Aus der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Universitätsspital Basel (Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. h.c. H.-F. Zeilhofer) Die Körperorientierte Sprachtherapie Fragen und Antworten MASTERARBEIT zur Erlangung des akademischen Grades Master of Advanced Studies (MAS) in Cranio Facial Kinetic Science vorgelegt der Medizinischen Fakultät der Universität Basel von Biliana Stoisin, Basel Matrikel Nummer 11-050-846 unter der Leitung von Prof. Dr.Dr. Hans-Florian Zeilhofer betreut von Beat Göpfert/Dr. J. Priller 07.02.2014 Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung ............................................................................................... 1 2. Theoretischer Hintergrund....................................................................... 2 2.1 Orofaziale Dysfunktionen............................................................... .. 2 2.2 Logopädie.........................................................................................3 2.3 k-o-s-t® ......................................................................................... ..6 2.4 Kommunikation in k-o-s-t® .............................................................. 9 2.5 Kieferorthopädie und orofaziale Dysfunktionen……………………. 10 3. Fragestellung/Zielsetzung…………………………………………………. 13 4. Material und Methode............................................................................ 14 4.1 Methode..........................................................................................14 4.2 Interview-Fragen ............................................................................ 14 5. Ergebnisse.............................................................................................16 6. Diskussion ............................................................................................ 41 7. Schlussfolgerungen .............................................................................. 46 8. Literaturverzeichnis............................................................................... 47 9. Lebenslauf ............................................................................................ 49 10. Danksagung ....................................................................................... 51 11. Anhang……………………………………………………………………... 52 11.1 Bibliographie Susanne Codoni 11.2 Erfahrungsbericht Selbstständigkeitserklärung 1. Einleitung Das System k-o-s-t® ist in der Zeit seit seiner Entstehung nie systematisch vorgestellt und beworben worden, weshalb die Personengruppe, welche nach diesem Konzept arbeitet, relativ klein ist. Es hat keine Vermarktung stattgefunden und das Wissen um diese Vorgehensweise ist deshalb nicht ausreichend bekannt geworden. Die Verbindung zwischen Logopädie und Körper ist nicht sofort erkennbar, weshalb auch bei den Fachleuten ein Mangel an Informationen betreffend des Verständnisses und der Indikationen besteht. Lediglich um den Bekanntheitsgrad des Konzeptes k-o-s-t® zu erhöhen, wurde in verschiedenen Publikationen (Anhang 11.1), auf zahnärztlichen und logopädischen Kongressen, bei Vorträgen und Workshops, in Berufsverbänden und als Zertifizierungskurs das Konzept vorgestellt. Zur Zeit wird das Konzept k-o-s-t® in mehreren Arbeiten des ersten Masterstudienganges Cranio Facial Kinetic Science aufgegriffen und thematisiert. Ein wichtiger Teil meiner kieferorthopädischen Tätigkeit bezieht sich auf die Prophylaxe von Zahn- und Kieferfehlstellungen. Dieses Anliegen ist den Kieferorthopäden und den Logopäden gemeinsam. Die Begründung dafür ist in der Abhängigkeit von Form und Funktion zu finden. Viele Abweichende Stellungen der Zähne und Kiefer haben ihren Ursprung in einer Dysfunktion der orofazialen Muskulatur und der Zunge. So entstand mein Wunsch die Zusammenhänge aus dem Konzept k-o-s-t® zu verstehen, um als Kieferorthopädin, bei vorhandener Indikation, die Therapie nach diesem Konzept empfehlen zu können. Damit kommen meine Patienten, welche sowohl kieferorthopädische als auch logopädische Probleme aufweisen, wie das im Fall eines Kindes mit einem seitlich offenen Biss und funktionellen Sprechstörungen sein kann, in den Nutzen einer ganzheitlichen Behandlungsweise. Ich kann dem Patienten das Konzept vorstellen und ihm die Therapie empfehlen. 1 2. Theoretischer Hintergrund 2.1 Orofaziale Dysfunktionen In der Literatur beschreibt Furtenbach (Furtenbach 2013), wie orofaziale Dysfunktionen, durch eine vermehrte Zusammenarbeit zwischen Logopäden und Kieferorthopäden, vorgebeugt werden können. Der Begriff wird definiert als Störungen der Muskelfunktion, des Muskeltonus und der physiologischen Bewegungsabläufe, wobei dafür auch die Begriffe „Myofunktionelle Störungen im orofazialen Bereich“, „Orale Dysfunktionen“, „Orofaziale Dyskinesien“ oder „Orofaziale Störungen“ benutzt werden. Eine wesentliche Ursache für diese Störungen ist in den Lutschhabits zu sehen. Das Verwenden von „Saugen“ und „Trinken“ als Synonyme ist falsch, weil es sich dabei um zwei unterschiedliche orale Funktionen handelt, welche in der Entwicklung aufeinander aufbauen. Gemäss WHO/UNICEF-Stillempfehlung wird das Stillen als Training für die Muskulatur, Anregung des Unterkieferwachstums und Entwicklung von Ober- und Unterkiefer empfohlen. Als exogene Störfaktoren für den Kindermund erwähnt Furtenbach den Schnuller oder Beruhigungssauger und den Ernährungssauger zum Trinken aus der Flasche. Die Autorin empfiehlt das Einsetzen des Schnullers ähnlich wie das Verabreichen eines Medikamentes: nach Indikation, Dosierung, Therapiedauer und nach Nebenwirkungen. Das Benutzen von Flasche und Ernährungssauger führt dazu, dass der Säugling trinkt und nicht saugt. Wenn das passiert, dann hat das Kind einen unphysiologischen Ernährungssauger oder eine Schluckfehlfunktion. Das Saugbedürfnis kann so nicht befriedigt werden und es wird nach anderen Formen der Befriedigung gesucht. Dabei können orale Habits entstehen. Das Lutschen am Schnuller dient der Beruhigung und ist aus myofunktioneller Sicht eine Parafunktion, welche das orale Muskelgleichgewicht stört. Ebenso verhält es sich auch mit dem habituellen Daumenlutschen, welches negative Auswirkungen auf das orofaziale System und die sprachliche Artikulation haben kann. Prolongiertes Flaschentrinken führt dazu, dass die Entwicklung vom viszeralen (infantilen) zum somatischen (reifen) Schluckmuster erschwert wird. Bei der Herstellung von Flaschensaugern, Beruhigungssaugern, Trinklerngefässen sowie Beiss-, Kau- und Zahnungshilfen fehlen die myofunktionellen Anforderungen 2 damit bei ihrem Einsatz das orofaziale Gleichgewicht nicht gestört wird. Die Prävention, Diagnostik und Therapie der primären oralen Funktionen Atmen, Saugen, Kauen, Schlucken und der sekundären Funktionen Phonation und Artikulation gehören zu den Aufgaben der myofunktionellen Therapie, welche Bestandteil der Logopädie ist. In diesem Kontext sei auch die grosse Rolle des Zungenbändchens erwähnt. Stark verkürzte Formen stellen ein oft unüberbrückbares Hindernis für eine ungestörte Zungenfunktion dar und bedürfen einer Durchtrennung, wie auch eines Trainings um die volle Funktionalität zu erreichen. In ähnlichem Umfang kann eine abweichende Form, wie das am Beispiel eines schmalen und hohen Gaumens zu erkennen ist, die Lautbildung verhindern und logopädische Probleme verursachen, weil der Zungenraum eingeengt ist. So bedarf es beides, Form und Funktion, um das Ergebnis einer kieferorthopädischen Behandlung nicht zu gefährden. Auch wenn offene Bisse oder Zahnstellungen mit Lücken funktionellen Ursprungs mittels aktiver kieferorthopädischer Behandlungen therapiert wurden, ist die Rezidivgefahr sehr gross, wenn die Muskel- und Zungenfunktion nicht umgestellt wurden. 2.2 Logopädie Die Sprachheilkunde oder auch Sprachheilwesen ist eine medizinisch-pädagogische Disziplin und beinhaltet somit zwei Teile: den medizinisch-phoniatrischen und den logopädisch-pädagogischen Teil welcher auch als Sprachheilpädagogik bezeichnet wird (Becker et al. 2000). Das Fach der Logopädie ist sehr komplex und umfasst sowohl Sprach-, Sprech-, Hör-, Stimm-, Schluck- oder Lernstörungen als auch Dyspraxien. Somit sind die Auffälligkeiten in der Sprache und der Kommunikation im Allgemeinen durch eine grosse Vielfalt im Erscheinungsbild und dem Schweregrad gekennzeichnet (Grohnfeldt 2009). Für die Ausübung dieser sehr komplexen Funktionen ist eine entsprechend grosse Anzahl von Strukturen verantwortlich. Muskeln, Nerven, zentrales Nervensystem, Hör- und Sehorgan spielen eine wesentliche Rolle. Ein ausgewiesenes Sprech- oder Sprachorgan gibt es nicht und für die Stimmgebung und das Sprechen ist über die 3 Rumpfmuskulatur der gesamte Körper wichtig (Wirth 2000). Der Autor definiert die Sprache als eine seelisch-geistige Leistung welche zusammen mit den Sprechwerkzeugen eine untrennbare Einheit bildet. Im Prozess der Entstehung Verständigung ursprünglich der menschlichen Gebärden, Sprache Gesten, spielten bei der Körperhaltungen, Körperbewegungen und das Mienenspiel eine wichtige Rolle. Wann und wie aus dem Aussenden und Empfangen von akustischen Signalen die heute verbale, menschliche Sprache entstanden ist, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Es wird vermutet, dass zunächst einsilbige Urwörter und danach lautmalerische Wortbildungen produziert wurden. Die Kindersprache dient heute als Modell für den Sprachwandel und die Entstehung der Sprache. Kennzeichnend für die menschliche Sprache ist, dass sie sowohl über Tatsachen informieren kann, als auch dass sie dazu verhilft, über den zwischenmenschlichen Kontakt Auskunft zu geben, diesen zu lenken und über diesen Kontakt zu informieren (Wirth 2000). Unter den kraniofazialen Fehlbildungen nehmen die Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, aus logopädischer Sichtweise, einen besonderen Stellenwert ein. Neben den kieferchirurgischen und kieferorthopädischen Massnahmen spielt auch die Logopädie eine tragende Rolle bei der Rehabilitation der betroffenen Patienten, wobei die Sprachstörungen, welche bei Spaltbildungen des Kiefers und Gaumens auftreten, therapiert werden. Patienten, welche Träger von Lippen- Kiefer- Gaumenspalten sind, weisen abhängig von der Grösse der Spaltfehlbildung hauptsächlich folgende Symptome auf: Störungen in der Nahrungsaufnahme, komplexe Sprachstörung (Palatolalie), Störungen des Stimmklanges Entwicklungshemmungen der (Palatophonie), Sprache, Störung der Beeinträchtigung Mimik, des zentrale Mittelohres, kompensatorische Rachenmandelhyperplasie, Nasenfehlbildungen, Beeinträchtigung der Persönlichkeitsentwicklung und des Kommunikationsverhaltens. Nach dem chirurgischen Verschluss der Lippenspalte und der Spalte des weichen Gaumens kann mit der logopädischen Übungsbehandlung gestartet werden. Folgende Hauptziele werden dabei verfolgt: Hörwahrnehmung und Atemführung schulen, Gaumensegel und Schlundmuskulatur aktivieren, Rückverlagerung der Zunge korrigieren, Sensibilität für Sprachbewegungen erwecken, Laute neu erlernen, Lippensensibilität und –kraft stärken, Kieferbeweglichkeit üben, Stimmlippen 4 entspannen (Wirth 2000). Weil Spaltpatienten oft Nichtanlagen in der Region der Schneidezähne aufweisen, haben sie auch Schwierigkeiten mit dem Erzeugen von Zischlauten, was oft die Ursache für das Lispeln sein kann. In der Folge werden einige Therapien vorgestellt, welche zur Zeit ergänzend in der logopädischen Praxis eingesetzt werden: 1. PROMPT® ist kinästhetisches ein ganzheitliches Behandlungssystem dynamisches vorgesehen sensomotorisch-taktilals Hilfe für die Organisation, Planung und Ausführung von phonetischen und phonemischen Elementen der Sprechproduktion, der Entwicklung oder dem Wiedererlangen von Sprache mit funktionalen Interaktionsinhalten, im Gegensatz zu den konventionellen Behandlungsmethoden, welche vorwiegend auf einen auditiven und visuellen Input angewiesen sind (Skript MAS CFKSc 20112013). 2. Das Castillo-Morales Konzept oder die Orofaziale Regulationstherapie betont die Untrennbarkeit von Körper und orofazialem Komplex. Die Methode wendet manuelle Techniken wie Berühren, Vibration, Streichen, Druck und Zug an um auf den Muskeltonus und die Bewegungsmöglichkeiten der Patienten einen positiven Einfluss zu nehmen (Brockmöller et al. 2012). 3. Assoziationsmethode nach McGinnis mod. Meir ist als ein systematisches Training von Aufmerksamkeit, Gedächtnis und der Fähigkeit des willkürlichen Abrufs zu verstehen, welches der umfassenden, optimalen und gesteuerten Verknüpfung sämtlicher am Sprechvorgang beteiligten Wahrnehmungen dient (Gebhard et al. 1992). 4. „Das 5 Phasen Modell der myofunktionellen Therapie“ nach Ulrike Hörstel ist eine Therapieform, welche sich an Patienten mit myofunktionellen Störungen im orofazialen Bereich richtet. In den 5 Phasen wird ein funktional-reguläres Bewegungsmuster für die orale Phase des Schluckaktes erlernt (Skript MAS CFKSc 2011-2013). 5. Die Methode der Propriozeptiven Neuromuskulären Fazilitation hat als Ziel das Wiedererlernen und Neuintegrieren von Funktionen und Bewegungsabläufen auf Funktions-, Aktivitäts- und Partizipationsebene. Basierend auf die taktile 5 und propriozeptive Rückenmark, Wahrnehmung und die zentrales Nervensystem und Kommunikation zwischen die Muskulatur werden Bewegungen angebahnt und erleichtert (Reichel 2002) 6. Neurofeedback Methode bezeichnet einen Lernprozess bei welchem ein bestimmtes Verhalten mittels eines Feedbackloops verstärkt wird. Die Rückmeldung erfolgt simultan und mehrere 1000 mal pro Sitzung, sie ist wertfrei, da sie über einen Computer erfolgt und der Computer detektiert Hirnmuster, welche der Umgebung verborgen bleiben. Neurofeedback ist das Feedback von Gehirnaktivität gemessen im Elektroenzephalogramm und gilt als Voraussetzung für das Lernen, welches lebenslang über die Neuroplastizität des Gehirns möglich ist (Haus et al. 2013). 7. Hörwahrnehmungstraining „AUDIVA“ schult das Gehör und die Wahrnehmung durch eine besondere Darbietung von harmonischer Musik (AUDIVA 2014). 