Controlling in deutschen Unternehmen Übung 2 Erfolgsrechnung

Controlling in deutschen Unternehmen
Übung 2
Erfolgsrechnung
Dipl.-Kfm. Florian Böckling, MBA
Dipl.-Kfm. Franz Zinser, MBA
Lehrstuhl für Controlling
Prof. Dr. Louis Velthuis
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
www.controlling.bwl.uni-mainz.de
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Aufgabe 2.1: Kaufmännischer Gewinn
Einordnung: Begriffsabgrenzung
Def. kaufmännischer Gewinn (Jahresüberschuss):
Nach handelsrechtlichen Vorschriften (z.B. HGB) ermittelter Gewinn:
Gewinn = Erträge – Aufwendungen
Keine Anrechnung kalkulatorischer Zinsen auf das Eigenkapital!
Vergangenheitsbezogen
Variante: Kaufmännischer Gewinn nach kalkulatorischen EigenkapitalZinsen:
Berücksichtigt Zinsen auf das zu Periodenbeginn eingesetzte Eigenkapital.
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Aufgabe 2.1: Kaufmännischer Gewinn
Def. Ökonomischer Gewinn:
Ergibt sich aus Veränderung des Ertragswerts gegenüber der Vorperiode und
aktuellem Zahlungsüberschuss.
Kein Ansatz von Zinsen beim Ertragswertvergleich!
Zukunftsorientiert
Variante: Ökonomischer Gewinn nach Zinsen
Berücksichtigt Zinsen auf den Ertragswert am Periodenbeginn.
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Aufgabe 2.1: Kaufmännischer Gewinn
In t=0 wird durch eine Kapitaleinlage das Projekt zu 100% eigenfinanziert. Das
Projekt wird zunächst in Höhe der Anschaffungsauszahlung aktiviert und dann linear
auf null abgeschrieben.
Der Einheitszins beträgt 10%.
Das Ein-Projekt-Unternehmen wird in t=4 liquidiert.
Periode
ÜL t
0
1
-1000,00 350,00
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2
3
4
350,00
350,00
350,00
4
Aufgabe 2.1: Kaufmännischer Gewinn
a) Bestimmen Sie den Kapitalwert des Projekts.
b) Ermitteln Sie die kaufmännischen Gewinne für die vier Nutzungsjahre des
Projekts. Gehen Sie dabei davon aus, dass der kaufmännische Gewinn der
Perioden 1,2 und 3 jeweils vollständig ausgeschüttet wird. Überprüfen Sie jeweils,
ob Barwertidentität vorliegt.
c) Ermitteln Sie nun die kaufmännischen Gewinne nach Zinsen für die vier
Nutzungsjahre des Projekts. Gehen Sie dabei davon aus, dass der
kaufmännische Gewinn der Perioden 1,2 und 3 jeweils vollständig ausgeschüttet
wird. Überprüfen Sie wiederum jeweils, ob Barwertidentität vorliegt.
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Aufgabe 2.1: Kaufmännischer Gewinn
Lösung:
a)
Periode
0
1
-1000,00 350,00
ÜL t
n
2
3
4
350,00
350,00
350,00
KW  P, 10%    ÜLt  1,1  ÜL0  109,45
t
t 1
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Aufgabe 2.1: Kaufmännischer Gewinn
Lösung:
b) i) Die kfm. Gewinne werden jeweils vollständig ausgeschüttet.
Periode
0
1
2
3
4
-1.000
350
350
350
350
- Abschreibungt
0
250
250
250
250
+ Zinsertragt
0
0
25
50
75
Gt (kfm. Gewinn)
0
100
125
150
175
Geldanlage
0
250
500
750
(1.000)
-1.000
100
125
150
1.175
ÜLt (Zahlungsüberschuss
Leistungsbereich)
Üt (Ausschüttung)
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Aufgabe 2.1: Kaufmännischer Gewinn
Lösung:
Prüfung auf Barwertidentität:
Barwert der Ausschüttungen = 109,45
= Kapitalwert des Projekts
< Barwert der kaufm. Gewinne = 426,44
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 Keine Barwertidentität!
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Aufgabe 2.1: Kaufmännischer Gewinn
Lösung:
Grund für Differenz in den Barwerten:
Zeitliche Unterschiede zwischen Ausschüttung und kaufm. Gewinn:
Im Zeitpunkt 0 ist Ausschüttung 1.000 GE niedriger als kaufm. Gewinn.
Im Zeitpunkt 4 ist Ausschüttung 1.000 GE höher als kaufm. Gewinn.
Restliche Zahlungen sind identisch.
 Kfm. Gewinn tut so, als stünden die 1.000 GE vier Perioden lang zinslos zur
Verfügung. Tatsächlich liegt der Marktzins für Geldanlagen aber bei 10% p.a.!
