S E I T 1 9 8 0 Carl Krall 1891 – 1975 Titelbild K a k t e e n b e im Atelierf ens ter signiert, Öl/Leinwand, 90 x 90 cm Ausgestellt: 1934 Erste Wettbewerbsausstellung für den österreichischen Staatspreis, Künstlerhaus Wien 1947 Erste große Österreichische Kunstausstellung, Künstlerhaus Wien 1964 „Carl Krall“, Österreichische Staatsdruckerei, Wien Carl Krall (1891–1975) März 2015 Liebe Freunde, liebe Sammler, Mit großer Freude möchte ich Ihnen auf diesem Wege einen gelegentlich gezeigten, aber in diesem Umfang dennoch Neuentdeckten, präsentieren. Carl Krall. Unsere Aufmerksamkeit erweckte er über die Jahre hinweg immer wieder, leider war die Auswahl seiner, auf dem Kunstmarkt befindlichen, Werke sehr gering. Umso mehr freue ich mich Ihnen hiermit seinen, nach langer Zeit, wieder entdeckten Nachlass präsentieren zu können. Wiederentdeckt in Pennsylvania, von Marie-Valerie Hieke gesichtet und abgewickelt und gut gehütet von Krall‘s Enkelinnen wurde dieser Schatz penibel Stück für Stück protokolliert, dokumentiert und restauriert um ihn heute in seiner ganzen Pracht erstmals - 40 Jahre nach dem Tod von Carl Krall - einer breiten Öffentlichkeit präsentieren zu können. Für die kunsthistorische Aufarbeitung war, wie seit vielen Jahren, vor allem Dr. Gabriela Nagler mitverantwortlich. Auch den Menschen Krall durften wir bei unseren Recherchen auf Grund gut erhaltener Privataufzeichnungen näher kennenlernen. Ein selbstbewusster, durchaus ein wenig eitler, sich seines Könnens bewusster, von Zeitgenossen geschätzter Mensch trat uns entgegen. Krall‘s Oeuvre ist vielfältig; von Ölgemälden über Zeichnungen, Werbegrafiken, Plakatentwürfen und Sgrafitti bis hin zur Tätigkeit als Komponist und Liedertexter von Wienerliedern hat er sich seinen Stellenwert in der österreichischen Kunst der 1920er und 30er Jahre wohl verdient. ALLE ABGEBILDETEN WERKE SIND VERKÄUFLICH Ich hoffe, Sie teilen meine Begeisterung und wünsche Ihnen nun viel Vergnügen bei der Durchsicht unseres neuen Kataloges. Maße: Höhe x Breite Eigentümer, Herausgeber, Verleger: Kunsthandel HIEKE A-1010 Wien, Grünangergasse 12 Tel./Fax. +43-1-513 32 59 Di – Fr: 10 –13 und 14 –18 Uhr, Sa 10 –13 Uhr [email protected] hieke-art.com Covergestaltung: Sandra Jakovcic · Gesamtherstellung: Graphisches Atelier Neumann GmbH · 1120 Wien · Rosenhügelstraße 44 · Tel. +43-1-804 63 13 · e-mail: [email protected] Dr. Ursula Hieke Biographie 1891 10. April in Wien geboren ab 1915für Modeverlage tätig: z. B. „Moderne Welt“ – Illustrierte Revue für Kunst, Literatur und Mode, „Suprěme Abessin“ – abessinische Modezeitung 1918 Kriegsanleihe Plakat im Heeresgeschichtlichen Museum 1921 Plakatpreis für ein Sektplakat 1922 Zasche-Karikaturen, Wettbewerb (belobende Anerkennung) 1923 Aufnahme in den Albrecht Dürer Bund 1926 Silberne Medaille des Albrecht Dürer Bundes Aufnahme in den Zentralverband bildender Künstler 1933 66 Werke in der Zedlitzhalle ausgestellt – Goldene Albrecht Dürer Medaille Frühjahrsausstellung der Genossenschaft bildender Künstler Steiermarks im Landesmuseum Graz 1934 Wettbewerbsausstellung für den österreichischen Staatspreis im Künstlerhaus. Altarbild – für die Anstaltskirche der Bundeserziehungsanstalt, Wien 3, ausgeführt. 1936/37Atelierschau 1938 Berlin, Haus der Kunst „Kunst der Ostmark“ mit einem Werk vertreten Mitglied des Vereins „Heimische Künstler Klosterneuburg“ Ein neuer Kontakt, zum Klosterneuburger Künstlerbund, ergab sich dadurch, dass Krall in der Zeit von 1932 bis 1939 fast jeden Sommer in der Villa Hauser in Klosterneuburg, (Martinstraße 115) wohnte. Der Klosterneuburger Künstlerbund bestand seit 1906 und als sein bekanntestes Mitglied ist Egon Schiele zu nennen. 