Ausgabe 04/2014 - bachmann medien

Natürlicher Werkstoff, junges Design:
Schweizer Holz wird trendig
Entdecken
In voller Schönheit
Romantische Wälder und
Berghütten im Winter
9 772296 754004
Aus gutem Holz
leben
Mit feinem Gefühl
Wie ein Geigenbauer
Holz zum Klingen bringt
04
echt
kIOSK-eINFÜHRUNGSPREIS 9.50 CHF
Nr. 4 | Winter 2014
einklang 3
LEBEN
IHR EXKLUSIVES
WEINGESCHENK
  4kurz&gut 
Zunfthaus Pfistern
Viel Holz vorm Haus
Horämänel-Express
Flössen auf dem Ägerisee
Viscose-Bar
Ivo Bachmann
D
ie Branche ist wichtig. Sie
beschäftigt in der Schweiz über
60000 Mitarbeitende. Vor allem
aber: Ihr Produkt, das Holz, liegt als
natürlicher Werk-, Bau- und
Energiestoff voll im Trend. Das
Geschäft müsste brummen, Schweizer Holz richtig trendy sein.
AMANERO
der sizilianische Amarone
mit Echtgold-Druck
Erhältlich im SCHULER Weinfachgeschäft
in Seewen und Horw oder unter www.schuler.ch
SCHULER St. JakobsKellerei, Weinfachgeschäft Seewen, Erich Betschart & Team, Franzosenstrasse 10, 6423 Seewen
SCHULER St. JakobsKellerei, Weinfachgeschäft Horw, Denny Kuhlow & Team, Kantonsstrasse 88, 6048 Horw
Doch das holzverarbeitende Gewerbe
hat etwas ungemein Behäbiges. Das
liegt zum Teil an der kleinbetrieblichen, ländlichen Struktur. Das ist
nicht schlecht – im Gegenteil, es
könnte eine Chance sein. Weil sie
nicht einfach nur ein verkitschtes
Marketing-Image darstellt, sondern
wirklich echt gelebt wird. Und weil die
Holzproduzenten und -verarbeiter
auch deshalb einigen Goodwill bei
Konsumentinnen und Konsumenten
wecken könnten. Denn was gibt es
Schöneres als Holz? Was gibt es Sympathischeres als Holz aus Schweizer
Wäldern? Naturtrends, Energietrends,
der Trend zu möglichst regionalen
Produkten – alles spricht eigentlich
fürs Schweizer Holz. Doch ausser
einer Musik-CD mit Schwingerkönig
Kilian Wenger («Das isch Musig!»)
bringen die Interessenvertreter der
Branche wenig Hörbares in ein
breiteres Publikum.
Holz isch heimelig. Ich war noch ein
Knirps, mitten im Holz aufgewachsen, als dieser Slogan schon leicht
veraltet tönte. Die Branche müsste
sich endlich neues Sägemehl von der
Schulter klopfen.
34 Bauen mit Holz –
der Natur zuliebe
Das Pionierprojekt in Kriens
Worauf Sie achten sollten
38 Der Mann im Mond
Schreiner Roger Lindauer setzt
auf ökologische Produkte
6
Filigranes Sägewerk
Die Skulpturen von HP Hunkeler
Geniessen
8
Junges Holz-Design
Aussergewöhnliche Möbel von
Simone Hölzl und Christine Urech
40 Der Baumsammler
Das riesige Baumarchiv von
«pro arbore»
12 «Musik ist das, was bleibt»
Geigenbauer Micha Sennhauser
42 Feines Räucherwerk
Paul Imhof über Bauernspeck
16 Schwarzer Segen
Köhlerei im Bramboden
43 Bahnsens Saisonküche
Metzgete und Nachhaltigkeit
18 Möbel wie Skulpturen
Designer Jean-Pierre Damerau
45 Beelers Käse
Holz und Käse
Entdecken
46Agenda
Festtage in der Innerschweiz
Holzbau in Concert
22 Spiderman aus Uri
Alpinist Dani Arnold bricht alle
Rekorde
26 Weisser Traum
Schöne Berghütten im Winter
30 Mit dem Wald verwurzelt
Der Urner Förster Werner Arnold
Romantische Wälder entdecken
echtTM Winter 2014
2. Jahrgang | Nr. 4/14
ISSN 2296-7540
echt-magazin.ch
Verbreitete Auflage:
18419 Ex. (WEMF 2014)
Herausgeber
nec consulting
Nick Mijnssen, Zug
Redaktionelle Leitung
Ivo Bachmann, Sursee
48Teamwork
Das Brändi-Team in Sursee und
seine innovativen Holzspiele
50Ausklang
Kolumne von Frölein Da Capo
51Spiel&Spass
Kreuzworträtsel
Rolf Beeler, Robert Bösiger,
Irene Brügger, Urs Buess,
David Coulin, Paul Imhof,
Mirjam Oertli, Daniel Schriber,
Monika Zech;
Bild: Emmanuel Ammon;
Mischa Christen,
David Coulin, Nick Mijnssen,
Bea Weinmann (Titelbild);
Layout: Petra Geissmann;
Korrektorat: Beat Koch
Verlag
Magazin echt
bachmann medien ag
Thiersteinerallee 17
Mitarbeit
4053 Basel
Text: Ivo Bachmann, Catia
[email protected]
Bachmann, Klaus-Dieter Bahnsen, bachmannmedien.ch
Verlagsleitung
Robert Bösiger, Basel
Anzeigen
Information und Tarife:
echt-magazin.ch
[email protected]
Verkauf: Mario Cecchin
Marketing
Claudia Schweizer
Bestellungen
Einzelheft-Versand: CHF 15.–
Kiosk: CHF 9.50
Jahres-Abo: CHF 50.–
­Kollektivabos auf Anfrage
+41 61 534 10 84
[email protected]
echt-magazin.ch
Druck
Effingerhof AG, Brugg
echt – jetzt auch am Kiosk.
4 kurz&Gut
Grosse Tradition: Pfistern in Luzern.
Zünftig
­geniessen
LUZERN. Mittendrin und doch aus
allem Aufgeregten heraus: Das
Zunfthaus und Restaurant Pfistern
ist eine Oase der Begegnung.
Das altehrwürdige Haus steht im
Herzen der Altstadt, vis-à-vis
vom Rathaus. Es bietet gastronomisches Erlebnis für alle Sinne.
Das saisonale und tagesfrische
Angebot vereint zünftige Schweizer Küche mit Elementen und
­Zutaten aus dem Mittelmeerraum.
Legendär ist die Chügelipastete.
Aber natürlich nicht nur sie. Die
Pfistern ist eine ideenreiche
kulinarische Welt – und steht
doch noch immer im Einklang mit
den Traditionen der «loeblichen
Zunft der Meisterbecken».
Die Pfisternzunft, gegründet anno
1408, bestand einst aus Handwerkern: den Pfistern (Bäcker) und
den Müllern. Das Zunfthaus war
Treffpunkt von Politik und Gesellschaft. Hier wurden die Mehl- und
Brotpreise festgelegt. Einmal jährlich gab es auch das sogenannte
«Bot» – mit «Spys und Trunk»
bis in die Morgenstunden.
Apropos Tranksame: Der «Wine
Spectator» hat den Weinkeller
des Hauses mit dem «Award of
­Excellence» ausgezeichnet.
restaurant-pfistern.ch
Viel Holz vorm Haus
LUZERN. Ein Drittel der Schweiz ist
Wald. Das sind 1,3 Millionen Hektaren.
Die Waldfläche hat in den letzten Jahren
sogar leicht zugenommen; der Wald hat
nicht mehr genutzte Landwirtschaftsund Alpflächen zurückerobert. Ungebremst hoch bleibt der Druck auf den
Wald im stark besiedelten Mittelland.
Die Zunahme der Bevölkerung, die
Ausdehnung von Siedlungen sowie
der gesellschaftliche Wandel: All dies
beeinflusst die Entwicklung des Waldes.
Unverändert gross ist die Bedeutung des
Waldes für die Artenvielfalt. Fast die
Hälfte der in der Schweiz vorkommenden Tiere und Pflanzen sind auf ihn
angewiesen.
Gemäss dem Bundesamt für Umwelt
befindet sich der Schweizer Wald ins­
gesamt in einem guten Zustand. Das
gilt auch für die Wälder in der Zentralschweiz. Wie die Dienststelle Landwirtschaft und Wald des Kantons Luzern in
ihrem jüngsten Nachhaltigkeitsbericht
festhält, ist der Luzerner Wald gesamt-
haft betrachtet «vital und nachhaltig
aufgebaut». Hauptbaumart ist die Fichte
(45 Prozent) vor der Tanne (27 Prozent)
und der Buche (16 Prozent).
Interessant sind die Besitzverhältnisse.
70 Prozent des Waldes befinden sich
im privaten, 30 Prozent im öffentlichen
­Besitz. Insgesamt teilen sich in Luzern
12 000 Eigentümer rund 40 000 Hektaren Wald. Der Verband Luzerner
­Waldeigentümer vertritt ihre Interessen.
Seine regionalen Organisationen bewirtschaften den Wald unter Führung
einer Fachperson.
Auch in den anderen Zentralschweizer
Kantonen teilen sich viele Eigentümer
den Wald untereinander auf. Der Bund,
dem ebenfalls ein Teil des Schweizer
Waldes gehört, hat sich zum Ziel gesetzt, mit der «Waldpolitik 2020» günstige Rahmenbedingungen für eine
nachhaltige, effiziente und innovative
Waldbewirtschaftung zu schaffen. Das
nachhaltig nutzbare Potenzial an Holz
soll besser ausgeschöpft werden.
Soll besser genutzt werden: Holz aus unseren Wäldern.
gut&gerne
Die Bar in der
Viscose
Heutransport auf Kufen: Bauer Erich Gwerder mit seinem Hornschlitten.
Texte: Ivo Bachmann, Robert Bösiger, Daniel Schriber | Bilder: Nick Mijnssen, Erich Langjahr, Anton Henggeler, Ivo Bachmann, zVg
schön&gut
5
Horämänel-Express
MUOTATHAL/ZUG. «Ein Bijou aus
Brauchtum, Raum und Zeit und Klang»,
schreibt die «NZZ am Sonntag» und lobt
damit den Film «Das Erbe der Bergler»
von Erich Langjahr (70). Der Zuger Regisseur und Filmer begleitete die letzten
Wildheuer im Muotatal dabei, wie sie die
steilen Planggen des Hinteren Heubrig
erklimmen und das Wildheu einbringen.
Wie zum Beispiel der Bauer Erich Gwerder. Mit dem «Horämänel» genannten
Hornschlitten bringt er das wertvolle Fu-
EMMENBRÜCKE. Man muss diese
Location etwas suchen und finden.
Sie liegt versteckt hinter seelenlosen Betonbauten, mitten im riesigen Areal der einstigen Textilfabrik, fernab städtischer Hektik: die
Viscose-Bar. Die Atmosphäre hier
ist einzigartig. Denn die Bar befindet sich im altehrwürdigen Direktorenhaus der Viscosuisse, die
man hier einfach «Viscosi» nannte.
Das Gebäudeensemble ist ein industriegeschichtliches Denkmal
und versprüht einen unverwechselbaren Charme. Fast scheint es,
als wäre hier die Zeit vor hundert
der zu Tal. So alt und echt wie der Wildheuet ist das Handwerk, derlei Schlitten
zu bauen. Gwerders «Horämänel» trägt
die Handschrift des Muotataler Schlittenbauers und Holzschuhmachers Alois
Langenegger. Die vorn nach oben verlängerten Kufen haben dem Hornschlitten
seinen Namen gegeben. Sie dienen dazu,
den Schlitten zu lenken und zu schieben.
Heute werden die Hornschlitten vor
­allem für Rennen gebraucht.
langjahr-film.ch
Faszinierender Ort: alte Viscose
ÄGERI. Das Holz aus dem steilen Bergwald am südlichen Ufer des Ägerisees
wird von jeher gereistet, zu einem
Floss zusammengefügt und über den
Seeweg abtransportiert. Bis 1999 führten Bauern diese Arbeiten durch und
sicherten sich damit einen Neben­
verdienst. Heute führen Forstarbeiter
die Tradition fort. Alle drei Jahre wird
ein Holzschlag ausgeführt, verbunden
mit einem Flösserfest.
Jahren stehen geblieben.
Dass hier trotzdem – zumindest
abends – viel Leben ist, dafür sorgt
seit 2009 die Viscose-Bar und
Eventhalle. Wo im 19. Jahrhundert
täglich die Fabrikarbeiter durch
das Tor zur Arbeit gingen, gibt es
ausgelassene Partys, heissen
Sound, rockige Konzerte – oder
auch einfach nur einen stimmigen
Apéro oder ein kühles Bier im gemütlichen Biergarten. Die Location
lässt sich auch für eigene Anlässe
mieten. Gute Laune garantiert.
lebendige-traditionen.ch
viscose-eventbar.ch
Flössen auf dem Ägerisee
6
leben
leben 7
Filigrane Sägerei
Allein der Ort seines Schaffens ist wie ein Kunstwerk. Die Ronmühle, ein idyllisch gelegener Hof
etwas abseits des Dorfes Schötz im reizvollen
Wauwilermoos. Hier lebt Hanspeter «HP» Hunkeler,
55, mit seiner Familie. Hunkeler hat den Hof von
seinen Eltern übernommen. Er ist Bauer geworden
– und er zeichnet, malt. Schafft in seinem Leben
ein Gesamtwerk aus nachhaltiger Landwirtschaft
und fantasievoller, stimmiger Kunst. Seit einigen
­Jahren arbeitet er auch mit Holz. Es stammt von
den Eichen, Eschen, Kirsch- und Birnbäumen auf
seinem Hof. Mit der Kettensäge fertigt er filigrane
Holzskulpturen. Die Idee kam ihm bei der Arbeit,
nach einem heftigen Windsturm, der viele Bäume
verletzte: «Ich wollte keinen Baum einfach nur
umtun.»
hphunkeler.ch | Bild: Janosch Hugi | Text: Ivo Bachmann
8 leben
leben 9
Nutzen alte
Spindeltechnik für
modernes Design:
Simone Hölzl und
Christine Urech.
