41 5 DER EVANGELISCH-REFORMIERTEN KIRCHE DES KANTONS ST.GALLEN www.kirchenbote-sg.ch THEMA: Martyrium – vom Tod des Gerechten KARWOCHE UND OSTERN – TOD UND AUFERSTEHUNG IM KIRCHENJAHR SEITE 6 SEITE 9 VOM VÖLKERMORD 1915 DAS LEIDEN BENENNEN Der Patriarch Kreuzwege SEITE 15 Der Totengräber FASZINIERT VOM TOD EDITORIAL IM ANFANG Liebe Leserin, lieber Leser In den Wirren des 1. Weltkriegs haben jungtürkische Nationalisten damit begonnen, die angestammte armenische und aramäische Bevölkerung zu vertreiben oder zu töten. Das war vor 100 Jahren – weshalb wir in dieser Nummer an den Leidensweg der armenischen Christen erinnern. Unser Titelbild zeigt ein durchstochenes Herz, das, mit einem ewigen Licht versehen, der Verehrung diente und jetzt Teil einer Installation mit dem Namen «Gnade» ist. Das Symbol aus der katholischen Volksfrömmigkeit erweckt unmittelbar Mitgefühl. Es ist auch das Herz Marias, das sich angesichts des Todes ihres Erstgeborenen anfühlt wie vom Schwert durchdrungen. So wird dieses Herz zum Inbegriff für unser aller Schmerz über vielfältiges Leiden und Sterben, das die Geschichte der Menschheit prägt. Diesen Schmerz, so berichten die Evangelien, hat auch Jesus in Gethsemane durchlebt. Er fügte sich dem Willen Gottes, sein eigenes Leben hinzugeben, bis zum Tod am Kreuz. Doch der Tod hatte nicht das letzte Wort. Frauen am Grab und viele weitere bezeugten seine Auferstehung. Die Schriften halfen den Jüngern und den Urgemeinden, in diesem Tod Sinn und neues Leben zu erfahren und zu bezeugen. Der Meister ist nicht hingegangen, um die Seinen verwaist zurückzulassen. Seine Einheit mit dem Vater soll durch den «Geist der Wahrheit» allen zukommen. Viele folgten dem Leidensweg Jesu in Zeiten der Verfolgung. Weil sie ihren Glauben in Wort und Tat bezeugen, nennt man sie Märtyrer (Zeugen). Die alte Kirche sammelte die Akten der Märtyrer, gedachte ihrer am Todestag und ehrte sie als Heilige, die mit Jesus vom Jenseits her belebend wirken. Heute dominiert eine säkulare Gedenkkultur. Als Christen sehen wir das Leben der Ermordeten aber stets auch in grösseren Zusammenhängen, auch mit dem Herzen Marias. ■ Andreas Schwendener 2 AUSGABE 4/2015 Kreuzweg 2011 in St.Gallen – mit dem Einschlagen der Nägel wird an den Tod Jesu und anderer Märtyrer erinnert. Stellvertretendes Leiden Text: Annette Spitzenberg, Spitalseelsorgerin, St.Gallen | Foto: as «Dieser Mensch wuchs auf wie ein Keimling vor Gott … ohne Ansehen und ohne Ausstrahlung, auf die wir geachtet hätten, da war kein Anblick, der uns gefallen hätte. Verachtet und von Menschen gemieden, voller Schmerzen, vertraut mit Krankheit, … so verschmäht war er, wir achteten diese Gestalt nicht. Doch in Wahrheit trug sie unsere Krankheiten.» Jes. 53, 2.3.4a Mir gefällt, dass die Forschung nicht genau weiss, wer mit den Gottesknechtliedern des Deuterojesaja gemeint ist. Ist es eine Kollektiv grösse, das Volk Israel? Der Prophet selbst? Ein unbekannter Mensch? Ist der leidende Messias gemeint? Klar ist: Gott ist auf der Seite des leidenden Got tesknechtes – wider allen Augenschein, wider alle, die behaupten, Gott sei nur auf Seiten der Erfolg-Reichen, Gesunden und Starken. Und so haben Christen später Jesu stellvertretendes Leiden mit diesem Text gedeutet, seine radikale Hingabe an die Bitte: «Dein Wille geschehe». Gerade weil der Gottesknecht keine historische Person ist, sind wir aufgerufen, ihn in Leidenden zu entdecken, in ihnen Christus zu sehen. EIN SINN IM LEIDEN? Durch Hingabe kann Leiden transformiert und ihm ein Sinn abgerungen werden. Nicht indem man es verklärt oder rechtfertigt, nicht in einer Opfermentalität, die von andern – namentlich Frauen – verlangt, lieber zu leiden, anstatt Unrecht die Stirn zu bieten, sondern in einer «unbedingten Liebe zur Wirklichkeit», ohne den Wunsch nach ihrer Veränderung aufzugeben, wie Dorothee Sölle in «Leiden» schreibt. Es ist eine Erfahrung, die auch Viktor Frankl gemacht hat, der die Schoah (Holocaust) überlebte. Seinem Leiden einen Sinn abzuringen, war die Kraft, die es ihm ermöglichte, das Grauen zu überleben! In meiner Arbeit begegnen mir immer wieder Gottesknechte, Frauen und Männer. Es sind Men schen, denen es gelingt, mit schwersten Schick salen umzugehen, die mitten im eigenen Leiden sich verbunden wissen mit andern Leidenden, die ihrem Leiden einen Sinn abringen, Angehöri ge, die in liebevollster Hingabe einfach da sind. Ich habe grosse Hochachtung vor ihnen. AUFERSTEHUNG IM LEBEN UND STERBEN So erinnere ich mich an einen Mann, dem nach seiner Krebsdiagnose unerwartet wenig Lebens zeit übrig blieb. Es war spürbar, dass er schwer getragen hatte in seinem Leben, das er in ziem lich grosser Einsamkeit verbracht hatte. Sein Leben hat sich in seinen letzten Lebenswochen so eindrücklich verdichtet, dass er plötzlich Ver bundenheit erfuhr, Versöhnung erlebte mit dem Gewesenen und vor allen Dingen mit sich selbst, sodass aus dem verfallenden Körper spürbar ein anderes Licht zu leuchten begann. Ich sah Chris tus in ihm und sagte ihm dies auch. Seine letzten Worte an mich berührten mich tief: «Ich bin ein solcher Glückspilz.» Diese Auferstehungskraft, mitten im Sterben, die Kraft der Liebe als ein unbedingtes Ja zu dem, was ist, das ist die Kraft des Gottesknechtes, die Ohn-Macht der Liebe Jesu am Kreuz. Zum Glück muss man nicht sterbend sein, um solche Erfahrungen zu machen. Es genügt die Absicht, sich einzuschwingen auf diese radikale Liebe zur Wirklichkeit, die eine so stark wan delnde Macht hat, dass sie Auferstehungskräfte freisetzt. ■ IM BRENNPUNKT «Gott allein weiss, was das bedeutet» Vor 70 Jahren wurde Dietrich Bonhoeffer im Widerstand gegen die Nazi-Diktatur ermordet. Interview: Daniel Klingenberg | Fotos: zVg Interview mit Christiane Tietz Christiane Tietz, Professorin an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich und Vorsitzende der deutschsprachigen Sektion der Internationalen Bonhoeffer-Gesellschaft. Sie ist Autorin des Buches «Dietrich Bonhoeffer: Theologe im Widerstand». In den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkriegs ermordeten die Nationalsozialisten den deutschen Theologen Dietrich Bonhoeffer. Er fasziniert, weil er sich entschlossen gegen das NS-Regime auflehnte. Aus religiöser Überzeugung nahm er auch einen Tyrannenmord in Kauf. Am 9. April vor 70 Jahren wurde Dietrich Bonhoeffer von den Nationalsozialisten umgebracht. Wäre er auch eine solche Lichtgestalt, wenn er überlebt hätte? Christiane Tietz: Wohl kaum. Die Ermordung hatte zur Folge, dass Bonhoeffer von seinem Ende her interpretiert wurde. Es wirkte wie eine Bestätigung für die Richtigkeit seines Lebensweges. Bonhoeffer wurde zunächst nicht durch seine Theologie bekannt, sondern weil seine Person und sein Lebensweg in der Nachkriegszeit faszinierten. Bekannt ist er vor allem wegen zwei Dingen: dem Gedicht «Von guten Mächten» und dem politischen Widerstand in der NS-Zeit. Das sind zwei Perspektiven auf Bonhoeffer: Die erste knüpft an bewegende Gedichte und andere prägnante Aussagen an, die sich weltweit erbaulich gut vermarkten lassen. Die zweite Deutung ist die als Vorbild, wie sich Christen politisch zu engagieren haben. Daneben gibt es viele andere Bonhoeffer-Interpretationen, von der konservativen bis zur liberalen Theologie. In manchen Kreisen ist Bonhoeffer eine Art moderner Heiliger. Gibt es Legenden bildungen? Der Lagerarzt von Flossenbürg, wo Bonhoeffer ermordet wurde, stilisierte später Bonhoeffers Tod. Er sei mutig zum Galgen gestiegen und in grossem Gottvertrauen gestorben. Das war eine Erfindung des Arztes. Eines Ihrer Bonhoeffer-Bücher heisst: «Theologe im Widerstand». Was hat Bonhoeffer genau getan? Man kann zwei Phasen in seinem Widerstand gegen das NS-Regime unterscheiden. In der ersten Zeit in den 1930er-Jahren geht es um den Kirchenkampf und damit um die Frage, inwiefern sich die Kirche von den Nazis gleichschalten lässt. Entzündet hat sich der Widerstand Bonhoeffers am sogenannten «Arierparagrafen». Pfarrer, die jüdische Wurzeln hatten, wurden aus dem Kirchendienst entlassen. Bekannter ist seine Mitgliedschaft in der Gruppe um Admiral Canaris, die das Attentat auf Hitler geplant hatte. Es scheiterte am 20. Juli 1944. Bonhoeffer war ab 1940 Mitarbeiter in der Wehrmacht im Amt Ausland/Abwehr. Sein Schwager Hans von Dohnanyi hatte ihm diese Stelle vermittelt. In dieser Funktion hat Bonhoeffer in der Widerstandsgruppe mitgearbeitet, bis er im April 1943 schon vor dem Attentat verhaftet wurde. Bonhoeffer hatte nicht im Sinn, selber eine Bombe in die Hand zu nehmen, aber er war sozusagen im Grossraum der Vorbereitungen zum Attentat tätig. Dass er in der Wehrmacht arbeitete, irritierte viele Personen, kurzzeitig auch Karl Barth. Bonhoeffer musste diesen dann erst über seine V-Mann-Tätigkeit aufklären. «Bonhoeffer sagt, dass es Verhältnisse wie die NS-Diktatur gibt, in denen wir Menschen so oder so schuldig werden. Ob der Mensch den Widerstand wählt oder nicht, beides ist schuldbehaftet. Die eine Haltung durch die Unterlassung von Widerstand, die andere beispielsweise durch Gewalt.» Weiss man etwas über die Motivation Bonhoeffers? Hier gibt es natürlich keine direkten Dokumente. Klar ist, dass ihm bewusst war, in Todesgefahr kommen zu können. Vor seinem Wehrmacht-Engagement war er in den USA, beim Entschluss zur Rückkehr schrieb er: «Gott allein weiss, was das für mich bedeutet.» Klar ist auch, dass er von der Ermordung der Juden in den Lagern wusste. Was waren die Aufgaben Bonhoeffers in der Widerstandsgruppe? Er hatte seelsorgerliche Aufgaben, machte Pläne für ein Deutschland nach einem erfolgreichen Dietrich Bonhoeffer erachtete in der NS-Zeit den Tyrannenmord als eine von Gott befohlene Möglichkeit – obwohl damit gegen das Tötungsverbot verstossen wird. Attentat auf Hitler und warb im Ausland, beispielsweise in England, für die Ziele der Widerstandsgruppe. Man wollte erreichen, dass Deutschland nach einem Attentat nicht dem Erdboden gleichgemacht würde. Mit dem Attentat nahm Bonhoeffer auch Gewalt in Kauf. Wie legitimierte er das als Theologe? Gar nicht. Aber er reflektiert diese Frage und sagt, dass es Verhältnisse wie die NS-Diktatur gibt, in denen wir Menschen so oder so schuldig werden. Ob der Mensch den Widerstand wählt oder nicht, beides ist schuldbehaftet. Die eine Haltung durch die Unterlassung von Widerstand, die andere beispielsweise durch Gewalt. Das fünfte Gebot «Du sollst nicht töten» gilt für den Tyrannenmord nicht? Doch, für Bonhoeffer gilt es wohl ohne Ausnahme. Aber es gibt Situationen, in denen sich der Christ verpflichtet fühlt, diesem Gebot zuwiderzuhandeln. Dann nämlich, wenn er einen kon kreten Ruf Gottes hört. Weil der Christ von der Vergebung lebt, hat er den Mut, schuldig zu werden. Ist Bonhoeffer für Sie ein Märtyrer? Ich bin vorsichtig mit dieser Begrifflichkeit. Bonhoeffer und seine Biografie sind vielschichtig. Er ist mit seinem Engagement zweifellos ein Vorbild, das uns heute Lebenden kritisch befragt. Daneben hat er konservative Züge, etwa im Staatsverständnis und der Geschlechterhierarchie, die sehr zeitbedingt sind. ■ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 3 THEMA legt. Noch den letzten zerschmetterten Verletzten haben Uniformierte aus dem Bett des Schweizer Spitals von Urfa gezerrt, um ihn zu töten. Die beschönigenden Propagandalügen von Bevölkerungsaustausch oder der immer wieder angeführten armenischen Kollaboration mit den Russen dementierte Künzler. Dank seiner Berichte wird die abstrakte Zahl von 1,5 Millionen Toten konkret. 