12. Tagung des Parteivorstands der DKP

DKP-Informationen
Nr. 2/2015 - 18. März 2015
12. Tagung des Parteivorstandes
14./15. März 2015
Essen
Herausgegeben vom Parteivorstand der DKP
Hoffnungstraße 18, D - 45127 Essen
- Eigendruck Kostenbeteiligung:1,50 Euro (zuzügl. 1,50 Euro Porto)
1
12. Tagung des Parteivorstands der DKP
14./15. März 2015, Essen
Inhalt
•
Tagesordnung
•
Zu Aspekten der Entwicklung der Produktivkraftentwicklung und des
Bewusstseinsstandes der Arbeiterklasse
Referent: Olaf Harms, Mitglied des Sekretariats des Parteivorstandes
•
Einleitung zum TOP Vorbereitung des 21. Parteitages
•
Beschlüsse
Tagesordnung:
1. Eröffnung, Begrüßung und Beschlusskontrolle
2. Referat und Diskussion zu Aspekten der Entwicklung der
Produktivkraftentwicklung und des Bewusstseinsstandes der
Arbeiterklasse
Referent: Olaf Harms
3. Status der DKP in der Europäischen Linken
4. Weitere Vorbereitung des 21. Parteitages
5. Weitere Vorbereitung des 70. Jahrestages der Befreiung
6. Überlegungen zum 19. UZ-Pressefest
7. Festival der Jugend (Stand der Vorbereitung)
8. Weitere Beschlussfassungen
9. Schlusswort
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12. Tagung des Parteivorstands der DKP
14./15. März 2015, Essen
(Unkorrigiertes Manuskript,
Es gilt das gesprochene Wort.)
Zu einigen Aspekten der Produktivkraftentwicklung und des
Bewusstseinsstands der Arbeiterklasse
Olaf Harms, Mitglied des Sekretariats des Parteivorstandes
Die EU und das Beispiel Griechenland – Zu einigen aktuellen Fragen
unserer internationalen und außenpolitischen Orientierung
deutschen Imperialismus zu schwächen, muss
unsere Hilfe für das griechische Volk sein.“
Unmittelbar nach dem Wahlsieg von Syriza in
Griechenland haben wir in einer ersten
Stellungnahme unseres Parteivorsitzenden
erklärt, dass wir das Wahlergebnis positiv
bewerten. Es ist Ausdruck einer Verschärfung
der innerimperialistischen Widersprüche und
ein
Signal
dafür,
dass
sich
die
sozialreaktionäre Krisenbewältigungsstrategie
des EU-Imperialismus und seiner politischen
Eliten an der Spitze der EU-Kommission, der
Euro-Zone und der Europäischen Zentralbank
nicht mehr länger ohne Widerstand gegen die
ausgeplünderten und verarmten Schichten der
Bevölkerung durchsetzen lässt. Insofern war
das Wahlergebnis auch ein Signal für die
gesamte Arbeiterbewegung in Europa.
Die Protest- und Erwartungshaltung der
Menschen in Griechenland hat sich – wie nicht
anders zu erwarten war – zunächst in einem
deutlichen
Stimmenzuwachs
für
die
neuformierte sozialdemokratischen Wahlpartei
Syriza ausgedrückt. Syriza hat im Wahlkampf
mit ihrem zu einem Medienstar aufgebauten
Spitzenkandidaten offenbar sehr erfolgreich
den Eindruck einer schnellen und gründlichen
Veränderbarkeit der unerträglichen Lage vieler
Griechen mit und im Rahmen der EU erweckt.
Syriza erzielte ein Ergebnis von 36,34 Prozent
bei einem Zugewinn von 8,57 Prozent. Unsere
kommunistische Bruder- und Schwesterpartei
KKE erzielte 8,57 Prozent bei einem
Stimmgewinn von 0,9 Prozent.
Wir haben als Kommunistische Partei dann
auch besonders den Zuwachs für die
kommunistische Bruder- und Schwesterpartei
KKE hervorgehoben, die unter dem hohen
Leidens- und Erwartungsdruck großer Teile
der
griechischen
Bevölkerung
einen
Wahlkampf geführt hat, der im Gegensatz zur
neuen griechischen Sozialdemokratie keine
Illusionen
in
die
grundsätzliche
Reformierbarkeit
des
imperialistischen
Konstrukts EU verbreitetet hat.
Auf unserer im Februar durchgeführten
theoretischen Konferenz haben wir die Frage
aufgeworfen, in welche Richtung die Politik
des Wahlsiegers gehen wird und ob die
Erwartungen der Syriza-Wähler erfüllt werden.
Dabei muss zunächst das Wahlergebnis
nüchtern und objektiv betrachtet werden.
Bei einer trotz gesetzlicher Wahlpflicht nur sehr
niedrigen Wahlbeteiligung von 63,87 Prozent
kann
man
nicht
von
einer
gesamtgesellschaftlichen Umbruchstimmung
sprechen.
Patrik Köbele hatte sehr früh die für uns selbst
wichtigste Konsequenz benannt: „Es ist unser
Problem, dass die Kräfte des Fortschritts in
Deutschland die Hegemonie in der sozialen
Frage verloren haben. Es ist unser Problem,
dass die Standortlogik den proletarischen
Internationalismus nahezu beseitigt hat. Es ist
unser Problem, dass auf diesem Boden
Nationalismus blüht und die Gefahr von
rechter Massenmobilisierung existiert. Es ist
aber eben auch das Problem der arbeitenden
Menschen in Griechenland. Wir haben die
Chance, dies zu ändern: in den laufenden
Tarifkämpfen, dem Widerstand gegen die
Aggression von NATO und EU in der Ukraine
und in antifaschistischen Aktivitäten. Den
Die bisherige konservative Regierungspartei
Nea Dimokratia rutschte weniger stark ab als
vorausgesagt wurde. Sie erhielt bei einem
Verlust von 1,85 Prozent noch immer 27,81
Prozent der Stimmen. Ihr Koalitionspartner, die
alte sozialdemokratische Pasok, stürzte jedoch
bei einem Verlust von 7,60 Prozent auf nur
noch 4,68 Prozent ab. Die Pasok-Abspaltung
des frühenden Vorsitzenden G. Papandreou
Kidiso erhielt nur 2,44 Prozent und scheiterte
an
der
Drei-Prozent-Hürde.
Die
neofaschistische Chrysi Avgi (Morgenröte)
erzielte bei einem Verlust von 0,64 Prozent
3
zu unserem Leitantrag haben wir die Frage
gestellt, in welche Richtung die von Syriza
versprochenen Änderungen zielen. Und wir
haben gesagt: „Wir wünschen im Interesse der
griechischen Werktätigen, dass es ein
konsequenter Kurs gegen die Vorherrschaft
der nationalen und internationalen Monopole
ist. Wir wünschen im Interesse der Arbeiter,
der Bauern, der werktätigen Schichten, dass
ein Bruch mit dem System der Bevormundung
durch die imperialistischen Großmächte auf
der politischen Agenda dieser Regierung
steht.“
einen Stimmenanteil von 6,26 Prozent. Der
neue Koalitionspartner von Syriza, die als
„national-konservativ und rechtspopulistisch“
eingestufte Anel, kam bei einem Minus von
2,76 Prozent auf ein Stimmergebnis von 4,75
Prozent.
Das griechische Wahlsystem belohnt die
stärkste Partei mit einem Plus von 50 Sitzen;
nur dadurch kommt Syriza auf 149 der 300
Sitze.
Ohne
diese
merkwürdige
und
demokratisch
eigentlich
durch
nichts
legitimierte Regelung beliefe sich also ihr
Sitzanteil auf 99 von dann theoretisch 250
Sitzen. Ihr Zugewinn von 8,5 Prozent ist
offenkundig das Resultat einer Umschichtung
im sozialdemokratischen Lager. Die PasokVerluste von 7,6 Prozent dürften den
allergrößten Teil des Zugewinns für Syriza
darstellen; die demnach von sich aus nur noch
0,9 Prozent von neuen Wählern für die neue
Sozialdemokratie hinzugewonnen hat.
Es steht uns als nicht-griechische und als
kleine politische Partei nicht zu, als
Lehrmeister für die griechischen Wähler oder
die griechischen Parteien auftreten zu wollen.
Aber wir haben sehr wohl die Kompetenz zu
beurteilen,
ob
aus
diesen
Wahlen
Schlussfolgerungen für die europäische
Gesamtpolitik gezogen werden, die unseren
Erfahrungen mit dem Europa des Monopolund Finanzkapitals entsprechen.
Man kann nun fragen, warum wir uns
überhaupt mit diesem Wahlergebnis so
detailliert befassen. Ich rufe diese Daten in
Erinnerung, weil angesichts dieser Fakten die
überschwängliche Wahleinschätzung aus dem
Umfeld der Europäischen Linkspartei, der
hiesigen Linkspartei und ihres ideologischen
Ablegers der „Marxistische Linke“ nicht so
recht nachvollziehbar ist. Das hat mit billigem
„Herummäkeln“ nichts zu tun. Bei einer
Wahlbeteiligung, die nur wenig über 60
Prozent lag, kann man bei aller Sympathie
oder gar Euphorie über die Abwendung der
Wähler von den alten Klientel- und
Oligarchenparteien wohl kaum von einer
„Mehrheit“ oder gar von einer „überragenden
Mehrheit“ der Bevölkerung für Syriza
sprechen.
Deshalb haben wir in Hannover auch mit allem
Recht und aller politisch legitimen Deutlichkeit
unsere Skepsis und unser „ungläubiges
Erstaunen“ über die zahlreichen sehr
widersprüchlichen und irritierenden Aussagen
und Entscheidungen der neuen griechischen
Regierung ausgedrückt, wenn diese sich auf
die Lage in der EU und die Politik der
Europäischen
Kommission
insgesamt
bezogen.
Wir mussten und wollten nicht spekulieren,
sondern
haben
uns
dabei
auf
die
veröffentlichten Positionen bezogen. Zunächst
haben wir unser Unverständnis darüber
ausgedrückt, dass das sozialdemokratische
Syriza-Wahlbündnis
eine
„pragmatische“
Koalition mit der der deutschen AfD
nahestehenden Rechtspartei Anel, den
„Unabhängigen Griechen“, eingegangen ist.
Auch ohne intime Kenntnis der griechischen
Parteienlandschaft können wir nicht verhehlen,
dass nach unseren Erfahrungen sich eine
politische Linke selbst kompromittiert, wenn sie
die Distanz nach rechts, zu offenen
ausländerfeindlichen und nationalistischen
Kräften nicht wahrt.
Auch in Griechenland haben wir das Problem,
dass die Nichtwähler die „größte aller Parteien“
sind
und
dass
Frust,
Zorn
und
Hoffnungslosigkeit auch dort dazu führen, dass
ein großer Teil auch der arbeitenden
Bevölkerung in politische Resignation verfällt.
Insofern ist von der Bereitschaft zu einem
grundlegenden gesellschaftlichen Wandel
nicht auszugehen. Von einem „historischen
Durchbruch“ kann bei aller Freude über die
Wahlniederlage
der
alten
bürgerlichen
Parteien deshalb nicht die Rede sein, zumal
bei der Wahl auch die nationalistische und
neofaschistische Rechte trotz einiger Verluste
relativ stark abgeschnitten hat.
Darüber hinaus haben wir uns mit der
Behauptung von dem „neuen historischen
Zeitfenster für die gesamte europäische Linke“
befasst. Diese These und Einschätzung ist ja
der große Aufhänger für die der EL
nahestehenden Parteien und Organisationen,
wie bei uns der PDL oder auch der in der DKP
Im Referat von Hans-Peter Brenner auf der
ersten theoretischen Konferenz in Hannover
4
den ökonomischen und sozialen Niedergang
Griechenlands und der anderen ökonomisch
so ausgebeuteten kleineren Mitgliedsstaaten,
die vom Gewicht der deutschen Exportwalze
platt gemacht wurden? Haben Varoufakis und
Syriza insgesamt eigentlich einen Begriff von
der Wirklichkeit in Europa? Wir melden da
unsere Zweifel an.
gebildeten Fraktion, die sich als „Marxistische
Linke“ zusammengeschlossen hat.
Wir haben in Hannover auf zwei Interviews
hingewiesen. Zum einen im Handelsblatt vom
6. Februar. Darin erklärte ein prominenter
Wirtschaftsberater von Syriza, Prof Giannis
Miliós, zum strategischen Konzept der neuen
Regierung Folgendes: „ … unser Programm
hat
nichts
klassenkämpferisches
oder
antikapitalistisches. Es ist nur für die große
Mehrheit der Griechen, für die 99 Prozent. Es
soll Demokratie und soziale Kohäsion
wiederherstellen. Soziale Marktwirtschaft ist
eine gute Beschreibung dafür.“
Wenn diese Woche nun auch Alexis Tsipras
selbst in einem langen Spiegel-Interview die
Strategie der griechischen Regierung in und
für die EU entwickelt, so sind wir auch fähig
und berechtigt, dazu unsere Meinung zu
sagen. Es ist nicht überraschend, wenn ein
Sozialdemokrat vor Wahlen etwas anderes
sagt, als nach Wahlen. Das kennen wir aus der
Geschichte der deutschen Sozialdemokratie.
Und das wissen wir auch aus der Geschichte
der griechischen Pasok unter Giorgos
Papandreou. Deswegen ist es eigentlich auch
nicht so überraschend, wenn der Vertreter der
neuen griechischen Sozialdemokratie Alexis
Tsipras
im
Spiegel
sehr
feinsinnig
unterscheidet zwischen seiner für bürgerliche
Ohren „radikalen“ Sprache im Wahlkampf und
dem, was er selbst die „Sprache der Realität“
während seines Treffens mit den anderen
Regierungschefs auf dem letzten EU Gipfel
nennt. Dazu gehört dann auch die
Umbenennung der so heftig im Wahlkampf
verbal bekämpften „Troika“, die man nun ohne
sonstige politische Veränderung einfach
„Institutionen“ nennt, mit denen dann natürlich
auch Syriza zusammenarbeiten will.
Wir stellten die Frage, was man davon halten
solle, dass der Regierungsberater dann
erläuterte: „Wir stellen uns eine verstärkte
wirtschaftliche Integration vor, aber nach dem
Modell der sozialen Marktwirtschaft wie unter
Willy Brandt oder Helmut Kohl, nicht nach dem
Modell Magarete Thatchers. Deutschland ging
seit der Wiedervereinigung in die Thatcher
Richtung. Das hat Deutschland nicht gut
getan.“ Können wir das einschätzen und
politisch bewerten? Wir sagen: „Ja, das könne
wir.“ Mit der „sozialen Marktwirtschaft“ haben
wir unsere eigenen Erfahrungen. Da haben wir
keinen
Nachholbedarf
an
theoretischer
Aufklärung. Kohls BRD ist für uns kein Modell
für einen Neustart Europas.
Und wenn der neue Finanzminister Giannis
Varoufakis in einem langen Interview mit der
Wochenzeitschrift Die Zeit sich zur Rolle der
BRD in Europa äußert, haben wir auch die
Kompetenz, uns dazu eine eigene Meinung zu
bilden. „Deutschland ist das mächtigste Land
Europas. Ich glaube, dass die EU davon
profitieren würde, wenn Deutschland sich als
Hegemon verstünde. Aber ein Hegemon muss
Verantwortung übernehmen für andere. Das
war der Ansatz der USA nach dem Zweiten
Weltkrieg.“
Das Modell eines neuen Europa oder einer
neugründeten
EU
entpuppt
sich
bei
genauerem Hinsehen als der Versuch, nun
endlich auch in Griechenland einen effektiver
fungierenden bürgerlichen Staatsapparat zu
schaffen, in dem z.B. auch Steuern kassiert
und Rechnungen bezahlt werden. Was das
aber mit einer Alternative zur Politik der Troika
oder
gar
mit
einem
fundamentalen
Gegenentwurf zum Europa der Konzerne und
Banken zu tun haben soll, das bleibt ein
großes Rätsel. Aber darüber müssen nicht wir
uns den Kopf machen. Das ist eine
Angelegenheit des griechischen Volkes. Wir
sind nicht dazu da für die griechische Linke
solche Rätsel zu lösen. Aber es ist gut, wenn
wir für uns selbst klar machen, worum es
eigentlich geht.
Zeit: Was könnte Deutschland tun? Varoufakis:
Ich stelle mir einen Merkelplan vor, nach dem
Vorbild des Marshallplans. Deutschland würde
seine Kraft nutzen, um Europa zu vereinigen.
Das wäre ein wundervolles Vermächtnis der
deutschen Bundeskanzlerin.“ (Zeit vom
5.2.2015)
Sind dann nicht Zweifel daran berechtigt, dass
die griechische Regierung die Ursachen von
Armut und Ausbeutung in Europa versteht? Ist
nicht gerade die längst bestehende politische
und ökonomische deutsche Hegemonie in und
über Europa eine entscheidende Ursache für
Und damit landen wir wieder bei den von
einigen auch in der DKP offenbar nicht mehr
so bekannten oder auch abgelehnten
theoretischen Grundsätzen der Leninschen
Imperialismustheorie. Im imperialistischen
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Stadium des Kapitalismus entscheidet sich die
politische Potenz eines Staates an seiner
ökonomischen Stärke. Griechenland ist ein nur
schwach entwickeltes kapitalistisches Land.
Der Anteil seiner Exporterlöse am gesamten
Bruttosozialprodukt beläuft sich auf nur 12
Prozent. Im Vergleich dazu liegt dieser Anteil
in der BRD bei über 43 Prozent. Seine
Staatsverschuldung beläuft sich auf über 330
Mrd. Euro.