2.3 k-o-s-t® In der logopädischen Prävention, Diagnostik und Therapie wird oft dem gesamten Körper wenig Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl die Muskelketten, welche am Schädel und am Unterkiefer ansetzen und die Funktion sichern, die Verbindung zum Rumpf und damit zum gesamten Körper herstellen. Diesen gesamtkörperlichen Gedanken fängt das Konzept der Körperorientierten Sprachtherapie k-o-s-t® auf und begründet damit seine am Körper orientierte Vorgehensweise. Die französische Übersetzung „Service d'un orthophoniste utilisant l' orthophonie corporelle (orthophonie integrant le corps)“ beschreibt sogar genauer was den Kern des Konzeptes ausmacht: den gesamten Körper in die Therapie integrieren, einbeziehen, einschliessen. Der Gedanke, sich den gesamten Körper zu Hilfe zu nehmen liegt aus dieser Perspektive dann auch sehr nah. Vor über 10 Jahren wurde dies die Geburtsstunde für das Konzept k-o-s-t®. Als Basistherapie erfüllt k-o-s-t® eine Scharnierfunktion zwischen Schulmedizin, Komplementärmedizin und pädagogisch- therapeutischen Massnahmen. Damit wird eine funktionelle Ausgangslage geschaffen um, darauf aufbauend, bei Menschen mit Sprach-, Sprech- und Mehrfachbehinderungen, die Sprache und das Sprechen zu 6 fördern. Dabei wird laut Codoni (Bahr et al. 2006) der Fokus auf folgende Elemente gerichtet: - Verbessertes körperliches Wohlbefinden - Körperaufrichtung - Körperliche Durchlässigkeit - Ausgeglichener Körpertonus - Ästhetik bei Hypersalivation - Lockerer Mundschluss - Antlitzgerichtetheit - Heitere Kommunikationsbereitschaft - Umwandlung von negativem Stress (=erhebliches Störungsbewusstsein) in positiven Stress (= „umgehen“ mit der Störung) - Herstellen von funktionellen Grundlagen Die Grundlagen für die Sprach- und Sprechentwicklung bilden biologische und neurophysiologische Prozesse und für die logopädische Diagnostik die Kenntnis der sensomotorischen Entwicklungsfolge. So wird in der modernen logopädischen Praxis die sprachliche Leistung im Verhältnis zu der gesamten körperlichen Funktion beurteilt. Bei Kindern mit Sprachstörungen wird oft beobachtet, dass sie auch eine abweichende Körperhaltung mit schlaffem Gesichtsausdruck, hängenden Schultern und verändertem Gangbild aufweisen. Dabei ist die offene Mundhaltung mit nach distal verlagertem Unterkiefer und abgesunkenem Komplex Zunge und Zungenbein ein oft anzutreffender Befund. Die Folge davon ist, dass Sprache- und Lautbildung verkümmern. Um eine erfolgreiche Behandlung zu ermöglichen, ist es notwendig die Ursachen für diese Funktionsstörungen zu erkennen und den gesamten Körper in die Behandlung miteinzubeziehen. Das Modell von Codoni basiert auf der Arbeit von Brodie (Brodie 1952), welche durch Castillo Morales/Brondo (Brockmöller et al. 2012) erweitert wurde und durch Codoni modifiziert wurde. Es stellt die Zusammenhänge zwischen Form und Funktion bezogen auf den gesamten Körper dar. Das erklärt, wieso Zahnfehlstellungen oder Beckenschiefstände die gesamte Funktion des 7 menschlichen Körpers beeinflussen können oder wieso Kinder mit Sprachstörungen auch Auffälligkeiten in der Körperhaltung und im Bewegungsmuster aufweisen. k-o-s-t® bildet die Basis, auf der verschiedene Fachrichtungen, moderiert durch den Logopäden, und unter der Mitarbeit des Patienten und seines Umfeldes, ein gemeinsames Therapieziel verfolgen. Diese Vorgehensweise gilt insbesondere in den Fällen, in welchen die Sprachstörungen durch eine fehlerhafte Körperhaltung begleitet werden und eine Körperstabilisierung und/oder -aufrichtung verfolgt werden. Die Erkenntnisse aus der ganzheitlichen Diagnostik führen zu einem umfassenden Patientenbild worauf das Behandlungskonzept aufgebaut wird. Dieses beinhaltet sowohl schulmedizinische als auch komplementärmedizinische Aspekte und die Therapie ist nicht defizit- sondern ressourcenorientiert. Dabei ist die Kommunikation sehr wichtig, sowohl in der Patient-Therapeut Beziehung, als auch unter den verschiedenen Fachdisziplinen. Der Patient wird in seiner Entwicklung beobachtet was dazu führt, dass der Aufbauplan laufend verändert und angepasst wird. Die manuelle Arbeit findet von Fuss zu Kopf statt und damit werden die Selbstheilungskräfte, welche zu einer Tonusregulierung führen, aktiviert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass k-o-s-t® als Basistherapie auch ausserhalb der Sprachtherapie eingesetzt werden kann um Behandlungen zu optimieren und zu verkürzen. 8 2.4 Kommunikation im Konzept k-o-s-t® Sowohl der Inhalt als auch die Gestaltung der Gespräche werden sowohl vom Patienten wie auch vom Arzt oder Therapeut kontrolliert, die Rolle der Gesprächsführung wird von beiden übernommen, sie wechseln sich darin ab. Es existieren diverse Modelle der Kommunikation. Der „Kommunikation im medizinischen Alltag. Ein Leitfaden für die Praxis“, herausgegeben von der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften, sind zwei häufige zu entnehmen. Sie werden im folgenden Abschnitt vorgestellt. Modelle der Kommunikation: 1. Modell: Kommunikation als Prozess bei dem die Beteiligten Material in Form von verbalen und nonverbalen Botschaften, wie bei einem Tennismatch Filzbälle, hin und her vermitteln. Schulz von Thun erklärt wieso jede Nachricht vier Ebenen hat (Schulz von Thun 1981). Dabei geht es um die Selbstkundgabe, den Beziehungshinweis, den Appell und den Sachinhalt. Die Teilnehmer am Gespräch wählen ihre eigene Ebene, welche mit der des Gegenübers nicht übereinstimmen muss, was zu Problemen führen kann. Bei einem Gespräch wird auf der Ebene der Selbstkundgabe das offenbart, was der Redner über sich selbst mitteilt, der Beziehungshinweis erklärt was er von seinem Gegenüber hält und in welcher Beziehung er zu diesem steht und der Appell verrät wozu eine Person die andere bewegen will. Von dem österreichischen Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick stammt die berühmte Aussage, dass es nicht möglich ist nicht zu kommunizieren (Watzlawick et al. 2011). Zu diesem ersten Axiom gehören auch noch 4 andere dazu, wobei der letzte für das medizinische Gespräch von Bedeutung ist. Da heisst es, auf die Machtverhältnisse während des Gespräches hindeutend, dass die Kommunikation symmetrisch oder komplementär ist. Im medizinischen Gespräch kann es oft vorkommen, dass diese Verhältnisse sowohl grosse Unterschiede aufweisen als auch, dass sie vom Kontext des Gespräches abhängig sind und sich damit auch ändern können. 2. Modell: Kommunikation als Prozess bei welchem die Beteiligten in einer Interaktion eingebunden sind, welche zur Bildung einer Atmosphäre führt, bei der die eingebrachten Anteile der einzelnen nicht klar auseinander zu halten sind. Dieser 9 Prozess wird oft mit den Begriffen Beziehung und Gesprächsklima beschrieben, wobei diese Theorien eher unbekannt sind. Die Kommunikation zeigt sich in dem Konzept k-o-s-t® von zwei Seiten. Erstens stellt sie im weitesten Sinne das Objekt der Therapie dar. Gleichzeitig ist ebenfalls die Kommunikation als Therapieinstrument zu sehen weil sie als eine der vier Säulen des Konzeptes eine wichtige Rolle spielt. 2.5 Kieferorthopädie und orofaziale Dysfunktionen Die Arbeit des kieferorthopädisch tätigen Zahnarztes erstreckt sich von geringen Abweichungen der Zahnstellung bis hin zu schwersten angeborenen oder erworbenen Anomalien der Zähne und der Kiefer. Das ist einer der Gründe, weshalb die Patienten unterschiedlichen Alters sein können: Kinder im Vorschulalter bei denen es um das Ablegen eines Habits geht und Patienten jenseits des 40. Lebensjahres, bei welchen präprothetische Änderungen der Zahnstellung durchgeführt werden sollen, um nur einige Beispiele zu nennen. In vielen Fällen gehen der kieferorthopädischen Behandlung andere medizinischtherapeutische Massnahmen voraus, begleiten diese oder werden im Anschluss durchgeführt. Das stellt den Beweis für die Notwendigkeit einer verlässlichen interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Fachrichtungen 10 dar. Je nach Situation sind Zahnarzt, Dentalhygienikerin, Kinderarzt, Hals-NasenOhrenarzt, Augenarzt, Therapeuten für myofunktionelles Training, k-o-s-t® und Physiotherapeuten, Logopäden, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen Partner in der Betreuung. Prophylaktische Massnahmen oder Frühbehandlungen sichern oft einen grossen Teil des Behandlungserfolges. Sie eröffnen die Möglichkeit, dass sich nach dem Abstellen von Habits das funktionelle Gleichgewicht wieder einstellt. Kreuzbisse, progene Verzahnungen oder vergrösserte sagittale Stufen können die Funktion negativ beeinflussen. Werden diese in einer frühen Phase der Gebissentwicklung behoben, so kann sich das Wachstumspotenzial richtig entfalten. Die Kategorie der funktionskieferorthopädischen Geräte vom Typ Funktionsregler oder Bionator tragen dazu bei, den Ausbau der funktionellen Matrix zu fördern. Die kieferorthopädischen Patienten weisen nicht nur Abweichungen in der Zahn- und Kieferstellung auf, sondern bringen häufig auch orofaziale Dysfunktionen mit sich. Bei der Befunderhebung wird der Beurteilung von Schluckakt, Sprechen und Atmung grosse Aufmerksamkeit gewidmet. Dabei wird auf die Zunge und die Lippen geachtet. Beim infantilen oder viszeralen Schluckakt liegt die Zunge zwischen den Zahnreihen und ist beim Kleinkind physiologisch. Mit fortschreitendem Alter sollte sich das somatische Schluckmuster mit Zahnkontakt etablieren, wobei die Zunge leicht an den Gaumen liegt. Das Persistieren des infantilen Schluckmusters gilt als Dysfunktion und kann Fehlstellungen der Zähne und der Kiefer hervorrufen. Um dem vorzubeugen oder auch um schon bestehende Abweichungen zu therapieren, werden myofunktionelle Übungen empfohlen. Bei der Inspektion der Lippen wird auf den kompetenten oder inkompetenten Lippenschluss geachtet. Kompetente Lippen berühren sich im entspannten Zustand und inkompetente kommen ohne Muskelkontraktion nicht in Berührung. Zahnfehlstellungen können die Ursache für den inkompetenten Lippenschluss sein oder sie können diesen unterhalten. Nach der Korrektur der Zahnstellung besteht die Möglichkeit, dass sich diese potentiell kompetenten Lippen schliessen (Sander et al. 2011). Definiert werden die orofazialen Dyskinesien als Fehlfunktionen der stomatognaten Muskulatur, welchen unwillkürlich ablaufende Reflexmuster zugrunde liegen. Unterteilt werden die Dyskinesien in primäre oder verursachende und sekundäre oder adaptive. Primäre Dysfunktionen können eine Gebissanomalie verursachen und die Therapie besteht in der Behandlung der Dysfunktion. Sekundäre Dysfunktionen 11 werden als Anpassungen an eine bestehende dentale oder skelettale Anomalie angesehen. Nach dem Beseitigen der Fehlstellung ist oft eine Normalisierung der Funktion zu beobachten. Exemplarisch für die Rolle der Dysfunktionen bei der Entstehung und der Unterhaltung von Zahn- und Kieferfehlstellungen ist der Distalbiss mit Protrusion der oberen Schneidezähne und begleitendem inkompetenten Lippenschluss, offener Mundhaltung, Mentalisverspannung und häufig auch mit einem Lutschhabit. Eine dauerhafte Formveränderung wird nur erwartet, wenn auch die Normalisierung der Funktion stattfindet (Einwag et al. 2008) Die oralen Dysfunktionen lassen sich auch unterteilen in: - Lutschen am Daumen, an Gegenständen oder an Lippen - autoaggressive Fehlfunktionen vom Typ Bruxismus, Lippenbeissen, Nägelkauen - Zungendysfunktionen mit Zungenpressen und dem infantilen Schluckmuster. Die Ziele der Prävention von Zahn- und Kieferfehlstellungen durch exogene Faktoren sind folgende: - Lippenschluss und Vermeidung der offenen Mundhaltung - Vermeidung der Fehlhaltungen und Fehlspannungen in der Kaumuskulatur, in der Zunge und in den Wangen - Einhalten der Nasenatmung - Vermeidung jeder Behinderung und Einlagerung der Zunge - Abstellen von Lutschgewohnheiten. Parafunktionen, wie das im Falle der Einlagerung der Unterlippe bei vergrösserter sagittaler Stufe zu beobachten ist, welche sich sekundär aus einem Lutschhabit entwickeln, gelten als viel gefährlicher für die Funktion als das primäre Habit selbst (Booy et al. 1988). Unter dem Aspekt der Interaktion zwischen Zunge und Zahn- und Kieferfehlstellung, soll in diesem Kontext noch erwähnt werden, dass der Ruhelage der Zunge eine wichtige Rolle in der Entwicklung und dem Wachstum des orofazialen Systems zukommt. 12 3. Fragestellung/Zielsetzung Ein anhand von auserwählten Fragen geführtes Interview mit der Begründerin von k-o-s-t®, Frau Susanne Codoni, macht es möglich die Vorstellung des Konzeptes so durchzuführen, dass es für die interessierten Fachleute verständlich ist. k-o-s-t® wird erklärt und durch die gewonnene Transparenz ist es in der Folge den Fachleuten möglich das Konzept den Patienten zu empfehlen und eine optimierte Behandlung anzubieten. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, eine zusammenfassende Erklärung für die interessierte, interdisziplinär orientierte Personengruppe und den Teilnehmern am Masterstudiengang in kompakter Form als Grundkonzept vorzustellen. 13 4. Material und Methode Die in der Folge vorgestellte Methode wurde gewählt um in einem beschränkten Zeitund Ressourcenrahmen die Vorstellung des Konzeptes k-o-s-t® zu ermöglichen. In dem Bewusstsein, dass diese Methode vielleicht nicht das optimale Mittel für die Präsentation ist, wurde die räumliche Nähe und die Chance eines direkten Gespräches zwischen Frau Codoni und der Studierenden genutzt um das nachfolgende Informationsmaterial zu verfassen. 4.1 Methode Die vorliegende Arbeit gestaltet sich in Form eines Interviews. Anhand der Methode von 20 am häufigsten gestellten Fragen werden diese, der Relevanz nach, ausgesucht. Bei der Formulierung der Fragen tragen sowohl Frau Susanne Codoni, die Begründerin des Konzeptes, als auch die unterzeichnende Studentin bei. Der Studierenden ist es wichtig, die Hintergründe, im speziell die medizinischen, zu verstehen. Motivation für Frau Codoni ist es, die ihr am wichtigsten erscheinenden Grundprinzipien zu vermitteln. Beide Beteiligten haben die Gelegenheit sich auf die Beantwortung der Fragen vorzubereiten und die Diskussion findet anschliessend in vier gemeinsamen Sitzungen statt. Die erarbeiteten Antworten werden durch die Studierende protokolliert und danach ausgearbeitet. Im Anschluss erfolgt das Gegenlesen und die letzte Korrektur durch Frau Codoni im gemeinsamen Gespräch. 