Stadtverwaltung Ingelheim am Rhein

Stadtverwaltung
Ingelheim am Rhein
11. Mai 2015
FWG-Fraktion
Herrn Klaus Hüttemann
Obere Sohlstraße 2
55218 Ingelheim am Rhein
Anfrage vom 12.04.2015 zum Thema Gebietsreform (Fusion Heidesheim IWackernheim Iingelheim) und ÖPNV
Sehr geehrter Herr Hüttemann,
die in Kopie beigefügte Anfrage wird wie folgt beantwortet:
Die Beantwortung der gestellten Fragen wurde in Zusammenarbeit mit der RNN GmbH vorbereitet, die für die Tarifgestaltung im RNN-Verbund Ansprechpartner sind.
Zuerst muss zur allgemeinen Erläuterung die Tarifstruktur des RNN-Verbundes kurz dargestellt werden.
Das Verbundgebiet des RNN wurde bei Verbundgründung im August 1999 in einen fest definierten Wabenplan unterteilt, der zur Einteilung der Preisstufen dient. Die Wabeneinteilung
ergab sich durch die damalige Einnahmesituation der Verkehrsunternehmen, die durch diese
Tarifstruktur größtenteils erhalten werden konnte.
Alle Verkehrsunternehmen im RNN-Verbundgebiet befördern die ÖPNV-Nutzer mit einheitlichen Fahrkarten und Tarifen quer durch das Verbundgebiet. Für die Berechnung der notwendigen Preisstufe zählen alle durchfahrenen Waben für die gewünschte Strecke vom
Startpunkt bis zum Zielort.
Die Doppelwabe Mainz/Wiesbaden (Wabe 300) zählt bei der Preisermittlung zweimal, da der
gesamte Stadtverkehr in Mainz und Wiesbaden kostenlos mitgenutzt werden kann. So
kommt z. B. die Preisstufe 4 für die Verbindung zwischen Ingelheim und Mainz (Waben 320,
310 und Doppelwabe 300) zustande.
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Bei der Verbundgründung konnte für die Stadtverkehre Ingelheim, Bingen und Bad Kreuznach jeweils eine eigene Preisstufe erreicht werden, die nur in den jeweiligen Stadtgebieten
gültig ist. Zusätzlich wurden in den letzten Jahren Übergangstarife zu benachbarten Verkehrsverbündengeschaffen.
(Hinweis: Zur weiteren Information liegen die RNN-Tarif- und Beförderungsbedingungen und
die Informationen zu Preisen und Fahrkarten 2015 als Tischvorlage aus.)
Zu Frage 1: Wie gedenkt die Verwaltung zu erreichen, dass solche und andere Tarifverzerrungen abgebaut werden?
In den dargestellten Beispielen und Argumenten werden unterschiedliche Sachverhalte miteinander verglichen.
Im angesprochenen ersten Beispiel wird die Relation Ingelheim - Mainz zum Preis von 5,40
Euro für die einfache Fahrt der Relation Mainz-Bischofsheim - Darmstadt zum Preis von
4,55 Euro gegenübergestellt. Im Preis der Relation Ingelheim - Mainz (4 Waben) ist der
komplette Stadtverkehr MainzlWiesbaden als Doppelwabe enthalten, kann also kostenneutral mitgenutzt werden. Nimmt man zur echten Vergleichbarkeit nur den Preis von Ingelheim
bis Budenheim (ohne die Doppelwaben Mainz/Wiesbaden) ergäbe sich der Vergleichspreis
von 3,00 Euro.
In der Relation Mainz-Bischofsheim - Darmstadt, fehlt diese Doppelwabe, da Bischofsheim
auf der Wabengrenze der Doppelwabe MainzlWiesbaden liegt und diese kann daher nicht
mitgenutzt werden. Würde man wie im erstgenannten Beispiel die Nutzung der Doppelwabe
MainzlWiesbaden zu dieser Relation dazuzählen, würde sich ein RMV-Fahrpreis von 8,10
Euro ergeben.
