Vorgehen bei akuter Atemnot Dr. Wolfgang Lang FA für Innere Medizin, Kardiologie Interne II, BHS Linz Häufige Notarztindikationen • Asthma/Bronchospasmus • Verschlechterung einer bereits bekannten Erkrankung (z.B. Infektexacerbierte COPD) • Linksherzinsuffizienz • Aspiration / Pneumonie • Lungenembolie • Schock (Dyspnoe als Schocksymptom) „daran zu denken“: Pneumothorax Obstruktion oberer Luftwege Psychogen bedingte Dyspnoe Liegt eine akute vitale Bedrohung vor? Beeinträchtigung des Kreislaufs (Schockzeichen!) Beeinträchtigung des Bewusstseins Zeichen von muskulärer Erschöpfung Vitale Bedrohung JA • anamnestische oder diagnostische Schritte unmöglich • rasch Notfallmaßnahmen – O2-Gabe – Kreislaufstabilisierung – medikamentöse Therapie – wenn nötig Intubation Vitale Bedrohung NEIN Orientierende Diagnose • Anamnese • Eingrenzung der Differentialdiagnose nach Wahrscheinlichkeit – bekannte Vorerkrankung (KHK, Asthma, mit ähnlichen Symptomen schon im KH ?) – Patientengruppe Patientengruppe? • 54a, männlich, 40 Zigaretten/Tag., Dyspnoe + Schmerz retrosternal ⇒ MCI oder instabile AP • 70a, Spitalsentlassung nach Knie-OP, plötzlich Dyspnoe, Präsynkope ⇒ Pulmonalembolie • 85a, Pflegefall, seit kurzem Fieber und Husten, jetzt Dyspnoe und Distanzrasseln ⇒ Aspiration/Pneumonie (auskultatorisch wie Lungenödem) Orientierende Untersuchung • Gesamterscheinung des Patienten / Atemtyp des Patienten • Physikalische Untersuchung (Auskultation, Atemhilfsmuskulatur, ...) – wenn von Seiten der Geräuschkulisse möglich • (Begutachtung des Sputums?) • Hilfsbefunde: O2- Sättigung, EKG (Monitor) Asthma vs. COPD • Dyspnoe • „Spastische“ Rasselgeräusche, • bei schwerstem Bronchospasmus „stille Lunge“ • unproduktiver Husten • Vegetative Symptome ( Angst, Schwitzen, Tachykardie bis hin zur Bradykardie,...) • Einsatz der Atemhilfsmuskulatur Zeichen ernster Akutprognose • Atemfrequenz > 25 / min • HF < 60 und > 120 / min bedrohlich und/oder Hypotonie • Agitation bis hin zu Benommenheit (bedrohlich) • Sauerstoffsättigung < 90% • gesteigerte Atemhilfsmuskulatur bis hin zur paradoxen thorakoabdominellen Bewegung Therapie • Beta-Mimetica: (z.B. Bricanyl® - Terbutalin) – s.c. (wirkt schnell) ½ bis 1 Amp zu 0,5 mg oder – i.v. ½ Amp langsam verdünnt • CAVE: Tachyarrhythmien und Herzfrequenz • Respicur® - Theohyllin Amp. 10ml=200mg Ampullen – 1 ( bis 2) Amp langsam i.v. (oder aufgelöst in 100 NaCl) • Sultanol ® - Salbutamol (ß- Sympathomimetikum, Anticholinerge Wirkung ) – 1-2 Hübe à 100mg – evtl. wiederholen nach 5 Minuten Therapie • Allergisch bedingtes Asthma Antihistaminicum: – Dibondrin® 1 Amp. i.v. (Diphenhydramin-hydrochlorid) • Corticosteroide: 250 mg Urbason® i.v.: Wirkungsbeginn erst nach Stunden • O2: fast immer günstig (Bei COPD- Patienten Atemdepression theoretisch möglich) • Intubation: – COPD: eher Zuwarten, NIPPV (non invasive positive pressure ventilation), Indiziert bei Erschöpfung und Bewusstseinseinschränkung – Asthma: Eine der schwierigsten