4.2 Interview: Fragen 1. Wie ist k-o-s-t® entstanden? 2. Was ist k-o-s-t® und auf welche Basisbausteine ist das System aufgebaut? 3. An wen richtet sich k-o-s-t®? 4. Worauf beruht der Gedanke, den gesamten Körper miteinzubeziehen? 5. Die Beobachtung ist eine der tragenden Säulen. Was wird beobachtet, weshalb und wie beobachten Sie und welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus? 6. Ich habe verstanden, dass die Beobachtung einen hohen Stellenwert hat – haben Sie dafür ein Raster? 7. Welches ist das Ziel dieser genauen Beobachtung? 14 8. Auch die weiterführende Diagnostik stellt einen Basisbaustein, eine tragende Säule dar. Welche Verfahren halten Sie für relevant? 9. Welchen Stellenwert hat die Region Atlas - Axis in der weiterführenden Diagnostik? 10. Nach welchen Kriterien formulieren Sie Ihre Ziele und welches sind die Ziele der Kommunikation? 11. Was bedeutet für Sie „gelingende Kommunikation“? Wie definieren Sie den Erfolg in der Kommunikation? 12. Die Stimulationen werden als tragende Säule bezeichnet. Welches sind die Hintergründe dafür? 13. Wie setzen Sie Lernstrategien ein um neue Bewegungsabfolgen anzubahnen, aufzubauen und zu automatisieren? 14. Welche Hilfsmittel macht sich k-o-s-t® zunutze und wofür? 15. Bei welchen Indikationen wird k-o-s-t® verordnet? 16. Ist eine Verschreibung anhand eines Rezeptes möglich? Welche Informationen haben Sie betreffend der Bezahlung? 17. Gibt es Unterschiede in der Behandlung von Kindern und Erwachsenen? 18. Welche Rolle spielt bei k-o-s-t® die Ernährung? 19. Was bedeutet das hochgesetzte „R“ in der Bezeichnung k-o-s-t®? 20. Was macht den Unterschied aus zwischen k-o-s-t® Therapeut und Absolvent des Masterstudienganges in Cranio Facial Kinetic Science? 15 5. Ergebnisse Die vorgesehene Präsentation des Konzeptes k-o-s-t® unter der Form eines Interviews hat stattgefunden. Folgende Fragen wurden beantwortet: Frage 1: Wie ist k-o-s-t® entstanden? k-o-s-t® ist ein aus der logopädischen Praxis entstandenes Konzept. Viele Jahre der Erfahrung als Logopädin von Frau Susanne Codoni, basierend auf den Grundlagen der Ausbildungen zur Lehrerin, Gehörlosenlehrerin, Logopädin, Craniosacraltherapeutin und Trainerin Neurolinguistisches Programmieren, münden in den Prinzipien welche dieses Konzept kennzeichnen. Die intensive Beschäftigung mit Kindern mit Kommunikationsschwierigkeiten, ihre genaue Beobachtung und die Wahrnehmung der Interaktionen, welche in deren sozialem Umfeld entstehen, haben dazu beigetragen die Möglichkeiten und Grenzen der logopädischen Therapie kritisch zu betrachten. Das Fach der Logopädie umfasst Prävention, Erkennen, Diagnose (Abweichungen von der Norm werden festgehalten und Defizite beschrieben) und Therapie von Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen. Es schafft Voraussetzungen um Barrieren in der Kommunikation mit anderen zu überwinden und um die Ausdrucksfähigkeit weiterentwickeln zu können. Sowohl Kindern als auch Erwachsenen wird diese Therapie zur Verfügung gestellt. Die Erfahrung zeigte, dass die Rezidivquote, vor allem bei den am häufigsten auftretenden Störungen (Dyslalien), oft auch nach jahrelanger Behandlung, zu hoch war. Dies führte dazu, dass, sowohl Patienten, deren Angehörige als auch Therapeuten unzufrieden waren. So kam es dazu, dass nach weiteren Angeboten Ausschau gehalten wurde um so das Spektrum zu erweitern. Das Einbeziehen von Elementen aus der pädagogischen Kinesiologie und der Craniosacraltherapie war ein erster Schritt zum gesamtkörperlichen Ansatz von k-o-s-t®. Gleichzeitig wechselte der Fokus von den Defiziten, die zu den Störungen führten weg und bewegte sich hin zu dem Potenzial und den Möglichkeiten, welche der Patient 16 aufweist. Die Rolle des sozialen Umfeldes, der Eltern und Angehörigen wurde aktiv, das Einbinden in die Therapie wurde bewusst gefördert. Der Weg von einer vorrangig lokalen, symptomorientierten, zu einer ganzheitlichen Sichtweise des Problems ist damit eröffnet. Aus den Beobachtungen, der mutigen und unermüdlichen Suche nach neuen Lösungen und aus den damit gesammelten Erfahrungen entstand ein neues Konzept in der Betrachtung, dem Verständnis und den Therapieansätzen in der Logopädie. Diese neuen Erkenntnisse zeigen, dass der engen strukturellen und funktionellen Nachbarschaft im orofazialen Bereich auch in der Therapie Rechnung getragen werden muss. Einbezogen werden Fachpersonen aus den Bereichen Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Zahnmedizin, Orthopädie, Physiotherapie, Ethik, Sonderpädagogik, Osteopathie, welche die Basis für die interdisziplinäre, fachübergreifende Arbeit bilden. Damit entsteht ein starkes Team in dessen Zentrum sich der Patient mit all seinen Facetten befindet und dem sowohl das Wissen der Schulmedizin als auch alternative Behandlungsmethoden zur Verfügung gestellt werden. Frage 2: Was ist k-o-s-t® und auf welche Basisbausteine ist das System aufgebaut? k-o-s-t® ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses welches aus der Praxis heraus und für die Praxis entstanden und bestimmt ist. Die körperorientierte Sprachtherapie k-o-s-t® ist ein praxisorientiertes Konzept bestehend aus einer Reihe von Massnahmen, welche den fachspezifischen Therapien vorgeschaltet sind und den Patienten in die Lage versetzen, für diese vorbereitet zu sein. Weil dieses Konzept seinen Ursprung in der Logopädie hat, ist das Hauptziel der stetige Versuch neu erworbene sprachliche Muster in der korrekten Funktion zu automatisieren und Rezidive zu vermeiden, beziehungsweise deren Anzahl so gering wie möglich zu halten. Die Basis jeglichen Handelns mit k-o-s-t® bilden die humanistischen Werte. Darin verankert sind die vier unabdingbaren Säulen welche das Handeln bestimmen: 17 - Beobachtung - Weiterführende Diagnostik - Kommunikation - Manuelle Arbeit k-o-s-t® ist ein ganzheitliches Konzept, welches über die Kommunikation die Schulmedizin und die bewährten komplementärmedizinischen Verfahren mit der manuellen Arbeit mittels Stimulationen verbindet. Es orientiert sich an die Ressourcen des Patienten und berücksichtigt seinen individuellen Entwicklungszustand. Das konsequente Einbeziehen des Patienten mit dessen Umfeld erweitert die Therapiemöglichkeiten und hilft bei der Zielerreichung. Bei Kindern werden auch die Eltern aktiv und übernehmen einen Teil der Arbeit, welche in der Zeit zwischen den Sitzungen täglich zuhause stattfindet. Die Rolle des Therapeuten verändert sich: er wird zum Moderator des therapeutischen Prozesses und gleichzeitig zum Begleiter auf Zeit zu einem definierten Ziel. Ein respektvoller Umgang dem Patienten und seinem sozialen Umfeld gegenüber und die Selbstreflexion des Therapeuten sind neben der gleichzeitigen Arbeit in mehreren Säulen Merkmale der k-o-s-t® Konzeptes (Skript MAS CFKSc 2011-2013). Die Richtzeit für die Dauer von k-o-s-t® als Basistherapie beträgt 10-12 Wochen, wobei individuelle Variationen möglich sind. Die Sitzungen finden in unterschiedlichen Abständen statt, abhängig von dem gesteckten Ziel. Als gleichberechtigte Partner beteiligen sich der Patient, seine Angehörigen und der k-o-s-t® Therapeut an der Arbeit und bemühen sich um die individuelle Förderung der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität in einem definierten Bereich. Dadurch eröffnen sich auch den Eltern Möglichkeiten ihr Kind unter einem anderen Aspekt kennenzulernen und zu erleben. Der Therapieplan passt sich den Veränderungen, welche der Patient durchläuft an. Die auf Grund dieses Konzeptes neu geschaffenen Synergien ermöglichen sowohl das Verständnis für die Störungsbilder, das Wecken der Patientenressourcen als auch den Einbezug der Angehörigen in die Therapie. Mit steigendem Verständnis für die individuelle Problematik erhöht sich auch die Compliance des Patienten und die seines Umfeldes, womit die Erfolgsaussichten steigen. 18 k-o-s-t® widmet sich als holistisches Konzept dem Patienten und seinem Umfeld. Es bereitet ihn aufgrund interdisziplinärer Zusammenarbeit für weitere Therapiemassnahmen vor. Frage 3: An wen richtet sich k-o-s-t®? Das Konzept k-o-s-t® findet in der Logopädie Anwendung einerseits bei Patienten mit funktionellen Störungen im Bereich des kraniofazialen Systems, vor allem mit Sprechstörungen, andererseits auch bei sprachlichen Störungen mit funktioneller Beteiligung. Die Begründerin definiert die Anwendbarkeit von k-o-s-t® als „Basis jeglichen therapeutischen Handelns“ und öffnet damit die Türen für weitere Fachdisziplinen. Die Betroffenen werden mittels k-o-s-t® auf die spezifischen Therapien vorbereitet. Der Patient wird ganzheitlich betrachtet im Hinblick auf den funktionellen Ablauf seiner Bewegungen und die Ressourcen des Patienten werden herausgearbeitet. Aus diagnostischer Sicht werden Abklärungen durchgeführt um daraus die richtigen Therapieansätze entstehen zu lassen. Diese werden zusammen mit dem Patienten und dessen Angehörigen als klare kurz- und langfristige Ziele vereinbart. Dazu kommen die Stimuli welche die körperlichen Voraussetzungen für die darauf aufbauenden Therapien fördern. Die manuelle Arbeit ermöglicht es, die energieraubenden Verspannungen zu reduzieren um anderweitig die für aufwendige funktionelle Abläufe notwendigen neuromuskulären Bahnen freizugeben. Ein nichtergonomischer Gang bündelt Energien, welche den komplizierten Vorgängen, die bei der Lautbildung notwendig sind, im einzelnen Fall fehlen können. So entsteht eine vielfältige Liste von Befunden bei welchen die Therapieansätze auf der Basis von k-o-s-t® beruhen: - Sprach-, Sprech-, Stimmstörungen - Abweichende Schluckmuster und Zungenfehlfunktionen - Orale und periorale Habits und Dyskinesien - Insuffiziente Muskelfunktion im oralen und perioralen Bereich mit inkompetentem Lippenschluss - Basis für das 5- Phasen Modell der myofunktionellen Therapie 19 - Funktionsstörungen des Gebisssystems (Schopf 2000) - Patienten bei denen nach umfangreichen chirurgischen Eingriffen das funktionelle Muster den neuen Strukturen angepasst werden soll ( Tumor- und Unfallpatienten ) - Patienten mit kraniofazialen Fehlbildungen bei welchen die vitalen Funktionen nur eingeschränkt möglich sind - Patienten mit Syndromen - Patienten mit Lernschwierigkeiten. Betreffend des Alters ist die Spanne sehr breit, vom Neugeborenen bis zu dem Erwachsenen, auch im späten Lebensalter. Die Umstellung der Funktion setzt Lernprozesse im sensomotorischen Bereich voraus (Bertram et al. 2008) und die Forschung hat gezeigt, dass das Erlernen von neuen Bewegungsabläufen in jedem Alter möglich ist. Die Therapiekosten sind bei k-o-s-t® sehr gering. Das führt dazu, dass dieses Konzept für viele zugänglich ist und erklärt wieso auch in ärmeren Ländern die körperorientierte Sprachtherapie, in Verbindung mit funktioneller Therapie, eingeführt werden kann. Die Therapiesitzungen können in längeren Zeitabständen stattfinden weil der Körper Zeit benötigt um ein neues Muster zu automatisieren. Auch in den Fällen, in welchen die Patienten örtlich weiter entfernt von dem Therapeuten sich befinden gilt das als ein Vorteil der k-o-s-t® Therapie. Frage 4: Worauf beruht der Gedanke, den gesamten Körper miteinzubeziehen? Auf den Gedanken, dass das Gesamte mehr ist als nur die Gesamtheit seiner Einzelteile, auf jahrelangen genauen Beobachtungen von begleitenden körperlichen Abweichungen bei Personen mit Schwierigkeiten der Sprache, des Sprechens, der Kommunikation, auf der gegenseitigen Bedingtheit von Form und Funktion, auf die Kenntnis anatomischer Strukturen und physiologischer Funktionen, auf die unstabilen Verhältnisse und die Rückfälle nach Therapien bei welchen nur lokale Veränderungen verfolgt wurden, aus den Erfahrungen anderer so genannter ganzheitlicher Therapieformen, auf Modellen wie Tensegrity (Meert 2006), welche die 20 Abhängigkeiten und Bedingtheiten innerhalb eines Systems erklären, auf das Wissen um die psychologischen Einflussmöglichkeiten, auf Erfahrungen basierend auf die Arbeit mit Kindern mit verschiedenen Sinnesbeeinträchtigungen. Die anatomischen Strukturen verbinden die, aus didaktischen Gründen und der besseren Übersicht wegen, getrennten Körperabschnitte. Die Funktion macht auch nicht Halt vor diesen Grenzen. Die myofaszialen Ketten können wahrscheinlich am besten zeigen, dass der Mensch vom Kopf und bis zu den Füssen als Einheit funktioniert (Myers 2010). Es sind auch die Gesetze der Physik und Biomechanik, welche zeigen, dass die Stellung des Kopfes einen wesentlichen Einfluss auf die Haltung hat. Ebenfalls kann der Kopf, durch seine Position am so genannten kranialen Ende der Wirbelsäule, in seiner Stellung nicht mehr durch andere Strukturen ausgeglichen werden, wodurch in dieser Region viele Kompensationsmechanismen entstehen und damit funktionelle Störungen hervorgerufen werden können. Wie eng die sensomotorischen Einheiten, die für die gesamte Statik und Dynamik des Körpers Verantwortung tragen, auch mit der Kognition verbunden sind wird anhand der frühkindlichen Reflexe deutlich. Die Integration dieser Reflexe ist erforderlich um eine altersgerechte Entwicklung des Kindes möglich zu machen und ist als Zeichen von auf Lernprozesse basierende zentralnervöse Reifung zu werten (Bertram et al. 2008). Es sind aber auch Ergebnisse von Beobachtungen und langjährige Erfahrungen welche zeigen, wie Defizite in einem Bereich Veränderungen in einem anderen verursachen. Kinder welche eine eingeschränkte Sehfähigkeit oder Gehörprobleme haben, zeigen eine andere Haltung und ein anderes Verhalten im Vergleich zu anderen, welche dadurch nicht belastet sind. Fettleibigkeit und damit Ernährung darf als Faktor für fehlerhafte Körperlhaltungen, inklusive fehlerhafter Kopfhaltung, nicht ausser Acht gelassen werden. Die Halswirbelsäule als Verbindungselement zwischen Rumpf und Kopf wird Belastungen ausgesetzt, welche muskuläre Reaktionen hervorrufen. Abweichungen der Zahn- und Kieferstellungen sind als Faktoren für kraniomandibuläre Dysfunktionen und damit auch für oft schmerzhafte orthopädische Krankheitsbilder verantwortlich (Ridder 2014). Die gleichen Strukturen, welche die 21 Kaufunktion ermöglichen sind auch für die sprachliche Artikulation massgebend. Atmung und Sprechen finden einen gemeinsamen Nenner über die