Auch für die Strecke Ingelheim - Darmstadt ergibt sich keine Tarifverzerrung, da für diese
Verbindung der RMV/RNN-Übergangstarif gilt, der speziell als einheitlicher Tarif über die
RNN-Verbundgrenzegestaltet wurde.
Im zweiten Beispiel wird das Semesterticket der TU Darmstadt angesprochen. Hierbei handelt es sich um ein Solidarticket, dass von jedem Studierenden bezahlt werden muss, egal
ob er den ÖPNV nutzt oder nicht. Das Anschluss-Semester-Ticket ist optional käuflich. Es
ermöglicht Studierenden aus dem RNN-Gebiet, die in einem angrenzenden Verbund studieren und dort über ein Semester-Ticket verfügen, ein extrem günstig kalkuliertes und verbundweit gültiges Ticket zum Preis von 166 Euro für die Dauer von 6 Monaten hinzuzukaufen. Die aufgeführten Werte sind nicht miteinander vergleichbar, da die Preisgestaltung
im Solidarmodel nicht mit der eines optionalen Erwerbermodells übereinstimmen kann. Von
einer Tarifverzerrung kann somit keine Rede sein.
Zum Vergleich hierzu würde eine reguläre Fahrkarte für Pendler als verbundweit gültiges
Ticket derzeit knapp 200,00 Euro je Monat, für Auszubildende 154,00 Euro je Monat kosten.
Ebenfalls steht ein Anschluss-Ticket im Ausbildungstarif für die angesprochene fehlende
Strecke zwischen Ingelheim und Wackernheim für 49,00 Euro je Monat zur Verfügung, das
aber nicht verbundweit gültig ist!
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Zu Frage 2:
Wie in der Beantwortung der Frage 1 dargestellt, sieht die Verwaltung und die RNN GmbH
bei den dargestellten Beispielen keine Verzerrung zwischen den Verkehrsverbünden.
Welche Verbesserungen jedoch bei einer Fusion zwischen Ingelheim, Wackernheim und
Heidesheim für die Ingelheimer Bürger erreicht werden können ist davon abhängig, welcher
Art diese Verbesserungen sein sollen und wie viel die Stadt Ingelheim am Rhein dafür als
Ausgleich zu zahlen bereit ist.
Zurzeit zahlen die ÖPNV-Nutzer in der Stadt Ingelheim die stadteigene Preisstufe 21 (1,55
Euro/Einzelfahrschein (EFS) Erw.) für alle Verbindungen innerhalb Ingelheims. Die Gemeinden Wackernheim und Heidesheim liegen in der Nachbarwabe 310 und zahlen nach Ingelheim die Preisstufe 2 (3,00 Euro/EFS Erw.), da sie 2 Waben (Startwabe 310 und Zielwabe
320) nutzen.
Option 1:
Möchte man nun nach einer Fusion für Wackernheim und Heidesheim ebenfalls die Preisstufe 21 für die Strecke nach Ingelheim anwenden, müssen die dadurch entstehenden Mindereinnahmen von 1,45 Euro pro EFS Erw. durch die Stadt Ingelheim am Rhein an die RNNVerbundunternehmen ausgeglichen werden. Welche Kosten hier entstehen würden, müsste
durch eine Fahrgastzählung und durch einen Gutachter ermittelt werden. Die Gemeinden
Wackenheim und Heidesheim würden jedoch weiterhin in der Wabe 310 verbleiben und hätten im Gegensatz zu Ingelheim weiterhin einen Preisvorteil für die Verbindung nach Mainz.
Option 2:
Eine Zusammenlegung der Waben 310 (Heidesheim / Wackernheim) mit der Wabe 320
(Ingelheim), wie in dieser Anfrage angesprochen, hätte zur Folge, dass alle Relationen im
RNN-Verbundtarif davon betroffen wären und sich günstigere Preisstufen ergeben würden.
