34 I schweine BLW 12 I 20. 3. 2015 Foto: Eva Schuster Mehr Mais, weniger Soja Mit viel Mais und wenig Soja können Schweine erfolgreich und umweltbewusst gefüttert werden. Wie wirkt sich das auf den Tryptophanbedarf aus? W eniger Nitrat-, Ammoniak- und Phosphatausscheidungen sowie eine Geruchsminderung, das will man in der Schweinemast erreichen. Dafür müssen Rohprotein und Phosphor in der Ration gesenkt werden. Die Hauptkomponenten dürfen nicht zu rohproteinreich sein. Gleichzeitig sollten sie eine hohe Aminosäurekonzentration aufweisen. Spät gedüngter A-Weizen mit hohem Klebereiweißgehalt, aber wenig essenziellen Aminosäuren ist ungeeignet. Doch wie soll man in der Endmast unter 120 g/kg Rohprotein kommen, wenn der Weizen schon 150 g/kg Rohprotein enthält und auch Sojaextraktionsschrot enthalten sein soll? Letztendlich kommt man an einer mehrphasigen Fütterung und einer maisbetonten Ration mit durchschnittlich maximal 10 % Soja nicht vorbei. Mais enthält weniger Rohprotein, aber auch weniger Tryptophan (Trp) als die anderen Getreidearten. Das macht neben den üblichen freien Aminosäuren Lysin (Lys), Methionin und Threonin, eine Tryptophanzulage nötig. Diese erfolgte im vorliegenden Versuch gestaffelt: Die essenzielle Aminosäure Tryptophan wurde im Verhältnis zu Lysin in den einzelnen Gruppen unterschiedlich gesteigert (siehe Tabelle) – von zu wenig (Kontrollgruppe), knapp unter (Testgruppe 1) und knapp über (Testgruppe 2) der Empfehlung bis hin zur sehr reichlichen Versorgung (Testgruppe 3). So wollte man herausfinden, ob das empfohlene Lysin-TryptophanVerhältnis von 1 : 0,18 (pcv (Dünndarmverdaulich) und brutto) auch für maisbetonte Rationen passt. Oder brauchen bayerische „Hochprozenter“ mit viel tryptophanarmemMais in der Ration mehr Tryptophan? Soja und Tryptophan in den Versuchsrationen Behandlung Körnermais (%) Soja 48 Anfangsmast (%) Endmast (%) (pcv) Trp-Lys-Verhältnis Anfangsmast Endmast A 40 B 40 C 40 D 40 12 7,5 12 7,5 12 7,5 12 7,5 0,14:1 0,16:1 0,17:1 0,18:1 0,20:1 0,20:1 0,23:1 0,22:1 Inhaltswerte der vier Versuchsrationen Behandlung A B C Anfangsmast 30 – 75 kg LM, analysierte Inhaltswerte (bei 88 % T) Trp:Lys 0,14:1 0,17:1 0,20:1 Gehaltswerte (88 % T) ME (MJ) 14,39 14,26 14,29 Stärke (g) 521 521 518 Rohprotein (g) 145 147 145 Lysin (g) 10,4 10,5 10,4 Tryptophan (g) 1,6 1,8 2,1 Trp:Lys (:1) 0,15 0,17 0,20 P (g) 3,9 3,9 4,0 Endmast 75 – 120 kg LM, analysierte Inhaltswerte (bei 88 % T) Trp:Lys 0,16:1 0,18:1 0,20:1 Gehaltswerte (88 % T) ME (MJ) 14,24 14,12 14,21 Stärke (g) 558 558 565 Rohprotein (g) 116 115 114 Lysin (g) 7,6 7,6 7,5 Tryptophan (g) 1,3 1,4 1,5 Trp:Lys (:1) 0,17 0,18 0,20 P (g) 3,4 3,3 3,3 D 0,23:1 14,21 512 146 10,4 2,4 0,23 3,9 0,22:1 14,25 562 114 7,6 1,8 0,23 3,4 1 = Standardmineralfutter aus dem Fachhandel: 20 Ca, 2,5 P, 4,5 Na, 13 Lys, 3 Met, 6 Thr, 0 Trp Mastschweine, die gerne fressen, nehmen gut zu. Das zeigt, dass die Futterzusammen stellung passt. Die Tryptophanstaffelung zeigte in der Auswertung keine Wirkung. Es sind aber Trends erkennbar: ●● Das Zunahmeniveau lag bei 837 g. Die Kontroll- sowie die Testgruppe 3 lagen in der Endmast vorne, auch die Testgruppe 1 hielt mit. Die Testgruppe 2 hatte Probleme ab der Futterumstellung bei 75 kg LM und fiel ab. ●● Die Futteraufnahme war in allen Gruppen wegen der hohen Energiedichte niedrig. Eine Förderung der Futteraufnahme durch Tryptophan war nicht erkennbar. Viel Ansatz, viel Energie Beim Energieverzehr pro Tag ragten die Tiere mit dem höchsten Tageszuwachs in der Endmast (Kontroll- sowie Testgruppe 