Brustwirbelsäule, die Atemmuskulatur und das Diaphragma, psychische Dysharmonien spiegeln sich in veränderter Körperhaltung wieder und können Stimme und Redefluss beeinträchtigen. Frage 5: Die Beobachtung ist eine der tragenden Säulen. Was wird beobachtet, weshalb und wie beobachten Sie und welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus? Beobachtet werden der Patient, die Begleitperson und das Verhältnis, welches zwischen diesen Personen besteht. Damit wird das Erfassen von möglichst vielen Informationen beabsichtigt, welche als Grundlage für weitere Massnahmen dienen. Es ist der ganzheitliche Ansatz, welcher als Leitfaden für diese Vorgehensweise dient. Die Bezeichnung „Beobachtung“‘ suggeriert eine rein visuelle Wahrnehmung. Primär findet diese auch statt und bedeutet das Erfassen aller patientenbeeinträchtigender Faktoren betreffend der Haltung, der orofazialen Dysfunktionen und der logopädischen Defizite. Dazu kommt jedoch auch, aus Sicht des Therapeuten, wie die Kontaktaufnahme stattfindet und ob Einigkeit besteht zwischen dem wie der Patient, die Begleitperson und der Therapeut das Leiden des Patienten einschätzen. Dafür werden auch die anderen sinnesspezifischen Kommunikationsmöglichkeiten genutzt, wobei die Aufgabe darin besteht herauszufinden, welcher dieser Kanäle vom Patienten vorrangig eingesetzt wird. Das ist die Basis um eine gemeinsame Sprache mit dem Patienten zu finden. Die Erscheinungsbilder mit welchen der Therapeut konfrontiert wird sind äusserst unterschiedlich. Aus diesem Grund ist es wichtig alle Sinne einzusetzen und herauszufinden auf welcher Art der Patient am besten zu erreichen ist. Respekt und Geduld sind diejenigen Faktoren welche diese Arbeit bestimmen. In ähnlicher Art und Weise geht der Therapeut auch vor, wenn er seinen Kontakt zu der Begleitperson und das Verhältnis Patient – Begleitperson analysiert. Wenn man bedenkt, dass das Konzept k-o-s-t® darauf basiert, alle Beteiligten in die Therapie 22 einzubeziehen, dann erscheint es als selbstverständlich, die Interaktionen zu berücksichtigen. Dazu bietet die Themenzentrierte Interaktion von Ruth Cohn, als humanistisches und holistisches Modell, eine hilfreiche Alternative (SchneiderLandolf 2009). Wichtiges Merkmal der Beobachtung ist, dass sie frei von jeglicher Interpretation bleibt. Die Versuchung ist gross, auf der Grundlage früherer Erfahrungen, voreilige subjektive Rückschlüsse zu ziehen. Die ihm zur Verfügung stehenden Wahrnehmungsstrategien nutzt der Therapeut, um in dieser ersten Phase eine wertfreie, objektive Befundaufnahme durchzuführen und diese zu dokumentieren. Frage 6: Ich habe verstanden, dass die Beobachtung einen hohen Stellenwert hat – haben Sie dafür ein Raster? Das Raster ist dem Neurolinguistischen Programmieren von John Grinder und Richard Bandler entnommen, deren Vorbilder Milton Erickson, Virginia Satir und Fritz Perls waren (Bandler et al. 2011). Grinder und Bandler haben versucht herauszufinden, wie diese arbeiten und wodurch sie so erfolgreich geworden sind. Die genaue Auseinandersetzung mit der Arbeitsweise der in Hypnose, Familien- und Gestalttherapie tätigen Therapeuten nannten sie „Modellieren“. Das Raster basiert auf das sinnesspezifische Erfassen des Gegenübers mittels der „vakog“ Formel welche für visuell, akustisch, kinästhetisch, olfaktorisch und gustatorisch steht. Die gezielte Wahl der eigenen sinnesspezifisch orientierten Fragewörter und das Herausfinden, nach gleichem Muster, der Prioritätswörter bei dem Patienten, ermöglicht es bei jedem Patienten die bevorzugten Kommunikationskanäle zu erkennen. Damit entsteht auch der Rapport, also ein Kontakt der Übereinstimmung mit dem Patienten. So lange dieser Rapport besteht, aufrechterhalten durch Pacing oder Spiegeln und Leading oder Führen, kann eine Kommunikation und damit auch eine umfassende Beobachtung des Patienten durchgeführt werden. Das Pacing findet mittels nonverbaler, paraverbaler und verbaler Kommunikationsinstrumente statt, welche in einer, den Therapeuten charakterisierenden und kongruenten Form vorgetragen werden. 23 Frage 7: Welches ist das Ziel dieser genauen Beobachtung? Das Ziel der nach diesem Raster durchgeführten Beobachtung ist es, eine Basis zu finden, worauf die Therapie aufgebaut wird. Wenn der Therapeut versteht, nach welchem Muster ein Patient mit seinem Umfeld kommuniziert, dann weiss er auch, wie er auf den Patienten zugehen soll, um ihn für die Therapie zu gewinnen. Dem Therapeuten wird es gelingen, dem Patienten und seinen Angehörigen zu erklären, weshalb bestimmte therapeutische Schritte erforderlich sind. Er “erreicht“ seinen Patienten und damit wird die Motivation bei dem Patienten gefördert. Der Patient ist informiert und motiviert, die Bereitschaft zur Mitarbeit steigt und damit auch die Chancen für eine erfolgreiche Therapie. Dieser Bogen zeigt, dass die Beobachtung in direktem Zusammenhang mit dem Erreichen der Therapieziele steht, weshalb es durchaus lohnend ist, dieser tragenden Säule grosse Beachtung beizumessen. Frage 8: Auch die weiterführende Diagnostik stellt einen Basisbaustein, eine tragende Säule dar. Welche Verfahren halten Sie für relevant? Abhängig davon, aus welchen Gründen ein Patient den k-o-s-t® Therapeuten aufsucht, wird dieser entscheiden, welche Informationen, bzw. welche Befunde er benötigt, um bei dem Patienten die nötigen diagnostischen Massnahmen zu veranlassen. Erfahrungsgemäss besteht die engste Zusammenarbeit mit folgenden Disziplinen: Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (Adaptationsschwierigkeiten nach Trauma-, Dysgnathie- oder Operationen von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten), Pädiatrie (Syndrome, Atmung), Neonatologie (kraniofaziale Fehlbildungen, LippenKiefer- Gaumenspalten, Stillberatung), Logopädie (Sprach- und Sprechauffälligkeiten, Stimm- und Schluckauffälligkeiten, Schulprobleme, Nasometrie) Otorhinolaryngologie (Tonsillenhypertrophien und Adenoide, Septumdeviationen), Zahnheilkunde (Zahnverlust, Nichtanlagen von Zähnen), Kieferorthopädie (Zahn- und Kieferfehlstellungen), Physiotherapie Orthopädie (funktioneller Muskeldysfunktionen, (Skoliosen, Status, Sitzauffälligkeiten), Becken-und Fussfehlstellungen), Auffälligkeiten in der Haltung, Ophthalmologie (Abweichungen der Sehfähigkeiten, Funktionsoptometrie), Osteopathie (Hautblässe, Verdauungs- und Schlafprobleme, Lymphstau). Dabei werden sowohl strukturelle wie auch funktionelle 24 Abweichungen abgeklärt, basierend auf den fachspezifischen klinischen und apparativen diagnostischen Mitteln. Anamnestische Angaben und klinische Befunde werden ergänzt durch die apparative Diagnostik. So ist zum Beispiel bei einem Patienten mit Skoliose die Körperhaltung beeinträchtigt, was dazu führt, dass über die myofaszialen Ketten der Unterkiefer und damit auch die Kiefergelenke in Mitleidenschaft gezogen werden. Es ist in einem solchen Fall indiziert, klinische und bildgebende orthopädische als auch zahn- und kieferorthopädische Röntgenaufnahmen zu veranlassen und die Ursachen und den Umfang dieser Erkrankung der Wirbelsäule festzustellen. Basierend auf den erfassten Daten werden dann die Therapien fachspezifisch gezielt in der gemeinsam bestimmten Reihenfolge und dem nötigen Umfang definiert und umgesetzt. Ein anderes Beispiel wäre ein Patient, der an dem Pierre-Robin-Syndrom leidet, welches eine angeborene kraniofaziale Erkrankung ist, mit oder ohne begleitende Gaumenspalte (Kahl-Nieke 1995). Weil die betroffenen Patienten eine komplexe Symptomatik aufweisen, ist es wichtig die vitalen Funktionen (Atemfunktion) zu ermöglichen und zu erhalten und dann die weiteren Massnahmen zu ergreifen, so wie es das Beispiel des Einbringens einer Bacher-Platte zeigt. Heutzutage ist bereits eine pränatale Diagnostik möglich, was dazu führt, dass sowohl Eltern als auch Ärzte auf das Neugeborene mit seiner individuellen Problematik vorbereitet sind. Klinisch erscheint die Retrognathie des Unterkiefers mit retraler Zungenlage und obstruktiver Ventilationsstörung im Vordergrund (Sautermeister 2006). Massnahmen wie humangenetische Untersuchungen, Messungen im Schlaflabor, Ultraschalluntersuchungen, Elektrokardiogramme, Abformungen für Trinkplatten zeigen wie vielfältig und breit gestreut die weiterführende Diagnostik sein kann. In der Praxis beobachten wir oft Patienten, welche Auffälligkeiten in der Körperhaltung, im Gangbild und in der funktionell bedingten Artikulationsstörung mit bilateralem Sigmatismus oder Schetismus aufweisen. Basierend auf das Verständnis für das Tensegrity Modell (Meert 2009) einerseits, welches eine Ausgeglichenheit der Spannung zwischen den Bändern, Faszien, Muskeln und den Gelenken des Körpers voraussetzt und die funktionelle Anatomie andererseits, besteht die Möglichkeit, im Rahmen der apparativen weiterführenden Diagnostik, eine Analyse des Ganges in einem Ganglabor durchführen zu lassen. Dabei wird die Biomechanik der Bewegung analysiert, gemessen und dokumentiert. Bei Funktionsstörungen kommt es zu 25 Kompensationsmechanismen, diese können zu Veränderungen (Verkürzungen) in der Muskulatur führen, was neue Kompensationen, auch in der für die Sprache verantwortlichen Muskulatur, verursachen kann. Gangphasen, Gangzyklus, Schrittlänge, Schrittzyklus, Gangrhythmus (Perry et al. 1998) und die beim Gang entwickelten Kräfte sind nur einige Paramater welche analysiert und deren Veränderungen erklärt werden können. Füsse, Beine, Becken, Wirbelsäule und Schädel befinden sich über neuromuskuläre Bahnen in Verbindung, weshalb die Berücksichtigung von körperabschnittsübergreifenden Analysen Berücksichtigung und Berechtigung findet. Eine eigene diagnostische Checkliste ist hilfreich bei der Strukturierung der interdisziplinären Diagnostik. Dadurch wird gleichzeitig ein Netzwerk von Spezialisten der unterschiedlichen Fachrichtungen aufgebaut welches dann, auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt, in die Diagnostik und bei Bedarf auch Therapie, einbezogen wird. Bewährt hat sich die Vorgehensweise, bei welcher als erster Schritt ein funktioneller Status von einem in funktioneller Bewegungslehre geschulten Physiotherapeuten durchgeführt wird. Dieser analysiert die Haltung und die Bewegung des Patienten und formuliert damit das funktionelle Problem. Dabei werden keine Hilfsmittel eingesetzt, die Bewegungsabläufe werden nur durch Beobachten und Betasten auf ihre charakteristischen Merkmale hin geprüft. Grosse Bedeutung wird dabei den ärztlichen Nebendiagnosen wie Diabetes, Herzkrankheiten, entzündliche Prozesse sowie Tumoren beigemessen. Die physiotherapeutische Untersuchung basiert auf der International Classification of Functioning, Disability and Health mit Schwerpunkt auf der Alltagskompetenz des Patienten (KleinVogelbach et al. 2010). Medizinische Abklärungen gemäss Checkliste erfolgen Allgemeinärzte, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen, durch Kinder- und Augenärzte sowie Hals-, Nasen-, Ohren- Ärzte, Zahnärzte, Kieferorthopäden. Involviert werden auch Logopädinnen, Stillberaterinnen, sowie Therapeuten aus den Bereichen Osteopathie, myofunktionelle Therapie und Atemtherapie. Zum Schluss wäre noch zu erwähnen, dass der Dokumentation eine wichtige Rolle beigemessen wird. So wird je nach Fachrichtung zum Beispiel mittels Fotos, Videos oder Gipsmodellen der Zahnreihen die Situation des Patienten festgehalten. 26 Idealerweise sollten diese Dokumente standardisierten Vorgaben entsprechen. Die Dokumentation ist fallabhängig und wird auch als Verlaufskontrolle eingesetzt. Die weiterführende Diagnostik führt dazu, die Priorität und Reihenfolge der Therapiemassnahmen festzulegen, was dazu führen kann, dass ein Kind mit Sprachoder Sprechstörung nicht primär logopädisch behandelt wird. Diese Vorgehensweise erhöht die Behandlungseffizienz und führt zu Kosten- und Zeiteinsparungen und ist motivierend für das Kind. Von ihm werden keine Leistungen erwartet, die es zu dem Zeitpunkt nicht in der Lage ist zu erbringen. Bei allgemeinen Muskeldysfunktionen mit negativen Auswirkungen auf die Aussprache ist die Voraussetzung für eine automatisierte Artikulation nicht gegeben. Frage 9: Welchen Stellenwert hat die Region Atlas - Axis in der weiterführenden Diagnostik? Dem kraniozervikalen Übergang, zu dem auch Atlas und Axis gehören, wurde im logopädischen Alltag lange Zeit keine Beachtung geschenkt. Dieser Abschnitt der Wirbelsäule ist durch einige Besonderheiten in den anatomischer Strukturen und durch seine direkte Nachbarschaft zu Kopf, Nacken, Gesicht und Kiefergelenke gekennzeichnet. Ein störungsfreies Funktionieren in diesem Bereich ermöglicht es der Wirbelsäule den Kopf zu tragen, dem Kopf die Rumpfbewegungen zu kompensieren und der geforderten Bewegungsfreiheit der Sinnesorgane Auge, Ohr und Gleichgewicht Rechnung zu tragen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass im Rahmen der weiterführenden Diagnostik, die Region Atlas-Axis auf ihre strukturelle Integrität und funktionelle Störungsfreiheit geprüft wird. Über die myofaszialen Ketten können Abweichungen in dieser Region auch zu Veränderungen in anderen Regionen des Körpers führen oder Schmerzen im Bereich Kopf, Nacken und Kiefergelenke verursachen. Frage 10: Nach welchen Kriterien formulieren Sie Ihre Ziele und welches sind die Ziele der Kommunikation? Das wichtigste Kriterium bei der Zielformulierung ist durch die Möglichkeit der Zielüberprüfung gegeben. 