Griechenland ist seit seinem Beitritt zur EU
und dessen Vorläufern EWG und EG Opfer
einer zielgerichteten Deindustrialisierung, die
nicht trotz, sondern wegen der griechischen
Anbindung an die Mechanismen der EU
stattgefunden hat und stattfindet. 1982 lag der
Anteil der Industrieproduktion am gesamten
Brutto Inlandsprodukt (BIP) bei 28,7 Prozent.
928.000 von 3,45 Millionen Erwerbstätigen
waren in der Industrie beschäftigt. 2008 betrug
der Anteil der Industrie am BIP nur noch 19,7
Prozent und 2012 sogar nur noch 18,6
Prozent. Das heißt innerhalb von 30 Jahren
stürzte die industrielle Leistungsfähigkeit an
der
griechischen
wirtschaftlichen
Gesamtleistung um ein ganzes Drittel ab. Mich
erinnert das an die Deindustrialisierung der
DDR.
angesichts der eigenen Fixiertheit auf diese
Spielregeln politisch erfolglos bleiben und klein
nachgeben. Das weiß aber ein jeder
einigermaßen verantwortungsvoller Politiker
auch schon vorher. Es sei denn er leidet an
Selbstbetrug.
Diese ökonomische Schwäche hat nach dem
Ausbau
des
Europäischen
Stabilitätsmechanismus und der immer stärker
als
Anti-Krisen-Feuerwehr
agierenden
Europäischen Zentralbank dazu geführt, dass
auch ein Ausscheiden Griechenlands aus der
Euro-Gruppe, ein „Grexit“, für die Stabilität des
Euro keine wirkliche Gefahr darstellt. Eine
Drohung mit Stopp aller Zinszahlungen für die
Griechenland belastenden Kredite ist für das
europäische Finanzkapital kein Problem.
Längst haben sich die deutschen und die
anderen ausländischen Privatbanken ihre
Griechenland gewährten Kredite aus dem Topf
des ESM zurückzahlen lassen. Die gegenüber
der BRD bestehenden 83 Mrd. „Restschuld“
sind staatliche Kredite, für die der deutsche
Steuerzahler den Kopf hinhalten muss, und
nicht die Privatbanken.
Zweitens: Der beste Dienst, den wir in
unserem
Land
für
die
notleidenden
griechischen Kolleginnen und Kollegen leisten
können, ist die Schwächung des deutschen
Imperialismus. Nur wenn dies einer deutschen
kämpferischeren Arbeiterbewegung gelingt,
werden auch die griechischen Werktätigen
mehr Luft im Kampf für die Verbesserungen
ihrer Situation bekommen.
Dies ist ein echtes Drama für die Masse der
griechischen Werktätigen, die mit Recht bei
den letzten Wahlen einen Schlussstrich unter
die
Herrschaft
der
alten
EU-hörigen
Regierungsparteien Nea Dimokratia und
Pasok gezogen haben. Mit Blick auf die
weiteren Diskussionen – auch mit Blick auf die
Frage nach der weiteren Zugehörigkeit im
Beobachterstatus bei der EL – lehren uns die
letzten Wochen einiges, was viele von uns
ansonsten nur von der Theorie her kannten.
Erstens: Veränderungen zum Besseren für die
Werktätigen Europas und Griechenlands
lassen sich nicht mit einem Export des
Systems, von Helmut Kohl oder Willy Brandt
oder Angela Merkel, und mit einem Europa
unter der Hegemonie des deutschen
Imperialismus namens Europäische Union
erreichen, sondern nur im Kampf gegen diese
Konstruktion des Imperialismus.
Drittens: Solidarität für Griechenland heißt für
uns proletarischer Internationalismus, heißt
politischer
Schulterschluss
–
nicht
Nachahmung – mit unserer kommunistischen
Bruderpartei der KKE.
Viertens: Unsere eigene antimonopolistische
Strategie der Heranführung an den Bruch mit
dem Kapitalismus setzt eine Intensivierung der
Klassenkämpfe im eigenen Land, eine aktivere
und klassenkämpferische Arbeiter- und
Gewerkschaftsbewegung hierzulande voraus.
Griechenland hat also kein wirkliches
ökonomisches Drohpotential gegenüber der
EU in der Hand. Und deshalb war der Rückzug
von
den
alten Wahlversprechen
und
Forderungen nach Schuldenschnitt und Stopp
der
Fortsetzung
der
Austeritätspolitik
absehbar.
Fünftens: Das geht nur mit einer stärkeren
DKP. Das ist unsere originäre Aufgabe.
Und wenn jetzt der EU-Präsident Juncker in
Absprache mit den verantwortlichen deutschen
Politikern von der Notwendigkeit einer
Europäischen Armee redet, dann ist das nicht
eine unbedachte verbale Entgleisung oder
Wer das Gesamtsystem der EU und des Euro
nicht in Frage stellt und sich ganz bewusst
innerhalb dieses Rahmens positioniert, muss
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eine vielleicht etwas übertriebene Reaktion auf
einen „besonders aggressiven“ Putin. Das ist
eine ebenso der Logik des Imperialismus
folgende
Konsequenz,
die
auf
Machtausweitung,
Eroberung
neuer
Einflusssphären, Rohstoffquellen und Märkte
abzielt. Aggression nach außen und Reaktion
nach innen. Das bestimmt auch heute die
Politik des deutschen und europäischen
Imperialismus.
Vier-Parteien-Konferenz
Gewährt mir ein paar Worte zur intensiven
Zusammenarbeit mit den kommunistischen
Parteien aus Luxemburg, den Niederlande und
Belgien. Vor wenigen Wochen fand die
jährliche
„Vier-Parteien-Konferenz“
in
Groningen statt. An ihr haben dieses Mal auch
Beobachter der Partei der Arbeit der Schweiz
teilgenommen. Zum zweiten Mal wurde die
Konferenz
mit
einer
gemeinsamen
Demonstration eröffnet. Dies bewährt sich und
ich denke es wird zu einer festen Tradition
werden. Ganz offensichtlich wird dies auch von
unseren Mitgliedern angenommen: Wir waren,
wie in Aachen, auch
in Groningen gut vertreten.
Mit beiden werden wir uns nicht arrangieren –
weder auf die alte sozialdemokratische noch
auf die neu-sozialdemokratische Manier. Wir
werden nicht Teil eines politischen Anhängsels
der EU, das mit Geldern aus Brüssel seine
Wahlkämpfe, seine politischen Stiftungen,
Bildungseinrichtungen, seine Parteiapparate
und Funktionäre bezahlt und sich damit
politisch in das imperialistische System
einbinden lässt.
Das Thema der Konferenz war diesmal die
Stärkung unserer Parteien und die dafür
gegebenen
unterschiedlichen
Ausgangsbedingungen
in
den
unterschiedlichen Ländern. Ins Auge springt
bei den Ausgangsbedingungen, dass wir es
nur in Belgien nicht mit der Existenz einer
sozialistischen,
linkssozialistischen
Partei
neben der kommunistischen Partei zu tun
haben. Allerdings wäre es, das haben die auf
der
Konferenz
zusammengetragenen
Erfahrungen gezeigt, falsch, dies als die
einzige oder zentrale Erklärung zu nehmen für
das starke Wachstum der Partei, dass die
Genossen aus Belgien sowohl hinsichtlich der
Mitgliederzahl als auch hinsichtlich der
Zustimmung bei Wahlen erreichen konnten.
Aus meiner Sicht ist darüber hinaus vor allem
zu nennen, dass die Genossinnen und
Genossen in Belgien einen langen Kurs der
Verankerung in der Interessensvertretung
gefahren haben und dass sie über einen
erfahrenen und ideologisch gebildeten Kader
verfügen. Aktuell beschäftigen die Genossen
sich mit Problemen, die aus Sicht der anderen
Parteien derzeit eher Luxusprobleme sind. Das
betrifft vor allem die Frage, wie man ein
starkes Wachstum beibehalten kann ohne
Prinzipienfestigkeit der Partei zu verlieren.
Wir kämpfen als derzeit kleine - aber
perspektivisch auch wieder wachsende und
größer werdende - KP in Deutschland gegen
die EU, gegen diese Konstruktion des
Imperialismus. Da wollen wir nicht ankommen;
das überlassen wir gerne den neuen
Sozialdemokraten – bei uns und anderswo.
Das ist unser aktueller Beitrag zur Solidarität
mit Griechenland. Das ist unsere eigene
Antwort auf die Krise des Imperialismus.
Wenn wir uns heute mit Griechenland
befassen, dann darf ein weiterer Aspekt vor
dem Hintergrund des 70. Jahrestages der
Befreiung von Faschismus und Krieg nicht
fehlen. Die niederländische Regierung wurde
dazu verurteilt, 70 Jahre nach einem Massaker
der niederländischen Kolonialtruppen auf der
Insel Sulawesi, bei dem über 3.000
indonesische Männer umgebracht worden
waren, Entschädigungszahlungen an die
Hinterbliebenen zu leisten. Was für die
niederländische Kolonialarmee gilt, muss auch
für
die
deutschen
faschistischen
Besatzungstruppen gelten.
Die DKP erklärt ihre Solidarität mit den
berechtigten Forderungen des griechischen
Volkes nach Entschädigungsleistungen für die
deutschen Kriegsverbrechen und die von den
Nazis erpresste Staatsanleihe und unterstützt
den einstimmigen Beschluss des griechischen
Parlaments, dass die BRD die historische
Schuld
der
damaligen
deutschen
Besatzungsmacht wenigstens nach 70 Jahren
finanziell wiedergutmacht, auch wenn diese
Verbrechen überhaupt nicht mit Geld
aufgewogen werden können.
Was wir leider auch feststellen mussten ist,
dass wir die Konferenz thematisch nicht
überfrachten können. Das zweite Thema, die
Medienpolitik, die wir ebenfalls behandeln
wollten, fiel dabei leider etwas hinten runter.
7
Internationaler Frauentag
und
die
Anerkennung
ausländischer
Abschlüsse müsse forciert werden. Als
Selektionsinstrument sieht die SPD ein
Punktesystem wie es in Kanada üblich ist.
Dabei
sind
Sprachkenntnisse
und
Bildungsgrad
entscheidend.
Wer
legal
einwandern möchte, muss mindestens zwei
Drittel der möglichen Punktezahl erreichen.
Wer straffällig geworden ist, finanzielle oder
gesundheitliche Probleme hat, bleibt draußen.
Zum internationalen Frauentag war die Partei
in Aktion. Zahlreiche Veranstaltungen fanden
und finden statt, die UZ-extra ist mit einer
Auflage
von
30.000
Exemplaren
gut
angenommen worden. Wir haben den
Eindruck, dass auch die Aktionstätigkeit
zugenommen hat und die Partei stärker mit
Infoständen und Aktionen auf der Straße war.
Die Herrschenden in unserm Land feierten sich
parallel für die Einführung der verbindlichen
Frauenquote von 30 Prozent in den
Aufsichtsräten der DAX-Konzerne und der
gesetzlichen Vorschrift zur selbstauferlegten
Frauenquote in anderen Aufsichtsräten. Aus
unserer Sicht muss man doch den Verdacht
haben,
dass
es
hier
um
die
Selbstbeschäftigung
innerhalb
der
herrschenden
Klasse,
denn
um
Gleichberechtigung geht. Es ändert sich nichts
daran, dass Frauen in diesem Land bei
gleicher Arbeit im Durchschnitt über 20
Prozent weniger verdienen. Es ändert sich
nichts daran, dass Frauen von der Tendenz zu
prekären Beschäftigung massiv betroffen sind.
Es ändert nichts daran, dass Frauen massiv
von Arbeitslosigkeit und Armut, von Hartz IV
und Ausgrenzung betroffen sind. Dass sich die
Bundesregierung dann als Wegbereiter der
Gleichberechtigung abfeiert ist ein Skandal,
dass die Opposition kaum widerspricht, nicht
minder.
Gleichzeitig
kommt
es
zur
massiven
Verschärfung des Asylrechts. Vor allem die
Gründe für die Abschiebehaft werden
erweitert, an Flughäfen werden noch mehr
Sammelknäste eingerichtet. Pro Asyl nennt die
neuen
Gesetzesvorhaben
ein
„Inhaftierungsprogramm“ für Flüchtlinge.
Einwanderungsgesetz der SPD
* Lohnerhöhung von 3,4 Prozent (statt 5,5
Prozent) nach drei Nullmonaten
* eine Einmalzahlung von 150 Euro bzw. 55
Euro für Auszubildende
* Altersteilzeit sowohl mit Verbesserungen als
auch mit minimalen Verschlechterungen, aber
insgesamt gesichert
* Bildungsteilzeit auf betrieblicher Ebene, wenn
die ATZ nicht ausgeschöpft wurde
An dieser Stelle bestätigen wir erneut, was wir
bereits im Leitantrag an den 21. Parteitag
festgestellt haben: „Wir klären darüber auf,
dass der Kapitalismus/Imperialismus die
Ursache für millionenfache Flucht und
Vertreibung ist. Flüchtlinge brauchen ein
unbeschränktes Bleiberecht; das Asylrecht
muss
ohne
jegliche
Einschränkung
wiederhergestellt werden.“
Tarifrunde Metall- und Elektro
Das Tarifergebnis in der MetallElektroindustrie steht für rund 3,7
Beschäftigte fest:
Das Einwanderungsgesetz, das die SPD nun
auf die Tagesordnung gesetzt hat, will sie als
Antwort auf die rechten Aufmärsche von
Pegida und Co verstanden wissen. Diese
lautet dann allerdings: Macht weiter so! Nicht
nur
Pegida-Anhänger,
sondern
auch
diejenigen,
die
vermehrt
vor
Flüchtlingsunterkünfte ziehen, rassistische
Parolen brüllen und die Bewohner bedrohen
und auch angreifen, dürften sich bestätigt
sehen.
und
Mio.
Für die rund 115.000 Beschäftigten bei VW
gibt es laut IG Metall Niedersachsen
„ordentlich Sahne drauf“: 450 Euro für die
betriebliche Altersversorgung und 150 Euro
Gutschrift auf das betriebliche Rentenkonto,
für Leiharbeiter wird das Ergebnis der Branche
übernommen, 1.400 Ausbildungsplätze jährlich
sowie die Übernahme von Semestergebühren
von Studierenden in Höhe von 350 Euro.
„Ausländer raus, außer sie sind für uns von
Nutzen“
ist
das
Motto
des
Einwanderungsgesetzes der SPD. ParteiSprecher Thomas Oppermann: Für qualifizierte
Arbeitnehmer müsse es die berechenbare
Chance geben, je nach Sprachkenntnissen
und je nach Qualifikation nach Deutschland
einwandern zu können. Dabei sei es wichtig zu
bestimmen, wie viele von ihnen gebraucht
würden. Einwanderer müssten schnell mit der
deutschen Sprache vertraut gemacht werden
Für das Ergebnis sind knapp ein Viertel (23,5
Prozent = rd. 870.000), bei VW ein gutes
Drittel (34 Prozent = 39.000) der Beschäftigten
in Warnstreiks aktiv geworden; Angriffe durch
den Arbeitgeberverband Gesamtmetall auf die
8
Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben
beantworten. Das Bewusstsein und damit auch
die Bereitschaft der Beschäftigten für
Arbeitskampfmaßnahmen werden dabei auch
von der Kapitalseite, zumindest in den
Großbetrieben, stark beeinflusst.
Altersteilzeit sowie ein lächerliches Angebot
von 2,2 Prozent wurden abgewehrt.
Wie ist das Ergebnis zu bewerten?
Zwar konnte der verteilungsneutrale Spielraum
(Anteil der Beschäftigten an der Wirtschaft plus
Inflation) ausgeschöpft und ein Reallohnverlust
dadurch vermieden werden, aber vor dem
Hintergrund der erzielten Gewinne in der
Branche hätte es denn doch mehr sein
können. Immerhin lagen die Renditen in den
Jahren 2012 und 2013 bei 4,0 bzw. 4,1
Prozent.
Dieses geschieht unter anderem durch einen
kleinen, aber umso mächtigeren Vorgang: Die
Zahlung von Sonderboni. So hat zum Beispiel
der Daimler Benz Konzern an seine
Stammbelegschaft einen Bonus in Höhe von
4.350 Euro ausgeschüttet. Dieses hat mehrere
Wirkungen auf das Bewusstsein: Zum einen
wird den Beschäftigten dadurch suggeriert,
dass sie am Unternehmenserfolg teilhaben
und es nur bei ihnen liegt, wie dieser zukünftig
aussieht. Das Bewusstsein, dass sie allein es
sind, die durch ihre Arbeitskraft erst die privat
angeeigneten Gewinne ermöglichen, wird
dadurch in den Hintergrund gedrängt. Und
zum anderen hat es natürlich auch
Auswirkungen auf die Kampfbereitschaft. Denn
bevor ein möglicher zukünftiger Bonus in
Gefahr gerät wird sich eher mit einem
bescheidenem Tarifergebnis, und das meint
nicht nur Entgelterhöhung, zufrieden gegeben.
Hinzu kommt, dass ein zu erwartender Bonus
nicht dazu angetan ist, die Wirkmechanismen
des Kapitalismus, hier der Zwang zu Profit in
Konkurrenz zu anderen Kapitalien, ob national
oder international, zu erkennen. Oder wie das
Kapital es formulieren würde: Gemäßigte
Abschlüsse stärken die Konkurrenzfähigkeit
von deutschen Unternehmen auf dem
Weltmarkt. Und die Folgen aus dieser
Konkurrenz sind dramatisch.
