge besonders groß, dass etwas passieren kann und sich die Menschen Schaden zufügen. In diesem Fall kann GPS-Technik ein Segen sein und dazu beitragen, den Bewegungsspielraum von örtlich desorientierten Menschen zu erweitern, ohne dass man sich Sorgen machen muss, die Person nicht wiederzufinden. Aber bitte nur im Einzelfall und gut ausgehandelt. Und mit Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht und der Privatheit der jeweiligen Person! Begleitung von Patienten gesichert wird. Sie erhöhen die Erreichbarkeit professioneller Dienste und können einen wesentlichen Beitrag zur Effizienz von Versorgungssystemen leisten. Sie können auch dort einen für viele Menschen wichtigen Beitrag leisten, wo sie die Autonomie stärken. Nur was heißt Autonomie? Geht es in jedem Fall um die Unabhängigkeit von fremden Hilfen? Man spricht auch von der relationalen Autonomie, von der Autonomie, die immer den Anderen, das Gegenüber braucht. Technische Hilfssysteme dürfen jedenfalls nicht dazu führen, dass sich die Solidarität von Familien, von Freunden oder in der Nachbarschaft rückbildet. Technik darf Sorgebeziehungen weder entwerten noch als altmodisch erscheinen lassen. Und wie wär’s mit der Robbe Paro, dem Roboter, der so einfühlsam sein kann, die Einsamkeit vertreibt und Fürsorgereflexe bei auf Pflege angewiesenen Menschen auslöst – als Beziehungsersatz für Einsame? Hier ist Täuschung im Spiel, hier werden Gefühlszustände manipuliert. Sie dürfen keinesfalls ein menschliches, Sorge tragendes Umfeld ersetzen. Das gilt auch für die professionelle Helferbeziehung. Der Arzt, die Pflegekraft und andere Helfende sind auf den Blickkontakt und die leibliche Gegenwart verwiesen, um ihre Professionalität entfalten zu können und Zusammenhänge zu verstehen. Präsenz beim auf Pflege Angewiesenen ist erforderlich – nicht immer, aber immer wieder. Denn es geht nicht um die Überwachung des Körpers. Die Leiblichkeit ist gekennzeichnet vom Zusammenhang von Körper und Seele. Er darf nicht auseinanderdividiert werden. Dem Einsatz von Technik wohnt immer etwas Bewertendes und Steuerndes inne. Ein Verhalten wird als risikoreich identifiziert, Handlungen sollen gelenkt werden: „Bitte ausreichend bewegen“, „die Medikamente einnehmen!“ Technikeinsatz kann, richtig dosiert und in ein Gesamtkonzept von Hilfe eingebettet, sinnvoll sein – im Bürger-ProfiTechnik-Mix. Nur muss immer auch Platz für den Zufall bleiben, für das Unvorhersehbare, für die kreative Gestaltung des Augenblickes, für das Andere, das sich auch als Handlungsoption erhalten muss. Wir wollen nicht den programmierten Menschen. Wir wollen nicht den total überwachten Menschen. Lebensdienliche Technik, sie ist möglich. Was wären wir heute ohne Autos? Was wären wir ohne Staubsauger und Geschirrspülmaschine? Auch das Handy mag sich keiner mehr wegdenken. Technologiefeindlichkeit ist unangebracht. Nur darf Technik nicht um der Technik willen entwickelt werden. Sie hat sich stets in den Dienst gelingenden Lebens und der Unterstützung individueller Lebensformen zu stellen. Die assistiven Technologien wurden in den vergangenen Jahrzehnten im Wesentlichen von Technikern entwickelt. Nun sind die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Professionellen der helfenden Berufe gefragt, ihre Anforderungen, ihre Erwartungen an Technik zu entwickeln und zu formulieren – und auf Gefahren hinzuweisen, die mit einem unreflektierten oder interessengeleiteten Einsatz von Technik verbunden sind. Das verlangt von allen Seiten sowohl die Bereitschaft, sich mit technischen Innovationen auseinanderzusetzen, als auch den Willen, eine ethische Sensibilität zu entwickeln, die dazu in die Lage versetzt, Technik zu bewerten: als lebensdienlich und ethisch und rechtlich akzeptabel – oder nicht. Neugierde und Abwägungskompetenz sind gefragt: Schon in der Entwicklung von technischen Assistenzsystemen, aber auch bei ihrer Anwendung. Thomas Klie Prof. Dr. Thomas Klie, Gerontologe und KWA Justiziar „Präsenz beim auf Pflege Angewiesenen ist erforderlich – nicht immer, aber immer wieder.“ 11 Foto: Sieglinde Hankele Titel. KWA v i lus Nachmittag und die andere am Abend. Dann wechseln wir wöchentlich, sodass eine von uns immer nach München fahren und sich ums Haus und den Garten kümmern kann. Exk Links – Ellen Kessler, rechts – Alice Kessler Fit ohne Robotik Alice und Ellen Kessler, bekannt als Kessler-Zwillinge, wuchsen im sächsischen Nerchau auf, in einem musischen Elternhaus. Schon als Sechsjährige bekamen sie Ballettunterricht. Das erste Engagement hatten sie mit 15 im Düsseldorfer Revuetheater Palladium: als Tänzerinnen. Später tanzten sie im Lido in Paris. Parallel starteten sie eine Filmkarriere: 1957 gehörten sie zu den „Vier Mädels in der Wachau“. Mit dem Song „Honey Moon“, den sie zusammen mit Peter Kraus als Gesangstrio einspielten, landeten sie in den deutschen Hitlisten auf Rang 15. Von 1962 bis 1986 lebten die Kessler-Zwillinge in Italien. Dort wurden sie zu Fernseh-Ikonen. Heute leben sie in München. In Deutschland sind die Kessler-Zwillinge vor allem aus Shows bekannt. Die Goldene Rose von Montreux und das Bundesverdienstkreuz am Bande schmücken ihr Leben. Foto: Sieglinde Hankele view r e t In Interview mit Alice und Ellen Kessler. Es gibt Menschen, die sich nach dem Berufsleben neuen Dingen zuwenden. Bei Ihnen beiden scheint das Berufsleben nie zu enden. Sie nehmen nach wie vor Engagements an. Ellen: Wir sagen nur zur, wenn wir denken, dass es Spaß macht. Eigentlich sind wir Nein-Sager geworden. Es gibt doch sehr viele Angebote, die wir nicht machen möchten, weil sie qualitativ nicht auf unserem Level sind. Alice: Man hat uns vorletztes Jahr sogar das Dschungelcamp angeboten. Stellen Sie sich das mal 12 alternovum | 1/2015 vor. Da haben wir gar nicht geantwortet. Ellen: Wir haben ein Engagement in Berlin angenommen, im Musical „Ich war noch niemals in New York“. Da spielen wir abwechselnd die Mutterrolle. Es besteht eigentlich nur aus Liedern von Udo Jürgens und darum herum ist eine Geschichte gebaut. Und weshalb denken Sie, dass es Spaß machen wird? Das Musical hatten wir bereits in Hamburg gesehen. Das ist sehr erfolgreich, weil jeder die Lieder kennt. Das Publikum singt begeistert mit. Und wir wissen, dass es auch deshalb Spaß machen wird, weil wir nicht zusammen auf der Bühne stehen. Alice: Wir haben das schon mal gemacht, alternativ gespielt in einem Zweipersonenstück. Das war wunderbar. Man muss sich nicht immer aus den Augenwinkeln beobachten, dass man synchron ist. Ellen: Beim Musical wird es zur Premiere eine Doppelvorstellung geben, am 31. Mai. Da spielt eine am Sie haben sehr viele Länder bereist. War Japan auch dabei? Alice: Also ich war schon ’63 in Japan, mit meinem damaligen Lebenspartner. Aufgetreten sind wir in Japan ’66 und ’72. Die Japaner sind sehr professionell. Und sehr diszipliniert. Das war eine wunderbare Erfahrung. Ellen: Wir standen in Tokio auf Bühnen, aber auch in Kyoto und Osaka. In Osaka waren wir 1970 auch im deutschen Team bei der Weltausstellung. Da war auch Max Greger dabei. Alice: Und Freddy Quinn. In Japan gibt es Menschen, die einen Roboter als persönlichen Fitnesstrainer haben. Würden Sie das auch gerne mal ausprobieren? Ellen: Nein. Weil ich glaube, dass unser Training ganz anders ist als Training von Nichttänzern. Alice: Also ich würde es vielleicht versuchen. Weil ich es lustig fände, einen Roboter dazuhaben, so zur Abwechslung. Wie motivieren Sie sich zu Gymnastik? Spornen Sie sich gegenseitig an? Ellen: Es gehört zu unserem Tagesablauf wie Zähneputzen, jeden zweiten Tag das Gymnastikprogramm zu machen. Vierzig bis fünfzig Minuten. Am einen Tag Alice, am anderen Tag ich. Wenn wir jetzt eine Woche in Rom sind, machen wir nichts. Aber zu Hause ziehen wir das durch. Das gehört zum Alltag. Bei vielen älteren Menschen lassen die Kräfte nach, die körperlichen und die geistigen. Denken Sie darüber nach? Und sprechen Sie darüber? Ellen: Wir sprechen nicht drüber. Wahrscheinlich verdrängen wir’s. Ich sage mir: Wenn es so weit ist, werde ich sehen, was ich mache, werde ich sehen, wie es weitergeht. Ich könnte mir betreutes Wohnen vorstellen. Betreutes Wohnen, wie wir es aus Florida kennen, wo Menschen völlig autark sind und ihre Wohnung haben. Die haben alle ihre Armbänder. Und wenn etwas ist, ist ein Arzt in der Nähe. Sie sind nicht alleingelassen, obwohl sie ein völlig freies, autarkes Leben haben. Und was halten Sie von