 Barwert von 1.000 GE in vier Jahren: 1.000 1,1-4 = 683,01 €
Beim kaufm. Gewinn nicht berücksichtigte Zinsen: 1.000 – 683,01 € = 316,99 €
 Barwert d. kaufm. Gewinne liegt deshalb 316,99 € höher als Barwert der
Ausschüttungen.
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Aufgabe 2.1: Kaufmännischer Gewinn
Lösung:
c) Die kfm. Gewinne werden jeweils vollständig ausgeschüttet.
Periode
0
ÜLt (Zahlungsüberschuss
Leistungsbereich)
-1.000
350
350
350
350
- Abschreibungt
0
250
250
250
250
+ Zinsertragt
0
0
25
50
75
Gt (kfm. Gewinn)
0
100
125
150
175
Eigenkapitalt-1
0
1.000
1.000
1.000
1.000
EK-Zinsen = r Ekt-1
0
100
100
100
100
Kfm. Gewinn nach Zinsen
0
0
25
50
75
Geldanlage
0
250
500
750
(1.000)
-1.000
100
125
150
1.175
Üt (Ausschüttung)
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1
2
3
4
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Aufgabe 2.1: Kaufmännischer Gewinn
Lösung:
Prüfung auf Barwertidentität:
Barwert der Ausschüttungen = 109,45
= Kapitalwert des Projekts
= Barwert der kfm. Gewinne nach EK-Zinsen!
 Barwertidentität erfüllt
Grund für Gewährleistung der Barwertidentität beim kfm. Gewinn nach Zinsen:
Eigenkapital wird nicht mehr als kostenlos behandelt.
Die kfm. Gewinne nach Zinsen fallen dadurch niedriger aus als die Ausschüttungen,
und zwar genau um den Betrag der Eigenkapital-Zinsen (hier 100 GE p.a.).
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
Vorteil des ökon. Gewinns gegenüber dem kfm. Gewinn:
Entscheidungsverbundenheit gewährleistet
Def.: Entscheidungsverbundenheit liegt vor, wenn der Erfolgsausweis in
unmittelbarer Verbindung und in zeitlicher Nähe zu den Entscheidungen steht, auf
die der Erfolg zurückzuführen ist.
D.h. die heutige Entscheidung für eine in späteren Jahren wertschaffende
Investition muss sich sofort in der betrachteten Erfolgsgröße bemerkbar machen.
Beim kaufm. Gewinn ist dies nicht der Fall. Er wird von solchen Investitionen evtl.
sogar zunächst negativ beeinflusst.
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
Der ökonomische Gewinn dagegen antizipiert die zukünftige Wertschaffung
einer Investition sofort bei Anschaffung. Dies geschieht, indem als Erfolgsgröße
nicht nur der jährliche Zahlungsüberschuss, sondern auch die Veränderung
im Ertragswert des Unternehmens betrachtet wird.
Nachteil des ökon. Gewinns gegenüber dem kaufm. Gewinn:
Manipulationsfreiheit nicht gewährleistet, weil Ertragswerte auf subjektiven
Schätzungen beruhen.
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
Für ein in t=0 realisierbares riskantes Investitionsprogramm seien folgende
Zahlungsüberschüsse in Abhängigkeit der möglichen Umweltzustände s und des
Zeitpunkts t gegeben: Grafik siehe Aufgabenblatt!
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
a) Berechnen Sie für jede mögliche Umweltentwicklung die ökonomischen Gewinne
nach Zinsen in t=0, t=1 und t=2. Der Zinssatz sei 10% und der Ertragswert (EW)
zum Zeitpunkt t = -1 sei null.
b) Spalten Sie die berechneten ökonomischen Gewinne nach Zinsen jeweils in den
Aktions-, und den Informationseffekt auf. Geben Sie jeweils deren genaue Höhe
an. Erläutern Sie den Aktions-, und den Informationseffekt kurz.
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
Lösung:
Achtung: Schreibweise der Ertragswerte und ökon. Gewinne beachten:
Nur ein Index  Gibt den Zeitpunkt t an.
Zwei Indizes  Erster Index gibt den Zustand s an, zweiter Index den Zeitpunkt t.
1. Schritt: Ertragswerte für alle Zustände berechnen
EW = Ertragswert = Summe der diskontierten erwarteten Zahlungsüberschüsse EC
EWs2  0 (d.h. Ertragswert in t=2 ist null, egal welcher Umweltzustand s vorliegt,
weil das Unternehmen dann liquidiert wird)
EW11   0,5  450  0,5  760   1,11  605  1,11  550

