8. SYMPHONIEKONZERT - Staatskapelle Dresden

8. SYMPHONIEKONZERT
S AI SO N 2014
2 015
Palmsonntagskonzert
Reinhard Goebel Dirigent
IHre PremIere
BesuCHen sIe den Ort, an dem autOmOBIlBau eIner
Perfekten kOmPOsItIOn fOlGt: dIe Gl Äserne manufaktur
VOn VOlkswaGen In dresden.
8. SYMPHONIEKONZERT
SA ISO N 2 01 4
2015
Palmsonntagskonzert
Reinhard Goebel Dirigent
Sibylla Rubens Sopran
Anke Vondung Alt
Daniel Johannsen Tenor
Georg Zeppenfeld Bass
Dresdner Kammerchor
Einstudierung: Michael Käppler
PA R T N E R D E R
S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N
+ 49 351 420 44 11
w w w.G l a e s e r n e m a n u fa k t u r . d e
8. SYMPHONIEKONZERT
SO N N TAG
2 9. 3.15
20 UHR
M O N TAG
3 0. 3.15
20 UHR
S E M P ER O P ER
DRESDEN
Reinhard Goebel Dirigent
Sibylla Rubens Sopran
Anke Vondung Alt
Daniel Johannsen Tenor
Georg Zeppenfeld Bass
Dresdner Kammerchor
Einstudierung: Michael Käppler
Die heilige Musik
Mit seiner Cäcilienode huldigte Händel der Schutzheiligen der Musik –
jede Stimme, jedes Instrument, jeder Akkord rühmt die Macht der
Töne. Reinhard Goebel leitet das Werk in einer Fassung, mit der der
Klassiker Mozart die Barockklänge in seine Zeit übersetzte. Dass die
irdische Musik ein Vorschein der göttlichen Harmonie sei, ist wie der
Händel’schen Ode auch Bachs Missa von 1733 eingeschrieben, die dem
Thomaskantor drei Jahre später das »Praedicat« als »Compositeur bey
der Königlichen HofCapelle« in Dresden eintrug.
Das Titelblatt zu den Stimmen der aus Kyrie und Gloria bestehenden Missa von
Johann Sebastian Bach, die er 1733 am Dresdner Hof einreichte (und 15 Jahre
später zu seiner Messe in h-Moll ausbaute). Angefertigt wurde die Umschlagseite vom Schreiber der Rats-Kommissionsstube in Dresden Gottfried Rausch.
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
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Kostenlose Konzerteinführungen jeweils 45 Minuten vor Beginn
im Foyer des 3. Ranges der Semperoper
Das Konzert wird aufgezeichnet und am 5. April 2015 ab 19.30 Uhr
bei MDR Figaro und MDR Klassik übertragen.
8. SYMPHONIEKONZERT
PROGRAMM
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Ode auf St. Caecilia
von Georg Friedrich Händel
Bearbeitung für Sopran, Tenor, Bass,
Chor und Orchester KV 592
Missa für Sopran, Alt, Tenor, Bass,
Chor und Orchester BWV 232I
(Fassung von 1733)
Overtura
Recitativo Durch Harmonie (Tenor)
1.Recitativo accompagnato e Coro Natur lag unter
einer Last – Durch Harmonie (Tenor, Chor)
2.Aria Leidenschaften stillt und weckt Musik (Sopran)
3.Aria e Coro Trompete, dein Schmettern erweckt
uns zum Streit (Tenor, Chor)
4.Marcia
5.Aria Der Flöte Klageton (Sopran)
6.Aria Scharf klingt der Geigenton (Tenor)
7.Aria Doch o! wer preiset ganz (Sopran)
8.Aria Orpheus gewann ein wildes Volk (Bass)
9.Recitativo accompagnato e Coro Doch Du, Caecilia –
Wie durch die Macht des heil’gen Sang’s (Tenor, Chor)
Coro ultimo Was tot ist lebt (Chor)
KYRIE
1. Kyrie eleison (Chor)
2. Christe eleison (Sopran, Alt)
3. Kyrie eleison (Chor)
GLORIA
4. Gloria in excelsis (Chor)
5. Et in terra pax (Chor)
6. Laudamus te (Alt)
7. Gratias agimus tibi (Chor)
8. Domine Deus (Sopran, Tenor)
9. Qui tollis peccata mundi (Chor)
10.Qui sedes ad dextram Patris (Alt)
11.Quoniam tu solus sanctus (Bass)
12.Cum Sancto Spiritu (Chor)
PAU S E
Gesangstexte ab Seite 31
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8. SYMPHONIEKONZERT
Reinhard Goebel Dirigent
A
ls exzellenter Musiker und leidenschaftlicher Musikforscher in
Personalunion hat Reinhard Goebel wie nur wenige Künstler
unser Verständnis des barocken und frühklassischen Zeitalters geprägt. 33 Jahre lang leitete er die von ihm gegründete
Musica Antiqua Köln, die er zu einem der führenden Ensembles der Alten Musik formte. Musizierfreude, ein akribisches Quellenstudium und der »Mut zum Neuland« sind Markenzeichen seiner künstlerischen Arbeit, für die er zahllose Auszeichnungen entgegennehmen
konnte, darunter den Telemann-Preis der Stadt Magdeburg (2002).
Viele der CD-Einspielungen Reinhard Goebels genießen Referenz­
status. Ein Album aus dieser langen Liste ist die 1993 erschienene Aufnahme der Dresden Concerti von Johann David Heinichen, die in der
Musikwelt Begeisterung für die Werke aus Dresdens Augusteischer Zeit
auslöste. Eben diesem an Schätzen so überreichen Repertoire des sächsischen Hofes, der glanzvollen Musik »per l’orchestra di Dresda«, widmet
sich Reinhard Goebel seit der Saison 2012 / 2013 in den traditionsreichen
Palmsonntagskonzerten der Sächsischen Staatskapelle.
Nach einem Gastauftritt 1998 mit der Musica Antiqua Köln in
einem Aufführungsabend der Staatskapelle erarbeitete Reinhard Goebel
2009 erst­mals ein Barockprogramm gemeinsam mit Kapell-Musikern.
Als Dirigent und Vermittler seiner enormen Kenntnisse in der historischen
Aufführungspraxis weltweit gefragt, leitete er Klangkörper wie die Berli­ner Philharmoniker, das Royal Philharmonic Orchestra London, das
Tonhalle-Orchester Zürich, das Melbourne, Sydney und Taipei Symphony
Orchestra, die Dresdner Philharmonie und die Rundfunksinfonieorchester des WDR, NDR, BR und MDR. Am Nationaltheater Mannheim dirigierte er Neuproduktionen von Johann Christian Bachs Amadis des
Gaules und Temistoclé, an der Staatsoper Hannover einen kompletten
Monteverdi-Zyklus. Der Bayerischen Kammerphilharmonie in Augsburg
ist er seit 2009 als Erster Gastdirigent verbunden.
Als Geiger war Reinhard Goebel, der in Siegen geboren wurde,
Schüler von Franzjosef Maier, Eduard Melkus, Marie Leonhardt und
Saschko Gawriloff. Seine musikhistorischen und philologischen Interessen vertiefte er durch ein Studium der Musikwissenschaften in Köln.
Seit 2010 unterrichtet er selbst als Professor am Salzburger Mozarteum.