Es ist gut, dass die Angriffe auf die
Altersteilzeit abgewehrt werden konnten,
insgesamt wurde der Status Quo erhalten. Vor
dem Hintergrund der Ergebnisse aus der
Beschäftigtenbefragung der IG Metall hätte es
auch hier mehr sein können. Denn immerhin
gaben 46 Prozent der Befragten an, dass sie
ihre Arbeit bis zum Erreichen der Rente
wahrscheinlich nicht ausüben können.
Es ist schlecht, dass sich die Idee einer
Bildungsteilzeit nicht durchsetzen konnte, ein
Thema, welches aus der bereits genannten
Beschäftigtenbefragung resultierte. Diesen
Punkt sollten wir aber grundsätzlicher
thematisieren. Im Ergebnis wird doch wieder
das Prinzip des Lehrgeldes, welches damals
im Handwerk von der Familie des Lehrlings für
eine Ausbildung gezahlt wurde, wieder auf die
Tagesordnung gerufen. Nur dass nicht der
Auszubildende oder dessen Familie von heute
das Geld direkt an das Unternehmen zahlen
soll, dafür aber die Beschäftigten über den
Umweg von Tarifverhandlungen durch einen
niedrigeren Abschluss bei der Lohnerhöhung.
Einerseits haben wir es in den letzten Jahren
mit einem Absinken der Lohnquote zu tun und
einhergehend damit mit einer Schwächung der
Binnennachfrage, andererseits versucht das
Kapital dieses durch weiter anhaltende
Exportüberschüsse zu kompensieren, was
wiederum die Notwendigkeit der ständigen
Steigerung der Konkurrenzfähigkeit durch eine
immer weitere Absenkung der Lohnquote zur
Konsequenz hat. Das wirkt sich wiederum auf
das Bewusstsein der Arbeiterklasse aus. Aus
meiner Sicht gilt es, diesen Kreislauf zu
durchbrechen. Dazu brauchen wir aber eine
grundsätzlich andere Ausrichtung eines Teils
der Gewerkschaften.
Ich halte es da eher mit der SDAJ, die auf
ihrem Jugendkongress im September letzten
Jahres
die
Forderung
nach
einen
Ausbildungsgesetz,
und
damit
einer
Ausbildungsverpflichtung
des
Kapitals
gefordert hat. Danach hat jeder Jugendliche
ein
Recht
auf
einen
betrieblichen
Ausbildungsplatz nach eigener Wahl. Jeder
Betrieb muss 10 Prozent der Arbeitsplätze als
Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Es
gibt eine Umlagefinanzierung: wer weniger
oder nicht ausbildet leistet eine Abgabe an
einen Ausbildungsfonds, aus dem neue
Ausbildungsplätze finanziert werden.
Solange sie sich als Reparaturbetrieb des
Staates verstehen, statt Gegenmacht im Sinne
der von ihnen vertretenen Arbeiterklasse zu
sein, werden sie objektiv Bestandteil dieses
Kreislaufes. Ja, die Gewerkschaften haben
eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung,
Ob die Beschäftigten bereit gewesen wären,
für eine 4 oder 5 vor dem Komma in einen
Erzwingungsstreik zu gehen, kann letztlich nur
die Tarifkommission, können nur die
9
heutige vierte industrielle Revolution durch
Digitalisierung der Arbeit respektive des
gesamten Lebens auf Basis des Internet.
Wenn ich die Begrifflichkeit „Digitalisierung der
Arbeit“ verwende, dann greife ich ihn aus
Gründen
der
Einfachheit
aus
dem
bestehenden Diskurs auf. Digitalisierung ist
letztlich die Umwandlung von Information in
speicherund
weiter
verarbeitbaren
Digitalcode. Hier geht es aber um mehr.
aber in erster Linie nicht am runden Tisch von
Kabinett und Kapital, sondern zuvorderst auf
der Straße, vor und im Betrieb, zusammen mit
der Arbeiterklasse.
Wenn wir uns heute mit einigen Aspekten des
Klassenbewusstseins der Arbeiterklasse und
der
Entwicklung
von
Produktivkräften
beschäftigen, dann können wir festhalten: Wir
stehen vor einer tiefgreifenden Veränderung.
Und dieses vor dem Hintergrund einer
permanent
steigenden
Kriegsgefahr,
anhaltender
Krisen,
Massenarmut
und
Verelendung. Wir stehen vor einem Prozess
der technischen Umwälzung, der die durch die
Arbeiterklasse erkämpften Besitzstände und
Rechte in Frage stellen wird. Eine
revolutionäre Partei der Arbeiterklasse ist hier
besonders herausgefordert. Insbesondere weil
es die Arbeiterklasse ist, die objektiv die
entscheidende gesellschaftsverändernde Kraft
ist. Sie ist, trotz aller Differenzierungen, lohnund gehaltsabhängig, hat kein Eigentum an
Produktionsmitteln und ist gezwungen, ihren
Lebensunterhalt dadurch zu sichern, indem sie
ihre Arbeitskraft an die Klasse der Kapitalisten
oder an den Staat verkauft, indem sie für das
Kapital Profit schafft und so ausgebeutet wird.
3. Die vierte industrielle Revolution wird durch
Begriffe wie Fabrik 4.0, Enterprise 2.0, Office
2.0 oder Internet der Dinge, gekennzeichnet.
Ebenfalls gehören dazu Änderungen in der
Arbeitsorganisation. Dazu einige dürre und auf
den Punkt gebrachte Erläuterungen:
* Fabrik 4.0
In der zukünftigen Fabrik findet auf der Basis
von
Cyber-Physical
Systems
eine
„Verschmelzung
der
physischen
Produktionswelt mit der virtuellen Welt der IT
und des Internet statt“. Dieses sind Systeme
mit eingebetteter Software, die über Sensoren
und Aktoren verfügen, erfasste Daten
auswerten
und
speichern,
mit
Kommunikationseinrichtungen untereinander
sowie in globalen Netzen verbunden sind,
weltweit verfügbare Daten und Dienste nutzen
und über Mensch-Maschine-Schnittstellen
verfügen. Dadurch können und werden sich
die bisher zentral gesteuerten starren
Produktionsstrukturen verändern hin zu einer
aktiven und dezentralen Selbstorganisation mit
kommunikationsfähigen Produktionseinheiten,
die untereinander vernetzt und sich so auch
selber steuern können.
Zu einigen Aspekten der Entwicklung der
Produktivkräfte
1. Die Entwicklung der Produktivkräfte ist ein
objektiver
Prozess,
verändert
die
Produktionsverhältnisse und wird von ihnen
wiederum, heutzutage unter der Dominanz des
Kapitals, beeinflusst. Karl Marx hat darauf in
seinem Gesetz des tendenziellen Falls der
Profitrate hingewiesen. Das Streben nach
Profit, die Konkurrenz unter den Kapitalisten
zwingt sie, die Produktivität der Arbeit zu
steigern. Das geschieht durch die Erhöhung
des Einsatzes von Produktionsmitteln im
Verhältnis zum Wert der eingesetzten Arbeit.
Die
Erhöhung
des
Einsatzes
von
Produktionsmitteln geht einher mit ihrer
Weiterentwicklung
bis
hin
zur
ihrer
Revolutionierung. Hier können wir grob
unterteilen:
Ganz anschaulich bedeutet es: Die Bestellung
eines Produkts über das Internet kann dann
eigenständig in der Fabrik ausgeführt werden,
da bereits mit der Bestellung Merkmale und
Ausstattungskomponenten
direkt
in
die
Produktion übertragen werden. Alle für dieses
Produkt notwendigen Teilprodukte erhalten
bereits zu Beginn die Information darüber, wie
sie bearbeitet und zusammengefügt werden
sollen, und übermitteln diese Daten an die
ausführenden
Maschinen.
Durch
Kommunikation der Maschinen untereinander
können die unterschiedlichen Schritte der
Produktion
bis
hin
zur
Auslieferung
automatisiert abgewickelt werden. Und das
alles in Echtzeit.
2. Die erste industrielle Revolution gegen Ende
des 18. Jahrhundert mit Erfindung und Einsatz
der Dampfmaschine und Wasserkraft, die
zweite in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts
mittels
Änderung
der
Arbeitsorganisation mithilfe von elektrischer
Energie, die dritte industrielle Revolution etwa
in der Mitte des 20. Jahrhundert durch Einsatz
von Elektronik und IT zur weiteren
Automatisierung der Produktion und die
* Enterprise 2.0
Hierbei handelt es sich um den Einsatz von
sozialer Software, wie Facebook, Twitter,
Whats App und Co. für die Kommunikation von
10
einzelne Teil-Pakete aufgeteilt und im Internet
zur Erledigung angeboten wird. Die digitale
Arbeit wird via Datenwolke rund um die Welt
verteilt; dorthin, wo sie am besten und oft
genug
am
billigsten
verrichtet
wird
(Cloudworking). Die eingehenden Ergebnisse
werden dann ausgewählt und zu einem
Endprodukt zusammengefügt. Nur derjenige,
dessen Ergebnis ausgewählt wird, erhält dafür
ein Entgelt.
Unternehmen sowohl intern als auch extern,
für die Koordination von Projekten sowie für
das Wissensmanagement, also der Verwaltung
des „Goldes in den Köpfen“ der Beschäftigten,
aber auch darüber hinaus, weil auch zum
Beispiel Kunden mit einbezogen werden. Ziel
ist es, dass Wissen von Vielen für die
Produktentwicklung und Produktion zu nutzen.
Anschaulich
wird
es
dadurch,
dass
Unternehmen das Internet nach Stichworten
über ihre Produkte durchforsten und prüfen, ob
es dazu von Kunden Hinweise oder
Beschwerden etc. gibt, welche sie dann
wiederum bei der Herstellung zukünftiger
Produkte berücksichtigen können. Kunden
werden so nicht nur zu Mitproduzenten
(Prosumten)von
Produkten
und
Dienstleistungen, sondern auch zu Lieferanten
von einer Fülle von Daten, die sie im Internet
hinterlassen.
4. Basis all dieser Entwicklungen ist die
Verarbeitung von großen, komplexen, und sich
schnell ändernden Datenmengen (Big Data)
und sich daraus entwickelnden Algorithmen,
als technische Basis das Internet sowie
entsprechend
in
Massenproduktion
hergestellte Hard- und Software.
5. Trends
Und obwohl wir bei den angesprochenen
Themenkreisen erst am Anfang stehen, lassen
sich schon jetzt weitere Trends der
Entwicklung der Produktivkräfte innerhalb der
nächsten zwei Jahrzehnte festhalten: Da
wären zunächst die Assistenzsysteme (smart
machines) zu benennen. Benannt habe ich
schon die Cyber-Physical Systems. Aber in der
Entwicklung
befindet
sich
auch
das
selbstfahrende Automobil, das sich selbst
steuernde
Haus,
Körperfunktionen
überwachende persönliche auf Einwirkung
reagierende intelligente Systeme.
Wenn es gelingt, große sich verändernde
Datenmengen schnell und zielgerichtet zu
verarbeiten,
dann
kann
eine
Produktionssteuerung nach Anforderungen
des Marktes durch Kundenverhalten in
Echtzeit stattfinden. Die Weiterentwicklung und
der serienmäßige Einsatz von 3D-Druckern
wird
bestehende
Produktionsabläufe
grundsätzlich
in
Frage
stellen.
Die
Weiterentwicklung
von
neuronalen
Schnittstellen über den Ersatz von Gliedmaßen
hinaus zur Steuerung von Produktionen als
Mensch-Maschine-Schnittstelle.
* Office 2.0
Durch den Einsatz von vor Ort verfügbarer
Rechenleistung in Form von PC und Laptops,
durch Entwicklung von Schreibprogrammen
und Tabellenkalkulationsprogrammen etc,
durch Ablösung von analoger hin zu digitaler
Technologie unter Nutzung der Telefonkabel
(VoIP) ist die Basis gelegt worden, dass in den
Bereichen der Verwaltung die Arbeit via
Internet nicht mehr in den bisher dafür
vorgesehenen Büros
der Unternehmen
geleistet werden muss. Zudem lassen sich mit
den ursprünglich für den Freizeit- und
Privatgebrauch entwickelten Smartphones und
Tablets berufliche Tätigkeiten rund um die Uhr
erledigen.
* Internet der Dinge
Mit dem Internet der Dinge wird die
Verknüpfung
eindeutig
identifizierbarer
physischer Objekte, also nicht nur Menschen,
mit Computersystemen, inzwischen in der
Regel über das Internet, bezeichnet.
Anschaulichstes Beispiel ist der Kühlschrank,
der automatisch Lebensmittel nachbestellt,
wenn diese zur Neige gehen.
Letztlich werden alle Lebensbereiche durch
Tätigkeiten,
die
auf
Computern
beziehungsweise algorithmische Prozesse
aufbauen, durchdrungen. Es wird die
Vernetzung des Alltags mittels „intelligenter“
Gegenstände stattfinden. Der Mensch selber
wird zum bloßen Objekt mit eingeschränkten
Steuerungsmöglichkeiten werden.
* Arbeitsorganisation
Mit der Methode der indirekten Steuerung wird
eine Arbeitsaufgabe den Beschäftigten zur
selbständigen Erledigung, jedoch ohne eigene
Entscheidungskompetenzen hinsichtlich von
zum
Beispiel
zusätzlichen
personellen
Ressourcen, überlassen.
Crowdsourcing bedeutet, dass durch das
Unternehmen eine Tätigkeit, die bisher von
eigenen Beschäftigten durchgeführt wurde, in
11
6. Folgenabschätzung
Dafür gibt es Gründe, einige will ich benennen:
* Chancen
- Die Herrschenden arbeiten kräftig daran, den
geschichtlich
ersten
Versuch
einer
Systemalternative zum Kapitalismus, den
Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft, mit
allen möglichen Mitteln zu diskreditieren, zu
delegitimieren, zu kriminalisieren bis hin dazu,
sie mit dem Faschismus mittels der
Totalitarismusdoktrin auf eine Stufe zu stellen.
Für sie ist der Kapitalismus das Ende der
Geschichte. In diesem Kontext Alternativen
zum Kapitalismus überhaupt zu diskutieren, zu
konkretisieren und in Form des Sozialismus
umzusetzen, scheint für die Masse der
Menschen nicht greifbar zu sein.
- Den Herrschenden stehen inzwischen
hochentwickelte Methoden, verbunden mit
modernster Technik, zur Verfügung. Sie
nutzen dabei konsequent die „vierte Gewalt“
im Staate, die Medien, mit denen sie die
Massen manipulieren. Wenn sich die Massen
nicht manipulieren lassen, wenden die
Herrschenden im Bedarfsfall rücksichtlos das
staatliche Gewaltmonopol an.
Mit diesem durch die 4. Industrielle Revolution
ausgelösten Schub könnten wir, wären wir im
Sozialismus,
die
Grundlagen
der
Bedürfnisbefriedigung schaffen. Ansätze dazu
gab es bereits in der Geschichte. In der
Sowjetunion unterbreitete Viktor Gluschkow
1964 Vorschläge für die Schaffung eines
landesweiten
und
einheitlichen
Computernetzwerkes
(OGAS
–
Gesamtstaatliches Automatisiertes System),
welches die gesamte Produktion und
Verteilung kontrollieren sollte – bis hin zur
Abschaffung des Geldes, an deren Stelle eine
Arbeitszeitrechnung entlang der Marxschen
Arbeitswerttheorie Platz hätte finden können.
Im Übrigen wurde diese Diskussion von
Cockshott und Cottrell mit ihrem Buch
„Alternativen aus dem Rechner“ schon 1993
wieder aufgenommen. Gemessen an dem
Stand der Produktivkräfte von 1964 können wir
doch heute erst recht sagen, dass sich die
Bedingungen für den Sozialismus verbessert
haben.
- Den Herrschenden gelingt es, die
Zersplitterung der Arbeiterklasse nicht nur als
Produkt der Entwicklung der Produktivkräfte zu
befördern, sondern diese tief zu spalten, und
zwar
durch
Aufrechterhaltung
von
Massenarbeitslosigkeit, durch Atomisierung
des Normalarbeitsverhältnis sowie durch ein
Hartz IV genanntes Zwangssystem.
Aber wir sind nicht im Sozialismus. Die
Beschreibung der gegenwärtigen Entwicklung
der Produktivkräfte im Kapitalismus führt uns
aber zu einer Folgenabschätzung, wie Marx
sie formuliert hat: „Auf einer gewissen Stufe
ihrer Entwicklung geraten die materiellen
Produktivkräfte
der
Gesellschaft
in
Widerspruch
mit
den
vorhandenen
Produktionsverhältnissen oder, was nur ein
juristischer Ausdruck dafür ist, mit den
Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie
sich
bisher
bewegt
hatten.
Aus
Entwicklungsformen
der
Produktivkräfte
schlagen diese Verhältnisse in Fesseln
derselben um. Es tritt dann eine Epoche
sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung
der ökonomischen Grundlage wälzt sich der
ganze ungeheure Überbau langsamer oder
rascher um."
- Selbst wenn es zu massenhaften
Bewegungen in Einzelfällen kommen sollte,
finden sie Auswege, die möglicherweise ihren
zeitweiligen Interessen widersprechen, aber
langfristig der Systemerhaltung dient. Hier
offenbart sich der Doppelcharakter von
Reformen. Einerseits verbessern sie die Lage
der von ihnen Betroffenen, andererseits
weisen sie nicht über das System hinaus, sind
systemstabilisierend.