3) heraus. Die hohen Ansatzleistungen zeigten sich im Energieverzehr. In der Gesamtmast richtete sich die Energieaufnahme nach den Gesamtleistungen. Mehr Tryptophan in der Ration brachte hier keinen Mehrnutzen. Bei gleichem Futter- und Energieverzehr (2,08 kg/Tag, 30,4 MJ ME/ Tag) und unterschiedlichen Wuchsleistungen müssen der Futter-/Energieaufwand beziehungsweise die Futter-/Energieverwertung „reagieren“. Die Unterschiede konnten nur während einzelner Mastabschnitte festgestellt werden. ●● Mastschweine aus der Kontrollgruppe und der Testgruppe 3 mit der niedrigsten und höchsten Tryptophanversorgung liegen in der Endmast im Futteraufwand vorn. Über die gesamte Mastdauer gesehen sind diese Tiere aber nicht effizienter als die der Testgruppen 1 und 2. Denn sie fressen im Vergleich zur Leistung in der Anfangsmast zu viel oder machen weniger Zuwachs. ●● Die Mastschweine der Testgruppe 2 konnten die Energie am besten nutzen, das beweisen Energieaufwand und Energieverwertung. Ausgerechnet die Randgruppen – Tryptophanuntergehalt (Kon●● Tryptophan in der Bayernration I n den bayerischen Durchschnittsmastrationen (Gruber Labor 2014, 98 Futterproben) für den Mastanfang liegt der Tryptophangehalt im Schnitt bei 2,2 g/ kg (1,8 – 2,8) – mit hohen Maisanteilen bei 2,0 g/kg (1,7 – 2,6). In der Endmast liegt der Wert bei 2,0 g/kg (1,5 – 2,7) – mit hohen Maisanteilen bei 1,8 g/kg (1,5 – 2,5). Damit ergeben sich immer Trytophan-Lysin-Verhältnisse von mehr als 0,18. trollgruppe) beziehungsweise Tryptophanhöchstgehalt (Testgruppe 3) liegen bei den Zunahmen und im Futterverzehr vorne – ohne Auswirkungen auf Futteraufwand und Futterverwertung. Lediglich die Mehrkosten für den höheren Tryptophanaufwand bei der Testgruppe 3 müssen beachtet werden. 40 % Soja gespart Trotz der sehr protein- und phosphorarmen Versuchsrationen stimmten die Leistungen. Die Stickstoff (N) und Phosphor (P) reduzierte Phasenfütterung funktionierte auch im Grenzbereich – lediglich 20 kg Soja wurden pro Mastschwein eingesetzt. Das sind rund 40 % weniger, als derzeit in der Praxis verbraucht werden. Die Schlachtleistungen lagen im gewohnten Rahmen für bayerische Mastschweine. Die Unterschiede zwischen den Gruppen in den wertbestimmenden Hauptmerkmalen sind zufällig. Das Schlachtgewicht war praxisüblich, ohne große Unterschiede zwischen den Gruppen. Auffällig: Die entgegengesetzten Tryptophanversorgungen (Kontrollgruppe und Testgruppe 3) hatten eine niedrigere Ausschlachtung. Bei etwas höheren Zunahmen könnte dies durch eine stärkere Verfettung ausgelöst worden sein. Dazu passt ihr schweine I 35 BLW 12 I 20. 3. 2015 Mast- und Schlachtleistungen bei gesteigerten Aminosäure-Verhältnissen [Tryptophan (Trp) zu Lysin] 110 53,1 55,8 54,7 54,8 0,55 0,56 0,57 0,58 90 2,49 2,48 2,51 2,49 95 2,09 2,07 2,02 2,13 Kontrolle = 100 100 841 837 810 859 105 85 80 75 70 65 60 Zunahmen (g/Tag) Kontrolle: Soja Trp-- Futterverzehr Futteraufwand Futterkosten Fleischfläche (kg/Tag) (kg/kg) (€/kg Zun) (cm2) Test 1: Trp- schlechteres Fleisch-Fett-Verhältnis und die tendenziell höheren Fettflächen beziehungsweise Speckmaße. Optimum bei 0,17 Bei den Merkmalen Fleischfläche und Fleischmaß lag die Testgruppe 1 (Tryptophan-Lysin-Verhältnis = 0,17) zusammen mit der Testgruppe 2 (Trp-Lys-Verhältnis = 0,20) leicht vorne. Das Optimum war schon bei 0,17 gegeben. Der Magerfleischanteil bestimmt bei Hennessyklassifizierung innerhalb eines Gewichtskorridors den Preis. Hier lagen die Testgruppen 1 und 2 erneut knapp vorne. Die erzielten Schlachtleistungen sind typisch für das