1 | Rundblick Rhön April 2015 Rundblick Rhön April 2015 | 2 Editorial Inzwischen zeigt die Rhön sich von ihrer frühlingshaften Seite. Der Monat, über den wir hier rückblickend berichten, war hingegen noch eine Übergangszeit. Gleichwohl ging es in vielen Bereichen weiter voran, wie Sie auf den folgenden Seiten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – nachlesen können. Es hat uns gefreut und geehrt, dass der Bundesverband Beruflicher Naturschutz seine Jahresexkursion bei uns in der Rhön durchgeführt hat und die Fachkollegen aus anderen deutschen Schutzgebieten unsere Arbeit würdigten. Ein zentraler Aspekt unserer Aktivitäten im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön ist die Bildungsarbeit. Das machen gleich mehrere Artikel deutlich: Die hessischen Junior-Ranger sind weiterhin mit Begeisterung dabei. In Thüringen ist das Biosphärenreservat als Thema für schulische Projekttage gefragt und in Bayern wird den Besuchern und Wanderern verstärkt die Geologie der Rhön vermittelt. Dass uns nicht nur wichtig ist, die Natur der Rhöner Kulturlandschaft zu bewahren, sondern auch das geschichtliche Erbe der Dörfer, zeigt ein erfolgreiches Projekt im unterfränkischen Burkardroth. Wir bleiben in allen Bereichen am Ball. Michael Geier, Karl-Friedrich Abe, Torsten Raab 3 | Rundblick Rhön April 2015 Inhalt S. 4 Beeindruckte Fachkollegen: Exkursion des Bundesverbands Beruflicher Naturschutz in der Rhön Weil die Rhön so viel zu bieten hat... S. 11 Exkursionen statt Unterricht: Projekttage der Regelschule Geisa im BRR Weil die Wirklichkeit sich anders anfühlt als die Theorie... S. 5 Früh übt sich: Rührige Junior-Ranger Wie man Kinder an die Natur heranführt... S. 12 Mit gutem Beispiel voran: Umweltfreundliche Beleuchtung auf der Wasserkuppe Wie man der Rhöner Nacht eine Referenz erweist... S. 7 Historische Kulturlandschaft in Bayern: Projekt in Burkardroth geht in die nächste Runde Wo Geschichte fortlebt... S. 13 Aus dem Hörsaal zum Naturschutz: Commerzbank finanziert wieder Umweltpraktikum Wie eine Geschäftsbank Engagement zeigt... S. 8 Größter Apfelbaum der Rhön: Der „Frauenrother Wilde“ Wo der Apfel weit vom Stamm fällt... S. 15 Im Porträt: Stadt Mellrichstadt, Unterfranken S. 9 Erlebte Rhöner Geologie: Neue Panorama-Infotafel auf dem Kreuzberg Wo man besonders weit ins Land schaut... S. 18 Kurz berichtet... Hinweis: Der Rundblick Rhön berichtet über wichtige Ereignisse des Vormonats. In einigen Fällen sind Pressemitteilungen integriert, die den Medien bereits ereignisnah zugegangen sind. Alle hier enthaltenen Texte und hochauflösende Fotos (mit Urheberangabe) werden auf Anfrage gern honorarfrei zur Verfügung gestellt ([email protected]). Rundblick Rhön April 2015 | 4 Von weit her: Die Teilnehmer der BBN-Exkursion in Point Alpha Beeindruckte Fachkollegen: Exkursion des Bundesverbands Beruflicher Naturschutz in der Rhön Im Bundesverband Beruflicher Naturschutz (BBN) sind hauptamtliche Naturschützer aus Behörden, freien Berufen und Naturschutzverbänden aus ganz Deutschland zusammengeschlossen, dazu gehören als regionale Mitgliedsverbände auch das Naturschutzforum Thüringen (NfT) und die Hessische Vereinigung für Naturschutz und Landschaftspflege (HVNL). Einmal im Jahr bietet der Verband seinen Mitgliedern eine inhaltlich anspruchsvolle Exkursion, die in der Regel in eine der Nationalen Naturlandschaften führt und der Erweiterung des persönlichen und fachlichen Horizonts dient. In diesem Jahr besuchten die Naturschutzprofis Ende April das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön. Das Programm begann am Freitag, den 24.4. im Groenhoff-Haus, dem Sitz der Hessischen Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats, auf der