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8. SYMPHONIEKONZERT
Wolfgang Amadeus Mozart
* 27. Januar 1756 in Salzburg
† 5. Dezember 1791 in Wien
BAROCKE PRACHT,
KLASSISCHES GEWAND
Händels Cäcilienode in Mozarts Bearbeitung
Ode auf St. Caecilia von
Georg Friedrich Händel KV 592
ENTSTEHUNG
TEXT
von Händels Ode for St. Ceci­lia’s Day HWV 76 zwischen
dem 15. und 24. September 1739 in London, Bearbei­
tung durch Mozart ein hal­bes Jahrhundert später, im
Juli 1790, im Auftrag des
Freundes und Förderers Gottfried Freiherr van Swieten für
eine Aufführung in dessen
privat veranstalteten Akademien
in Wien; Mozarts Eintrag 1790
in seinem Werkverzeichnis:
»NB: im Monath Jullius Händels
Caecilia und Alexanderfest für
B: Suiten bearbeitet.«
im englischen Original vom
Hofdichter der Stuarts (»Poet
Laureate«) John Dryden (1687),
deutsche Nachdichtung von
Gottfried van Swieten
U R AU F F Ü H R U N G
der Händel-Ode in London am
Cäcilientag 1739 (22. November) im Theatre Royal in Lincoln’s Inn Fields; eine Aufführung der Version Mozarts zu
dessen Lebzeiten in den Swieten’schen Akademien ist nicht
belegt (vermutlich erst 1793)
DAU ER
B E S E T Z U N G (B EI M OZ A R T )
Soli: Sopran, Tenor, Bass; vierstimmiger gemischter Chor;
Orchester: 2 Flöten, 2 Oboen,
2 Kla­r inetten, 2 Fagotte,
2 Hör­ner, 2 Trompeten, Pauken,
Orgel, Cembalo, Streicher
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ca. 50 Minuten
»W
er Händel so feyerlich und so geschmackvoll kleiden
kann, daß er einerseits auch dem Modegecken gefällt,
und andererseits doch immer in seiner Erhabenheit
sich zeiget, der hat seinen Werth gefühlet, der hat ihn
verstanden, der ist zu der Quelle seines Ausdruckes
gelanget und kann und wird sicher daraus schöpfen.« Diese eindringlichen Worte fand Gottfried van Swieten 1789 für Mozarts Händelbearbeitungen. Als kaiserlicher Hofbibliothekar war der Baron ein Schützling
Kaiser Josephs II. Mit befreundeten Musikenthusiasten hatte er eine
Kavaliersgesellschaft gegründet zur Förderung des Oratoriums in Wien,
besonders der Meisterwerke Händels, die in deutscher Übersetzung
aufgeführt werden sollten. Zu diesem Zweck gab der Baron in den Jahren
1789 und 1790 bei Mozart vier Bearbeitungen Händel’scher Chorwerke in
Auftrag: zunächst Acis und Galathea und den Messias (KV 566 und 572),
dann das Alexanderfest und die Cäcilienode (KV 591 und 592). Mozart
trug nur die beiden letzteren Bearbeitungen von 1790 in sein eigenhändiges Werkverzeichnis ein: »NB: im Monath Jullius Händels Caecilia und
Alexanderfest für B: Suiten bearbeitet.«
Seine Eingriffe in Händels Partituren erstreckten sich vor allem
auf die Instrumentierung. Händels Vorliebe für den reinen Streicherklang mit spärlichen Bläserstimmen erschien dem Publikum der Wiener
Klassik allzu trocken und einfarbig. Deshalb fügte Mozart eine vollständige Bläserharmonie hinzu, also Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotte
und Hörner sowie zusätzliche Trompeten- und Paukenstimmen. Gleich
in der Ouvertüre zur Cäcilienode kann man hören, wie »feyerlich und
8. SYMPHONIEKONZERT
geschmackvoll« er Händels Partitur neu eingekleidet hat. Diese Ouvertüre ist weitgehend identisch mit drei Sätzen aus Händels Concerto grosso
in D-Dur op. 6 Nr. 5. Schon der berühmte Anfang, Inbegriff einer festlichen »französischen Ouvertüre«, wurde von Mozart mit zusätzlichen
Trompeten, Pauken und Holzbläsern ausstaffiert. In der anschließenden
Fuge werden alle Einsätze des Themas durch die Bläser unterschiedlich
eingefärbt. Hört man diesen Satz in Mozarts Instrumentierung, weiß
man, woher er die Inspiration zur Zauberflöten-Ouvertüre nahm. Tatsächlich sollte Baron van Swieten recht behalten: Wer bei Händel zur »Quelle seines Ausdruckes gelanget« war wie Mozart, der würde aus dieser
Quelle früher oder später auch schöpfen.
Davon zeugt jeder Satz in Mozarts Fassung der Cäcilienode. Das
simple Menuett, den dritten Teil der Ouvertüre, hat er freilich kurzerhand
durch das viel berühmtere Menuett mit Variationen aus dem besagten
Concerto grosso ersetzt. Vor solchen Änderungen an Händels Partitu­ren
scheuten er und van Swieten nicht zurück, sie hatten dazu aber im weiteren Verlauf der Ode kaum noch Gelegenheit. Zu geschlossen wirkt der
Text des englischen Dichterfürsten John Dryden – eine philosophische
Betrachtung über die Entstehung der Welt aus der Sphärenharmonie
der Musik, in die der auferstandene Mensch am Ende aller Tage wieder
zurückfinden wird. Dazwischen beschreibt der Text ganz in der Tradition englischer Cäcilienoden die Wirkungen der Musik, vor allem der
verschiedenen Instrumente, auf das Gemüt des Zuhörers. Jede Strophe
hat ihren festen Platz im poetischen Verlauf dieses Gedichts und wurde
von Händel so genial vertont, dass sich Mozart und van Swieten keine
Eingriffe in die Substanz des Werkes mehr erlaubten, außer durch Umbesetzungen bei den Solisten. Der Baron beschränkte sich auf eine höchst
pietätvolle Übersetzung des Textes, Mozart auf die orchestrale Modernisierung der Partitur.
Vom Chaos zur Harmonie
Georg Friedrich Händel (1749), Gemälde von Thomas Hudson
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Auf die Ouvertüre folgt eines der großartigsten Accompagnato-Rezitative,
die Händel geschrieben hat (Nr. 1). Düstere gebrochene Molldreiklänge
der Streicher malen das Chaos der Atome im Urzustand, bevor sie durch
die Kräfte der Musik ihren Platz im Universum zugewiesen bekommen.
Allmählich klart sich die Harmonie auf, und muntere Gei­genmotive
treten an die Stelle des Chaos vom Beginn des Satzes. Das strahlende
D-Dur des zugehörigen Chorsatzes symbolisiert die ordnende Kraft
der Musik. Das Wort »Harmonie« wird durch lupenreine Chorakkorde
ausgedrückt, die Tonleiter als Grundlage der Musik durch einfache
Skalen in allen Chorstimmen. Dazu spielen die Streicher ein munteres
8. SYMPHONIEKONZERT
Synkopenthema, das Mozart und van Swieten sicher für eine geniale
Erfindung Händels gehalten haben. Sie hätten nur in der Wiener Hofbibliothek nachsehen müssen, um den wahren Urheber dieses Themas
und anderer Einfälle in der Cäcilienode zu finden. Es war der Wiener
Hoforganist Gottlieb Muffat, der seine Sammlung Componimenti musicali
für Cembalo 1739 veröffentlicht hatte – gerade noch rechtzeitig, damit
Händel in London beim Komponieren der Cäcilienode die Gelegenheit zu
einigen seiner berüchtigten »borrowings« hatte. Im ersten Chorsatz der
Cäcilienode hören wir ein Muffat’sches Motiv in Händels Bearbeitung,
instrumentiert von Mozart.
An den Chorsatz schließt sich das übliche »Defilee« der Instrumente in einer Cäcilienode an, also eine Serie von Arien, die alle auf
die besondere Wirkung eines bestimmten Instruments abheben. In der
ersten Sopranarie ist es ein solistisches Violoncello, das bei Händel nur
vom Continuo begleitet wird (Nr. 2). Mozart fügte ein obligates Fagott
hinzu, prickelndes Pizzicato der Streicher und pikante Flötensoli. In der
folgenden Tenorarie (Nr. 3) hatte er das Problem zu lösen, dass sich im
Wien des Jahres 1790 kein Trompeter mehr fand, der ein so hohes Solo
blasen konnte. Just am Anfang der Arie musste Mozart das Trompetensolo in die Holzbläser legen, während die Trompeten nur in tieferer Lage
mit den Pauken zusammen einsetzen. Die Arie samt Chor entwirft das
drastische Bild eines Heeres, das vom Feind überraschend angegriffen
wird. Zur Flucht ist es zu spät, also stürzen sich die Krieger todesmutig
in die Schlacht, was im Gewirr der Chorstimmen, Pauken und Trompeten
anschaulich zum Ausdruck kommt. Der daran anknüpfende Marsch soll
vor dem geistigen Auge des Zuhörers den Abzug der triumphierenden
Truppen erstehen lassen (Nr. 4).