27 Die Zielsetzung in der Kommunikation ist sehr komplex. Verschiedene Modelle werden angewandt, eines davon erachtet drei Ziele als wichtig: Daten gewinnen, Patienten informieren und auf die Gefühle der Patienten eingehen. In diesem Konzept hat die gegenseitige Beobachtung eine wichtige Rolle, sowohl bei dem Gewinn der Daten als auch betreffend der Patientengefühle (SAMW/News 2013). Empfohlen wird vor einem Gespräch zu klären, ob die Interessen aller Beteiligten die gleichen sind, welche Konflikte auftreten könnten, welche Themen zwingend angesprochen werden sollten, was unbedingt Teil des Gesprächs werden muss und was nur wenn genügend Zeit vorhanden ist. Das Ziel des Gespräches soll konkret, situationsbezogen und positiv formuliert sein und Perspektiven eröffnen. Diese Vorgehensweise erleichtert es in einem nächsten Schritt mögliche Lösungsansätze oder Teilergebnisse zu besprechen. In der letzten Phase des Gespräches, der Reflexion, werden zusammen mit dem Patienten die Erfahrungen und Lösungen anhand der formulierten Ziele beurteilt. Zum Ende des Gespräches erfragt der Arzt oder Therapeut nach den wichtigsten Erkenntnissen des Gespräches, führt die Ergebnisse zusammen und wiederholt getroffene Vereinbarungen (Büttner et al. 2013). In der Nachbereitung des Gespräches lohnt es sich für den Therapeuten noch einmal zu überlegen, was in dem Gespräch neu war, was offen geblieben ist, was nicht angesprochen wurde, wo war der Therapeut sicher und wo unsicher (Büttner et al. 2013). In der Zusammenfassung heisst es für die k-o-s-t® Ziele, dass diese dem Prinzip SMARTer entsprechen, wobei die einzelnen Buchstaben ihre Bedeutung wie folgt haben: S = specific = spezifisch e = evaluieren M = measurable = messbar r = reevaluieren A = attainable = erreichbar R = relevant = bedeutsam T = timely = rechtzeitig Dazu kommen noch die drei „e“ s für: 28 efficient = tauglich effective = wirkungsvoll efficace = wirtschaftlich. Zusammenfassend dargelegt basiert die k-o-s-t® Kommunikation, im Wesentlichen, auf das Modell des Neurolinguistischen Programmierens von John Grinder und Richard Bandler. Die Patientendaten werden sinnesspezifisch und auf die bevorzugten Kommunikationskanäle des Patienten abgestimmt, gesammelt. Dies geschieht nach dem Prinzip des „vakog“ (visuell, akustisch, kinästhetisch, olfaktorisch, gustatorisch), wobei der Therapeut in der Lage sein muss innerhalb kürzester Zeit zu erkennen, auf welchem Kanal der Patient am besten zu erreichen ist. Diese so gesammelten Wahrnehmungen werden als Fakten, als „wahr“ angenommen und nicht interpretiert. Frage 11: Was bedeutet für Sie „gelingende Kommunikation“? Wie definieren Sie den Erfolg in der Kommunikation? Ob der Kommunikationsprozess erfolgreich abgelaufen ist hängt in hohem Masse davon ab, wie die kommunikative Situation wahrgenommen und gestaltet wurde. Bereits 1935 hatte der amerikanische Psychologe Gordon Allport sich dazu geäussert und gesagt, dass das menschliche Verhalten viel mehr davon abhängt wie eine Situation subjektiv wahrgenommen wird als davon wie sie von objektiven Stimulusbedingungen beeinflusst wird (SAMW/News 2013). Wichtige Voraussetzung um in der Kommunikation einen Erfolg zu verzeichnen ist es diese stimmig zu gestalten. Dies bedeutet, dass sich die Teilnehmer am Gespräch sowohl auf der sachlichen als auch auf der Gefühlsebene verstehen. Treten Unstimmigkeiten auf so führen diese dazu, dass sich die Gesprächspartner unwohl und missverstanden fühlen. Um die Voraussetzungen einer gelingenden Kommunikation zu erfüllen braucht es das Element der „Stimmigkeit“ (Schulz von Thun 2013). Damit ist gemeint, dass das Gespräch als situativ und personell angemessen erlebt wird. So kommt es in dem „Kommunikationsquadrat“ dann zum Erfolg, wenn durch das was der Beteiligte als „mir selbst gemäss“ und gleichzeitig „der Situation entsprechend“ erlebt als „stimmig“ empfunden wird (SAMW/News 2013). 29 Bei Kindern wird, basierend auf das Gedankengut von Janusz Korczak (Korczak 1994), welcher eine Pädagogik der Achtung dem Kind gegenüber propagierte, die verbale und nonverbale Kommunikation so gewählt, dass sie an die Bedürfnisse des Patienten angepasst ist. Die Sprache des Therapeuten benutzt auditive oder visuelle oder kinästhetische Elemente um herauszufinden, welche Sprache der Patient spricht, sinnesspezifisch gesehen. Das bedeutet, dass der Therapeut die Beobachtung als Mittel der Kommunikation benutzt. Dennoch sind seine Fragen einfach, präzise aber offen nach dem Muster der „6 w Fragen“, das bedeutet: wer, wie, was, wann, wo, warum. Aspekte der non- und paraverbalen Kommunikation tragen ebenfalls dazu bei den Erfolg eines Gespräches zu bestimmen. Nonverbale Aspekte wie Blick, Mimik oder Gestik der Arme, Hände und Finger und paraverbale Elemente wie Stimmlage, Intonation, Akzent, Tempo oder Lautstärke können kongruent oder inkongruent zu dem Inhalt des Gesprochenen sein. Sie begleiten emotional das gesprochene Wort und können von dem Gegenüber dadurch subjektiv interpretiert werden. Auch ist festgestellt worden, dass in den Fällen in welchen die verbale Kommunikation abnimmt, die Rolle der nonverbalen Kommunikation steigt. Die paraverbale Begleitung der Sprache ist in den verschiedenen Kulturen unterschiedlich verankert, was bei der Kommunikation Berücksichtigung finden sollte. Auch sind die Pausen während des Sprechens wichtige Begleitelemente. Menschen brauchen unterschiedlich lange Zeit bis sie sich zum Sprechen aufgefordert fühlen oder ertragen unterschiedlich gut und leicht die Pausen und die Stille welche ihr Gegenüber beim Sprechen macht (SAMW/News 2013). Entscheidend bei der Kommunikation mit Kindern ist die Haltung den jungen Patienten gegenüber. Der polnische Arzt und Pädagoge Janusz Korczak fasste die Grundlagen des Umgangs mit Kindern zusammen und miss dem Respekt dem Kind gegenüber einen hohen Stellenwert ein (Korczak 1994). Weil ein grosser Anteil der ko-s-t® Patienten Kinder sind wird, basierend auf dieser Voraussetzung, sowohl im Gespräch als auch in der gesamten verbalen und nonverbalen Kommunikation mit dem Kind, sein Recht auf Achtung geschützt. Dem Leitfaden der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften sind auch folgende Empfehlungen zu entnehmen: In den meisten Fällen sind die Kinder in Begleitung ihrer Angehörigen, was dazu führt, dass das Gespräch die Form eines 30 Mehrpersonengesprächs einnimmt. Dieser Umstand macht das Gespräch störungsanfällig, weil die Person um die es sich handelt oft nicht mit der übereinstimmt, welche die Entscheidungen zu der Behandlung trifft. Die Autonomie des Kindes muss trotzdem Beachtung finden und sein Recht auf altersgerechte Informationen steht im Vordergrund. Ab dem 7. Lebensjahr können Kinder in Entscheidungen miteinbezogen werden, ab dem 12. Lebensjahr sind Jugendliche urteilsfähig und haben ein Entscheidungsrecht für persönliche Angelegenheiten. Hilfreich ist es immer, das Kind selbst über sein Anliegen reden zu lassen, ihm ermöglichen seine Beschwerden zu beschreiben und diese in eigene Worte zu fassen. Auch sollte das Kind Zeit haben, sich in seinem eigenen Tempo zu äussern. Die für die Kommunikation gewählte Sprache sollte dem Alter, dem Entwicklungsstand und dem sprachliche Muster, bzw. dem verbalen und nonverbalen Kommunikationsmuster des Kindes angepasst sein. Es gelten folgende Empfehlungen betreffend die Länge der Gespräche: 10 bis 15 Minuten für 3- bis 6-Jährige, 20 Minuten für 6- bis 8-Jährige und 30 Minuten für über 8-Jährige (SAMW/News 2013). In der Praxis hängt die Gesprächsdauer von der Fähigkeit des Kindes ab in der konkreten Situation das Gespräch zu bewältigen, was an die Menge von Informationen über sein Leiden und an das eigene Interesse dafür gekoppelt ist. Um das herauszufinden benötigt es einer einfachen, klaren Sprache, welche keine suggestiven oder rhetorischen Fragen zulässt. Frage 12: Die Stimulationen werden als tragende Säule bezeichnet. Welches sind die Hintergründe dafür? Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen sind diese Stimulationen angenehm und erlauben über die Berührung einen natürlichen Zugang zu dem Patienten. Er fühlt sich wohl und seine Bereitschaft zur Kooperation steigt. Zum anderen sind sie ein Teil der Arbeit, welche im ganzheitlichen k-o-s-t® Konzept auch von den Eltern oder Angehörigen zuhause durchführt wird. Sie bringen sich in die Behandlung ein und widmen sich mit Regelmässigkeit ihrem Kind zu. Wichtig ist, dass dem Patienten und den Angehörigen genau mitgeteilt wird weshalb, wie, wann, wie lange die Stimulationen zu erfolgen haben. 31 Die Stimulationen haben ihren Ursprung mehrheitlich in den komplementärmedizinischen Behandlungsmethoden (Craniosacraltherapie). Sie sind einfach in der Anwendung, wohltuend und umfassen den gesamten Körper, von den Füssen angefangen und weiter über die Beine, die Hüfte, den Rumpf und die Arme bis zu dem Kopf hoch. Andererseits werden auch Elemente aus bewährten schulmedizinischen Konzepten (Bobath, Castillo Morales) miteinbezogen. Das Neue an dem Konzept k-o-s-t® ist die Verknüpfung dieser Elemente zu einem, in seiner Abfolge, harmonischen Ganzen. Die Art der Stimulationen beim „Gesichtstanz“ ist vollkommen neu und die Reihenfolge in der die Stimulationen durchgeführt werden wiederspiegelt die Einzigartigkeit des Konzeptes. Diese Art der manuellen Arbeit weist auch Elemente des pädagogischen Konzeptes der Eutonie auf. Diese Methode hat als Ziel den Patienten für den eigenen Körper zu sensibilisieren. Die Wissenschaftlichkeit dieser Therapie ist nicht bewiesen, in der Praxis hat sie Dank der grosser Akzeptanz und Beliebtheit bei den Patienten und Angehörigen ihre Berechtigung gefunden. Frage 13: Wie setzen Sie Lernstrategien ein um neue Bewegungsabfolgen anzubahnen, aufzubauen und zu automatisieren? Die Patienten welche den k-o-s-t® Therapeuten aufsuchen weisen Dysfunktionen auf. Es gilt diese abzubauen und gegebenenfalls durch neue Bewegungsabläufe zu ersetzen. Dies erfolgt mittels sensomotorischen Lernens. Das Lernen ist als eine Leistung des Gehirnes anzusehen und findet statt durch die Änderung der chemischen Übertragungseigenschaften in den Synapsen. Dadurch können alte Muster gelöscht oder geändert werden oder neue gespeichert werden (Bertram et al. 2008). Dabei bedeutet Weglernen einen ebenso aktiven Prozess wie auch das Neulernen. Dieser aktive Prozess findet sowohl im Körper als auch im Gehirn statt, vor allem auf der synaptischen Ebene. Sensomotorisches Lernen ermöglicht das Ansteigen der Anzahl von Synapsen pro Neuron. Je öfter die synaptischen Verbindungen benutzt werden, umso genauer sind die Impulse welche transportiert werden, was dazu führt, dass eine Automatisierung des Bewegungsablaufs eintritt. Dabei spielen die Gefühle 32 eine wichtige Rolle: an Gefühle gekoppelte Bewegungen werden schneller erlernt. Gleichwohl ist es wichtig, dass das Lernen mit einem wahrnehmbaren, erreichbaren und realen Ziel zusammengebracht ist. Beim Erlernen neuer Bewegungsabläufe sind sparsame verbale Korrekturen, taktile Impulse, mentales Üben oder das Vorzeigen durch den Therapeuten als hilfreich anzusehen (Klein-Vogelbach 2006, S. 118-123). Als Zusammenfassung ist zu vermerken, dass in dem Prozess des Lernens dem Zusammenspiel zwischen neuronaler Plastizität, Kognition und Aufmerksamkeit sowie dem motorischen Üben die Hauptrolle zukommt (Bertram et al. 2008). Frage 14: Welche Hilfsmittel macht sich k-o-s-t® zunutze und wofür? Bei k-o-s-t® werden diverse Hilfsmittel eingesetzt. Zwei davon werden hier vorgestellt: Das System BALLOVENT® und der Therapiekreisel. Das System BALLOVENT® ist als Set erhältlich und dient prophylaktischen und therapeutischen Zwecken. Vorbeugend wird es in der Pneumologie und Atemtherapie eingesetzt. Zur Therapie findet das System Indikation bei muskulärer Hypofunktion im orofazialen Bereich und bei funktionell oder organisch bedingten Sprach-, Sprech- und/oder Stimmstörungen. Mittels BALLOVENT® wird die Muskulatur trainiert und gleichermassen Mundschluss, Atmung und Aufrichtung des Rumpfes gefördert. Durch die Kräftigung der orofazialen Muskulatur wird auch der Gesamtkörpertonus erhöht. Für die Anwender ist es ein attraktives Mittel weil eine breite Palette an verschiedenen Ansatzpunkten abgedeckt wird und weil es eine Trainingssteigerung bietet. Bei richtiger Indikation ist das System BALLOVENT® ein funktionell gut wirkendes Mittel, das auch in der myofunktionellen Therapie seinen Einsatz findet. Die Broschüre zum System bietet dem Anwender sehr detaillierte und hilfreiche Informationen. Der Therapiekreisel dient dem Gleichgewichtstraining. Patienten mit orofazialer Dysfunktion oder psychomotorischem Entwicklungsrückstand, wie das der Fall ist bei einer Sprachentwicklungsverzögerung, sind unfähig zu balancieren ohne dabei gleichzeitig kompensatorische Bewegungen durchzuführen. Beobachtet werden das Krallen mit den Zehenspitzen, kompensatorische Bewegungen der Arme oder das Zittern der Beine. Der Kreisel wird eingesetzt um bei diesen Patienten die 33 koordinativen Fähigkeiten zu trainieren, womit das Zusammenspiel aller Gleichgewichtssinne und der Feinmotorik, und damit auch der Mundschluss, gefördert werden. Im Anhang zu dieser Arbeit befindet sich, in Originalform, die Aufzeichnung eines Patientenelternpaares zu ihrer Erfahrung mit dem Kreisel als therapeutisches Mittel (Anhang 11.2). Um neue Bewegungen erlernen zu können ist die Neuroplastizität des Gehirns als biologische Grundlage gefragt. Jede Bewegung ist das Ergebnis von Perzeption, Kognition und Bewegungsaktion. Vielseitige und häufig wechselnde Bewegungsanforderungen, wie das bei den Kreiselübungen der Fall ist, fordern das zentrale Nervensystem auf variable Bewegungsleistungen, unter gleichzeitiger Zuhilfenahme immer mehrerer koordinativer Fähigkeiten, zu erbringen. Es gibt kein selektives Training von einzelnen koordinativen Tätigkeiten. Bei der Ausführung konkreter Bewegungen kommt es lediglich zu einem akzentuierten Ansprechen einer bestimmten Anzahl von koordinativen Fähigkeiten (Bertram et al. 2008). Frage 15: Bei welchen Indikationen wird k-o-s-t® verordnet? Die Empfehlung für eine k-o-s-t® Therapie erfolgt bei verschiedenen Indikationen und ist auch von der überweisenden Person abhängig. Erwachsene: - Chirurgiepatienten vor und nach Umstellungsosteotomien - Unfall- und Tumorpatienten - Personen mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen bei welchen das orofaziale System in Mitleidenschaft gezogen ist - Patienten mit Habits, falschem Schluckmuster und verschiedenen oralen Dyskinesien - Patienten bei welchen während oder nach einer Zahnstellungskorrektur eine Umstellung der Funktion erforderlich ist. Kinder und Jugendliche: 34 - Patienten mit Habits, falschem Schluckmuster, Dysfunktionen und verschiedenen Dyskinesien der orofazialen Muskulatur - Patienten mit fehlendem Störungsbewusstsein - Patienten mit Dysfunktionen der Lippen und der Zunge bei welchen in Folge eine myofunktionelle