- Die Bedingungen für die Kampfkraft der
Arbeiterklasse werden zum einen geprägt
durch die Entwicklung der Produktivkräfte und
der Technik sowie die dadurch erzwungene
veränderte Arbeitsorganisation. Aber nicht nur.
Das
Kapital
und
sein
Staat
geben
Rahmenbedingungen
für
den
gesellschaftlichen Arbeitsprozess vor, in deren
Folge es zu Veränderungen in der
Arbeiterklasse bis hin zur Aufspaltung in
Stammbelegschaften,
Leiharbeiter,
Prekarisierte und Erwerbslose kommt. Mithin
wirkt auch der politische Überbau des
Wir können konstatieren, dass mit diesen
Entwicklungen eine ständig zunehmende
Kapitalkonzentration
und
–zentralisation,
Profitsteigerungen in ungeheurem Ausmaß,
eine
fortwährend
bestehende
Massenarbeitslosigkeit und eine zunehmende
Verarmung
großer
Bevölkerungsteile
einhergehen, und all dieses im globalen
Maßstab. Eine Hemmung oder Fesselung
dieser Entwicklung ist tatsächlich nicht
erkennbar.
12
Kapitalismus
auf
Arbeiterklasse ein.
die
Kampfkraft
Das Wissen der Vielen steht
über
Wissensdatenbanken nicht nur wenigen
Vermögenden zur Verfügung, sondern allen,
die einen technischen Zugang dazu haben. Ein
Smartphone heute hat mehr Computerpower
als Apollo 11, ist aber rund 30 Mio. Mal
günstiger. Selbst Finanzmittel lassen sich
inzwischen über das Netz besorgen, ohne
Abhängigkeit von Zinsen. Durch Crowdfunding
werden längst nicht mehr nur Filme finanziert,
sondern auch soziale Projekte.
der
- Last but not least geht die Eingriffsfähigkeit
der Bevölkerung bei den sie betreffenden
Fragen zurück. Es gibt kaum noch eine Wahl,
bei der die Wahlbeteiligung nicht unter der der
vorangegangen Wahl liegt. Hoffnungslosigkeit,
Lethargie bis hin zur Depression scheinen die
Kennzeichen zu sein für die Mehrheit der
sozial benachteiligten Bevölkerung. Die
täglichen Erfahrungen der Menschen mit
Politik und Wirtschaft, mit Sozial- und
Gesundheitswesen, mit Justiz und Verwaltung
scheinen zu bestätigen, dass „doch alles
keinen Zweck hat, man kann ohnehin nichts
ändern“.
Mittlerweise nutzen rund 87 Prozent aller
Berufstätigen in der BRD für ihre tägliche
Arbeit einen Computer, rund 79 Prozent gehen
geschäftlich mit mobilen Geräten (Notebooks,
Tablets, Smartphones, Handy) um und rund 55
Prozent nutzen das Internet für berufliche
Zwecke. Wir können festhalten, der Wandel in
der Arbeitswelt ist geprägt von der
Digitalisierung der Arbeit, kann wachsende
Autonomiespielräume
im
Sinne
der
Beschäftigten schaffen und deren Life-WorkBalance verbessern. Sie ermöglicht neue
Formen der Arbeitsteilung und verändert
Wertschöpfungsketten, sie erlaubt orts- und
zeitungebundene
Arbeit
fern
fester
Organisationsformen. Eine schöne neue Welt
könnte entstehen, wenn, ja wenn wir uns nicht
im Kapitalismus befinden würden.
Selbst
bei
aufflammenden
punktuellen
Aktivitäten
gegen
Sozialabbau,
gegen
Lohndumping und Abbau von Arbeitsplätzen
werden doch in der Regel die Erfahrungen
gemacht, das zum einen die Beteiligung an
diesen
Aktionen,
gemessen
an
der
Bevölkerungsmehrheit, deutlich zu gering ist
und zum anderen, dass durch geschickte
Kompromisse zwischen den politischen
Parteien oder durch Absprache mit den
Gewerkschaftsführungen erreicht wird, dass
dem Widerstand die Spitze genommen wird
und er ins Leere läuft.
* Risiken
Gleichermaßen erleben wir, wie sich mit der
Änderung der Produktivkräfte auch schon
heute konkrete Möglichkeiten des Eingriffes
außerhalb der Verwertungslogik des Kapitals
ergeben. So entwickeln Menschen weltweit
sog. Open Source-Systeme, wie zum Beispiel
Firefox, also Software und Systeme, die jedem
zur Verfügung stehen und kostenfrei genutzt
werden darf, die darüber hinaus von den
Anwendern weiterentwickelt werden.
Die Entwicklung der Produktivkräfte könnte
genutzt werden, um den Arbeitstag für die
Arbeiterklasse kleiner werden zu lassen,
können sie doch in kürzerer Zeit das Gleiche
produzieren. Aber nicht im Kapitalismus. Hier
werden
die
Produktivkräfte
bei
gleichbleibender Arbeitszeit zu Steigerungen
der Profite genutzt und, wie Marx es bereits in
den Grundrissen der Kritik der politischen
Ökonomie dargestellt hat, zur Aushöhlung des
Prinzips der Mehrwertproduktion durch die
zunehmende Ersetzung der lebendigen Arbeit,
die neben der Natur die Hauptquelle des
Reichtums ist. Marx verweist hier sogar auf
eine im Kapitalismus beginnende tendenzielle
Aufhebung des Systems der Lohnarbeit.
Mit Hilfe eines Tastendrucks können
Menschen sich zu gesellschaftsbewegenden
Themen äußern, quasi darüber abstimmen,
wie geschehen bei der Initiative gegen die
Privatisierung des Wassers. Innerhalb nur
weniger Wochen konnten über 800.000
Stimmen allein über das Internet gezählt
werden; oder wie zuletzt gegen TTIP und
CETA. Mit Hilfe von SMS, mit Twitter und Co
konnten Tausende Menschen gegen den
Angriff auf Hugo Chavez vor rund 10 Jahren
mobilisiert werden; diese Mittel waren und sind
die Kommunikationsmittel während des
ägyptischen Frühlings und vergleichbarer
Bewegungen gewesen.
Zwei Wissenschaftler der Universität Oxford,
Michael Osborne und Carl Benedikt Frey,
haben in einer groß angelegten Studie 702
verschiedene Berufe in den USA analysiert.
Sie sind der Frage nachgegangen, inwieweit
die
Entwicklung
der
Produktivkräfte
herkömmliche Arbeit verdrängt. Sie kommen
zu dem Ergebnis, dass in den nächsten 20
Jahren 47 Prozent der heutigen Arbeitsplätze
nicht mehr existieren werden, weil ihre
13
Konkurrenz mit tausenden anderen ihre Arbeit
billig anbieten müssen.
Aufgaben automatisiert werden. Roboter und
Computerprogramme werden an ihre Stelle
treten. Sie befürchten, dass die Entwicklung
der Produktivkräfte keine neuen Arbeitsplätze
schafft. Den Grund dafür sehen sie in dem
Tempo der Entwicklung und den Umstand,
dass sich heute Unmengen an Daten
speichern ließen, mit der Folge, dass dadurch
immer
intelligentere
Algorithmen,
also
Problemlösungen, entstünden. So schnell, wie
alte Arbeitsplätze wegfallen, könnten im
gleichen Umfang keine neuen Arbeitsplätze
entstehen.
Betroffen
wären
auch
hochqualifizierte Berufe, wie Ärzte zum
Beispiel durch den Einsatz von Computern als
Diagnose-Werkzeug
und
therapeutische
Unterstützung bzw. Behandlung, oder Lehrer,
die durch interaktive Lernprogramme ersetzt
werden.
Wir werden es hier mit einer neuen Art der
Prekarisierung zu tun haben, der digitalen
Prekarisierung. Orts- und zeitungebundene
Arbeit bedeutet Arbeit auf Abruf zu jeder Zeit
und an jedem Ort. Und aller Wahrscheinlichkeit
nach gesteuert von einer Maschine. Das
Kapital wird zusätzliche Profite einfahren, da
es mit diesen Arbeitsformen Sozialabgaben
und Steuern in erheblichem Ausmaße
einsparen wird.
Im 1949 erschienenen Roman von George
Orwell „1984“ wird ein totalitärer Präventionsund Überwachungsstaat dargestellt, welcher
von einem allgegenwärtigen, jedoch nicht
sichtbaren Großen Bruder geführt wird. Die
Gedankenpolizei überwacht permanent die
gesamte Bevölkerung mit nicht abschaltbaren
Geräten („Teleschirme“), die zugleich alle
Wohnungen visuell kontrollieren und abhören.
Die für das Jahr 1983 vorgesehen
Volkszählung in der BRD scheiterte am
massenhaften Protest und durch ein
wegweisendes Urteil des BVerfG über das
Grundrecht
der
informationellen
Selbstbestimmung. Die damaligen Kläger
beanstandeten, dass die Ausführlichkeit der
Fragen
in
den
entsprechenden
Volkszählungsbögen bei ihrer Beantwortung
Rückschlüsse auf die Identität der Befragten
zulasse und somit den Datenschutz unterlaufe,
damit folglich gegen das Grundgesetz
verstoße.
Im
Hintergrund
stand
die
Befürchtung des so genannten Gläsernen
Bürgers.
In Verbindung mit der Standardisierung der
Arbeitsabläufe werden die Beschäftigten weiter
ausdifferenziert
in
hoch
ausgebildete
Spezialisten und diejenigen, die lediglich den
Ablauf
der
Produktion
begleiten
und
kontrollieren. Die Produktivkraft Mensch wird
zu Gunsten von Maschinen, Daten und Netzen
entwertet. In diesem Zusammenhang sind
hohe Rationalisierungspotentiale, also der
Wegfall von Arbeitsplätzen, zu befürchten. Das
sehen auch verantwortliche Manager so. Der
Arbeitsdirektor von Volkswagen, Dr. Horst
Neumann,
sieht
in
diesem
Automatisierungsschub
„die
einzigartige
Chance tausende von Arbeitsplätzen durch
Roboter
zu
ersetzen.
Aufgrund
des
demographischen Wandels werde dies auch
nötig, weil in den nächsten 15 Jahren mehr als
30.000 Kolleginnen und Kollegen altersbedingt
Volkswagen verlassen werden“. Eine hohe
Flexibilität in der Produktion wird sich
verschärfend auf eine weitere Flexibilisierung
der Arbeit, und damit der Arbeitsverhältnisse,
auswirken.
Heute sind wir in einigen Aspekten doch
wesentlich weiter, als Orwell es erahnen
konnte. Mit dem Internet der Dinge, also der
Verknüpfung von Gegenständen mit dem
Internet,
fallen
schon
heute
riesige
Datenmengen an. Ob es das Navigationsgerät
im Auto, das Smartphone in der Handtasche,
der Fernseher in der guten Stube, die
Gesundheitskarte der Krankenkassen oder der
PC zum Nutzen von Mail-Programmen,
Facebook und Internetbestellungen ist, alle
diese Geräte und Programme sammeln Daten
und speichern diese.
Wenn Unternehmen mittels Crowdsourcing
Tätigkeiten,
die
bisher
von
eigenen
Beschäftigten erbracht wurde, auf Plattformen
im Internet weltweit ausschreiben und an
wechselnde Auftragnehmer vergeben, erzeugt
dieses einen enormen Druck auf bisherige
Arbeitsverhältnisse, die tendenziell reduziert
und durch freie Auftragsverhältnisse ersetzt
werden. Ergebnisansprüche werden Zeit-,
Entgeltund
Leistungsanforderungen
dominieren. Bisher angestellte Beschäftigte
werden so zur Crowd, zu Auftragnehmern, die
in der Cloud arbeiten. Sie werden zu
sogenannten Solo-Selbständigen, die fern aller
Tarifverträge und sozialer Absicherungen in
Dank der Entwicklung der Produktivkräfte ist
es heute möglich, diese riesige, stetig
anwachsende Datenmenge zu sichten und
auszuwerten. Und damit auch das Verhalten
derjenigen, die diese Dinge nutzen. Das gilt
erst recht für die vorher erwähnte skizzierte
Arbeitswelt. Daten über Arbeitsergebnisse,
14
7. Was tun?
über Pensen, über Zuverlässigkeit des
Arbeitenden und dessen Qualifikationen
werden Basis zukünftiger Prognosen des
Arbeitsverhaltens sein. Daten werden damit zu
Disziplinierungsfaktoren, Benchmarks über
Arbeitsleistungen
entwickeln
sich
zu
Repressionsinstrumenten. Das, was 1983
verhindert werden sollte, nämlich der gläserne
Mensch, ist heute dank Big Data letztlich
Realität.
* Das Referat heute kann nur ein weiterer
Baustein einer weiteren Diskussion sein. Mir
halfen
dabei
Ausführungen
aus
den
marxistischen Blättern (Ausgabe 5/2014)
ebenso wie Materialien vom Genossen
Thomas
Hagenhofer
oder
aus
gewerkschaftlichen Veröffentlichungen. Die
zentrale
Kommission
Betriebsund
Gewerkschaftspolitik beim Parteivorstand hat
beschlossen,
das
Thema
zu
einem
Schwerpunkt
auf
dem
gewerkschaftspolitischen Forum am 27./28.06.15 in Frankfurt
zu machen. Insbesondere die in Betrieb und
Gewerkschaften aktiven Genossinnen und
Genossen sind herzlich dazu eingeladen.
Ein weiterer Aspekt und zugleich Risiko wird
mit dem Begriff „Dual Use“ bezeichnet, also
dem „doppelten Verwendungszweck“. Gemeint
ist die prinzipielle Nutzung eines Produktes,
zum Beispiel einer Maschine, aber auch
Software und Technologie, sowohl zu zivilen
als auch zu militärischen Zwecken. Die
Herrschenden verfolgen diese Strategie des
Dual Use seit mittlerweile drei Jahrzehnten. Im
März 1982 erklärte die damalige SPD/FDPBundesregierung: „Die Mikroelektronik führt
insbesondere zur Verbesserung der Führung
und der Aufklärung sowie des Waffeneinsatzes
(…).
Die
Grundlage
für
die
hierzu
erforderlichen technologischen Fähigkeiten
muss sich die deutsche Industrie zunächst auf
dem zivilen Markt schaffen. Hierzu stellt der
Bundesminister
für
Forschung
und
Technologie in den Jahren 1982 bis 1984 ca.
380 Mio. DM für ein Forschungs- und
Entwicklungsförderprogramm im Bereich der
Unternehmen
und
wissenschaftlichen
Einrichtungen zur Verfügung.“ Die Entwicklung
der Produktivkräfte macht also auch vor der
Armee keinen Halt, im Gegenteil.
* Bereits auf der gewerkschafts-theoretischen
Konferenz hatten wir festgestellt, dass „das
Hauptmanko der Gewerkschaften darin
besteht, dass sie nicht mehr alternative
Vorstellungen zum Kapitalismus entwickeln.
Wer sich aber nicht mehr kritisch und über den
Kapitalismus hinaus mit eigenen Vorstellungen
beschäftigt, wer die gegebenen Verhältnisse in
ihren Grundlagen als unverändert ansieht, der
wird zwingend eine Politik betreiben, die
darauf aus ist, immer wieder Abstriche zu
Lasten der Arbeiterklasse zuzulassen.“
Der Stand der heutigen Entwicklung der
Produktivkräfte
setzt
die
Frage
nach
gesellschaftlichen Alternativen, aus unserer
Sicht nach dem Sozialismus, ganz oben auf
die Agenda der Gewerkschaften. Auf der
Agenda steht damit auch die Frage, wie es uns
gelingen
kann,
die
Diskussion
über
Vorstellungen
von
gesellschaftlicher
Alternative in den Gewerkschaften zu führen.
Da sind die anstehenden Gewerkschaftstage
bzw. Bundeskongresse von ver.di und der IG
Metall in diesem Jahr eine gute Gelegenheit.
Wir sind gefordert, die Gewerkschaften als die
größte Organisation der Arbeiterklasse zu
stärken und aktiv in ihnen mitzuwirken und
mitzuarbeiten.
Ein gutes Beispiel hierfür sind autonome
Waffensysteme, wie Drohnen oder selbst
fahrende Panzer. Hier kommt es dem
Militärforschungssektor im wesentlichen darauf
an, dass Waffensysteme Aufklärungsdaten
sammeln und weiterleiten, selber situativ
entscheiden und sich aufeinander abstimmen
Im Fokus stehen derzeit die „Unmanned Aerial
Vehicles/Systems“
(UAV/UAS).
Diese
„Umbenannten Fluggeräte (…) sind der global
am schnellsten und stärksten wachsende
Bereich in der Luft- und Raumfahrt. Einer
aktuellen Studie zufolge haben sie allein bei
den NATO-Mitgliedsstaaten bis 2021 ein
Marktpotential von 130 Mrd. US-Dollar.“ Ein
gewaltiger Markt, der mit dem Stichwort des
Antiterrorkampfes die Aggression nach außen
und die Repression nach innen mit neuesten
Technologien vorantreibt.
Ja, und wir werden auch diejenigen benennen,
die aufgrund ihrer Klasseninteressen Gegner
einer solchen Debatte sind: Es ist das Kapital,
es ist die Klasse der Kapitalisten. Dabei kommt
es nicht darauf an, ob der Kapitalist als Boss
mit Zylinder, dicker Zigarre und Luxuskarosse
sichtbar ist. „Kapitalist sein, heißt nicht nur eine
rein
persönliche,
sondern
eine
gesellschaftliche Stellung in der Produktion
einzunehmen." Es geht also nicht um
Personen oder Menschengruppen, sondern
um die Klassenverhältnisse. Wenn das Kapital
15
zu stellen. Das technische Instrumentarium ist
dafür zumindest vorhanden.
heute in Form von Hedgefonds und
Aktienverwaltern auftritt, dann benennen wir
sie auch.