1,5 Millionen Tote für die Homogenisierung der bis dahin multiethnischen und multireligiösen Türkei – das war das Völkermord-Programm der jungtürkischen Regierung. Ausschnitt vom Bücherregal des Armenierpfarrers Shnork Tchekidjian: Die Gegenstände machen die Verwurzelung der Armenier in ihrer Tradition sichtbar. Armenische Tragödie immer noch im Kopf Zum Genozid an den Armeniern vor 100 Jahren Text: reformiert. Nr. 1.2, Zürich, Delf Bucher | Fotos: Martin Guggisberg 1,5 Millionen ermordete Armenier – das ist die Zahl des ersten staatlich organisierten Massenmords vor 100 Jahren. Eine Ziffer, die die offizielle Türkei bestreitet, eine Zahl des Schreckens, die für die hier porträtierten Personen eine besondere Bedeutung hat. Im Palast des Wali, des Präfekten von Aleppo, im Jahr 1915: Der osmanische Staatsdiener braust auf, schreit seinen armenischen Leibarzt an: «Ungläubige wie dich wollen wir nicht mehr auf dem heiligen Boden unseres Osmanischen Reiches. Morgen werden dich meine Soldaten holen!» Der inszenierte Wutausbruch des Präfekten ist eine versteckte Lebensrettung. Denn zuvor ereilte den Wali der Regierungsbefehl, die christlichen Armenier zum Hungermarsch in die Wüste zu deportieren. DER RETTER Diese Geschichte hat sich tief in das Familiengedächtnis der Familie Ziegler aus Uitikon eingegraFelix Ziegler ben. Felix Ziegler hat über seine armenische Frau Ani davon erfahren, die Enkelin des armenischen Leibarztes. Felix Ziegler fabuliert wie ein orientalischer Erzähler. Er erzählt gerne Geschichten mit 4 AUSGABE 4/2015 appy End. Aber Hunderttausende armenische H Geschichten fanden keinen glücklichen Ausgang. Das weiss kaum ein Schweizer besser als er. 1968 brach Ziegler in den Libanon auf. Er leitete dort bei Beirut die Behindertenschulen und die Heime für armenische Blinde und Alte, die ursprünglich vom Schweizer Missionar und Laienarzt Jakob Künzler und seiner Frau Elisabeth begründet wurden. Dort begegnete er den mittlerweile alt gewordenen Armenierwaisen, in denen sich immer wieder der Albtraum des Genozids von 1915 und 1916 mit seinen grausamen Massakern und Todesmärschen hochdrängte. Die ersten sieben Jahre im Zedernstaat verliefen für den gelernten Primarlehrer ruhig. Dann brach der Bürgerkrieg zwischen muslimischen, palästinensischen und linken Kräften und christlichen Gruppen aus. Die neutral gebliebenen Armenier standen zwischen allen Fronten. Ziegler vermittelte, half dem IKRK bei der Evakuierung verwundeter Palästinenser oder belagerter Christen bei der Versorgung mit Lebensmitteln. Die Blinden und Betagten evakuierte er in die Libanonberge, die Taubenschule ins damals sichere Syrien. EXKURS THEMA MITTEN IM ORKAN DES VÖLKERMORDS 1915/16 WURDE JAKOB KÜNZLER ZU EINEM DER WENIGEN UNPARTEIISCHEN ZEITZEUGEN. Wie Künzler in den Zeiten des Genozids hielt auch Felix Ziegler mitten im Bürgerkrieg die Stellung. Sicher half ihm dabei etwas, das er mit Künzler teilte: der Glaube. Für seine christlich-pazifistischen Prinzipien war er 1968 in der Schweiz als Dienstverweigerer ins Gefängnis gekommen und hatte sich damit die Möglichkeit verbaut, seine Karriere als Lehrer fortzusetzen. Das hatte den Ausschlag gegeben, in den Libanon zu gehen. DER ARMENIENVATER Auch Künzler vermittelte, bugsierte 8000 Waisen durch die Türkei in den sicheren Hafen von Beirut. Aber er sah auch viele während des Völkermords in den Tod gehen. Künzler ist oft verzweifelten Frauen begegnet. «Als ich einmal mit Brot erschien, riefen mir die Frauen zu: ‹Brot bringst du uns? Uns, den Kindern des Todes? Nein, bringe nicht Brot, aber Gift, viel Gift.›», schrieb er einmal über Frauen, die kurz davor standen, den todbringenden Hungermarsch anzutreten. Mitten im Orkan des Völkermords wurde Jakob Künzler zu einem der wenigen unparteiischen Zeitzeugen. Mit «Plan und Wille», sollte er später schreiben, vollzog sich die behördlich organisierte Vernichtungspolitik. Die in der Türkei beliebte These, ein undiszipliniertes Marodieren aufgebrachter Menschen habe das «Massaker» ausgelöst, wird durch seine Aufzeichnung wider- Heute will Felix Ziegler den Völkermord im Bewusstsein der Schweizer Bevölkerung ver ankern. Mittlerweile pensioniert, hilft das Vorstandsmitglied der Gesellschaft Schweiz-Arme nien mit, den Gedenkanlass im Berner Münster am 24. April zu organisieren. Das Datum steht für die Ermordung von über 200 Intellektuellen in Istanbul und für den Anfang des Mordens. Ziegler, der moderne «Armenierfreund», engagiert sich auch bei der armenischen Kirche, die der verstreuten armenischen Diaspora von rund 6000 Armenischstämmigen in der Deutschschweiz eine spirituelle Heimat bieten will. DER WANDERPREDIGER Ihr Pfarrer, Shnork Tchekidjian, ist ein Wanderprediger, der in katholischen und reformierten Gotteshäusern zwischen Kreuzlingen, Dübendorf und Baden Gastrecht erhält, um mit seinen Gemeindegliedern Messe zu feiern. «Eine Kirche ohne Kirche, aber mit Gott», sagt der Pfarrer in seinem kleinen Büro in Opfikon. Hier in dem kleinen Raum drängt sich buchstäblich ganz Armenien zu einer Welt im Kleinen zusammen. In den Regalen reihen sich berühmte Steinkirchen en miniature auf, finden sich Fotos von armenischen Grabstelen, vom heiligen Berg der Armenier, dem Ararat, oder auch ein Fähnchen Armeniens. In die ehemalige Sowjetrepublik hat es viele der Überlebenden nach dem Genozid verschlagen. Auch die zahlreichen armenischen Bücher künden davon, dass hier der spirituelle Shnork Tchekidjian Botschafter der Deutschschweiz seinen bescheidenen Sitz hat. Die beengten Verhältnisse offenbaren die finanziell prekäre Lage, wie auch den Willen, Kultur und Religion der Armenier ins 21. Jahrhundert zu retten. Eines ist Tchekidjian besonders wichtig: Auch in der vierten Generation soll die Sprache erhalten werden. Trotz seiner weit verzettelten seelsorgerischen Aufgaben will er noch den Sprachunterricht für die Jungen initiieren. «Die Sprache zu erhalten, das ist sehr wichtig. Die Sprache verkörpert den Charakter unseres Volkes, un serer Kultur», sagt er. Aber eine Sprache müsse gesprochen werden. Einmal die Woche Armenisch-Unterricht, das sei nicht genug. DIE NACHGEBORENE Die 27-jährige Eugénie Renold spricht Armenisch. Die junge Frau hat sich schon lange mit ihrer Vergangenheit auseinandergesetzt, spürt ihrer Herkunft nach. Die Studentin des Fachs Populäre Kulturen widmete auch ihre Bachelorarbeit der Erinnerungskultur. Dafür studierte sie nicht nur eine ansehnliche Liste theoretischer Literatur, sondern baute eines Tages vor der Grossmutter das Aufnahmegerät auf. Lange hatte ihre Grossmutter von sich aus immer einen Bogen um das Thema gemacht. «Sie wollte uns mit ihren tragischen Erinnerungen nicht belasten.» Nun aber entwickelte die Grossmutter bei der Befragung ein erstaunliches Gedächtnis für das, was ihre Mutter über die blutige Zeit von 1915 und 1916 erzählt hatte. Detailreich schilderte sie, wie ihre verwaiste Mutter mit deren Grossmutter 1916 unter glückliEugénie Renold chen Umständen auf ein Boot gelotst wurde und bei bewegter See auf dem Schwarzen Meer nach Istanbul gelangte. Hier lebte die dezimierte Familie in einem Zelt. Dank einem Schneider aus ihrem Heimatdorf, der mit dem Übertritt zum Islam seinen Kopf rettete und ein Schneidergeschäft in Istanbul betrieb, konnte die Familie überleben. 1956, nach einer Gewaltorgie gegen die Armenier in Istanbul, ist die Grossmutter in die Schweiz gekommen. Zuerst musste sie mit ihrem Mann in einem fremden Land eine wirtschaftliche Basis legen. Für eine tiefer gehende Auseinandersetzung war da wenig Raum vorhanden. «Vielleicht ist es ganz typisch: Erst wir Nachgeborenen, die heute ein sicheres Fundament haben, können uns mit der belastenden Vergangenheit ausei nandersetzen», sagt Renold. DIE TRAUMAFORSCHERIN Aber rein privat ist Eugénie Renolds Interesse an der armenischen Tragödie keineswegs. «Das Geschichtstrauma schwingt mit, egal ob ich meine Cousins in Paris oder New York treffe: Es ist bei allen spürbar.» Am wichtigsten, um das Trauma verarbeiten zu können, wäre eben eines: die interna tionale Anerkennung des Traumas. «Im Gegensatz zum Holocaust, der anerkannt, wahrgenommen und somit verarbeitet wurde, konnten wir Armenier unser Trauma noch nicht verarbeiten.» ■ Am 7. Mai 2015 spricht in Hundwil AR zum Thema des Genozids an den Armeniern Prof. Dr. HansLukas Kieser, Zürich, Professor für Geschichte der Neuzeit, insbesondere der osmanischen Welt. Der Armeniervater Jakob Künzler Text: Jakob Künzler | Foto: www.aga-online.org Jakob Künzler mit Ehefrau Elisabeth Jakob Künzler (1871–1949) arbeitete von 1899 bis 1922 als Krankenpfleger in einem Missionsspital in der osmanischen Stadt Urfa (heutige Südosttürkei). Dort verfasste er das Buch «Im Land des Blutes und der Tränen», das 1921 erschien. Es ist einer der wichtigsten neutralen Augenzeugenberichte der armenischen Tragödie im Ersten Weltkrieg. Hier ein Auszug aus dem Buch. NICHT ALLE WAREN UNBARMHERZIG «Viele Armenier der Stadt hatten Freunde unter den Muhammedanern. Letztere waren nicht alle so unbarmherzig, dass sie sich mit dem gleichen unglaublichen Zynismus der Regierung an der Vertilgung des Volkes beteiligt hätten. Es verschwanden denn auch aus den Deportiertenlagern täglich armenische Frauen und Kinder, die nicht getötet wurden. Sie fanden Unterschlupf bei solchen menschlich gesinnten moslemischen Freunden. Der Regierung, welche von dieser Art Flucht wusste, schien schliesslich auf diese Weise noch zuviel von dem armenischen Volk übrig zu bleiben, weshalb sie schliesslich bekannt gab, dass jeder, der Armenier aufnehme, Gefahr laufe, ebenfalls deportiert zu werden. Auch der Oberrichter der Stadt wurde vom Kriegsgericht aufgefordert, die bei ihm vorhandenen armenischen Christen herauszugeben. Dieser Mann war im Juli 1915 von Erzingjan nach Urfa strafversetzt worden, weil er dort gegen die Ausweisung der Armenier protestiert hatte. In Urfa präsidierte er in jenen Unglückstagen eine Versammlung, in der Stellung gegen die Armeniergreuel genommen wurde. In seinem Hause hatte er einer Anzahl Armenierinnen Aufnahme gewährt. Der General liess ihn nach dieser Versammlung zu sich rufen … Dessen ungeachtet hatte er nach wenigen Tagen wieder Flüchtlinge in sein Haus aufgenommen.» ■ Aus Jakob Künzler: «Im Land des Blutes und der Tränen». Erlebnisse in Mesopotamien während des Weltkrieges (1914–1918). Chronos Verlag, Zürich, 1999, Fr. 20.