Altes Handwerk,
junges Design
Ihre Hocker und Tische sind preisgekrönt.
­Simone Hölzl und Christine Urech paaren
Holzhandwerk mit moderner Eleganz.
Text: Mirjam Oertli | Bild: Bea Weinmann
E
ine Kindheit in einem alten Bauernhaus ganz aus Holz, eine Portion
Sportsgeist – und die Faszination für
gutes Design: Das war die Mischung,
­
die den Produktdesignerinnen Simone
Hölzl und Christine Urech den «Wood
Award 2012» einbrachte – den Preis des
Verbandes der Schweizerischen Schreinermeister und Möbelfabrikanten.
Ein Tisch und sechs Hocker aus
Buchenholz. Schlichte und moderne
Eleganz kombiniert mit altem Holzhandwerk, der Spindeltechnik. Gedrehte
Tisch- und Hockerbeine, die ganz ohne
Schrauben und nur mit einem Holzkeil
mit der Platte verbunden sind. Die Technik war namenprägend: NIU
ˇ steht nicht
nur neudeutsch für neu; es heisst auch
«verdrehen» auf Chinesisch. «Die Na- Holzpreis sahen, war für beide sofort
menssuche
war
eine
Nacht­
- klar: Da machen wir gemeinsame Sache.
ak­tion», sagt Simone Hölzl. «Wir haben
Über eine Zusammenarbeit mit
uns erst ganz am Schluss damit befasst.» der Schreinerei Feldmann AG, die sich
direkt neben dem Elternhaus von Urech
Holz ist auch unbearbeitet schön
befindet, wurde die Idee zu NIU
ˇ geboren. «Es war uns wichtig, auf die SpeziaGanz am Anfang stand die Freundschaft. litäten der Schreinerei einzugehen», sagt
Hölzl, die Österreicherin aus Kitzbühel, Urech. In der Feldmann AG lernten sie
und Urech, die Bernerin aus Lyss, lern- die traditionelle Spindeltechnik kennen,
ten sich im Studium für Industrial die den Anstoss für die gedrehten Tisch­Design an der FHNW in Aarau kennen. und Stuhlbeine gab. Eine Idee, die sich in
Beide waren durch ihr Interesse an ihrer ausgereiften Form schliesslich ge­Design von Alltags- und Einrichtungs- gen über 200 weitere Eingaben im Wettgegenständen auf den Studiengang auf- bewerb durchsetzen sollte.
merksam geworden. Auch nach ihrem
Inzwischen sind beide Frauen als
Abschluss hielten sie den Kontakt auf- selbständige Produktdesignerinnen ­tätig.
recht. Als sie die Ausschreibung zum Hölzl in ihrem Atelier in Zürich, Urech
10 leben
11
«Meine Urgrossmutter liess das
Bügeleisen auf dem
Holztisch stehen.
Das sind charmante
Spuren der Zeit.»
in Luzern. Neben NIU
ˇ spannen sie in
weiteren Projekten zusammen, verfolgen
aber auch je eigene Arbeiten.
Nicht immer nur geht es dabei um
Holz. Eigentlich wähle ein Produkt ja
sein Material selbst, erklärt Urech. Dank
der NIU
ˇ-Kollektion ist Holz in ihrem
Portfolio aber aktuell als Material vorherrschend. «Holz ist natürlich gewachsen und schon unbearbeitet schön»,
schwärmt Urech. «Man sollte gar nicht
zu viel daran machen, sonst geht viel
­kaputt dabei.» Auch im Alter werde es
eigentlich «immer nur schöner», ergänzt
Hölzl. Sie, die in einem über 400-jährigen Bauernhaus gross wurde, muss es
wissen. Gerne erinnert sie sich an den
grossen Holztisch im Wohnzimmer, der
schon Generationen ihrer Familie überdauert hat. «Meine Urgrossmutter liess
einmal das heisse Bügeleisen darauf
­stehen. Das sieht man noch heute. Aber
genau solche Spuren der Zeit machen
den Charme dieses Werkstoffes aus.»
«Holz ist natürlich
gewachsen und
schon unbearbeitet
sehr schön. Man
sollte gar nicht zu
viel daran machen,
sonst geht nur
viel kaputt.»
«Die Namenssuche war eine Nachtaktion»: Simone Hölzl.
«Nachhaltigkeit ist uns wichtig»: Christine Urech.
Für Simone Hölzl, die in Zug
wohnt und sich durch die Rigi an das
Kitzbüheler Horn erinnert fühlt, sind
vor allem die Berge unverzichtbar. Und
für Christine Urech das Curling-Spielfeld und der sportliche Wettbewerb.
«Wenn unser Team Erfolg hat, gibt mir
das richtig Schub.» Das ist im Moment
vollauf der Fall. Vor kurzem hat sie als
Mitglied des Curling-Teams Flims WM-
andere, wie beispielsweise PR und Verkauf, erledigen die beiden selber. Für die
Designmesse Blickfang in Zürich haben
sie nun eine erste Serie von zehn Hockern, zehn Sofatischen und drei Bänken
aus Esche und aus Nussbaumholz produzieren lassen. «Ein Testlauf», sagt
Christine Urech.
Einen Hocker aus Esche bieten sie
für 320 Franken an. Dass sie ihre eigene
Erste Möbelserie als Testlauf
Inspiration finden beide Designerinnen
nicht im Atelier. Oft könne einen da­
gegen das gewählte Material auf gute
Ideen bringen. «Gerade wenn man damit mal experimentiert», so Christine
Urech. Auch Bilder, die man beim
Durchblättern eines Magazins oder
draussen in der Natur sehe, lösten wertvolle Impulse aus.
Gold für die Schweiz geholt. Erfolg im
Team erhoffen sich die beiden auch mit
NIU
ˇ weiterhin. Inzwischen haben sie
eine ganze Kollektion entworfen. Auch
haben sie es geschafft, die Herstellungskosten auf ein Niveau zu senken, das
­einen Wiederverkauf realistisch macht.
«Wir arbeiten nun mit einer Schreinerei
in Muotathal, die auf die Herstellung von
Möbeln spezialisiert ist», so Hölzl. Alles
Arbeit damit unter Wert verkaufen, verheimlichen sie nicht. Doch sie seien
stolz, dass sie in der Schweiz und aus heimischem Holz produzieren, auch wenn
dies seinen Preis habe. «Nachhaltigkeit
ist uns wichtig», sagt Christine Urech.
Und Simone Hölzl ergänzt: «Wir hoffen,
dass unsere Möbel beim Besitzer wirklich lange in Gebrauch bleiben.»
niuform.ch
12 leben
13
«Musik ist das,
was bleibt»
Feingefühl, handwerkliches Geschick, ein gutes Gehör:
Geigenbau braucht viele Talente. Ein Besuch im Atelier
von Micha Sennhauser, Geigenbaumeister in Luzern.
Text: Daniel Schriber | Bild: Nick Mijnssen
K
ein Computer, kein Radiogedudel, kein Kopierer: Als wir das Atelier
«Geigenbau Sennhauser» im Luzerner
Neustadtquartier betreten, ist das Rauschen des Alltags auf einmal weit weg.
Für Nebengeräusche sorgen einzig das
Knarren des Parkettbodens und der
Telefonapparat, der dann und wann
­
klingelt. Rund ein Dutzend Geigen und
Bratschen hängen von der Decke. Gros­
se, kleine, helle, dunkle. An den Wänden
Feilen, Sägen, Pinsel. In der Luft liegt der
Duft von Holz und Lack, auf e­inem
Tisch ein unfertiges Cello. Die Hobelspäne auf dem Boden rufen: «Hier wird
gearbeitet!» Und so ist es auch.
Bis zu 250 Stunden pro Instrument
Ufuk Irgin sitzt konzentriert an der
Werkbank, vor ihm eine Bratsche, die
grössere Version einer Geige. Sorgfältig
bestreicht er das Instrument mit einer
eigens zusammengemischten Lackmi­
schung. Der Lack schützt das Holz vor
chemischen sowie mechanischen Schä-
den und beeinflusst darüber hinaus den
Klang – doch nicht nur das. Auch die
Ästhetik spielt beim Geigenbau eine
­
wichtige Rolle. Es sei ein grosser Unterschied, ob ein Musiker eine helle oder
eine dunkle Geige in der Hand halte,
erklärt Irgin. «Nicht jedes Instrument
­
passt zu jedem Musiker.» Jede Geige hat
ihren eigenen Charakter.
Sennhauser und Irgin sind seit Januar 2013 an der Hirschmattstrasse, zuvor gehörte das Atelier Peter Boner. Über
vier Jahrzehnte kümmerte sich dieser
um die Bedürfnisse seiner Kundschaft.
Als die jungen Geigenbauer die Werkstatt übernahmen, gab es deshalb auch
kritische Stimmen. «Verständlich», sagt
Sennhauser. «Wer jahrelang beim selben
Coiffeur war, braucht Zeit, bis er einen
neuen an seine Haare lässt.» Trotzdem:
Es dauerte nicht lange, bis «die Neuen»
das Vertrauen der Leute gewannen. «Wir
versuchen, Peter Boners Werk weiterzuführen», sagt Sennhauser.
Dreizehn Geigen hat Micha Sennhauser in seinem Leben schon gebaut.
In jeder davon steckt viel Herzblut. Und
Zeit. Bis zu 250 Stunden Handarbeit
pro ­Geige. Die Arbeit beginnt bei der
Auswahl des passenden Holzstücks und
­endet mit dem Tag, an dem die Saiten
aufgezogen werden. Micha Sennhauser
arbeitet in der Regel nicht auf Auftrag,
sondern bietet seine Instrumente nach
der Fertigstellung zum Verkauf an. «Ich
vertraue darauf, dass die Geige ihren
Spieler findet.»
Handwerk trifft auf Kunst
Eine neue Geige von Micha Sennhauser
kostet zwischen 15 000 und 20 000 Franken und damit rund 5 bis 10 Mal mehr
als eine Massenanfertigung aus China.
Im Vergleich zu anderen Geigen – etwa
den Instrumenten des legendären Antonio Stradivari – sind Sennhausers
­Modelle jedoch ein Schnäppchen. Eine
Stradivari-Geige kostet oft mehrere
Millionen und ist deshalb nicht nur bei
Musikern, sondern auch bei Anlegern
begehrt. ▶
«Ich habe schon öfters den Zug verpasst,
weil ich so vertieft in die Arbeit war»:
Geigenbaumeister Micha Sennhauser.
14 leben
leben 15
Ästhetik spielt
eine wichtige Rolle:
Geigenbauer
Ufuk Irgin .
Seit Jahrhunderten werden in Europa schon Geigen gebaut. «Doch das
Handwerk ist bis heute grundsätzlich
dasselbe geblieben», erklärt Sennhauser.
Natürlich: Die Wissenschaft macht auch
vor diesem Handwerk nicht Halt. Moderne Erkenntnisse helfen im Bereich
der Materialpflege, bei der Verwendung
des Lacks oder bei der Berechnung der
richtigen Wölbung. «Aber der Computer
wird den ausgebildeten Geigenbauer
niemals ersetzen», ist Sennhauser überzeugt. Die Nachfrage nach qualitativ
hochstehenden Instrumenten sei deshalb nach wie vor vorhanden. Auch in
Luzern gibt es noch vier Geigenbauer.
«Das Handwerk lebt.»
«Reich wird man damit nicht»
Handwerkliches Geschick, Gefühl, Erfahrung – und ein gutes Gehör: Diese
­Eigenschaften bringt jeder gute Geigenbauer mit. Und Geduld. Nicht selten
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www.echt-vonrotz.ch
Filialen in Cham, Steinhausen, Baar,
Rotkreuz, Lindencham und Küssnacht
Seit Jahrhunderten
werden Geigen
gebaut. Doch das
Handwerk ist
­grundsätzlich
dasselbe geblieben.
sitzen Sennhauser und Irgin bis in die
späten Abendstunden in der Werkstatt,
um ihrem Instrument den richtigen
Schliff zu verpassen. «Ich habe schon öfters den Zug verpasst, weil ich so vertieft
in die Arbeit war», erzählt Sennhauser,
der in Zürich wohnt.
«Es ist ein schöner Beruf», sagt der
34-Jährige mit feiner Stimme, «eine Mischung aus klassischem Handwerk und
Kunst. Ich baue meine Geigen von A bis
Z selber und geniesse dadurch sehr viele
Freiheiten.» Nur reich werde man mit
dem Beruf nicht. «Wer viel Geld verdienen will, ist hier am falschen Ort.»