Entscheidungen in der Notfallmedizin: Jedenfalls bei Bewusstseinstrübung, Zeichen des beginnenden Rechtsherzversagens, Erschöpfung • Flüssigkeitssubstitution • Sedierung vorsichtig! Gewacalm® AKUTES LUNGENÖDEM • kardiales Lungenödem: – Linksherzinsuffizienz (häufigste Ursache) z.b. bei CMP, MCI, Klappenfehler, Tachykardie, hypertensiver Notfall,.. • nicht-kardiogenes Lungenödem: – Pneumonie, Inhalation toxischer Gase, Sepsis, ARDS • (Höhenlungenödem) • (Lungenkontusion, Hypoproteinämie) Symptome • Dyspnoe, besonders Orthopnoe • fein- bis grobblasige „feuchte“ Rasselgeräusche • oft auch „spastische“ Rasselgeräusche • rötlich-schaumiges Sputum (aushusten lassen!), Husten • vegetative Stresszeichen, Zentralisation Lungenödem – ernste Prognose Schockzeichen Bewusstseinsstörung Zyanose Therapie • Oberkörper- Hochlagerung und O2- Gabe • Nitrolingual® 0,8 mg sublingual alle 5 min je nach RR (Vorlastsenkung) bei längerem Transport und sehr hohen RR Werten kann eine Isoket-Motorspritze angedacht werden (5 Amp à 10mg) 1-2ml/h • alternativ Ebrantil (Nachlastsenkung) i.v. bei hypertensiven Lungenödem • Lasix® 40 (-80) mg i.v. • Bei Infarkt oder agitiertem Patienten: ½-1 Amp Vendal verdünnt fraktioniert i.v. (10mg Vendal auf 10 ml Nacl) Therapie • Sedacoron® (300mg (2A) ad KI) bei tachycardem Vorhofflimmern • (ß-Blocker – eher mutig – da LVF nicht bekannt und RRsenkend) • Katecholamine bei Lungenödem + Hypotonie (Vorwärtsversagen) • Kontrollierte Beatmung mit PEEP: Bei medikamentös therapierefraktärem Lungenödem sehr wirksame Therapiemaßnahme Lungenembolie • prädisponierende Faktoren/ Ursachen: – Immobilisierung – Traumen ( bes. untere Extremitäten, Becken) – orale Kontrazeption/ Gravidität, insbes. in Verbindung mit Nikotinabusus – postoperativ (bes. Bauch, untere Extremitäten) – maligne Tumore – Genetische Disposition (Mangel an ATIII, Protein C und S, Lupusantikoagulans,..) als primärer RF Symptome und EKG • Dyspnoe 80% • Sinustachykardie • Pleuritischer Thoraxschmerz 70% • S1 – Q IIII Typ • Tachykardie 70% • Negatives T in V1-V3 • Husten 50% • Rechtsschenkelblock • Hämoptoe 20% Therapie bei Verdacht auf PE • O2 • Bei Schock: Noradrenalin (Arterenol®) 1 Amp auf 10 ml verdünnen, 0,5 ml i.v. äußerst vorsichtig titrieren wegen möglichem exzessiven Blutdruckanstieg • Heparin 5000 bis 10.000IE als Bolus i.v. oder NMH (z.B. Lovenox mg/KG) • Sedierung (Midazolam® i.v.), Schmerzbekämpfung (Vendal® 1 Amp. verdünnt i.v.) • bei zunehmender respiratorischer Insuffizienz Intubation, Beatmung • Reanimation: in verzweifelten Fällen (Reanimation) Rescue-Lyse – Bei jungen Patienten auch nach protrahierter Reanimation gutes Outcome möglich, – insbesondere unter Lysebedingungen Aspiration/Sekretretention • Übermäßige Schleimbildung, bekannte Schluckstörung • Exsiccose • respiratorischer Infekt • • • • schlechter Allgemeinzustand hohes Alter neurologische Erkrankung chronische Lungenerkrankung, Symptome • Dyspnoe, respiratorische Insuffizienz • brodelnde Rasselgeräusche • übermäßiges Trachealsekret, bei Infekt purulent • übermäßiger RR-Abfall nach Nitro-Gabe • oft begleitender Bronchospasmus Therapie • bei Exsiccose Infusion • endotracheales Absaugen, eventuell auch Intubation und Absaugung (unter Berücksichtigung von Komorbidität) • Behandlung eines meist zusätzlich bestehenden Bronchospasmus Pneumonie • Im Notarztsystem meist in Zusammenhang mit Aspiration • Hohes Alter und Multimorbidität • Bei jüngeren Patienten meist andere Grunderkrankung – C2-Abusus, Immunsuppression, Lungenerkrankung Therapie • Symptomatische Therapie von Bronchospasmus, Linksinsuffizienz, etc. • Antibiotische Therapie nicht im Notarztsystem • Septischer Schock – Kreislaufstabilisierung Pneumothorax • junge, asthenische Patienten • früherer Spontanpneumothorax • bekannte COPD, Emphysem Symptome bei Pneumothorax • • • • Tachypnoe, plötzliche Dyspnoe (einseitiger) Thoraxschmerz Reizhusten hypersonorer KS, abgeschwächtes Atemgeräusch über der betroffenen Lunge • Zeichen ernster Akutprognose: – Einflussstauung, zunehmende Dyspnoe / resp. Insuff., Schockzeichen sind Hinweise für die – Entstehung eines Spannungspneumothorax! Therapie • O2 • Druckentlastung mittels Thoraxdrainage bei Spannungspneu auf der symptomatischen Seite • Häufigster Fehler: – Nichterkennen – Die kontrollierte Beatmung kann aus einem kleinen klinisch nicht bedrohlichen Pneumothorax einen lebensgefährlichen Spannungspneu machen ! Verschlechterung einer schweren, chronischen, pulmonalen oder extrapulmonalen Erkrankung Das Besondere in dieser Situation ist, dass bei respiratorischer Insuffizienz im Rahmen einer schweren, chronischen Erkrankung im Gegensatz zum sonst gültigen Prinzip des möglichst kurativen bzw. prognoseverbessernden Ansatzes der Notfallmedizin palliative Therapie angebracht sein kann. – Dies beinhaltet die maximale medikamentöse Therapie des jeweiligen respiratorischen Notfalls – Behandlung von Schmerz- und Angstzuständen, jedoch den Verzicht auf Intubation und Beatmung. • Der Verzicht auf Intubation und Beatmung ist gerechtfertigt, wenn – Eine inkurable Grunderkrankung vorliegt, die mit Sicherheit in kurzer Zeit zum Tod führen wird, – und bei altersbedingt sehr schlechtem Allgemeinzustand (Immobilität, schwere Demenz). • Im Zweifelsfall muss natürlich bei Bedarf die maximale Therapie durchgeführt werden Völlig unklare Dyspnoe – was kann man geben? • Sauerstoff – Wirkt bei allen Dyspnoeursachen: – Cave: Hyperkapnie durch Suppression des Atemantriebs • Nitro: – Wirkt bei Linksherzinsuffizienz und hohem Blutdruck, – Cave: Hypotonie • Lasix®: – Wirkt bei Linksherzinsuffizienz – Cave: Hypotonie durch Hypovolämie und Vasodilatation • Respicur® / Bricanyl® – Wirkt bei Bronchospasmus – CAVE: Tachykardie, Tachyarrhythmie, Unruhe • Urbason – Wirkt bei Bronchospasmus und Allergie, allerdings erst später • Heparin oder NMH – Wirkt bzw. sehr sinnvoll bei Pulmonalembolie, akutes Koronarsyndrom
© Copyright 2024 ExpyDoc