– Armenische Goldarbeit: «Sei getreu bis in den Tod, und ich werde dir die Krone des Lebens geben.» Apk. 2, 10b WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 5 THEMA «Wir wollen wieder zurück!» Interview mit Ignatius Ephrem II., Oberhaupt der syrisch-orthodoxen Kirche Text: reformiert. Nr. 1.2, Zürich, Delf Bucher | Foto: wikimedia.org Christliche Minderheiten sind im Orient unter Druck: Ignatius Ephrem II., Oberhaupt der syrisch-orthodoxen Kirche, ist dennoch optimistisch, dass die Christen in ihren Herkunftsländern verwurzelt bleiben. Ihre Familie ist während des Völkermords an Aramäern und Armeniern aus der Türkei geflohen. Hat Sie dies als Kind beschäftigt? Die Vertreibung war täglich ein Gesprächsthema. Ich kann mich gut erinnern, wie die Älteren im Innenhof der Kirche gesessen sind und von den verlassenen Dörfern erzählten, von der Verfol gung und von den Massakrierten. Die Aramäer bleiben als Opfer des Völkermords oft unerwähnt. Ein Ärgernis? Die Verknüpfung des Völkermords mit den Arme niern folgt einer gewissen Logik. Mit 1,5 Millionen Toten sind die Armenier die Hauptbetroffenen. Bei den Aramäern geht man von 500 000 Toten aus. An das tragische Morden wollen wir 2015 vielerorts gemeinsam erinnern. Die Türken wollen den Begriff Genozid nicht akzeptieren. Ein Skandal? Die Türkei täte gut daran, ihre eigene Geschichte nicht zu verdrängen. Aber die Türken klammern sich an Ausflüchte, sehen das Morden als Folge eines Bürgerkriegs. Bis heute haben die Christen in der Türkei nicht die vollständige Freiheit bei der Religionsausübung. Welche Erwartungen haben Sie an den nicht mehr so christlichen Westen? Ich bin drei Mal in die kurdische Region des Nordiraks gereist. 200 000 Flüchtlinge aus Mossul leben dort zusammengepfercht auf engstem Raum. Sie brauchen dringend Nothilfe. Auf lange Sicht hoffen wir, dass die Flüchtlinge in eine Schutzzone mit autonomer Selbstverwaltung zu rückkehren können. Das ist schwierig, weil weder der irakische Staat noch die kurdische Autono miebehörde stark genug sind, um die Menschen zu schützen. Die rückkehrenden Flüchtlinge müssten deshalb bewaffnete Selbstschutzkräfte aufstellen dürfen. Also Waffen für Christen und Jesiden? Ich bin kein Spezialist für Militärisches. Aber eines ist unumgänglich: Selbstverteidigung. Dann kehren die Menschen in ihre angestammte Heimat zurück. Sie hoffen, dass es in Zukunft Christen im Nordirak geben wird? Ich habe von so viel Flüchtlingen bei meinen Besuchen gehört: «Wir wollen wieder zurück!» Der Wille der Menschen ist ungebrochen, ihre alte Heimat nicht aufzugeben. ■ IGNATIUS EPHREM II., 49 Ignatius Ephrem II. steht der syrisch-ortho doxen Kirche mit weltweit fünf Millionen Mitgliedern vor. Sie gehört zu einer der ältesten christlichen Kirchen der Welt. Das Wörtchen «syrisch» leitet sich von assy risch ab. Vor seiner Wahl zum Patriarchen 2014 war er 18 Jahre Erzbischof in den USA. Dort leben mehr syrisch-orthodoxe Chris ten als in der Türkei, Syrien und Irak zu sammen. Im Dezember 2014 besuchte der Patriarch aus Damaskus die Schweiz mit einer Diaspora von 6000 Aramäern. Die syrische Kirche der Ostschweiz präsentierte ihre geistlichen Gesänge Text und Foto: as Der Westen wagt es nur halbherzig, die Türkei als Nato-Partner an ihre historische Verantwortung zu erinnern. Auch im Irak haben sich die USA lange nicht um die orientalischen Christen gekümmert. Wenig christliche Solidarität also. Wir wollen nicht, dass die westlichen Staaten kommen, um uns Christen zu beschützen. Aber in Wahrheit kümmert sich die westliche Politik we der um Muslime noch Christen, sondern ist vor allem im Nahen Osten an einem interessiert: dem ungehinderten Zugang zum Öl. Für mich stellt sich aber auch die Frage: Ist der Westen über haupt noch christlich? Anfang März hat Dr. Abrahim Lahdo in der voll besetzten St.Galler Kirche St.Mangen die Gesänge der syrischen Liturgie erklärt. Vorgetragen wurden die Lieder von Pfarrer Georg Isik, Wil, und dem Frauenchor Amriswil. Von den 6000 Aramäern in der Schweiz leben vie le in der Ostschweiz. Sie stammen grösstenteils aus der Osttürkei, wo sie im Kampf der Türkei gegen die kurdische PKK zwischen die Fronten gerieten und ihr Land verlassen mussten. Viele von ihnen kamen zum Anlass in St.Gallen, an dem ihre urchristliche Kultur einem interes sierten Schweizer Publikum präsentiert wurde. Referent Lahdo erinnerte auch daran, wie in Sy rien diesem Erbe erneut die Vernichtung droht. ■ Gilt das auch für die USA, wo Sie lange als Geistlicher gewirkt haben? Sicher gehen die Amerikaner mehr zur Kirche als die Europäer. Sie haben durchaus fromme Politi ker. Je weiter man nach oben zum Kapitolhügel kommt, desto weniger spielt das Christliche eine Rolle. Sie waren mit Religionsführern der orientalischen Christen vor Kurzem bei Präsident Obama. Hat er Ihnen kein Gehör geschenkt? Oh doch! Obama ist ein aufmerksamer Zuhörer. Aber mehr auch nicht. 6 AUSGABE 4/2015 8. März, Kirche St.Mangen, St.Gallen: Pfarrer Georg Isik aus Wil singt in Aramäisch Gesänge aus der syrischen Liturgie. FOKUS Urs Noser, Kirchenrat und Diakon in Altstätten, erläutert den Mitarbeitenden aus den Kirchgemeinden die vier Säulen der geistlichen Begleitung von Kindern und Jugendlichen. Das Licht nicht unter den Scheffel stellen Zur Jahreskonferenz Geistliche Begleitung 2015 Interview und Fotos: Andreas Schwendener Über 100 Mitarbeitende aus den Kirchgemeinden im Kanton besuchten am Samstag, 28. Februar, die Jahreskonferenz «Geistliche Begleitung von Kindern und Jugendlichen» in den Räumen der Fachhochschule St.Gallen. Ab 8.30 Uhr nimmt der Lärmpegel beim Begrüssungskaffee im Foyer zu, es entstehen Gespräche über die eigene Kirchgemeinde hinaus. GEMEINSAM UNTERWEGS Um 9 Uhr startet die Tageskonferenz im Plenum. Michael Giger von der «Arbeitsstelle Jugend und Geistliche Begleitung» kann über 100 kirchliche Mitarbeitende begrüssen. Kirchenrat Urs Noser, Diakon in Altstätten, erinnert an die vier Säulen des Konzepts zur «Geistlichen Begleitung». Es gehe jetzt darum, dieses Konzept als Ganzes zu denken und zu leben, es als Gemeindebaukonzept umzusetzen, sodass alle Kinder und Jugendlichen durch Feiern, durch Bildung, durch glaubwürdige Begleitung und die Erlebnisse in Frei Jugendliche erzählen von ihren Erfahrungen mit Kirche. Roundabout, ein Streetdance-Netzwerk für Mädchen. zeiten mit der Frohen Botschaft in Kontakt kommen. Durch verstärkten Dialog sollen die verschiedenen Gefässe von der Sonntagsschule über «Fire mit de Chline», den Religionsunterricht oder die Jugendgruppe aufeinander abgestimmt werden. So könne erlebbar werden, wie die Kirchgemeinde als Gemeinschaft unterwegs ist, um möglichst vielseitig den Bezug zur geistlichen Dimension zu pflegen. VON DER ERKENNTNIS ZUR ESSENZ Die Jahreskonferenz Geistliche Begleitung wird von mehreren Arbeitsstellen der Kantonalkirche getragen. Deren Know-how kommt in der Gruppenarbeit zum Tragen. Praktische Übungen helfen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Es wird erlebbar, wie wichtig in der Gemeinde die Koordination und die Zusammenarbeit sind. Man tauscht die Erkenntnisse aus und versucht Einsichten prägnant zu formulieren. – Aber finden wir Worte, die alle verstehen und die gegen aussen kommuniziert werden können? Die Angebote für Kinder und Jugendliche sollen lässig und lustvoll sein. Aber müssen wir in der Kirche nicht eher von Lebensfreude sprechen, da der blosse Spass sich schnell totlaufen kann? Und woher nährt sich die Lebensfreude? Was ist das passende Wort für den «geistlichen Input»? Sollen wir es Glaube nennen oder eher von Lebenssinn sprechen? – Interessiert hören sich dann alle an, wie jede Gruppe ihre Erkenntnis zur Essenz formuliert. VON DER BEDEUTUNG DER VORBILDER Wieder im Plenum reflektiert eine Mutter die geistliche Begleitung ihrer Kinder, ein Vater erzählt, wie er inzwischen selber die Erlebnisprogramme seiner Kirchgemeinde koordiniert, und eine Mitarbeitende zeigt auf, wie sie über das «Singen mit Kindern» im Leben der Kirch gemeinde ihren Platz gefunden hat. Auch drei Jugendliche berichten, wie sie mit den Angeboten ihrer Kirchgemeinde in Berührung gekommen sind und wie der Wunsch geweckt wurde, sich selber einzubringen. Alle drei haben den von der Arbeitsstelle Junge Erwachsene ange botenen Kurs «first steps» besucht. Feiern, Bilden, Begleiten, Erleben Angestossen durch ein Postulat zur Wiedereinführung des Besuchsobligatoriums für Jugendgottesdienste, verabschiedete die Synode der St.Galler Kantonalkirche im Jahr 2010 ein umfassendes Konzept zur «geistlichen Begleitung von Kindern und Jugendlichen». Es beruht auf den vier Säulen «Feiern, Bilden, Begleiten, Erleben», welche die Angebote verschiedener Akteure in der Gemeinde prägen und verbinden sollten. Die Kirchgemeinden wurden aufgefordert, eigene Konzepte zu erstellen, wie sie Kinder und Jugendliche bis hin zum jungen Erwachsenenalter künftig begleiten wollen. Die Umsetzung soll «als mehrjähriger Prozess» verstanden werden. ■ Am Nachmittag werden sechs Workshops angeboten. In einem wird gefragt, was in der eigenen Biografie Auslöser war, sich in der Kirche zu engagieren. So will man dem Klima, dem Milieu auf die Spur kommen, das Kindern und Jugendlichen den Weg zum Glauben eröffnen kann. Vieles läuft über persönliche Kontakte, über Vorbilder. Wie kann Kirche «entstaubt» werden, wie wird sie verständlich, nimmt Zweifel ernst und wie kann sie kompetent erlebt werden, Sinnzusammenhänge aufzuzeigen oder überzeugend sozial engagiert sein? Bietet sie eine Spielwiese an, wo eigene Fähigkeiten sich entfalten können? Wie wird sie zu einem Ort von Visionen oder der eigenen Berufung? – In der Auswertung wird klar, dass jeder und jede in der Kirchgemeinde Vorbild sein kann, auch einfach durch die positiven Erfahrungen und die Anteilnahme. Oft werden die Wirkungen erst viel später sichtbar. Wie Jesus sagte, sollen wir das eigene Licht nicht unter den Scheffel stellen. Die Tagung schliesst im Plenum mit improvisiertem Theater der Gruppe Titanic. Kirchenrat Urs Noser wünscht allen neue Impulse, um Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu einem mündigen Christentum begleiten zu können. ■ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 