Geigenbauer statt Geigenspieler
Eine Frage steht noch aus. Warum, Herr
Sennhauser, wurden Sie Geigenbauer
und nicht Geigenspieler? «Ich spiele
Bratsche», lacht der Meister. «Einmal
pro Woche, in einem Laien-Ensemble.»
Tatsächlich sei er daran interessiert
­gewesen, ein Musikstudium zu absolvieren. Dies bis zu dem Tag, als ihm sein
Lehrer riet, er solle doch besser beim
Geigenbau bleiben.
Heute geniesst es Sennhauser, wenn
er an einem Konzert einem begabten Geigenspieler lauschen kann. Umso schöner,
wenn der Musiker dann noch mit einer
von Sennhauser gebauten ­
Geige spielt.
«Denn darum geht es doch letztlich. Die
Musik ist das, was von unseren Instrumenten bleibt.»
geigenbauluzern.ch
16 leben
leben 17
Schwarzer Segen
Neun Köhler bauen noch Meiler in der Schweiz.
Bauer Willy Renggli vom Bramboden sichert sich mit
der Köhlerei seine landwirtschaftliche Existenz.
Text und Bild: Urs Buess
E
insam leben sie im Wald, russverschmiert und geächtet von der Gesellschaft. Über Jahrhunderte hat sich dieses
Bild vom randständigen Kohlenbrenner
in Geschichten und Märchen eingebürgert. Heute gibt es sie sozusagen nicht
mehr – ausser in den Wäldern des Entlebucher Napfgebirges. Neun sind es noch,
die Schweizer Holzkohle herstellen, und
einer davon ist Willy Renggli. Russverschmiert, Aussenseiter? Der 57-Jährige
widerspricht jedem Köhler-Cliché – wobei: das mit der Abgeschiedenheit könnte
noch am ehesten hinkommen.
Wer Köhler Renggli im Weiler
Bramboden besuchen will, biegt in Hasle
bei Entlebuch von der Hauptstrasse ab
und fährt gute neun Kilometer auf einer
immer schmaler werdenden Strasse über
Hügel und durch Tobel, bis – ja bis die
Strasse vor einer Kirche und einem Seminarhotel endet.
Ein paar hundert Meter weiter unten erwartet Renggli den Gast. Er bittet in
den Subaru einzusteigen und kommt auf
der kurzen Fahrt zum «Kohlplatz» geradewegs zur Sache. Das Köhlerhandwerk
wäre in der Schweiz ohne den früheren
Romooser Lehrer und Gemeinderat Joseph Duss wahrscheinlich ausgestorben.
Dieser hatte 1941 den Köhlerverband
­gegründet und dafür gesorgt, dass den
Romooser Bauern, zu denen auch die von
Bramboden gehören, die Möglichkeit
­eines Nebenerwerbs erhalten blieb. Duss,
der später in den Nationalrat gewählt
wurde, bemühte sich auch darum, Abnehmer für die Kohle zu finden – etwa die
von Moos Stahl AG in Emmenbrücke.
Ein folgenschwerer Brief
Wir sind beim Kohlplatz angelangt, just
im Moment, als Renggli vom folgenschweren Brief aus dem Jahr 1986 erzählt,
in dem das Stahlwerk von Moos den Köhlern mitteilte, es werde keine Holzkohle
mehr abnehmen. Wie das Köhlergewerbe
im Entlebuch trotzdem überlebte, wird er
später erzählen. Jetzt stehen wir erst mal
vor den zwei Meilern, weit hinten grüsst
nert worden. Im Zentrum eines Meilers
steht das «Füllihus», eine Art Finnenkerze
mit Hohlraum. Darum herum legt der
Köhler den Bodenrost, und auf diesen
Rost stellt er rund ums Füllihus meterlange Spälten und Rugel, Kreis um Kreis, bis
der Bodenrost gefüllt ist und die erste Etage des Meilers steht. «Wir verwenden nur
Holz aus unseren Wäldern: Buche, Tanne,
Eschen und was sonst so anfällt. Haupt­
sache, das Holz ist gesund», sagt Renggli.
Wichtig auch, dass keine Zwischenräume
zwischen den Spälten entstehen. Da
könnte sich Feuer entfachen. Das gäbe
Asche statt Kohle. Es darf nur glimmen.
Von oben nach unten
«Wir verwenden
nur Holz aus
unseren Wäldern.»
der Napf, unten rauscht der Seeblibach.
Der eine Meiler ist frisch aufgeschichtet,
etwa vier Meter hoch, sechzig Ster Holz.
Der andere ist um etwa ein Viertel zusammengesunken, mit einer weissen Plane
überzogen – acht Wochen hat er Zeit, bis
er völlig ausgekühlt ist und die Kohle in
Säcke abgepackt wird.
Seit der Jungsteinzeit, seit über 6000
Jahren also, bestehe das Köhlerhandwerk,
sagt Renggli, und es sei von Generation
zu Generation weitergegeben und verfei-
Gute 300 Arbeitsstunden braucht es, bis
der Meiler in seiner ganzen Pracht steht,
mit Holzbengeln und Tannenreisig ab­
gedeckt und mit dem «Löschimantel»
umgeben ist. Der Löschimantel ist eine
Pappe aus Kohleabfall und Wasser. Er
dichtet den Meiler ab und macht ihn bereit fürs Abbrennen. Diese Arbeit braucht
die volle Konzentration des Meisters: Er
legt den Schacht in der Mitte des Meilers
frei bis hinunter zum Füllihus, füllt ihn
mit Glut, deckt ihn wieder ab und bohrt
Löcher in die oberste Schicht des Mantels.
Grau und weiss beginnt der Rauch herauszuquellen, alle drei Stunden muss die
Glut nachgefüllt werden. «Vierzehn Tage
lang schlafe ich dann hier unten im Holzhaus», sagt Renggli.
Die Köhlerei ist für ihn mehr als ein Hobby: Bauer Willy Renggli vor einem richtigen Meiler – und einem Modell.
Wenn der Rauch blau wird, ist der
oberste Teil verkohlt, die Löcher werden
gestopft und darunter neue gebohrt. «Der
Verkohlungsprozess läuft von oben nach
unten und von innen nach aussen.» Zwei
Wochen dauert die Brennphase. Gegen
Schluss genügt es, alle sechs Stunden Glut
nachzufüllen.
«Die Köhlerei ist Lückenbüsserei»,
sagt Renggli, «aber ein wichtiger Nebenerwerb. Sie macht gegen ein Drittel meines Einkommens aus.» Er kommt zurück
auf den Brief von 1986, als die von Moos
AG die heimische Holzkohle aufkündete.
Das hätte das Ende der Entlebucher Köhlerei bedeuten können. Es war Paul Duss,
der Sohn des Köhlerverband-Gründers
Joseph Duss, der den Kontakt zu Unternehmer Otto Ineichen herstellte: Dieser
sicherte den Köhlern zu, ihre Holzkohle
abzunehmen und sie in den Filialen von
«Otto’s» zu verkaufen.
Schwarze Hände, goldige Stimmen
«Obwohl unsere Holzkohle etwa doppelt
so viel kostet wie die Importware, ist die
Nachfrage gross», sagt Willy Renggli. Statt
80 bis 100 Tonnen jährlich könnten die
Köhler von Romoos auch das Fünffache
produzieren. Doch es ist bei den Rengglis
nicht nur die Köhlerei allein, die einen
Nebenverdienst beisteuert. Während Vater
Willy zwischen den Meilern stehend das
Handwerk erklärt, fährt seine Frau Bernadette vor und bringt Geschirr und Gläser ins Holzhaus. Die Baracke ist nämlich
auch eine Beiz, in der an Wochenenden
Gruppen bewirtet werden, die heranreisen, um das Köhlerhandwerk kennen-
zulernen. «Von Fasnachtscliquen aus Basel bis Kulturvereine aus dem Ausland haben wir alles schon bewirtet», erzählt
Renggli.
Jetzt wird auch klar, warum kleine
Demonstrationsmodelle von Meilern und
verschiedenste Köhlerutensilien als Anschauungsmaterial herumstehen. Hier
erklärt Renggli den Interessierten das
Handwerk und die Geschichte der Köhlerei. Doch: «Man kann ja nicht einen ganzen Tag lang einen Holzhaufen anstarren.» Darum bieten die Rengglis auch
Ausflüge an, etwa hinunter zum Seeblibach, wo man Gold waschen kann. Und
wer Glück hat, dem wird auch mal eins
gejodelt – die Rengglis mit ihren vier
­Kindern singen seit über zehn Jahren als
Jodlerfamilie.
familie-renggli.ch
18 leben
19
Text: Monika Zech
Möbel
wie ­Skulpturen
Ein Entlebucher findet
eine Nische im Möbelmarkt.
Er macht aus Bäumen
Kunst zum Wohnen.
Setzt mit seinen Möbeln einen
«Kontrapunkt zum kühlen
Hochglanzwohnen»:
Möbeldesigner
Jean-Pierre Damerau.
E
in Möbel, mit der Kettensäge direkt
aus dem Baumstamm geschnitten? Wer
das hört, stellt sich etwas Rustikales, Klobiges vor. Er denkt an diese eigenartigen,
lackierten Wurzeltische, die sich Kanada­
fans gerne in ihre Stube stellen. Und er
kommt aus dem Staunen nicht heraus,
wenn er in die Werkstatt von Jean-Pierre
Damerau in Luzern tritt und die Möbelstücke sieht.
Momentan sind es gerade zwei
Salontische und zwei kleine Regale, die
für die Kundschaft zum Abholen bereitstehen. Archaisch ja, aber nicht rustikal.
Möbel wie Skulpturen. Trotz der teilweise
furchigen Oberflächen wirken sie anmutig und edel. Die gradlinigen, schnörkellosen Formen, die Beine aus gebürstetem
Stahl, die feinen Zeichnungen der Holzmaserung – dies alles verleiht den Stücken eine bemerkenswerte Leichtigkeit.
Es sei ihm immer wichtig gewesen,
sagt Damerau, schlichte, moderne Möbel
zu schaffen. «Aber Möbel, die einen
­Kontrapunkt setzen zum heutigen kühlen
Hochglanzwohnen, wo Beton und Glas
dominieren.» Deshalb aus Holz. «Denn
der Slogan ‹Holz isch heimelig› ist keineswegs abgedroschen», findet der Möbelbauer. «Holz lebt, Holz ist warm.» Er
werde oft von Interessenten gefragt,
­
ob sie das Möbel berühren dürften, worauf er stets antworte: «Sie müssen!»
Die zündende Idee mit der Kettensäge
Jean-Pierre Damerau, ein gebürtiger Entlebucher, entwickelte schon früh ein
­Faible für Holz. Dennoch hatte er sich als
Jugendlicher gegen den Schreinerberuf
­
entschieden. Als begeisterter Kletterer
hatte er zu grosse Angst um seine Finger.
Den Witz über den Schreiner, der in der
Kneipe mit zwei Fingern fünf Bier bestellt, fand er nicht lustig. Er entschied
sich für eine KV-Lehre in der Touristikbranche, anschliessend absolvierte er die
Bergführer-Ausbildung. Die folgenden
Jahre verdiente er sich als Bergführer sei-
20 leben
Politik
nen Lebensunterhalt. Dass er das Handwerk der Möbelherstellung später doch
noch lernte, war Zufall. Begonnen hatte er
im kleinen privaten Rahmen. Zunächst
mit ein paar Stücken für sich selbst, als er
eine neue Wohnung bezog. Danach baute
er hin und wieder Möbel für Freunde und
Bekannte. Seine Kreationen kamen an.
Die Idee, mit Möbeln ein zweites
Standbein zum Beruf des Bergführers zu
schaffen, liess ihn nicht los. «Allerdings
war mir klar, dass ich als Einzelmaske nur
eine Chance habe, wenn ich eine Nische
besetzen, etwas Besonderes bieten kann.»
Und erneut kam ihm der Zufall zu Hilfe.
Beim Klettern lernte er Hans Gisler kennen, Holzbildhauer aus dem Urnerland.
Gislers bevorzugtes Werkzeug: die Motor­
säge. Das war die zündende Idee: Möbel,
mit der Kettensäge direkt aus dem Baum
herausgearbeitet. Gisler und Damerau
­taten sich zusammen, denn die beiden
Männer verband nicht nur die Leidenschaft für die Berge und die Natur, sondern auch die Begeisterung für das Holz
und das Arbeiten mit ihm.
Erinnerung an den gefällten Baum
Zudem ergänzten sie sich perfekt –
Damerau, der mittlerweile noch eine
Ausbildung in Industrie-Design gemacht hatte, lieferte Ideen für die Möbel;
Gisler, der gelernte Schreiner, wusste,
wie sie umgesetzt werden können. «Von
ihm lernte ich auch das Handwerk mit
der Motorsäge», sagt Damerau. Gut an-
Wirtschaft
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Jean-Pierre Damerau fertigt «Möbel aus lebendigem Holz».
Gesellschaft
derthalb Jahre dauerte diese Partnerschaft, inzwischen geschäftet jeder wieder für sich. Nicht weil sie sich zerstritten
hätten, betont Damerau, sondern: «Hans
ist mehr der Künstler, ich eher der
Möbelbauer.»