Therapie vorgesehen ist - Patienten welche Träger von festsitzenden kieferorthopädischen Apparaturen sind oder sich in einer funktionskieferorthopädischen Behandlung befinden - Kinder die antriebslos sind, schulische oder Lernschwierigkeiten haben - Kinder in logopädischer Therapie mit Sprach- und Sprechstörungen - Neugeborene und Kinder mit angeborenen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, vor und nach Operationen - Kinder mit verschiedenen Syndromen, wie Pierre-Robin, Apert, Franceschetti, Goldenhar, Down, Christ-Siemens-Tourraine. In vielen Fällen sind es die Logopäden selbst, welche auf Grund des Alters des Patienten, seines Entwicklungszustandes oder seiner polykausalen Erkrankungen mit der logopädische Therapie noch abwarten möchten und die vorbereitenden Massnahmen mittels k-o-s-t® durchführen lassen wollen. Beispielhaft der Fall eines 5 Jahre alten Kindes, welches ungelenkig ist, einen lutschoffenem Biss und Artikulationsstörungen hat, einen vorderfussbetonten Gang vorweist, wenig Körperspannung hat und für eine logopädische Therapie angemeldet ist. In diesem Fall ist eine Initialtherapie nach k-o-s-t® indiziert um damit die geistigen und körperlichen Voraussetzungen für die darauffolgende logopädische Behandlung zu erfüllen. Frage 16: Ist eine Verschreibung anhand eines Rezeptes möglich? Welche Informationen haben Sie betreffend der Bezahlung? Das Verschreiben mittels Rezept ist als Empfehlung zu verstehen, weil die Krankenkassen die Behandlungskosten weder in der Grundversicherung noch in der Zusatzversicherung übernehmen. k-o-s-t® ist noch nicht Bestandteil des Leis35 tungskataloges der Versicherungen, weshalb die Kosten von den Patienten und Klienten privat zu entrichten sind. Bis zu dem heutigen Zeitpunkt sind die Anstrengungen der k-o-s-t® Therapeuten um die Einführung von k-o-s-t® in den Krankenkassenleistungskatalog noch nicht gefruchtet. Anstrengungen dauern an und es wird nach Möglichkeiten gesucht, um den von den Versicherungen gesetzten Anforderungen zu entsprechen. Ziel ist es, die Therapie all denjenigen bei denen sie indiziert ist zugänglich zu machen. In diesem Sinne eröffnet der Masterstudiengang in Cranio Facial Kinetic Science die Möglichkeit, die theoretischen und praktischen Aspekte zu verknüpfen und die medizinischen Grundlagen von k-o-s-t® in den Vordergrund zu rücken. Um die Kostenübernahme durch die Krankenkassen zu sichern, wäre das Einfügen der k-o-s-t® Therapie unter den durch Zusatzversicherungen abgedeckten Leistungen erforderlich. Diese Voraussetzung wäre erfüllt, wenn es gelingt, k-o-s-t® in das Erfahrungsmedizinische Register als neue Kategorie oder in dem Bereich der myofunktionellen Therapie einzubinden. Frage 17: Gibt es Unterschiede in der Behandlung von Kindern und Erwachsenen? Das Behandlungskonzept ist das gleiche, die Umsetzung bestimmter Aufgaben findet jedoch unterschiedlich statt, beispielhaft dafür ist die Säule der Kommunikation. Verbale und nonverbale Mitteilungen werden dem Alter des Patienten angepasst, genauso wie der Tatsache Rechnung getragen wird, dass die Eltern immer in irgendeiner Art und Weise mitinvolviert sind. Genauso verhält es sich auch mit der Einwilligung zu bestimmten diagnostischen und therapeutischen Verfahren, welche im Einklang und mit der Zustimmung des Kindes erfolgen sollen (SAMW/News 2013). Ein wesentlicher Teil der Kommunikation bezieht sich jedoch gerade auf das Miteinbeziehen der Eltern in die Therapie. So ist es für das Gelingen der Therapie unabdingbar sowohl Eltern als auch Kinder über das „Weshalb?“ oder „Wie lange?“ zu informieren und sie für die Mitarbeit während der Therapie zu gewinnen. So hat der Therapeut die Aufgabe, alle Teilnehmer des Projektes auf unterschiedlicher Weise und gleich stark für die Behandlung zu motivieren. 36 Auch bei Kindern unterscheidet man zwischen Neugeborenen oder Kleinkindern und Kinder höheren Alters. Es sind gerade die Kinder, welche mit Spalten oder kraniofazialen Fehlbildungen zur Welt kommen, welche einer besonderen Zuwendung bedürfen. Den Zugang zu diesen Kindern findet der Therapeut durch die Berührung, welche gleichzeig eine Form der Kommunikation ist. So finden die Stimuli eine vorrangige Bedeutung, Beobachtung und weiterführende Diagnostik sind durch den engen Kontakt zu den Eltern und Ärzten in dieser frühen Phase grundsätzlich gegeben. Im Gegenteil dazu sind die Erwachsenen, mit Ausnahme derjenigen welche geistig oder körperlich behindert sind und von Drittpersonen betreut werden, im direkten Kontakt mit dem Therapeuten. Sie sind in der Lage die Mitverantwortung für ihre Therapie zu übernehmen, aktiv an der Klärung sowohl der Ursachen für die funktionellen Defizite als auch der vorhandene Ressourcen mitzuwirken. Bei der Zielerarbeitung tragen sie mit bei diese realistisch zu gestalten und ihre Prioritäten zu schildern. Ein stotternder Patient welcher vor einem Publikum einen Vortrag halten will wird alles daran setzen mit dem Therapeuten zusammen an das Erreichen seiner eigenen Ziele zu arbeiten. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass auch bei den erwachsenen Patienten Situationen entstehen können, bei welchen ein Patient in Begleitung seiner Angehörigen in die Therapie kommt. Um ein Beispiel zu nennen: nach einer Zungentumoroperation gestaltet und trägt auch der Angehörige das therapeutische Geschehen mit. Für den Therapeuten selbst bleibt es immer eine anspruchsvolle Aufgabe, weil die Anforderungen sehr unterschiedlich sind und er trotzdem auch seine eigene Authentizität und Ethik nicht aus den Augen verlieren darf. Eine kritische Auseinandersetzung durch Selbstreflexion zu seinem eigenen Menschenbild hilft bei der Lösungsfindung. Frage 18: Welche Rolle spielt bei k-o-s-t® die Ernährung? Die Rolle der Ernährung ist unter verschiedenen Aspekten zu sehen. Betreffend des Alters der Patienten gibt es eine sehr grosse Spannbreite, weshalb auch die 37 Anforderungen an die Ernährung unterschiedlich sind. Gleichzeitig hängen die Erwartungen der Patienten, abhängig von der funktionellen Störung, mit ihrem Leidensdruck zusammen. Frühgeborene oder Säuglinge mit kraniofazialen Fehlbildungen werden von einer Stillberaterin betreut und die Kinder bekommen Bacher Trinkplatten. Die Eltern werden angeleitet die Primärfunktionen Saugen und Schlucken zu ermöglichen damit ihr Kind ein gutes Saugmuster erlernt. Bei den Kindern achtet der Therapeut ganz besonders auf die Hautblässe oder die Augenringe. Diese können als Hinweis auf Mangelerscheinungen oder Lebensmittelunverträglichkeiten gedeutet werden. Durch eingeschränkte Funktionstüchtigkeit des Kausystems werden Verdauungsschwierigkeiten beobachtet. Patienten mit kraniofazialen Fehlbildungen klagen oft über Obstipation. Nach Umstellungsosteotomien sind die Patienten in der Kaufunktion eingeschränkt oder sie müssen ein neues Muster erlernen. In dieser neuen Situation ist es angebracht die Ernährungsgewohnheiten anzupassen. Frage 19: Was bedeutet das hochgesetzte „R“ in der Bezeichnung k-o-s-t®? Die Bezeichnung steht für ein bei dem Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum, durch einen geschützten Markennamen, eingetragenes geistiges Eigentum, welches in der Schweiz, Benelux, Deutschland, Kroatien und Österreich Gültigkeit hat. Der Eintrag wurde im Mai 2003 mit internationaler Klasse 44 getätigt. Der Eintrag im Schweizerischen Markenregister wird unter folgender Bezeichnung geführt: „Service d'un orthophoniste utilisant l' orthophonie corporelle (orthophonie integrant le corps)“. Frage 20: Was macht den Unterschied aus zwischen k-o-s-t® Therapeut und Absolvent des Masterstudienganges in Cranio Facial Kinetic Science? Die Sachkunde zum k-o-s-t® Therapeuten wird erlangt nachdem ein entsprechender Grundkurs basierend auf 80 Vorlesungsstunden in Modulmodus absolviert ist und eine Fallpräsentation vorgestellt wird. In diesem Kurs werden die praxisrelevanten Kenntnisse betreffend der vier tragenden Säulen des Konzeptes vermittelt. In der Zeit zwischen den Modulen wird Praxiserfahrung gesammelt indem Patienten unter der 38 Aufsicht erfahrener Therapeuten betreut werden. Die Berechtigung zur Ausübung der Tätigkeit als k-o-s-t® Therapeut ist an die Teilnahme an mindestens drei Update Modulen in ein bis zwei Jahren findendem Abstand gekoppelt. Damit kommen noch etwa 50 Stunden Vorlesungen dazu. Das erworbene Grundzertifikat berechtigt für eine zwei jährige Tätigkeit. In den Updates wird das Grundwissen für die weiterführende Diagnostik vertieft. Im Rahmen des Masterstudienganges nimmt das Konzept k-o-s-t® eine zentrale Stelle ein. Der sich über vier Semester erstreckende Studiengang ermöglicht es, die medizinische und wissenschaftliche Basis für die Massnahmen von k-o-s-t® zu vertiefen und so das Verständnis für die funktionelle Ausrichtung dieser Therapie zu erlangen. Darüber hinaus ermöglicht der Masterstudiengang, durch Vorlesungen aus vielen Fachrichtungen, den Einblick in die Interdisziplinarität, welche sich aus der Komplexität des orofazialen Systems ableitet, zu gewährleisten. Wesentliche Aspekte aus Kommunikation, Ethik, Patientenrecht, ganzheitliche alternative Behandlungsmethoden finden in dem Masterstudiengang Platz. Das 5-Phasen Modell der myofunktionellen Therapie ist dem Studiengang integriert und baut auf ko-s-t® auf. Damit wird ein Absolvent des Masterstudiengangs zum wichtigen Bindeglied in einem multidisziplinären Team. Ziel des Masterstudienganges ist zu zeigen, dass alle Störungen mit funktioneller Beteiligung im orofazialen Bereich effizient nur interdisziplinär diagnostiziert und therapiert werden können, gerade wenn es sich um Sprachstörungen und Sinnesbeeinträchtigungen mit funktioneller Beteiligung handelt. k-o-s-t® hilft dabei für den Patienten eine kostengünstige, zielorientierte und für ihn förderliche Lösung zu finden. Studierende des Masterstudiengangs, welche im Vorfeld mit k-o-s-t® vertraut waren geben an, dass durch das breit gefächerte Spektrum der Vorträge im Studiengang, ins Besondere durch den Einblick in die funktionelle Bewegungslehre, die Analyse des Ganges, die Lehre über die myofaszialen Ketten und die Rolle der Kommunikation, die Möglichkeit geboten wird, die Erklärungen für das Funktionieren von k-o-s-t® zu finden und diese im Zusammenhang zu bringen. Damit erfährt k-o-s-t® eine fundierte Weiterentwicklung auf universitärem Niveau und bietet die Möglichkeit für ein fachübergreifendes Verständnis bei der Diagnostik und Therapie von strukturellen und funktionellen Abweichungen im kraniofazialen Bereich. 39 Von den 20 gestellten Fragen wurden alle beantwortet. Die Gesprächsprotokolle und das Zusammentragen in Form von Antworten hat die Studierende durchgeführt. Die Korrektur erfolgte durch Frau Codoni während der letzten Besprechung. Zum besseren Verständnis und zur Ergänzung des Textes haben sich die beiden Teilnehmerinnen auf zwei Anlagen geeinigt: Bibliographie Susanne Codoni (Anhang 11.1) sowie Erfahrungsbericht (Anhang 11.2) 40 6. Diskussion Das Interview diente dazu, das Konzept k-o-s-t® auf eine neue, bisher nicht verwendete Art vorzustellen. Wie eingangs erwähnt, erklärt der berufliche Werdegang von Frau Codoni implizit auch die Entstehung des Konzeptes k-o-s-t®. Sowohl Frau Codoni als auch die Studierende waren an dem Projekt interessiert, was dazu geführt hat, dass sich beide sehr engagiert daran beteiligt haben. Sowohl die Wahl der Fragen als auch deren Beantwortung hat zu regen Diskussionen geführt und eine kritische Auseinandersetzung von beiden Seiten abverlangt. Ziel war es, die wichtigsten Themenkomplexe abzudecken und möglichst detailliert über das Konzept k-o-s-t® zu informieren. Die gewählte Darstellungsweise, in Form des Interviews, ist in hohem Masse von den Persönlichkeiten der beiden Teilnehmerinnen geprägt und behält einen subjektiven Charakter. Allerdings ist auch zu vermerken, dass mit dem Erarbeiten des Interviews die Teilnehmerinnen in einem Prozess involviert wurden, in dem sie zugleich eine probandenähnliche Rolle eingenommen haben und auch die des Studienführenden, was eine eher seltene Situation ist. Das eröffnet Perspektiven in der Betrachtung der Ergebnisse. Einerseits kann das Erreichen des Zieles überprüft werden, was bedeutet zu beurteilen, ob das Interview ausgeführt wurde. Andererseits besteht die Möglichkeit, das Konzept k-o-s-t® selbst kritisch zu betrachten. In dieser Hinsicht sind einige Elemente aufgefallen: - Der Name k-o-s-t® kann missverständlich interpretiert werden, weil er suggeriert, dass das Konzept nur in der Sprachtherapie seinen Einsatz findet. Dies ist jedoch nicht so, die Erklärung liegt in der historischen Entwicklung des Konzeptes. - Das Konzept k-o-s-t® ist durch das Einbeziehen des Patientenumfeldes in die Therapie nicht nur körperlich sondern auch sozial ganzheitlich anzusehen. - Die Wissenschaftlichkeit des Konzeptes bleibt schwer nachweisbar, weil die Homogenität des Patientengutes hoch ist. Damit ist der Nachweis des Anteiles von k-o-s-t® am Behandlungserfolg erschwert. Die anatomischen und physiologischen Grundlagen auf die das Konzept aufbaut behalten ihre Rolle als Basis für die Therapie. 