* Bei allen heutigen und zukünftigen
Entwicklungen der Produktivkräfte muss eins
gelten: Sie dürfen nicht für Aggression und
Repression verwandt werden, sie dürfen keine
weitere Anwendung in Waffen-, Kontroll- und
Überwachungssysteme finden. Es ist an der
Zeit, eine Diskussion zu initiieren analog der
Diskussionen an Schulen und Hochschulen,
die Forschung, Wissenschaft und Lehre nicht
im Dienst von Armeen wissen wollen.
*
Im
Fokus
der
anstehenden
Auseinandersetzungen
wird
das
Normalarbeitsverhältnis
stehen.
Mit
Veränderung der Arbeitsorganisation durch die
Entwicklung der Produktivkräfte ist es in
Gefahr nicht nur weiter atomisiert zu werden durch Leih- und befristete Arbeit, durch
Teilzeitarbeit und Niedriglohnbeschäftigung -,
sondern ganz von der Bildfläche zu
verschwinden.
* Last uns alles dafür tun, dass die
Entwicklung
der
Produktivkräfte
in
Widerspruch zu den Eigentumsverhältnissen
kommen. Es ist und es bleibt unsere Aufgabe,
auch und gerade beim vorliegenden Thema
der Entwicklung der Produktivkräfte, die
Eigentumsfrage in den Mittelpunkt und als
Lösung
in
den
anstehenden
Auseinandersetzungen einzubringen.
In diesem Zusammenhang muss es gelingen,
in die jederzeitige und vollumfängliche
Verfügungsgewalt des Kapitals auf die
menschliche
Arbeitskraft
einzugreifen.
Vorschläge der Gewerkschaften dazu sind ein
erster Ansatz, den es aufzugreifen gilt. Es geht
nicht nur um Qualifizierungsmaßnahmen,
sondern auch zum Beispiel um Veränderungen
des Betriebs- bzw. Arbeitnehmerbegriffes im
Betriebsverfassungsgesetz, das Recht auf
Nichterreichbarkeit und Nicht-Reaktion im
Arbeitszeitgesetz zu verankern. Es geht darum
einen Rechtsanspruch auf ein Mindestmaß an
betriebsüblichen Arbeitszeiten an einem vom
Beschäftigten
selbst
zu
bestimmenden
Arbeitsplatz zu formulieren. Letztlich geht es
um das von den Gewerkschaften in die
Diskussion gebrachte Projekt der Guten Arbeit.
Zu Aspekten des Bewusstseinsstands der
Arbeiterklasse
1. Grundlage bilden einige Ergebnisse aus der
Beschäftigtenbefragung der IG Metall aus dem
Jahr 2013 unter dem Motto „Arbeit: sicher und
fair! Die Befragung“. Dabei handelt es sich um
die Widerspiegelung des Bewusstseins eines
Teils
der
Arbeiterklasse
in
einem
hochentwickelten Bereich der Industrie, in der
Regel
mit
Tarifbindung,
anhand
der
Beantwortung vorgegebener Fragen. Mit
dieser Befragung haben wir es nach
Bewertung
der
IG
Metall
mit
der
umfassendsten empirischen Untersuchung zu
zentralen politischen und Gestaltungsfragen
für den industriellen Sektor einschließlich
industrienaher
Dienstleistungen
und
Handwerksbranchen zu tun. Insgesamt haben
514.134 Beschäftigte an der Befragung
teilgenommen, davon gehören zwei Drittel der
IG Metall an, ein Drittel war nicht in einer
Gewerkschaft
organisiert.
Teilgenommen
haben zu 80 Prozent Männer und zu 20
Prozent Frauen. Diese Befragung wurde durch
Betriebsräte, Vertrauensleute und JAVen in
mehr als 8.400 Betrieben in der Zeit zwischen
Mitte Februar und Ende April 2013
durchgeführt.
* Mit dem derzeitigen Stand und der
absehbaren Entwicklung der Produktivkräfte
erhält
die
Forderung
nach
einer
Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und
Personalausgleich ein ganz besonderes
Gewicht. Das Kapital wird die Situation nutzen,
enorme Rationalisierungen durchzuführen, mit
der
Folge
weiter
ansteigender
Massenarbeitslosigkeit und Verarmung. Dem
müssen wir die Verteilung der übrigen Arbeit
auf
wesentlich
mehr
Schultern
entgegensetzen, wobei ein Auskommen mit
dem Einkommen selbstverständlich ist.
* Big Data wirft die Fragen nach den
Interessen, nach der Kompetenz, nach der
Legitimation und nach der Kontrolle derjenigen
auf, die über diese Datenmengen und ihre
Nutzung verfügen. Es gilt, eine Diskussion
über den Umgang und Zugang mit Big Data zu
entfachen, die die kommerzielle Nutzung sowie
Anwendung zur weiteren Entwicklung der
Produktivkräfte ausschließlich zu Gunsten des
Kapitals in Frage stellt. Ein Ansatz kann es
sein, Big Data unter gesellschaftliche Kontrolle
2. Die Angst vor sozialer Unsicherheit findet
ihren Ausdruck darin, dass 75 Prozent der
Befragten als wichtigstes Handlungsfeld den
Erhalt und die Stärkung der sozialen
Sicherungssysteme sehen, also Rente, Pflege,
Gesundheit und Arbeitslosigkeit. Sie haben
16
Grundlage für das betriebliche, tarifliche und
politische Handeln der IG Metall auch
Anforderungen an die Politik vor der nur
wenige
Monate
später
durchgeführten
Bundestagswahl
erbringen.
Der
Befragungstermin war also nicht zufällig, es
kann der Eindruck entstehen, dass die IG
Metall mit der Befragung gleichwohl die SPD,
und sei es nur in einer großen Koalition, zum
Sprung in die Bundesregierung verhelfen
wollte.
wahrgenommen, welche sozialen Folgen die
berüchtigten Arbeitsmarkt- und Sozialreformen
durch die Politik der Agenda 2010 erbracht
haben. Nur 4 Prozent schätzen ein, dass sie
von der gesetzlichen Rente gut leben können.
42 Prozent, also fast die Hälfte der Befragten,
befürchten, dass die gesetzliche Rente nicht
ausreichen wird. Deshalb sorgen 26 Prozent
im ausreichenden Umfang privat vor. Ein gutes
Fünftel, 21 Prozent, kann sich eine private
Vorsorge aber nicht leisten. Vor dem
Hintergrund, dass nur 31 Prozent davon
ausgehen, bis zum gesetzlichen Rentenalter
arbeiten zu können, kündigt sich hier eine
weitere Vertiefung der Armut im Alter an.
Es kann der Eindruck entstehen, dass
bestimmte Fragestellungen bereits in sich ein
Ergebnis trugen. So wurde zwar nach einem
gesetzlichen Mindestlohn gefragt, die Höhe
von 8,50 Euro gleichwohl vorgegeben. Obwohl
spekulativ hätte die Benennung eine höheren
Betrages von zum Beispiel 10,00 Euro ein
genauso gutes Ergebnis erzielt, wäre aber bei
den im September des Jahres durchgeführten
Tarifverhandlungen
mit
der
Leiharbeitswirtschaft, und später bei den
Koalitionsverhandlungen ungleich schwerer
durchzusetzen gewesen. Der Effekt, „Wir
haben euch gefragt und es durchgesetzt“ wäre
dann nicht mehr so schön gewesen.
Wie stark
sich das
Schreckgespenst
Arbeitslosigkeit mit all seinen negativen Folgen
in den Köpfen verankert, zeigt
die
Beantwortung einer weiteren Frage: 99
Prozent
der
Befragten
finden
einen
unbefristeten Arbeitsvertrag für wichtig bis sehr
wichtig, mit 90 Prozent folgt, dass ein
ausreichende und verlässliches Einkommen,
ebenfalls in der Spannbreite, sehr wichtig bis
wichtig ist.
Die Spaltung der Belegschaften in Stamm- und
Randbelegschaften, das Ausgliedern von
immer mehr Betriebsteilen zu Einkommen
unterhalb der bisherigen Tarifverträge führt
dazu, dass 39 Prozent der Befragten sich
Sorgen um den Erhalt ihres Arbeitsplatzes
machen. Ein anderer Aspekt, welcher die
große Verunsicherung der Befragten bestätigt,
ist der nach einem Mindestlohn bzw. nach
Leiharbeit und Werkverträge. 67 Prozent der
Befragten stimmten voll und ganz zu, dass ein
gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50
Euro
eingeführt
und
es
gesetzliche
Regelungen zu Leiharbeit und Werkvertag
geben muss.
Auch die Frage der Arbeitszeit wurde
thematisiert,
insbesondere
vor
dem
Hintergrund der Intensivierung der Arbeit, der
über die vertraglich hinaus geleistete Arbeit
sowie möglicher Arbeitszeitflexibilisierungen
aufgrund
betrieblicher
Anforderungen.
Wünschenswert wären aus meiner Sicht aber
auch
Fragen
zur
Arbeitszeitverkürzung
hinsichtlich
tarifvertraglicher
oder
gar
gesetzlicher Regelungen gewesen.
Lasst mich aber zum Schluss noch ein
positives Ergebnis darstellen. 15 Prozent der
Befragten haben auf die Frage „Ich würde
mich gerne selber stärker einbringen, wenn es
um die Vertretung von Beschäftigteninteressen
geht“ mit „trifft voll und ganz zu“ geantwortet.
29 Prozent haben die Frage immerhin mit „trifft
eher zu“ beantwortet. Hier ist ein Potential,
nicht nur für Gewerkschaften, vorhanden,
wenn es um die Durchsetzung eigener
Interessen geht. Das sind ermutigende Zahlen.
Erst recht, wenn es uns gelingen könnte, nur 1
Prozent von den 15 Prozent für die Politik der
DKP zu interessieren, dann hätten wir auf
Schlag weit über 750 Genossinnen und
Genossen mehr. Lasst uns also beginnen.
Dass der Jugend mehr und mehr die Chance
auf eine Perspektive nach einem eigenen
Leben durch Mangel an Ausbildungsplätzen
genommen wird spüren die Eltern am
deutlichsten. Dieses findet seinen Ausdruck
darin, dass bei 67 Prozent der Befragten die
Schaffung von Bildungschancen unabhängig
von Herkunft oder dem Geldbeutel der Eltern
ein wichtiger Punkt ist.
3. Anmerkungen zur Befragung
Die Befragung sollte neben einem Votum zu
Arbeitsund
Lebensbedingungen
als
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit.
17
12. Tagung des Parteivorstands der DKP
14./15. März 2015, Essen
(Unkorrigiertes Manuskript,
Es gilt das gesprochene Wort.)
Einleitung zum Tagesordnungspunkt „Weitere Vorbereitung des 21. Parteitags“
Hans-Peter Brenner, Mitglied des Sekretariats des Parteivorstandes
Wie weiter mit der inhaltlichen Vorbereitung des 21. Parteitags?
Bekanntlich gab es auf der letzten 11. PVTagung eine strittige Diskussion über das
Konzept von Referaten und Gegenreferaten.
Ich selber habe damals engagiert dagegen
diskutiert und auch dagegen gestimmt.
Ich habe mich durch den Ablauf der Konferenz
in Hannover eines Besseren belehren lassen
müssen. Mit Blick auf diesen Tag und diese
Veranstaltung
war
dies
eine
richtige
Konzeption. Ich wiederhole aber, dass ich eine
dauerhafte Konferenzstruktur mit Referaten
und Gegenreferate von Strömungen als
unakzeptabel für den kommunistischen
Parteitypus halte und mich auch künftig
dagegen verwahren werde. Für mich gelten die
im Statut festgelegten Grundregeln des
demokratischen Zentralismus.
Vor drei Wochen haben wir gemäß Beschluss
der 10. PV-Tagung die erste Theoretische
Konferenz zur Debatte um den Leitantrag an
den 21. Parteitag in Hannover durchgeführt.
Sie
war
für
den
Veranstalter,
den
Parteivorstand, ein Erfolg.
Wir haben den Eindruck, dass es uns mit der
Diskussion des Leitantrags zunehmend
gelingt, die Auseinandersetzung über die tiefen
Meinungsunterschiede, die wir haben, wieder
stärker auf eine inhaltliche Basis zu stellen.
Das wäre eine gute und notwendige
Entwicklung, weil sie gleichzeitig auch die
Transparenz für die Partei über die
unterschiedlichen Positionen erhöht und damit
die Grundlagen für die Entscheidungen des 21.
Parteitags legt. Je klarer und eindeutiger dabei
die jeweiligen Strömungen ihren Dissens
aussprechen, desto hilfreicher, ist das für uns
alle.
Nun zu einigen inhaltlichen Bemerkungen zu
den Referaten der ersten theoretischen
Konferenz. Block 1 setzte sich in Referat und
Co-Referat mit Fragen der ImperialismusTheorie auseinander. Da ich selber hier einer
der beiden Referenten war, sind meine
Einschätzungen hier besonders parteiisch. Wir
haben auch noch keine kollektive Auswertung
im Sekretariat durchführen können.
Es nahmen 140 Genossinnen und Genossen
teil- mehr als wir im Sekretariat erwartet
hatten. Erfreulich war, dass diesmal auch die
Gliederungen
aus
den
östlichen
Bundesländern recht gut vertreten waren. In
der Debatte gab es zusätzlich zu den sechs
Referaten 37 Diskussionsbeiträge. Sie waren
nicht nur engagiert, sondern auch sachkundig.
Und sie stammten von überraschend vielen
jungen Genossinnen und Genossen. Unter
dem Strich drückten diese Beiträge die
Übereinstimmung mit der konzeptionellen
Anlage des Leitantrages und mit dessen
Inhalten aus. Sie gaben auch wichtige
Hinweise auf Defizite, zum Beispiel im Bereich
Ökologie.
Zu meinem Referat merke ich deshalb nur an,
dass es ein Versuch war, ausgehend von
aktuellen
Fragen
die
Positionen
des
Leitantrages zu überprüfen und zu versuchen
die Berechtigung und Richtigkeit der Aussagen
des Leitantrages zu verifizieren. Ich habe für
mich den Eindruck, dass unser Leitantrag
durch die Realität doch sehr bestätigt wird,
bzw. umgekehrt, dass unserer theoretischen
Ableitungen und Begründungen in diesem
Bereich nicht durch die Realität blamiert,
sondern bestätigt werden.
Die pointierten politische Stellungnahmen zum
parteiinternen Meinungsstreit überschritten in
der Regel nicht das erträgliche Maß der
politischen und theoretischen Kontroverse, das
unter Kommunisten gilt.
Es gibt also guten Grund zur Zufriedenheit mit
dem Ablauf der Konferenz.
Für die Zuhörer war es wahrscheinlich wegen
der doch sehr unterschiedlichen Anlage der
beiden Referate nicht so einfach festzustellen,
wo in diesem Bereich die Kontroversen
stecken, zumal es eine klare Übereinstimmung
in der zentralen Frage der Zunahme der
18
Ich denke, hier war es sehr sinnvoll auch noch
einmal die Entwicklung unserer Aussagen in
den
programmatischen
Dokumenten
darzustellen und sich auch damit zu befassen,
was die Ursachen für die Abschwächung
unserer Aussagen im Programm von 2006 im
Verhältnis zum Programm von 1978 waren.
Mein Eindruck ist, dass die Partei mehrheitlich
mindestens dafür ist, die klarere Aussage von
1978 wieder für die Definition unseres
Charakters heranzuziehen.
Aggressivität des Imperialismus und der
daraus resultierenden gewachsenen Gefahr für
die Sicherheit und den Frieden in Europa gibt.
Wenn
es
in
dieser
Frage
keinen
grundsätzlichen Dissens unter uns gibt, dann
ist das „gut so“ – um mit einem ehemaligen
Berliner Oberbürger zu reden.
Ich hätte aber einen stärkeren Bezug des CoReferenten zu den entsprechenden Aussagen
des Leitantrages für sinnvoll und auch
notwendig gehalten. So hatte der große
historische Bogen, den Genosse Klaus Stein in
seinem Co-Referat geschlagen hat, bei mir
zwar ein akademisches Interesse geweckt,
aber ich habe mir doch zwischendurch
häufiger die Frage gestellt „Was will mir/uns
der Referent eigentlich sagen? Und wo ist der
Bezug
zu
möglichen
unterschiedlichen
programmatischen Differenzen, mit denen wir
uns auch in und gerade in diesem Bereich ja
seit Jahren miteinander herumschlagen?“
DKP eine „marxistisch-leninistische“ Partei
Warum ist das eigentlich überhaupt zu einem
Diskussions- und Streitpunkt unter uns
geworden?
Darin
spiegelt
sich
eine
Entwicklung
in
der
kommunistischen
Bewegung nach 1989 wider, die schon lange
in der DKP schmort und die nun- ich sage
„endlich“ – auf den strittigen Punkt gebracht
wird. Man kann natürlich fragen, ob es einen
politischen Sinn macht, wenn man heute noch
von „Marxismus-Leninismus“ spricht und sich
dazu als eigener Weltanschauung bekennt.
Bekanntlich tut das die DKP.
Sowohl in unserem Programm wie im Statut
definiert sie sich als revolutionäre Partei der
Arbeiterklasse,
dessen
Parteiverständnis
sowie deren Strategie und Taktik auf den
Lehren von Marx, Engels und Lenin, dem
„Marxismus-Leninismus“, beruht. Sie verbindet
diese Aussage mit der Bekundung ihrer
Absicht, diese wissenschaftliche Theorie nicht
nur
anzuwenden,
sondern
auch
weiterentwickeln zu wollen.