Allerdings ein unkonventioneller.
In seiner Kollektion hat es zwar auch
Stücke, die nach herkömmlicher Art
geschreinert sind, in der ihm eigenen,
schlichten Formensprache. Aber mit seinen Motorsägemöbeln fällt der 47-Jäh­rige
schon aus dem üblichen Rahmen. Denn
direkt aus dem Baumstamm heraus ein
Möbel zu gestalten, entspricht nicht dem,
was ein Schreiner lernt. Weil dieses Holz
noch nass sei und sich verziehe, sich verändere, erklärt Damerau. «Als Quereinsteiger sage ich mir: Genau das ist Teil des
Konzepts – ich mache Möbel aus lebendigem Holz.»
Dieses Holz stammt hauptsächlich
aus der Schweiz, dicke Eichenstämme
muss er manchmal in Deutschland oder
Frankreich beziehen. Es gibt aber auch
Kunden, die sich aus ihrem eigenen
Baum, den sie fällen mussten, ein Möbelstück wünschen. Damerau machts möglich. «Ist doch schön, einen Tisch oder ein
Regal als Erinnerung an diesen Baum zu
haben, oder nicht?»
So ein Baumstamm wiegt schnell
einmal 300 Kilogramm. Für die erste
Etappe, das Herausschneiden der Form
mit der Motorsäge, benötigt der eigenwillige Möbeldesigner deshalb zwei Kräne
und einen entsprechend hohen Raum,
den er in einem ehemaligen Stall in Altdorf gefunden hat. Danach verfrachtet er
den Rohling in die Werkstatt nach Luzern, um ihn dort weiter zu bearbeiten. So
lange, bis aus ihm das geworden ist, was
Jean-Pierre Damerau oder der Kunde sich
vorgestellt hat, als das Möbel noch ein
Baum war.
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Wie lebt es sich mit einem Kopftuch in
Luzern, wird man angestarrt, gar angefeindet? zentral+ startet den Selbstversuch:
Einen Tag lang mit Kopftuch in der Stadt unterwegs. Ein Tag, an welchem nicht nur die
Kopftuch tragenden Frauen überraschten.
17 Frauen trafen sich zu einem Experiment im Rahmen
der Ausstellung «Schleier & Entschleierung». Darunter
befanden sich acht Muslimas, die im Alltag ein Kopftuch tragen, sowie neun Frauen, die für diesen Tag ihre
Kopftuch-Premiere erlebten. Jede der Frauen begann
den Tag mit anderen Erwartungen und Vorstellungen,
manche auch mit Unsicherheiten oder Ängsten. Ich war
eine von ihnen.
Doch an diesem Tag haben uns die Leute in Luzern überrascht: Wie freundlich und tolerant sie auf uns zugingen, das hätten wir so nicht erwartet.
Es geht los
Was zieht die Frau von Welt zu einem Kopftuch an? Die
enge Hose bleibt sicher im Schrank, die kurze Jeansjacke
auch, auf keinen Fall zu auffällig. Selten habe ich mir
so viele Gedanken darüber gemacht, was ich anziehen
soll. Nach einer halben Stunde entscheide ich mich für
die graue Stoffhose und den beigen Mantel.
Im bosnischen Zentrum in Emmenbrücke beginnt
und endet das Experiment. (Bild: Jana Avanzini)
Zum Glück nicht alleine
Treffpunkt für das Kopftuch-Experiment ist das
bosnischmuslimische Zentrum in Emmenbrücke. Im
ersten Stock des Zentrums haben die Frauen ihre Räume. Über zehn Muslimas mit Kopftüchern empfangen
mich fast überschwänglich. Ich bin die Erste. Es gibt
bosnischen Kaffee und selbstgebackene Gipfeli. Als
alle Teilnehmerinnen eingetroffen sind, bilden wir
Zweier- und Dreiergruppen. Eine Muslima, die im Alltag
ein Kopftuch trägt, und eine Frau ohne Erfahrung mit
Kopftüchern werden zusammen in die Stadt geschickt.
Meine Partnerin ist Ezra, wir verstehen uns vom ersten
Moment an blendend.
Ich bin froh darüber, das Experiment in diesem Rahmen
machen zu können. Alleine wäre die Überwindung grösser gewesen. Auch dass sie uns das Kopftuch binden,
hilft sehr, soll es doch den ganzen Tag halten.
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22
entdecken
Spiderman
aus dem Schächental
Seine Uhr scheint einfach langsamer zu laufen. Wenn etwa
die Eigernordwand normalerweise in zwei Tagen durchstiegen wird, braucht Dani Arnold dafür exakt 2 Stunden
und 28 Minuten. Oder für 340 m schwieriges Eisklettern
nur 27 Minuten und 13 Sekunden. Hängt der Urner mal
nicht in der Eiswand, trifft man auf einen freundlichen,
unkomplizierten Menschen, der auch an der Weltspitze
sehr am Boden geblieben ist. Aufgewachsen ist er im
Schächental, auf 1720 m ü. M. «Um zur Schule zu kommen, mussten wir mit der Seilbahn ins Tal fahren.» Irgendwann unternahm er den Versuch, mit zwei Eispickeln den
gefrorenen Bach neben dem Elternhaus hochzukraxeln ...
Heute ist Dani Arnold Spezialist für schnelle Begehungen
im alpinistischen Spitzenbereich. Ein Schweizer, der es
sehr exakt nimmt mit der Zeit – und halt immer ein bisschen schneller ist.
daniarnold.ch | Bild: Thomas Senf
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26 Entdecken
27
Weisser
Traum
Draussen liegt meterhoch Schnee.
Drinnen knistert ein Holzfeuer.
Unberührte Natur. Totale Romantik.
Drei der schönsten Berghütten.
Text und Bild: David Coulin
Hohganthütte (1805 m ü. M.)
Wie Kanada in der Schweiz
Die Blockhütten im Niemandsland, tief eingeschneit, stundenweit von jeder
Zivilisation entfernt. Sie stehen in Kanada, vielleicht in Finnland oder Nor­
wegen. Aber in der Schweiz?
Wir fahren vorbei an Escholzmatt und Schangnau bis zum Hotel Kemmeriboden-Bad mit seinen legendären Riesenmeringues und dem Fondue im Iglu.
Das alleine ist schon einen Besuch wert. Aber um Kanada in der Schweiz zu
entdecken, muss die Reise weitergehen – zuerst zu Fuss bis zum Hübeli, dann
mit Schneeschuhen hinauf zum Schärpfeberg. Auch im Winter ist der Weg
­ausreichend markiert. Wir entdecken die Hütte hinter ein paar mächtigen
­Tannen am Fuss der Kalkabbrüche des Hohgantmassivs.
Im Hütteninnern findet sich alles, was es für einen romantischen Aufenthalt
braucht: eine heimelige kleine Stube, Licht, Geschirr inklusive Fondue­
ausrüstung, Holzherd und Holzofen. Getränke sind da, und auch einen Tee
oder Kaffee kann man sich machen. Den Rest bringt man im Rucksack mit.
Der Zugang zur Hohganthütte ist nicht kurz, aber auch nicht schwierig.
Der technisch anspruchsvollste Teil ist der Schlussaufstieg von der Hüttenstube hinauf zum Dachboden, der auch als Schlafkammer dient.
Hinkommen: Mit SBB bis Escholzmatt, mit Postauto bis Kemmeriboden-Bad. Zu Fuss rund
30 Min. bis Hübeli. Von dort auf gut bezeichnetem und meist gespurtem Weg südwestwärts
­hinauf zum Schärpfeberg. Dort zweigt ein Schneeschuhtrail ab, der westwärts durch eine Waldpartie hinaufführt zur Hohganthütte. 850 m (Aufstieg), 3 – 4 Std., Schwierigkeitsgrad: WT 2.
Hüttenzauber: In der Hohganthütte lässt sich der Winter auf ganz individuelle Art
geniessen. Tipps zu dieser und weiteren Berghütten finden Sie auch im Buch:
«Die schönsten Hüttenziele im Winter», AT-Verlag 2012.
Unterkommen: In der Hohganthütte gibt es im Winter ein kleines Massenlager mit rund
25 Schlafplätzen. Schlafsack obligatorisch. Reservation mindestens vier Tage im Voraus.
Schlüssel wird per Post zugestellt.
www.sac-emmental.ch/hohganthuette | www.habkern.ch | www.kemmeriboden.ch
28 Entdecken
Druesberghütte (1581 m ü. M.)
Hike and Ride
29
Der 2282 Meter hohe Druesberg ist ein Wintertourenziel
für ambitionierte Skitourengänger. Manch einer verkürzt
sich gerne den Gipfelanstieg und bezieht in der Druesberghütte ein Bett in einem der modernen Zimmer.
Das Wirtepaar leistet ganze Arbeit bei der Verköstigung
der Gäste. Sofort ausverkauft sind jeweils die Kuchen aus
Eigenproduktion. Wer es deftig will oder braucht, macht
sich an eine Speckrösti oder verzehrt ein reichhaltiges
Älplerzvieri mit selbstgebackenem Holzofenbrot.
Es sind nicht nur Skitüreler, welche die Druesberghütte
heimsuchen, sondern auch Fussgänger, Schneeschuh­
läuferinnen und Abenteurer der besonderen Art. Diese
fassen im Geräteschuppen der Druesberghütte einen
­Original-Snow-Gämel. Zu diesem Gerät haben die Hüttenwarte den althergebrachten Schneegämel weiterent­
wickelt – und so geht die Post mächtig ab.
Albert-Heim-Hütte SAC (2542 m ü. M.)
Heimelig am Gotthard
Hier begegnen sich Tradition und Moderne. Traditionell ist
zum Beispiel das WC-Häuschen neben der Hütte, von dem
aus einst die Notdurft direkt über eine Felswand hinunterstürzte. Modern ist das Solarpanel, das von der HüttenRechnungswesen
wand absteht und für Gratislicht sorgt. Eine nach
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gerichtete Granitterrasse lädt zum entspannten
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schuhen oder Ski via Hotel Galenstock an der Furkapassstrasse,
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950 m (Aufstieg), 3 Std., Schwierigkeitsgrad: WT 2.
Hinkommen: SBB bis Sihlbrugg, SOB bis Einsiedeln, Bus bis Weglosen.
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1–1½ Std. Abstieg, ½ Std. Abfahrt. Schwierigkeitsgrad: WT 1/L.
Unterkommen: Die Druesberghütte ist ein gut ausgebautes Berghaus
mit 50 Schlafplätzen (drei Massenlager und ein Familienzimmer).
Sie ist täglich geöffnet. Tel. 055 414 11 63.
Unterkommen: Die Hütte verfügt über 5 Zimmer mit 7 bis 27 Schlafplätzen (insgesamt 80 Schlafplätze). Hüttenschlafsack obligatorisch.
Im Winter ist die Hütte auf Anfrage geöffnet. Der Winterraum mit
8 Plätzen ist immer offen. Reservation empfohlen.
Geniessen: Kuchen und Riesenmeringue, Speckrösti, Älplerzvieri
mit selbstgebackenem Holzofenbrot.
Geniessen: Sonnenuntergang auf der Terrasse, Sternschnuppen
beim nächtlichen Gang aufs WC, hausgemachtes Gebäck.
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31
Mit dem Wald
verwurzelt
Werner Arnold ist als Förster in den Urner Wäldern
unterwegs. Seit über vierzig Jahren. Der Wald ist sein
Arbeitsplatz, seine Energiequelle, sein Leben.
Text: Daniel Schriber | Bild: Nick Mijnssen
Der Auszug aus Erich Kästners Gedicht
«Die Wälder schweigen» hängt an der
Wand des Forstdepots Seedorf, gleich im
Eingangsbereich: «Die Wälder schweigen,
doch sie sind nicht stumm | Mit Bäumen
kann man wie mit Brüdern reden | Man
tauscht bei ihnen seine Seele um | Und
wer auch kommen mag, sie trösten
jeden!»
Wie oft hat wohl Werner Arnold
die Zeilen schon gelesen?
42 Jahre. Vier Jahrzehnte. Ein halbes Leben! So lange ist Arnold schon als
Förster tätig. «Und ich habe es noch keinen Tag bereut.» Der Wald ist nicht nur
sein Arbeitsplatz. Die Natur ist sein
Rückzugsort, seine Energiequelle, sein
Spielplatz – sein Leben. Arnold selbst
sagt: «Ich bin mit dem Wald verwurzelt.»
Der Revierförster der Gemeinden
Seedorf, Attinghausen und Bauen sitzt
an einem Tisch im Pausenraum des
Forstdepots, einer ehemaligen Militärbaracke. Draussen wütet der Föhn in
­Orkanstärke. Neben Arnold: Andreas à
Wengen, 19-jährig, angehender Forstwart im dritten Lehrjahr. Statt Interview­
fragen zu beantworten, wäre der stille
junge Mann jetzt viel lieber draussen in
der Natur. Er möchte arbeiten, an­packen,
vielleicht eine Seilbahn bauen oder einen
kranken Baum fällen. Denn darum
hat er schliesslich diesen Beruf ­gewählt.
«Ich war schon immer gerne im Wald»,
sagt à Wengen. «Förster zu sein ist
mein Traumberuf.» Heute aber geht das
nicht.