1938 trat Carl Krall dieser Vereinigung bei. Er stellte ab dieser Zeit nicht nur seine Werke dort aus, sondern wurde auch einer der Organisatoren. 1943 Wien, Zedlitzhalle, „Heimische Künstler Klosterneuburgs“, ein Werk angekauft. 1944 Wien, Zedlitzhalle, „Heimische Künstler Klosterneuburgs“, zwei Werke vom Kulturamt der Stadt Wien angekauft. Krall konnte dazu beitragen, dass Ausstellungen des Klosterneuburger Künstlerbundes, abgesehen von Präsentationen im Stift Klosterneuburg, z.B. auch in den Jahren 1943 und 1944 in Wien in der Zedlitzhalle stattfanden und war als Ausstellungsleiter bis 1970 äußerst aktiv, etwa als Juror neben dem berühmten Kunsthistoriker Rupert Feuchtmüller, in dieser Vereinigung tätig. Ein Plakat der 20.Kunstausstellung des Vereins heimischer Künstler Klosterneuburgs aus dem Jahre 1946 ist von seiner Hand erhalten. (Galeriebesitz) 1945 – 1956 Mitarbeit beim Bundesdenkmalamt Not und Elend der Nachkriegszeit traf in Wien vor allem auch die freischaffenden Künstler. Krall konnte diese schwere Zeit als Restaurator gut überbrücken. Von 1945 - 1956 war er Mitarbeiter des Bundesdenkmalamtes und arbeitete in Wien u.a. in Schönbrunn (Deckenfresko von Gregorio Guglielmi von 1761) im Belvedere und der Nationalbibliothek. 1945Preisausschreiben für Briefmarkenentwürfe anlässlich der Frühjahrsausstellung im Wiener Künstlerhaus – Geldprämie 1947 Wien Künstlerhaus „Erste Österreichische Kunstausstellung 1947“ ausgestellt: „Kakteen beim Atelierfenster“ und „Überfuhr bei Mauthausen“ letzteres vom NÖ-Landesmuseum angekauft 1958 „Klosterneuburger Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts“ 4 Aquarelle vom NÖ-Landesmuseum angekauft 1961 Baden, Landesverband der NÖ Kunstvereine, zum 70. Lebensjahr mit 11 Werken vertreten 1962Stift Klosterneuburg, Ausstellung des neuen Verbandes „Künstlerbund in Klosterneuburg“ Werke vom NÖ-Landesmuseum angekauft 1964Wien, Österreichische Staatsdruckerei, Personale. „Neues Österreich“, 9. Februar 1964, Johann Muschik: „,Stilleben mit Kanne, Schale, Früchten‘, es ist technisch blendend gelungen. Meister Krall hat da ein kleines Virtuosenstück geleistet.“ 1965Kollektive des Klosterneuburger Künstlerbundes mit A. Bodenstein, R. Blum im neuen Amtshaus am Rathausplatz Goldene Rumpler-Medaille des Klosterneuburger Künstlerbundes 1966 Jubiläumsausstellung „60 Jahre Klosterneuburger Kunst“ 1967 Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich Atelierschau Ein Hang zu Präzision und Genauigkeit ist nicht nur in seinen Bildern offensichtlich, sondern auch in seiner Korrespondenz und Schriften zu bemerken. So wurde von ihm genau dokumentiert, wer bei seinen Atelier-Einladungen zu- oder abgesagt hatte und auch wer unentschuldigt fehlte. Bei seiner Präsentation “50 Jahre Atelier Krall 1917 – 1967“ waren etwa die Tänzerin und Musikschriftstellerin Prof. Riki Raab, die 1960 den Fanny Elßler-Ring 1975 als Tanzauszeichnung stiftete, Professor Sacher, österreichischer Lyriker und Essayist, der Schriftsteller Prof. Siegfried Freiberg, Prof. Ernst Wurm, Graf Wilcek, Hofrat Dr. Zykan, Landeskonservator von Niederösterreich sowie die Kollegen Ernst Schrom und Prof. Anton Josef Storch-Alberti u.a. anwesend. 