Zum »Klageton« der Flöte in der zweiten Sopranarie ließ sich
Händel durch eine kleine Air von Muffat inspirieren, untermalt von
zarten Geigen (Nr. 5). Den »scharfen Geigenton« der nächsten Tenorarie
hat Mozart nicht verändert (Nr. 6), und selbst das Orgelsolo in der nachfolgenden Sopranarie ließ er respektvoll stehen (Nr. 7) – als Symbol für
Cäcilia, die Schutzheilige der Musik. Dafür hat er in der letzten Arie
wieder stärker eingegriffen (Nr. 8): Zu dieser robusten »Hornpipe« in
Moll schien ihm ein Bass besser zu passen als der von Händel vorgesehene Sopran, zumal im Text von Orpheus die Rede ist, der eine wilde
Horde durch seinen Gesang bändigt. Händels einstimmige Streicherlinie hat Mozart hier wieder in ein Farbenmeer der Bläser getaucht.
Die Schlussnummer der Cäcilienode zählt zu Händels grandiosesten Eingebungen (Nr. 9): Nach einem Tenor-Accompagnato singt ein
Solosopran ohne jede Begleitung langsame, hohe Choralzeilen, die von
Chor und Orchester im vollen Satz wiederholt werden. Der Effekt ist von
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»Die heilige Cäcilie« von Carlo Dolci, Öl auf Leinwand (um 1670 / 1672)
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister
Der Legende nach war die junge römische Adelige Cäcilia schon als Kind für das
Christentum entflammt – ein gefährliches Bekenntnis in Zeiten der Christenverfolgung; um 230 erlitt sie den Märtyrertod, ihre Heiligsprechung erfolgte im
fünften Jahrhundert. Seit dem 15. Jahrhundert gilt sie als Schutzpatronin der
Musik, was vermutlich auf einen Übersetzungsfehler zurückgeht. Dargestellt
wird die heilige Cäcilia meist mit der Orgel, ihr Gedenktag ist der 22. November. Im England des 17. und 18. Jahrhunderts mündete ihre Verehrung in die
Tradition der Cäcilienfeste, zu denen die großen Komponisten des Landes
wie Purcell oder Händel eigens Werke beisteuerten. Musikgeschichtlich von
Bedeutung ist auch die Strömung des »Caecilianismus« im 19. Jahrhundert,
der sich gegen den symphonischen Einfluss in der Kirchenmusik richtete –
zugunsten einer Rückbesinnung auf Palestrina und den »stile antico«.
8. SYMPHONIEKONZERT
© M. Creutziger
OSTERFESTSPIELE
SALZBURG 2015
CHRISTIAN THIELEMANN
SÄCHSISCHE STAATSKAPELLE DRESDEN
28. März — 6. April
Christian
Thielemann
OPER
MASCAGNI/LEONCAVALLO
CAVALLERIA RUSTICANA/
PAGLIACCI
Jonas Kaufmann · Liudmyla Monastyrska · Stefania Toczyska
Ambrogio Maestri · Annalisa Stroppa · Maria Agresta
Dimitri Platanias · Tansel Akzeybek · Alessio Arduini
Wolfgang Amadeus Mozart verdankte seine profunden Kenntnisse auf dem
Gebiet der Barockmeister und des »stile antico« dem befreundeten Gönner
und Präfekten der Wiener Hofbibliothek Gottfried Freiherr van Swieten.
Der Musikenthusiast und Liebhaber des strengen Kontrapunkts studierte alte
Partituren, sammelte Abschriften und richtete Privatkonzerte aus, in denen
das barocke Repertoire gepflegt wurde. Einer der regelmäßigen Gäste (und
Mitwirkenden) dieser Akademien war Mozart, der 1782 seinem Vater nach
Salzburg berichtete: »… ich gehe alle Sonntage um 12 uhr zum Baron von
Suiten – und da wird nichts gespiellt als Händl und Bach.«
Liudmyla
Monastyrska
Sächsische Staatskapelle Dresden
Sächsischer Staatsopernchor Dresden
CHORKONZERT
VERDI • MESSA DA REQUIEM
© M. Bothor/DG
Liudmyla Monastyrska · Anita Rachvelishvili
Jonas Kaufmann · Ildar Abdrazakov
Christian Thielemann
Jonas
Kaufmann
Chor des Bayerischen Rundfunks
Sächsische Staatskapelle Dresden
ORCHESTERKONZERTE
TSCHAIKOWSKI · SCHOSTAKOWITSCH
Arcadi Volodos · Nikolaj Znaider • Daniele Gatti
Christian Thielemann
Sächsische Staatskapelle Dresden
© P. Guerzoni
überwältigender Feierlichkeit, besonders an der Stelle, wo vom »letzten
Schreckenstag« die Rede ist: Die Sopranstimme lenkt nach Moll, der Chor
zitiert die Choralmelodie Wer nur den lieben Gott lässt walten, danach
steigt der Sopran zum strahlenden hohen A auf, begleitet vom Schall der
»Posaunen«. Gleich darauf setzt eine hinreißende Fuge ein (Coro ultimo),
deren Themen Händel zwar wieder von Muffat übernahm, die er aber so
großartig steigerte, wie es dem Wiener Hoforganisten wohl nie in den
Sinn gekommen wäre.
K ARL BÖHMER
Musikalische Leitung: Christian Thielemann
Inszenierung und Bühnenbild: Philipp Stölzl
Kostüme: Ursula Kudrna
Maria
Agresta
Tel. +43/662/80 45-361
[email protected]
ONLINE-SHOP:
www.osterfestspiele-salzburg.at
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8. SYMPHONIEKONZERT
Johann Sebastian Bach
»IN TIEFFSTER DEVOTION«
* 31. März 1685 in Eisenach
† 28. Juli 1750 in Leipzig
Bachs Dresdner Missa
Missa BWV 232I
(Fassung von 1733)
ENTSTEHUNG
der Kyrie und Gloria umfassenden Missa im Frühjahr 1733
in Leipzig, während der mehr­­
monatigen Landes­t rauer, die
nach dem Tode Augusts des
Starken am 1. Fe­bru­ar 1733
ausgerufen worden war. Da alles
öffentliche Musizieren ruhte,
nutzte Bach die sich ergebenden
Freiräume in seinem Amt als
Thomas­­kantor und komponierte
eine Mes­se, die sowohl für
den lutherischen als auch für
den katholischen Gottesdienst
adäquat war. Die Wid­mung
an den Thronfolger Friedrich
August II. war verbunden mit
der Hoffnung Bachs, ein Hofprädikat zu erhalten und die eigene
Position in Leipzig zu stärken.
1748 / 1749 erfolgte die Erweiterung dieser »Missa brevis« zur
»Missa tota«: der Messe in h-Moll.
S.r Königl(iche) Hoheit und /
ChurFürstlichen Durchl(aucht)
zu / Sachßen / bezeigte mit
inliegender / Missa / … / seine
unterthänigste Devotion / der
Autor / J.S. Bach«
BESETZUNG
Soli: Sopran, Alt, Tenor, Bass;
fünfstimmiger gemischter
Chor; Orchester: 2 Flöten,
2 Obo­en (auch Oboe d’amore),
2 Fa­got­te, 3 Trompeten, Corno
da Caccia, Pauken, Orgel,
Cembalo, Streicher
U R AU F F Ü H R U N G
wahrscheinlich am 26. Juli 1733,
einen Tag vor Überreichung der
Missa an den sächsischen Hof,
in der Dresd­ner Sophienkirche,
in der Bachs Sohn Wilhelm Friedemann Bach einige Wochen
zuvor zum Organisten berufen
worden war
WIDMUNG
auf dem Umschlag des Dresdner Stimmenmaterials: »Gegen /
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DAU ER
ca. 55 Minuten
A
ls 1727 die Gemahlin Augusts des Starken, Christiane Eberhardine, starb, wussten die frommen Lutheraner in Sachsen,
dass sie wohl nie mehr eine lutherische Landesfürstin haben
würden. Die Schwiegertochter Augusts des Starken, Maria
Josepha, war eine Habsburgerin. Sie hatte in Dresden sofort
einen katholischen Hofgottesdienst mit entsprechender Kirchenmusik
installiert. Den Glanz ihrer katholischen Messen, komponiert von Johann
David Heinichen und Jan Dismas Zelenka, kannte Johann Sebastian
Bach von seinen diversen Besuchen in Dresden. Mit den beiden Komponisten und vielen anderen Musikern der Hofkapelle war er befreundet.