Unfallrisiko gehört zum Job
«Es ist sehr dumm gelaufen», sagt der
junge Förster, während er sich auf seinen Krücken abstützt. Passiert ist es in
einem Waldstück oberhalb von Seedorf.
Eine Fehleinschätzung, ein falscher
Schnitt mit der Säge – und der Baumstamm war nicht mehr aufzuhalten.
Unterschenkelbruch. Den Rega-Heli­
kopter, der à Wengen später ins Luzerner Kantonsspital flog, rief der Lernende noch selber. Werner Arnold war in
den Ferien, als er vom Vorfall hörte.
«Bald», sagt à Wengen, «bald will ich
wieder in den Wald.»
Die Sicherheit sei ein riesiges Thema, betonen die beiden. Auch der Chef
ist schon glimpflich davongekommen.
Nach einem Sturz rutschte er 35 Meter in
die Tiefe und musste anschliessend
ebenfalls von der Rega ins Spital geflogen werden. Ein anderer Forstmitarbeiter überstand gar einen Fall von 57 Me-
tern – «im steilsten Gelände», wie
Arnold sagt. «Er hatte grosses Glück.» In
der Natur könne eben immer etwas passieren. Umso grösser seien die Sicherheitsvorkehrungen bei der Arbeit im
Wald. Trotzdem: Ein anderer Beruf kam
auch für ihn nie in Frage.
Von den filigranen Lindenbäumen
am Urnersee bis zu den immergrünen
Arvenwäldern im Urner Oberland: 19,2
Prozent des Urner Kantonsgebietes sind
mit Wald bedeckt, das entspricht 20 657
Hektaren – oder 30 000 Fussballfeldern.
Insgesamt 85 Baum- und Straucharten
finden sich zwischen dem Talboden und
den Berggipfeln. «Unser Wald ist sehr
vielfältig», sagt Werner Arnold. Er meint
damit nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die verschiedenen Funktionen
des Waldes.
Lawinen, Steinschläge, Hochwasser, Stürme: Der Kanton Uri ist immer
wieder mit Naturgewalten konfrontiert.
Der Schutz vor Naturgefahren gehört
deshalb zu den wichtigsten Waldfunk­
tionen überhaupt. «Wohnen und Wirtschaften, wie wir es heute im Kanton Uri
tun, wäre ohne den Schutzwald nicht
denkbar», sagte dazu Kantonsforstmeier
Beat Annen schon 2011, anlässlich des
internationalen Jahres des Waldes. ▶
«Nirgendwo ist es schöner als hier»:
Werner Arnold, Förster im Kanton Uri.
32
Entdecken 33
Technische Massnahmen wie Steinschlagnetze oder Lawinenverbauungen könnten die Schutzwirkungen
zwar notdürftig ersetzen, der Wald
nimmt diese Aufgabe aber weitaus
kostengünstiger wahr.
Erholungsgebiet
und Rückzugsmöglichkeit
In der Innerschweiz gibt es herrlich urtümliche Waldlandschaften – zum Beispiel in der Biosphäre Entlebuch.
Romantische Wälder entdecken
Entlebuch
Der Lernpfad schutz-wald-mensch
vermittelt mitten in der Natur viel
Wissen um die Schutzfunktion des
Altdorfer Bannwaldes. Der acht
Kilo­
meter lange Pfad führt von
der Bergstation Eggberge talabwärts
Richtung Moosbad. Auf dem Weg
gibt es verschiedene Erfahrungsund Erlebnisorte zu entdecken.
Kaum eine andere Region der
Schweiz besitzt so viele Naturschätze wie der «Wilde Westen» von Luzern. Hier finden sich die grössten
Moorlandschaften der Schweiz und
eine Tier- und Pflanzenwelt von besonderer Bedeutung. Eine Wald­
pflegegenossenschaft in Flühli wurde dieses Jahr mit dem renommierten
Binding-Waldpreis ausgezeichnet –
in Anerkennung der vorbildlichen
Pflege ihrer Waldungen.
schutz-wald-mensch.ch
Im Kanton Schwyz befindet sich das
grösste heute noch intakte Heideund Hochmoor der Schweiz. Über
100 Hektaren bieten Rückzugsmöglichkeiten für teilweise selten gewordene Tiere und Pflanzen. Durch das
einzigartige Naturschutzgebiet führen gut angelegte Spazier- und Wanderwege – dabei geniessen die Erholungsuchenden einen spektakulären
Blick auf die Schwyzer und Glarner
Bergwelt.
Emmetten
moorevent.ch
tourismus-emmetten.ch
Wildtiere in der freien Natur beobachten? Dieser spannende Themenpfad führt vom Niederbauen nach
Emmetten Stockhütte. Auf dem elf
Kilometer langen Pfad erfahren die
Wanderer auf Infotafeln viel Interessantes zur einheimischen Wildtierund Vogelwelt. Vom Frühjahr bis
Herbst finden geführte Wanderungen statt.
biosphaere.ch
Bild: zVg
Rothenthurm
Altdorf
Nach einer kurzen Autofahrt stehen
wir mitten im Urner Reussdelta. Noch
immer tobt der Föhn, vom Süden her
ziehen dicke Wolken auf. Ausser einem Spaziergänger und seinem Hund
ist an diesem Dienstagmorgen niemand im Reussdelta unterwegs.
«An schönen Sommertagen
kommen die Leute in Scharen», weiss
Arnold. Direkt am «Weg der
Schweiz» gelegen, zieht das Naturschutzgebiet Erholungsuchende von
weither an. Bekannt ist das Gebiet
für seine Badeinseln Lorelei, die von
Menschenhand geschaffen wurden.
Gleichzeitig bietet die Landschaft am
Südende des Urnersees vielen seltenen Pflanzen und Tierarten eine
Rückzugsmöglichkeit.
Seit einigen Jahren steht mitten im Reussdelta ein elf Meter
­hoher Aussichtsturm. Dieser wurde
von Werner Arnold mitgestaltet und
gänzlich aus Urner Tannenstämmen
erbaut. Über eine Wendeltreppe gelangen die Besucher auf eine Plattform, von der sie einen eindrücklichen Blick in alle Himmelsrichtungen
geniessen. «Hier im Reussdelta ist es
uns gelungen, die Bedürfnisse der
Natur und der Menschen auf gesunde Weise in Einklang zu bringen»,
sagt Arnold nicht ohne Stolz.
Nicht überall gelingt dies
gleich gut. Ob Biker, Wanderer, Pilzsammler oder Jäger: Im Wald treffen
ganz unterschiedliche Bedürfnisse
aufeinander. «Der Tourismus spült
immer mehr Menschen in die Natur», sagt Arnold. «Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass wir den
Wald immer mit den Tieren und
Pflanzen teilen.» Da der Seedorfer
nicht nur Förster, sondern auch einer der ersten Schweizer Ranger ist,
gehört es auch zu seiner Aufgabe,
vorhandene Konflikte zu erkennen
und zu lösen.
Wir verlassen den Aussichtsturm und steigen wieder ins Auto.
Die nächste Station ist der Bergwald
Bodmi, der die Gemeinden Seedorf
und Bauen verbindet. Flink bewegt
sich der 60-jährige Förster quer über
die steilen Hänge und lässt den Reporter schnell hinter sich. In der
Hand trägt er einen Gertel, in der
Hosentasche eine Digitalkamera.
Arnold muss hier ein Wildschutzbiotop fotografieren, das er im
Auftrag des Wildhüters pflegen liess.
Zwei Forstwart-Kollegen hatten dafür Gras und unerwünschtes Gestrüpp gemäht, um den Wildtieren
eine gute Äsungsfläche zu schaffen.
Dankbar für die Schönheit
der Natur
Der Förster blickt hinunter zum See
und rüber in die Berge. «Dieser Ausblick entschädigt einfach für alles»,
sagt Arnold. «Ich bin auch nach 60
Jahren noch dafür dankbar, dass ich
hier geboren wurde.» Diese Dankbarkeit will er nun auch seinen Enkelkindern mitgeben, mit denen er
viel Zeit im Wald verbringt. Es sind
für Arnold die schönsten Momente.
Denn auch wenn der Seedorfer
schon um die halbe Welt gereist ist:
«Nirgendwo ist es schöner als hier.»
Es ist Mittag geworden; der
Revierförster ist zurück im Depot.
Als wir uns verabschieden, fällt uns
noch einmal das Gedicht von Erich
Kästner auf. Gleich darunter stehen
auf einem einfachen Zettel zwei weitere Zeilen: «So gross wie die Freiheit,
die man geniesst | ist die Verantwortung, die man trägt.»
Keiner weiss das besser als
Werner Arnold, Förster im Kanton
Uri seit 42 Jahren.
34 Entdecken
Entdecken 35
Bauen mit Holz –
der Natur zuliebe
Immer mehr und immer grössere ­Objekte
werden in Holzbauweise erstellt. Ein
­Pionierobjekt in Sachen Nachhaltigkeit
steht am Kirchrainweg in Kriens.
Text: David Coulin | Bild: Emanuel und Gabriel Ammon
O
ben, auf einem kleinen Hügel,
liegt der St. Gallus-Friedhof, unten das
Zentrum von Kriens. Dazwischen, an einer mässig steilen Nordlage, gibt es eine
Nische ganz ähnlich einer Landungsbucht in einem Bootshafen.
Hier ist seit kurzem ein Schiff vertäut – ein Hausschiff sozusagen. Vorne
der Rumpf, hinten der etwas breitere
Abschluss. Auf dem Oberdeck hat es
­
aber keinen Swimmingpool, sondern
Sonnenkollektoren. Sie tragen dazu bei,
dass dieses Haus am Kirchrainweg als
erstes Mehrfamilienhaus der Zentral­
schweiz die Anforderungen von Minergie-A-ECO erfüllt.
Dieser nachhaltigste aller Minergie-Standards setzt bei der Verwendung
regionaler Baustoffe an, bewertet den
Energieverbrauch und fordert einen
Nachweis, dass das Haus nicht nur möglichst ohne graue Energie erstellt worden
ist, sondern auch wieder ökologisch
rückgebaut werden kann.
Alle oberirdischen Geschosse im
Krienser Holzbau wurden denn auch aus
regionaler Weisstanne erstellt. «Für dieses
ökologische Anforderungsprofil ist einheimisches, lösungsmittelfrei verleimtes
Holz klar in der Pole-Position», sagt Holz­
ingenieur Stefan Heinzer von der ausführenden AG für Holzbauplanung.
Brandschutz? Kein Problem mehr
Seit 2005 ist es erlaubt, mit Holz auch
mehrgeschossig zu bauen. Besser gesagt: Es ist wieder erlaubt, denn früher
gab es noch keine Brandschutzvorschriften. «Beim Brandschutz wurde in
der Zwischenzeit viel geforscht», sagt
Stefan Heinzer. Resultat: Holzkonstruktionen sind viel besser als ihr Ruf. «Holz
wird in Zukunft brandschutztechnisch
keinen Sonderstatus mehr haben», sagt
Stefan Heinzer. Will heissen: Entscheidend für die Brandschützer ist nicht
mehr die Art des Materials, sondern
a­ llein dessen Feuerwiderstand. Das ist
eine gute Botschaft für die Holzbau­
szene, die sich seit Jahren im Aufschwung befindet. Dabei gelingt es dank
raffinierter Leim- und Verbiegetechniken, Holz aus der konservativ-heimeligen Ecke herauszuholen und mit diesem
Baustoff moderne oder gar futuristische
Architektur zu zelebrieren.
Ein Leuchtturmprojekt ist dabei
der Neubau des Tamedia-Gebäudes in
Zürich aus der Feder des japanischen
Stararchitekten Shigeru Ban. Ebenfalls
viel Beachtung gefunden hat die gigantische Überdachung der neuen Elefantenhalle des Zoos Zürich. Aber auch ganze
Überbauungen wie die Etappe 2 der
Suurstoffi Rotkreuz mit 156 Wohnungen
werden neuerdings aus Holz erstellt. Die
Bauvolumen sind dabei so gross geworden, dass mehrere Holzbauer Partnerschaften eingehen, um die Aufträge
überhaupt bewältigen zu können. «Seit
kurzem bekommen wir sogar Anfragen,
Erfüllt höchste Energie-Standards:
Das Mehrfamilienhaus am Kirchrainweg in Kriens
wurde aus heimischem Holz hergestellt
36 Entdecken
37
Mietobjekte aus Holz zu planen und zu
bauen», sagt Stefan Heinzer.
Andere Holzbauer wie die Renggli
AG in Schötz setzen dabei – nach dem
Vorbild der Autoindustrie – auf eine
industrielle Vorfertigung der Wände,
Böden und Decken in der trockenen
Werkhalle. «Die Vorteile dieses Systems
liegen in der hohen Qualität, Terminsicherheit und kurzen Bauzeit der Objekte», sagt die Marketingleiterin Heidi
Fleischli. Neuerdings werden sogar
­ganze Raummodule samt Innenausbau
und Haustechnik vorproduziert und
­danach auf das Grundstück verschoben.
«Die Modulbauweise ist nicht neu», sagt
Fleischli, «aber es wird Zeit, diese weiterzuentwickeln.»
Ein weiterer Trend gilt dem Hybrid­
bau. Dabei werden Holz und Beton
kombiniert. Oft wird der schalldämmende Beton für Decken eingesetzt, während das Holz im Wandbau für eine optimale Wärmedämmung sorgt.