Wasserkuppe. Prof. Klaus Werk für die HVNL und Ewald Sauer für die Hessische Verwaltungsstelle begrüßten die illustren Gäste und führten sie in das Thema „Rhön“ ein. Der darauf folgende Samstag war geführten Wanderungen zur Milseburg und den unbewirtschafteten Kernzonen an ihren felsigen Hängen sowie in das Rote Moor vorbehalten. Anschließend empfing der Leiter der Hessischen Verwaltungsstelle, Torsten Raab, die Besucher noch einmal im Groenhoff-Haus und diskutierte mit ihnen aktuelle Themen und Projekte sowie den geplanten Umbau des Groenhoff-Hauses. Der Tag endete mit einem Abendessen im Gasthof „Zur Krone“ in Seiferts, der konsequent auf regionale Produkte setzt, was den kulinarischen Höhepunkt der Exkursion bildete. Am Sonntag besuchten die Naturschützer aus ganz Deutschland die Mahn- und Gedenkstätte „Point Alpha“. Neben den beeindruckenden historischen Exponaten und Installationen fand hier auch die neue Dauerausstellung zur Natur am ehemaligen Eisernen Vorhang großes Interesse. Eine Wanderung auf dem früheren Kolonnenweg, dem heutigen „Grünen Band“, beschloss das offizielle Programm. „Für mich und meine Kollegen Geier und Raab war es eine Ehre, Gastgeber für die Jahresexkursion dieses bedeutenden Fachverbands zu sein“, bilanziert Karl-Friedrich Abe. „Das gab uns Gelegenheit, den Kollegen die Ziele und Aufgaben des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön und die Schönheit unserer Landschaft näherzubringen. Mit seiner Lage an der 5 | Rundblick Rhön April 2015 ehemaligen Zonengrenze ist unser Drei-LänderBiosphärenreservat zweifellos ein hochinteressanter Lernort. Wir hatten den Eindruck, dass die Kollegen, die natürlich auch Multiplikatoren sind, am Sonntag hochzufrieden den Heimweg antraten.“ Früh übt sich: Rührige Junior-Ranger Lob aus berufenem Munde Prof. Klaus Werk, stellvertretender Vorsitzender des beruflichen Fachverbandes BBN, äußerte sich vor Ort anerkennend über die Arbeit im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön: „Die Aufgabenwahrnehmung in der Rhön ist sehr professionell ausgerichtet und die Ergebnisse der großen Anstrengungen der letzten Jahre lassen sich sehen. Beeindruckt sind wir vor allem vom hohen Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den drei Verwaltungsstellen, ohne die diese hohe Qualität in der Rhön nicht denkbar wäre. Im Vergleich zu anderen Regionen ist besonders die breite Zustimmung in der Bevölkerung zu spüren und die Mitwirkung der vielen Unternehmen und vor allem der Gemeinden der Rhön. Überall finden wir die Verweise auf das Biosphärengebiet und schon das allein ist ein wichtiges Indiz für die Akzeptanz. Unsere Exkursionsteilnehmer lobten auch die gute regionale Küche und die Verwendung von Produkten der Rhön. Das ist beispielhaft.“ Der Fachverband freue sich, dass das Kernzonenkonzept jetzt den internationalen Anforderungen entspricht. Das, so Prof. Werk, sei unbedingt notwendig und deshalb die große Anstrengung wert gewesen. Die Teilnehmer der BBN-Exkursion seien auf die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie für den Ausbau des Besucherzentrums auf der Wasserkuppe gespannt. Es sei gut, dass das Hessische Umweltministerium hier vorangehe. Hoch motiviert: Junior-Ranger bei der Eröffnung der neuen Dauerausstellung im Haus auf der Grenze im Frühjahr 2015 Umweltbildung für Kinder und Jugendliche hat im UNESCO-Biosphärenreservat einen hohen Stellenwert. Das zeigt auch das Beispiel der Junior-Ranger. 