6. Juli in Wien gestorben Carl Krall – ein Wiener Künstler der Neuen Sachlichkeit – zu Unrecht vergessen! Zum Werk Als erfolgreicher Werbegrafiker begann Krall seine künstlerische Laufbahn mit Entwürfen für Kultur- und Modezeitschriften, sowie als Plakatdesigner für Zigaretten, Sekt, Theater und Stummfilm. Sein malerisches Talent, mit starkem Hang zur Präzision, zielte bald in Richtung Neue Sachlichkeit, einer bedeutenden künstlerischen Strömung, die in den 1920er Jahren von Deutschland ausgehend in Österreich vergleichsweise unterrepräsentiert war. Umso mehr ist dieses Kapitel der österreichischen Malerei der Neuen Sachlichkeit noch für das Werk von Carl Krall reserviert. Seine Malerei ist ein wichtiger Beitrag für diese Kunstrichtung, der in Österreich nur wenige Künstler angehörten – Rudolf Wacker, Franz Sedlacek, Herbert Reyl-Hanisch, Sergius Pauser, Ernst Nepo, Herbert Ploberger sind beispielsweise zu nennen. In Deutschland hingegen formierte sich die Neue Sachlichkeit zu einer breiten Künstlerbewegung, die in erster Linie auf die Vermittlung sozialkritischer Inhalte abzielte. Als Vertreter der ersten Stunden sind Georg Grosz, Max Beckmann, Otto Dix, Alexander Kanoldt und Georg Schrimpf zu nennen. 1925 fand in Mannheim die von Gustav Friedrich Hartlaub organisierte und vielbeachtete Schau „Neue Sachlichkeit und deutsche Malerei seit dem Expressionismus“ statt. Berlin wurde in Folge zur Metropole dieser Bewegung. In Österreich wurde die Neue Sachlichkeit, abgesehen vom Oberösterreichischen Landesmuseum in Linz, das 1929 eine Ausstellung mit dem Titel „Neuromantik und Neue Sachlichkeit in OÖ“ zeigte, von allen anderen österreichischen Museen vernachlässigt. Auseinandersetzen konnte man sich mittels Berichten in Kunstzeitschriften und wenigen Ausstellungen, wie 1926 in der Galerie Würthle mit Werken Herbert Plobergers oder 1927 von Christian Schad, einem bedeutenden Künstler der Neuen Sachlichkeit, der von 1925 bis 1927 in Wien wohnte und anschließend nach Berlin übersiedelte. Für die österreichische Malerei wurde vor allem die magisch-realistische Variante der Neuen Sachlichkeit vorbildhaft, wie sie die Münchner Künstler Alexander Kanoldt und Georg Schrimpf vertraten. Sergius Pauser, Ernst Nepo und Herbert Ploberger etwa übernahmen Gestaltungsprinzipien von Kanoldt, der neben Stilleben vor allem für seine multiperspektivischen Architekturlandschaften bekannt wurde. Inspiration durch die Werke Alexander Kanoldts und Georg Schrimpfs ist auch in den beeindruckenden Gemälden Carl Kralls zu bemerken. Er ist in seinen Landschaften und Stilleben jedoch weniger an einer Reduktion auf kubische Formen, sondern stärker an der Realität interessiert. In seinen Darstellungen entwickelte er eine kristallklare Schärfe und fixierte seine Motive mit einem unbeweglichen Blick. Präzis und flächig- linear bestimmt, leuchten diese wunderbaren Landschaften mit strahlendsatten Farben dem Betrachter entgegen. Landschaften Krall überzeugt sofort mit seinen prächtig leuchtenden (klaren) Landschaften – und nicht wie sonst oft in der Neuen Sachlichkeit – mit Vorstadttristesse. Ganz im Gegenteil; zumeist sind ruhige, menschenleere Landschaften geschildert, die gelegentlich einen Hang zum Überhöhten und Außergewöhnlichen haben. Nehmen wir etwa „Marchmündung bei Theben (Bratislava)“ (Abb. 3) oder „Pinnistal (Stubaier Alpen)“ (Abb. 2) – beide wirken durch starke Vereinfachungen der Landschaftsformen bis hin zur Stilisierung, fast Ornamentalisierung. Zum Beispiel die Wolkenformierung in „Marchmündung bei Theben“ kann als sehr typisch für Kralls Reduktion gelten – Parallelen zu den Werken Amédée Ozenfants etwa „Die Wälle von Sisteron“ sind hier zu bemerken. Ein faszinierendes Monumentalwerk ist das Gemälde „Aus Lussin (Losinj/Istrien)“ (Abb. 1) in dem ein strahlender Tag im Süden geschildert ist. Stark in den Vordergrund gerückt ist ein größeres Haus mit Agaven, das direkt am Ufer des Meeres liegt. Kleine Boote liegen zur Ausfahrt am