In aller Regel wird als Bauholz
Fichte oder Tanne gebraucht. Dies, obwohl Laubhölzer eine viel höhere Festigkeit haben. Allein: Esche zum Beispiel ist
bis zu dreimal teurer in der Anschaffung
und Verarbeitung als Fichte. Dafür
braucht es nur halb so viel Material und
Leim, um dieselbe Festigkeit zu erzielen.
Geringe Mehrkosten
Spezialisiert auf Laubholzbau ist die
Neue Holzbau AG in Lungern. Sie produziert Tragkonstruktionen mit verleimtem Brettschichtholz von Esche, Buche,
Eiche und Robinie. «Dort, wo eine hohe
Belastbarkeit gefragt ist, kann Laubholz
sogar Baustoffe wie Stahl und Beton
ersetzen», sagt Geschäftsführer Bruno
­
Abplanalp. «Ebenfalls im Vorteil ist
Laubholz, wenn die Tragstrukturen
möglichst filigran sein sollten.»
Bleibt die Gretchenfrage: Wie hat
man’s mit dem Schweizer Holz? Es lohnt
sich, diese Frage als Bauherr dem Holzbauer zu stellen. Denn noch immer
­werden 60 Prozent des in der Schweiz
verbauten Holzes importiert. Viele Holzbauer offerieren sogar nur ausländisches
Holz. Dies in der Annahme, der Kunde
wolle den Aufpreis für Schweizer Holz
sowieso nicht bezahlen.
So viel teurer ist das Bauen mit einheimischem Holz jedoch gar nicht.
«Beim Einsatz von 300 Kubikmetern
Holz in einem Mehrfamilienhaus, das
1,2 Millionen kostet, betragen die Mehrkosten nur 1,1 Prozent», sagt Thomas
Lüthi von Lignum, der Dachorganisa­
tion der Schweizer Holzwirtschaft.
Und Bauherr Markus Portmann ist
überzeugt, dass sich die Mehrkosten für
den Minergie-A-ECO-Bau in Kriens
langfristig sogar auszahlen, weil dieses
Haus vermutlich länger intakt sein wird.
Das sehen andere auch so. Bereits hat
Portmann für sein innovatives Bauwerk
zwei Auszeichnungen erhalten.
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Bauholz: Darauf sollten Sie achten
Nadelholz. Der weitaus grösste Anteil an Bau- und Konstruktionsholz
entfällt auf Nadelhölzer. Führend
sind dabei Fichte und Weisstanne.
Sie verfügen über gute mechanische Eigenschaften, lassen sich –
wichtig für Fassaden – problemlos
oberflächenbehandeln und sind
sehr gut verleimbar. Nachgefragt
wird auch Lärchenholz wegen seiner Widerstandsfähigkeit und
­Dauerhaftigkeit – zum Beispiel für
Bootsstege, Schindeln oder Täfer.
Sehr beliebt bei den Holzbauern ist
zudem die Douglasie, weil sie leicht
bearbeitbar ist. Die Experten streiten sich allerdings, ob das jetzt ein
einheimisches Gewächs sei oder
nicht. Eine untergeordnete Rolle als
Bauholz spielen die Föhre, die Arve
und die Eibe.
Laubholz. Die Laubhölzer haben
den Durchbruch als Bauholz noch
nicht so recht geschafft – sehr zum
Leidwesen der Waldbewirtschafter
und der Naturschützer, die lieber
einen durchmischten Wald heranzüchten wollen als eine Fichten-­
Monokultur. Die meisten Laubhölzer
wie Ahorn, Birke, Buche und Birn-
baum, aber auch Kirschbaum und
Nussbaum werden vor allem für
Innenausbauten und Möbel gebraucht. Eine Ausnahme bildet
die Eiche. Da Eichenholz zwar sehr
schön, aber auch teuer ist, wird
es vor allem für ästhetisch anspruchsvolle Bauteile eingesetzt.
Auch das Holz der Edelkastanie
kann im Aussenbereich verwendet
werden, zumal es sehr dauerhaft
und auch optisch interessant ist.
Umwelt-Labels. Für eine Beratung
bezüglich des Bauholzes wenden
Sie sich an einen Holzbauer Ihres
Vertrauens. Wer sichergehen will,
dass das verwendete Holz nach­
haltiger Herkunft ist, fragt nach
den Gütesiegeln. Am bekanntesten
für Bauholz ist das PEFC-Zertifikat.
Es basiert inhaltlich auf den
­Beschlüssen, die zum Schutz der
­Wälder in Europa von 37 Nationen
verabschiedet wurden. Durch unabhängige, renommierte Zertifizierungsgesellschaften wird sicher­
gestellt, dass die Wälder nach
den PEFC-Standards ökologisch,
ökonomisch und sozial nachhaltig
bewirtschaftet werden.
Der Allgemeinheit geläufiger ist das
FSC-Zertifikat. Der FSC hat Prinzipien und Kriterien für die umweltund sozialverträgliche Waldbewirtschaftung aufgestellt. Das FSCLabel weist demzufolge nach, dass
Holz aus umwelt- und sozialverträglich bewirtschafteten Wäldern
stammt. Unter anderem unterstützt
der WWF das FSC-Label.
Schweizer Herkunft. Immer mehr
Bauherren fragen indes nach
Schweizer Holz. Dieses wird mit
dem Herkunftszeichen Schweizer
Holz (HSH) ausgewiesen. Neu können Gebäude oder Gebäudeteile
HSH-zertifiziert werden, wenn
sie nachweislich zu mindestens
80 Prozent aus Schweizer Holz
­bestehen. Auf der Webseite der
Dachorganisation Lignum ist unter
«Herkunftszeichen Schweizer Holz»
eine interaktive Landkarte
­aufgeschaltet mit allen Holzbau­
betrieben, die (fast) ausschliesslich
mit Schweizer Holz arbeiten.
lignum.ch
pefc.ch
fsc-schweiz.ch
38 Entdecken
geniessen 39
Der Mann
im Mond
Der Schreiner Roger Lindauer aus
Steinen (SZ) setzt auf ökologische,
gesunde Produkte. Er verarbeitet
Holz, das in einer günstigen Mondphase gefällt wird.
Text: Vera Rüttimann
D
er Mond hat ihn stets schon fas­
ziniert: Roger Lindauer, Küchenbauer,
gehört zu den Pionieren der ökologischen Holzverarbeitung. Er ist überzeugt, dass der Himmelskörper auch die
Qualität von Holz beeinflusst.
Für den dreifachen Familienvater
in Steinen (SZ) hat das sogenannte
Mondholz besondere Eigenschaften, die
durch den Zeitpunkt seiner Fällung entstehen. Ideal ist der Holzschlag in der
letzten Phase des abnehmenden Mondes, zwischen Ende Oktober und Anfang
Januar. In dieser Zeit enthalte der Baum
kaum Nährstoffe im Stamm. Statt ihn
­sofort zu zersägen und mit Pestiziden
zu behandeln, werde das Mondholz
mehrere Wochen lang liegen gelassen.
«Es bietet keinen Nährboden für Schädlinge und muss nicht chemisch behandelt werden. Es ist widerstandsfähiger»,
erklärt der 46-Jährige.
Roger Lindauer macht in seinem
Umfeld immer mehr Menschen aus, die
Ökologische Aspekte sind ihm wichtig – auch bei der Produktion seiner Küchenmöbel: Schreiner Roger Lindauer.
sich für bauökologische Themen interessieren. Auch in seiner Branche hat er
Mitstreiter gefunden. «Wir wollen Materialien verwenden, die ökologisch verarbeitet und rezyklierbar sind. Sie sollen
keine chemischen Zusätze enthalten.»
Voll im Öko-Trend
Roger Lindauer sträubte sich schon während seiner Ausbildung gegen die Dok­
trin, alles Holz müsse verleimt werden.
Der Küchenbauer, der eine Ausbildung
zum Baubiologen absolviert hat, weiss:
«Unser Körper reagiert über die Haut
und die Sinnesorgane sehr sensibel. Deshalb macht es Sinn, an zentralen Orten
wie Bad, Küche und Schlafzimmer mit
ungeleimtem Holz zu arbeiten.»
Vor rund zwanzig Jahren hat Roger
Lindauer die ersten leimfreien Betten
aus Massivholz kreiert; die einzelnen
Holzteile wurden mit einem raffinierten
Klick-System ineinandergesteckt. Zudem
entwickelte er mit der Architektin Susanne Stamm eine ebenso ökologische
wie edle Küche aus Massivholz. Der
Öko-Trend beflügelt sein Geschäft.
Mondholz erfreue sich einer steigenden
Nachfrage, sagt Lindauer. Manche bauen
damit ganze Häuser. Die Lindauer AG
stellt neben der Küchenlinie «greenline»
auch Esstische, Bettgestelle und Bad­
möbel her – alles aus Massivholz.
Mondholz ist gefragt. Über seine
­Eigenschaften wird jedoch kontrovers diskutiert. «Manche behandeln es wie eine
Glaubensfrage. Für mich geht es jedoch
primär um den ökologischen A
­ spekt», betont Roger Lindauer. Seine Kunden seien
neugierige Menschen, die sich für nachhaltiges Bauen interessierten. Roger Lindauer sagt: «Viele sagen mir: Mondholz
strahlt eine gute Energie aus. Es hat unsere
Lebensqualität verbessert.»
lindauerag.ch
Trendige
Schlitten
Auch Jo Lindauer und seine Tochter Viola, entfernt verwandt mit
Roger Lindauer, haben sich ganz
der Arbeit am Holz verschrieben.
In ihrem Atelier in Schwyz baut
das Duo als einer der wenigen
Schweizer Handwerksbetriebe
noch Qualitätsschlitten – bis hin
zum topmodernen Rodel. Jo Lindauer verwendet für seine Schlitten meist das für seine Biegsamkeit bekannte Eschenholz. Wer
genug hat von brüchigen Billigschlitten, rutscht damit stabil ins
neue Jahr.
lindauerschlitten.ch
40
geniessen
Der Baumsammler
Besondere Bäume sind für ihn ein Kulturgut, das es
zu schützen gilt wie alte Kirchen: Der Grafiker, Buch­
autor und Fotograf Michel Brunner dokumentiert für
das von ihm gegründete Projekt «pro arbore» schöne,
alte oder seltene Bäume. Daraus ist inzwischen ein
Archiv mit über 4000 Bäumen entstanden, darunter
auch besondere Exemplare aus der Innerschweiz.
Manche davon sind in bildstarken Büchern zu bestaunen. Mit seinem Projekt setzt sich Brunner für einen
nachhaltigen Baumschutz ein. Denn viele Baumriesen
sind durch Zersiedelung akut gefährdet.
Bild: Michel Brunner | proarbore.com
Text: Vera Rüttimann
41
42 geniessen
geniessen 43
Bauernspeck wird heutzutage in
i­ndustriellen Grossmetzgereien hergestellt, aber auch noch in gewerblichen
Betrieben höher gelegener Regionen mit
einem Klima, das den Prozess mit sauberer Luft und nicht zu starker Luftfeuchtigkeit ­unterstützt. Also in Graubünden,
in der Innerschweiz, im Wallis, im Tessin, im Jura. Je feuchter ein Gebiet, desto
nötiger das Räuchern, denn, so erzählt
der Referenzmetzger im Muotatal, «der
Rauch hält während der Trocknung die
Bildung von Schimmel in Schach».
Früher hängten die Bauern das
Fleisch, das sie konservieren wollten, einfach in den Küchenkamin. Der Platz
reichte für die zwei, drei Schweine, die
man im Spätherbst schlachtete. Im Freilichtmuseum Ballenberg kann man diese
alte Methode im Haus von Madiswil anschauen und riechen, wie der Rauch aus
dem Kochherd quillt und zur Decke
hochsteigt, wo er Speckseiten und Würste
streichelt und sich durch Lücken und Ritzen ins Freie verzieht. Als sich die Schweinemast zu einem Einkommenszweig entwickelte, brauchte man mehr Platz.
Speck schmeckt: Die individuellen Würzmischungen und das ausgesuchte Holz erzeugen geschmackliche Unterschiede.
Feines Räucherwerk
Schwarze Hände im Muotatal
Kulinarisches Erbe Vergessen wir mal Kalorien und Cholesterin.
Und geniessen guten alten Speck.
A
llein schon das Wort wirkt so
v­ ielstrahlig wie die Aromenwelt, die ihn
zu einem finessenreichen Genuss erhebt:
Speck. Da greifen sich die einen an
die Hüfte, anderen träumen von einem
­Zvieriplättli. Da rattern im Hirn die Rädchen und zählen Kalorien und Cholesterinwerte, während weiteren im Mund das
Wasser zusammenläuft.
Speck polarisiert. Wird verabscheut
und verehrt, gemieden und – gesucht:
Jenseits aller Massenware lassen sich auf
dem Land und in ambitionierten Metzgereien Speckseiten finden, deren Geschmack die Landschaft eingefangen hat
und das Tier ehrt, das vor dem letzten
Gang hoffentlich ein glückliches war.
Fleisch aus dem Küchenkamin
Es gibt allerhand Arten von Speck: rohen
und gekochten, trocken gepökelten und
in Lake aromatisierten, kalt oder warm
geräucherten. Dann Frühstücksspeck
angelsächsischer Art, Bauchspeck, Rückenspeck, grünen Speck, Salzspeck,
Kochspeck, Bratspeck, Lardo aus Italien
und eben den Bauernspeck schweizerischer Art, auch Rohessspeck genannt.