41 - Es wäre zu überlegen, ob sich die Wirksamkeit des Konzeptes über die verkürzte Behandlungsdauer und die reduzierten Behandlungskosten indirekt prüfen lässt. Der Beweis dafür könnte als Argument für die Anerkennung des Konzeptes seitens der Krankenversicherungen dienen. - Die Wirtschaftlichkeit des Konzeptes ist auch aufgrund der kleineren Anzahl von benötigten Therapiesitzungen und in dem längeren Zeitintervall zwischen diesen zu erklären. Unter dem Aspekt der Interdisziplinarität ist der enge Zusammenhang zwischen Logopädie und Kieferorthopädie zu betrachten. Beide Fachrichtungen konzentrieren sich hauptsächlich auf den orofazialen Bereich und profitieren trotz unterschiedlichem Zugangsweg von oftmals sich ergänzenden und bereichernden Perspektiven. Die Kieferorthopädie stellt eine Spezialisierung der Zahnmedizin dar, welche sich mit der Prävention, Diagnostik und Therapie der Zahn- und Kieferstellungsabweichungen befasst. Sie ist eingebettet im umfangreichen Spektrum der Zahnheilkunde und entsprechend Teil der interdisziplinären Zusammenarbeit, charakteristisch für moderne Behandlungskonzepte. Die fachübergreifende Zusammenarbeit verfolgt bisweilen unterschiedliche, sich ergänzende Ziele zum Wohle des Patienten. Beispielsweise beheben Logopäden Lippen-, Wangen- und Zungendysfunktionen und sichern damit für die Zähne das funktionelle Gleichgewicht. Die Absprache unter den Fachdisziplinen ist von grosser Bedeutung um Indikation, Reihenfolge, Dauer und Zielsetzung einer bestimmten Therapieform miteinander zu besprechen. Sie tauschen sich untereinander aus über die eingesetzten therapeutischen Mittel, besprechen Vorteile und Nebenwirkungen. Achten auf den Zeitpunkt der Behandlung: logopädische Therapien sind stark von dem Entwicklungszustand des Kindes abhängig, was bei der Zielsetzung von grosser Bedeutung ist, um den Patienten nicht unter unnötigen Druck zu setzen. So arbeiten Logopäden und Kieferorthopäden synergistisch zum Wohl des Patienten zusammen. In einer gross angelegten Studie wurden 3041 Kinder bezüglich Okklusionsbefund und myofunktionellem Status untersucht. Ziel der Studie war es, den Zusammenhang zwischen Gebissanomalien und spezifischen statischen und dynamischen orofazialen Dysfunktionen zu untersuchen. Betreffend den Okklusionsbeziehungen 42 wurden untersucht: die vergrösserte sagittale Frontzahnstufe, der frontal offene Biss, die Progenie und der seitliche Kreuzbiss. Die funktionellen Fehlbildungen wurden unterteilt in aktive und passive. Zu den aktiven Störungen zählen das viszerale Schluckmuster, Artikulationsstörungen und Habits. Passive Störungen sind der inkompetente Mundschluss und eine pathologische Zungenruhelage. Mundschluss und Zungenlage befinden sich im engen Zusammenhang: bei inkompetentem Mundschluss verliert die Zunge den Kontakt zum harten und weichen Gaumen, was dazu führt, dass sich auch der Ruheweichteildruck verändert. Der Stellenwert dieses veränderten Druckes in den von Wachstum geprägten Jahren des Kindes, ist als hoch einzuschätzen. Damit wird der wesentliche Einfluss unterstrichen, den die Funktionsstörungen bei der Entwicklung von Gebissanomalien ausüben. Die Studie konnte zeigen, dass nur bei 11,2% und 10,2% der Kinder mit Gebissanomalien im Milch- und frühen Wechselgebiss keine orofazialen Dysfunktionen nachzuweisen sind (Grabowski et al, 2007). Diese Sachlage führt dazu, dass die Bemühungen um die Rehabilitation der Patienten mit orofazialen Störungen gestiegen sind. Motorische und sprachliche Defizite verlangen nach Modellen, welche den individuellen Ansprüchen der Patienten Rechnung tragen und auf Interdisziplinarität beruhen. Das Konzept k-o-s-t® bietet eine strukturierte Vorgehensweise und die Basis für darauf aufbauende, spezifische Therapieformen. Die Basis ist breit gefächert und stützt sich auf die weiterführende Diagnostik. Das Herzstück des Konzeptes bilden die humanistischen Werte. Darauf bauen die vier tragenden Säulen des Konzeptes auf: Beobachtung, Diagnostik, Kommunikation, manuelle Arbeit. Das Zusammenspiel dieser vier Grundsteine beschreibt den Kern des Konzeptes k-o-s-t® und stellt seinen holistischen Charakter unter Beweis. Ein wichtiges Merkmal des Konzeptes k-o-s-t® ist das genaue Beobachten des Patienten und das Erfassen seiner gesamten Persönlichkeit, auch im Bezug zu seinem sozialen Umfeld. Diese Konsequenz der Beobachtung, die Geduld und die Differenziertheit bestätigen den ganzheitlichen Charakter in Bezug zu anderen Therapieformen, welche sich auf ein beschränktes Arbeitsfeld konzentrieren. 43 Beispielhaft ist das „Das 5 Phasen Modell der myofunktionellen Therapie“ nach Ulrike Hörstel, welches den Schluckakt in den Mittelpunkt stellt. Das Sammeln von weiteren Patientendaten findet über die umfangreiche weiterführende Diagnostik statt. Untersuchungen aus der Schulmedizin werden ergänzt mit komplementärmedizinischen Verfahren und die Interdisziplinarität wird damit konkret umgesetzt. Im Vergleich zu anderen ausführenden Therapien vom Typ PROMPT®, sieht sich das Konzept k-o-s-t® als eine Drehscheibe, welche den Patienten auf den Weg zu seinem therapeutischen Ziel positioniert. Der Stellenwert der tragenden Säule „Kommunikation“ ist sehr hoch. Auffällig ist, dass sie gleichzeitig 2 Rollen einnimmt: die des Objektes der Behandlung im weitesten Sinne und jene des Instrumentes, dessen sich die Therapie bedient. Mit anderen Worten werden Auffälligkeiten in der Kommunikation mit den Instrumenten der Kommunikation behandelt. Sie ist in allen Säulen präsent, von Anfang an in der Beobachtung, über die interdisziplinäre Phase, beim Definieren der Ziele und permanent zwischen Patient, Therapeut und sozialem Umfeld. Die Kommunikation behauptet sich als der „rote Faden“ des Konzeptes. Die Sichtweise unter der die Therapie stattfindet ist eindeutig weg von den Defiziten des Patienten und hin zu seinen Ressourcen, zu seinen Möglichkeiten, zu seinem Potenzial, ganzkörperlich betrachtet. Unter diesem Aspekt sind Gemeinsamkeiten mit dem Castillo-Morales Konzept zu erkennen, dessen Elemente Codoni in ihrem Konzept einbaute. Die Therapiezeit nach dem Konzept k-o-s-t® beträgt ungefähr 12 Wochen, was vergleichsweise eine kurze Behandlungsdauer bedeutet. Damit stellt sich ein grosser Vorteil dieser Therapieform heraus, weil die Patienten nicht „therapiemüde“ werden. Unter den deutlich positiven Aspekten sind auch die niedrigen Therapiekosten zu erwähnen, begründet durch die nur geringen zusätzlichen Ausgaben für Materialien und Geräte. Die k-o-s-t® Therapie spricht Patienten unterschiedlichen Alters an, womit sich ein weiterer Vorteil dieser Behandlung verbuchen lässt. In den folgenden 2 Übersichten wird das Konzept zusammenfassend dargestellt und die wesentlichen Merkmale hervorgehoben (Skript MAS CFKSc 2011-2013). 44 Der Bekanntheitsgrad des Konzeptes k-o-s-t® ist noch nicht sehr gross. Dieser momentane Nachteil deutet gleichzeitig, zusammen mit den erwähnten Vorteilen, auf das vorhandene Entwicklungspotenzial von k-o-s-t® hin. 45 7. Schlussfolgerungen Das vorliegende Interview liefert einen Einblick aus erster Hand in das Konzept k-o-st®. Es hat, in Anbetracht dessen, dass sich die Begründerin des Konzeptes, Frau Dr. h.c. Susanne Codoni für diese Studienarbeit zur Verfügung gestellt hat, einen ganz besonderen Charakter. Mehrere Masterarbeiten greifen das Thema k-o-s-t® auf. In diesem Zusammenhang ist zu erwarten, dass der Bekanntheitsgrad und die Akzeptanz für dieses Konzept steigen und dass sich k-o-s-t®, als ein fester Bestandteil in der Therapie von funktionellen Störungen im orofazialen Bereich, etabliert. 46 8. 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Oktober 1963 Geburtsort: Timisoara (Rumänien) Berufstätigkeit: seit April 2007 Kieferorthopädin an der Schulzahnklinik Basel Juli 2002- März 2007 Kieferorthopädische Praxistätigkeit in Deutschland September 2002 Ermächtigung zur Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in Hannover Sept.2000-April 2002 Zahnärztin für Kieferorthopädie beim Schulzahnärztlichen Dienst St. Gallen Juli 2000 Ermächtigung zur Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in Budapest (Ungarn) Mai 2000 Promotion an der Universität in Timisoara zum Thema “Die von Fränkel entwickelten vestibulär wirkenden kieferorthopädischen Apparaturen“ Juli 1999-Juni 2000 Weiterbildungsassistentin für Kieferorthopädie an der Semmelweis Universität Budapest Juli 1997-Juni 1999 Weiterbildungsassistentin für Kieferorthopädie in Deutschland März 1997 Erwerb der Approbation als Zahnärztin in Münster/Westfalen Nov.1996-Okt. 1997 Berufliche Weiter-/Fortbildung „Zahnärztliche Qualifizierung und Praxismanagement“ in Köln April 1996-Nov. 1996 Vorbereitung für die Prüfung zur Gleichwertigkeit des rumänischen Examens, im Selbststudium Jan.1993-März 1996 Assistenzzahnärztin in Deutschland Jan.1990-Aug.1992 Zahnärztin in Rumänien Schulabschluss: Abitur am deutschsprachigen Gymnasium in Timisoara 49 Berufsausbildung: Studium der Zahnmedizin und Examen zum „Dr.medic stom.“ an der Universität in Timisoara Mitgliedschaften: SSO Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft SGK Schweizerische Gesellschaft für Kieferorthopädie 50 10. Danksagung Für ihr Vertrauen, ihre Geduld, ihre Unterstützung und ihr Verständnis bedanke ich mich bei Herr Prof. Hans-Florian Zeilhofer, Frau Dr. h.c. Susanne Codoni, Frau Dr. Julia Priller und Herr Beat Göpfert. Für die freundliche Überlassung der Unterlagen für den Erfahrungsbericht bedanke ich mich bei der Familie Köppel-Heule. Für die hilfreichen Anmerkungen zur Gestaltung der Arbeit bedanke ich mich bei Frau Simone Wagner. Für ihre Liebe bedanke ich mich bei meiner Familie. 51 11. Anhang 52 53 Publikationen S.Codoni 21 September 2013 VERÖFFENTLICHUNGEN 1. ORIGINALARBEITEN IN FACHZEITSCHRIFTEN 2013 Die Zunge – ein multidisziplinäres Arbeitsfeld in ganzheitlicher Betrachtungsweise – Möglichkeiten und Grenzen fächerübergreifender Zusammenarbeit, S.Codoni Die ZMK online Spitta Verlag – in Arbeit per 10/2013 2013 Sensibles interdisziplinäres Arbeitsfeld - Der Mund in ganzheitlicher Betrachtungsweise MBZ 07/08 2013, S.30/31 2013 „Myofunktionelle Therapie (MFZ) – Gründerjahre bis heute“ S.Codoni, K.Schwenzer-Zimmerer, Magazin für Myozentrik und interdisziplinäre Kooperation, MYOTBITE, Magazin für Myozentrik und interdisziplinäre Kooperation, Ausgabe 5/2013 S.13-24 2013 „Nachgebohrt“, Interview des Herausgebers Dr.Rainer Schöttl mit susanne Codoni, Magazin für Myozentrik und interdisziplinäre Kooperation, Ausgabe 5/2013 S.25/26 2013 Deletionssyndrom 22Q11, Therapieleitfaden Sprache, Medizinische Berichte k-o-s-t® – Körperorientierte Sprachtherapie und orofaziales System nach Dr. h.c. Susanne Codoni Copyright 2013 KiDS-22q11 e.V., S.22-26 2009 Zeig mir deine Zunge und ich sage dir, wie du gehst und stehst „Schnullern“, Sprechstörung, Zahnfehlstellung und Haltungsschwäche Pädiatrie 06/2009 , S.22-30 2008 Stress – Hospitalisierung – Schlaf Rückblick zum 2. LKG Symposium L.O.G.O.S. Interdisziplinär 1/2008, S.63 2008 Habits – eine therapeutische Herausforderung bei Kindern und Erwachsenen Codoni S., Hostettler N. Zeitung für ganzheitliche Zahnmedizin GZM – Netzwerkjournal Praxis und Wissenschaft 1/2008 – S. 6 -14 2007 Hin zu neuen Ufern – Körperorientierte Sprachtherapie k-o-s-t® nach S.Codoni mitSprache – Fachzeitschrift für Sprachheilpädagogik der ÖsterreichischenGesellschaft für Sprachheilpädagogik 4/2007, S.43-56 2005 Orofaziale Dyskinesien und myofunktionelle Therapie beim Erwachsenen Zeitung für ganzheitliche Zahnmedizin GZM – Netzwerkjournal Praxis und Wissenschaft 4/2005 - S.12 -15 2005 Die Sinne im Dienste von Sprache und Stimme - das Konzept k-o-s-t® Körperorientierte Sprachtherapie nach S.Codoni – Vortrag am 74. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Sprach- und Stimmheilkunde L.O.G.O.S. – Fachzeitschrift für Logopädie/Sprachheilpädagogik 3/2005 187-190 1 Publikationen S.Codoni 21 September 2013 2004 Myofunktionelle Therapie für Kinder und Erwachsene Zeitung für ganzheitliche Zahnmedizin GZM – Netzwerkjournal Praxis und Wissenschaft 4/2004, S.6-14 2004 Komplikationen und orofaziale Rehabilitation nach Insertion alloplastischer Kieferwinkel-Augmentate – ein Fallbericht Schwenzer K., Codoni S. Jundt G , Stübinger S, Zeilhofer HF Journal der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederrherstellungschirurgie, S. 19-23 2004 Interview zur Situation der Myofunktionellen Therapie Dental World 13/14 2004 S.28-29 2004 Von Lutschzwergen, Lisplern du dem aufrechten Gang – Primär – und Sekundärfunktionen aus ganzheitlicher Sicht pädiatrische praxis 65, München 2004/65, S.15-24 2003 Sprechstörungen als Folge von Lutschgewohnheiten pädiatrische praxis 64, München, S.281 2003 „Möglichkeiten und Grenzen der CranioSacral Therapie in der täglichen Logopädischen Praxis“ - Tagungsbericht des Vortrages am Kongress 2001 Logopädie 2/2003 -Logopädinnenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, S. 8-10, 19-20 2002 „Möglichkeiten und Grenzen der CranioSacral Therapie in der täglichen Logopädischen Praxis“ - Tagungsbericht Up date, Zeitschrift für CranioSacral Therapie 3.Jg./1 S.6 - 12 2000 Interview: „Das Kind soll erfahren, dass es sein eigener Chef ist“ dda-CH Magazin – Das Informationsorgan der Davis Dyslexia Association Schweiz, S.7 -9 2000 Das System ballovent L.O.G.O.S. interdisziplinär, 3/2000 8.Ausg., S.193-199 1999 Neue Wege suchen – wagen – gehen Schweizer Schule – Lernen 11/ 1999, S.21-28 1999 Das System Ballovent – Prophylaxe und Therapie der Myofunktion MFT – Mitteilungen S.14 – 15 1999 Zusammenfassung des Gutachtens zur IBM-Studie mit dem Sprechspiegel Blechschmidt A., Codoni S., Schmid L. Zeitschrift des Heilpädagogischen Seminar Zürich Logopädie 1997 Die Cranio-Sacraltherapie in der Logopädie S.Codoni, E.Striebel Zeitschrift für Sozialpädiatrie 10/97, S.324-325 1997 Ergänzende Ansätze zur myofunktionellen Therapie Zeitschrift für Kommunikationsstörungen - Sprache – Stimme und Gehör 4/1997, S.192-199 1995 Ganzheitlich orientierte Sprachheilarbeit auf der Basis neuerer physiologischer Konzepte Die Sprachheilarbeit 3/95 Teil III, S. 271-278 2 Publikationen S.Codoni 21 September 2013 1995 Bitte mit Fingerspitzengefühl – angewandte Kinesiologie in der logopädischen Praxis FORUM Logopädie 3/1995, S. 12 – 18 1994 Kinesiology and handicapped children - study case presentation (englisch) Brain Gym Journal 1993 Hypersalivation – auch ein ästhetisches Problem L.O.G.O.S. interdisziplinär 2/1.Jg, S.126 – 132 1993 Der myofunktionelle Ansatz bei Schluckstörungen - Grundsätzliche Gedanken zur Diagnostik und Therapie FORUM Logopädie S.5 - 10 , 1/1993 1992 Anwendung der myofunktionellen Diagnostik und Therapie bei der Behandlung des LKG-Spalten Kindes Spaltträger Forum 4/1992, S.22-28 1992 Die sprachliche Kompetenz vierzehnjähriger Jugendlicher in Abhängigkeit ihrer soziokultureller Herkunft: Resultate aus einer logopädischen Untersuchung im Rahmen der Basler Kindergartenstudie Steffen T., Codoni S., Gutzwiller, H., et al Sozial- und Präventivmedizin, 37, 1992, S.267-283 ORIGINALARBEITEN IN BÜCHERN 2006 Sprache Emotion Bewusstheit - dgs Kongress Köln 2006 Körperorientierte Sprachtherapie k-o-s-t® nach S.Codoni Beiträge zur Sprachtherapie