Monitoring zur Sicherheit? Solche Kameras können mit einem ambulanten Dienst verbunden sein, sodass Bewohner und Pflegekräfte miteinander in Kontakt treten können, auch miteinander sprechen. Wäre das für Sie akzeptabel? Ellen: Kommt drauf an, wo die Kameras installiert sind. Man fühlt sich dann ja wie bei der NSA. (Gemeinsames Gelächter.) Alice: Das sind wunderbare Einrichtungen, aber die gibt’s noch gar nicht so oft bei uns. Ellen: Ich finde es sehr wichtig, dass es diese Dinge gibt. Man muss schon mehr tun. Weil die Menschen ja sehr viel älter werden und immer mehr von Demenz betroffen sind. Wenn Sie sich pflegen lassen würden: Was wäre Ihnen wichtig? Ellen: Schwer zu sagen. Ein verständnisvoller Pfleger oder eine verständnisvolle Pflegerin. Mit Kompetenz. Aber man muss auch eine gewisse Wellenlänge zu diesen Menschen haben, sonst wird’s unangenehm. Alice: Abhängig zu sein ist für mich ein furchtbarer Gedanke. Nicht mehr selbstständig zu sein. Wir waren ja nie abhängig – auch nicht von Ehemännern. Ellen: Wir sind ja mit 17 Jahren von Düsseldorf nach Paris gegangen und waren auf uns gestellt. Da ist es sehr schwer denkbar, im Alter Freiheiten zu verlieren. Technik in der Pflege ist das eine. Welche Technik nutzen Sie privat? Ellen: Handy und PC. Erst haben wir gesagt: Ach nein, alles zu technisch, zu unpersönlich. Und heute ist es undenkbar, das nicht zu nutzen. Es ist so praktisch. Alice: Also ich könnte ohne PC nicht mehr leben. Obwohl er mich manchmal ärgert. Manchmal nimmt man sich vor, irgendwas am PC zu erledigen, und dann klappt etwas nicht, und plötzlich sitzt man da zwei Stunden, obwohl man vielleicht nur eine halbe Stunde eingeplant hatte. Ellen: Briefe schreiben wir fast nur noch als E-Mail. Wenn wir in Florida sind und unser Agent in Italien muss uns kontaktieren, geht das über E-Mail in den nächsten drei Sekunden. Sie gehen Anfang März als Jurorinnen zu einem Casting des Gärtnerplatztheaters nach Wien: Freuen Sie sich darauf? Ellen: Ja, sehr sogar. Wir waren noch nie in einer richtigen Jury. Das in Wien ist sehr seriös. Wir sind zehn Personen. Da kommt auch ein Juror vom West End London und einer von der Komischen Oper Berlin – tolle Leute. Ich bin sehr neugierig drauf. Und gespannt, was man an Talenten sieht – oder an Nichttalenten. Alice: Wir machen das drei Mal. Ein Mal in Wien, ein Mal in München und ein Mal in Berlin. Es gibt ja viele Talente, die kaum noch eine Chance haben, ein Engagement zu bekommen. Es ist schwierig geworden. Ellen, Sie antworten in der Regel als Erste, war das schon immer so? Ellen: Ja. Alice über Ellen: Sie ist der Motor. Der Antrieb. Sie ist spontaner. Ellen über Alice: Sie ist eher zurückhaltend und immer ein bisschen überlegter. Sieglinde Hankele Die Kessler-Zwillinge haben auch über ihren Künstleralltag geplaudert. Das ausführliche Interview finden Sie online auf www.alternovum.de. 13 Titel. Foto: Stockbild KWA Symposium 2015: Lebensdienliche Sicherheit durch Hightech!? Schon heute kann Technik vor Sturzgefährdung und einem drohenden Infarkt warnen oder Alarm schlagen, wenn wir – gegen alle Gewohnheiten – die Kaffeemaschine nicht in Betrieb nehmen: als deutliches Zeichen von eingeschränkter Alltagsaktivität. Und nicht nur künstliche Kuschel-Robben aus Japan, sondern auch die ersten humanoiden Roboter sind probeweise für die Begleitung und Pflege von Menschen im Einsatz. Doch was ist dabei zu bedenken? Diese Frage stellte KWA Vorstand Dr. Stefan Arend zum Einstieg. Neben Professor Dr. Thomas Klie (siehe Seite 10) präsentierten auch andere namhafte Referenten Forschungsergebnisse und Erfahrungen. Welche Technik wird im Alltag überhaupt eingesetzt? Dr. Sibylle Meyer, Leiterin des SIBIS Instituts für Sozialforschung und Projektberatung in Berlin, nannte für den Einsatz zu Hause die Kontrolle von elektrischen Geräten, automatisches Abschalten des Herds, die Kontrolle von Fenstern, 14 alternovum | 1/2015 Technik kann Pflege entlasten, nicht ersetzen Rollläden, Türen, als Einbruchsschutz oder zur Energieeffizienz sowie die Kontrolle des Sanitärbereichs – sturzmeldende Fußböden beispielsweise. Sehr interessant aus Meyers Sicht sind neue technische Lösungen zur AudioVideo-Kommunikation von Bewohnern mit Angehörigen oder Dienstleistern: zur sozialen Teilhabe, aber auch zur ambulanten Versorgung. Bereits auf dem Markt sind Staubsauger-, Wisch- und Rasenmäher-Roboter. Da gibt es eine hohe Akzeptanz und hohen Nutzen, vieles sichert Autonomie, sei ethisch unbedenklich. „Bei Kommunikation und Anregung von so kleinen Gesellen, die eine Gestalt haben, wird es schon schwieriger“, so Meyer. Die Referentin zeigte ein Bild von einem kleinen Roboter mit aufgemaltem Gesicht, der vorturnt. Bei dieser niedlichen Figur falle es schon schwer, Distanz zu wahren. „Technik allein reicht nicht aus – zusätzlich gewünscht sind Betreuung und Dienstleistung.“ (Sibylle Meyer) Das SIBIS Institut hat sich 90 Wohnungen mit Ambient Assisted Living (AAL) angeschaut und Bewohner befragt. Meyers Erkenntnis: „Der größte Vorteil für die Menschen ist nicht die eingebaute Technik.“ Es geht den Bewohnern um Barriere-Armut und um gute Infrastrukturanbindung. Zudem möchten sie die Möglichkeit haben, Technik abzuschalten, für private Momente. Und: „Was zusätzlich gewünscht wird, ist Betreuung und Dienstleistung. Technik alleine reicht nicht aus.“ Als „Vision 2030“ stellte die Referentin ein Modell vor, wonach die Wohnung der Zukunft ihre Mieter behütet – eine Umdeutung der Sorgekultur. Wir sind rundum von intelligenter Technologie umgeben und von robotischen Assistenten – so die Vision. Professor Dr. Tim Lüth, Leiter des Lehrstuhls „Mikrotechnik und Medizingerätetechnik“ (MiMed) an der Technischen Universität München, bewertete die „Vision 2030“ skeptisch: „Die Technologie, die erwartet wird, ist nicht vorhanden.“ Ein Pro- blem in der Robotik sei, dass wir immer mehr Videoclips und Bilder sehen, in denen Dinge präsentiert werden, die gar nicht funktionieren. Und: „Wenn gezeigt wird, dass DHL Pakete mit Quadrocoptern austrägt, ist das absurd“, sagt Lüth. „Leider rechnet niemand aus, was es kostet, ein Paket hundert Meter hochzufliegen und wieder runterzubringen. Relationen werden nicht mehr wahrgenommen.“ Dadurch entstehen verzerrte Wahrnehmungen. Das präge inzwischen die Gesellschaft. „Das, was wir bauen, soll die Gesellschaft verändern und Menschen Nutzen bringen.“ (Tim Lüth) Wichtig bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten sei eine enge Zusammenarbeit mit Praktikern. Bei der Kooperation von MiMed mit KWA unter dem Titel „Embedded Research“ arbeiten Wissenschaftler direkt im KWA Luise-KiesselbachHaus. Derzeit konzentriert man sich zum einen auf mechanische Assistenzsysteme – Heben und Exoskelette, zum anderen auf Trinkmengenanalyse mit Hilfe besonderer Trinkbecher. „Dabei geht es darum, etwas zu bauen, das 24 Stunden am Tag zuverlässig funktioniert“, so Lüth. Der Wissenschaftler und sein Team folgen dabei einer übergeordneten Maxime: „Bei Surgical Robotic ist für uns immer das Ziel, dass das, was wir bauen, die Gesellschaft verändert und Menschen Nutzen bringt.“ Laut Dr. Markus Leser, Leiter des Fachbereichs „Menschen im Alter“ bei CURAVIVA Schweiz, sprechen wir heute nicht mehr von Mensch oder Technologie, sondern von einer Verschmelzung von Mensch und Technologie. Der englische Zukunftsforscher Ian Pearson habe in einem Interview gesagt: „Irgendwann einmal werden 90 oder 99 Prozent unseres Denkens nicht mehr in unserem Kopf stattfinden, sondern in einer Cloud*. Wenn der Körper dann, etwa bei einem Flugzeugunglück, stirbt, geht das Leben weiter. Man kauft sich dann einen humanoiden Roboter und nutzt diesen fortan als seinen Körper.“ – Schöne neue Welt? CURAVIVA Schweiz hat durch die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften klären lassen, welche Faktoren bei Pflegenden zur Akzeptanz von neuen Technologien eine Rolle spielen. Dabei hat sich gezeigt, dass sie abhängt von Faktoren wie Vorerfahrung, Sinnhaftigkeit, Freiwilligkeit, Know-how, Ergebnisqualität, Mehraufwand, Nutzen und Alter. Eine Harvard-Studie habe ergeben, dass Widerstand gegen Technikeinsatz überall da besteht, wo es um menschlichen Kontakt und Zuwendung geht: vor allem bei Nahrungsverabreichung, bei Demenzbetreuung und bei Grundpflege. Akzeptanz sei da, wenn es um Dokumentation oder schwere körperliche Arbeit geht, als Entlastungsfunktion. Lesers Fazit: „Technik kann Pflege entlasten, nicht ersetzen.