Ich denke, man muss in diesem Komplex
Frieden/Antimilitarismus betonen, dass wir mit
der Leninischen Imperialismus-Analyse ein
glänzendes und sehr frisches theoretisches
Instrumentarium in der Hand haben, mit dem
wir den politischen neuen gefährlichen
Entwicklungen gut auf den Grund gehen
können.
Die Diskussion über die beiden Referate, die
sich mit der Entwicklung des Imperialismus
befassten, war dann stark von der Debatte zu
Griechenland, unserem Verhältnis zu Syriza,
zu unserer Schwesterpartei der KKE geprägt.
Diese
Debatte
prägte
ja
auch
die
Leserbriefspalte der UZ.
Debatte unter den Bolschwewiki über das
richtige Verständnis des „Leninismus“
N. Bucharin, von Lenin in seinem sogenannten
Testament als der theoretische Fähigste in der
Führung der Bolschewiki gewürdigt, schrieb in
seinem Beitrag zum Tode Lenins: „Die
marxistische Methode wurde die beste Waffe
in den Händen der Arbeiterklasse. Aber
niemand von den Marxisten beherrschte und
beherrscht diese Methode mit einer solchen
Meisterschaft wie Wladimir Iljitsch. ... Der
Marxismus ist die Praxis in der Theorie und die
Theorie in der Praxis, die die Welt umgestaltet.
Lenin verkörpert wie kein zweiter dieses
Wesen des revolutionären Marxismus. Die
Theorie als verallgemeinerte Praxis, die Praxis
als angewandte Theorie – das ist die Synthese
des theoretischen und praktischen Kampfes.
… Er hat sich ständig, auch während des
tobenden Klassenkampfes, mit theoretischen
Fragen beschäftigt, hat diese theoretischen
Fragen jedoch nie von der Praxis losgelöst
Der fehlende oder nur sehr schwache Bezug
marxistisch-leninistischen Imperialismustheorie
im Referat von Klaus war offenbar kein Zufall.
Dies drückte sich auch in den kurzen
Schlussaussagen seiner Co-Referates aus, in
denen er sich dagegen aussprach, dass der
Leitantrag von der DKP als einer „marxistischleninistischen Partei“ spricht.
Damit schlage ich dann auch den Bogen zu
den beiden Referaten von Patrik Köbele und
Thomas Hagenhofer, die den Block 3 der
Konferenz zum Parteiverständnis der DKP mit
Referat und Gegenreferat bestritten haben.
Herauskristallisiert
hat
sich,
dass
es
offensichtlich großen Diskussionsbedarf zu
Patriks Aussagen zum Charakter unserer
Partei und dort zur Charakterisierung
„marxistisch-leninistisch“ gibt.
19
Leninismus weiter nichts als die Anwendung
des
Marxismus
auf
die
eigenartigen
Verhältnisse Russlands, dann wäre der
Leninismus
eine
rein
nationale
und
ausschließlich nationale, eine rein russische
und ausschließlich russische Erscheinung.
Indes wissen wir, dass der Leninismus eine
internationale, in der ganzen internationalen
Entwicklung
verwurzelte,
und
nicht
ausschließlich russische Erscheinung ist.
Deshalb meine ich, dass diese Definition an
Einseitigkeit leidet.
betrachtet. Seine Praxis ist die Praxis eines
Revolutionärs. Das Gleiche gilt von seiner
Theorie.“
Und was meinte derjenige seiner Schüler, der
zeitweilig als „2. Lenin“ gefeiert und dann in die
tiefste der tiefen Höllen verdammt wurde, ein
Georgier, der unter dem Namen „Koba“
bekannt wurde, bevor die Welt ihn unter einem
ganz anderen Namen kennen, achten oder
fürchten lernte – je nach politischem
Standpunkt und auch politischer Konjunktur.
Andere sagen, dass der Leninismus die
Wiederbelebung der revolutionären Elemente
des Marxismus der vierziger Jahre des 19.
Jahrhunderts sei, zum Unterschied vom
Marxismus der nachfolgenden Jahre, in denen
er angeblich gemäßigt, nichtrevolutionär
geworden sei. Wenn man von dieser dummen
und banalen Teilung der Lehre von Marx in
zwei Teile, in einen revolutionären und einen
gemäßigten, absieht, so muss man zugeben,
dass sogar in dieser völlig unzulänglichen und
unbefriedigenden Definition ein Teil Wahrheit
steckt. Dieser Teil Wahrheit besteht darin,
dass Lenin tatsächlich den revolutionären
Inhalt des Marxismus wiederbelebt hat, den die
Opportunisten der II. Internationale hatten in
Vergessenheit geraten lassen. Doch ist das
nur ein Teil der Wahrheit. Die ganze Wahrheit
über den Leninismus besteht darin, dass der
Leninismus den Marxismus nicht nur
wiederbelebt hat, sondern noch einen Schritt
vorwärts
getan
und
den
Marxismus
weiterentwickelt hat unter den neuen
Bedingungen des Kapitalismus und des
Klassenkampfes des Proletariats.
Dieser von Lenin als Generalsekretär der
KPR(B) berufene georgische Revolutionär,
marxistische Theoretiker und Experte für
Nationalitätenpolitik, antwortete im April 1924
auf eine vorausgegangene Vorlesung des
damaligen Vorsitzenden des Exekutivkomitees
der Kommunistischen Internationale und
engen Mitstreiters Lenins im Schweizer Exil,
Gregrorij Sinowjew. So wie vor ihm Sinowjew
hielt besagter Georgier an der Swerdlow
Universität eine eigene Vortragsreihe zu seiner
Definition des Begriffs „Leninismus“.
Koba war also nicht der erste und auch nicht
der einzige, der in dieser Zeit – direkt nach
Lenins Tod - dessen theoretisches Erbe in
seiner ganzen Komplexität zu würdigen
versuchte. Außer und vor ihm hatte zum
Beispiel auch L. Trotzkij bereits den Begriff
„Leninismus“ propagiert. In seinem langen
Telegramm zum Tode Lenins sprach er vom
„Leuchtturm des Leninismus“, der den
Bolschwiki weiter den Weg weisen werde. Nur
wenige Jahre vorher hatte derselbe Trotzki den
Begriff „Leninisten“ im Fraktionskampf gegen
die Bolschewiki als ein Schimpfwort benutzt.
Was ist also schließlich der Leninismus?
Der Leninismus ist der Marxismus der Epoche
des Imperialismus und der proletarischen
Revolution. Genauer: Der Leninismus ist die
Theorie und Taktik der proletarischen
Revolution im Allgemeinen, die Theorie und
Taktik der Diktatur des Proletariats im
Besonderen. Marx und Engels wirkten in der
vorrevolutionären Periode (wir meinen vor der
proletarischen Revolution), als es noch keinen
entwickelten Imperialismus gab, in der Periode
der
Vorbereitung
der
Proletarier
zur
Revolution, in jener Periode, als die
proletarische Revolution praktisch noch keine
unmittelbare
Notwendigkeit
war.
Lenin
dagegen, der Schüler von Marx und Engels,
wirkte in der Periode des entwickelten
Imperialismus, in der Periode der sich
entfaltenden proletarischen Revolution, als die
proletarische Revolution bereits in einem
Lande gesiegt, die bürgerliche Demokratie
Koba-Stalin, den Lenin zusammen mit Trotzki
in seinem sogenannten Testament zu den
beiden bedeutendsten, aber auch charakterlich
sehr widersprüchlichen Führern der Bolschwiki
gezählt hatte, reihte sich in die Reihe der
prominenten Bolschewiki - darunter auch
Kamenew und Bucharin - und in die damalige
spannende und bedeutsame Debatte über den
Marxismus und Leninismus ein. Ich zitiere
etwas ausführlicher:
„Was ist also der Leninismus?
Die einen sagen, dass der Leninismus die
Anwendung
des
Marxismus
auf
die
eigenartigen Verhältnisse in Russland sei. In
dieser Definition steckt ein Teil Wahrheit, aber
sie erschöpft bei weitem nicht die ganze
Wahrheit. Lenin wandte tatsächlich den
Marxismus auf die russische Wirklichkeit an
und wandte ihn meisterhaft an. Wäre aber der
20
Lenin. Sie kämpft für die freie Verbreitung der
Weltanschauung der Kommunisten, des
Marxismus-Leninismus in der Bundesrepublik.“
zerschlagen und die Ära der proletarischen
Demokratie, die Ära der Sowjets, eröffnet
hatte. Deshalb ist der Leninismus die
Weiterentwicklung
des
Marxismus.“
(J.W.Stalin: Über die Grundlagen des
Leninismus)
„Weltanschauung der Kommunisten“ ist also
der Marxismus-Leninismus – er ist also nicht
irgendeine Weltanschauung, für die man im
bürgerlich-liberalen
Sinne
durchaus
Verständnis hat, wenn jemand diese verbreiten
möchte. Er ist unsere Weltanschauung. Die
DKP ist eine Weltanschauungspartei.
Das ist die Definition, die dann auch in der
Kommunistischen Internationale in den frühen
20er Jahren die meiste Zustimmung fand.
Doch es wäre völlig falsch anzunehmen, dass
sich diese beiden von mir genannten Texte
von „Koba“ auf diese wenigen Sätze
reduzieren ließen.
Hier ist nicht Zeit und Platz um die weiteren
Erläuterungen zu referieren. Ich empfehle den
Text zur Lektüre.
Ich
verweise
darauf,
dass
Leo
im
Zusammenhang mit einer unserer ersten
Diskussionen kurz nach dem 20. Parteitag zum
„ML“ achselzuckend darauf reagierte und
meinte, dass er natürlichauch für die vom
Grundgesetz garantierte Freiheit eines jeden
sei, eine Weltanschauung zu propagieren. So
sei er auch natürlich dafür,
dass ein Muslim oder ein Christ das Recht
habe seine Weltanschauung zu vertreten.
Natürlich könne man deshalb auch den
„Marxismus-Leninismus“ propagieren. Aber
damit sei das nicht unbedingt seine eigene
Weltanschauung.
Es kann für uns keine Verbotstafeln bei der
Beschäftigung mit dem theoretischen Erbe und
den Grundlagen unserer Weltanschauung
sowie
bei
der
Wiederaneignung
des
historischen Wissens um die Entstehung und
die Definition des Leninismus und MarxismusLeninismus geben, nur weil der Druck des
Anti-Kommunismus und Anti-Stalinismus uns
dies so vorgeben will.
Das ist reiner bürgerlicher Liberalismus. Wir
sind aber keine bürgerlichen Liberalen. Wir
sind Kommunistinnen und Kommunisten. Der
Marxismus-Leninismus
ist
unsere
wissenschaftliche Weltanschauung: er ist die
wissenschaftliche und theoretische Grundlage
für unsere Programmatik.
Verzicht auf Leninismus = Umdeutung unserer
theoretischen Grundlagen
Laut Programm ist die DKP von ihrer
weltanschaulichen
Ausrichtung
eine
marxistische-leninistische
Partei.
Das
Programm von 2006 sagt: „Die DKP gründet
ihre
Weltanschauung,
Politik
und
Organisationsverständnis
auf
den
wissenschaftlichen Sozialismus, der von Marx,
Engels und Lenin begründet wurde und
ständig weiterentwickelt werden muss, damit
er nicht hinter den Realitäten zurückbleibt. Sie
kämpft für die freie Verbreitung des
Marxismus-Leninismus.” (S. 46)
Weitere Debatte um neue Fragen
Zum Neuen, mit dem wir uns im Leitantrag
befassen, gehört ganz gewiss auch der Block
II unserer Konferenz mit den Referaten von
Nina Hager und Uwe Fritsch. Wir haben uns
schon vor der Konferenz in Hannover im
Sekretariat dazu entschieden, dieses Thema
zum Schwerpunkt der heutigen PV-Tagung zu
machen. Wir wissen dass wir dabei einen
großen theoretischen Nachholbedarf hatten
und weiter haben.
Und im Statut der DKP heißt es in Artikel 3:
„Die innerparteiliche Demokratie in der DKP
wird
geprägt
von
der
marxistischen
Weltanschauung
—
den
Lehren
des
wissenschaftlichen Sozialismus von Marx,
Engels und Lenin — und der Gemeinsamkeit
der politischen Ziele.”
Das Referat von Olaf Harms wird also nicht
das letzte Wort dazu sein, aber es erfasst
einen Zwischenstand, von dem aus wir
unseren theoretische Arbeit fortsetzen werden.
Patrik Köbele hat in seinem Referat ganz
richtig darauf hingewiesen, dass es gegenüber
dem Parteiprogramm von 1978 eine scheinbar
nur winzige Veränderung im Programm von
2006 gibt. Ich war Delegierter des Mannheimer
Programmparteitags von 1978. Einstimmig
haben wir Parteitagsdelegierten damals
folgendes beschlossen: „Die DKP gründet ihre
Politik auf die Theorie von Marx, Engels und
Wir haben als nächsten Zwischenschritt die
Durchführung einer zweiten theoretischen
Konferenz geplant. Dazu liegen der Vorschlag
des Sekretariats und ein Änderungsantrag von
Rainer Perschewski vor. Beide Konzeptionen
stehen inhaltlich nicht im Widerspruch. Sie
lassen sich durchaus miteinander verbinden
21
und wir können darüber in der Diskussion dann
nachdenken, wie die Anlage der Konferenz
konkret aussehen soll.
Unstrittig ist, dass im Mittelpunkt die Frage
unserer antimonopolistischen Strategie stehen
muss.
Zu Beginn unserer jetzigen Arbeitsperiode
hatten wir ja wegen der objektiven Bedeutung
der Thematik eine neue Umweltkommission
ins Leben gerufen. In der UZ und auf
news.dkp.de erscheinen regelmäßige sachlich
gute
Beiträge
zum
Klimawandel,
der
Energiewende etc. von Mitgliedern der
Kommission. Die Kommission hatte sich aber
u.a. aus Krankheitsgründen schwer getan mit
dem Start ihrer Arbeit. Mittlerweile ist aber der
Arbeitsprozess ins Rollen gekommen. Wir
können ganz bestimmt davon ausgehen, dass
wir mit Hilfe der Kommission diesen jetzigen
inhaltlichen Mangel im Leitantrag beheben
werden.
Die Konferenz ist eingebettet in die hoffentlich
sehr fruchtbare Parteidebatte, deren Auftakt
wir in Hannover ja bereits als produktiv erlebt
haben.
Ein sehr wichtiger Einwand war dabei bereits
gekommen. Der gesamte Komplex Ökologie
fehlt. Diese Kritik trifft völlig zu. Dabei ist es
doch so, dass wir auf den letzten drei
Parteitagen dazu bereits sehr gute Grundlagen
erarbeitet und gute Beschlüsse gefasst hatten.
Die Genossin aus Hamburg hatte ihren
Diskussionsbeitrag völlig zu recht auf diesen
inhaltlichen Positionen aufgebaut und mit
ihnen argumentiert. Sie trifft also auf weit
geöffnete Ohren, Türen und Fenster im
Sekretariat und unter den Vorsitzenden mit
ihrer Kritik.
Ich erhoffe mir zudem, dass wir zahlreiche
kollektive Beiträge für die geplante UZDiskussionstribüne bekommen. Die Mitglieder
des PV sollten alle mit dazu beitragen, dass es
möglichst viele solcher Zuschriften für die UZ
geben wird.
22
12. Tagung des Parteivorstands der DKP
14./15. März 2015, Essen
Beschlüsse
Theoretische Konferenz II zum Leitantrag des 21. Parteitags
Die 10. PV Tagung hat beschlossen: „Um eine möglichst breite und intensive Diskussion über den
Leitantrag zum 21. Parteitag mit dem Ziel seiner Qualifizierung zu führen, werden folgende Maßnahmen eingeleitet: … Das Sekretariat organisiert im Frühjahr und Spätsommer 2015 zwei Konferenzen
zu theoretischen Inhalten und praktischen Konsequenzen des Leitantrages. Die erste Konferenz ist
parteiintern, zur zweiten Konferenz werden Bündnispartner eingeladen.“
Die zweite Konferenz findet am 29. August 2015 von 11 bis 17.30 Uhr in Kassel oder Frankfurt/Main
statt.
Inhaltliche Ziele und Schwerpunkte:
Die Theoretische Konferenz II hat die Beratung und Präzisierung der im Leitantrag formulierten Überlegungen zur Strategie der DKP zum Ziel. In diese Diskussion werden Interessenten aus unserem
Bündnisumfeld einbezogen.
Das Thema der Konferenz lautet: „Die antimonopolistische Strategie der DKP in Zeiten von Kriegsgefahr, Neofaschismus und zunehmender sozialer Polarisierung“
Die Einstiegsreferate (je 30 Minuten) werden von Mitgliedern der Parteiführung und Autoren des
Leitantrages gehalten. Der gemeinsame rote Faden aller Referate soll die Frage nach der Aktualisierung und Weiterentwicklung der antimonopolistischen Strategie und Taktik sein.
Ausgangspunkte sind u. a.:
Die Vielfalt und Widersprüchlichkeit der Existenzformen und des Erlebens des Grundwiderspruchs zwischen Lohnarbeit und Kapital in den verschiedenen Entwicklungsvarianten des
modernen Monopolkapitalismus /Imperialismus – speziell aber in der BRD. Die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse differenzieren sich weiter aus.
Die bis heute nachwirkenden Folgen der Niederlage des realen Sozialismus in der UdSSR
und Europas.