Zu Speck wird Fleisch von den Flanken,
vom Bauch und vom Rücken verarbeitet;
edlere Stücke sind die Ausnahme und in
der Schweiz nicht produziert.
Bild: Fotolia
Text: Paul Imhof
Der Grossvater des Metzgers aus dem
Muotatal legte das rohe Fleisch in eine
Holzstande (Bottich), rieb es mit Salz
und Pfeffer, Lorbeer und weiteren Gewürzen ein, legte ein Brett darüber und
beschwerte es mit Steinen. Das Gewicht
gab dem Speck die Form und half mit,
dem Fleisch Saft zu entziehen.
Nach etwa zwei Wochen hängte er
die Speckseiten in einen Schrank. Unten
zündete er Sagete an, Sägemehl, und räucherte nach alter Tradition. «Es hat gemottet und man bekam schwarze Hände», erzählt der Metzger, «man musste
die Sagete etwas anfeuchten, damit der
Rauch nicht zu heiss wurde, und immer
wieder einmal neu anzünden.» Nach gut
einer Woche im Rauchschrank wurde
der Speck im Haus aufgehängt, wo er
weiter trocknete.
Damals schlachtete und verarbeitete der Grossvater pro Woche drei bis fünf
Klaus-Dieter Bahnsen
Sommelier und Spitzenkoch
Bahnsens
Saisonküche
M
etzgete. Bei mir weckt das
s­ pezielle Erinnerungen. Denn damals,
in meinem Elternhaus, ging es bei
der Metzgete noch um Tiere, die zu
meinem unmittelbaren Lebensraum
­zählten.
Das Abwägen der Futtervorräte für
die bevorstehenden ent­
behrungsreichen Wintermonate war entscheidend für eine
Schlachtung. Es war
nämlich nicht möglich,
den gesamten Tierbestand durch
den Winter zu füttern; das Heu dafür
reichte nicht.
Wir führten jeweils im Januar unsere
Metzgete durch. Auf jeden Fall musste
die Aussentemperatur sehr kalt sein,
weil die Tiere nach dem Schlachten
noch ein paar Tage auf Leitern abhängen mussten. Einen Kühlraum gab es
nicht, also machte man sich die Kälte
der Jahreszeit zunutze.
Was sich nicht zum Konservieren
eignete, wurde sofort zu Köstlichkeiten
verarbeitet. Es war immer eine spezielle
Atmosphäre, wenn sich alle an unserem grossen Küchentisch versammelten in Erwartung der feinen Suppen,
Blut-, Leber- und Bratwürste. Manch-
mal gab es sogar ein saftiges Kotelette ...
Nach dem Abhängen des Fleisches
mussten alle weiteren Teile so schnell
wie möglich verarbeitet werden. Jeder
erhielt seine Aufgabe zugeteilt und
durfte mit anpacken. Alles Fleisch wurde mit grösster Sorgfalt und Respekt
verwertet.
Das emsige Treiben war für mich immer äusserst spannend. Es gab Braten,
Kessel- und Sauerfleisch und natürlich
auch eine Art Terrine (oder eher eine
Rillette). Diese wurde in Gläser abgefüllt und sterilisiert. Viel Erfahrung
und Geschick war auch erforderlich
fürs Vorbereiten der Rauchwürste aus
Kalb- und Schweinefleisch (sogenannte
Rauchmettwürste), für den Rauchschinken und Speck. All diese feinen
Gerichte bereicherten unseren Speiseplan, solange der Vorrat reichte.
Für Vegetarier ist meine Schwelgerei –
o je! – sicher unerträglich... Dennoch
sehe ich Parallelen zum Thema Nachhaltigkeit.
Auch bei den Pflanzen kann ich mich
entscheiden, meinen Speiseplan der
Jahreszeit entsprechend mit Produkten
von Produzenten zu bereichern,
die ehrlichen und nachhaltigen Pflanzenbau betreiben. Bei diesen Angeboten handelt es sich
meistens um Gemüse und
Salate, die noch gerüstet
und bearbeitet werden müssen. Ich
habe allerdings auch die Möglichkeit,
gedankenlos geschnittene Gemüse und
gewaschene Salate aus Massenproduktion zu kaufen – Fertigware, die in Plastikbeutel gequält wurde und begast im
Ladengestell auf den Konsumenten
wartet.
In diesem Sinne wünsche ich einen
guten Appetit – und jedem die richtige
Entscheidung.
Bezugsquellen:
Bio-Fleisch und Bio-Gemüse kann man
auch online bestellen. Ein Verzeichnis der
Produzenten in Ihrer Nähe finden Sie hier:
knospehof.ch
44
geniessen 45
Schweine. Das Wursten dauerte einen
ganzen Tag. Die Grosseltern waren Bauern, Metzger und Beizer. «Manchmal hat
jemand geläutet und Landjäger gekauft,
abgerechnet wurde mit derselben Kasse
wie in der Beiz.»
Nicht zu fett, nicht zu mager
Die nächste Generation gab die Landwirtschaft auf. Heute gibt es nur noch
die Metzgerei, wo in einer Woche rund
80 Schweine geschlachtet werden. Die
Tiere wachsen in der Umgebung auf,
beim Pragelpass, im Bisistal, auf dem
Stoos, in Illgau, «die Anfahrt soll nicht
länger als eine halbe Stunde dauern».
Der Bauernspeck stammt von der
Brust der Sau, es gibt also pro Tier zwei
Hälften an je gut 3,5 Kilo Fleisch. Der
Speck sollte gut durchzogen sein, nicht
all zu fett, aber auch nicht nur mager.
Am Ende des Konservierungs- und
­Veredelungsprozesses werden die Speck-
Feinschmecker
können über Speck
stundenlang reden,
Adressen tauschen
und doch die
besten Produzenten
geheimhalten.
seiten durch Wasserentzug die Hälfte
­ihres ursprünglichen Gewichtes verloren
haben.
Nach dem Schlachten ist das
Fleisch eine Woche bei Temperaturen
um den Nullpunkt abgehangen. Dann
erst schneidet der Metzger die beiden
Brustteile heraus und entfernt Schwarte,
Knorpel und Knochen. In der Pökel­
maschine nehmen die Speckseiten Ge-
schmack auf, intensiviert durch Vakuumieren des Behälters: Der Unterdruck
presst die Gewürze ins Fleisch. Nach einem Tag lässt man es zehn Stunden lang
ruhen, damit Bakterien die Geschmacksbildung anregen können.
In der Rauchkammer werden die
Speckseiten über Nacht kalt und intensiv
geräuchert, anschliessend hängt man sie
in den Trocknungsraum und lässt sie
dort während drei bis vier Wochen weiter
Flüssigkeit abgeben. Der Raum wird regelmässig mit Rauch beschwallt. Dank
einer Klimaanlage können die Metzger
bei allen Aussentemperaturen räuchern
und trocknen. Ideale Bedingungen sind
zehn bis zwölf Grad und etwa 75 Prozent
Luftfeuchtigkeit.
Geschmackliche Delikatesse
In den hochalpinen Regionen ist die Luft
trockener, da kann man aufs Räuchern
verzichten. Zu trocken darf es allerdings
auch nicht werden, sonst verhärtet und
verschliesst sich die Oberfläche des Fleisches und lässt keine Feuchtigkeit mehr
entweichen. Das Fleisch beginnt von innen her zu verderben.
Die individuellen Würzmischungen und das ausgesuchte Holz erzeugen
geschmackliche Unterschiede; auch die
Landschaften und ihre Klimata tragen
dazu bei, dass sorgfältig produzierter und
gereifter Bauernspeck eine Delikatesse
werden kann. Über solchen Speck können Feinschmecker stundenlang diskutieren, Adressen tauschen und die besten
Produzenten so geheimhalten wie diese
ihre Würzkompositionen.
Am besten schmeckt dieser Speck
in lange, dünne Tranchen geschnitten
oder auch in kurze, dickere Stücke. Dazu
passen Brot oder geschwellte Kartoffeln,
ein kühles Bier oder ein kerniger Landwein. Die Schwarte kann man in einer
Tomatensauce oder einem Eintopf mitkochen lassen, sie gibt Aromen ab.
«Gut fürs Herz»
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Im Idiotikon lassen sich auch Ratschläge
zu medizinischen und magischen Zwecken finden: «Gsalzner Speck ist guet für
den Herzbrönner», «Gegen Husten und
Brustleiden reibt man Brust und Rücken
mit rohem Speck in» (und schaut, dass
weder Hund noch Katze in der Nähe
sind), und Hühnerzüchter sollen in der
«alten heiligen Nacht zwischen 11 und
12 Uhr den Hühnern Speck zu fressen
geben; dann sind sie im nächsten Jahr
vor dem Habicht sicher».
Herzlich
willkommen
im Pfistern
Winterwald!
Paul Imhof ist Autor des Buches
«Das kulinarische Erbe der Schweiz».
regionalprodukte.ch
Rolf Beeler, Maître Fromager
Beelers Käse
H
erbst und Winter ist Weinsaison.
Ob schwankend auf dem Weinschiff,
oder romantisch vor dem warmen
Cheminée: Es wird degustiert, genossen
und auch mal zu viel getrunken.
Ein wichtiger Bestandteil bei der Weindegustation ist bekanntlich das Holz.
Rieche ich, ob der Wein Zapfen hat?
Oder sind es alte Barrique-Fässer, die
den Wein so stinken lassen?
Genau das ist mir letzthin passiert, als
ich in einem Restaurant drei Flaschen
vom gleichen Wein aufmachen liess,
weil ich immer wieder Zapfen gerochen
hatte, bis die Sommelière den Mut
­aufbrachte, mir zu sagen, dass diese
­Flaschen nicht mit Kork, sondern mit
einem Glaszapfen verschlossen waren ...
Das Holz (vor allem die Eiche) ist ein
wichtiger Bestandteil beim Wein für
die Lagerung und den Geschmack. Genauso kann es auch für den Käse sein.
Obwohl moderne Grosskäsereien ihre
Gummikäse auf Plastikbrettern liegen
lassen (ich weigere mich, das Wort
­«reifen» zu gebrauchen), ist für mich
die traditionelle Lagerung und Reifung
auf Tannenholzbrettern unersetzlich,
weil die Käselaibe auf dem Holz atmen
und ihre Aromen entwickeln können.
Ein alter Brauch ist die Produktion von
frischen Ziegenkäsen, die mit schwarzer Lindenholzasche bestäubt werden.
Damit sollen die Fliegen nicht auf den
Gedanken kommen, ihre Eier auf dem
Käse abzulegen – was die ganze Käsesache nicht nur böckelig, sondern auch
ziemlich lebendig machen würde.
­Heute wird die Asche eher als Würze
und Design gebraucht, weil die Käse­
keller so eingerichtet sind, dass die
­Fliegen gar nicht mehr reinkommen.
Seit Jahrhunderten umwickelt man
auch weichere Käse mit Holzrindenstreifen von Fichten, damit sie während
der Reifung nicht auseinanderfallen.
Angenehmer Nebeneffekt: Das Tannen­
aroma breitet sich im Käse aus. Der bekannteste Käse dieser Gattung ist
der Vacherin Mont d’Or, der während
der Wintermonate am Lac de Joux produziert wird. Während der Sommermonate sind die Kühe auf den Alpen,
dann wird Gruyère dalpage gemacht.
Im Herbst, wenn die Kühe dann runterkommen und ihre Jungen gebären, wird
die übrige wenige Milch, die die Kälber
nicht saufen, zu eben diesem Weichkäse
verarbeitet. Sepp Barmettler aus Stans
produziert seit über 20 Jahren mit dem
Stanser Chuefladä einen ähnlichen
Weichkäse, aber ohne diese Holzrinde.
Wärmen Sie doch mal an einem Winterabend so einen Vacherin oder Fladä
bei 200 Grad im Ofen, bis er leicht flüssig ist, und essen ihn dann mit chüschtigem Brot wie ein Fondue. Besonders
romantisch ist das mit einem Glas Rotwein vor dem Cheminé e-Holzfeuer.
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46 AGENDA
47
Festtage geniessen in der Innerschweiz
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Luzerner Christkindlimarkt
Freitag, 21. November, bis Dienstag,
23. Dezember
Der 12. Christkindlimarkt im RailCity Bahnhof
bietet tolle Marktstände mit allerlei kulinarischen Spezialitäten, Geschenkideen, Märchen
und Vorlesungen für Kinder und vieles mehr.