“ „Widerstand gegen Technik in der Pflege besteht, wo es um menschlichen Kontakt und Zuwendung geht.“ (Markus Leser) Ethische Aspekte beim Einsatz von technischen Assistenzsystemen für ältere Menschen beleuchtete Professor Dr. Hartmut Remmers, Leiter des Fachgebiets Pflegewissenschaft an der Universität Osnabrück. Inwieweit vertragen sich fortlaufende Observationen und technische Kontrollen mit unseren Vorstellungen von menschlicher Würde und persönlicher Autonomie? Remmers sagt: „Am wenigsten problematisch erscheint mir, wenn Zeitersparnisse durch Technikeinsatz zugunsten größerer Zeitreserven des Pflegepersonals für besonders versorgungsbedürftige Menschen genutzt werden können. Problematisch wird es dann, wenn persönliche Beziehungen in elementaren Bereichen technisch ersetzt werden sollen.“ „Autonomieansprüche stehen auf der einen Seite, Fürsorgeansprüche auf der anderen.“ (Hartmut Remmers) Dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit müsse unbedingt Geltung verschafft werden, das schließe den Schutz der Privatsphäre ein, auch ein Abwehrrecht gegen Technik. Ein ebenso wichtiges Schutzinteresse bestehe jedoch für Leib und Leben. – Hier zeigen sich klassische Konflikte: Autonomieansprüche auf der einen Seite, Fürsorgeansprüche auf der anderen Seite. Remmers empfiehlt, verschiedene Perspektiven bei der Beurteilung von Technik einzunehmen. Er wünscht sich einzelfallorientierte Lösungen, behutsame Abwägungen. Der Wert technischer Assistenzsysteme bemisst sich für ihn daran, inwieweit sie den Mix aus familiärer, bürgerschaftlicher und professioneller Pflege unterstützen können, im Hinblick auf ein Gesamtversorgungskonzept. Remmers plädiert dafür, dass Betroffene, Pflegende und Entwickler von Assistenzsystemen in einen dauerhaften Austausch treten. Sieglinde Hankele *Als „Cloud“ werden „Datenwolken“, also größere Datenmengen bezeichnet, die nicht auf einem lokalen Rechner gespeichert werden, sondern in einem entfernten Rechenzentrum. Ausführliche Beiträge zum KWA Symposium 2015 sind auf www.alternovum.de hinterlegt. 15 Engagement. Foto: Werner Krüper Blickwinkel. KWA Stiftsbeiräte, KWA Stiftsdirektorin Gabriele Franke-Lechner (3. von links) und KWA Mitarbeiterin Monika Döbl (Bildmitte) im Garten des KWA Stifts am Parksee in Unterhaching – nach einer Sitzung. Pflegestärkungsgesetz I KWA Stiftsbeiräte Dynamisierung, Verbesserung und Flexibilisierung der Leistungen 40 Jahre erfolgreiches Ehrenamt in den Stiften Zum 1. Januar 2015 trat das Pflegestärkungsgesetz I in Kraft. Wie der Zusatz „I“ bereits signalisiert, plant die Bundesregierung eine weitere Novellierung der sozialen Pflegeversicherung. In deren Zentrum soll die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs stehen. Bereits ab 2015 wird vom federführenden Bundesgesundheitsministerium an der Vorbereitung der zweiten Reformstufe gearbeitet. Ziel ist es, ab Jahresbeginn 2017 eine runderneuerte soziale Pflegeversicherung an den Start zu bringen. Die Zweistufigkeit des Verfahrens bedarf der Erläuterung. Will man die „Diskriminierung“ – eine Formulierung des Bundessozialgerichts – unter anderem von Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind, in der Pflegeversicherung beenden, muss man zweierlei tun: Zum einen gilt es, einen Pflegebegriff und ein neues Begutachtungsinstrument einzuführen, das dem besonderen Bedarf von Menschen entspricht, deren Pflegebedürftigkeit nicht somatisch begründet ist. Zum anderen müssen auch die Hilfen, die das Gesetz gewährt, 16 alternovum | 1/2015 geeignet sein für den besonderen Bedarf an allgemeiner Betreuung von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz. Das eine ohne das andere zu tun, würde nicht zum Ziel führen. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, diese Reform in zwei Zügen – eben mit Pflegestärkungsgesetz I und II – zu realisieren. Wobei die Grundkonzeption des Pflegestärkungsgesetzes II bereits steht. Der Fokus liegt dann auf einem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff mit fünf Pflegegraden statt drei Pflegestufen und einem neuen Begutachtungsinstrument. Gleichwohl bleibt aber die Leistungshöhe für die späteren Pflegegrade noch zu bestimmen. Betrachtet man vor diesem Hintergrund das Pflegestärkungsgesetz I, so lassen sich drei Impulse unterscheiden, die der Gesetzgeber mit diesem (Teil-)Reformpaket gesetzt hat: Leistungsdynamisierung, Leistungsverbesserung und -flexibilisierung sowie Einführung eines Pflegefonds. Leistungsdynamisierung: Im PflegeWeiterentwicklungsgesetz von 2008 hat der Gesetzgeber festgelegt, dass ab 2014 alle drei Jahre die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung zu überprüfen und in der Höhe gegebenenfalls anzupassen sind. Dies wird im Pflegestärkungsgesetz I umgesetzt. Die Leistungen werden zumeist um 4 Prozent erhöht; Leistungen, die mit dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz erst 2013 eingeführt worden sind, nur um 2,67 Prozent. Leistungsverbesserung und -flexibilisierung: Der Gesetzgeber bleibt seiner Leitintension, die häusliche Pflege zu stärken, treu. Ein Mehr an Individualisierung für die Ausgestaltung der häuslichen Pflege ist intendiert. Die Leistungsdauer für Verhinderungspflege ist von vier auf sechs Wochen verlängert, für Kurzzeitpflege von vier auf acht Wochen. Beide Leistungen können unter bestimmten Voraussetzungen aufeinander angerechnet werden. Bis zu 40 Prozent des Sachleistungsbudgets in der ambulanten Pflege können nun für allgemeine Betreuungsleistungen eingesetzt werden. Teilstationäre Pflege, die bis dato zu 50 Prozent auf Sachleistung oder Pflegegeld angerechnet wurde, wird seit Jahresbeginn extra erstattet. Allen Pflegebedürftigen werden zusätzliche Betreuungsleistungen zur Verfügung gestellt. Bei vollstationärer Pflege wird die Zahl der zusätzlichen Betreuungskräfte erhöht. Einführung eines Pflegefonds: Angesichts der demografischen Entwicklung wird ein Pflegevorsorgefonds eingerichtet, in den zukünftig jährlich rund 1,2 Milliarden Euro fließen sollen. Ab 2035 rücken vermehrt die geburtenstarken Jahrgänge in die so genannten pflegenahen Jahrgänge vor. Mit Hilfe des Fonds sollen die erwarteten Belastungen der sozialen Pflegeversicherung gedämpft werden. Kritik richtet sich gegen den nicht sicheren Schutz vor Zweckentfremdung der Mittel, gegen den geringen Effekt zur späteren Beitragssatzdämpfung und die begrenzte Nachhaltigkeit – die Fondsmittel werden aufgebraucht sein, wenn die demografiebedingten Belastungen am höchsten sind. Der Beitragssatz in der gesetzlichen Pflegeversicherung wurde um 0,3 Prozent angehoben – um 0,2 Prozent für die Leistungsverbesserungen und um 0,1 Prozent für den Vorsorgefonds. Ob diese maßvolle finanzielle Mehrbelastung der Bürger angesichts der insgesamt entstehenden Mehrkosten jedoch ausreicht, ist strittig. Roland Schmidt Es ist nun schon 40 Jahre her, dass in den KWA Stiften erstmals Stiftsbeiräte gewählt wurden. Den Anfang machten die Bewohner der Rosenau. Sie wählten am 17. Januar 1975 ihren ersten Stiftsbeirat, der aus sieben Persönlichkeiten bestand. Bereits am 15. März 1975 folgte die Wahl im Hanns-Seidel-Haus. Grundlage dieser ehrenamtlichen Tätigkeit von Bewohnern, die Interessen ihrer Mitbewohner gegenüber der Einrichtung und dem Träger zu vertreten, war das bundeseinheitliche Heimgesetz, das am 1. Januar 1975 in Kraft trat und in Bezug auf die Tätigkeiten der Stiftsbeiräte mit der Heimmitwirkungsverordnung 1976 ergänzt und präzisiert wurde. Seit dieser Zeit haben unzählige Bewohner der Stifte am Leben und an der Kultur in den KWA Häusern mitgewirkt. Die Entwicklung von KWA ist ohne das Engagement der Bewohner – insbesondere der Stiftsbeiräte – nicht denkbar. Umso betrüblicher war es, dass die Arbeit der Stiftsbeiräte in Gefahr geriet: Im Zuge der Föderalismusreform wurde das Heimgesetz auf die Landesebene verlagert, in einigen Bundesländern war die Aberkennung des Heimstatus unserer Einrichtungen damit verbunden. KWA hat sich daher im vergangenen Jahr entschlossen, einen eigenen, freiwilligen KWA Stiftsbeirat zu installieren, damit in allen Bundesländern, unabhängig von den Regelungen des jeweiligen Landesheimrechts, ein Stiftsbeirat gebildet werden kann. Dazu wurde zusammen mit Professor Dr. Thomas Klie eine Rahmenordnung geschaffen, die die Aufgaben und die Kompetenzen aller KWA Stiftsbeiräte regelt. Auf dieser Basis werden jetzt an den einzelnen Standorten Ordnungen für die jeweilige Einrichtung erarbeitet, die Besonderheiten und Traditionen vor Ort aufnehmen können. So ist die Mitwirkung der Bewohner unabhängig von den Entwicklungen in den Ländern auf Dauer gesichert. Stefan Arend 17 Start ins KWA Gartenjahr 18 alternovum | 1/2015 Fotos: Privat Gärtner und Genießer. 