Er wusste also, was er dem neuen sächsischen Kurfürsten und seiner
Gemahlin zu widmen hatte, sobald sie den Thron besteigen würden:
eine katholische Festmesse.
Am 1. Februar 1733 starb in Warschau August der Starke, und
sofort nutzte Bach die freie Zeit während der Landestrauer, um Kyrie und
Gloria seiner späteren h-Moll-Messe zusammenzustellen. Gewissenhaft
wählte er zwölf Sätze aus seinen Kantaten aus, drei Arien, zwei Duette
und sieben Chöre, und verwandelte sie in Kyrie und Gloria einer Missa.
Wir kennen nur für zwei Sätze die Vorlagen: Das Gratias und das Qui tollis
beruhen auf den Eingangschören der Kantaten BWV 29 (Wir danken dir
Gott, wir danken dir) und BWV 46 (Schauet doch und sehet, ob irgend ein
Schmerz sei). Alle anderen Sätze wären uns verloren gegangen, hätte
Bach sie nicht für die Dresdner Missa ausgewählt und bearbeitet.
Wie stark Bach diese Sätze überarbeitet hat, kann man an seiner
Partitur erkennen, nämlich überall dort, wo er den zweiten Sopran
nachträglich einkomponiert hat. Wie in seinem Magnificat wählte er
den feierlichen fünfstimmigen Chorsatz mit zwei Sopranen als Inbegriff
8. SYMPHONIEKONZERT
»Das Curfürstliche Sächsische Schloß von der Elb Seite,
dem grünen Thore gegen über nebst anstoßenden Stall«
im 18. Jahrhundert, Radierung eines unbekannten Künstlers
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett
Johann Sebastian Bach (1746)
Das berühmte Porträt des sächsischen Hofmalers und Leipziger Ratsmalers
Elias Gottlob Haußmann ist das »Urbild« zahlreicher Bach-Bildnisse
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lateinischer Kirchenmusik. Da seine Kantatenchöre aber durchweg vierstimmig sind, musste er in die Vorlagen den zweiten Sopran nachträglich
einfügen. Am Autograf lässt sich dieser Vorgang heute noch gut ablesen.
Chor­sopranistinnen, die schon einmal den zweiten Sopran mitgesungen
haben, wissen sicher, wovon hier die Rede ist. Überarbeitet hat Bach
aber auch die Instrumentierung der Sätze. Schon bei der Auswahl der
Arien achtete er darauf, für jeden Solisten der Dresdner Hofkapelle ein
virtuoses Solo vorzusehen. So wie die Arien in Händels Cäcilienode die
Macht der Musik durch virtuose Instrumentalsoli ausdrücken, so hat
Bach den Reiz der Soloinstrumente zum höheren Lobpreis Gottes eingesetzt – »Soli Deo Gloria«.
Mit dieser gewissenhaften Bearbeitung konnte Bach an den
neuen Kurfürsten herantreten und ihm eine Kyrie-Gloria-Messe widmen,
wie sie ganz dem Dresdner Stil entsprach. Zugleich war diese Festmesse aber auch geeignet, um zuhause in Leipzig den obligatorischen
Gottesdienst zur Erbhuldigung für den neuen Kurfürsten auszuschmücken. Denn in der lutherischen Liturgie der Bachzeit war es üblich,
an den hohen Festtagen Kyrie und Gloria in lateinischen Vertonungen
8. SYMPHONIEKONZERT
aufzuführen. Bach selbst hat für Leipzig etliche Messen italienischer
Komponisten bearbeitet, jeweils Kyrie und Gloria, darunter auch aus zwei
Messen von Palestrina. Seine eigene Missa war also auch eine ideale
Festmesse für lutherische Kirchen. Im selben Jahr, im Juni 1733, wurde
sein Sohn Wilhelm Friedemann Organist an der Dresdner Sophienkirche. Dort gingen die lutherischen Hofbeamten und Hofmusiker in den
Gottesdienst, und auch dort konnte Bachs Missa aufgeführt werden.
»Wißenschafft der Musique«
Da der Thomaskantor mit einer solchen Aufführung in Dresden rechnete,
überreichte er den Hofbeamten des neuen Kurfürsten am 27. Juli 1733
nicht etwa eine Partitur, sondern ein sauber geschriebenes Aufführungsmaterial, das noch heute erhalten ist (in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden): der berühmte
Dresdner Stimmensatz der Missa. Bach selbst, seine Frau Anna Magdalena, seine Söhne Carl Philipp Emanuel und Wilhelm Friedemann – alle
haben sie an den Stimmen mitgeschrieben als Beleg »von derjenigen
Wißenschafft, welche ich in der Musique erlanget«, wie sich Bach im
Widmungsschreiben ausdrückte (siehe das vollständige Anschreiben auf
S. 24 / 25 dieses Programmheftes).
Mit dem Stimmensatz alleine war es freilich nicht getan: Bach
musste sich auch musikalisch den Erwartungen Dresdens anpassen,
also dem galanten Stil huldigen, wie er seit der Installierung von Johann
Adolf Hasse 1731 im »Elbflorenz« herrschte. Dies tat er in sämtlichen
Arien und Duetten der Missa, die Chöre dagegen durften gelehrter und
barocker sein, zum Teil auch den »stile antico« zitieren, den »alten Stil«
Palestrinas, den man in Dresden als besonders fromm empfand. Mit dieser großen stilistischen Spanne entsprach Bach nicht nur den Erwartungen des Dresdner Hofes. Er setzte auch seine Absicht in die Tat um, eine
Missa Sanctissimae Trinitatis zu schreiben, eine Messe zu Ehren der allerheiligsten Dreifaltigkeit – das Kerngeheimnis des christlichen Glaubens,
zu dem sich Lutheraner wie Katholiken bekennen.
Kyrie
Die Messe beginnt ernst, zerknirscht. Der reuige Sünder bittet Gottvater
flehentlich in einer langen fünfstimmigen Chorfuge in der Bußtonart
h-Moll um Vergebung. Den einleitenden Kyrie-Ruf in massiven Akkorden
hat Bach für die Messe hinzugefügt, danach intoniert das Orchester ein
sechsstimmiges Vorspiel, das nicht zufällig an die Eingangschöre der
Bach-Passionen erinnert. Nach der großartig gesteigerten Kyrie-Fuge
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Eine Stimme aus Bachs originalem Aufführungsmaterial für den
Dresdner Hof: der Sopran I mit dem Ende des Kyrie und dem Anfang des
Gloria (fünftes Notensystem von unten). Der Schreiber dieser Seite war
der Bach-Sohn Carl Philipp Emanuel Bach.
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
8. SYMPHONIEKONZERT
mit ihrem seufzenden Thema ändern sich im Christe eleison Ton und Stil:
Zwei Gläubige wenden sich vertrauensvoll an Jesus Christus, die zweite
Person der Trinität. Ihr inniges D-Dur-Duett verkörpert in der Dichte der
Stimmführung die Einheit zwischen Gottessohn und Gottvater, in den
Verzierungen und den beschwingten Streicherlinien den galanten Stil
Dresdens. Das zweite Kyrie hat Bach in die Töne einer herben vierstimmigen Chorfuge im »stile antico« gekleidet. Die Tonart fis-Moll symbolisiert den Heiligen Geist: Sie komplettiert die Grundtöne der ersten beiden
Sätze H und D zum h-Moll-Dreiklang.