in Schule, Praxis, Klinik Reiner Bahr, Claudia Iven (Hrsg.) Das Gesundheitsforum - Schulz Kirchner Verlag, 2006 S. 297 - 310 2004 Festschrift für Frau Dr.M.Hermann-Röttgen: Stimme –Sprechen – Sprache, Kunst, Literatur und Therapie Neue Therapeuten braucht die Kundschaft – Logopädie im Wandel. Zur körperorientierten Sprachtherapie k-o-s-t®: Wege neu gehen – neue Wege gehen? V.Clausnitzer / E.Miethe, Hrsg. Schulz Kirchner Verlag S.136 - 147 2003 The Ballovent System - a complentary tool in myofunctional Therapy Orofacial Myology - Hanson , Charles Thomas, Publisher 2001 Chance für die Schule Wir sind die Stadt – Das Beispiel Werkstadt Basel Christoph Merian Verlag Basel, S.70-72 1998 Lippen-Gaumenspalten – eine ganzheitliche Betrachtung – das Basler Konzept PD Dr.Dr. K.Honigmann Hans Huber Verlag - Logopädische Beiträge in verschiedenen Kapiteln 3 Publikationen S.Codoni 21 September 2013 1998 Integration und ambulante logopädische Therapie Hörgeschädigte in der Schule – Hrsg. Dr.R.Müller, Luchterhand 1998, S. 1996 Was hat Dennisons-Core Übung mit Mundatmung und Sprechstörungen zu tun? Achter, X und über Kreuz – Edukinestetik in Theorie und Praxis C.Meyenburg, Hrsg. Verlag für Angewandte Kinesiologie S.175-185 1996 Möglichkeiten und Grenzen kinesiologischer Verfahren in Logopädie und Legasthenietherapie Achter, X und über Kreuz – Edukinestetik in Theorie und Praxis C.Meyenburg, Hrsg. Verlag für Angewandte Kinesiologie, S. 165 - 174 IN ABSTRACTBÄNDEN 2005 Stillen – frühkindliches Saugen – Entwicklung des Sprechens – eine ganzheitliche Annäherung Berufsverband Schweizerischer Stillberaterinnen (BSS) Kongress Stillen 2005 – Referentenband Paronat: Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe 2001 Möglichkeiten der manuellen Stimulation zur Sprachvorbereitung beim gesunden und beim behinderten Kind Charité-Gespräche 1996-2000: Frühförderung im Dialog 2000 Wie sag ich’s meinem Kinde HABITS – Kongressbericht des 12. Europäischen Kongresses für myofunktionelle Therapie in Basel 1999 – Eigenverlag des Arbeitskreises für myofunktionelle Therapie 1997 Stimulationen zur Anbahnung der Sprache und des Sprechens beim gesunden und behinderten Kind Im Kongressband der DGSS in Münster VEROEFFENTLICHUNGEN: BUECHER 2000 S.Codoni, Hrsg HABITS – Kongressbericht des 12. Europäischen Kongresses für myofubktionelle Therapie in Basel 1999 – Eigenverlag des Arbeitskreises für myofunktionelle Therapie 1999 S.Codoni/P.Zundel – Autoren „Die Lutschzwerge“ Kinderbuch – Verlag didl dadl dum 1997 S.Codoni , Hrsg. / Vetter S., „Stomatenpaghetti – oder wie Oscar auf dem Piratenschiff richtig sprechen lernt“ – Kinderbuch Christoph Merian Verlag Basel 4 Leon und Louis und das k-o-s-t® Prinzip Wir lernten das k-o-s-t® Prinzip und Frau Susanne Codoni vor vier Jahren im August 2009 kennen, als Leon mit einer Lippen-Kiefer-Spalte geboren wurde. Die erste Aufgabe, gleich nach der Geburt, die uns im Rahmen des k-o-s-t® Therapiekonzepts gestellt wurde, zeigte sich als sehr einfach und zugleich beglückend: ‚Tupfen statt streichen.‘, d.h. den Speichel mit dem Tuch trocken tupfen und nicht zur Seite wegstreichen, weil sich die ansonsten schon asymmetrischen Gesichtszüge noch mehr verzerrten. Durch die Änderung dieser Bewegung blieb der Gesichtsausdruck bestehen. Es ergab sich gar ein kurzer verbaler Austausch mit dem Kind, weil das Tupfen geradezu auffordert es mit rhythmischen Worten zu begleiten im Gegensatz zum mechanischen Wegwischen eines störenden Speichelfadens. Nach der Operation im Dezember 2009 (Leon 4 Monate alt) wurde uns die Fusssohlenmassage in Form eines ‚E’s gezeigt. Diese Aufgabe nahmen wir bewusst als unverrückbare Routine in unseren Alltag auf: Das Windelwechseln (5-6 Mal pro Tag) endete mit einer Fussmassage. Den täglichen Spaziergang verbrachte Leon im Tragetuch. Seine Füsse waren mit unseren Händen leicht zu fassen und so drückten wir sie oft einfach nebenbei. Nach ungefähr einem Monat Massage kontrollierte er seinen Speichel. Sogar als Leon zu zahnen begann, war das Speicheln kein Thema. Die bunten ‚Trockentupftücher‘ benutzten wir fortan zum Spielen. Das war ein riesiges Erfolgserlebnis, eine Bestätigung, dass wir als Eltern nicht OHN-MÄCHT-ig sind und unser Kind nur den Spezialisten ausliefern müssen. Wir 1 können selbst etwas bewirken. Das motivierte fürs Weitermachen und zukünftige Aufgaben. Den Zweiflern führten wir jeweils den ‚Klappe zu- Knopf‘ vor: Leon hielt meist den Mund leicht geöffnet. Drückten wir seinen grossen Zeh, schlossen sich die Lippen. Das löste stets heiteres Staunen aus. Im Oktober 2010 und Dezember 2011 wurden Leon Paukenröhrchen eingesetzt. Nach diesen Eingriffen durchlebte Leon eine wahrhafte Explosion des Wortschatzes sowie eine spürbare Verbesserung der Aussprache. Frau Codoni hielt in dieser Zeit fest, was, wie vorhanden war und was möglich wäre, unabhängig davon, ob Leon nun Gebrauch davon machte oder nicht. Leon wurde nicht in ein vorgegebenes genormtes Zeitraster gedrängt, sondern seine individuelle Entwicklung wurde begleitet: Beobachtungen gaben wir per E-Mail durch und erhielten umgehend Antwort mit neuen auf Leon zugeschnittenen Übungen. Wir liessen es mit den Lippen knallen, schnaubten, wieherten, prusteten und pusteten, hielten einen Finger auf die Oberlippe und zogen, nur intentional, in Richtung der Unterlippe, bzw. umgekehrt… Eine Zeit voller tierischer und ulkiger Laute! Dann kamen der August 2012 (Leon 3 Jahre alt)… 1) …und die Faszien. Die tägliche Narbenmassage hatte nicht zu einem vollkommen befriedigenden Resultat geführt. Also starteten wir mit dem täglichen ‚Faszienturnen‘ im ganzen Gesicht und Halsbereich. Die Oberlippe wurde flexibler, das Gewebe weicher, der Ausdruck symmetrischer. Die Wirksamkeit dieser Übung zeigt sich in der kalten Jahreszeit, in der sich früher das Narbengewebe zusammenzog, jetzt aber entspannt seine Form behält. Wir sind darüber sehr erleichtert, da Leon im Sommer 2 2013 in die Spielgruppe eintrat. Die Kinder und auch viele Mütter haben den körperlichen Unterschied noch gar nicht bemerkt. 2) … und der Bertramkreisel. Leon hielt den Mund geschlossen bei einfachen Tätigkeiten, d.h. beim Sitzen, Stehen, Liegen, Gehen auf ebenem Untergrund. Sobald er sich aber herausfordernde Bewegungen aussuchte wie Klettern, Rennen, Balancieren, Hüpfen waren die Lippen geöffnet und die Zunge weit vorn. Frau Codoni präsentierte uns daraufhin den Holzkreisel. Sobald Leon sich auf das Gerät stellte, schloss sich der Mund! Wir trainierten während sechs Monaten drei Mal täglich, danach ein Mal täglich, dann drei Mal wöchentlich, zwischendurch bekam Leon Kreiselferien, weil er genug hatte und jetzt haben wir wieder drei Mal wöchentlich viel Spass, wobei er seine abgemachte Zeit regelmässig freiwillig verlängert. Übungen, Häufigkeit und Dauer werden immer wieder mit Leon besprochen und seiner aktuellen Lebenssituation, Befindlichkeit und seinen Bedürfnissen angepasst. Was hat das Kreiseltraining nach einem Jahr bewirkt? - Der Mund bleibt auch bei gefährlichen Kletterpartien geschlossen. Leon hat ein ausgezeichnetes Gefühl fürs Gleichgewicht bekommen: Balancieren, Laufrad, Fahrrad und Ski fahren erlernte er in Kürze. Beim Schlittschuh laufen hält er seit Beginn seine Fussgelenke stabil. -Leon sitzt sich an seinen Schreibtisch und schneidet, klebt, näht, malt, bastelt freiwillig und ausdauernd. Seine Feinmotorik hat sich blitzartig weiter entwickelt. -Endlich darf auch Leon mit der scharfen Säge und dem Küchenmesser arbeiten! Der frühere Hitzkopf ist ausgeglichener geworden. Wir können ihm vertrauen, dass er mit diesen Werkzeugen verantwortungsvoll umgeht. - Auf dem Kreisel wird Leon innerlich und äusserlich ruhig. Er konzentriert sich. Wir können danach anderes üben oder einfach wichtige Themen mit ihm besprechen. - Fernsehen geht nur mit anschliessendem Kreiseln, damit er sein aufgewühltes Inneres wieder sortieren kann. -Wo geschlossene Hände und gekreuzte Arme waren, sind heute Umarmungen, Küsse und verbale Liebesbezeugungen. Sein Einfühlungsvermögen ist bewundernswert. Er sucht Lösungen, um anderen aus der Patsche zu helfen oder sie zu trösten. Leon teilt gern und freut sich für andere. -Gegenseitig suchen wir uns neue Aufgaben auf dem Kreisel aus. Manchmal macht die ganze Familie mit. Spass, Kreativität, Zusammenhalt, aber auch Konsequenz, Ausdauer und Konzentration sind im Paket drin. 3 -Den Kreisel hatten wir für zehn Tage ausgeliehen. Es war eine harte Zeit. Leon war vollkommen aus dem Lot. 3)…und die Orthopädietechnikerin Frau Kiechle. Wir fanden für Leon keinen passenden Schuh. Deshalb kontaktierte uns Frau Codoni mit Frau Kiechle. Von Leon wurde ein dynamischer Fussabdruck genommen mit dem Resultat, dass er praktisch nur auf zwei kreisförmigen Flächen stand, je eine auf dem Fussballen und der Ferse. Die Sehnen des vierten und fünften Zehs waren zudem verkürzt. Frau Kiechle empfahl uns das Kreiseltraining mit einer zusätzlichen Massage der betroffenen Zehen. Sechs Monate später zeigte Leon einen Fussabdruck wie aus dem Bilderbuch! Unsere aktuellste Beobachtung: Leons Gesichtsausdruck war lange Zeit über schlaff. Die Muskeln ‚hingen‘ unter der Haut. Heute verfügt er über sichtbare Muskelspannung und eine angeregte Mimik. Zudem bemüht er sich um eine sehr deutliche Aussprache. Leon arbeitet richtig gehend mit den Lippen. Das k-o-s-t® Prinzip durften wir mit Leon seit seiner Geburt bis heute, über mehr als vier Jahre hinweg, anwenden und seine Entwicklung fortlaufend miterleben. Unter ganz anderen Voraussetzungen kam Louis, unser älterer Sohn, heute 6 ½ jährig, zum Therapiekonzept: 4 Louis machte erstmals mit 5 Jahren, kurz vor Beginn seines zweiten Kindergartenjahrs Bekanntschaft mit dieser Therapie. Er stand auf der lokalen Warteliste der Logopädie, weil er stark lispelte und der ‚sch‘ und ‚r‘ fehlten. Mit der Feinmotorik bekundete er grosse Mühe in Bezug auf Stifthaltung, Schreibfluss und Druck. Wissenswert ist ebenfalls, dass Louis sehr spät zu sprechen begann, sich in den ersten drei Lebensjahren nicht mit anderen Kindern sozialisierte, sondern sie von einem sicheren Ort aus beobachtete; z.B. von der Schaukel auf dem Spielplatz, auf dem Stuhl in der Spielgruppe. Louis war ausserordentlich verschlossen, misstrauisch, traute sich sehr wenig zu, verzagte rasch und brauchte viel Zeit, um eine Aufgabe anzugehen und noch mehr, um sie auszuführen. Bastelten, kochten, werkten, malten, puzzelten… wir daheim, so beobachtete er alles sehr genau, nahm aber selten freiwillig teil. Louis‘ Kindergärtnerin war eine erfahrene und gelassene Frau, die zwar zugab, noch kaum ein solches Kind gesehen zu haben, aber zuversichtlich war und ihm einfach Zeit geben wollte. Dann kamen der August 2012… … und die erste Begegnung mit k-o-s-t®. Nach einem kurzen Gespräch zwischen Louis und Frau Codoni konnte sie uns zeigen, dass es zwecklos war, mit ihm Übungen im Mundbereich zu machen, denn sobald sie die Lippen fixierte, begannen sich Arme und Beine ganz unkontrolliert zu bewegen. Die Stabilisierung soll von unten nach oben aufgebaut werden und eine Empfehlung für den Kreisel wurde ausgesprochen. Wie oben bei Leon beschrieben trainierte auch Louis sehr intensiv. Zehn Tage später sprach Louis den ‚s‘ und den ‚sch‘ perfekt! Zehn Wochen später erkannten wir unseren Sohn nicht wieder: Er war selbstbewusst geworden, offener, spielte und sprach mit anderen Kindern, wehrte sich, begann 5 Freude am basteln zu entwickeln, übernahm Verantwortung für die Anzahl zu erledigender Aufgaben im Kindergarten, zeichnete seinen eigenen Körper mit vielen Details (Körperwahrnehmung sehr deutlich) , schnitt schwierige Formen aus, seine Kleider und Schuhe kamen endlich mal schmutzig nach Hause und seine Hosen zeigten endlich Löcher, die gestopft werden wollten. Dann kamen der Januar 2013… … und die zweite Therapiesitzung. Louis erhielt den Auftrag Bilder von Wörter zu sammeln, in denen er einen ‚r‘ hörte. Gleichzeitig sollte er mit Wasser gurgeln und dabei langsam die Wassermenge reduzieren. Diese Aufgabe integrierten wir gleich ins Zähne putzen, so dass sie sofort zur Routine wurde und nicht verhandelt werden musste. Die Zeitung wurde regelmässig durchstöbert, diskutiert und zerschnitten. Zwei Monate später fuhren wir mit einem gefüllten ‚r‘- Bilderbuch und automatisierten Gurgeltönen nach Basel in die dritte Therapiestunde. Das Buch wurde besprochen und seit diesem Tag beherrscht Louis sein ‚r‘. Im August 2013 wurde Louis glanzvoll eingeschult. Die Kindergärtnerin hatte noch nie ein Kind mit solchen Schwierigkeiten erlebt, das in derart kurzer Zeit so grosse Fortschritte gemacht hatte…ganz ohne (herkömmliche) Logopädie und Ergotherapie. Louis ist heute, nach über einem Jahr mit k-o-s-t®, ein ausgeglichenes Kind, nachgiebiger, flexibler, liebevoll, lösungsorientiert, wagt sich selbst an Neues heran 6 (fragte nach Schwimmunterricht), tritt energischer auf, verfügt über eine ausgezeichnete Fingerfertigkeit, spielt bei Theaterauftritten selbstbewusst, telefoniert und organisiert selbständig, erzählt von seinen Fähigkeiten, freut sich über den Turnunterricht, lernte in kürzester Zeit Skifahren und Schlittschuhlaufen, findet Rhythmus und Melodie im Musikunterricht, kann sich Gedichte merken… Obwohl die Sprachentwicklung eigentlich abgeschlossen ist, trainiert Louis täglich weiter. Während fünf Minuten löst er einen Teil seiner Hausaufgaben auf dem Kreisel. Am 6.Dezember stellte sich Louis vor den Nikolaus und trug laut und deutlich seinen Achtzeiler vor. Am gleichen Tag konnte er in der Schule als einziger den ersten langen Satz lesen. Diese Dinge waren vor einem Jahr unvorstellbar für Louis und hätten ihn beim Gedanken so verängstigt, dass er gar nichts angepackt hätte. Und wir Eltern? Wir haben gelernt, das Hier und Jetzt zu leben, das zu loben, was im Moment geschafft wurde. Das Tun wird gelobt unabhängig vom Resultat. Haben wir etwas erreicht, wird gefeiert und danach das nächste erreichbare Ziel gesteckt. Wir sehen und kommentieren das Positive. Wir orientieren uns nicht mehr am Fehlenden, an der Lücke, der Spalte. 7 Monica & Hanspeter Köppel-Heule mit Leon und Louis 8 Dezember 2013
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