19 Menschen. Menschen. KWA Stift Rupertihof Zwischen Tegernsee und Timmelsjoch KWA Stift Urbana im Stadtgarten Zwischen Kegelbahn und Kühlungsborn Hauke Thomas: ein Mann für alle Fälle im Rupertihof Fragt man die Bewohner der Urbana nach Birgit Kriegler, so bekommt man garantiert sofort eine Antwort Jeder kennt sie. Wer Birgit Kriegler für den einzelnen Bewohner ist, welche Funktion sie in seinen Augen hat, welche Aufgaben sie in der Urbana übernimmt, ist allerdings nie deckungsgleich. Auf Fragen nach ihr kamen folgende Antworten: „Frau Kriegler, das ist meine Kegelschwester.“ – „Mit ihr fahre ich jedes Jahr in Urlaub.“ – „Frau Kriegler ist hier die zweite Chefin.“ – „Sie hat mich im Krankenhaus besucht, jedes Jahr stoße ich mit ihr aufs neue Jahr an.“ – „Montags gehe ich regelmäßig zu ihrem Gedächtnistraining.“ – „Frau Kriegler organisiert doch immer unser Sommerfest.“ – „Wenn ich mal wieder zum Shoppen in die Stadt möchte, stellt sie mir eine Begleitung an die Seite.“ – „Ich weiß, sie organisiert alle Veranstaltungen im Haus.“ – „Frau Kriegler hat ihr Büro in der zweiten Etage und immer ein offenes Ohr.“ 20 alternovum | 1/2015 Diplom-Pädagogin Birgit Kriegler ist seit dem ersten Tag mit an Bord der Urbana. Die fußballbegeisterte Mutter von drei Kindern hat einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag. Zum einen ist sie die Koordinatorin der sozialen Betreuung im stationären Pflegebereich und der persönlichen Assistenten im Wohnbereich, zum anderen organisiert sie alle Veranstaltungen des Hauses. Die kulturellen und gesellschaftlichen Interessen der Bewohner sind breit gefächert. Jeden Monat stellt Birgit Kriegler jedoch ein abwechslungsreiches Programm zusammen, sodass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Ob nun Quizrunden, Stammtisch, Ausflüge, klassische Konzerte, Cocktailabende oder Märchenstunden: Die Bewohner haben die Wahl. Nun schon im vierten Jahr plant, organisiert und begleitet Birgit Kriegler die betreute KWA Reise. Im vergangenen Jahr ging es nach Kühlungsborn. Und wenn wir schon beim Reisen sind: Auch der Kegelverein der Urbana freut sich in jedem Jahr auf die von ihr bis ins Detail geplante Überraschungstour. Birgit Kriegler, die den Hausleiter des KWA Stifts Urbana Arnd Werner Schug vertritt, wenn dieser abwesend ist, kennt das Haus wie ihre Westentasche. Sie ist nicht nur für Bewohner ein häufig frequentierter Ansprechpartner, sondern auch für viele Angehörige und Mitarbeiter. Martina Lenz „Heute haben wir wieder mal die Welt verbessert!“, sagt ein älterer Herr ab und an zu Hauke Thomas. Wer die Weltverbesserer sind, dazu später. Hauke Thomas jedenfalls ist Stellvertreter der Stiftsdirektorin im KWA Stift Rupertihof. Angefangen hat er als Assistent der Hausleitung, vor 22 Jahren, unmittelbar nach dem Studium der Ökotrophologie. Die Arbeit mit alten Menschen hatte er beim Zivildienst kennengelernt, in seiner Diplomarbeit befasste er sich mit der Öffentlichkeitsarbeit von Senioreneinrichtungen. Im Rupertihof war er im Lauf der Jahre in vielen Bereichen aktiv. Seit vier Jahren liegt sein Arbeitsschwerpunkt in der Kundenbetreuung. Bei KWA ist er der einzige Mann in dieser Funktion. Doch das ficht ihn nicht an. Wer ihn kennt, weiß, dass er in sich ruht. Das spüren auch die Interessenten, denen er den Rupertihof zeigt und alles bis ins Detail erklärt, vor allem jedoch die Bewohner, die sich mit Wünschen an ihn wenden, auch dann, wenn er Veranstaltungen plant und betreut. 2014 hat er mit Bewohnern unter anderem den neuen Wanderweg in der Sutten getestet und den neuen Steg in Tegernsee, sie bei Fahrten nach München und Rosenheim begleitet, sowie zum Museum Aschenbrenner in Garmisch-Partenkirchen. Glanzlichter waren Tagesausflüge in die Alpen. Im vergangenen Jahr standen das Villnößtal in Südtirol, der Jaufenpass und das Timmelsjoch auf dem Programm. Wenn dann ein 100-Jähriger in 2000 Meter Höhe sagt: „Dass ich das noch mal erleben darf“, weiß Hauke Thomas, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Doch auch Musik ist vielen wichtig. Und so begleitet Hauke Thomas Bewohner zum einen zu Konzerten, zum anderen holt er Musik ins Haus. Aufgrund seiner Erfahrungen weiß er, was ankommt: neben Klassik beispielsweise auch schwungvolle russische Volksweisen. Durch die Zusammenarbeit mit örtlichen Musikschulen können sich die Bewohner auch an Darbietungen junger Menschen erfreuen. Was ihm an seiner Arbeit gefällt? „Die Dankbarkeit der Bewohner und die Vielfalt der Aufgaben“, sagt Thomas. Die Anstrengungen des Tages, wenn er nach einem Vertragsgespräch, einer Wohnungsabnahme und unzähligen Fragen und Antworten auch noch statistische Erhebungen zu bewältigen oder einen Pressetext zu verfassen hat, kompensiert er abends am liebsten bei Gartenarbeit, gemeinsam mit seiner Frau. Oder beim Chorgesang: bei Konzertprojekten der Kantorei Tegernsee und bei den Sunshine Gospels. Hauke Thomas stammt aus Rottenburg am Neckar, fühlt sich jedoch in Rottach-Egern längst heimisch: Er mag die Landschaft und die Ländlichkeit. Seine Kinder sind hier geboren. Nun noch zu den „Weltverbesserern“. Sie sitzen, wie könnte es anders sein, an einem Stammtisch, nämlich beim „Herrenstammtisch“ im Rupertihof: Erst wird gemeinsam gespeist, dann diskutiert und politisiert. Hauke Thomas verrät nur so viel: „Es steht auch mal Lokales zur Debatte. In der Regel befassen sich die Herren jedoch mit dem großen Weltgeschehen. Und mit wissenschaftlichen Themen.“ Und die Damen? Sie tauschen sich regelmäßig beim Dämmerschoppen aus. Sieglinde Hankele 21 Foto: Anton Krämer Begleitung und Pflege. Tagesbetreuung im Wohnstift „Es ging mir noch nie so gut wie hier“ KWA Parkstift Aeskulap In den vergangenen Jahren gewann das Thema altersbedingte Demenz zunehmend an Bedeutung, ausgelöst durch die steigende Zahl der Betroffenen in unserem Land. Für Menschen mit Demenz ist die Bewältigung des Alltags oftmals nur unter Anleitung möglich. Sofern die permanente Hilfeleistung im häuslichen Umfeld nicht durch Angehörige geleistet werden kann, scheint der Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung die einzige Möglichkeit zu sein. Doch es gibt Alternativen: für Menschen, die weiterhin zu Hause wohnen möchten, die Tagespflege, für Bewohner des KWA Parkstifts Aeskulap die Tagesbetreuung, als besonderes Leistungsangebot. Die Tagesbetreuung ist an sieben Tagen in der Woche geöffnet, von 7.30 bis 19.30 Uhr. In welchem Umfang Bewohner diese Zeiten nutzen, 22 alternovum | 1/2015 Bianca Jendrzej, Leiterin der Abteilung Qualität, Prozesse und Strukturen bei KWA, geht in einem Onlinebeitrag auf die Änderungen ein, die sich aus dem ersten Pflegestärkungsgesetz für die Tagesbetreuung und für die Tagespflege ergeben. KWA Parkstift Rosenau können sie selbst entscheiden. Durch eine maximale Gruppengröße von 12 bis 15 Bewohnern ist eine gemütliche Wohngruppenatmosphäre spürbar. Mit Beginn dieses Jahres konnte durch den Bezug neuer Räume das Leistungsangebot ausgebaut werden. Es gibt nun eine Wohnküche, einen Aktivierungs- und Beschäftigungsraum sowie einen Ruheraum, in den sich die Bewohner jederzeit zurückziehen können. Darüber hinaus wurde eine beschützte Außenanlage mit Garten und Rundweg neu gestaltet. Doch wie sieht der Alltag in der Tagesbetreuung aus? Menschen mit demenziellen Veränderungen benötigen eine klare Tagesstrukturierung. So ist die gemeinsame Vorbereitung und Einnahme der Mahlzeiten ein fester Bestandteil des Zusammenlebens. Ebenso ist ein abwechslungsreiches Programm der Aktivierung über den Tag fest implementiert. Ein geschultes und empathisches Mitarbeiterteam ist die Voraussetzung für ein harmonisches Miteinander. Darauf achten wir. Andreas Lorz „Es ging mir noch nie so gut wie hier. Ich werde hier so verwöhnt wie noch nie in meinem Leben“, sagt eine Bewohnerin, die die Tagesbetreuung im KWA Parkstift Rosenau nutzt. – Der Vormittag beginnt am hübsch gedeckten Frühstückstisch. Da gibt es alles, was man sich wünschen kann, vom klassischen Hefezopf bis hin zu frisch zubereiteten Rühreiern. Der Essensduft im Raum ist verlockend. Wer möchte, kann selbst zugreifen, wer