So würde z. B. für die Strecke Bingen - Mainz zukünftig Preisstufe 4 (Wabe 330, 320, und
Doppelwabe 300) gelten, statt wie bisher Preisstufe 5 (Waben 330, 320, 310 und Doppelwabe 300). Auch hier wären die Mindereinnahmen durch die Stadt Ingelheim am Rhein für alle
Verbindungen zu zahlen, die von dieser Wabenreduzierung betroffen wären. In Ingelheim
einsteigende ÖPNV-Nutzer würden in diesem Fall 2. eine günstigere Preisstufe nach Mainz
zahlen müssen, nämlich Preisstufe 3 (4,20 Euro/EFS Erw.) statt jetzt Preisstufe 4 (5,40 Euro/
EFS Erw.). Die Preise für die Verbindung Wackernheim und Heidesheim nach Mainz würden
bei diesem Modell gleichbleiben, in Richtung Bingen usw. würde sich eine Preisreduzierung
ergeben.
Die Geschäftsstelle des RNN-Verbundes ist gerne bereit weitere Auswirkungen einer Tarifveränderung im Hinblick auf eine Fusion zu erläutern, kann jedoch über die monetären Auswirkungen keine Aussagen treffen, da diese von einem Gutachter berechnet werden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
&e.Qfn
Eveline Breyer
Bürgermeisterin
Freie Wähler-Gruppe
Ingelheim e.V.
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Stadtratsfraktion
Klaus Hüttemann, Obere Sohlstraße 2, 55218 Ingelheim, (061 32) 7 5617
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~----~--------~
Herrn
Oberbürgermeister
Ralf Claus
Rathaus
12.04.2015
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14. APR)015
55218 Ingelheim
Anfrage
zum Thema Gebietsreform
(Fusion H,W, I) und ÖPNV
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die FWG-Stadtratsfraktion richtet an die Verwaltung folgende Anfrage:
Sachverhalt:
Es ist bekannt, dass die ÖPNV-Tarifbestimmungen, soweit sie die Schnittstelle von RMV (RheinMain-Verkehrsverbund) zu RNN (Rhein-Nahe-Nahverkehrsverbund) betreffen, den Ingelheimern
häufig teure bis schlechte Rahmenbedingungen bieten. Dies gilt nicht nur für die Verbindung nach
Wiesbaden.
Überwiegend liegt dies am Problem holpriger bis unpassender Übergangsregelungen zwischen den
Verkehrsverbünden, aber auch an fehlenden übergreifenden Busverbindungen.
Folgende Beispiele machen dies deutlich:
~ Die 16,5 km lange Bahnstrecke von Ingelheim nach Mainz kostet als einfache Fahrt 5,40 €. Die
Strecke von Mainz- Bischofsheim nach Darmstadt (ca. 30 km) mit fast doppelter Entfernung aber
nur 4,55 €.
~ Oder: Der ÖPNV-Anteil des Semestertickets der UNI Darmstadt von 110 € erfordert für die
Strecke von Wackernheim nach Ingelheim ein Anschlussticket von 160 € pro Semester.
Das Mindeste, was hier mit einer Gebietsreform zu erreichen wäre, wäre die Zusammenlegung der
Tarifwabe Ingelheiml Heidesheim und die Einbindung von Budenheim in die Großwabe MainzWiesbaden, damit die Lasten der Betroffenen im Tarifgrenzgebiet fairer umgelegt werden.
Denn wieso sollten zukünftige Bürger des Ingelheimer Stadtteiles Wackernheim nur den Tarif der
Doppelwabe Mainzl Wiesbaden zahlen müssen während der Bürger aus dem Stadtteil NiederIngelheim für die nur 4 km weitere Strecke gleich den doppelten Tarif zahlen?
Fragen:
• Wie gedenkt die Verwaltung zu erreichen, dass solche und andere Tarifverzerrungen abgebaut
werden?
• Wie sieht die Stadtverwaltung die Chancen, im Rahmen der Fusionsverhandlungen das Land und
die Kreisverwaltung zu bewegen, damit sich zwischen den Verkehrsverbünden Verbesserungen
für Ingelheim und seine Bürger und Bürgerinnen ergeben?
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Klaus Hüttemann