Wasser bereit. Der stimmungsvolle Blick in die Ferne wird erst vom Ufer des gegenüberliegenden Landstriches abgeschlossen. „Im Hochgebirge“ (Abb. 7) führt den Betrachter in die österreichische Bergwelt, wo Almen, Wälder und schroffe Felswände das Bild bestimmen. Die Abfolge von hell/dunkel in der Landschaft ist mit harten Kontrasten geschildert und verstärkt so die Leuchtkraft der einzelnen Farben. Beim „Ossiachersee mit Mangart“ (Abb. 6) hingegen, wird das Bild von der groß flächigen Schilderung des Wassers bestimmt und erst im Hintergrund sind die Gebirgsformationen der Gegend dargestellt – es entsteht sofort die Impression eines herrlichen Tages im Sommer. In seinem Oeuvre sind aber auch Motive mit Feldern (Abb. 12) und Flüssen (Abb. 11), bis hin zu Ansichten von kleinen Städten z.B. Mauthausen (Abb. 20, 21), Waidhofen a. d. Ybbs, St. Ägyd (Abb. 17) zu finden. Krall denkt in diesen Werken neben der klaren und ruhigen Schilderung auch an kleine Details wie Fenster und Balkone, in der Straße liegende Steinbrocken werden detailreich und zum Greifen nahe geschildert. Es kann aber auch nur ein Gässchen sein, dem er eine faszinierende Ausstrahlung verleiht. Auch ein einfaches Waldmotiv mit Holzschlag (Abb. 8) ist zusätzlich von beachtenswerten Gegensätzen in der Lichtführung bestimmt. Natürlich interessierte Krall auch das Konstruktive einer Brücke, zu sehen in dem kleinen gleichnamigen Bild (Abb. 13), das eine Vorstudie zu dem Gemälde „Heimkehr“ im NÖ-Landesmuseum darstellt. Stilleben Die Stillebenmalerei ist besonders geeignet sachliche Ruhe zu vermitteln und gleichzeitig den Betrachter in Staunen zu versetzen. Das Stilleben mit Kaktus ist das Sujet der Neuen Sachlichkeit schlechthin. Krall hat seine „Kakteen beim Atelierfenster“ (Titelbild) dargestellt und ist mit diesem Werk an Bedeutung neben Alexander Kanoldt zu stellen. Auf einem roten Lacktisch sind drei Kakteen in den Mittelpunkt der Darstellung gerückt. Der schräge Blickwinkel des Motivs ist von besonderer Raffinesse, er verstärkt die skurrile Wirkung der Pflanzen. Am linken Rand des Gemäldes ist noch die Gießkanne zu entdecken. Durch das obere Atelierfenster, mit einem Flügel weit geöffnet, wird das Motiv beleuchtet; eine Pflanze und ein Apfel beleben die Fensterbank. Eine großartige Inszenierung dieser skurrilen Pflanzen, die in den 20er Jahren gerne als Wüstenkuriosum in den Wohnzimmern standen. 1925 schrieb der Kunstkritiker Alfred Wortmann: „Sind Kakteen nicht pflanzliche Kristalle, lebendige Architektur?“ Das Gemälde „Kakteen beim Atelierfenster“ war 1934 bei der „Ersten Wettbewerbsausstellung für den großen österreichischen Staatspreis“ sowie 1947 bei der „Ersten großen österreichischen Kunstausstellung“ im Wiener Künstlerhaus als auch 1964 bei der Personale des Künstlers in der österreichischen Staatsdruckerei zu sehen. Figurales Sein Talent und seine künstlerische Vielfalt spiegelt sich außerdem in Carl Kralls figuralen Darstellungen, die von den stilistischen Merkmalen des Art Deco bestimmt sind und auf der Gewandtheit und Aussagekraft seines graphischen Werkes basieren. Es handelt sich oft um elegante, schicke Figuren; etwa eine elegante Anglerin auf dem Boot (Abb. 4) oder einen Karambolspieler (Abb. 5), der unter dem Strahlenlicht der Lampe in höchster Konzentration im Begriff ist, die Kugel mit seinem Queue zu treffen. Ebenso wird die ruhige Beschaulichkeit in dem Gemälde „Mädchen am Balkon“ (Abb. 9) geschildert, in dem ein junges Mädchen die Sonne genießt. Der Blick ist vom Innenraum auf die Tür gelenkt, wo hinter den leuchtenden Balkonblumen die Landschaft herrlich glänzt. Künstlerisches