2014 haben die Junior-Ranger Hilders viel erlebt. Das Jahr begann zunächst mit einem großen personellen Wechsel, da die Gründerin und langjährige Betreuerin der Junior-Ranger, Sabine Massel, im März aus beruflichen Gründen ihre Stelle aufgab. Die Gruppe der jungen Rhönkundler fand aber raschen Ersatz: Heike Kirchner und Ranger Hubert Stumpf werden sich von nun an um die „Minis“ kümmern und Sigrid Goldbach und Harald Vonderau die Aktionen der etwas älteren „Rhönfüchse“ betreuen. Die „Mini-Ranger“ (Kinder von 5-9 Jahren) treffen sich alle zwei Wochen immer donnerstags von 15:30 bis 17:30 Uhr. Auf spielerische Art wird den Kleinen Heimatkunde und Umweltbildung nähergebracht. Die einzigartige Rhöner Tier- und Pflanzenwelt bietet dabei spannende Einblicke, von denen die Kinder ein Leben lang profitieren können. Bei der Betreuung der Apfelbäume brachten die „Minis“ an den Stämmen Fraßschutz für die Winterzeit an. Rundblick Rhön April 2015 | 6 In der kalten Jahreszeit stand das Thema „Überwinterung“ auf dem Plan und es wurde ein Dachsbau besucht. Die „Rhönfüchse“ (Kinder von 9-13 Jahren) kommen ebenfalls alle 14 Tage zusammen. Diese „Fortgeschrittenen“ beschäftigen sich dabei natürlich intensiver mit der Tier- und Pflanzenwelt des Biosphärenreservats. Das diesjährige Thema lautete „Wald, Wiese, Wasser und Winter“. Im ersten Quartal wurde der Lebensraum Wald untersucht: Welche Waldtiere leben in der Rhön? Wie unterscheidet man die wichtigsten Rhöner Baumbestände? Im zweiten Quartal ging es dann um Grassorten, die Zusammensetzung einer Wiese und ihre kleinsten Bewohner. Im Herbst lag der Fokus auf dem Wasser: Quellen wurden gesucht und Wasserproben untersucht. Auch das Thema Wasserversorgung auf der Erde wurde eingehend beleuchtet. Das letzte Quartal beschäftigte sich schließlich ganz mit der Frage, wie die Tier- und Pflanzenwelt der Rhön sich auf die kalte Jahreszeit einstellt. Abgerundet wurde die Winterzeit von einer langen Wanderung von Findlos nach Wickers und einem abschließenden wohlig warmen und gemütlichem Beisammensitzen am wärmenden Ofen. Doch die „Minis“ und „Juniorfüchse“ erleben nicht nur getrennt voneinander Spannendes in der Rhön, sondern packen auch immer wieder zusammen an: So pflegen sie die „Junior-Rhön“, wie das von der Gemeinde Hilders zur Verfügung gestellte Grundstück genannt wird. Beim Osterputz wird die Umgegend von Müll und Unrat befreit. Der schädlichen Lupine geht man gemeinsam an den Kragen. Und auch verschiedene Feste mit Spielen und Grillen und sogar nationale Junior-Ranger-Treffen runden das vielfältige Angebot ab. Neben den Junior-Rangern aus Hilders gibt es auch noch eine weitere Gruppe in der Hessischen Rhön: Seit zehn Jahren sind die „Rhönmilane“ (Kinder von 9-14 Jahren) in Wüstensachsen aktiv. Hier trifft man sich unter der Betreuung von Hubert Stumpf alle zwei Wochen donnerstags von 15:30 bis 18:00 Uhr. Zu den zahlreichen Projekten im Jahr 2014 zählten u.a. das Spurensuchen im Schnee und das Überleben der Wildtiere im Winter, Blumenkunde am Wegesrand und Heckenpflege. Bei dem Wildkatzen-Monitoring (Der Rundblick Rhön berichtete) helfen die Kinder bei der Kontrolle der Lockstöcke. Zum Schutz der Wasseramseln baut die Gruppe an der Ulster Nisthilfen und kontrolliert die Gewässer. Und in enger Zusammenarbeit mit dem Imkerverein Ulstertal lernen die Junior-Ranger, wie wichtig die Bienen für uns und unsere Umwelt sind. 7 | Rundblick Rhön April 2015 Historische Kulturlandschaft in Bayern: Projekt in Burkardroth geht in die nächste Runde gestellt. Außerdem wurden die Berufsstruktur der Einwohner von 1850 sowie die Bebauung und Landnutzung mit den heutigen Verhältnissen verglichen. Ein Projekt zieht Kreise Begeisterte Heimatkundler: Bürgermeister Waldemar Bug, Kreisheimatpfleger Christian Neugebauer und das Bearbeiterteam, Dr. Thomas Büttner und Armin Röhrer, begutachten die kartierten Kulturlandschaftselemente (von links). Eine wichtige Aufgabe des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön ist die Bewahrung der gewachsenen Kulturlandschaft mit all ihren traditionsreichen Facetten. Im Rahmen der Projektreihe „Historische Kulturlandschaft Rhön“ wurde in den vergangenen Monaten die Kulturund Sozialgeschichte der Marktgemeinde Burkardroth (LK Bad Kissingen) systematisch dokumentiert. So bleibt dieses Erbe für die nachfolgenden Generationen erhalten. Nun geht das Projekt „Dokumentation historischer Kulturlandschaftselemente in der Marktgemeinde Burkardroth“ in die nächste Runde. Im April kamen etwa 40 Mitglieder des ehrenamtlichen projektbegleitenden „Rats der Weisen“ zusammen, um in einem Zwischenbericht die Ergebnisse aus den Ortsteilen Burkardroth, Zahlbach, Frauenroth, Stralsbach und Wollbach zu besprechen. Diese Ortsteile sind in der ersten Phase bearbeitet worden. Die Projektbearbeiter Dr. Thomas Büttner und Armin Röhrer stellten in einer reich bebilderten Präsentation und in Kartenwerken die Besonderheiten der Ortsteile vor. Hier konnten etwa 150 Elemente – darunter alte Trift- und Hohlwege und Steinriegel – identifiziert werden. Sie wurden einzeln erfasst, hinsichtlich ihrer Funktion und Nutzungsgeschichte beschrieben und in den historischen Zusammenhang Gleichzeitig diente die Veranstaltung der Vorbereitung und Staffelstabübergabe an die Ortsteile, die in der nächsten Phase bearbeitet werden. Das sind Lauter, Waldfenster, Katzenbach und Oehrberg, die bis 2016 nach gleicher Methodik erfasst werden, ebenfalls unter Einbeziehung der Ortskundigen. Die Ortsteile Gefäll, Premich und Stangenroth werden sich bis 2016/2017 in der letzten Projektphase anschließen. Das Treffen der ehrenamtlichen Geschichtsforscher fand im neu sanierten und noch nicht offiziell eingeweihten „Haus der Dorfgemeinschaft“ in Stralsbach statt. Es ist ein Beispiel für die Umwidmung eines ehemaligen Schulgebäudes, das künftig eine wichtige Bündelungsfunktion für Veranstaltungen der Vereine im Dorf haben wird. Auch wenn die alte Schule selbst keine historische Bausubstanz im engeren Sinne darstellt, kann das Projekt als Modellbeispiel gelten. Es steht für den konstruktiven und zukunftsfähigen Umgang mit entbehrlich gewordener Infrastruktur durch eine Umwidmung der Funktion und bürgerschaftliches Engagement. Bürgermeister Bug dankte der Biosphärenreservatsverwaltung, vertreten durch die Projektleiterin Frau Dr. Pokorny, für die Finanzierung des Projektes, den Mitgliedern des Rats der Weisen für ihr Engagement und dem Bearbeiterteam Dr. Thomas Büttner und Armin Röhrer für die bisher gehobenen Schätze. Ins Gespräch vertieft: Mitglieder des „Rats der Weisen“, Gudrun und Herbert Kröckel aus Stralsbach mit Bearbeiter Dr. Thomas Büttner. Rundblick Rhön April 2015 | 8 Größter Apfelbaum der Rhön: Der „Frauenrother Wilde“ Gigantisch: 18 m Kronendurchmesser und mehr als 3,5 m Stammumfang: Der mächtigste Apfelbaum der Rhön steht in Frauenroth. Als besonderer Schatz der Marktgemeinde Burkardroth wurde im Rahmen der Projektreihe „Historische Kulturlandschaft Rhön“ ein Naturdenkmal hervorgehoben: der wohl älteste und mächtigste Apfelbaum der gesamten Rhön. Der beeindruckende Baum steht im Burkardrother Ortsteil Frauenroth und ist mit einem Stammumfang von 3,75 m ein wahrer Gigant. Auf Initiative der Biosphärenreservatverwaltung waren mehrere namhafte Pomologen zur Sortenbestimmung herangezogen worden. Doch die Experten konnten sich für keine Zuordnung des Baumes zu einer bekannten Apfelsorte entscheiden. Der mit dem beachtlichen Sortenspektrum der Rhön bestens vertraute Pomologe Hans-Joachim Bannier aus Bielefeld stellte schließlich fest, dass es sich auch unter Berücksichtigung der mächtigen Wuchsform aller Wahrscheinlichkeit nach um einen sogenannten „Zufallssämling“ handelt. Das heißt, der Baum ist unveredelt aus einem Samen hervorgegangen und damit ein unbenannter „Wildling“. Er ist er genetisch einmalig und gehört keiner bislang beschriebenen Sorte an. Der Kronendurchmesser dieses Unikats liegt bei 18 Metern, sein Alter wird von Pomologen auf mindestens 150 bis 200 Jahre geschätzt. Um seine Erhaltung kümmern sich der inzwischen neue Eigentümer des Grundstücks sowie die Untere Naturschutzbehörde, die den Baum als geschütztes Naturdenkmal des Landkreises Bad Kissingen adeln möchte. „Mit diesem mächtigen Obstbaum haben der Ortsteil Frauenroth und die Gemeinde Burkardroth einen echten Alleinstellungswert“, stellt Dr. Doris Pokorny fest, Projektleiterin der Reihe Historische Kulturlandschaft Rhön. „Der Apfelbaum ist eine Augenweide, ein wertvolles Biotop und ein echtes kulturhistorisches Highlight. Er komplementiert die monumentale Hutebuche am Ortsrand“. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Bearbeiter des Ortsteils Frauenroth, Dr. Thomas Büttner, der Marktgemeinde eine touristische Nutzung über eine Infotafel. Hans-Joachim Bannier empfiehlt – das Einverständnis des Besitzers vorausgesetzt – den „Wilden“ als Sämlingsspenderbaum für die Anzucht von Sämlingsunterlagen heranzuziehen. Bannier: „Wurden vor 100 Jahren die Wurzelunterlagen in der Unterlagen-Baumschule vor allem nach ihrer Durchwuchsstärke ausgesucht, hat man mit der ausschließlichen Verwendung von Bittenfelder-Saatgut zwar mehr Einheitlichkeit erreicht, bekommt aber nicht mehr die superstark wachsenden Sämlinge. Diese haben mit dafür gesorgt, dass einzelne Apfelbäume zu großen landschaftsprägenden Bäumen heranwuchsen.“ Denn für das Kronenausmaß sei nicht nur die Wuchseigenschaft der Sorte entscheidend, sondern auch die der Wurzelunterlage. Somit könnte der „Frauenrother Wilde“ langfristig neue Generationen von malerischen Großbäumen auf den Streuobstwiesen der Rhön oder den Ackerfluren begründen. Auch darf noch ein richtiger Name für den Methusalem gefunden werden. Für Hinweise zur Geschichte dieses Baumes ist die Bayerische Verwaltungsstelle des UNESCOBiosphärenreservats Rhön dankbar. Kontakt: Dr. Doris Pokorny, Tel. 0931-380-1660 (Mo-Mi). Die Experten stehen vor einem Rätsel: Die Sortenbestimmung anhand der Früchte brachte zunächst keine Erkenntnis. Dr. Doris Pokorny, Bayerische Verwaltungsstelle, im Gespräch mit dem Pomologen Jan Bode (links, roter Pulli) anlässlich des Hausener Apfelmarktes. 9 | Rundblick Rhön April 2015 Rhön-Experten: Illustre Gäste mit Pater Stanislaus, Guardian des Franziskanerklosters Kreuzberg und Landrat Habermann (links) Erlebte Rhöner Geologie : Neue Panorama-Infotafel dem Kreuzberg auf Auch geologisch betrachtet ist die Rhön ein hochinteressantes Gebiet. Das soll durch das Leader-Projekt „Rhöner Geologie erleben“ verstärkt ins Bewusstsein von Einwohnern und Touristen gebracht werden (s. unten). In diesem Zusammenhang wurde am 20. April 2015 auf dem Kreuzberg bei Bischofsheim/Rhön eine große Panorama-Bildtafel eingeweiht, welche dem Betrachter die einzelnen Berge am Horizont benennt. Die Gäste der Einweihungsrunde wurden von Pater Stanislaus, dem Guardian des Franziskanerklosters Kreuzberg, begrüßt. Für ihn ist der „Heilige Berg“ der Franken ein idealer Standort, um auf Gottes Schöpfung zu blicken. Er erbat Gottes Segen für die Idee des Projekts. Gemeinsam wurde das Lied „Großer Gott wir loben dich“ gesungen. In einer sonst eher selten gesungen Strophe heißt es: „Himmel, Erde, Luft und Meer, sie verkünden deine Ehre“. Der Landrat des Landkreises Rhön-Grabfeld, Thomas Habermann, würdigte das LeaderProjekt und brachte seine Freude über die neue Info-Tafel zum Ausdruck. Immerhin sei der Kreuzberg einer der schönsten