EC12  605
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
Lösung:
1. Schritt: Ertragswerte für alle Zustände berechnen (Fortsetzung)
EW21   0,4  500  0,6  730   1,11  638  1,11  580

EC22  638


EW0   0,5  440  0,5  660   1,1  0,5   0,5  450  0,5  760   0,5   0,5  500  0,5  730    1,12




 


ECs1 550
EC
605
EC22  615
12


 550  1,11  0,5  605  1,12  0,5  615  1,12
 500  250  254,13  1004,13
1
EW1  0
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
Lösung:
2. Schritt: Ökonomische Gewinne nach Zinsen berechnen
Ökon. Gewinn = aktueller EW + aktueller Cash Flow – EW Vorperiode
Gst  EWst  Cst  1  r   EWs t 1
G0  1004,13  800  0  204,13
G11  550  440  1,1 1004,13  114,55
G21  559,09  660  1,1 1004,13  114,55
G32  0  450  1,1 550  155
G42  0  760  1,1 550  155
G52  0  500  1,1 559, 09  115
G62  0  730  1,1 559,09  115
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
Lösung:
b)
Aufspaltung des ökon. Gewinns nach Zinsen: Gst = AEt + IEst
Aktionseffekt im Zeitpunkt t:
= Kapitalwert der in t neu in das Investitionsprogramm aufgenommenen, bisher noch
nicht antizipierten Projekte
AE0  800  1013,64  213, 64
AE1  AE2  0 (nur in t=0 werden Investitionsentscheidungen getroffen)
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
Lösung:
Informationseffekt im Zeitpunkt t:
= Abweichung des ökon. Gewinns im Zustand s zum Zeitpunkt t von seinem
Erwartungswert E
=
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
Lösung:
 
 E G

IEst  G
st
st
Achtung: E steht hier für Erwartungswert, EW für Ertragswert!
IE0  0
IE11  G11  E(Gs 1 )  125  (0,5  ( 125)  0,5  125)  125  0  125
IE21  G21  E(Gs 1 )  125  (0,5  ( 125)  0,5  125)  125  0  125
IE32  G32  E(Gs 2 )  155  (0,5  ( 155)  0,5  155)  155  0  155
IE 42  G42  E(Gs 2 )  155  (0,5  ( 155)  0,5  155)  155  0  155
IE52  G52  E(Gs 2 )  138  (0,4  ( 138)  0,6  92)  138  0  138
IE62  G62  E(Gs 2 )  92  (0,4  ( 138)  0,6  92)  92  0  92
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Aufgabe 2.2: Ökonomischer Gewinn bei Risiko
Lösung:
Hinweise:

Der Erwartungswert des IE zweier Umweltzustände, die auf einen bestimmten
Knotenpunkt folgen, ist immer gleich 0, weil es sich um Abweichungen vom
erwarteten Gewinn handelt.

Wenn in einer Periode keine neuen Investitionsentscheidungen getätigt werden,
dann ist der Informationseffekt gleich dem ökon. Gewinn nach Zinsen (denn AE ist
dann 0).
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