Hilfe benötigt, wird von den Mitarbeitern unterstützt. In der Rosenau wird außer Tagesbetreuung auch Tagespflege angeboten. Menschen, die zur Tagespflege kommen, schenkt das Team besonders viel Aufmerksamkeit. Nach dem bewusst gemütlichen Frühstück kommt zunehmend Leben in die Räume. Aus der Tageszeitung vorgelesene Artikel regen zu Gesprächen an. Je nach Vorliebe der Bewohner spielen die einen danach beispielsweise Bingo, während die anderen lieber gemeinsam Kreuzworträtsel lösen, in einer ansteckend fröhlichen Atmosphäre. Die Räume sind attraktiv: Der große Wintergarten führt den Blick in den Wohnstiftspark, die Terrasse bietet Sicht auf das Bodenseeufer. Das Mitarbeiterteam von Tagesbetreuung und KWA Stift im Hohenzollernpark Tagespflege wird unterstützt von einer Musiktherapeutin, einer Gedächtnistrainerin und einer Qi-Gong-Lehrerin, die jeweils einmal in der Woche die Bewohner aktivieren. Ergänzt wird das Team durch Leon, einen jungen Cockerspaniel, dessen Herrchen in der Tagesbetreuung arbeitet, und durch Fritze, einen vorlauten Wellensittich. Somit gehören auch „Gassigehen“ und Vogelfüttern zum Alltag. Tagesbetreuung und -pflege im Parkstift Rosenau sind auch mittags geöffnet. So besteht auch die Möglichkeit, das Mittagessen dort in Gemeinschaft einzunehmen. Die Gäste können am „Familientisch“ Platz nehmen und unter verschiedenen Speisen wählen. Wer möchte, kann danach ein Mittagschläfchen halten, im eigens hierfür eingerichteten Ruheraum. Am Nachmittag werden Kaffee und Tee angeboten. An manchen Tagen wird auch gemeinsam gebacken. So erleben die Bewohner und Gäste, die Tagesbetreuung oder -pflege in Anspruch nehmen, Alltag und Gemeinschaft, erfahren Sicherheit, Geborgenheit und Orientierung. Ihre Ressourcen, ihre Selbstständigkeit und ihr Selbstwertgefühl werden gefördert. All dies steigert die Lebensqualität. Birgit Mangold Die Tagesbetreuung im KWA Stift im Hohenzollernpark bietet Bewohnern, die einen erhöhten Bedarf an Begleitung haben, ein tagesstrukturierendes Programm. Sie ist an sieben Tagen in der Woche geöffnet, von 8.30 bis 18.30 Uhr, auch an Feiertagen. Das Betreuungskonzept basiert auf der Erhaltung und Förderung der individuellen Lebensqualität. Gerontotherapeutisch geschulte Mitarbeiterinnen begleiten die Bewohner behutsam und aufmerksam, um ihnen ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit, Wertschätzung und Wohlbefinden zu geben. Zu den angebotenen Beschäftigungsmöglichkeiten gehören Biografiearbeit, gemeinsames Singen, Sitzgymnastik, Kegeln, Gedächtnisaktivierung, Wahrnehmungsförderung, kreatives Gestalten, Spielenachmittage, gemeinsames Kuchenbacken, Spaziergänge und jahreszeitliche Feste. Zwei Bewohnerinnen des Stifts, die sich ehrenamtlich engagieren, kommen zudem regelmäßig zum Vorlesen. Die gemütliche Einrichtung der Tagesbetreuung mit klassischen und einigen alten Möbeln trägt dazu bei, dass sich die Bewohner wohlfühlen. Viele Gegenstände erinnern an ihre Kindheit und Jugend; ein „Erinnerungskoffer“, „Kruschelkisten“, Fotoalben bieten immer wieder Anlass für Gespräche. Die Möglichkeit, alle Mahlzeiten in der Tagesbetreuung einzunehmen, fördert die Tagesstruktur und wird von fast allen genutzt. Frühstück und Abendessen werden als Buffet angeboten, das Mittagessen wird von den Mitarbeiterinnen serviert, entsprechend den Vorlieben und Wünschen der Bewohner. Nachmittags treffen sich die Bewohner zu einer gemütlichen Kaffeerunde, einmal in der Woche mit selbstgebackenem Kuchen. Bei schönem Wetter lädt der liebevoll angelegte Garten mit großer Terrasse zum Verweilen ein. Sonja Bekkadour 23 Begleitung und Pflege. Sanfte Küche KWA Luise-Kiesselbach-Haus Herzlich willkommen Die neuen Rezepte für Menschen mit Schluckstörungen vereinen klassische Nahrungsmittelverarbeitung mit Elementen innovativer Gastronomie – und bewahren den Geschmack der Zutaten. Auf neue Bewohner bereitet sich das Haus gut vor. Bis ins hohe Alter hatte Marie-Luise Bauer* zu Hause gelebt, selbstbestimmt und weitgehend ohne Hilfe. Doch nun, nach einem Schlaganfall, einem langen Krankenhausaufenthalt und anschließender Rehabilitation, ist der Alltag in der Wohnung nicht mehr zu bewältigen. bei dieser Gelegenheit auch Dinge besprochen werden können, die ihr wichtig sind. Wird die Wäsche gewaschen? Kann ich meine Möbel mitnehmen? Welche Ärzte kommen ins Haus? Können die erforderlichen Therapien vorab in die Wege geleitet werden? Bei einem Informationsbesuch der Angehörigen im KWA Luise-Kiesselbach-Haus überzeugte sie neben dem Pflegekonzept auch das umfangreiche Betreuungsangebot. Marie-Luise Bauer war immer sehr gesellig, und die Familie erhofft sich durch die begleitenden Angebote neue Impulse und neuen Lebensmut für sie. Die erhaltenen Informationen werden mit Hausleitung, Pflegedienst- und Wohnbereichsleitung besprochen, Risikobereiche und pflegerische Schwerpunkte abgeklärt. Haustechnik, Hauswirtschaft, Rezeption, wirklich alle Bereiche im Haus werden miteinbezogen. In den Übergabegesprächen an die Mitarbeiter in Pflege und Betreuung werden auch wichtige biografische Hinweise gegeben. Nachdem klar ist, dass die Seniorin einziehen wird, bereitet sich das Luise-Kiesselbach-Haus darauf vor. Um eine bewohnerbezogene, pflegerische Betreuung planen zu können, ist vieles zu klären. Liegt vielleicht eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit vor? Oder sind Sprach- und Schluckvermögen beeinträchtigt? Auch Vorerkrankungen, psychische Veränderungen oder kognitive Einschränkungen müssen von behandelnden Ärzten und Angehörigen erfragt und in die Pflegeplanung mit aufgenommen werden. Ein Besuch der Überleitungsmitarbeiterin des Luise-Kiesselbach-Hauses in der Rehaklinik bei Marie-Luise Bauer bringt wichtige Erkenntnisse. Die Seniorin freut sich, dass 24 alternovum | 1/2015 Noch ist die 85-Jährige auf den Rollstuhl angewiesen. Doch die therapeutischen Maßnahmen und ihr ungebrochener Wille lassen auf eine Zukunft ohne Rollstuhl hoffen. Sie hatte trotz allem Glück, sagt sie, gesteht aber auch, dass ihr bange ist vor der neuen Abhängigkeit. Sicherheit, abgestimmte Sorgestrukturen und Empathie erleichtern den Einzug und helfen ihr hoffentlich dabei, sich im neuen Zuhause einzufinden. Das in den ersten Tagen erlebte Miteinander ist prägend für das künftige Zusammenleben. Ursula Sohmen *Der Name wurde von der Redaktion geändert. Menschen mit Kau- oder Schluckstörungen mussten vor Einführung der sanften Küche auf viele bekannte Geschmackserlebnisse verzichten. Im Alltag entstanden so häufig Probleme. Immer wieder verweigerten Menschen mit Schluckstörungen die Nahrungsaufnahme. Sie hatten genug vom ständig gleichen Brei oder Pudding, wollten den „Einheitsbrei“ nicht länger essen. Die damit verbundene rapide Gewichtsabnahme bewirkte bei fast allen Betroffenen eine deutliche Verschlechterung des Allgemeinzustands. Mit dem Thema „Esskultur“ für Menschen mit Schluckstörungen setzt sich das Team des Albstifts deshalb schon seit Jahren auseinander. Das Hauptaugenmerk lag zunächst auf dem Mittagessen. Das Küchenteam versuchte, die Speisen so anzurichten, dass sie beim Servieren möglichst ansprechend waren. Trotz aller Bemühungen beim Mittagessen war der Erfolg begrenzt. Für die anderen Mahlzeiten fand sich keine adäquate Lösung. Da kam die Idee zur sanften Küche für Menschen mit Schluckstörungen gerade recht. In einem gemeinsamen Projekt von Albstift und Hochschule Ulm wurde das Thema intensiv diskutiert, neue Rezepte wurden entwickelt, getestet und verfeinert. Neben Küchenleiter Georg Tragenkranz und seinem Team trugen auch Diätassistentin Daniela Künzel sowie Pflegemitarbeiter des Albstifts zum Gelingen bei, mit Know-how und Ideen. So entstand eine Rezeptsammlung für alle Mahlzeiten und Geschmacksrichtungen. Wer heute den Speiseplan für den betroffenen Personenkreis anschaut, bekommt schon beim Lesen Appetit: zum Frühstück Beeren-Smoothie oder Müsli-Mix, zum Mittagessen Fischmousse und Möhrenschaum oder pürierte Rinderroulade und Kartoffelschaum, zum Kaffee Schwarzwälder Kirschtorte im Glas und am Abend pikanter Eierschaum. Seit Einführung der sanften Küche im Albsitft ist die Abneigung von Menschen mit Kau- oder Schluckstörungen gegenüber Speisen Vergangenheit. Betroffene essen wieder mit Fotos: Stockbild Foto: Ursula Sohmen Begleitung und Pflege. Appetit und haben damit ein Stück Lebensqualität zurückbekommen. Auch Menschen mit Demenz leiden oftmals unter Schluckstörungen, profitieren