Die Erfahrungen der widersprüchlichen Entwicklung innerhalb und zwischen den verschiedenen Zentren und Regionen des Weltsystems des Monopolkapitalismus und durch die spezifische Entwicklung des deutschen Imperialismus und seiner zunehmend aggressiver werdenden Rolle in Europa und darüber hinaus.
Der Widerspruch zwischen der in Umfragen - selbst in den „alten Bundesländern“ - zu Tage
tretenden starken Unzufriedenheit mit den verschlechterten Lebensbedingungen für viele
Werktätigen und ihrer eigenen politischen Passivität, die bis zum Rückzug sogar aus dem
„normalen“ politischen Engagement geht (z.B. ständige Zunahme der Nichtwähler).
Der Widerspruch zwischen einem Zulauf zu „neuen“ „Mosaik- Bewegungen“ in einigen EUStaaten, die sich nicht nur aus Angehörigen der Mittelschichten und des Kleinbürgertums rekrutieren, und dem Anhalten und zum Teil auch der Zunahme der Stagnation auf der Seite der
revolutionären Linken in der Arbeiterbewegung.
Vor diesen hier nur angedeuteten Veränderungen der internationalen und nationalen Kampfbedingungen, die wir im Leitantrag des 21. Parteitags genauer untersuchen, und der derzeitigen innerhalb der
politischen Linken diskutierten strategischen „Reform- und Transformationsstrategien“ soll unsere
Konferenz informieren und argumentieren zur antimonopolistischen Strategie der DKP.
Sie versteht sich als Konzeption zum „Heranführen an die sozialistische Revolution“ über eine Intensivierung breiter antimonopolistisch angelegter Kämpfe – mit dem Kern der Aktionseinheit der Arbeiter23
klasse und der Wahrnehmung ihrer objektiv notwendigen und möglichen hegemonialen Rolle im
Kampf gegen den Kapitalismus - in einer jeweils konkret historisch zu bestimmenden Dialektik von
Defensive und Offensive.
Dabei wird es darauf ankommen müssen, die Bedingungen der Entstehung und Erarbeitung dieser
Strategie, die Veränderungen seit ihrer Formulierung und die heutigen Ansätze zur Konkretisierung
dieser Strategie des Kampfes gegen die mächtigsten Bastionen des kapitalistischen Systems, das
nationale und internationale Monopol- und Finanzkapital zu benennen, soweit wir dies heute auf den
wichtigsten politischen Feldern erkennen können.
Ablauf der Konferenz:
11.00 – 11.10 Eröffnung und Begrüßung: Wera Richter
11.10 – 11.45 Vorstellung des Leitantrages und der bisherigen Diskussion: Hans-Peter Brenner
11.45 – 13.00 Referat und Diskussion der drei Themenschwerpunkte in drei Arbeitsgruppen.
Referat 1 „Antimonopolistische Strategie der DKP:
Quellen, Entwicklung und neue Herausforderungen“
Referent: Patrik Köbele, AG-Leitung Günter Pohl
Referat 2 „Arbeiterklasse und antimonopolitischer Kampf unter dem Druck
von Prekarisierung, ‚digitaler Revolution‘ und Standortlogik Leitung“
Referent: Olaf Harms, AG-Leitung: Nina Hager
Referat 3 „Antimilitaristischer und antifaschistischer Kampf als Teil der
antimonopolistischen Grundorientierung und der Strategie des revolutionären Bruchs“
Referent: Hans Peter Brenner, AG-Leitung: Michael Grüß
Die Leitung hat die Aufgabe die Diskussion im Plenum vorzustellen. Hierbei sollte jede Leitung durch
einen Protokollanten unterstützt werden. Die protokollierte Diskussion könnte so auch in der UZ besser dargestellt werden.
Die Referate werden nach Möglichkeit im Vorfeld der Diskussion in Thesen-Form veröffentlicht.
13.00 - 13.45 Mittagspause
13.45 – 15.00 Fortsetzung der Diskussion in den Arbeitsgruppen
15.00 – 15.45 Zusammenfassung der Diskussionen der Arbeitsgruppen im Plenum (je 15 Minuten)
15.45 – 17.15 Podiumsdiskussion: „Marxistische Strategie in Zeiten zunehmender imperialistischer
Aggressivität, Intensivierung der Folgen der wissenschaftlich-technischen Revolution und Schwäche
der Linkskräfte“
TeilnehmerInnen: Mischa Aschmoneit (IL), Sevim Dagdelen (MdB Die Linke), Frank Deppe (Politikwissenschaftler), Wolfgang Dockhorn (Rotfuchs), Patrik Köbele (DKP), Moderation: Hans-Peter Brenner
17.15 – 17.30 Schlusswort: Patrik Köbele
Die Bezirke/ Landesorganisationen und Koordinierungsräte wirken daraufhin, dass die bis dahin feststehenden oder mögliche Delegierte für den Parteitag an der Konferenz teilnehmen.
Verantwortlichkeiten:
Gesamtverantwortlichkeit/Einladung von Gästen: Hans-Peter Brenner
Organisation: Wera Richter
Werbung: Michael Grüß /Nina Hager
(einstimmig angenommen, bei wenigen Enthaltungen)
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19. UZ-Pressefest der DKP
Mit der Auswertung des 18. UZ-Pressefestes haben wir die Partei und die Bezirke der DKP aufgerufen, über ein 19. UZ-Pressefest generell und insbesondere über einen möglichen Zeitpunkt zu diskutieren. Das Sekretariat des Parteivorstandes hält ein UZ-Pressefest 2016 für sinnvoll und umsetzbar.
Die Meinungsbildung in der Partei ist hierzu natürlich nicht abgeschlossen, sondern hat erst begonnen. Auf der Beratung mit den Bezirken am 21. März 2015 soll ein Zwischenstand zusammengetragen
werden. Wir hielten fest, dass eine mögliche Beschlussfassung auf dem 21. Parteitag im November
2015 erfolgen soll.
Klar ist aber, dass vorbereitende Maßnahmen getroffen werden müssen, wenn das Fest tatsächlich
2016 stattfinden soll. Diese müssen umkehrbar bzw. nutzbar sein für den Fall einer anderen Beschlussfassung, zum Beispiel das Fest 2017 durchzuführen.
Der Revierpark Wischlingen in Dortmund hat uns mitgeteilt, dass es 2016 nur noch einen möglichen
Termin gibt: den 2./3. Juli 2016. Dieser Termin ist für uns geblockt.
Der Parteivorstand beschließt:
Einsetzen einer Arbeitsgruppe zur organisatorischen Vorbereitung des 19. UZ-Pressefestes
bestehend aus den GenossInnen: Wera Richter, Ulrich Abczynski, Werner Sarbok, Klaus Leger
Vorlage einer ersten Konzeption für das 19. UZ-Pressefest auf der 13. PV-Tagung, die 2016
wie 2017 zum Tragen kommen kann, und Wahl einer vorläufgen Pressefestkommission
Beginn der Spendensammlung mit dem Ziel 35 000 Euro als Voraussetzung für das 19. Pressefest bis zum 21. Parteitag der DKP zu sammeln
Bildung einer Arbeitsgruppe, die Überlegungen zu einer möglichen Neukonzipierung für das
20. UZ-Pressefest anstellt und dem neugewählten Parteivorstand zu seiner 2. Tagung Bericht
erstattet
(einstimmig angenommen, bei 1 Enthaltung)
Befreiung! Was sonst?
Aufruf der DKP zum 70. Jahrestag der Befreiung vom deutschen Faschismus
Am 8. Mai 2015 jährt sich zum 70. Mal der Tag der Befreiung Deutschlands und Europas vom deutschen Faschismus. Es brauchte 40 Jahre, bis 1985 ein Präsident der Bundesrepublik das verpönte
Wort „Befreiung“ über die Lippen bekam. Richard von Weizsäcker, der selbst Offizier der faschistischen deutschen Aggressionsarmee war, erklärte damals: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er
hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. (…) Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen. (…) wir haben allen
Grund, den 8. Mai 1945 als das Ende eines Irrweges deutscher Geschichte zu erkennen, das den
Keim der Hoffnung auf eine bessere Zukunft barg.“ Das war fast eine Sensation.
40 Jahre brauchte der ranghöchste Repräsentant dieses Staates auch, bis der Anteil der Arbeiterbewegung und - der Kommunistinnen und Kommunisten an dieser Befreiung erwähnt wurde: „Wir denken an die Opfer des Widerstandes in allen von uns besetzten Staaten. Als Deutsche ehren wir das
Andenken der Opfer des deutschen Widerstandes, des bürgerlichen, des militärischen und glaubensbegründeten, des Widerstandes in der Arbeiterschaft und bei Gewerkschaften, des Widerstandes der
Kommunisten.“
Es war kein Zufall, dass die historische Bedeutung des 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg in Westdeutschland lange verschwiegen wurde. Denn in seinen ökonomischen
und politischen Grundstrukturen sowie in seinen politischen, intellektuellen und später auch militärischen Eliten wurzelte die westdeutsche BRD fest im faschistischen Vorgängerstaat.
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Dieses Verschweigen fand auch in einem Großteil der unmittelbaren Nachkriegsgeneration einen Widerhall, da das deutsche Volk, verblendet durch die faschistische Ideologie und verängstigt durch die
brutale Unterdrückung und Willkür der faschistischen Terrorherrschaft, nicht die Kraft aufgebracht
hatte, sich selber der faschistischen Unterdrücker zu entledigen, so wie es viele andere europäische
Völker geschafft haben. Dies bedurfte des heldenhaften Kampfes der Sowjetarmee im Bündnis mit
den anderen Armeen der Antihitlerkoalition. Vor dem Hintergrund der antikommunistischen Staatsdoktrin fiel es vielen Deutschen schwer, ausgerechnet die von der KPdSU geführte Sowjetmacht als
Befreier zu akzeptieren.
Der Kapitalismus, die Wurzel des Faschismus
„Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen
Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund
aus erfolgen.“ Dies waren die einleitenden Sätze des Ahlener Programms der CDU von 1947.
Welcher Politiker aus CDU/CSU, SPD, FDP oder Grünen würde solche Sätze heute noch über die
Lippen bringen? Heute wird alles getan um vergessen zu machen, dass die Errichtung der faschistischen Diktatur mit den Eigentums- und Besitzverhältnissen des Kapitalismus zu tun hat. Diese sind
bis heute die Basis für das Streben des deutschen Monopolkapitalismus/Imperialismus nach Eroberung von Rohstoffquellen, von Absatzmärkten, von Kolonien und Anteilen am kapitalistischen Weltmarkt.
Die Kommunisten schätzten auf dem VII. Kongress ihrer III. Internationale 1935 ein, dass der Faschismus an der Macht die terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, der brutalsten und
chauvinistischsten Kräfte des Groß- und Finanzkapitals ist. Die Reichtümer und Bodenschätze der
Ostukraine und vor allem Russlands locken den deutschen Imperialismus, seine Industrie-, Handelsmonopole und Banken heute genauso wie vor 80 Jahren. So erklärt sich auch die Unterstützung
Deutschlands für die heutige Regierung der Ukraine – an die Macht geputscht mit Hilfe von Faschisten.
In dieser Verbindung zu dem reaktionärsten Sektor des Groß- und Finanzkapitals liegen die Wurzeln
von Militarismus und Krieg, den Zwillingsbrüdern des Faschismus.
Der antifaschistische Neuanfang im Osten Deutschlands
In Deutschland wird heute das Verschweigen und Verdunkeln der Ursachen des Faschismus mit einem besonders perfiden Propagandatrick unterfüttert. Die Parolen von der „Ablösung einer Diktatur
durch eine andere“, vom „Unrechtsstaat DDR“ sollen die die historische Besonderheit und Schuld des
Faschismus verschleiern.
In der DDR waren es gerade die aus Konzentrationslagern und Gefängnissen befreiten und aus dem
Exil zurückgekehrten Antifaschisten, Sozialdemokraten, Kommunisten und christlichen Widerstandskämpfer, die gemeinsam mit der sozialistischen Sowjetunion, die den Hauptanteil an der Befreiung
geleistet hat, einen neuen demokratischen und antifaschistischen Staat aufbauten. Nur in der DDR
wurde gemäß der Beschlüsse der Konferenz der Siegermächte von Potsdam Ernst gemacht mit der
Verurteilung von Nazi- und Kriegsverbrechern. Hier wurden die Kriegs- und Rüstungsgewinnler bestraft und enteignet. Hier wurde im Zuge einer demokratischen Kulturrevolution das Schul- und Bildungswesen von Faschisten gesäubert. Hier besetzten nicht wieder alte Nazis die Führungspositionen
in den Verwaltungen und in der Polizei.
Und erst nachdem im kapitalistischen Westen mit Unterstützung der kapitalistischen Besatzungsmächte eine von Hitlers Generälen geführte Bundeswehr geschaffen wurde, wurde „im Osten“ eine
Nationale Volksarmee als Verteidigungsarmee aufgebaut, an deren Spitze Antifaschisten und Kämpfer aus dem spanischen Befreiungskampf gegen den Franco-Faschismus standen.
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Verantwortung übernehmen für neue Kriege?
Die faschistischen Aggressoren standen für die Ideologie und die Macht der Feinde aller demokratischen Freiheiten, für Rassismus, Pogrome und imperialistische Aggression. Die Überfallenen verkörperten die sozialistische Oktoberrevolution von 1917, den Sturz der kapitalistischen Ausbeutung und
die Absage an imperialistische Kriege.
Aus diesem Grundwiderspruch zwischen der faschistischen Variante des Monopolkapitalismus und
der politischen Macht der Werktätigen resultierte auch die besondere Unmenschlichkeit der Kriegsziele der deutschen Aggressoren. Darauf verwies der sowjetische Oberkommandierende und Vorsitzende des Staatlichen Verteidigungskomitees, J. W. Stalin, im belagerten Moskau am 24. Jahrestag
der Oktoberrevolution in seiner Rede auf dem „Roten Platz“. Er zitierte vor den sowjetischen Armeeeinheiten aus einem Appell des deutschen Oberkommandos an die deutschen Soldaten. Darin hieß
es: „Habe kein Herz und keine Nerven, man braucht sie im Kriege nicht. Vernichte in dir Erbarmen und
Mitleid – töte jeden Sowjetrussen, mach nicht halt, auch wenn du einen Greis oder eine Frau, ein kleines Mädchen oder einen Jungen vor dir hast – töte, denn dadurch rettest du dich vorm Untergang,
sicherst die Zukunft deiner Familie und erwirbst dir ewigen Ruhm.“
Und heute?
Das diesjährige Gedenken an die Befreiung von Faschismus und Krieg fällt in eine Etappe, in der aus
Sicht der 1945 geschlagenen politischen und ökonomischen Eliten der deutsche Imperialismus wieder
die globale Karte spielen und weltweit „Verantwortung“ übernehmen soll. Dazu riefen bereits vor einem Jahr die politischen Spitzen der BRD, Bundespräsident Joachim Gauck, Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen und Außenminister Walter Steinmeier auf. Und dazu gehört auch die Neuauflage des alten „Drangs nach dem Osten“. Deutsche Soldaten werden wieder darauf trainiert, wie einst
unter „dem Führer“, blitzschnell „zurückzuschießen“ und militärische Schläge gegen Russland mit
„schnellen Einsatzgruppen“ der NATO auszuführen.
Die Rolle und Aufgabe der deutschen Kommunisten gestern und heute
Der Widerstand der Kommunisten war nach der Errichtung der faschistischen Diktatur nie zum Erliegen gekommen. Ein britischer Historiker schrieb: „Der Preis an Menschenleben war ungeheuer hoch.
Von den 300 000 Mitgliedern, die die Partei 1932 hatte, waren schätzungsweise 150 000 verhaftet
und verfolgt worden; an die 25 000 bis 30 000 waren ermordet oder hingerichtet worden oder infolge
von Misshandlungen in Konzentrationslagern gestorben. Die Verluste überstiegen bei weitem die jeder anderen Widerstandsgruppe oder Partei in Deutschland.“
Es waren nach Kriegsende Kommunistinnen und Kommunisten, die sich an vielen Orten zusammen
mit anderen Antifaschisten an die Spitze des Wiederaufbaus stellten. Nicht nur in der sowjetischen,
sondern auch in der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone wurden Kommunistinnen und Kommunisten an verantwortliche Positionen in den Kommunen und auf Minister- und
Staatssekretärsposten in den ersten Landesregierungen eingesetzt.
Mit den Beschlüssen der Potsdamer Konferenz der vier Siegermächte im Sommer 1945 gab es die
Chance für ein entmilitarisiertes, demokratisches und antifaschistisches Deutschland. Doch diese
Entwicklungschance wurde mit Beginn des vom amerikanischen und britischen Imperialismus entfachten Kalten Krieges, der Spaltung Deutschlands und mit der Errichtung eines westdeutschen Separatstaates und dessen Remilitarisierung bewusst blockiert und vertan.
Aber 40 Jahre antifaschistischer und sozialistischer Entwicklung in der Deutschen Demokratischen
Republik und 70 Jahre Kampf der Kommunisten und Antifaschisten in beiden deutschen Staaten und
in dem seit 1989 „wiedervereinigten“ Deutschland haben dennoch ihre Spuren im Bewusstsein vieler
Menschen hinterlassen.
Dass sich in diesen Wochen und Monaten in relativ kurzer Zeit in vielen Städten unseres Landes
breite Protestbewegungen gegen die Aufmärsche von Rassisten und Neofaschisten entwickelt haben,
belegt eine starke Verwurzelung antifaschistischer Gesinnung in weiten Bevölkerungskreisen. Auch
dass die Anti-Russland-Kampagne nicht die gewünschte Breitenwirkung erzielt hat, ist ein Beleg dafür,
dass das antifaschistische Vermächtnis lebendig ist.