Interesse erweckte auch ein Motiv aus dem Steinbruch der Kaolinwerke bei Aspang (Abb. 10). Krall zeigt einen durchmodellierten Arbeiter im Vordergrund dieser bizarren Gesteinsformationen. Dramatik und Mystik ist in dem bemerkenswerten Gemälde „Vergehen, Sein, Werden“ (Abb. 15) zu fin- den. Aus einer Blüte ragt ein prähistorischer Schädel neben einem Affen und gleichsam als Krönung darüber – Der Mensch mit seiner Hand zum Licht weisend! Das Licht mit seinen Strahlenkreisen wird in dieser außergewöhnlichen Komposition zu einer erstaunlichen Wirkung gebracht (Schöpfungsmythos). Im Gegensatz dazu ist das Untergangsszenario zu sehen, das Krall mit dem Gemälde „Steht uns das bevor?“ (Abb. 14) entwirft. Der Sensenmann schreitet über Gräber, eine Rauchwolke breitet sich über die Szene mit startenden Raketen und brennenden Städten. Abschließend ist noch eine kleine, sehr spezielle Rarität seines Werkes hervorzuheben. Das „Selbstportrait mit Musik“ (Abb. 34) zeigt eine Sängerin mit tanzendem Hund und den Künstler mit Pinsel in der Hand. Humorig aber in strengen Formen zeigt sich Krall in seinem Bezug zur Musik. Schließlich war er vielseitig begabt und komponierte auch Lieder mit den dazugehörigen Texten. Wie etwa die Wienerlieder „Liebling hast Du Schnackerlstoßen“ und der Marschfox „Ja die Lolla fahrt am Roller“. Es liegt auf der Hand, dass ihm auch das passende Cover dazu einfiel. Nicht unerwähnt sollen seine Zeichnungen bleiben. Neben kleinen Landschaftsstudien sind Aktzeichnungen von Bedeutung, die z. B. mit dem Motiv einer Schlange als „Versuchung“, „Sünde“, „Verführung“ und „Salome“ (Abb. 18) kombiniert wurden. Sehr feine reduzierte Arbeiten, die linear mit wenigen Strichen und großem Symbolcharakter erfasst wurden. Eine historisch sehr interessante Dokumentation der Restaurierungsarbeiten in Schönbrunn ist in einem Gemälde (Abb. 23) erhalten. Die Gartentreppe ist zum Teil noch eingerüstet und ein Steinmetz ist im Vordergrund bei der Arbeit gezeigt. Krall war in der Zeit von 1945 bis 1956 als Mitarbeiter des Bundesdenkmalamtes in Schönbrunn beschäftigt und stellte als Restaurator Teile des berühmten Deckenfreskos von Gregorio Guglielmi wieder her. Als bedeutender Zeitzeuge kann Hans AnkwiczKleehoven genannt werden, ein bekannter Sammler österreichischer Kunst, etwa von Gemälden Gustav Klimts und Egon Schieles, der unter anderem Vorstand der Bibliothek des Kunstgewerbemuseums und Kunstreferent der Wiener Zeitung war. Er schrieb 1933 anlässlich der Jahresausstellung des Albrecht Dürer Bundes in der Zedlitzhalle über das Werk Carl Kralls: „Da ist einmal das nahezu siebzig Nummern umfassende Sammelwerk des Malers Krall, dessen Absichten darauf ausgerichtet sind, den darzustellenden Gegenstand in einer klaren Sachlichkeit wiederzugeben. Die Formen sind wohlabgewogen, die Farben sind sicher hingesetzt. Es macht einen Teil seiner Eigenart aus, dass er in der Behandlung der Luft die Erfahrungen des Impressionismus verwertet, und manch ein reizvoller Gegensatz zwischen dieser Auffassung und dem Empfinden für die Sachlichkeit macht sich, zum Vorteil der so dargestellten Landschaft, geltend. Krall beherrscht die große Fläche durchaus sicher, man sehe daraufhin die Gemälde ,Aus Lussin‘, ,Stunde der Sehnsucht‘, ,Wäscherinnen an der Donau‘, ,Strand von Cigale‘ und die symbolistische Komposition ,Vergehen, Sein, Werden‘ an." Die oben zitierten Gemälde „Aus Lussin“ und „Vergehen, Sein, Werden“ sind im Katalog abgebildet. Die „Wäscherinnen an der Donau“ befinden sich im NÖLandesmuseum. Plakate „Dank der Kunstgewerbeschule am Stubenring und