Gloria
Die Sophienkirche, in der vermutlich Bachs Missa am 26. Juli 1733 erstmals
erklang. Bach hatte die dortige Silbermann-Orgel zuvor schon selbst mehrfach gespielt, seit dem 23. Juni 1733 wirkte sein ältester Sohn Wilhelm Friedemann Bach in der Kirche als Organist.
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett
Ob Bach die 1748 / 1749 komponierte Messe in h-Moll, die ausgebaute Dresdner Missa, je in einer Aufführung gehört hat, ist nicht belegt. Ging man
bisher davon aus, er habe mit seiner vervollständigten Messe ein »Opus
summum« seines geistlichen Vokalschaffens vorlegen wollen, so wird seit
einiger Zeit auch die These diskutiert, er könnte diese »Große Messe« im
Auftrag des Grafen Johann Adam von Questenberg geschrieben haben.
Questenberg stand über einen Leipziger Studenten mit Bach in Kontakt, vor
allem aber war er Mitglied der Wiener »Musicalischen Congregation« zu
Ehren der heiligen Cäcilia – einer Bruderschaft, die jährlich am Cäcilientag,
dem 22. November, eine große musikalische Feier für die Schutzpatronin
der Musik ausrichtete. Nicht ausgeschlossen ist, dass die Bach’sche h-MollMesse für eine solche Aufführung im Wiener Stephansdom gedacht war.
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Zu Beginn des Gloria herrscht die Dreizahl als Symbol der Trinität:
Drei Trompeten spielen ein Dreiklangsthema im Dreiertakt, die übrigen
Instrumente antworten mit gebrochenen Dreiklängen. Der dreieinige
Gott wird gepriesen, in Tönen von überwältigender Pracht und tänzeri­
scher Zuversicht. Das Et in terra pax beginnt zunächst mit leisen Tönen,
gewissermaßen weihnachtlich still, steigert sich dann aber im Zuge einer
atemberaubenden Fuge zu festlichem Trompetenglanz.
Der Reigen der Instrumentalsoli beginnt mit dem Laudamus,
dessen schwungvolle Linien ganz auf die Geigenkünste des Dresdner
Konzertmeisters und Bachfreundes Johann Georg Pisendel abgestellt
waren. Im majestätischen Gratias hat Bach eine vierstimmige Chorfuge
im »stile antico« durch die beiden ersten Trompeten allmählich zur
Sechsstimmigkeit erweitert und an der entscheidenden Stelle sogar
die Pauke quasi als siebte Stimme einsetzen lassen. Umso zarter wirkt
danach das Flötensolo des Domine Deus, das Bach dem Dresdner Soloflötisten Pierre-Gabriel Buffardin auf den Leib geschrieben hat. Dazu
besingen Sopran und Tenor Gottvater und Gottessohn stets gleichzeitig
mit verschiedenem Text – ein weiteres Symbol für die Einheit der ersten
beiden göttlichen Personen, zu denen die hohe Flöte als Symbol für den
Heiligen Geist hinzutritt. Im Qui tollis konnte Bach auch den zweiten
Soloflötisten Johann Joachim Quantz in das dichte h-Moll-Geflecht der
Stimmen einbeziehen, während das expressive Oboensolo des Qui sedes
für den Solooboisten Johann Christian Richter berechnet war. Die Bassarie des Quoniam wurde in einen prachtvollen Triosatz für den Solohornisten und die beiden Fagottisten der Dresdner Hofkapelle gehüllt,
bevor alle Instrumente (außer dem Horn) in den fünfstimmigen Chorsatz
des Cum Sancto Spiritu einstimmen. Hier symbolisiert die leichtfüßige,
tänzerische Chorfuge den Heiligen Geist, die düstere Wucht der verminderten Akkorde das »Gloria Dei Patris«.
K ARL BÖHMER
8. SYMPHONIEKONZERT
Durchlauchtigster ChurFürst,
Gnädigster Herr,
Ew. Königlichen Hoheit überreiche in tieffster Devotion gegenwärtige
geringe Arbeit von derjenigen Wißenschafft, welche ich in der Musique
erlanget, mit ganz unterthänigster Bitte, Sie wollen dieselbe nicht nach
der schlechten Composition, sonder nach Dero Welt berühmten Clemenz
mit gnädigsten Augen anzusehen und mich darbey in Dero mächtigste
Protection zu nehmen geruhen. Ich habe einige Jahre und bis daher bey
denen beyden Haupt-Kirchen in Leipzig das Directorium in der Music
ge­habt, darbey aber ein und andere Bekränckung unverschuldeter weise
auch iezuweilen eine Verminderung derer mit dieser Function verknüpfften
Accidentien empfinden müßen, welches aber gänzlich nachbleiben möchte,
daferne Ew. Königliche Hoheit mir die Gnade erweisen und ein Praedicat
von Dero Hoff-Capelle conferiren, gehörigen Orths hohen Befehl ergehen
laßen würden; Solche gnädigste Gewehrung meines demüthigs­ten Bittens
wird mich zu unendlicher Verehrung verbinden und ich offerire gerade
mich in schuldigsten Gehorsam, iedesmahl auf Ew. Königlichen Hoheit
gnädigstes Verlangen, in Componirung der Kirchen Musique sowohl als
auch zum Orchestre meinen unermüdeten Fleiß zu erweisen, und meine
ganzen Kräffte zu Dero Dienste zu widmen, in unauffhörlicher Treue
verharrend
Ew. Königliche Hoheit
Dreßden
den 27. Julii
1733.
unterthänigst-gehor
samster Knecht
Johann Sebastian Bach.
Linke Seite:
Der Widmungsträger der Missa Kurfürst Friedrich August II. von Sachsen,
als polnischer König August III.
Öl auf Leinwand von Pietro Antonio Graf Rotari (nach 1775, Werkstattkopie),
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister
Das Begleitschreiben, mit dem Bach seine Missa dem Dresdner Hof
überreichte, angefertigt vom Kopisten Gottfried Rausch
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25
8. SYMPHONIEKONZERT
Sibylla Rubens Sopran
»I
hre Sopranstimme funkelt wie ein Diamant«, schrieb die »WAZ«
über die Bach-Interpretationen von Sibylla Rubens, sie nehme
»die schwierigen, reich ornamentierten Arien«, so heißt es weiter,
»mit bestechender Geschmeidigkeit und verleiht ihnen Grazie und
Herzenswärme.« International gefragt, gab Sibylla Rubens Konzerte
u.a. mit dem Koninklijk Concertgebouworkest Amsterdam unter Philippe
Her­reweghe und mit den Münchner Philharmonikern unter Chris­t ian
Thielemann, sie gastierte in der Car­negie Hall und ging mit dem Budapest
Festival Orches­t ra auf Europa-Tour­nee. Eine enge Zusammenarbeit pflegt
sie seit vielen Jahren mit der Stuttgarter Bachakademie und Helmuth Rilling. Über 80 CD-Einspie­lun­gen zeugen von ihrer künstlerischen Vielseitigkeit. Mit der Sächsischen Staatskapelle legte sie als Live-Pro­duk­t ion die
Missa piena des einstigen Dresdner Hofkapellmeisters Ferdinando Paër
vor, auch ist sie auf dem von Thomas Quasthoff und der Kapelle aufgenommenen Album Betrachte, meine Seel vertreten. 2011 übernahm sie bei der
Kapelle den Sopranpart im Weihnachtsoratorium. Sibylla Rubens wurde
2007 in das Direktorium der Neuen Bachgesellschaft Leipzig berufen.