7 PANORAMA GEMEINDEN BeneWohnen eröffnet neue Perspektiven Text: pd Das Pilotprojekt «BeneWohnen» vernetzt junge Studierende auf der Suche nach güns tigem Wohnraum mit älteren Personen, die ihren leer stehenden Wohnraum gegen zeit liches Engagement zur Verfügung stellen möchten. Leere Zimmer sind kein schöner Anblick – eine Wohngemeinschaft kann neue Perspektiven eröffnen. Das Projekt «BeneWohnen» von Benevol St.Gallen, den drei St.Galler Hochschulen (Universität, Fachhochschule, Pädagogische Hochschule St.Gallen) und der Stadt St.Gallen geht für die Vermietung von Wohnräumen neue Wege. Wer bei sich zu Hause ein ungenutztes Zimmer zur Verfügung hat, kann dieses gegen eine Zeitgutschrift bei der Zeitbörse Benevol den Studierenden der drei St.Galler Hochschulen zur Verfügung stellen. Mit dem Pilotprojekt, das vorläufig auf die Stadt St.Gallen begrenzt ist, soll einerseits Zugang zu günstigem Wohnraum geschaffen und andererseits das gesellschaftliche Zusammenleben unter den Generationen gefördert werden. Die Miete in Form von Stunden richtet sich nach der Quadratmeterzahl des Zimmers. Besteht ein Zimmer zum Beispiel aus zwölf Quadratmetern, so hat die Logis nehmende Person jeden Monat zwölf Stunden innerhalb der Zeitbörse Benevol zu leisten. Dies kann in Form von Gartenpflege, Erledigung des Einkaufs, Unterstützung mit neuen technischen oder elektronischen Geräten und ähnlichen Dienstleistungen geschehen. Der Stundentausch erfolgt entweder zwischen der Logis gebenden und der Logis nehmenden Person direkt oder auch via Dienstleistungen, die von oder für andere Mitglieder der Zeitbörse erbracht werden. ■ Weitere Auskünfte bei Benevol St.Gallen unter: Telefon 071 227 07 61 / Mail [email protected] oder www.benevol-sg.ch/zeitboerse Projekte für Zwingli-Preis 2015 gesucht Text: kid | Foto: Gemeindeseite Seit 2009 war Birke Horváth-Müller Pfarrerin der Bündner Südtäler Misox und Calancatal. Wegen der Liebe zog die Norddeutsche auf die Alpensüdseite. Nun zieht es sie wieder ein bisschen nordwärts. Seit wenigen Monaten führt sie das Pfarramt Halden der St.Galler Kirchgemeinde Tablat. Vor allem die Ökumene sowie die vielen verschiedenen Arbeitsbereiche, die eine grosse Gemeinde mit sich bringe, reizten sie an der neuen Aufgabe. ■ 8 AUSGABE 4/2015 PANORAMA KANTON Alfred Jäger, 1941–2015 Text: Frank Jehle | Foto: Hochschule Bethel Text: pd Der Schweizerische Protestantische Volks bund (SPV) feiert dieses Jahr sein 90-jäh riges Bestehen. Aus diesem Grund stiftet der SPV erstmals den «Zwingli-Preis» von Fr. 1000.– für kirchliche Innovation. Den «Zwingli-Preis» verleiht der SPV an Projekte und Initiativen innerhalb der reformierten Kirchen in der Deutschschweiz, welche einen besonderen Beitrag zur Aktualisierung der Botschaft des Evangeliums leisten. Der SPV möchte so In der Nacht vom 1. auf den 2. März starb in St.Gallen unerwartet der Theologe Alfred Jäger im Alter von gut 73 Jahren. Bemühungen für eine lebendige und zeitgemässe Landeskirche unterstützen. Die Verleihung des Preises geschieht im Gottesdienst der Empfänger-Gemeinde am oder um den Reformationssonntag. Bewerbungen für den «Zwingli-Preis» sind mit einer kurzen Beschreibung des Projekts bis 30. Juni einzureichen an: Vorstand SPV, Pfr. Richard Kölliker, Meisenweg 15, 8200 Schaffhausen. Der Vorstand wählt ein geeignetes Projekt aus. Weitere Informationen auf www.spv-online.ch. ■ Seine erste Pfarrstelle war Wolfhalden AR , wo er teilweise neue Wege in der Seelsorge beschritt. Unvergessen bleiben die von ihm initiierten «weltlichen» Gottesdienste im Gasthaus Krone. Auch das bis heute gültige Konzept der Zeitschrift «Magnet», des appenzellischen Kirchenboten, wurde von ihm entwickelt. Sennwalder Maria Text und Foto: Pfarrer Helmut Heck, Sax Tatsächlich – diese kleine Statue aus der reformierten Kirche Sennwald mit Maria und dem Leichnam des Gekreuzigten stellt das Verständnis des Glaubens auf den Kopf. Solche Darstellungen kamen etwa nach dem Jahr 1330 auf. Bis dahin zeigte man Jesus als mächtigen Herrscher. Jeder trägt sein Kreuz, teilweise helfen wir einander, es zu tragen: «Kreuzweg» in St.Gallen im Jahr 2011. Kreuzwege der Gegenwart Text und Foto: as Jetzt ist Maria dargestellt in stummer Trauer. Sie hält ihren toten Erstgeborenen und beweint ihn. Er hat sich den Menschen ausgeliefert, die ihn gekreuzigt haben, er hat die Rolle des allmächtigen Herrschers verlassen. Für das Heil der Menschen hat er sein Leben gegeben. Die südamerikanische Befreiungstheologie hat die im Mittelalter aufgekommene Kreuz wegtradition mit Leidensstationen der heu tigen Menschen verbunden. In dieser Art aktualisierte, ökumenische Kreuzwege gibt es am Karfreitag, 3. April, auch in St.Gallen und in Rapperswil-Jona. Dieses Bild fordert nicht Unterwerfung, fordert nicht Gehorsam oder Beachtung der Gebote. Es ruft auf zu Anteilnahme, zu Mitleid. Wir als Gläubige sollen bedenken, was Jesus für uns getan hat – und uns davon bewegen lassen zu Barmherzigkeit und guten Taten. ■ 40 Tage ohne Text: Rael Forster | Foto: www.junge-erwachsene.ch «SÜSSE BESCHRÄNKUNGEN BRINGEN HEIL» – AUS DEM BUCH DER WANDLUNGEN St.Gallen Tablat: Neue Pfarrerin PANORAMA KANTON Auch heuer sind Süsses, Naschereien und Knabbern wieder ganz vorne mit dabei, wenn es um den Verzicht bei den «40 Tage ohne»-Teilnehmenden geht. Dieses Jahr haben knapp 150 junge Erwachsene am ökumenischen Projekt vom Netzwerk Junge Erwachsene teilgenommen und sich Szene aus dem prämierten Film von Nadia Studer Die Kreuzwegtradition ist im Mittelalter in Jerusalem entstanden. Man wollte den Weg Jesu vom Abendmahlssaal zur Hinrichtungsstätte nachvollziehen. An 14 Stationen wurden die Abschnitte des Leidensweges vertieft. Bald verbreitete sich diese Tradition in der Christenheit. In vielen katholischen Kirchen finden sich bildliche Darstellungen der 14 Kreuzwegstationen. im Verzicht geübt und gestärkt. Die Verzichts ideen reichen vom «Fifa 15»-Gamen bis hin zum Nörgeln am Mitmenschen und bescheren so der kargen Fastenzeit eine bunte Mischung. NEUE WERBEFILME Das Organisationsteam freute sich dieses Jahr besonders über eine grosse Medienpräsenz. Dies ist sicher auch auf die Werbefilme zurückzuführen. Die Grafikklasse im dritten Lehrjahr an der Schule für Gestaltung St.Gallen hatte das Projektthema aufgegriffen und ihrer Kreativität und ihrem Ideenreichtum freien Lauf gelassen. Die besten drei Filme wurden von einer Jury ausgewählt und in den Regio-Bussen ausgestrahlt. Siegerin Nadia Studer wurde speziell geehrt und durfte sich über einen Preis freuen. Die Filme sind zu finden unter www.40-tage-ohne.ch! Die Organisatoren können die «40 Tage ohne» an Ostern abschliessen. Man freut sich bereits auf viele Teilnehmende im nächsten Jahr. ■ DIE NOT RELIGIÖS DEUTEN In Lateinamerika begannen Priester in den 70er-Jahren damit, diese Tradition neu zu interpretieren. An den einzelnen Kreuzwegprozessionen gedachten sie nicht nur des vergangenen Leidens Jesu, sondern auch des aktuellen Leidens des Volkes. Diese Prozessionen dauerten oft einige Stunden und führten über weite Strecken. Die Stationen befanden sich jeweils an Orten, an denen Unrecht geschah, Gewalt ausgeübt oder Verbrechen begangen wurden. Mit diesen Prozessionen wurden diese Begebenheiten öffentlich, von einem individuellen in einen kollektiven Rahmen gestellt und von einem politischen zu einem religiösen Horizont ausgeweitet. Vor 25 Jahren kam diese Tradition auch in Schweizer Städte. Ziel der «Kreuzwege der Gegenwart» ist es, am Karfreitag das Leiden, das hier und heute geschieht, ohne Anklage wahrzunehmen. Die Hoffnung auf die Auferstehungskraft von Ostern, auf Erneuerung und Veränderung, kann dabei konkret erlebt werden. SECHS STATIONEN IN ST.GALLEN In St.Gallen laden zum Kreuzweg die drei städtischen Kirchgemeinden, die Methodistische Kirche, die Griechisch- und die Serbisch-orthodoxe Kirche sowie Organisationen der Jugendarbeit ein. Die Teilnehmenden besammeln sich um 12 Uhr vor der Kirche St.Fiden (Greithstrasse 7b). Schweigend ziehen sie dann mit einem Kreuz in die Innenstadt und halten an sechs Leidensstationen inne. Beim Jüdischen Friedhof wird der «Instrumentalisierung von Religionen» gedacht, beim Romerhaus werden «Jugendliche unter Druck» zum Thema, bei der Geriatrie die «Demenz», vor der Linsebühlkirche das «Leiden im eigenen Leben», bei der Gassenküche die «Entsolidarisierung» und bei der Heilsarmee die «Obdachlosigkeit». In den Räumen der Heilsarmee, Harfenberg strasse 5, findet der Kreuzweg um 13.30 Uhr mit Taizé-Liedern seinen Abschluss. «KREUZ & QUER» IN RAPPERSWIL Der diesjährige ökumenische Kreuzweg in Rapperswil führt von der reformierten Kirche Jona ins reformierte Kirchgemeindehaus Rapperswil. Er ist geprägt vom Leitthema «kreuz & quer» und führt zum Friedhof Jona, über Grünfels zum Kunstzeughaus und über den Fischmarktplatz zum Kirchgemeindehaus. Es sprechen an verschiedenen Stationen Stadtrat Thomas Furrer, Kivo-Präsident Peter Bossardt und Kapuzinermönch Adrian Müller. Geleitet wird der Kreuzweg vom katholischen Diakon Urs Bernhardsgrütter und dem reformierten Pfarrer Cyril Schmitt. Auf 14 Uhr wird in Rapperswil zum Suppenzmittag eingeladen. ■ Ab 1975 war er Studentenpfarrer an der HSG, eine Zeit lang auch Religionslehrer an der neu gegründeten Kantonsschule Heerbrugg sowie der erste Leiter des Katecheteninstituts der Kantonalkirche. Auch in St.Gallen beschritt er neue Wege, etwa indem er zusammen mit seinem katholischen Kollegen Richard Thalmann den bis heute bestehenden ökumenischen Universitätsgottesdienst ins Leben rief. Gemeinsam luden Thalmann und Jäger auch weltweit führende Theologen wie Karl Rahner, Johann Baptist Metz, Jürgen Moltmann und Eberhard Jüngel zu Grossveranstaltungen in der Aula der HSG ein. KIRCHE UND MANAGEMENT Ab Herbst 1981 wirkte Jäger als ordentlicher Professor für Systematische Theologie an der Kirchlichen Hochschule Bethel in Bielefeld. In seiner Zeit an der HSG hatte er sich intensiv in die Wirtschaftswissenschaften eingelesen. Von ihm war auch der erste Anstoss zur Einrichtung eines Lehrstuhls für Wirtschaftsethik ausgegangen. Besonders beeindruckte ihn das Lebenswerk des an der HSG wirkenden Hans Ulrich (1919–1997), des Vaters des St.Galler Management-Modells. In Bethel dozierte Jäger deshalb nicht nur über die traditionellen theologischen Themen, sondern er adressierte sich an die Kirchenleitungen, um ihnen klarzumachen, dass die heutige Managementlehre auch in der Kirche angewendet werden müsse. In zahllosen Vorträgen, Kursen und Publikationen entwickelte er einen neuen Typ der Diakoniewissenschaft. «Diakonie als christliches Unternehmen» ist der charakteristische Titel eines seiner