der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt war das österreichische Grafikdesign der Zwischenkriegszeit im internationalen Vergleich von exzellenter Qualität“ schrieb C. Maryška in seinem Überblick über die Werbewirtschaft in Österreich um 1930. Mit dem Werbegrafiker entstand ein neues Berufsbild im 20. Jahrhundert. Es gab bereits einige Ateliers; Binder, Neumann, Gaertner und Kloss waren die bekanntesten unter ihnen. Um 1930 gab es in Wien immerhin schon 3000 Plakatwände. Als Doyen der österreichischen Plakatkunst ist Julius Klinger zu nennen. Wie Klinger begann auch Carl Krall seine Laufbahn bei Modemagazinen. „Moderne Welt“ – eine illustrierte Revue für Kunst, Literatur und Mode, „Revue des Modes“ und „Suprěme Abessin“ sind zu nennen, für die Krall ideenreiche, pointierte und elegante Titelblätter entwarf. Ein genialer Originalentwurf für das Plakat „Moderne Welt“ (Abb. 27) ist aus dem Jahre 1919 erhalten. Ein Laufbursch mit eben dieser Zeitschrift unter dem Arm, schreitet über drei signifikante Köpfe und wirbt in der anderen Hand mit einem Schild dessen Aufschrift besagt: „zu haben in allen Buchhandlungen“. Im selben Jahr entstand auch ein Entwurf für „Prinz Kuckuck“ (Abb. 32), Stummfilm des berühmten Regisseurs Paul Leni mit Conrad Veith in der Hauptrolle, der nach dem Roman von Otto Julius Bierbaum „Prinz Kuckuck: Leben, Taten, Meinungen und Höllenfahrt eines Wollüstlings“ gedreht wurde. Der Film wurde mit den besten Kritiken ausgezeichnet: „Es ist wohl nicht übertrieben, wenn man bei diesem Werk, Paul Leni als den Reinhardt des Film anspricht, den Film „Prinz Kuckuck“ selber jedoch als das Stärkste, was deutsche Filmkunst bisher geschaffen hat“ (Lichtbild-Bühne). Krall hat für seinen Entwurf ein packendes Szenario entworfen. Magisch dramatisiert wird eine von Schlangen umwundene Krallenhand dem Betrachter entgegen gehalten. In der Mitte erscheint das Antlitz von Prinz Kuckuck im Strahlenlicht erhellt. In dieser Zeit machte sich Krall einen Namen als Plakatdesigner etwa für Zigaretten und Zigarettenpapier. „Edelin“, „Samum“, „Abadie“ und „Gamod“ sind die klingenden Namen dieser Produkte. Mit dem Originalentwurf für „Gamod“ (Abb. 26) ist Krall ein großer Wurf gelungen. Unter dem prägnanten Schriftzug der Marke ist die Rückansicht einer jungen Frau gegeben. Sie hält eine Zigarette in der linken Hand und blickt erstaunt nach oben, wo Zigaretten aus einer Schachtel auf ihren Schoß fallen. Krall bediente sich bei diesem Motiv besonders auffallender farblicher Gegensätze. Die Inspiration dürfte hier noch von Toulouse Lautrec und Julius Klinger ausgehen. Etwas später in den 20er Jahren entstand der Originalentwurf für „Edelin“ (Abb. 29). Mit Witz und Charme wird ein sich umarmendes Paar, Soldat und Tänzerin, von Zigarettenrauch umkreist. Der Rauch bildet auch den Schriftzug „Edelin“, ein farblich pointiert gestaltetes Werk. Sehr ähnlich, nur mit anderen Figuren – ein Mädchen und ein Jockey – hat Krall ein Plakat für das Zigarettenpapier Samum gestaltet. Der Druck ist mit –„Jac. Schnabl“ bezeichnet, was fälschlich vermuten lässt, das hier eine Druckerei gemeint ist. Tatsächlich hatte Jacob Schnabl (1832 – 1909) eine Firma für chemische Produkte und für Zigarettenpapier gegründet, die um 1900 schon an die 700 Mitarbeiter hatte. Um 1908/9 wurde für diese Firma, der Stahlbetonbau am Kreilplatz 1, 1190 Wien gebaut. Hier wurden in der Folge nicht nur das Zigarettenpapier, das etwa auch von der Austria Tabak verwendet wurde, hergestellt, sondern auch gleich Werbeplakate für die Produkte -– das Zigarettenpapier Samum und Tabu gedruckt – eines davon hatte Carl Krall