von den neuen Rezepten, weil die Konsistenz der fein pürierten oder aufgeschäumten Speisen auch ihnen das Schlucken ermöglicht. Menschen mit Demenz haben überdies ein anderes Geschmacksempfinden: Sie bevorzugen Speisen, die etwas süßer sind. Auch dem wird die sanfte Küche gerecht. Die positive Wirkung der sanften Küche lässt sich zum einen an den Gewichtszunahmen ablesen, ist zum anderen im täglichen Miteinander zu erkennen: Wer gut gegessen hat, ist deutlich zufriedener. Das zum Jahresbeginn veröffentlichte Rezeptbuch „Sanfte Küche“ kann hoffentlich dazu beitragen, dass auch andere von Schluckstörungen betroffene Menschen Lebensqualität zurückgewinnen. Manfred Zwick Das Rezeptbuch „Sanfte Küche“ ist erhältlich bei KWA Club; E-Mail: [email protected], kostenfreie Rufnummer 0800 592 2582 25 Foto: Sieglinde Hankele Gesundheit. Mentales Training bei Schlaganfall Interview mit Dr. Garner, dem Chefarzt der KWA Klinik Stift Rottal. Herr Dr. Garner, oft wird gesagt, dass Lähmungen nach einem Schlaganfall nicht mehr positiv zu beeinflussen sind. Stimmt das? Noch vor ein paar Jahren hätte ich Ihnen Recht gegeben. Experten waren sich einig, dass die Rückbildung von Lähmungen in den meisten Fällen nach einem Jahr abgeschlossen ist. Das heißt, dass der dann erreichte Zustand für die Zukunft akzeptiert werden muss. Und jetzt gibt es neue Erkenntnisse? Ja, durchaus. Es ist zwar richtig, dass die geschädigten Hirnzellen (Neurone) nicht durch neue Zellen ersetzt werden können. Doch heute weiß man, dass andere Hirnareale die Aufgaben der defekten Hirnzellen übernehmen können. Wie können Laien sich das praktisch vorstellen? Unser Gehirn ist äußerst effektiv organisiert: Gelernt wird nur, was auch einen praktischen Nutzen hat. Wenn ein Schlaganfall-Betroffener seine gelähmte Hand heben will, dann passiert wegen der Lähmung nichts. Die Hand bleibt unten und dem Gehirn wird über Rezeptoren in Gelenken und Muskeln gemeldet, dass die Bewegung nicht zustande kam. Damit ist die Bewegung für das Gehirn sinnlos und wird im Laufe der Zeit aus dem Repertoire der möglichen Aktivitäten gelöscht. Wenn es nicht funktioniert, ist im Programmspeicher kein 26 alternovum | 1/2015 Platz. Das Gehirn hat mit vielen anderen Aufgaben Wichtigeres zu tun. Kann man die verloren gegangene Bewegung nicht wieder neu „programmieren“? Das ist genau die Lösung. Das Gehirn muss erfahren, dass die gewollte Bewegung sinnvoll ist. In dem Moment, wo es die Bewegung ausführen will, muss zurückgemeldet werden, dass die Bewegung wirklich stattgefunden hat. Wie lässt sich das praktisch umsetzen? In den meisten Fällen ist es so, dass bei motorischen Lähmungen das Berührungsempfinden ganz oder zumindest teilweise erhalten bleibt. Wenn man die gelähmte Hand in dem Moment passiv hebt, in dem der Patient sich die Bewegung vorstellt, dann kommt eine positive Rückmeldung der Gelenkrezeptoren im Muskel, dass sich die entsprechenden Muskeln zusammengezogen haben. Und dafür gibt es jetzt eine Lösung? Richtig. Die Lösung heißt mentales Training (Mentastim®) und funktioniert folgendermaßen: Man klebt auf den Unterarm drei Elektroden, die feinste nervliche Aktivierungen messen, via Oberflächen-EMG. Auch bei schwersten Lähmungen, bei denen willentlich keine sichtbare Bewegung mehr erzeugt werden kann, gelingt es in aller Regel, bei guter Konzentration, noch einige wenige Nervenfasern zu aktivieren. Sobald das Gerät diese willentlich ausgelöste Aktivität erfasst, schaltet es in einen Modus, in dem die Hand durch eine schmerzlose elektrische Stimulation gehoben wird. Die entsprechende Muskelgruppe zieht sich zusammen. Damit wird dem Gehirn die vollständige Rückmeldung geliefert, dass die gewollte Bewegung auch tatsächlich von der entsprechenden Muskelgruppe und dem Gelenk ausgeführt wurde. Entscheidend ist also die Koordination der vorgestellten und der vom Gerät durchgeführten tatsächlichen Bewegung? Durch diese Rückmeldung empfindet das Gehirn die Bewegung als sinnvoll und programmiert sie wieder ein. Gesunde Nervenzellen übernehmen dann nach und nach die Aufgabe der durch den Schlaganfall geschädigten Neurone. Wie lange muss man üben, bis man einen Erfolg sieht? Täglich 20 bis 30 Minuten sollten es sein. Liegt der Schlaganfall schon mehrere Jahre zurück, ist nach zwei bis drei Monaten mit sichtbaren Funktionsverbesserungen zu rechnen. Wo und wie können Betroffene diese Methode kennenlernen? Wir wenden das mentale Training mit Mentastim® seit mehreren Jahren erfolgreich in der KWA Klinik Stift Rottal an. Danach üben die Patienten selbstständig zu Hause weiter. Genesung dank Hightech, Disziplin und Familie „Als ich wieder den ersten Leberkäs essen konnte, ging es aufwärts“, sagt Herbert Müller rückblickend. Den Leberkäse wünschte er sich gegen Ende eines sechswöchigen RehaAufenthalts in der KWA Klinik Stift Rottal. Als er dort ankam, konnte er nur Flüssiges oder Brei schlucken. Da haben ihn auch mal die Enkel gefüttert oder die Tochter oder Ehefrau Edeltraud, die jeden Tag von Passau zu ihm nach Bad Griesbach fuhr. Das weiß der inzwischen 86-Jährige zu schätzen. Er sagt: „Die Familie war das A und O nach dem Schlaganfall.“ Der liegt jetzt sechs Jahre zurück. Bemerkbar gemacht hat sich der Gefäßverschluss im Gehirn zunächst durch eine Sprachstörung, dann durch eine Lähmung, von der die ganze linke Körperseite betroffen war, inklusive Gesichtsnerven. Da Herbert Müller erst einen Tag später ins Krankenhaus ging, war die Schädigung groß. Doch damit hadern er und seine Frau heute nicht mehr. Sie sind dankbar, dass er sich so gut erholt hat, dass er wieder laufen und alles bewegen kann, nur Hilfe beim Waschen und Ankleiden braucht – was mit seiner Arthrose zusammenhängt. Brigitte Zieschank, eine der damaligen Therapeuten von Herbert Müller, führt diesen Erfolg auf den starken Willen des Patienten und die große Disziplin bei der Mentastim-Therapie zurück – die damals noch Mentamove hieß, entsprechend der ersten Gerätegeneration, die bei der Behandlung eingesetzt wurde. Die Funktionsweise war bereits die gleiche wie jetzt bei Mentastim: Das Gerät misst über angelegte Elektroden die elektrische Aktivität, die ausgelöst wird, wenn der Patient sich die gewünschte Bewegung vorstellt. Passend zum Messwert stimuliert das Gerät dann mit kleinen Stromstößen ungeschädigte Muskelfasern, sodass das Gehirn wieder lernt, betroffene Körperteile anzusteuern. Wenn die Bewegung dadurch wieder in Gang kommt, können Physiotherapeuten mit gezielten Übungen darauf aufbauen. Herbert Müller hat auch im Anschluss an die Reha zu Hause noch mit dem Technik-Wunder trainiert, etwa ein Vierteljahr lang. Danach konnte er mit der linken Hand schon wieder kleine Stäbchen in Steckplatten platzieren. Den Umgang mit Mentastim unter fachkundiger Anleitung zu erlernen, ist laut Therapeutin Zieschank für Menschen ohne kognitive Störungen kein Problem. Allenfalls einer von hundert schafft es nicht, vielen gelingt es bereits nach ein, zwei Therapiesitzungen. Das sei altersunabhängig. Allerdings falle es Menschen leichter, die schon immer geistig rege waren – wie Herbert Müller. Gleich nach dem Krieg hat er den Betrieb des Vaters übernommen: eine Werkstatt, in der elektrische Bauteile für Kraftfahrzeuge repariert wurden. Herbert Müller hatte sich bei Bosch in Stuttgart zum Kfz-Elektriker ausbilden lassen, später selbst Hunderte von Lehrlingen ausgebildet. Doch neben all der Arbeit gab es auch noch große Hobbys: Oldtimer restaurieren, Flugzeugmodelle bauen – und irgendwann auch richtige Kleinflugzeuge. Eines davon steht heute im Deutschen Museum in Oberschleißheim. Mit einer selbstgebauten Falco hat er des Öfteren Berlin Tempelhof angeflogen, aber auch Sardinien, Elba und Korsika. Seine Frau flog mit. Sie sagt: „Er war ein Genie.“ Und der Enkel staunt, was er heute noch alles weiß. Sieglinde Hankele 27 Auch für ältere Menschen gilt: Bewege dich! Wissenschaftlich fundiertes Training für Rollator-Nutzer Mephistos Rat an Faust, der sich Verjüngung wünschte, war bekanntermaßen: „Begib dich gleich hinaus aufs Feld, fang an zu hacken und zu graben!