Aussichtspunkte der Rhön. Udo Baumann, Bürgermeister von Bischofsheim und 1. Vorsitzender der „Kreuzberg-Allianz“ aus fünf Gemeinden, schloss sich dem an. Für ihn gehe nun der langersehnte Wunsch in Erfüllung, dass an diesem viel besuchten Ort nun endlich das Panorama auch mit den jeweiligen Gebirgsnamen in Verbindung gebracht werden könne. Martina Hartung vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt, die für die verwaltungstechnische Begleitung der Leader-Projekte zuständig ist, unterstrich den landkreis- und länderübergreifenden Charakter des Projekts. Umsetzung des Bildungsauftrags Klaus Spitzl, Geschäftsführer Naturpark & Biosphärenreservat Bayerische Rhön e.V. (NBR), lobte die einfache und leicht verständliche Darstellung dieser und der anderen Tafeln. „Wir wollen nicht über geologische Phänomene dozieren, sondern für jedermann verständliches und praxistaugliches Wissen vermitteln.“ Schließlich habe das UNESCO-Biosphärenreservat auch einen Bildungsauftrag. Insofern leiste das Geologie-Projekt im Bereich der Umweltbildung einen bedeutsamen Beitrag. Die Leader-Projektkosten betrugen 125.000 Euro. Der NBR übernahm den Eigenanteil von rd. 62.000 Euro. Rundblick Rhön April 2015 | 10 Hintergrund: Medien zur Rhöner Geologie Die Rhön ist für ihre landschaftliche Vielfalt bekannt. Dass das Mittelgebirge Rhön auch aus geologischer Sicht eine bemerkenswert abwechslungsreiche Region ist, unterstreicht nun das Leader-Projekt „Rhöner Geologie erleben“. Bereits im März 2015 hatte der Naturpark & Biosphärenreservat Bayerische Rhön e.V. zum erfolgreichen Abschluss des umfangreichen Projekts in den Landkreis Bad Kissingen eingeladen. Realisiert wurde es mit Unterstützung des EU-Förderprogramms Leader im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Das Projekt ist die pilothafte Umsetzung eines länderübergreifenden Konzeptes zum Thema „Rhöner Geologie erleben“, das unter hessischer Federführung zuvor in Zusammenarbeit mit der thüringischen, hessischen und bayerischen Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats sowie der Tourismus GmbH Bayerische Rhön und den zuständigen Leader-Aktionsgruppen entstanden war. Ergänzende nützliche Informationen sowie interaktive Karten hält ein neuer Internetauftritt bereit. Das Portal ist smartphone-optimiert und kann somit auch unterwegs genutzt werden. http://biosphaerenreservat-rhoen.de/rhoenergeologie-erleben Das Material wird auch in Schulen der Region sowie bei Natur- und Landschaftsführungen zum Einsatz kommen. Schon gewusst? Gleich fünf Orte der bayerischen Rhön zählen außerdem zu „Bayerns schönsten Geotopen“. Dieses vom Bayerischen Landesamt für Umweltschutz vergebene Prädikat tragen zum Beispiel die „Saurierfährten“ bei Euerdorf und das Schwarze Moor am DreiLänder-Eck bei Fladungen. Die Geologie der Rhön wird jetzt auf mehreren medialen Ebenen präsentiert: Eine umfassende und reich bebilderte Broschüre über 50 geologische Highlights lädt zu Entdeckungen ein – für den interessierten Wanderer eine Art „Zeitreise“ durch die Erdgeschichte. Ein länderübergreifendes Übersichtsfaltblatt mit großer Karte und der Gebietskulisse des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön hilft bei der Orientierung und liefert auf seiner Rückseite weitere spannende Einblicke in das geologische Erbe. Gottes Segen: Pater Stanislaus bei seiner Eröffnungsansprache 11 | Rundblick Rhön April 2015 Exkursionen statt Unterricht: Projekttage der Regelschule Geisa im Biosphärenreservat Kreisschäfermeister Roland Barthelmes aus Klings stellte in repräsentativer Schäfermontur seine Arbeit vor und betonte dabei die Wichtigkeit der Rhönschäferei für die Pflege der Kalkmagerrasen. Es folgte der Themenschwerpunkt Streuobstwiese: Auf dem Streuobstlehrpfad unterhalb der Propstei Zella informierten sich die Kinder über die Erhaltung dieser besonderen Lebensräume, die auch wichtige Nahrungsquelle für Fledermäuse, Vögel und Insekten sind. Drei spannende Projekttage erlebten im April zwölf Schülerinnen und Schüler der Regelschule Geisa, die sich das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön als Thema ihrer Projektarbeit gewählt hatten. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Frau Wild sowie den Mitarbeitern der thüringischen Verwaltungsstelle Friedrich, Kunz und Döll lernten die Kinder der 5. und 6. Klasse viel Neues über die Rhön. Los ging es am 27.04.15. Im „Fledermausdorf“ Neidhartshausen erfuhr die Gruppe nach einer Begrüßung viel Wissenswertes über die örtliche Fledermausinitiative. In der 1722 erbauten Kirche im Ort leben das Große Mausohr sowie in kleinerer Anzahl die Wasserfledermaus, die Zwergfledermaus und die Breitflügelfledermaus. Über 700 Alttiere machen die „FledermausWochenstube“ zu einer der zehn größten in Thüringen. Eine Videopräsentation zeigte den Kindern dann anschaulich, was sich auf dem Dachboden der Kirche alles tut. Hinterher ging die Gruppe den neuen Fledermauspfad zwischen Neidhartshausen und Zella und begutachtete die fünf Infotafeln. Im Anschluss informierte Rolf Friedrich in einer Power-Point-Präsentation über die Besonderheiten des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön: Geschützte Lebensräume, Tiere und Pflanzen, Struktur, Aufgaben und Ziele des BR standen im Mittelpunkt. Nun wurde es Zeit für eine kleine Stärkung zu Mittag: Thüringer Rostbratwürste und Rhöner Getränke machten müde „Rhön-Entdecker“ munter. Derweil lief ein Film über die Rhön als besonderer Lebensraum mit einem „Hotspot“ an Tieren und Pflanzen. Nach einem letzten Rundgang im BR-Informationszentrum in der Propstei Zella endete der erste Tag. Am 28.04.15 besuchte die Gruppe das „Haus auf der Grenze“ bei Point Alpha mit seiner neuen Dauerausstellung, die von Junior-Rangern mitgestaltet wurde. Hier erfuhr die Geisaer Gruppe auf schülergerechte Weise viel über ein wichtiges Thema: den ehemaligen Todesstreifen und seine überraschende Wandlung zu einer Lebenslinie, dem „Grünen Band“. Im Anschluss begann der praktische Teil in der Regelschule Geisa. Unter der Anleitung von Rolf Friedrich und ihrer Lehrerin bauten und gestalteten die Kinder Insektenhotels und fertigten Infotafeln zu den Themen Fledermaus, Wildkatze, Rhönschaf, Streuobstwiese und der Frage „Was ist das Biosphärenreservat Rhön?“. Am 29.04.2015 endete die gemeinsame Zeit beim Tag der offenen Tür. Hier wurden alle Arbeiten des Vortages fertiggestellt und die einzelnen Projekträume ausgestaltet. Anschließend stellten die Kinder selber ihre Projekte vor. Das fand auf Seiten der Eltern und Lehrer viel Interesse und großen Zuspruch. „Die Projekttage zum Biosphärenreservat Rhön waren ein voller Erfolg! Alle Kinder hatten große Freude und auch die Betreuer und Eltern waren begeistert von dem gemeinschaftlichen Ereignis. So macht Umweltbildung Spaß“, lautete am Ende das Resümee von Frau Wild. Rundblick Rhön April 2015 | 12 Mit gutem Beispiel voran: Umweltfreundliche Beleuchtung auf der Wasserkuppe Zukunftsgerecht zu beleuchten waren zwei Querungsstreifen an der Landesstraße L 3068, die Buswendeschleife sowie der Gehweg hinter dem Rhön-Info-Zentrum. Die Kosten für Planung und Installation der insgesamt 13 modernen Leuchten übernahm der Landkreis. Die neuen Leuchten wurden im Januar/Februar 2015 auf bereits vorbereitete Masten montiert. Die Betriebsführung liegt in den Händen der RhönEnergie. Die Unternehmensgruppe ist seit Jahrzehnten in Sachen Straßenbeleuchtung Partner der Kommunen ihres großen Netzgebiets. „Bei der Planung der Beleuchtungsanlagen war es unser Ziel, eine Lösung zu finden, welche die Verkehrssicherheit garantiert, gleichzeitig aber auch wirtschaftlich ist und vor allem die von uns mitentwickelten Beleuchtungsanforderungen im Sternenpark erfüllt“, kommentiert Dipl.