entworfen. Es wurde an vielen öffentlichen Plätzen in Wien affichiert. Ein Plakat dieser Serie ist in der Plakatsammlung der Wienbibliothek im Rathaus verwahrt. Ein weiterer Entwurf für Samum (Abb. 30) wurde von Krall orientalisch aufgefasst. Sphinx und Prinz liegen genüsslich rauchend über dem Schriftzug der Marke. Links und rechts zielt ein ornamentierter Pfeil auf das Zigarettenpapier und die Zigaretten. Seine pointiert, humorvollen Einfälle werden mit einer klaren Lesbarkeit und starken farbigen Akzenten kombiniert und haben dadurch eine nachhaltige Wirkung. Auch für Sektwerbung wurde Krall beauftragt, etwa für „Hubert Extra“ (Abb. 31). Verschiedene Entwürfe sind dazu entstanden wie das riesige Sektglas unterhalb des Schriftzuges der Firma, darunter ein Kellner, seinen Blick nach oben richtend. Am Fusse des Glases sind beidseitig sich zuprostende Paare wie in einem Schattenspiel dargestellt – eine großartige reduzierte Gestaltung mit sehr viel Eleganz und Esprit. Einen anderen Einfall hatte Krall zu „mein Sekt bleibt: Hubert Extra“ mit einem charakteristischen Glatzkopf, der Glas und Flasche in der Hand hält. Darunter ist ein mit Weinlaub geschmückter weiblicher Kopf gegeben sowie Weinblätter, die den Namenszug umranken. Ein weiteres Motiv wird als Schattenriß komponiert – eine kleine Teufelsfigur mit einer entzückenden Dame gegenüber – ganz ähnlich wird dieses Motiv auch für die Marke MEM - Seifen und Klingen verwendet. Laut eigenen Aufzeichnungen wurde Krall 1921 sogar ein Plakatpreis für eines seiner Sektplakate verliehen. Nicht alle Firmen sind heute noch bekannt, umso interessanter die historische Dokumentation, z. B. „Leipzigermann – Pelzmäntel und Füchse“ (Abb. 28) mit einer liegenden Schönen, die sich quer über das Format räkelt. Auffallend der fast nur in schwarz-weiß gehaltene Entwurf „Sport“ (Abb. 28) für den Mann. Sehr verführerisch sind natürlich die „Kabarett“-Entwürfe, einer mit Tänzerin und großem Schatten. Wiederum hübsche Beine sind auch in dem zweiten Kabarett (Abb. 33) zu bewundern, in welchem mittig ein Männerkopf mit Monokel über die Farbstrahlen der Bühne blickt, rechts und links nur die Beine der Tänzerinnen – einfach das Wesentliche! Signifikant ist auch der „Hitzkopf“ (Abb. 36) – ein roter Kopf, dessen Blick voller Erstaunen und Entsetzen auf den Betrachter gerichtet ist. Abbildungen 1 Aus Lussin (Losinj/Istrien), signiert, datiert 1927, Öl/Leinwand, 121 x 121 cm dok.: Ausstellungsphoto Stift Klosterneuburg 2 Pinnistal (Stubaier Alpen), signiert, Öl/Platte, 70 x 70 cm 3 Marchmündung bei Theben (Bratislava), signiert, Öl/Platte, 70,5 x 70,5 cm 4 Die elegante Anglerin, Öl/Leinwand, 70 x 60 cm 5 Karambolspieler, signiert, Öl/Platte, 82 x 55 cm 6 Ossiachersee mit Mangart, signiert, Öl/Leinwand, 40 x 40 cm 7 Im Hochgebirge, signiert, Öl/Leinwand, 75 x 92 cm 8 Waldschlag, Öl/Leinwand, 80 x 62 cm 9 Mädchen am Balkon, signiert, Öl/Platte, 66 x 47 cm 10 Steinbruch (Kaolinwerk bei Aspang), signiert, Öl/Karton, 31 x 31 cm 11 An der Donau, Öl/Karton/Leinwand, 24 x 28 cm 12 Felder, Öl/Karton/Leinwand, 27 x 23,5 cm 13 Brücke, Öl/Papier/Leinwand, 32,5 x 32,5 cm, Entwurf zu „Heimkehr“ im NÖ-Landesmuseum 14 Steht uns das bevor?, signiert, verso betitelt, Öl/Platte, 41,5 x 38 cm 15 Vergehen, Sein, Werden, Öl/Karton/Leinwand, 48 x 54 cm dok.: 1933 Jahresausstellung d. Albrecht Dürer Bundes, Zedlitzhalle Wien, Zitat Hans Ankwicz-Kleehoven, Photo Atelierschau, 50 Jahre Atelier Krall 1917 – 1967 16 Landschaft mit Baum, Öl/Karton/Leinwand, 24 x 20,5 cm 17 St. Ägyd am Neuwalde, signiert, Öl/Leinwand, 40 x 40 cm 18 Versuchung, Verführung, Sünde, Salome