“ Professor Dr. Martin Halle, Ordinarius und ärztlicher Direktor des Lehrstuhls für präventive und rehabilitative Sportmedizin an der Medizinischen Universitätsklinik in München, hatte dieses Zitat in seine Festrede zu 30 Jahren KWA Stift am Parksee eingebaut und leidenschaftlich dafür plädiert, es auch im hohen Alter mit Goethe zu halten, sich also möglichst viel zu bewegen. Dieses Plädoyer fiel bei Stiftsdirektorin Gabriele Franke-Lechner auf fruchtbaren Boden: Insbesondere für Bewohner mit bereits eingeschränkter Bewegungsfähigkeit wünschte sie sich Übungen. Denn: Viele ältere Menschen haben den Wunsch, möglichst lange selbstständig und unabhängig zu leben. Aufgrund von Sturzangst, Orientierungsproblemen oder fehlender Motivation reduzieren Menschen mit zunehmendem Alter jedoch oftmals körperliche Aktivitäten, was langfristig zu Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit und einer verminderten Lebens- 28 alternovum | 1/2015 qualität führt. Und so kam ein Projekt der Technischen Universität München zur rechten Zeit. Die Forschungsabteilung der sportmedizinischen Fakultät der TU untersucht, inwieweit durch gezieltes Kraft- und Gleichgewichtstraining die Mobilität und Gehfähigkeit verbessert und das Sturzrisiko reduziert werden kann. Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekts hat Diplom-Sportwissenschaftlerin Barbara Geilhof von der TU München im KWA Stift am Parksee in Unterhaching von August bis November 2014 ein Trainingsprogramm mit Gleichgewichts- und Kräftigungsübungen für Rollator-Nutzer angeboten. Die Teilnehmer trafen sich zwölf Wochen lang einmal pro Woche in drei Kleingruppen mit jeweils bis zu acht Teilnehmern. Jede Stunde begann mit einer kurzen Aufwärmphase, beispielsweise mit Laufen auf der Stelle oder mit Armkreisen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Im Anschluss wurde ein Gleichgewichtstraining durchgeführt. Dabei sollten die Teilnehmer beispielsweise versuchen, auf einem Bein zu stehen und das Gleichgewicht zu halten. Wie man einem Rollator eine ganz persönliche Note verleihen kann – und damit hoffentlich noch mehr Freude an der Nutzung hat –, zeigt und beschreibt die Künstlerin Sabine BoczkowskiSigges auf www.alternovum.de. Abgeschlossen wurden die Stunden mit Lockerungs- und Dehnübungen. Die Übungen waren so konzipiert, dass sie von allen Teilnehmern problemlos ausgeführt werden konnten. Schon nach wenigen Trainingseinheiten war eine Verbesserung der Gleichgewichtsfähigkeit der Teilnehmer erkennbar. Zu Beginn des Trainingsprogramms sowie nach Abschluss der zwölf Trainingseinheiten wurde ein kurzer Test durchgeführt, um die Trainingseffekte zu evaluieren. Die Ergebnisse werden zum einen den Teilnehmern ausgehändigt, zum anderen in die Studie einfließen. Ein Hauptbestandteil des speziell konzipierten Trainings sind einfach durchführbare Kräftigungsübungen. Sie tragen dazu bei, die körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern und somit auch die Lebensqualität zu erhöhen. Doch auch der Spaß an der Bewegung war ein wesentliches Element. Barbara Geilhof Foto: Sieglinde Hankele Reisen. Hauptfoto: Anton Krämer, Kleines Foto: Gundi Edhofer-Simon Novum. Reiseglück … … mit Margret Rosenmüller. Dass nur junge Leute Lust am Reisen verspüren, widerlegt eine Studie. Viele Senioren nutzen die Freiheiten des Alters für die Erfüllung von Reisewünschen. Fast zwei von fünf über 75-Jährigen buchten 2013 wenigstens eine Reise. Doch was ist Senioren beim Reisen eigentlich wichtig? Im Rahmen einer Umfrage der „Stiftung für Zukunftsfragen“ sollten repräsentativ ausgewählte Personen zehn vorgegebene Faktoren bewerten, die für sie zum „Reiseglück“ beitragen. Die drei Spitzenplätze belegten schöne Natur, ein gesundes Klima sowie Ruhe und Erholung. Margret Rosenmüller, seit 17 Jahren Reiseleiterin und Organisatorin von KWA Reisen, kann dies mit einer kleinen Einschränkung bestätigen: „Bei Seniorenreisen sind Ruhe und Erholung sicherlich nicht so wichtig wie bei Berufstätigen. Das haben ältere Menschen in der Regel ja zu Hause. Die Senioren, die mit mir reisen, wünschen sich vor allem Abwechslung vom Alltag, einen gewissen Komfort und ganz viel Kultur.“ Im KWA Reiseprogramm erfüllen beispielsweise die Flusskreuzfahrten diese Wünsche. Im Jahr 2015 geht es auf der Donau unter anderem nach Wien, Bratislava und Budapest. Bei Seniorenreisen spielt gute Organisation eine große Rolle. Margret Rosenmüller bereitet sich intensiv auf jede Reise vor und besucht meist vorab die Reiseziele. Dort überprüft sie, ob die Hotels sich für Senioren eignen, ob zum Beispiel ein Aufzug vorhanden ist und die Zimmer ruhig gelegen sind. Zudem schaut sie sich die Sehenswürdigkeiten und deren Lage an, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Wichtig ist jedoch vor allem, dass die Interessenten vorab genau erfahren, was sie auf der Reise erwartet und welche Kondition erforderlich ist. So lassen sich Enttäuschungen und Überforderungen von vorneherein vermeiden. Bei mehrtägigen Urlaubsreisen gibt es ein vielseitiges Ausflugsprogramm, darunter Rundfahrten mit dem Bus oder Wanderungen, zum Beispiel an der Ostsee. Ab und zu klinkt sich auch mal ein Teilnehmer aus und trifft Freunde oder besucht ein Museum, das nicht auf dem Programm steht. So kommen alle auf ihre Kosten, insbesondere Kultur- und Naturliebhaber. Monika Döbl 29 KWA Georg-Brauchle-Haus Liebe zum Beruf, Verständnis und Empathie Von links: Bahira Memić (24) und Meliha Džinić (23), beide im 1. Lehrjahr, Mersad Nocajevic (24), im 3. Lehrjahr Auszubildende beschreiben Aufgaben und Motivation für die Altenpflege Im KWA Georg-Brauchle-Haus lassen sich derzeit fünf Mitarbeiter zu Altenpflegern ausbilden: Meliha Džinić, Bahira Memić, Mersad Nocajevic und Tovilović Radiša im stationären Bereich, Manja Kabutz im ambulanten Bereich. Obwohl Meliha Džinić und Bahira Memić erst ein halbes Jahr in München leben, sprechen sie gut Deutsch: Beide haben vorher in ihrer bosnischen Heimat Germanistik studiert. Manja Kabutz hat vor der Ausbildung bereits als Pflegehelferin im Georg-BrauchleHaus gearbeitet. Mersad Nocajevic war in seiner Heimat Krankenpfleger. Ihm ist das Haus im Internet positiv aufgefallen. Der Arbeitstag für die Auszubildenden beginnt um 6.15 Uhr. Die Nachtschwester übergibt Informationen zur pflegerischen Versorgung in der vergangenen Nacht. Dann bekommen die Azubis ihre Tourenpläne, sodass jeder weiß, welche Bewohner zu versorgen sind. Zu den Aufgaben der Auszubildenden gehören grundpflegerische Maßnahmen wie duschen 30 alternovum | 1/2015 3/2014 oder baden, ankleiden, Essen anreichen, Pflegewagen vorbereiten, das Dokumentieren erbrachter Leistungen sowie die biografiegestützte Arbeit in der Tagespflege. Nach der Übergabe aktueller Informationen an die Kollegen der zweiten Schicht endet der Arbeitstag der Auszubildenden um 14.30 Uhr. Zwischen den praktischen Ausbildungsblöcken im KWA GeorgBrauchle-Haus besuchen die Schüler ihre jeweilige Berufsschule, in der sie sich theoretisches Wissen nach dem neuesten pflegewissenschaftlichen Stand aneignen. Was gefällt den Auszubildenden an ihrer Arbeit am meisten? Mersad Nocajevic mag die Nähe zu den Menschen und dass er Bewohnern helfen kann, wenn sie Unterstützung brauchen. Meliha Džinić ist glücklich, wenn Bewohner sich bedanken oder lächeln und zufrieden sind. Bahira Memić gefällt die Arbeit insbesondere dann, wenn sie mit einer Fachkraft mitgehen und sie bei schwierigen Aufgaben unterstützen kann. Sie sagt: „In der Praxis kann man mehr lernen als in der Theorie.“ Manja Kabutz schätzt an der Arbeit in der ambulanten Pflege, wenn sie ein wenig Zeit hat, mit Bewohnern zu reden und dabei einiges über die Biografie ihrer Bewohner erfährt. Alle Auszubildenden denken bereits an Weiterbildung: Wundmanagement und Palliativpflege werden genannt. Für Mersad Nocajevic rückt der Abschluss bereits in greifbare Nähe. Dass er bald in der Nachtschicht mitarbeiten darf, gefällt ihm: Der 24-Jährige ist bereit, Verantwortung zu tragen. Welche Eigenschaften sollten Menschen mitbringen, wenn sie eine Ausbildung in der Altenpflege beginnen? „Liebe zum Beruf und großes Interesse“, sagt Mersad Nocajevic, „Zuverlässigkeit, Freundlichkeit und Mut“, sagt Meliha Džinić, „Ausdauer, guten Umgang mit alten Menschen, Verständnis und den Willen zu lernen“, sagt Bahira Memić. Und Manja Kabutz? „Geduld, Aufmerksamkeit, Verständnis und Empathie.“ Sarah Ehrenstein Weiterbildung. Fotos: Anton Krämer Foto: Sieglinde Hankele Ausbildung. Umgang mit Demenz ist erlernbar Die KWA Akademie bietet passende Seminare „So eine Fortbildung sollte jeder machen, der mit dementen Bewohnern arbeitet. Ich kann dieses Seminar ohne Einschränkung weiterempfehlen.“ „Danke, dass Sie mir die Teilnahme an dem Seminar ermöglicht haben.