Bücher. Besonders auch diakonische Einrichtungen in Osteuropa – von Weissrussland bis nach Ungarn – fragten immer neu um seinen Rat. Nicht ohne Grund verlieh ihm die Theologische Fakultät von Debrecen, der reformierten Hochburg Ungarns, den Ehrendoktor. Unablässig suchte er das Gespräch mit der Philosophie. In seiner Dissertation «Reich ohne Gott» setzte er sich mit dem unorthodoxen Marxisten Ernst Bloch auseinander. Die öffentliche Trauer feier fand am 28. März in der St.Katharinenkirche in St.Gallen statt. ■ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 9 IN KÜRZE PANORAMA SCHWEIZ PANORAMA WELT Evangelikale Organisation führt Musterprozess gegen die Türkei Text: APD | Foto: as «Liesel» im Musical «Das Grab des weissen Mannes» Alain Berset setzt sich für den Dialog der Religionen ein. Vom Schwanken und Zweifeln in fremden Welten Bundesrat Alain Gelungener Auftakt zu «cantars Berset traf den Rat der Religionen 2015» in Basel Text: ref.ch | Foto: Mission 21, Reto Kuhn Zum 200-Jahr-Jubiläum der Basler Mission bringt Mission 21 ein eigenes Musical auf die Bühne: «Das Grab des weissen Mannes». Das Musical macht die Anfänge der Basler Mission an Afrikas Westküste vor 200 Jahren lebendig: Wie die Missionare und ihre Frauen auf die fremde Welt reagierten und wie sie schwankten zwischen Überzeugung und Unsicherheit. Autor und Regisseur Kaspar Hort situierte das Musical in einer schwierigen Zeit in Ghana, als viele Missionare an Tropenkrankheiten starben. Musikalisch verbindet das Musical Bach-Choräle, jamaikanische Populär-Musik und afrikanische Perkussion. Premiere war am 29. März um 18 Uhr in der Kirche Oekolampad in Basel. Weitere Vorstellungen laufen bis Mitte April. ■ Sterbehilfeorganisation Exit «mit nie gekannter Nachfrage» Text: com./ref.ch/as | Foto: pd Text: ref.ch/Mark Wiedmer | Foto: pd Der Bundesrat ist besorgt über die zunehmende Aggressivität gegen Muslime und Juden in Europa. Er teile diesbezüglich die Besorgnis der Religionsgemeinschaften, sagte Innenminister Alain Berset Ende Februar bei einem Treffen mit dem Rat der Religionen in Bern. Mit Veranstaltungen in mehreren Basler Kirchen hat am Samstag, 14. März, das Auftaktfestival zum «cantars kirchenklangfest 2015» stattgefunden. Am Grossanlass zur Kirchenmusik werden bis zum Abschluss am 6./7. Juni in St.Gallen schweizweit zahlreiche weitere Anlässe stattfinden. In der kulturell heterogenen Schweiz sei das friedliche Zusammenleben eine ständige, kollektive Aufgabe, sagte Berset gemäss einer Medienmitteilung des Innendepartements (EDI). Der gesellschaftliche Zusammenhalt sei nicht selbstverständlich. Das Zusammenleben in der Schweiz funktioniere aber gut, weil die Menschen und auch viele Organisationen und Institutionen einen unverzichtbaren Beitrag zum sozialen, kulturellen und religiösen Frieden leisteten. Dass die Schweizer Kirchenkultur attraktiv ist, hat das Auftaktfestival zum ökumenischen «cantars kirchenklangfest 2015» in der milden Basler Frühlingssonne gezeigt. Mehrere Hundert Personen nahmen von Mittag bis am späten Abend an mehr als zwanzig Veranstaltungen teil. Text: ref.ch Im vergangenen Jahr hat die Sterbehilfeorganisation Exit gegen 13 500 Neubeitritte verzeichnet (in der Deutschschweiz). Damit seien die Neueintritte um fast 70 Prozent angestiegen. Dies zeige der Jahresbericht 2014, wie die Organisa tion am 11. März mitteilte. ■ Rosenaktion bringt 800 000 Franken ein Text: ref.ch Die Rosenaktion der Ökumenischen Kampagne hat rund 800 000 Franken eingebracht. Insgesamt haben die Hilfswerke Fastenopfer, Brot für alle und Partner sein schweizweit 160 000 Fair-Trade-Rosen verkauft, wie sie mitteilten. Die Aktion war Teil der Ökumenischen Kampa gne, die in diesem Jahr auf die Folgen der Ernährung für das Weltklima aufmerksam macht. Mit dem Motto «Weniger für uns. Genug für alle» wollen die Hilfswerke zu einem anderen Konsumverhalten anregen. Mit dem Geld sollen unter anderem Bauernfamilien unterstützt werden, die unter den Folgen des Klimawandels leiden. ■ 10 AUSGABE 4/2015 Auftakt zum «cantars kirchenklangfest 2015» in Basel Berset begrüsste das öffentliche Einstehen der christlichen und jüdischen Gemeinschaften sowie der muslimischen Dachverbände für Respekt und gegen Rassismus, wie das EDI weiter mitteilte. Auch für deren Engagement für den interreligiösen Dialog fand er lobende Worte. DIALOG ALS SCHLÜSSEL Dieser Dialog müsse weiter intensiviert werden, und zwar mit allen Religionsgemeinschaften, forderte Berset. Die Antwort auf das wachsende Bedürfnis, sich gegen andere abzugrenzen, könnten nur der kontinuierliche Austausch und die Integration im Alltag sein. Der Schweizerische Rat der Religionen (SCR) mit Sitz in Zürich war 2006 gegründet worden. Er hat zum Ziel, den religiösen Frieden zu fördern und Vertrauen unter den verschiedenen Religionen in der Schweiz zu schaffen. Vorsitzender ist seit 2014 Hisham Maizar, Präsident der Föderation Islamischer Dachorganisationen in der Schweiz. Nach dem Treffen mit Alain Berset referierte Hisham Maizar in St.Gallen über Verbesserungsmöglichkeiten im Dialog zwischen Judentum, Christentum und Islam. Dazu hatte ihn die Christlich-jüdische Arbeitsgemeinschaft St.Gallen / Ostschweiz eingeladen. ■ Mit einem «geistlichen Spektakel» zu Musik unter anderem von J.S. Bach ging es am Mittag im Münster los, gefolgt von verschiedenen Chorkonzerten. Berührend war das Familienkonzert «Himmelwiit» des Musikers Andrew Bond mit dem ökumenischen Kinderchor «ökiko» in der Elisabethenkirche. Die kleinen Knöpfe sangen, dass es nur so eine Freude war, und blieben den Buben der Knabenkantorei Basel, die zuvor im Münster «Perlen geistlicher Chormusik» dargeboten hatten, keinen Ton schuldig. Neben eher traditionellen Formaten gab es auch vedische, buddhistische und sufistische Mantras zum Mitsingen, gespielt von Amit Sharma Bandhavi, Dhrupadsänger und Hindupriester. FEIERLICHER FESTAKT Der Festakt zur Eröffnung des «cantars kirchenklangfests 2015» fand in der christkatholischen Predigerkirche statt. Grussworte überbrachten Bischof Markus Büchel als Präsident der Schweizer Bischofskonferenz und Pfarrer Gottfried Locher als Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds. Der Taizé-Klassiker «Laudate omnes gentes» liess ahnen, welche Kraft in Kirchenklang und Kirchengesang liegen kann, wenn alle Beteiligten aus voller Kehle und mit ganzem Herzen in die vom SEK-Vorsitzenden Locher beschworene «Ökumene des Kirchengesangs» einstimmen. Das «cantars kirchenklangfest 2015» endet am 6./7. Juni in der St.Galler Olmahalle mit den «Christlichen Musiktagen». ■ Programm siehe: www.cantars.org/programm Die Organisation «Alliance Defending Freedom» (ADF) führt beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einen Musterprozess gegen die Türkei, um für christliche Kirchen die Zuerkennung eines öffentlich-rechtlichen Status und die generelle Erlaubnis zum Kirchenbau durchzusetzen. Die in der Türkei gültigen Einschränkungen für christliche Kirchen «widersprechen dem europäi schen Recht», sagte der stellvertretende Leiter des Wiener ADF-Büros, Roger Kiska, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur «Zenit». Seine Organisation habe keine feindlichen Absichten gegen die Türkei, es gehe ausschliesslich darum, den christlichen Kirchen im Land – «das so reich an christlicher Geschichte ist» – das Leben leichter zu machen. Kiska ist ein Spezialist für europäisches Recht und hat das europäische Anwaltsnetzwerk von ADF aufgebaut. Die Alliance Defending Freedom (ADF), mit dem Untertitel «For Faith, for Justice» (Für den Glauben, für die Gerechtigkeit), wurde 1994 in den IN KÜRZE Dänemarks Chefrabbiner: «Das sind keine Nazis, das sind Terroristen» Text: ref.ch/sda Dänemarks Chefrabbiner Jair Melchior hat Aufrufe an die Juden Europas kritisiert, nach den Anschlägen in Kopenhagen und Paris nach Israel auszuwandern. «Wir haben keine Angst», sagte Melchior dem israelischen Rundfunk. Es sei das Ziel von Ter rorismus, den Menschen Angst einzuflössen. «Wir lassen uns nicht von Terroristen dazu zwingen, unser tägliches Leben zu ändern, in Angst zu leben und an andere Orte zu fliehen», sagte Melchior. Juden könnten nach Israel auswandern, weil sie den jüdischen Staat liebten, «aber nicht, weil sie Angst haben, in Dänemark zu leben». ■ Ein Privathaus ist Treffpunkt für die protestantische Minderheit bei der antiken Stadt Ephesus in der Türkei. USA von Persönlichkeiten aus dem evangelikalen Raum gegründet. Als Bündnis bildende Rechtsorganisation setzt sie sich weltweit mit juridischen Mitteln für das Recht der Menschen ein, ihren Glauben frei ausleben zu können. Neben der Religionsfreiheit setzt sich ADF für die «Heiligkeit des menschlichen Lebens» sowie den Schutz von Ehe und Familie ein. Im Jahre 2012 eröffnete ADF das erste Auslandbüro in Wien. ■ Kirchenbund begrüsst Aufnahme von 3000 syrischen Flüchtlingen Islamische Feiertage in New York künftig schulfrei Text: ref.ch In New York City bleiben staatliche Schulen an den beiden wichtigsten islamischen Feiertagen Eid al-Adha (Opferfest) und Eid al-fitr (Fest des Fastenbrechens) künftig geschlossen. Auch an christlichen und jüdischen Feiertagen dürfen die 1,1 Millionen Schulkinder zu Hause bleiben. Jüdische Feiertage sind in New York seit Jahrzehnten schulfrei. In keiner anderen Grossstadt in den USA sind an islamischen Feiertagen die Schulen geschlossen. Etwa zehn Prozent der Schüler in New York sind Muslime. ■ Text und Foto: com. SEK Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund SEK begrüsst den Beschluss des Bundesrates, in den nächsten drei Jahren zusätzlich 3000 syrische Flüchtlinge in der Schweiz aufzunehmen. Seit Jahren setzt sich der Kirchenbund bei den Behörden für Massnahmen zur Unterstützung der Bevölkerung in dieser Region ein, in welcher eine der grössten humanitären Katastrophen der Geschichte herrscht. Schon 2009 hat sich der Rat des Kirchenbundes für die Neuansiedlung von Flüchtlingen aus Krisengebieten ausgesprochen. Die Flüchtlingslager in der Türkei, in Jordanien und Libanon sind überfüllt – und kein Frieden ist in Sicht. Anlässlich seines Besuches in der Schweiz am 3. Dezember 2014 berichtete der Patriarch der syrisch-orthodoxen Kirche, Ignatius Ephrem II. Karim, von der verheerenden Situation in Syrien und seinen Nachbarländern. Christen sind in dieser vom Bürgerkrieg verwüsteten Region die am stärksten bedrohte Minderheit. Auch in den Flüchtlingslagern werden Christen benachteiligt, so der Patriarch in Bern. Der Kirchenbund begrüsst die Entscheidung der Behörden, eng mit dem Hochkommissariat für Flüchtlinge der Vereinten Nationen UNHCR zusammenzuarbeiten, um den Beschluss des Bundesrates umzusetzen. Das UNHCR richtet