erreichte Leistungsniveau. Gerichtete und positive Tryptophaneffekte konnten nicht beobachtet werden. Ein TryptophanLysin-Verhältnis von 0,17 ist passend Test 2: Trp+ Test 3: Trp++ und liegt nahe an der offiziellen Beratungsempfehlung von 0,18. Alle vier Futtermischungen waren inhaltlich für beste Mast- und Schlachtleistungen geeignet. Der hohe Energiegehalt der einzelnen Rationen ist zum einen auf die hohen Stärke- und Rohfettgehalte zurückzuführen (Mais, Sojaöl). Zum anderen liegt es an der hohen Rohnährstoffverdaulichkeit. Aufgrund der dadurch eintretenden Energiesättigung ist mit einem geringeren Futteraufwand zu rechnen. Umweltschonend mal 2 Ebenso auffällig ist, dass die Futtermischungen wenig Rohprotein (145 oder 115 g/kg) und wenig Phosphor (4,0 oder 3,4 g/kg) enthielten. Auch das ist eine Folge des geringen Sojaanteils und des hohen Maisanteils. Maisbetonte Rationen sind doppelt umweltfreundlich und ressourcenschonend: weniger Futterbedarf pro kg Zuwachs wegen der hohen Energielieferung und niedrigere N- und P-Frachten. Des Weiteren wurde eine sehr hohe Rohproteinverdaulichkeit beobachtet. Im Dünndarm werden Aminosäuren besser verdaut. betonten, sojaarmen und stark proteinreduzierten Rationen gesehen. Wenn Schweinehalter in der Praxis bei maisbetonten Rationen mit der Aminosäurekonzentration (Lysin) vorhalten oder auf das nächste Mastfutter später umstellen, ist das ein „Sicherheitszuschlag“. Nur 25 kg Soja pro Tier Der Schlüssel, um Stickstoff und Phosphor in der Schweinefütterung weiter zu senken, liegt in der Getreidezüchtung und im Pflanzenbau. Sorten mit hohem Ertrag plus wenig Rohprotein sowie mit hoher Aminosäurekonzentration sind gefragt. Phytingebundener Phosphor und Mykotoxinbefall sind zu reduzieren. Tipp: Als Futterweizen keine A-Weizen-Sorten mit viel Klebereiweiß und geringer Aminosäurekonzentration anbauen. Der Sojaanteil in den Versuchsrationen lag im Schnitt bei 9,5 %. Ein „Durchschnittsmastschwein“ müsste demnach mit unter 25 kg Sojaschrot auskommen. Die Realität sieht anders aus: 17 % Sojaanteil in bayerischen Hofmischungen ergeben 43 kg Sojaverbrauch pro Mastschwein. In der Praxis ließe sich noch mehr Soja einsparen. Die Futterkosten sinken dabei um 3 bis 5 € pro Mastschwein, zusätzlich werden Umwelt und Ressourcen geschont. Zudem konnte der Mineralfuttereinsatz von der Anfangs- zur Endmast, mit entsprechenden Abreicherungen von Aminosäuren, Mineralstoffen und Vitaminen, von 3 % auf 2,2 % gesenkt werden. So verringert sich der Mineralfutterverbrauch pro Mastschwein im Schnitt um etwa 1 kg. Die Futterkosten sinken dadurch um 0,50 € pro Tier. Trp-Zulage nicht nötig Mit den einzelnen Versuchsrationen wurde die angestrebte Soja- sowie N-P-Reduzierung erreicht. Da weder bei den Mast- noch bei den Schlachtleistungen Unterschiede zwischen den Tryptophangruppen auftraten, wird keine Notwendigkeit zur Erhöhung der Tryptophanzufuhr sowie einer Verengung des LysinTryptophan-Verhältnisses bei mais- Lösung im Ackerbau Dr. Hermann Lindermayer Dr. Wolfgang Preißinger Günther Propstmeier LfL Tierernährung, Grub/Schwarzenau Vergleich mit DLG-Zahlen D ie Stickstoff- und PhosphatAusscheidungen pro Mastschwein lagen etwa 30 % unter den neuen DLG-Standardwerten für 950 g Zunahmen, Variante „stark N-P-reduziert“. Die DLG-Zahlen sind nicht falsch oder praxisuntauglich, sie bilden die Rationen, Futterverbräuche und Mastspannen in der Praxis gut ab. Der vorliegende Versuch zeigt aber noch enorme Reserven zur N-P- und Sojaeinsparung auf.
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