26
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Anke Vondung Alt
N
ach ihrem Gesangsstudium in Mannheim ging Anke
Vondung in ein erstes Festengagement am Tiroler Landestheater in Innsbruck (1999-2002). Später schloss sie sich
dem Ensemble der Semperoper an (2003-2006), der sie
bis heute eng verbunden ist. Zu Beginn der aktuellen
Saison wurde die Sängerin im Semperbau als Bizets Carmen gefeiert,
als Rosina im Barbiere di Siviglia wird sie in einigen Wochen auf der
Bühne stehen. In der vergangenen Spielzeit gastierte sie in den Kammerabenden der Kapelle, und auch im Palmsonntagskonzert im März 2013
unter Reinhard Goebel war die Sängerin aus Speyer zu erleben. Einladungen führten die Mezzosopranistin an Häuser wie die Pariser Opéra,
die Nederlandse Opera Amsterdam und die New Yorker MET, zu den
Salzburger Festspielen und dem Glyndebourne Opera Festival sowie an
die Staatsopern in Berlin, München und Hamburg. Anke Vondung, die
auch als Liedinterpretin international geschätzt ist, arbeitete auf dem
Konzertpodium u.a. mit James Levine, Helmuth Rilling, Philippe Herreweghe, Edo de Waart, James Conlon und Iván Fischer am Pult zusammen.
8. SYMPHONIEKONZERT
Daniel Johannsen Tenor
D
er österreichische Tenor Daniel Johannsen gehört zu den
gefragtesten Bach-Interpreten und Evangelisten seiner Generation. Persönlichkeiten wie Robert Holl, Dietrich FischerDies­kau, Nicolai Gedda und Christa Ludwig zählen zu seinen
Lehrern. Seit seinem Debüt 1998 tritt er im Konzert-, Liedund Opernfach mit Werken aller Epochen in den Musikzentren Europas,
Nordamerikas, Japans und des Nahen Ostens auf. Neben regelmäßigen
Konzerten im Wiener Musikverein und Konzerthaus war er zu Gast bei
zahlreichen Festivals, so bei der Styriarte in Graz, bei den Salzburger
Festspielen oder auch beim Bachfest Leipzig. Er musizierte u.a. unter
Sir Neville Marriner, Nikolaus Harnoncourt, Andrew Parrott und Reinhard Goebel. Auf dem Opern­podium ist er mit Barock- und Mozart-Partien
sowie mit Werken der Moderne, aber auch in einigen Operettenrollen
präsent. Seine Diskografie umfasst Werke von Bach und Händel ebenso
wie Mozarts Requiem, Dvořáks Stabat mater, Mendelssohns Elias und
Schumanns Dichterliebe. Jüngst war Daniel Johannsen in der Titelpartie
von Brittens Albert Herring abermals an der Wiener Volksoper zu hören.
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29
Georg Zeppenfeld Bass
V
on 2001 bis 2005 sang Georg Zeppenfeld im Ensemble der
Sem­peroper und kehrt seither immer wieder für Gastspiele
zurück. Als Konzertsolist trat er mit der Kapelle zuletzt im
vergangenen Jahr auf – in den Gedenk­konzerten in Verdis
Requiem und bei den Osterfestspielen Salzburg im Requiem
von Mozart, beides dirigiert von Christian Thielemann. Unter dessen
Leitung gastierte er bei den Wiener und Münchner Philharmonikern,
unter Pierre Boulez bei den Berliner Philharmonikern, unter Riccardo
Chailly beim Gewandhausorchester Leip­zig. Er gab Liederabende u.a. bei
den Salzburger Festspielen und sorgte dort in einer seiner Schlüsselrollen
auf der Opern­bühne für Aufsehen: als Sarastro, den er überdies in BadenBaden unter Claudio Abbado sowie an der Wiener Staatsoper, der MET
und kürzlich in Covent Garden interpretierte. Auch an der Semperoper
verkörpert er in dieser Saison den Sarastro, dazu Wagners Daland und
Webers Kaspar. Schon in wenigen Wochen wird er erneut mit der Kapelle
auf das Konzertpodium treten: in der Uraufführung eines Werkes der
Capell-Compositrice Sofia Gubaidulina und in Schuberts Es-Dur-Messe.
8. SYMPHONIEKONZERT
Wolfgang Amadeus Mozart
Ode auf St. Caecilia von
Georg Friedrich Händel KV 592
Dresdner Kammerchor
KÜNSTLERISCHER LEITER: HANS - CHRISTOPH R ADEM ANN
EINSTUDIERUNG: MICHAEL K ÄPPLER
Overtura
(Larghetto e staccato – Allegro – Minuetto. Un poco Larghetto)
Recitativo
TENOR
S
eit der Gründung 1985 durch Hans-Christoph Rademann hat
sich der Dresdner Kammerchor, der auch in den beiden vorangegangenen Spielzeiten in den Palmsonntagskonzerten unter
Reinhard Goebel zu Gast war, zu einer festen Größe im deutschen und europäischen Musikleben entwickelt. Das histori­
sche Erbe Sachsens zu erschließen und zu pflegen sowie unbekanntes
Repertoire wiederzuentdecken ist eine Seite in der künstlerischen Arbeit
des Chores, die andere die Ausein­a ndersetzung mit der Chorliteratur
des 19. und 20. Jahrhunderts und der Einsatz für die zeitgenössische
Musik. Große Erfolge feierten die Sängerinnen und Sänger mit ihren
Gastspielen bei den führenden Festivals und auf Tourneen durch Europa,
in die USA, nach Südamerika, Südafrika, Indien, Taiwan und China.
Eine Vielzahl von Radio- und CD-Aufnahmen unterstreichen das Renommee des Ensembles, das mit bedeutenden Orchestern und Dirigenten
auftrat, darunter René Jacobs, Sir Roger Norrington, Herbert Blom­stedt,
Adam Fischer, Riccardo Chailly, Jos van Immerseel und Robin Ticciati.
Derzeit realisiert der Kammerchor mit dem Carus-Verlag und MDR Figaro
die erste Heinrich-Schütz-Gesamteinspielung.
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Durch Harmonie, durch Himmels Harmonie
entstand das ganze Weltgebäu.
1. Recitativo accompagnato e Coro
TENOR
Natur lag unter einer Last
uneiniger Atom’,
ihr Haupt gesenkt hinab.
Die Silberstimm’ erklang von fern:
ersteh! du mehr als tot.
Und kalt, und warm, und feucht, und trocken
nahm jedes seinen eig’nen Platz,
gehorsam der Musik.
CHOR
Durch Harmonie, durch Himmels Harmonie
entstand das ganze Weltgebäu,
durch Harmonie, durch Harmonie.
Durch den Bezirk der Noten irrte sie,
und die Oktave schloß zuletzt der Mensch.
8. SYMPHONIEKONZERT
2. Aria
7. Aria
SOPR AN
SOPR AN
Leidenschaften stillt und weckt Musik.
Als Jubal einst die Saiten schlug,
da stand und lauschte der Brüder Schar,
und wundernd fiel sie auf’s Gesicht
zu ehren diesen Himmelston.
O nur ein Gott, so dachten sie,
wohnet drin in dem Gewölb’ des Saitenspiels,
das tönt so süß, das tönt so schön [und so schön das tönt],
[Die] Leidenschaften stillt und weckt Musik.
Doch o! wer preiset ganz
und wer erhebt genug
der heil’gen Orgel Lob?
Sang, der Gottheits Liebe weckt,
Sang, der auf zum Himmel fleugt
und zum Engelchore stimmt.
3. Aria e Coro
TENOR, CHOR
Trompete, dein Schmettern
erweckt uns zum Streit,
mit hellerem Zornlaut
und tödlichem Lärm.
Der Trommel Doppel-, Doppelschlag
rollt wie Donnerhohl,
schreit: horch! der Feind kommt!
greift an! denn zur Flucht ist’s zu spät [und zur Flucht ist’s zu spät].
4. Marcia
5. Aria
SOPR AN
Der Flöte Klageton beseufzt
in Trauernoten die Qual trostloser Liebe,
zu Grabe wispert sie, die sanfte Laute.
6. Aria
TENOR
Scharf klingt der Geigenton
von Eifersucht und von Verzweiflung,
Wut und Rasen und Erbitt’rung
tiefer Qual und höchster Liebe
für die stolze Siegerin.
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8. Aria
BASS
Orpheus gewann ein wildes Volk
und Baum entwurzelt folgten ihm,
sie zog der Ton seiner Leier.
9. Recitativo accompagnato e Coro
TENOR
Doch Du, Caecilia, tat’st der Wunder mehr,
wenn zu der Orgel Deine Stimm’ erklang,
denn Seraphim erschienen schnell,
im Wahn, hier sei der Himmel.