“ „Danke für das tolle Seminar. Es wird im Alltag viele Situationen erleichtern, wenn man gewillt ist, auch an sich selbst zu arbeiten.“ Diese Rückmeldungen liefen über Feedbackbögen nach Demenz-Seminaren der KWA Akademie ein. Das Programm der KWA Akademie deckt ein weites Spektrum an Fachseminaren ab. Themen rund um Demenz lösen jedoch eine besonders große Resonanz aus. Weshalb das so ist, lässt sich am Beispiel Validation gut nachvollziehen. Validation ist eine Kommunikationsund Umgangsform, die Menschen mit Demenz dort abholt, wo sie sind, und nicht versucht, sie mit aller Macht auf die Realitätsebene zurückzuführen. Ein wesentliches Ziel der Validation ist, nicht ständig korrigierend einzugreifen, sondern dem Betroffenen im Alltag seine Freiheiten und Möglichkeiten zu lassen, auch wenn diese nicht unseren Normen entsprechen. „Auch im Winter kann man Beeren pflücken“ – wenn ein Mensch sich in Gedanken gerade im Sommer bewegt. Menschen mit Demenz ziehen sich mit fortschreitender Erkrankung in ihre Innenwelten zurück, die sich wie Filmrollen abspielen, für die Betroffenen jedoch real sind. Sie tauchen dabei in vergangene Zeiten ab und verhalten sich so, wie sie es damals getan haben: als 35-jährige Mutter, als naturverbundene Gärtnerin oder als 40-jähriger Schreiner. Welten aus der Vergangenheit werden in die Gegenwart transportiert, was naturgemäß – insbesondere für uns Außenstehende – zu Verwirrtheit führt. Sich auf die Innenwelt von Menschen mit Demenz einzulassen und auf dieser Ebene mit ihnen zu kommunizieren, ist jedoch durchaus erlernbar. Der Ansatz ist grundsätzlich einfach und bei allen demenziell erkrankten Menschen anwendbar, unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung. Es geht darum, die Antriebe und Gefühle demenzkranker Menschen wahrzunehmen und ihnen mit einer wertschätzenden, empathischen Grundhaltung zu begegnen. Nach einem zweitägigen Grundkurs sind die Teilnehmer schon relativ sicher im Umgang mit demenzkranken Menschen. Wenn auch Mitarbeiter der Rezeption, der Cafeteria und der Hauswirtschaft geschult sind, führt das zu einfühlsamem Handeln in der gesamten Einrichtung und somit zu einem Wohlgefühl bei den Mitarbeitern und bei den an Demenz erkrankten Menschen. Angelika Pohl AKADEMIE KWA Akademie Fachseminare Jahresprogramm 2015 Aktueller Stand vom 20.01.2015 31 Sternstunden. Göttliche Musik … … und gute Unterhaltung. Bild 1 Maria Reiter am Akkordeon und Heinrich Klug am Cello, im KWA Stift am Parksee Bild 2 Blütenringquartett, im KWA Stift Brunneck Bild 3 Zimbalen-Ensemble aus Minsk, im KWA Stift Rupertihof Bild 4 Schülerin des Edith-Stein-Gymnasiums, im KWA Georg-Brauchle-Haus Bild 5 Erstes Münchner Salonorchester, im KWA Georg-Brauchle-Haus Bild 6 Chorisma, im KWA Luise-Kiesselbach-Haus Bild 7 Gospelchor Unterhaching, im KWA Hanns-Seidel-Haus 1 KWA Vorstand Horst Schmieder, KWA Aufsichtsrat Wolf-Dieter Krause, MdL Kerstin Schreyer-Stäblein, KWA Vorstand Dr. Stefan Arend, beim Neujahrsempfang in der KWA Hauptverwaltung in Unterhaching 1 2 3 4 5 6 5 6 4 Stephan Zinner beim KWA Neujahrsempfang 2015 5 32 alternovum | 1/2015 6 7 3 33 Unsere Standorte. Foto: Stockbild Foto: Werner Krüper KWA Club. 01 Betreutes Wohnen zu Hause – neues Angebot von KWA Club KWA Hanns-Seidel-Haus So lange wie möglich zu Hause in vertrauter Umgebung leben und im Bedarfsfall die Hilfe zu bekommen, die einem weiterhin ein selbstbestimmtes Leben in der vertrauten Umgebung ermöglicht, das ist erklärter Wunsch vieler Senioren. Aus diesem Grund wurde vor gut zehn Jahren KWA Club ins Leben gerufen. Mitglieder von KWA Club können Angebote der KWA Stifte nutzen, ohne dort zu leben: beispielsweise an Veranstaltungen oder Reisen teilnehmen. Oder Service und Betreuung für zu Hause buchen. Schon seit geraumer Zeit hat KWA Club für die Region München seinen Sitz im KWA Hanns-SeidelHaus in Ottobrunn. Alle Speisen, die der KWA Menüservice im Raum München liefert, werden in der Küche des Hanns-Seidel-Hauses zubereitet. Auch der ambulante KWA Pflegedienst für zu Hause wird hier organisiert. Seit Jahresbeginn sind weitere Club-Dienstleistungen im KWA Hanns-Seidel-Haus angesiedelt. Unter dem Namen „Betreutes Wohnen zu Hause“ können Interessenten nun alle Leistungen 34 alternovum | 1/2015 02 03 EHR JETZT M unter: 4 ERFAHREN 802-94 0 6 9 8 0 04 bekommen, die KWA Club im Raum München im häuslichen Umfeld erbringt: vom Hausnotruf über Hilfe im Haushalt, Menüservice, pflegerische Unterstützung, Begleitung zum Arzt oder die Entlastung Angehöriger bei der Betreuung Demenzkranker. „Oft wissen Senioren und deren Angehörige gar nicht, an wen sie sich bei Hilfebedarf mit ihren Fragen wenden können“, erklärt die Stiftsdirektorin des Hanns-Seidel-Hauses Ursula Cieslar. „Über das neue Angebot kann KWA Club nun Dienstleistungen für zu Hause bündeln und sowohl die Beratung als auch die Koordination aus einer Hand bieten. Durch die Nähe zu den anderen KWA Wohn- und Pflegstiften der Region können wir überdies auch bei Kurzzeit- oder Verhinderungspflege oder beim Einzug in eines der Stifte auf die Kapazitäten und Möglichkeiten von insgesamt fünf Häusern zugreifen: zwei in Ottobrunn, zwei in München, eines in Unterhaching.“ Betreutes Wohnen zu Hause, so die Grundidee, fängt schon bei der Erstberatung an. Alle Clubmitglieder und Interessenten im Raum Mün- chen können sich mit ihren Fragen und Wünschen zur häuslichen Betreuung und Pflege an die Leiterin des Bereichs „Betreutes Wohnen zu Hause“ wenden – Andrea Haas. Im ersten Beratungsgespräch werden der individuelle Unterstützungsbedarf und Dienstleistungswünsche ermittelt. Anschließend wird gemeinsam besprochen, welche Betreuungsarrangements möglich sind. KWA Club vernetzt sich dabei auch mit lokalen Anbietern wie Seniorenberatungsstellen und ehrenamtlichen Helfern. KWA Stift Ort Telefon Das zum 1. Januar 2015 in Kraft getretene Pflegestärkungsgesetz bringt bei Pflegeeinstufung einige wichtige Neuerungen im ambulanten Bereich. Bis zu einem gewissen monatlichen Höchstbetrag werden Leistungen von KWA Club als zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen von der Pflegeversicherung erstattet. Werden die Leistungen nicht in Anspruch genommen, verfällt der Betrag. Eine Auszahlung wie beim Pflegegeld ist nicht möglich. Betreutes Wohnen zu Hause von KWA Club hat somit viele interessante Facetten. Andrea Haas 01 KWA Stift im Hohenzollernpark 02 Caroline Oetker Stift 03 KWA Stift Urbana im Stadtgarten 04 KWA Parkstift Aeskulap 05 KWA Albstift Aalen 06 KWA Parkstift Hahnhof 07 KWA Kurstift Bad Dürrheim 08 KWA Parkstift Rosenau 09 KWA Parkstift St. Ulrich 10 KWA Georg-Brauchle-Haus 11 KWA Luise-Kiesselbach-Haus 12 KWA Stift am Parksee 13 KWA Hanns-Seidel-Haus 14 KWA Stift Brunneck 15 KWA Stift Rupertihof 16 KWA Stift Rottal 17 KWA Klinik Stift Rottal 18 KWA Bildungszentrum 19 KWA Hauptverwaltung Berlin Bielefeld Bottrop Bad Nauheim Aalen Baden-Baden Bad Dürrheim Konstanz Bad Krozingen München München Unterhaching Ottobrunn Ottobrunn Rottach-Egern Bad Griesbach Bad Griesbach Pfarrkirchen Unterhaching 030 89734-001 [email protected] 0521 5829-0 [email protected] 02041 696-900 [email protected] 06032 [email protected] 07361 935-0 [email protected] 07221 [email protected] 07726 [email protected] 07531 [email protected] 07633 [email protected] 089 6793-0 [email protected] 089 [email protected] 089 6105-0 [email protected] 089 60802-0 [email protected] 089 60014-0 [email protected] 08022 [email protected] 08532 87-0 [email protected] 08532 87-0 [email protected] 08561 9838-26 [email protected] 089 66558-500 [email protected] 05 06 16 18 17 07 12 09 10 19 08 11 13 14 15 E-Mail Die nächste Ausgabe von alternovum. Das KWA Journal erscheint am 31. Juli 2015. „So vielseitig wie das Leben.“ Wähle Zwei Gründe für Ihren Urlaub bei KWA: Lebensfreude und Sicherheit! us n Sie a 14 n KWA e v i t k a r att tiften. Wohns •Urlaubs- und Erholungsangebote für Paare und Alleinstehende. •Umfangreicher Service und vielfältige Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. •Komfortable Gästeappartements für Urlaub, Probewohnen oder Nachsorge. •Bei Bedarf auch Betreuungs- und Pflegeleistungen. •Mitten in beliebten Urlaubsregionen. Informieren Sie sich unter Telefon 0800 592 4636. Wir freuen uns auf Sie! KWA Kuratorium Wohnen im Alter, Biberger Straße 50, 82008 Unterhaching www.kwa.de KURATORIUM WOHNEN IM ALTER
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