sein Augenmerk auf die besondere Verletzlichkeit der hier aufgenommenen Flüchtlinge. Es betont die Notwendigkeit, ihnen im Rahmen der Neuansiedlungsprogramme in Drittländern Schutz zu gewähren. Angehörige religiöser Minderheiten, darunter die christliche Bevölkerung, sind in dieser Konfliktregion besonders gefährdet. Die Kirchen werden die Behörden weiterhin unterstützen, indem sie für die in der Schweiz aufgenommenen Flüchtlinge Betreuungs- und Inte grationsprogramme anbieten und bei der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten helfen. ■ Gedenkstätte im syrischen Aleppo (40-Märtyrer-Kirche) Armenien: auf einen Schlag eine Million neue Heilige Text: ref.ch | Foto: Flickr Alle Opfer des Völkermords an den Armeniern werden am 23. April 2015 von der armenischapostolischen Kirche als Märtyrer heiliggesprochen. Anlass ist der 100. Jahrestag des Beginns des Massenmordes an den Armeniern im Osmanischen Reich. Insgesamt wird die Zahl der Todesopfer zwischen 1915 und 1917 auf 300 000 bis 1,5 Millionen geschätzt. Die Unterschiede bei den Zahlen hängen auch mit ungenauen Bevölkerungsstatistiken zusammen. Die Kirche selbst nennt für die Heiligsprechung keine Zahl. ■ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 11 PALETTE Eine Welt «WOHIN ICH DICH AUCH SENDE» – STUDIUM UND BERUF ALS BERUFUNG Semester-Universitätsgottesdienst Dienstag, 21. April, 20.15 Uhr Ort: Kathedrale St.Gallen Liturgie: Diakon Thomas Reschke und Studie rende, Predigt: Pfarrer Markus Anker, Lesung: Prorektor Prof. Dr. Kuno Schedler, Musik: Dom organist Willibald Guggenmos Kontemplation Friedensweg vom Jahr 2014 in Lindau MEDITATION IN DER STILLE (ZAZEN) NACH VIA INTEGRALIS PALETTE Weiterbildung WIBORADA – INKLUSIN, BETERIN, BERATERIN, VISIONÄRIN, MÄRTYRERIN INTO THE WOODS Donnerstag, 30. April, 14.30–16 Uhr JAHRESVERSAMMLUNG DER EVANG. FRAUENHILFE ST.GALLEN/APPENZELL Treffpunkt bei den Türmen der Kathedrale. Altstadt-Rundgang mit den Theologen Walter Frei und Charlie Wenk. Ein Wochenende im Wald verbringen und das Überleben mit und in der Natur erlernen – den eigenen Grenzen begegnen und sich mit der Vision fürs eigene Leben auseinandersetzen. Für Neugierige, Mutige, Experimentierfreudige, Abenteurer (ab 18 Jahren). Wir erlernen Techniken, um in der Natur zu überleben: Kampf, Verteidigung, Umgang mit Pfeil und Bogen, Messerwerfen, Fischen, Hindernisse bewältigen, Feuertechnik, was gibt es Essbares im Wald etc., sich mit seinen Träumen und Visionen auseinandersetzen. Spirituelle Bezüge für den Alltag. Donnerstag, 23. April, 18 Uhr, Haus zur Perle, Oberer Graben 31, St.Gallen Dank den Mitgliederbeiträgen und Spenden konnte die Evang. Frauenhilfe auch im vergangenen Jahr ihre wertvolle Arbeit leisten, die bereits vor 110 Jahren ihren Anfang genommen und an ihrer Aktualität bis heute nichts eingebüsst hat. Die nächste Jahresversammlung bietet Gelegenheit, das langjährige Bestehen des Vereins mit einer kleinen «Geburtstagsfeier» und einem Rückblick zu würdigen. Mittwoch, 15. April, 18–20.30 Uhr «KRIEG ÄCHTEN – FRIEDEN SCHAFFEN» Ostermontag, 6. April, 11–16.15 Uhr Internationaler Bodensee-Friedensweg in Bregenz: verschiedene Workshops am «Friedens ufer». Abschluss mit Andreas Zumach, Uno- Korrespondent, Genf, und Davorka Lovrekovic, Präsidentin des Internationalen Versöhnungsbundes. Programm: www.friedensrat.ch Regelmässiges Sitzen in der Stille (Zazen) ist ein persönlicher Erfahrungsweg und führt zu mehr Lebendigkeit. Mit Input und Schulung. Schnuppern erwünscht. Ort: Haus zur Perle, Oberer Graben 31, St.Gallen Anmeldung und Auskunft: Werner Frei, Tagelswangen, Kontemplationslehrer [email protected], www.meditation-sg.ch Pilgern Kunst PILGERN AUF DEM JAKOBSWEG MITTWOCH-MITTAGS-KONZERTE KIRCHE ST.LAURENZEN IN ST.GALLEN Von Konstanz nach Einsiedeln – von Johannes Hus zu Huldrych Zwingli Zum 600. Todesjahr von Hus und zu den Reformationsjubiläen von 2017–2019 Wir gehen den Weg in fünf Etappen. Unterwegs Einkehr in Kapellen und Kirchen. Kurze Impulse aus der Bibel, aus den Schriften von Hus, Luther und Zwingli. Etwa die Hälfte des Weges gehen wir schweigend. Wanderzeit je vier Stunden. 23. April: Tobel–Fischingen 12. Mai: Fischingen–Hörnli–Steg 27. August: Steg–Rüti ZH–(evtl. Rapperswil) 17. Sept.: Rapperswil–Einsiedeln (evtl. verkürzt) Leitung: Walter Hehli, Wattwil, Autor des Buches «Man muss wie Pilger wandeln. Auf dem Jakobsweg vom Toggenburg bis ans Ende der Welt». Unkostenbeitrag: Fr. 5.– pro Strecke. Auskunft und Anmeldung: Walter Hehli, Tel. 071 988 12 14, E-Mail: [email protected] 12.15–12.45 Uhr 1. April: Bach und Söhne, Duo Monodia 22. April: Klingende Schatten, Fabian M. Mueller 29. April: It’s De-Lovely, it’s Cole Porter JUNGE MUSIKER SPIELEN FÜR BENACHTEILIGTE KINDER Sonntag, 12. April, 17 Uhr, Synagoge St.Gallen Packend, frisch und virtuos spielt Musique En Route Trouvaillen aus dem Osten, knackige Balkanrhythmen, Klezmer und Romalieder. Das Trio spielt in der wunderschönen Synagoge in St.Gallen zugunsten von jüdischen und arabischen Kindern und Jugendlichen in Israel. Organisatoren sind die beiden Kinderhilfswerke Kiriat Yearim Ostschweiz und WIZO St.Gallen. Anschliessend Apéro Vorverkauf: [email protected]; Abendkasse MEKKA EINST UND HEUTE Mittwoch, 29. April, 14–17.30 Uhr Das islamische Heiligtum in Mekka ist das symbolische Zentrum der islamischen Welt, der Ort, zu dem sich Muslime fünfmal täglich während ihres Gebetes ausrichten und zu dem sie einmal in ihrem Leben zu pilgern streben. Ziel des Kurses ist es, die Geschichte und religiöse Signifikanz Mekkas von der Antike, dem Auftreten des Islams und dem global-kulturellen Phänomen der Pilgerschaft bis hin zu den heutigen Debatten über Stadtplanung und die Zerstörung historischer Gebäude darzustellen. Texte aus der Bibel und dem Koran, Aussprüche Muhammads, Reiseberichte, Fotos und Filme werden als Quellen herangezogen werden. Leitung: Ahmed El Shamsy Ort: Zürcher Lehrhaus, Kosten: Fr. 70.– Anmeldeschluss: 10. April www.zuercher-lehrhaus.ch Führungen www.stgaller-geschichten.org LEIDENS- UND HOFFNUNGSORTE IM ALTEN ST.GALLEN Junge Erwachsene KLEINGRUPPE FÜR JUGENDLICHE UND JUNGE ERWACHSENE 2. April und 23. April, 19.30 Uhr Glaube soll nicht nur Privatsache sein. In unserer Kleingruppe wollen wir uns über unsere Erfahrungen und auch Fragen zum Glauben austauschen. So kann jede/r vom anderen lernen und im persönlichen Glauben vorwärtskommen. Gemeinsam werden wir auch feiern und Zeit mit Gott verbringen. Ort: Kirchgemeindehaus, Vogelherstrasse 6, 9300 Wittenbach Veranstalter: Evang. Kirchgemeinde Tablat ST.GALLER STADTGEBET 9. April und 30. April, Einsingen 19.15 Uhr, Beginn 19.30 Uhr Das St.Galler Stadtgebet für junge Leute ist eine Ermutigung zur Begegnung mit der eigenen Spiritualität. Mitten in unserer hektischen Welt ist es eine halbe Stunde, in der wir der Sehnsucht nach inneren Kraftquellen nachgehen. Das Stadtgebet ist klar, kraftvoll und schlicht gehalten. Wenige Worte, Zeit für Stille und Musik zeichnen es aus. Veranstalter: Safranblau Ort: Kathedrale St.Gallen, Chorraum (vorne) ESPRIT Treffpunkt: Bahnhof St.Gallen, beim «Treffpunkt» Kosten: Fr. 75.– / Gruppengrösse, max. 10 TN / Ansprechpartner: www.safranblau.ch, Kurt Pauli: [email protected] und Tel. 076 424 87 24 Beratung EVANGELISCH-REFORMIERTE PAARUND FAMILIENBERATUNG ST.GALLEN Oberer Graben 31, St.Gallen Pfr. Menges Achim, Psychotherapeut ASP, Tel. 071 220 88 00 Imper Andrea, Psychologin FSP, Tel. 071 220 88 02 EVANGELISCHE FRAUENHILFE Beratungsstelle für Frauen Oberer Graben 42, 9000 St.Gallen Tel. 071 220 81 80, Fax 071 220 81 84 DIE DARGEBOTENE HAND Telefonseelsorge, Telefon 143, www.143.ch Jubiläumsgottesdienst 150 Jahre Kirchgemeinde. Ort: evang. Kirche Walenstadt Veranstalter: Evang. Kirchgemeinde Walenstadt-Flums-Quarten MEDITATIONSTRAINING RUNDGANG IN KONSTANZ TELEFON 147 – HELP-O-FON Nottelefon für Kinder und Jugendliche BLAUES KREUZ SG-APPENZELL Fachstelle Alkoholberatung Kugelgasse 3, Postfach 28, 9004 St.Gallen, Tel. 071 231 00 31 [email protected] www.blaueskreuz-sg-app.ch Gespräche nach Vereinbarung Samstag, 11. April, 14.15–16 Uhr WANDERN DURCH SARDINIENS FRÜHLING 9.–16. Mai 2015 Wir teilen die schönsten Perlen unserer 39-jährigen Sardinien-Erfahrungen. www.Naturundklang.ch / Margrit und Urs Mettler, Mühleloch, 9650 Nesslau; Tel. 071 994 36 33, [email protected] Besinnung EGLISE FRANÇAISE Eglise au Centre de Saint-Mangen: Cultes à 10 h sauf le premier dimanche du mois. Cultes du soir mensuels à Rorschach, Rapperswil et Glaris. Renseignements auprès de Simone Brandt, pasteur, tél. 071 277 08 56 ou www.ref-sg.ch/église 12 AUSGABE 4/2015 KONZERT MIT CLEMENS BITTLINGER UND DAVID PLÜSS IN RORSCHACH Donnerstag, 28. Mai, 20 Uhr Der Liedermacher Clemens Bittlinger gibt mit seinem langjährigen und kongenialen Schweizer Pianisten David Plüss ein Konzert. Clemens Bittlinger hat viele Lieder geschrieben, die durch die Deutschen Evangelischen Kirchentage weitherum bekannt wurden und in vielen Gemeinden auch in der Schweiz gesungen werden – nicht zuletzt auch an den St.Galler Singtagen. Kollekte. Ort: evangelische Kirche Rorschach, Signalstrasse 34, 9400 Rorschach Rundgang in Konstanz auf den Spuren des Konzils 1414–1418, von Bruder Klaus und der Reformation. Stadtwanderung mit dem Theologen Walter Frei. Start 14.15 Uhr beim Ausgang Schweizerbahnhof Konstanz. Möglicher Treff in St.Gallen 12.45 Uhr RELIGIÖSE AUFBRÜCHE IN ST.GALLEN VON DER REFORMATION BIS HEUTE Mi, 22.4./Di, 28.4./Mi, 6.5./Di, 12.5./Di, 26.5./ Mi, 3.6. 2015, jeweils 19.30–21 Uhr Dienstag, 14. April, 14.30–16 Uhr Glück, Gelassenheit, Ausstrahlung Haben Sie schon mal von den vielen und tief heilenden Effekten der Meditation gehört? Möchten Sie es einmal ausprobieren? Viele Studien zeigen, dass Meditation ein äusserst wirksames Mittel gegen Stress und das Altern ist. Ort: St.Gallen, Böcklinstr. 2 Anmeldung: [email protected] Kursbeitrag: Fr. 99.–, www.safranblau.ch Treff bei der Kirche St.Mangen. Stadtwanderung mit den Theologen Walter Frei und Charlie Wenk. ST.GALLER BEZIEHUNGEN ZU MÜNCHEN Mittwoch, 22. April, 18–19.30 Uhr Treff bei Gewerbeschule GBS neben Kirche St.Mangen. Altstadt-Rundgang mit den Theologen Walter Frei und Charlie Wenk. Entschiedenheit und Widerstand Das Lebenszeugnis der Märtyrer Zu allen Zeiten gab es Christen, die um ihres Glaubens oder um ihres Einsatzes für die Gerechtigkeit willen freiwillig den Tod auf sich genommen haben. Auch in der Gegenwart trifft dies in vielen Teilen der Weltkirche zu. Von der äussersten Entschiedenheit dieser Glaubenszeugen geht ein irritierendes Signal für die «normalen» Christen aus. Das Buch geht der Frage nach, was die Märtyrer für das Leben der ganzen Kirche und ihr Zeugnis für das Evangelium bedeuten. Es greift dafür die urchristliche Theologie des Martyriums auf und stellt diese in Beziehung zu den Selbstzeugnissen gegenwärtiger Märtyrer. Darüber hinaus bezieht es auch Stellung zu dem inflationären Gebrauch des Märtyrerbegriffs, der auch gewaltbereite fanatisierte Selbstmordattentäter umfasst. Schockenhoff, Eberhard: Entschiedenheit und Widerstand – Das Lebenszeugnis der Märtyrer Verlag Herder, 2015, Fr. 32.90 26. April, 9.30 Uhr Mittwoch, 1. April, 18 Uhr Stadtwanderung mit dem Theologen Charlie Wenk. Treff bei den Türmen der Kathedrale. 