CHOR
Wie durch die Macht des heil’gen Sang’s
der Sphären Tanz begann
und Seligen des Schöpfers Preis
durch’s All der Welt ertönt[:]
so, wenn der letzte Schreckenstag
zerstückte Schöpfung dich verzehrt [zerstört].
Es schallt die Posaune von der Höh’.
Coro ultimo
CHOR
Was tot ist lebt, was lebet stirbt,
und Musik tönt die Welt zu Grab.
[Es schallt die Posaune von der Höh’.]
Text: John Dryden (1631-1700),
deutsche Nachdichtung: Gottfried Freiherr van Swieten (1733-1803)
8. SYMPHONIEKONZERT
Johann Sebastian Bach
Missa BWV 232I
(Fassung von 1733)
7. Gratias agimus tibi
CHOR
Gratias agimus tibi
propter magnam gloriam tuam.
8. Domine Deus
KYRIE
SOPR AN, TENOR (DUE T T)
Herr, erbarme dich.
Domine Deus, Rex coelestis,
Deus Pater omnipotens!
Domine Fili unigenite
Jesu Christe altissime!
Domine Deus, Agnus Dei,
Filius Patris.
Christe, erbarme dich.
9. Qui tollis peccata mundi
1. Kyrie eleison
CHOR
Kyrie eleison.
Wir sagen dir Dank
um deiner großen Ehre willen.
2. Christe eleison
Herr Gott, himmlischer König,
Gott, allmächtiger Vater,
Herr, eingeborener Sohn,
Jesu Christe, Höchster!
Herr Gott, Lamm Gottes,
Sohn des Vaters.
S O P R A N , A LT ( D U E T T )
Christe eleison.
CHOR
3. Kyrie eleison
CHOR
Kyrie eleison.
Herr, erbarme dich.
GLORIA
Qui tollis peccata mundi,
miserere nobis.
Qui tollis peccata mundi,
suscipe deprecationem nostram.
Der du trägst die Sünden der Welt,
erbarme dich unser.
Der du trägst die Sünden der Welt,
nimm an unser Gebet.
10. Qui sedes ad dextram Patris
A LT ( A R I E )
4. Gloria in excelsis
Qui sedes ad dextram Patris,
miserere nobis.
CHOR
Gloria in excelsis Deo.
Der du sitzt zur Rechten des Vaters,
erbarme dich unser.
Ehre sei Gott in der Höhe.
11. Quoniam tu solus sanctus
5. Et in terra pax
BASS (ARIE)
CHOR
Et in terra pax
hominibus bonae voluntatis.
Und Frieden auf Erden,
den Menschen ein Wohlgefallen.
6. Laudamus te
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35
Denn du bist allein heilig,
Du bist allein der Herr,
Du bist allein der Höchste, Jesus Christus.
12. Cum Sancto Spiritu
A LT ( A R I E )
Laudamus te, benedicimus te,
adoramus te, glorificamus te.
Quoniam tu solus sanctus,
tu solus Dominus,
tu solus altissimus Jesu Christe.
CHOR
Wir loben dich, wir preisen dich,
wir beten dich an, wir rühmen dich.
Cum Sancto Spiritu
in gloria Dei Patris, amen.
Mit dem Heiligen Geist
in der Herrlichkeit Gottes, Amen.
8. SYMPHONIEKONZERT
international
Freunde
Wunderharfe
unterstützen
patron
Staatskapelle
li e
engagement begeistern
network
verbinden
gewinnen Staatskapelle
tradition
Dresden
junge Menschen fördern
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Netzwerk
Gesellschaft
close
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GESELLSCHAFT DER FREUNDE DER
S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N E . V.
KÖNIGSTRASSE 1
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37
Wir freuen uns auf Sie!
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8. SYMPHONIEKONZERT
»WUNDERBAR UND UNWIRKLICH«
Zum 125. Geburtstag von Fritz Busch am 13. März 2015
A
m 10. Dezember 1920 gastierte der damals gerade 30-jährige Fritz Busch erstmals bei der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Arthur Tröber, seit 1919 Violinist im
Orches­ter, erinnerte sich 40 Jahre später: »Fritz Busch traf
am 8. Dezember 1920 vormittags in Dresden zur ersten
Probe ein. Uns allen war er fremd ... Was sich in dieser 3stündigen Probe
abspielte, war so wunderbar und unwirklich, daß ich es nur berichte,
weil ich etwa noch 10 Kollegen als Zeugen habe, die meine Erzählung
bestätigen könnten. In der II. Sinfonie von Brahms, mehr noch aber in
den anschließenden Mozart-Variationen von Reger schienen wir in eine
andere Welt versetzt. Fritz Busch zwang uns dynamische Schattierungen
auf, die uns gänzlich fremd und unbekannt waren. ›Die Abtönung der
Stärkegrade ging ins Fabelhafte‹, wie ein Rezensent nach dem Konzert
schrieb. In der Agogik und Gestaltung entwickelte er so starke sugges­
tive Kräfte, dass wir seiner Stabführung willenlos folgen mußten.« Auch
Busch war begeistert: »Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie die Leute
gespielt haben und wie das Publikum (Generalprobe und Konzert ausverkauft) im Opernhaus mitging. Ich will nicht renommieren, weiss aber,
dass es Dir Freude macht, wenn ich Dir sage, dass alte Musiker mich
auf dem Podium umarmt haben, dass sie geschrien und gerufen haben:
Dableiben, wiederkommen usw.«
Fritz Busch sollte schnell wiederkommen. Der junge Maestro,
zu dieser Zeit Generalmusikdirektor in Stuttgart, brach schon bald
seine Zelte im Württembergischen ab und war von 1922 bis zu seinem
durch Nazi-Schergen erzwungenen Abgang am 7. März 1933 General­
musikdirektor in Dresden. Buschs hohe Anforderungen führten einerseits zu allseits beachteten musikalischen Ergebnissen (Richard Strauss
übertrug, nach einer Pause von 13 Jahren, der Dresdner Staatsoper
die Uraufführungen seiner Opern Intermezzo, Die ägyptische Helena
und, nach Buschs Weggang, Arabella, Die schweigsame Frau und
Daphne). Bereits seit Anbeginn seiner Dresdner Tätigkeit als Operndirigent war Busch eine breite Repertoirepflege wichtig – pro Saison
38
39
8. SYMPHONIEKONZERT
dirigierte er bis 1933 rund 20 Wer­ke von durchschnittlich elf bis zwölf
Komponis­ten. Jährlich kam er allein als Operndirigent in Dresden auf 73
bis 104 Vorstellungen – mehr als jeder andere Dirigent in vergleichbarer
Position. Die Presse honorierte Buschs Einsatz, schon 1922 war zu lesen:
»Zum ersten Mal seit (Ernst von) Schuchs Tod – das sind nun schon acht
lange Jahre – merkt man, daß wieder ein zielbewußter Wille die künstlerische Arbeit an der Dresdner Oper lenkt.« Die Zahl der Novitäten sowohl
in den Symphoniekonzerten wie der Staatsoper während Buschs Direktorat war beachtlich, unter ihnen Werke von Hindemith, Busoni, Weill,
Braunfels oder Křenek, nicht zuletzt auch die deutsche Erstaufführung
von Giacomo Puccinis Turandot. Dabei trafen nicht alle Kompositionen
gleichermaßen auf Buschs Wohlwollen.
Gleichzeitig wurden Besetzungsprobleme mehr und mehr offenkundig. Schon 1924 fehlten Gelder, um Sängerpersönlichkeiten von Weltrang in Dresden zu halten, und als die Staatsoper evaluiert wurde, lautete
das Fazit, dass mit dem vorhandenen Etat das bestmögliche Ergebnis
erzielt werde, dass aber Etaterhöhungen dringend geboten seien. Während Busch zunächst enttäuscht war vom sängerischen Niveau in Dresden, insbesondere was die Mozart-Pflege anging, waren in anderen
Bereichen beglückende Resultate möglich. So etwa in Verdis La forza
del destino in Franz Werfels deutscher Fassung 1926 mit der legendären
Meta Seinemeyer. Um Kosten zu sparen und den Qualitätsstandard zu
garantieren, gründete Busch eine Orchesterschule, regelmäßig hörte er
selbst außerdem insgesamt rund 6.000 angehende Sänger, um das beste
Personal – möglichst kostengünstig – ans Haus zu holen. Zu den Sängern,
die unter Buschs Ägide in Dresden entdeckt wurden, zählen u.a. Maria
Cebotari, Erna Berger, Max Lorenz, Paul Schöffler und Kurt Böhme.