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Lozärner Wiehnachtsmärt
Donnerstag, 4. bis Sonntag, 21. Dezember
Mit über 65 Ständen lockt der Lozärner
Wiehnachtsmärt Gross und Klein auf den
Franziskanerplatz.
weihnachtsmarktluzern.com
Luzerner Weihnachts- und Handwerksmarkt
6.,8.,13.,14.,20. und 21. Dezember
Am Weihnachtsmarkt des Luzerner Handwerksmarkts sind einmalige Eigenproduktionen
aus Glas, Textil, Holz, Keramik, Metall und vielem mehr zu kaufen. Er findet auf dem Weinmarkt der Luzerner Altstadt statt.
handwerksmarkt.ch
Christkindlimarkt Altdorf
Freitag, 12. Dezember
Im Dorfzentrum im Unterlehn findet dieser
schöne Weihnachtsmarkt statt. Mit viel weihnachtlichem Flair präsentieren sich die Aussteller mit Weihnachtsideen und Dekorationen.
altdorf.ch
Stanser Wiänachts Märcht
Samstag, 13. und Sonntag, 14. Dezember
Weihnachtlicher Kunst- und Koffermarkt
in den gemütlichen Kellerräumen der Back­
stube Stans.
tourismusstans.ch
Christbaummarkt Luzern
Mittwoch, 17. bis Dienstag, 23. Dezember
Dieser grosse und traditionelle Christbaummarkt befindet sich an attraktiver Lage entlang
der Seepromenade.
stadtluzern.ch
«venite» Internationales Weihnachtsforum
Luzern
Donnerstag, 18. bis Sonntag 21. Dezember
Am venite-Weihnachtsforum werden 32 Stände
mit 30 verschiedenen Standbetreibern aus 24
Ländern vertreten sein.
venite.ch
Weihnachtskonzerte
Sonstige Veranstaltungen
Kerzenziehen Luzern
Mittwoch, 19. November, bis Sonntag,
21. Dezember, Vögeligärtli, Sempacherplatz,
6003 Luzern, täglich 10 bis 18.30 Uhr
Lichterweg Baar
Freitag, 28. November, bis Samstag, 3. Januar,
jeden Abend von 18 bis 22 Uhr
Engelsstimmen Luzern
Auftrittsplattform für engagierte Chöre und andere Musikschaffende.
Freitag, 21. November, bis Dienstag, 23. Dezember, Bahnhof Luzern, Zentralstr. 1, 6002 Luzern
Adventssingen in Luzern
Sonntag, 14. Dezember, Kornmarkt,
6004 Luzern, 17 Uhr
Swinging Christmas
Orchester präsentiert weltbekannte Weihnachtsmelodien.
Freitag, 12. Dezember, KKL, Europaplatz 1,
6005 Luzern, 19.30 Uhr
Bergsilvester auf Klewenalp
Beckenried, Liftanlagen fahren durchgehend
bis 23.30 Uhr.
klewenalp.ch
December Variations – Carte Blanche für
Pierre Mariétan
Mondrian Ensemble
Freitag, 12. Dezember, Schlössli Wartegg,
­Richard-Wagner-Weg 4, 6005 Luzern,
20 Uhr
Luzerner Sinfonieorchester
Traditionelles Weihnachtssingen
Mittwoch, 17. Dezember, KKL, Europaplatz 1,
6001 Luzern, 19.30 Uhr
Weihnachtskonzert – Ceremony of Carols
Donnerstag, 18. Dezember, Ref. Kirche Cham,
Sinserstrasse, 6330 Cham, 20 Uhr
DER MESSIAS von G.F. Händel –
bearbeitet von W.A. Mozart
Bach Ensemble Luzern, Chor und Orchester
Sonntag, 21. Dezember, KKL, Europaplatz 1,
6005 Luzern, 11 Uhr
J. S. Bach: Weihnachtsoratorium, lucerne
chamber circle
Cappella Amsterdam Ensemble, Le Concert
Lorrain, Sonntag, 21. Dezember, KKL,
Europaplatz 1, 6005 Luzern, 18.30 Uhr
Silvester
Silvester-Feuerwerk Brunnen
Seebecken Brunnen, 00.30 Uhr
brunnentourismus.ch
Silvester-Schlitteln in Hospental
Dorfplatz, Schlittenvermietung ab 21 Uhr
andermatt.ch
Silvester auf Rigi Scheidegg-Burggeist
Rigi Scheidegg, ab 18 Uhr
rigi-scheidegg.ch
Feines Kulturlokal an besonderem Ort:
Im «bau 4» finden regelmässig Konzerte statt
(im Bild das ARTE-Quartett)
Rigi Silvester-Schlitteln
Rigi Kulm
rigi.ch
Silvester-Gala-Diner Ägerisee
Schiffsteg Unterägeri
aegerisee-schifffahrt.ch
Silvesterkonzert
Mittwoch, 31. Dezember, KKL, Europaplatz 1,
6005 Luzern, 17 Uhr
kkl-luzern.ch
Neujahrszauber Luzern
Feuerwerksspektakel Luzerner Seebecken,
1. Januar, 20 Uhr
kkl-luzern.ch
Holzbau in Concert
Ein Geheimtipp aus dem Hinterland: der «bau 4» in Altbüron.
Text: Daniel Schriber | Bild: Mischa Christen
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E
echt gibts neu
auch am Kiosk.
Falls Sie kein Exemplar erwischen:
echt-magazin.ch
in kalter, dunkler, fast schon winterlicher Abend. Altbüron, ein Holzbaubetrieb. Zufällig entdeckt man den «bau
4» nicht. Schade eigentlich.
Das feine Kulturlokal befindet sich
hinter dem Stammwerk der schaerholzbau ag. «Unser Handwerk schafft auch
Kunstwerk», heisst es auf der Website.
So ist es.
Regelmässig finden hier Konzerte
statt, Filmabende, Theatervorführun-
gen. Heute steht das ARTE-Quartett auf
der Bühne. Zeitgenössischer Jazz mit
Einflüssen aus Klassik. Der Rahmen
intim, die Atmosphäre gemütlich. Die
Kälte und die Dunkelheit weit weg.
Mit ihrem aussergewöhnlichen
Angebot will die Firma das Interesse
für zeitgenössische Kunst und Kultur
wecken und pflegen. Das Hauptinteresse
gilt dem modernen und aktuellen Jazz,
der improvisierten und experimentellen
Musik. Auch 2015 finden spannende
Veranstaltungen statt. Am 13. März zum
Beispiel steht das Trio «Who» mit Michel Wintsch (Piano), Gerry Hemingway (Drums) und Bänz Oester (Bass) auf
der Bühne. Sechs Wochen später, am 25.
April, tritt der international renommierte Improvisationskünstler Jon Rose auf –
mit selbstgebauten Streichinstrumenten.
schaerholzbau.ch
48 teamwork
49
Andreas Bleisch, 38
Seit einem Jahr
Mitarbeiter in der
Schreinerei.
Sein Tipp
Ein «Brändi-Dog»Abend mit Freunden.
Text: Robert Bösiger
Bild: Mischa Christen
V
Vreni Stettler, 59
Seit 27 Jahren Mitarbeiterin in der Weberei.
Ihr Tipp
In der Migros im Surseepark einkaufen und
­danach etwas Feines
kochen.
om «Brändi-Dog» über «Brändi4x4» bis hin zum neuen «Brändi-Caminos»: In der Werkstatt AWB Neubrugg
der Stiftung Brändi in Sursee dreht sich
alles um Spiele. Hier werden Holzspielzeuge hergestellt, von Hand gefertigt, in
modernem Design.
Am bekanntesten ist das «BrändiDog», ein Spiel mit einer grossen Fan­
gemeinde. Sehr angesagt ist auch das
neue Brettspiel «Brändi-Caminos»: ein
neues 3D-Strategiespiel für zwei oder vier
Personen ab 10 Jahren. Wer sein drei­
dimensionales Vorstellungsvermögen testen und ausbauen will, ist mit«BrändiCaminos» auf dem richtigen Weg.
Mit der Produktion der Spiele sichert die Stiftung Brändi Arbeitsplätze für
Menschen mit Behinderung. Ziel ist ihre
berufliche, gesellschaftliche und kulturel-
Thomas Imboden, 55
Seit vier Jahren
Mitarbeiter in der
Holzabteilung.
Sein Tipp
Grillieren und Erholen
bei den Weihern im
­Ostergau bei Willisau.
Gregor Schmucki, 46
Designer des «BrändiDog», seit 20 Jahren
Gruppenleiter in der
Werkgemeinschaft
AWB Neubrugg.
Sein Tipp
Kaffee und Kuchen in
der Schnapsbrennerei
auf dem Haldihof in
Weggis.
Erwin Ineichen, 58
Mitarbeiter in der
Holzverarbeitung seit
sechs Jahren
Sein Tipp
Die «InBar» in Inwil LU.
Pub Billard und Darts.
Sie bringen viel Farbe ins Spiel
Josef Roos, 53
Leitet das Unternehmen
Stiftung Brändi AWB
Neubrugg in Sursee.
Sein Tipp
Ein Spaziergang in
der Surseer Altstadt,
wenn die Weihnachtsbeleuchtung herrlich
glitzert.
In dieser Werkstatt
dreht sich fast
alles um Spiele –
mit grossem Erfolg.
le Integration. In der Herstellung von
Spielen können die Mitarbeitenden ihre
beruflichen Fähigkeiten einsetzen und in
einem positiven Umfeld arbeiten.
Mit insgesamt rund 1700 Mitarbeitenden ist die Stiftung einer der grössten
Arbeitgeber im Kanton. In 16 Betrieben
bietet sie Arbeits- und Ausbildungs­
plätze sowie Wohnmöglichkeiten für
Menschen mit Behinderungen an. Im
vergangenen Jahrzehnt hat sich Brändi
zu einem der renommiertesten SpieleProduzenten des Landes entwickelt. Ein
schöner Erfolg für das rund 170-köpfige
Team in Sursee.
Brändi-Spiele sind im Fachhandel und in
den Läden der Stiftung Brändi erhältlich.
Sie können auch online bestellt werden.
braendi-shop.ch
50 Ausklang
spiel&spass
Rätsel lösen
und gewinnen
Das Holz-Alänge-Gen
Kolumne von Frölein Da Capo
L
äng Holz a! Wägerom? Das frag ich mich als Holzhausbewohnerin auf Lebenszeit natürlich schon. Denn, wenn
Holzanfassen ein befürchtetes Unheil abwehren soll – warum
ist dann mein Mann nicht glücklicher, wenn er zum x-ten Mal
mit dem Kopf unsanft den Holzbalken im oberen Stock «berührt»?
Allzu viel Glück scheint dieses
Holzanfassen ja nicht zu bringen.
Oder hab ich da was falsch verstanden? Ich hab diese Handlungsweise
von meinen Vorfahren übernommen.
Oder eher eingeimpft bekommen. Sozusagen geerbt hab ich es, das HolzAlängi-Gen. Immer wenn ich am
Schwärmen bin, wie doch diese Magen-Darm-Grippe an uns vorbeige­
zogen ist, ohne uns anzustecken, fasse
ich anschliessend an den Holztisch.
Oder wenn ich mich freue, wie das Wetter immer noch schön
ist, trotz anderer Prognose, greife ich danach an die Stuhl­
lehne. Oder wenn ich umenbraschte, dass ich noch nie in eine
Polizeikontrolle gekommen sei, lange ich mir danach ans
Hirn. Und sage dazu: «Holz alänge!» Das ist etwas, das ich zu
Hause tausendfach gesehen habe und jetzt automatisch auch
mache. Obschon ich nachweislich nicht abergläubisch bin.
Wirklich überhaupt nicht. Meine These geht sogar eher in die
Richtung, dass abergläubisch sein ziemlich sicher Unglück
bringt ...
Dennoch fragte ich mich, warum man es macht, wie
man’s macht. Das «Holz-Alänge» ist ein weit verbreitetes und
häufig praktiziertes Phänomen – ömu bei uns im Hinterland.
Und darum hab ich das gegoogelt. (Ich weiss nicht, wie man
früher solche Sachen nachgeschaut hat. In Büchern? Aus
­Papier? Echt jetzt?!) Google wusste nicht viel zu «Holzanfassen». Aber zu «auf Holz klopfen». Das scheint die gängigere
Praxis. (Da haben die Hinterländer wohl mal wieder etwas
lätz verstanden und den Aberglauben kurzerhand in eine
­leisere Version umfunktioniert.) So
oder so: Die Seemänner haben das
angerissen. Erstaunlich eigentlich,
dass sich das in einem Binnenland
derart gehalten hat. Die klopften
­damals an den Schiffsmast, um zu sehen, ob der nicht öppe morsch ist –
und das Schiff daher suboptimal zum
Anheuern ... Oder die Bergarbeiter,
die klopften an die Holzstützen der
Stollen, um zu sehen, ob das Holz
noch tragfähig ist. Das ergibt total
Sinn. Aber das Stühle-Antööplen, nachdem man eine Befürchtung ausgesprochen hat ... Das ist doch kurrlig, oder?
Es gibt sogar noch mehr solche Sachen, die ich mache –
wider besseres Wissen und als praktizierende Nichtabergläubigerin. Zum Beispiel: Brot und Salz schenken ins neue Haus.
Oder vierblättrige Kleeblätter nach Hause nehmen. Mir etwas
wünschen bei einer Sternschnuppe. Halbleere Gläser für
halbvoll erklären ... wobei ... halt: Das war was anderes.
Schlussendlich muss man sagen: Was solls? Ob man
dran glaubt oder nicht – schaden tut das niemandem. Wer
weiss, vielleicht hilft es ja sogar. Ja, vielleicht hatte ich bis
jetzt sogar nur deshalb so viel Glück im Leben ...
Ouuuu ... Läng Holz a, du!
« Die Seemänner haben
das angerissen.
Erstaunlich, dass sich
das Holz-Alänge in
einem Binnenland
derart gehalten hat.»
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