2./3. Mai, Sa 9 bis So 14 Uhr MEDIENTIPPS BÜRGSCHAFTEN UND DARLEHEN Für Familien und Alleinerziehende, Landwirte und Selbstständige. Gesuche sind zu richten an: Evang. Bürgschafts- und Darlehensgenossenschaft des Kantons St.Gallen, c/o Bonfida Treuhand AG, Davidstrasse 38, CH-9001 St.Gallen Tel. 071 226 91 91, [email protected] www.ebdg-sg.ch PERSÖNLICHKEITSSCHUTZ Fühlen Sie sich im Rahmen des kirchlichen Lebens diskriminiert oder in Ihrer Integrität verletzt, seelisch oder körperlich ausgenutzt, sexuell bedrängt, gemobbt oder belastet Sie ein Abhängigkeitsverhältnis? – Die Kirche bietet Ihnen die Möglichkeit, sich von einer neutralen Fachperson kostenlos beraten zu lassen. www.ref-sg.ch/persoenlichkeitsschutz TIPP DES MONATS Heilige Schriften der Menschheit Jeweils Dienstag, 9.30–11.00 Uhr, Festsaal St.Katharinen, St.Gallen, Dozent: Thomas Reschke, kath. Universitätsseelsorger Was steht wirklich in heiligen Büchern wie der Bhagavadgita oder dem Koran? Welche Weltsicht bieten die als heilig angesehenen Schriften der Religionen? Sind diese Bücher untereinander unvereinbar? Ist ein gegenseitiges Lernen auf dem Hintergrund dieser Schriften möglich? Anhand einer Auswahl dieser Schriften führt die Vorlesung ein in verschiedene Glaubenswelten. Die heiligen Schriften der Religionen werden in medialen Kontexten oft verkürzt und plakativ dargestellt. Die Vorlesungsreihe will sich nicht mit Vorurteilen begnügen: Vielmehr sollen die Ur-Texte und Ur-Kunden der Religionen, die tiefe Erfahrungen der Menschheit beinhalten, selbst zur Sprache kommen. 28. April: Hinduismus: Die Bhagavadgita des Mahabharata-Epos 5. Mai: Judentum: Thora 12. Mai: Christentum: Neues Testament 19. Mai: Islam: Koran WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 13 FORUM DER LESERSCHAFT Nachdenken über Gott und Trinität «Mein Herr und mein Gott» Obwohl die Ausführungen von Till Mohr zum Thema Trinität überzeugend daherkommen, hin terlassen sie bei mir den Eindruck, eine Irrlehre zu sein. Denn ich frage mich, was uns dazu ver leitet, zu glauben, dass der Sohn eines Vaters plötzlich weniger gleich sein soll wie der Vater selbst? Oder ist es bei uns Menschen nicht auch so, dass der Sohn eines Vaters zugleich ganz Mensch ist und dazu noch den gleichen Namen trägt? Wenn Jesus sich unter seinen Vater stellt, dann aus Demut, um uns ein Beispiel zu geben. Ich für mich halte mich an den Jünger Thomas, der da Jesus gegenüber spricht: mein Herr und mein Gott! … und von Jesus nicht eines anderen belehrt wird. ■ Ruedi Saluz, Grabs Gott für, mit und in uns Es ist erfreulich, dass wieder über die Trinität diskutiert wird. Das ist mitnichten ein Thema nur für Fachtheologen, sondern gehört in die Diskussion in den Gemeinden. Man kann aber diese Diskussion nur in grossem Respekt vorei nander führen, denn im Laufe der Jahrhunderte wurden jeweilige Gegner sehr schnell als Häreti ker bezeichnet und verunglimpft, das geschieht leicht bei diesem Thema. Die Trinitätslehre ist implizit in der Bibel schon vorhanden. Z.B. im Bekenntnis des Thomas, der zu Jesus sagt «Mein Herr und mein Gott» (Joh. 20, 28). In Jesus wurde wirklich Gott Mensch. Nicht ein Fast-Gott, sondern da wurde der leben dige Gott selbst Mensch. Diese Klarheit brau chen wir. Es geht sonst einfach etwas verloren. Klar unterstellt sich Jesus dem Vater. Klar ist er demütig, aber das ist präzis darum so, weil er Herr und Gott ist, weil er Gottes Demut lebt. Henri Nouwen hat gesagt, dass wir die Trinität brauchen als Ausdruck von Gottes Wunsch nach Intimität mit uns. Er spricht von Gott als dem Gott für uns und Jesus als dem Gott mit uns und vom Heiligen Geist als dem Gott in uns. Das Geheimnis der Trinität ist verstandesmässig «Henri Nouwen spricht von Gott als dem Gott für uns und Jesus als dem Gott mit uns und vom Heiligen Geist als dem Gott in uns.» nicht zu erfassen, obwohl es sehr wichtig ist, darüber nachzudenken. Es gehört zuallerletzt in den Bereich der Faszination, des Staunens, der Anbetung und der Intimität mit Gott. ■ Pfr. J. Bachmann, Grabs Auch Theologen täuschen sich Herr Pfarrer Jehle zählt 13 potente Theologen aus der Kirchengeschichte auf, die sich für die Trinität eingesetzt haben. Diese Schau scheint mir zu einseitig. In meinem Buch «Geistlehre aus dem Jenseits» nenne ich bei der Trinitätsanalyse 61 Persönlichkeiten querbeet, auch Theologen, die sich gegen die Trinität ausgesprochen haben. Tatsache ist, dass die Theologen alles andere als 14 AUSGABE 4/2015 Dreifaches Christusmonogramm aus dem Baptisterium (Taufkapelle) in Albenga, Italien, 5. Jahrhundert Garanten der Wahrheit sind. Als Beispiel erwäh ne ich hier den von Pfr. Jehle hervorgehobenen Karl Barth, der sich mit seiner «Ganztod-Theolo gie», also dem Tod des Menschen mit Leib und Seele, gründlich geirrt haben dürfte. Ich habe in einer sich über acht Jahre hinziehenden Fallstu die den klaren Indizienbeweis erbracht, dass nur der grobstoffliche Körper stirbt, die Seele jedoch in ihrem feinstofflichen Körper unbeschadet in einer feinstofflichen Jenseitswelt weiterlebt. Dieser Beweis steht in einer fortlaufend nach geführten Weltrangliste der US-universitären AECES-Forschungsgesellschaft seit vier Jahren an erster Stelle (www.survivaltop40.com). AECES (Association for Evaluation and Communication of Evidence for Survival) stehen sieben Uni-Pro fessoren unterschiedlicher Richtung vor. – Noch etwas: Der jüdische Theologe Pinkas Lapide sah in der Trinität stets das grundlegende Hindernis, sich in die christliche Lehre einfühlen zu kön nen. ■ Dr. oec. Wolfgang Eisenbeiss, St.Gallen Till Mohr schreibt: Hen (eins) sei die Gesinnung. Das griech. Wort für Gesinnung ist hä fronäsis und damit eine feminine Form. Hen ist jedoch neutrum. Wenn man dem hen ein Substantiv an fügen möchte, so wäre es pneuma, welches das Geschlecht im Neutrum hat. Dann würde der Satz also heissen: Ich und der Vater sind ein Geist. Und dies trifft den Kern. Die Gottheit ist alles in einer Person. Sie ver einigt in sich die Liebe, die Weisheit und die Macht des Willens. Wenn von einer Dreieinigkeit gesprochen wird, so ist dies immer nur der Inbegriff von der Liebe als Vater (1. Joh. 3, 1), der Weisheit als Sohn (Eph. 3, 10, 1. Kor. 1, 30) und des Willens als Heiliger Geist ( Luk. 10, 21, Joh. 14, 26, Ap. 1, 8). Alles ist in der ewigunvergänglichen Gottheit vereinigt, weil Gott von Ewigkeit her der Inbe griff aller Liebe, Weisheit und Macht ist. Jesus war in einer menschlichen Gestalt auf die ser Erde, aber es war doch Gott selbst in ihm. Gott gab einer Seele, einem Kind von Gott, eine Aussenform, um sich selbst dann mit dieser See le unauflöslich zu verbinden. Gott hat in einer Aussenform Wohnung angenommen. Gott war das Wort (Joh.1, 1) und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns ( Joh. 1, 14). Und so starb Gott am Kreuze. Die menschliche Hülle musste den Tod erleiden unter allen Schmerzen und Qualen. Die ewige Liebe aber brachte das Opfer in diesem Menschen Jesus, die ewige Liebe nahm alle Qualen und Leiden auf Sich, ansonsten das Opfer nicht freiwillig geleis tet worden wäre. Die Liebe starb für die Men schen am Kreuz, und also war Gott selbst es, Der für uns gelitten hat um der übergrossen Sünden schuld willen, die Er tilgen wollte … Gott Selbst stieg zur Erde nieder und errettete die Menschheit aus tiefster Not. Die Liebe tilgte die Sündenschuld, der Mensch Jesus aber leiste te die Sühne, weil die ewige Liebe nicht leiden konnte, der Menschheit aber Hilfe gebracht wer den sollte und diese Hilfe nur ein Mensch leisten konnte, der voller Liebe war. Durch die Liebe aber fand die völlige Verschmelzung statt, dass Körper, Seele und Geist eins wurden und sich mit dem Vatergeist von Ewigkeit unauflöslich verbinden konnten. Gott als Liebe, Weisheit und Wille Die Kritik der Moslems und der Juden an der Lehre der Trinität ist berechtigt. Ein Gott und drei Personen sind ein klarer Widerspruch von der Logik her. Die Lehre der Dreieinigkeit Gottes hat zu grosser Verwirrung und Zersplitterung der Gläubigen geführt. Doch Till Mohrs Auffassung, dass Jesus der ver heissene Messias, nicht Gott ist, wie es auch Ari us damals behauptete, stehen klare Aussagen der Bibel entgegen. Als Jesus den Jüngern sagte: «Niemand kommt zum Vater denn durch mich», sagte der Jünger Philippus: «Herr, zeige uns den Vater.» Jesus antwortete: «Wer mich sieht, sieht den Vater» (Joh. 14, 6–9). Paulus sagte in Kol. 2, 9: «Und in Jesus wohnte die ganze Fülle der Gottheit.» In Johannes 10, 30 heisst es: «Ich und der Vater sind eins.» Der Mensch Jesus musste die letzte Entschei dung Selbst treffen, als Er den schwersten Gang antrat, den Weg zum Kreuz. Und obgleich Gott als die Ewige Liebe in Ihm war, zog sich Gottes Geist zurück, er verhielt sich still und liess den Menschen Jesus scheinbar in Seinem Ringen allein. Und dies war das Schwerste, dass sich der Mensch Jesus in seiner Not allein fühlte und dennoch den Weg bis zum Ende ging. Und diese Qualen dauerten an bis zu Seinem Tod am Kreuz und liessen Ihn die Worte ausrufen: «Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen.» Gott Selbst war in Ihm, aber Er äusserte sich nicht, es war nur noch der Körper, der litt. ■ Josef Wüllner, Hemberg Weitere Texte in der Internetausgabe des Kibo, so eine längere Reflexion von Pfr. J. Bachmann und eine Antwort von Till Mohr auf die Leserbriefe. MONATSPORTRÄT INTERVIEW Fasziniert vom Tode Text: Margrith Widmer, Teufen | Foto: as KIBO: WIE WIRD MAN TOTENGRÄBER? Willi Gasser: Ich wollte schon als kleiner Junge Totengräber werden. Als kleines Kind habe ich gerne Tote angeschaut. Meine Grossmutter starb, als ich drei Jahre alt war; mein Bruder starb mit zehn an einem geplatzten Blinddarm. Früher wurden die Verstorbenen vor der Kirche aufgebahrt. Ich ging immer schauen und wurde weggejagt. Da stellte ich mich in die Reihe mit den Angehörigen. Der alte Totengräber konnte mich nicht mehr verjagen. Willi Gasser aus Diepoldsau ruft seine Schafe herbei und füttert sie mit altem Brot – im Hintergrund Vorarlberg. Sticker, Bauer, Totengräber Text: Margrith Widmer, Teufen | Foto: as Er ist Sticker, Bauer und Totengräber im Nebenamt: Willi Gasser aus Diepoldsau. Am 6. April feiert er seinen 80. Geburtstag. 