Buschs weitere Karriere ist legendär: Nach einer Zwischenstation
am Teatro Colón in Buenos Aires, an das er ebenso regelmäßig zurückkehrte wie an die Pulte des Rundfunksinfonieorchesters in Kopenhagen
und des Königlichen Orchesters Stockholm, war er 1934 als musikali­
scher Leiter Mitbegründer der Opernfestspiele in Glyndebourne, das
bald wegen der exzeptionellen Mozart-Pflege als englisches Salzburg
bezeichnet wurde. 1945 wurde er künstlerischer Leiter der Metropolitan Opera New York und kehrte 1950 sogar für wenige Wochen nach
Deutschland zurück. Ab der Saison 1951 / 1952 wollte die Wiener Staatsoper Busch als neuen Generalmusikdirektor verpflichten – sein überraschender Tod unmittelbar nach Dirigaten auf dem Edinburgh Festival
am 14. September 1951 im Alter von erst 61 Jahren vereitelte dies.
J Ü R G E N S C H A A R WÄC H T E R ,
M A X-REGER-INSTITUT MIT BRÜDERBUSCHARCHIV
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41
Richard Strauss und Fritz Busch vor der Semperoper
8. SYMPHONIEKONZERT
8. Symphoniekonzert 2014 | 2015
Palmsonntagskonzert
Orchesterbesetzung
1. Violinen
Kai Vogler / 1. Konzertmeister
Jörg Faßmann
Jörg Kettmann
Martina Groth
Anja Krauß
Franz Schubert
2. Violinen
Reinhard Krauß / Konzertmeister
Markus Gundermann*
Elisabeta Schürer
Robert Kusnyer
Hannah Burchardt**
Beate Roth*
Bratschen
Sebastian Herberg / Solo
Ralf Dietze
Elizaveta Zolotova
Christoph Starke*
Violoncelli
Simon Kalbhenn / Solo
Tom Höhnerbach
Anke Heyn
Haedeun Lee**
Kontrabässe
Petr Popelka / Solo
Helmut Branny
Sebastian Molsen*
Flöten
Sabine Kittel / Solo
Bernhard Kury
Oboen
Sebastian Römisch / Solo
Michael Goldammer
Klarinetten
Pauken
Manuel Westermann / Solo
Cembalo
Ellen Rissinger
Orgel
Johannes Wulff-Woesten
Fabian Dirr* / Solo
Christian Dollfuß
Fagotte
Joachim Hans / Solo
Hannes Schirlitz
Hörner
Erich Markwart / Solo
Julius Rönnebeck
Trompeten
Martin Wagemann*
Volker Stegmann
Gerd Graner
* als Gast
** als Akademist / in
42
43
8. SYMPHONIEKONZERT
Vorschau
6. Kammerabend
S O N N TAG 12 . 4 .15 2 0 U H R
S E M P ER O P ER D R E S D E N
Mitwirkender Gast
Paul Rivinius Klavier
Ausführende
Matthias Wollong Violine
Jochen Ubbelohde Horn
K URO
. 2I0S C1HE5S C H W E I Z
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SÄCHS
WWW.SCHOSTAKOWITSCH-TAGE.DE
Semperoper
Dresden
Charles Koechlin
Quatre petites pièces für Klavier, Violine und Horn
Robert Schumann Fantasiestücke op. 73 für Klavier und Violine
György Ligeti
Horntrio Hommage à Brahms
Johannes Brahms
Horntrio Es-Dur op. 40
Konzert in der Frauenkirche
S A M S TAG 18 . 4 .15 2 0 U H R
F R AU E N K I R C H E D R E S D E N
Andres Mustonen Dirigent
Sophie Karthäuser Sopran
Marie-Claude Chappuis Mezzosopran
Steve Davislim Tenor
Lothar Odinius Tenor
Georg Zeppenfeld Bass
MDR Rundfunkchor
Sofia Gubaidulina
O komm, Heiliger Geist
für Sopran, Bass, gemischten Chor und Orchester (2015),
Auftragswerk der Sächsischen Staatskapelle Dresden
und der Stiftung Frauenkirche Dresden
URAUFFÜHRUNG
Franz Schubert
Messe Es-Dur D 950
8. SYMPHONIEKONZERT
IMPRESSUM
Sächsische
Staatskapelle Dresden
Künstlerische Leitung/
Orchesterdirektion
Sächsische Staatskapelle Dresden
Chefdirigent Christian Thielemann
Spielzeit 2014 | 2015
H E R AU S G E B E R
Sächsische Staatstheater –
Semperoper Dresden
© März 2015
R E DA K T I O N
Dr. Torsten Blaich
Clara-Michal Steinau
G E S TA LT U N G U N D L AYO U T
schech.net
Strategie. Kommunikation. Design.
DRUCK
Juliane Stansch
Persönliche Referentin
von Christian Thielemann
Jan Nast
Orchesterdirektor
Tobias Niederschlag
Konzertdramaturg,
Künstlerische Planung
Dr. Torsten Blaich
Programmheftredaktion,
Konzerteinführungen
Matthias Claudi
PR und Marketing
Union Druckerei Dresden GmbH
Agnes Monreal
Assistentin des Orchesterdirektors
ANZEIGENVERTRIEB
Sarah Niebergall
Orchesterdisponentin
EVENT MODULE DRESDEN GmbH
Telefon: 0351/25 00 670
e-Mail: [email protected]
www.kulturwerbung-dresden.de
B I L D N AC H W E I S
SLUB Dresden / Mus. 2405-D-21 (S. 2, 21);
Christina Bleier (S. 6); Werner Rackwitz: Georg
Friedrich Händel. Eine Lebensbeschreibung
in Bildern, Leipzig 1986 (S. 10); Staatliche
Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie
Alte Meister, Foto: Elke Estel/Hans-Peter
Klut (S. 13, 24 Bild oben); Max Becker: Mozart.
Sein Leben und seine Zeit in Texten und Bildern, Frankfurt / Main 1991 (S. 14 Bild links);
Johann Ernst Mansfeld (S. 14 Bild rechts); Werner
Neumann: Bilddokumente zur Lebensgeschichte
Johann Sebastian Bachs, Leipzig 1979 (S. 18,
24 Widmungsschreiben); Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett / Foto:
Andreas Diesend (S. 19, 22); Gudrun de Maddalena (S. 26); Annette Friedel (S. 28); Matthias
Creutziger (S. 29); netzwerk projektziel (S. 30);
BrüderBuschArchiv im Max-Reger-Institut/
Ursula Richter (S. 38); BrüderBuschArchiv im
Max-Reger-Institut (S. 41).
T E X T N AC H W E I S
Die Texte von Prof. Dr. Karl Böhmer und
Dr. Jürgen Schaarwächter sind Originalbeiträge für die Publikationen der Sächsischen
Staats­k apelle Dresden.
46
Christian Thielemann
Chefdirigent
Matthias Gries
Orchesterinspizient
Agnes Thiel
Dieter Rettig
Notenbibliothek
20
15
16
Bach
Beethoven
Strauss
Copland
Mahler
Bruckner
Zimmermann
Schostakowitsch
Debussy
Henze
Kurtág
Mozart
Trojahn
Tschaikowsky
Ruzicka
Verdi
Altes bewahren und Neues wagen.
Jung und lebendig seit 1548.
Die Saison 2015/2016 der
Sächsischen Staatskapelle Dresden.
Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht
werden konnten, werden wegen nachträglicher
Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.
Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus
urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet.
W W W. S TA AT S K A P E L L E - D R E S D E N . D E
PA R T N E R D E R
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