einzeln monogrammiert, betitelt, Mischtechnik/Papier, je 15 x 9 cm 19 Akt im Grünen, Öl/Papier/Leinwand, 28 x 32 cm 20 Gässchen aus Mauthausen II signiert, Öl/Papier/Karton, 35,5 x 21 cm 21 Mauthausen, Öl/Leinwand, 37 x 40 cm 22 Im Schlosspark, signiert, Öl/Leinwand, 38 x 37,5 cm 23 Aufbauarbeiten Schloss Schönbrunn, nach 1945, Öl/Karton, 39 x 35 cm 24 Originalentwurf, „Revue des Modes“, Titelblatt, I. Herbstnummer Mischtechnik/Karton, 24 x 21 cm 25 Im Strandbad, monogrammiert, Mischtechnik/Karton, 50 x 40 cm 26 Originalentwurf „Gamod – Zigaretten, Papiere, Hülsen“ signiert, Mischtechnik/Papier, 90 x 63 cm 27 Originalentwurf „Moderne Welt – eine illustrierte Revue, Kunst, Literatur, Mode“ signiert, datiert 1919, Mischtechnik/Papier, 91 x 60 cm 28 Originalentwurf „AXA“, signiert, datiert 1919, Mischtechnik/Karton, 20 x 25 cm Originalentwurf „Sport“, signiert, datiert 1923, Mischtechnik/Karton, 20 x 25 cm Originalentwurf „Leipzigermann – Pelzmäntel und Füchse“ signiert, Mischtechnik/Karton, 18 x 36 cm 29 Originalentwurf „Edelin – Zigaretten, Papiere und Hülsen, die Besten“ signiert, Mischtechnik/Papier, 32 x 19 cm 30 Originalentwurf „Samum-Zigarettenpapier, Zigarettenhülsen“ Jac. Schnabl & Co, Wien XIX, signiert, Mischtechnik/Karton, 28 x 56 cm bezeichnet: Reklame Ges. Protos, Wien VII 31 Originalentwurf „Hubert Extra“ bezeichnet Dädalus 123 Mischtechnik/Karton, 48 x 31 cm 32 Originalentwurf „Prinz Kuckuck“, signiert, datiert 1919, Mischtechnik/Papier, 25 x 22 cm Stummfilm des berühmten Regisseurs Paul Leni 33 Kabarett, Mischtechnik/Papier, 21 x 30 cm 34 Selbstportrait mit Musik monogrammiert Mischtechnik/Karton, 26 x 15 cm 35 Haydn mit Jahreszeiten monogrammiert, Collage Öl/Platte, 49,5 x 71 cm Werke in: Literatur: Niederösterreichisches Landesmuseum, St. Pölten Nachlass Ankwicz-Kleehoven, Zur Jahresausstellung des Albrecht Dürer Bundes, Wien 1933 Österreichische Nationalbibliothek, Wien Wienbibliothek im Rathaus, Wien Neues Österreich, 9. Februar 1964, S 9. Johann Muschik, Assoziationen in der Staatsdruckerei Rudolf Schmidt, Archiv des Belvedere, Wien Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler der Geburtsjahrgänge 1881–1900, Bd. 1, K 142 Andreas Lehne, Gertrude Tripp „Zur Rekonstruktion des Guglielmi-Freskos in der großen Galerie von Schönbrunn“ in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Heft 3,4, 2004, Wien Archiv des Klosterneuburger Künstlerbundes Der Künstlerbund in Klosterneuburg im Wandel der Zeit 1908–1988, S 63 Klosterneuburger Maler des 19. und 20. Jahrhunderts, Museum der Stadt Klosterneuburg Aufzeichnungen des Künstlers 36 Hitzkopf, Aquarell/Papier, 35 x 50 cm Beratung und Service Gerne berate ich Sie nicht nur in meiner Galerie, sondern auch bei Ihnen zu Hause, in Ihrem Büro oder dort, wo Sie Bilder aufhängen möchten. Ich gebe Ihnen jedes Kunstwerk für einige Tage zur Ansicht. Auch bei Hängung und Dekoration, in Fragen der Sicherheit, beim Transport und beim Suchen von Kunstwerken berate ich Sie gerne. Sollte eine vorhandene Rahmung nicht zusagen, wird jedes von mir erworbene Kunstwerk nach Ihren Wünschen gerahmt. Garantie Jedes von mir angebotene Kunstwerk ist echt. Dies wird bei Kauf mit Fotoexpertise und schriftlicher Echtheitsgarantie bestätigt. Um sicher zu gehen, dass die Gemälde nicht vermisst oder gestohlen wurden, lege ich Wert auf die Zusammenarbeit und Kontrolle des Artlossregisters. Wenn Sie das erworbene Kunstwerk im Laufe von Jahren nicht mehr besitzen möchten, bitte ich Sie, es mir zum Tausch oder Rückkauf anzubieten. Dr. Ursula Hieke Notizen Notizen
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