60 Jahre lang war er Totengräber in seinem Heimat- und Wohnort. Als Aushilfe stehe er weiterhin zur Verfügung, sagt er und seine Augen leuchten. In der Rheintal-Ebene ist es längst grün – Willi Gassers siebenjährige grauschwarz-getupfte Appenzeller-Bergamasker-Mix-Hündin Sara empfängt mit schönem Gebell und viel Gewedel, legt sich auf den Rücken, sobald Gasser sie streichelt – «man muss ihr flattieren», lacht er. Nebenan weiden 45 Schafe; rote, weisse, schwarze, und Sperber-Hühner kommen angewadelt, wenn er «Chomm Bibi!» ruft – und plaudern leise. In seiner Garage stehen 40 Jahre alte Geranien mit ersten grünen Blättchen. Grüner Daumen, menschenfreundlich und tierlieb: Das ist Willi Gasser – ein Mann, der in sich selber ruht. DER TOD IST KEIN MARTYRIUM Ist der Tod ein Martyrium? Nein, sagt er: Er möchte nur in Würde, ohne Leiden und schnell sterben. «Ich habe keine Angst vor dem Tod. Im Jenseits ist es viel schöner als hier.» Einen würdevollen Tod hat er seiner geliebten Frau ermöglicht: Sie war sehr lang krank. «Bloss nicht ins Pflegeheim», war ihr grösster Wunsch. Er hat ihn ihr erfüllt; er pflegte sie zwei Jahre lang – bis zuletzt. Für manche ist das ganze Leben ein Martyrium, für andere ausschliesslich die letzte Phase – für viele Hinterbliebene der Tod: «Hätte ich nur, wäre ich nur», jammern sie. «Dann ist es zu spät», bedauert Willi Gasser. «Ich habe oft gedacht, ich werde nie 80», gesteht er. Sein Vater, ein Sticker, starb 74-jährig, ein Bruder mit 79, ein anderer mit 56 an Herzversagen. Manche Leute konnten nicht verstehen, warum er bis 80 arbeitete: «Ich arbeite gern; ich musste nie ein Knie operieren – und ich war noch nie krank.» Als Landwirt will er nicht in den Ruhestand treten: «Ich habe ja Maschinen.» Er bewirtschaftet neun Hektaren – Gras, Silofutter – und züchtet Schafe. «Ich war noch nie in den Ferien», sagt er. ZEHN MAL FAST TOT Keine Kinderkrankheiten, keine Grippe – aber: «Ich hatte schwere Unfälle; ich hätte schon zehn Mal tot sein können.» Er zählt auf: Er war im Traktor eingeklemmt und erlitt einen innerlichen Blut erguss, der spontan heilte: «Ich habe gebetet», sagt er. Einmal wurde er im Silo bewusstlos: «Eine Woche lang war mir schlecht – das wäre ein schneller Tod gewesen.» Dann stürzte ein Fuder Gerstenballen auf ihn. Der Arzt sprach von Operation; die Schulter heilte «von selber». Als er beim «Bschötte» unvorsichtig war, knallte ihm das Druckfass an den Kopf; er benötigte eine Bluttransfusion. Zur Ärztin sagte er: «Sonst wäre ich schon im Himmel.» Beim Wäscheaufhängen stürzte er auf den Betonboden, blutete aus dem Ohr; beim Entfernen von Spinnweben fiel er auf den Heuboden. Eine zänkische Kuh rammte ihm statt der Konkurrentin ein Horn ins Kreuz. «Wenn die Uhr abgelaufen ist – und wenn’s schon morgen ist –, ich bin voller Zuversicht. Ich weiss, dass es am andern Ort schöner ist», sagt er gelassen. Aufgewachsen ist Willi Gasser als Sohn eines Stickers. Der Grossvater, ein Bauer, wurde mit 38 vom Stier getötet – der kleine Willi war zwei Jahre alt. Schon als Junge arbeitete er mit, lernte Sticker, besuchte die Stickereifachschule – und wurde mit 18 Gehilfe des Totengräbers. Dazu gehören: Einsargen, mit dem Leichenwagen zur Beerdigung fahren, mit einem Kleinbagger das Grab ausheben und den Blumenschmuck arrangieren. «Heute gibt es nicht mehr viele Erdbestattungen», sagt Willi Gasser. Immer häufiger gebe es Abdankungen ohne Sarg, nur mit Urne: «Da fehlt der Bezug zum Verstorbenen.» ■ TOTENGRÄBER WERDEN MIT ABERGLAUBEN VERFOLGT: GIBT ES MENSCHEN, DIE AUSWEICHEN? Manchmal. In einem Restaurant sagt schon einer: «Nein, neben den Totengräber sitze ich nicht.» BESTATTER AUF DEM EVANGELISCHEN UND DEM KATHOLISCHEN FRIEDHOF: IST DAS NICHT AUSSERGEWÖHNLICH? Als ich 20 war, starb mein Vorgänger, bei dem ich seit 18 Gehilfe war. Ich war der einzige Bewerber und wurde angestellt. 1976 wurde ein Toten gräber für den katholischen Friedhof gesucht. Wieder war ich der einzige Anwärter und wurde engagiert. GAB DAS KEINE HOCHGEZOGENEN AUGENBRAUEN? Doch: Wenn ich als Evangelischer in aller Herrgottsfrühe auf den katholischen Friedhof ging, wurde ich von einigen alten Damen offen angefeindet. Inzwischen nimmt niemand mehr Anstoss. Wie benehmen sich die Angehörigen? Das hat sich stark verändert. Früher blieben die eingesargten Verstorbenen im Haus bis zur Beerdigung. Es gab ein einziges Sargmodell, ein schwarzes. Dann ging’s mit Pferd und Wagen und dem Trauerzug durchs Dorf. Das war feierlich und schön – ein ganz anderer Abschied. Heute wollen viele Menschen die Verstorbenen nach dem Einsargen gar nicht mehr anschauen. Sie argumentieren, sie wollten sich an den lebenden Menschen erinnern. Das verstehe ich nicht. Manche Verstorbenen sind schöner als Leiche als zu Lebzeiten: so schön, so gelassen. WAS MACHT AM MEISTEN ZU SCHAFFEN? Schlimm finde ich, wenn die Hinterbliebenen noch während des Einsargens ums Erbe streiten. Wenn jemand sehr gelobt wird für seine Tugenden, frage ich: Hast du ihn schon mal beim Erben erlebt? Was schmerzt: Wenn die Angehörigen auf dem Friedhof nicht wissen, wie sehr sie weinen sollen – und beim Leichenmahl wird laut erzählt, pietätlos gelacht und gescherzt. ■ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 15 BIBLISCHE NAMEN Jesus aus Nazareth, als Christus verehrt Juda eine Bewegung ausging, welche die Welt verändern und prägen sollte. Diese Bewegung, in welcher der gekreuzigte Wanderprediger Jesus aus Nazareth als lebendige Kraft verehrt wurde, zeigte sich zuerst als jüdische Sekte, dann als ein geheimes Netzwerk unter den Völkern und schliesslich als offizielle Religion in Reichen und Nationen. Heute ist es die grösste Weltreligion. Mit Jesu Geburt beginnt unsere Zeitrechnung. Auf einer Eselin zieht Jesus in Jerusalem ein. Text: Andreas Schwendener | Foto: Kirche Zillis GR Jesus (hebr. Jeschua = der Herr hilft) war im Altertum ein verbreiteter Name. Weltbedeutung erlangte er durch Jesus aus Nazareth, den die Bibel als Christus (Gesalbter) bezeugt. Es ist ein Rätsel und Wunder zugleich, wie aus dem aufständischen, von Rom unterdrückten EIN WANDERPREDIGER PROVOZIERT Seit der Neuzeit versuchte man immer wieder den historischen Jesus wie auch echte Jesusworte zu rekonstruieren – ohne Konsens. Jesu Jugend- und Lehrjahre bleiben im Dunkeln. Er tritt als Schüler des Täufers in Erscheinung, sammelt Jünger, wandert predigend und heilend zwischen Galiläa und Jerusalem und will dabei vor allem sein Volk aufrütteln und auf das Nahen des Gottesreiches vorbereiten. Stadt lässt er sich ausliefern und wird vor den Toren Jerusalems gekreuzigt. ZEUGNISSE DES URCHRISTENTUMS Die neue Religion gründet, wie schon das Judentum, auf mündlicher Tradition und Heiligen Schriften. Vier Evangelien erzählen auf je verschiedene Art das Wirken, Sterben und Auferstehen Jesu. Die Apostelgeschichte berichtet vom Weg der frohen Botschaft bis nach Rom, die Briefe des Paulus reflektieren die durch Jesus neu erfahrbare Gottesnähe, die am Ende der Zeiten durch Jesu Wiederkunft sich kosmisch auswirken und allen offenbar sein wird. Doch Jesu vollmächtige Reden und seine freie Interpretation der Tradition provozieren die religiö sen und politischen Autoritäten. In der Heiligen Alle diese Schriften spiegeln eine spezifische Verkündigung und Praxis des neuen Glaubens – stets auf dem Hintergrund alttestamentlicher Erwartungen. Jesus wurde verehrt als Messias (griech. Christos), als Menschensohn, als Wort Gottes, Gottes Sohn, neuer Adam und als Gott. Bis heute ringt die Kirche um Worte, um die irdische und himmlische Wirksamkeit von Jesus, dem Christus, verständlich zu machen. ■ CHRISTOS PAPADOPOULOS, RAPPERSWIL Der Name Christos hat Tradition in Griechenland und in meiner Familie. Mein Grossvater hiess so, auch zwei Cousins. Es ist das griechische Wort für «Gesalbter», hebräisch Messias. Hier muss ich oft auf die korrekte Aussprache meines Namens achten. Mein Vorname wird auf «i» betont. Liegt die Betonung auf dem «o», ist der Messias angesprochen – das ist als Vorname tabu. Oft wird mir vorgehalten, dass mein Name eine Verpflichtung sei, den Glauben weiterzugeben. Dann lächle ich pflichtbewusst, ich bin ja inzwischen Diakon in meiner Kirchgemeinde. ■ JESÚS DUARTE-SIEGENTHALER, FLAWIL Ich komme aus einem kleinen spanischen Dorf, alle Familien hatten dort 8 bis 10 Kinder, von denen sicher eines Jesús hiess. So war es auch bei uns. Beim «Schittli um»-Spielen und überhaupt, erwähnte man zum Vornamen des Kindes auch noch den Vornamen des Vaters oder der Mutter, damit man wusste, um wen es ging. Ich bin also Jesús vom Pedro. Hier in der Schweiz kennt man Maria und Josef als Vornamen, nicht aber Jesús. Seit ich mich intensiver mit dem Glauben aus einandersetze, fühle ich mich wohl mit meinem Namen, er gibt mir Frieden und Ruhe. ■ Ich heisse Jesus oder Christos MARIA JESUS CORDERO, RORSCHACHERBERG Ich war das erste Kind meiner Eltern. Der Vater erwartete einen Buben, der Jesus heissen sollte. Aber ich bin ein Mädchen geworden. Der Vater meiner Mutter schlug vor, mich Maria Jesus zu taufen – was in Spanien nichts Besonderes ist. Aber in der Schweiz gab das Probleme. In offiziellen Dokumenten hatte man Mühe, den zweiten Männernamen zu akzeptieren. Auch im persönlichen Umgang bin ich in der Schweiz für viele einfach Maria, obwohl ich mich immer mal wieder für meinen ganzen Namen einsetze. Im besten Bekanntenkreis bin ich klar Maria Jesus. ■ Nachrichten aus Ihrer Kirchgemeinde im Mittelbund. Zum Titelbild Das Titelbild zeigt das durchstochene Herz Jesu – oder ist es das Herz der Mutter Maria? Das Herz ist Bestandteil der Installation «Gnade» des St.Galler Künstlers Hans Thomann. Es ist aufgehängt auf einer Leiter, die mit einem Bein auf einem Ei steht, dem Symbol neuen Lebens, der Auferstehung. 16 AUSGABE 4/2015 Adressänderungen bitte an Ihre Kirchgemeinde melden. Impressum Herausgegeben im Auftrag der Synode der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen. www.kirchenbote-sg.ch Nächste Nummer Thema: Christliche Fundamente – was uns im Glauben wirklich trägt, erscheint am 1. Mai Redaktionsschluss: 14. April Redaktion Pfr. Andreas Schwendener (as) Rehweidstrasse 2 9010 St. Gallen Tel. 071 244 34 64 [email protected] Lokalredaktion Reto Neurauter (nr), Grabs Katharina Meier (meka), Lütisburg Station Claudia Schmid (cis), St. Gallen Druck galledia ag 9442 Berneck, www.galledia.ch 4 1 5 Altpapieranteil: mind. 50%, Auflage: 71 000 Gestaltungskonzept Tomcat AG 9014 St.Gallen www.tomcat.ch Abonnementspreis 11 Ausgaben: Fr. 13.– (wird von den Kirchgemeinden bezahlt)
© Copyright 2024 ExpyDoc