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Für diesen Antifaschismus und Antimilitarismus steht auch die DKP. Wir betrachten die Losung „Nie
wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ als unseren Auftrag. Denn der Schwur von Buchenwald und
die damit verbundenen Verpflichtungen sind heute so aktuell wie 1945. Die Lehre ist, die gesellschaftlichen Ursachen für Krieg und Faschismus zu beseitigen. Die DKP ist - wie auch andere Antifaschistinnen und Antifaschisten - dem Schwur von Buchenwald im Kampf um eine neue Welt des Friedens,
der Solidarität, der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet.
In diesem Schwur heißt es unter anderem: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir
unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig."
(angenommen bei 16 Ja-, 3 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung)
Beendigung des Beobachterstatus in der Partei der Europäischen Linken
Der Parteivorstand der DKP beantragt an den 21. Parteitag:
Der 21. Parteitag beschließt die Beendigung des Beobachterstatus der DKP bei der Partei der Europäischen Linken.
(angenommen bei 14 Ja-, 5 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung)
Begründung:
Die DKP ist seit 2005 durch Beschluss des damaligen Parteivorstands in einem Beobachterstatus bei
der Partei der Europäischen Linken (ELP), bestätigt durch einen Parteitagsbeschluss 2008. Sie ist
nicht Vollmitglied der ELP. Seit dem 20. Parteitag erfährt die Mitgliedschaft der DKP über die UZ bzw.
in Informationsveranstaltungen Inhalte der Debatten innerhalb des Vorstands der ELP.
Die ELP ist keine Bündnisorganisation, sondern eine Partei. Sie erkennt die Strukturen der Europäischen Union an, was es schwer vermittelbar macht, sie gleichzeitig zu bekämpfen. Entscheidungen
innerhalb der ELP werden im Konsensprinzip gefällt. Dadurch gibt es zu manchen Fragen keine Entscheidung.
Der Charakter der ELP-Mitgliedschaft ist äußerst heterogen. Es sind Kommunistische Parteien Mitglieder, aber es gibt auch antikommunistische Positionen zu Fragen der Vergangenheit sowie in der
Gegenwart und Haltungen zu Kriegseinsätzen imperialistischer Staaten oder zu „Schutzverantwortung“ genannter Formen eines Menschenrechtsimperialismus, die der Programmatik der DKP widersprechen.
Die Bekämpfung der Europäischen Union aus einer Klassenposition heraus, die davon ausgeht, dass
die EU die Interessen des staatsmonopolistischen Kapitalismus, der Großunternehmen und des französischen und deutschen Imperialismus vertritt, lässt sich mit einer von den EU-Institutionen finanzierten Struktur wie der ELP nicht vereinbaren. Die ELP als Gesamtheit verkennt diesen Klassencharakter der Europäischen Union, wenn auch einzelne ihrer Mitglieds-KPen diesen Charakter verstehen.
Die ELP hat de facto objektiv zur Spaltung unter den Kommunistischen und Arbeiterparteien Europas
beigetragen. Eine Zusammenarbeit linker Kräfte in der EU ist nur begrenzt gelungen, da sich in den
Jahren nach der Gründung kaum osteuropäische und im Allgemeinen nur kleine Organisationen der
ELP angeschlossen haben.
Für die DKP hat sich die intensive Beobachtung der letzten beiden Jahre gelohnt. Zum einen sind dabei bei geringem finanziellem Aufwand Kontakte zu nichtkommunistischen Organisationen entstanden,
die sonst schwerer zu organisieren gewesen wären. Zum anderen wurde deutlicher, warum die überwiegende Mehrheit der KPen Europas eine Mitgliedschaft in der ELP ablehnt. Eine Beendigung des
formellen Status als Beobachter steht einer weiteren Beobachtung, d.h. über die Veröffentlichungen
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der ELP, nicht entgegen. Die gewachsenen guten Kontakte in die Partei „Die Linke“ werden dazu
ebenso hilfreich sein wie die zu den KPen in der ELP.
Die DKP unterhält zu gut 45 Kommunistischen und Arbeiterparteien in Europa Beziehungen, die unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Darunter sind acht Mitglieder und fünf Beobachter der ELP. Mit
wenigen Ausnahmen sind die Beziehungen zu diesen zwölf Parteien gut, wobei sich die Intensität der
Kontakte unabhängig von der Mitgliedschaft bzw. Beobachtung der ELP gestaltet - ebenso wie sich
Kontakte zu keiner der Kommunistischen und Arbeiterparteien, die die ELP aus unterschiedlichen
Gründen ablehnen, verbessern würden, weil die DKP ihre formale Beobachtung einstellt.
Die Beziehungen zwischen Kommunistischen Parteien, die aufgrund der Lehren von Marx und Lenin
arbeiten, sind nicht abhängig von der Beobachtung oder Nichtbeobachtung eines Parteienzusammenschlusses auf EU-Ebene. Sie sind abhängig von dem grundsätzlichen Einverständnis zum Sturz
der herrschenden kapitalistischen Ordnung und dem Willen zum Aufbau einer sozialistischen Gesellschaftsordnung.
Solidarität mit dem griechischen Volk
Der DKP Parteivorstand erklärt seine Solidarität mit dem Versuch des griechischen Volkes und seiner
Regierung, sich aus der menschenverachtenden unsozialen Austeritätspolitik, die ihm von der Troika
aufgezwungen wurde, zu befreien.
Der Parteivorstand der DKP fordert die Bundesregierung auf ,
- ihren Widerstand gegen eine grundlegende Änderung der Politik der EU gegenüber Griechenland
aufzugeben.
- auf alle Forderungen zu verzichten, die von der griechischen Regierung die Fortsetzung des Sozialabbaus erzwingen sollen.
- stattdessen umgehend die Gelder freizugeben, die die griechische Regierung zur Absicherung von
Lohn- und Rentenzahlungen und zur Gesundheitsversorgung der Bevölkerung benötigt.
- sowie einer gesamteuropäischen Schuldenkonferenz zuzustimmen, auf der vorbehaltlos alle Maßnahmen – insbesondere Schuldenschnitt und Umverteilung der gesamteuropäischen Ressourcen –
geprüft und beschlossen werden, die die derzeitige ausweglose Situation in vielen Ländern und für
viele Millionen Menschen in Europa beenden helfen.
Der Parteivorstand der DKP erklärt insbesondere seine Solidarität mit den berechtigten Forderungen
des griechischen Volkes nach Entschädigungsleistungen für die deutschen Kriegsverbrechen und die
von den Nazis erpresste Staatsanleihe und unterstützt den einstimmigen Beschluss des griechischen
Parlaments, dass die BRD die historische Schuld der damaligen deutschen Besatzungsmacht wenigstens nach 70 Jahren finanziell wiedergutmacht, auch wenn diese Verbrechen überhaupt nicht mit
Geld aufgewogen werden können.
(Angenommen mit 16 Ja-, 4 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung)
Parteitag Fortschrittspartei des Werktätigen Volkes (AKEL)
Zum 22. Parteitag der AKEL (Zypern) vom 4. bis 7. Juni 2015 delegiert die DKP den Genossen Günter
Pohl.
(einstimmig angenommen)
29
Parteitag der KP Polens
Zum 4. Parteitag der KP Polens am 28.03.2015 in Dabrowa Gornizca delegiert der Parteivorstand den
Genossen Mario Berríos.
(einstimmig, bei 3 Enthaltungen)
Seminar der KP Böhmens und Mährens (KSCM)
Zum internationalen Seminar der KSCM am 23. und 24. Mai 2015, das mit der Thematik „Zusammenarbeit der KPen in Europa, Antifaschismus, Aufbau einer Gesellschaft sozialer Gerechtigkeit, Dokument der KSCM zum Sozialismus im 21. Jahrhundert“ stattfindet, delegiert die DKP die/den Gen. André Scheer.
(einstimmig, bei 2 Enthaltungen)
Leitung der Geschichtskommission
Der Parteivorstand bestätigt Erik Höhne (Rheinland-Westfalen) als neuen Leiter der Geschichtskommission.
(angenommen bei 1 Nein-Stimme und 1 Enthaltung)
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12. Tagung des Parteivorstands der DKP
14./15. März 2015, Essen
Nicht befasste Anträge
Erklärung des Parteivorstandes der DKP zum 8. Mai 2015
Antragstellerin: Bettina Jürgensen
8. Mai 2015 – 70. Jahrestag der Befreiung
In den frühen Morgenstunden des 1. Mai 1945 hissten sowjetische Soldaten nach erbitterten Kämpfen
die Rote Fahne des Sieges über den Faschismus auf dem Dach des Reichstags. Einen Tag später
kapitulierten die restlichen Einheiten der Wehrmacht in Berlin.
Der Krieg in Europa war beendet, das faschistische Deutschland und seine europäischen Verbündeten waren besiegt.
Durch den Kampf der Antihitlerkoaltion und insbesondere dem Kampf der Sowjetarmee, der Widerstandskämpferinnen und -kämpfer sowie der Partisaninnen und Partisanen in vielen Ländern wurde
der Faschismus besiegt.
Die Sowjetunion trug nicht nur die Hauptlast, sie befreite nicht nur das eigene Land, sondern zudem
den größten Teil Europas vom faschistischen Joch. Diese großen Leistungen des sowjetischen Volkes
und seiner Armee dürfen niemals vergessen werden.
Millionen Menschen wurden von der Diktatur des Faschismus in dem Krieg und in den Vernichtungslagern ermordet: europäische Juden, Polen, Belorussen, Ukrainer, Russen, Sinti und Roma, Griechen,
Italiener, Franzosen – jedes Land, in dem die Nazis Verwüstung hinterließen beklagt noch heute die
Opfer. Und zu nennen ist die Ermordung politischer Gegnerinnen und Gegner, die Vernichtung von
Menschen aufgrund sexueller Identität und die Opfer der Euthanasie.
Viele Opfer und Länder – z.B. aus Griechenland und Italien - kämpfen heute noch um Entschädigungszahlungen der deutschen Regierung, die letztlich nur eine geringe Anerkennung der Schuld sein
können.
1945 erhoben viele Menschen angesichts des Elends, des Hungers, nach den Zerstörungen, nach
den Massenmorden die Forderung: "Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!"
Ihre Hoffnungen wurden bitter enttäuscht. Kriege sind nicht überwunden. Die Gefahr eines verheerenden Weltkrieges besteht nach wie vor. Der Krieg in der Ukraine ist trotz Waffenstillstand weiterhin eine
Bedrohung, die imperialistischen Kriege zur Neuordnung des mittleren und nahen Ostens und die
mörderische Armee des IS bedrohen die gesamte Region. Weltweit gibt es Kriege, Kriegsherde und
Konflikte.
Vor dem Faschismus in Deutschland und dem Krieg sind damals viele Menschen geflohen. Heute
kommen zu uns Flüchtlinge aus aller Welt auch deshalb, weil der deutsche Staat in aller Welt an Kriegen beteiligt ist. Auch die deutsche Wirtschaftspolitik trägt in anderen Ländern zu Verarmung bei und
veranlasst Menschen, ebenso wie die damit einhergehende Klimaveränderung, zum Verlassen ihrer
Heimat. Viele von ihnen sterben schon auf dem Weg nach Europa, ertrinken im Mittelmeer als Opfer
der vereinten europäischen Flüchtlingsabwehr.
Und wenn nach wie vor engagierte Antifaschistinnen und Antifaschisten in der Bundesrepublik gegen
Aufmärsche von Faschisten auf die Straße gehen müssen, dann ist das ein Armutszeugnis für dieses
Land und die verantwortlichen Politiker, in dem das Grundgesetz eigentlich das Verbot und die Auflösung aller faschistischer Parteien und Organisationen vorschreibt.
In allen Ländern der EU wächst in der Krise jedoch der Einfluss jener Kräfte, die Rassismus, Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit propagieren. Faschistische und rechtspopulistische Parteien gewinnen
an Einfluss und werden auch an Regierungen beteiligt. Der Kampf gegen diese Kräfte muss verstärkt
werden.
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Der Schwur von Buchenwald und die damit verbundenen Verpflichtungen sind heute so aktuell wie
1945. Die Lehre ist, die gesellschaftlichen Ursachen für Krieg und Faschismus zu beseitigen. Die DKP
ist - wie auch andere Antifaschistinnen und Antifaschisten - dem Schwur von Buchenwald im Kampf
um eine neue Welt des Friedens, der Solidarität, der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet.
In diesem Schwur heißt es unter anderem:
„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt
des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig."
(Als Grundlage der Diskussion zum 8.-Mai.-Aufruf der DKP wurde mit 17 zu 4 Stimmen der Antrag des Sekretariates bestimmt)
[...]
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12. Tagung des Parteivorstands der DKP
14./15. März 2015, Essen
Abgelehnte Anträge
Beibehaltung des Beobachterstatus in der Europäischen Linkspartei
Antragsteller: Nina Hager, Werner Sarbok
Der Parteivorstand möge folgenden Beschluss fassen:
„Antrag an den 21. Parteitag der DKP:
Der Parteitag beschließt, dass die DKP ihre Tätigkeit als Beobachter in der Europäischen Linkspartei
fortsetzt.“
(abgelehnt bei 5 Ja-, 14 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung)
Begründung (zunächst) für die Beschlussfassung im Parteivorstand:
Angesichts der politischen Situation – der zunehmenden Kriegsgefahr, des weiteren Abbaus
demokratischer und sozialer Rechte, des Erstarkens rechtspopulistischer und offen faschistischer
Kräfte in einer Reihe europäischer Länder – ist es notwendig, nicht nur die Zusammenarbeit zwischen
den kommunistischen Parteien zu verstärken, sondern auch mit anderen Linken.
Der Beobachterstatut in der ELP, der ein breites Spektrum von Parteien (von kommunistischen über
linkssozialistische bis hin zu sozialdemokratischen Parteien und linken Grünen) angehören, bietet
dafür eine Möglichkeit. Zudem bietet er Gelegenheit für Austausch und Information.
Allerdings sollte die DKP nicht nur „passiv beobachten“, sondern sich aktiv in die Debatten der ELP
einmischen und eigene Positionen offensiv und selbstbewusst vertreten. Dazu gehört auch, Kritik an
theoretischen wie praktisch-politischen Aussagen führender Institutionen und Vertreter der ELP, an
reformistischen Positionen und Illusionen zu äußern. Dazu gehört – wenn nötig – offen Widerspruch
zu formulieren.
Kommunistinnen und Kommunisten sollten nie selbst einmal erreichte Positionen aufgeben, sondern
stets – und auch in solchen Gremien – solange es möglich ist und Optionen für das eigene Handeln
bestehen für ihre Überzeugung kämpfen!
Vollmitgliedschaft in der Europäischen Linkspartei
Antragstellerin: Bettina Jürgensen
Der Parteivorstand stellt folgenden Antrag an den 21. Parteitag der DKP:
Die DKP beantragt die Mitgliedschaft in der Partei der Europäischen Linken (EL).
(abgelehnt bei 4 Ja- und 16 Nein-Stimmen)
Begründung:
Mit fortschreitender Krise wird die europäische Überstruktur immer weitgehender aufgebaut.
Zunehmend werden in den letzten Jahren viele Rechte an EU-Kommission, Rat der EU und
Europäische Zentralbank übertragen. Europaweit koordiniert wird die Austeritätspolitik durchgesetzt,
werden demokratische und soziale Arbeiterrechte, demokratische Bürgerrechte und Rechte nationaler
Parlamente untergraben und zerstört.
Die Entwicklung zu einer „Staatsmacht EU“ ohne demokratische Kontrolle soll, geht es nach dem
Willen einiger EU-Funktionäre, mit dem Aufbau einer EU-Armee vorangetrieben werden.
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Gerade angesichts der Krise, dem Abbau demokratischer Rechte, der weiteren Militarisierung, den
Zugewinnen von Wähler*innenstimmen für rechte und rechtspopulistische Parteien in Europa, sowie
der koordinierten Politik der Herrschenden wird die engere Zusammenarbeit der kommunistischen,
Arbeiter- und Linksparteien zu einer noch dringenderen Aufgabe. Der Widerstand und der Kampf um
Alternativen muss auf allen Ebenen entwickelt werden: vom Betrieb und der Kommune über die
regionale und nationalstaatliche bis zur europäischen Ebene.
Neben der „Vier-Parteien-Koordination“ (PvdA, KPL, NCPN, DKP) bietet die Partei der Europäischen
Linken, der wir seit 2005 mit Beobachterstatus angehören, eine wichtige Möglichkeit der
Zusammenarbeit. In der Europäischen Linken sind „sozialistische, kommunistische, rot-grüne und
andere demokratische Linksparteien“ (Statut der EL) vereint, um für „die Emanzipation des Menschen,
Befreiung der Frauen und Männer von Unterdrückung, Ausbeutung und Ausgrenzung in jeglicher
Form“ (Programm der EL) zu kämpfen.
Da die EL „eine flexible, dezentrale Assoziation unabhängiger und souveräner europäischer
Linksparteien und politischer Organisationen, die nach dem Konsensprinzip arbeitet“ (Statut der EL)
ist, können wir als Mitglied der EL, gleichberechtigt und ohne unsere Identität und Souveränität
aufzugeben, mit anderen kommunistischen und linken Parteien Europas für ein anderes Europa demokratisch, solidarisch, friedlich und sozial - zusammenarbeiten.
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