-Ing. Matthias Hahner, Abteilungsleiter der RhönEnergie. „Deshalb haben wir uns für LEDLampen entschieden, die wir über ein intelligentes Beleuchtungsmanagement-System alle einzeln bedarfsgerecht steuern und dimmen können.“ Beleuchtungscheck: (von links) Bruno Günkel (Fachdienstleiter Wirtschaftsförderung, Standortmarketing, Tourismus, ÖPNV des Landkreises Fulda), Torsten Raab (Leiter der Hessischen Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats), Sabine Frank (Sternenpark-Koordinatorin) und Matthias Hahner (RhönEnergie). Als Landmarke im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön und gelegen im Sternenpark wollten die Beteiligten mit den neuen Beleuchtungsanlagen auf der Wasserkuppe ein Zeichen setzen. Nach Einschätzung der Fachleute ist das vorbildlich gelungen. Im vergangenen Jahr hat man auf der Wasserkuppe die Verkehrswege grundlegend modernisiert. Im Zuge dieser Maßnahmen wurde aus Gründen der Verkehrssicherheit ein neues Beleuchtungskonzept notwendig. Die Stadt Gersfeld, das Landratsamt, die Polizei, Hessen Mobil, die Hessische Verwaltungsstelle und die RhönEnergie Fulda als Energieversorger und Beleuchtungsdienstleister konnten sich dabei auf eine Konzeption verständigen, die in jeder Hinsicht den Sternenpark-Anforderungen entspricht. In der Praxis sieht das so aus: Die Leuchten schalten sich in der Dämmerung an. Nachdem um 19:00 Uhr der letzte Bus abgefahren ist, werden die zwei Leuchten an der Buswarteschleife in mehreren Stufen gedimmt. Um 22:00 Uhr, wenn auf der Wasserkuppe der Publikumsverkehr nahezu vollständig zum Erliegen gekommen ist, schaltet sich die öffentliche Beleuchtung ab. In der Morgendämmerung schalten sich die Leuchten wieder ein. Ist es lange dunkel, werden die beiden Leuchten an der Buswarteschleife gegen 6:00 Uhr vorzeitig eingeschaltet, denn der erste Bus nach Fulda fährt bereits um 6:30 Uhr. Europaweit beispielhaft „Das ist ein sehr durchdachtes System“, kommentiert Dr. Andreas Hänel von der Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternenfreunde. Der wissenschaftliche Mentor des Sternenparks wurde in diesem Jahr in Berlin von GEO mit dem Umweltpreis „Grüne Palme 2015“ ausgezeichnet. 13 | Rundblick Rhön April 2015 Hänel: „Hervorzuheben ist, dass für sämtliche Leuchten eine umweltverträgliche warme Lichtfarbe mit geringem Blauanteil gewählt wurde und alle Leuchten so ausgerichtet sind, dass kein Licht zur Seite oder Richtung Himmel abstrahlt. In der Summe – Lichtfarbe, Abschirmung und Steuerung – ist die Anlage absolut vorbildlich und in dieser Art einmalig in Europa. Ich habe das persönlich nachgemessen und kann den Verantwortungsträgern nur gratulieren.“ Aus dem Hörsaal zum Naturschutz: Commerzbank finanziert wieder Umweltpraktikum Sehr zufrieden zeigt sich auch Torsten Raab, Leiter der Hessischen Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön, die im Groenhoff-Haus auf der Wasserkuppe ihren Sitz hat. „Die Wasserkuppe ist einer der bekanntesten Orte im Biosphärenreservat. Hier wurde eine Beleuchtungslösung umgesetzt, mit der wir uns wirklich sehen lassen können. Sabine Frank, unsere Sternenpark-Koordinatorin, und ich bedanken uns für die tolle Zusammenarbeit mit den innovationsfreudigen Licht-Experten der RhönEnergie und den zuständigen Fachabteilungen im Landratsamt.“ „Auch ich freue mich über die gelungene Lösung und danke allen, die dazu beigetragen haben“, bilanziert Bernd Woide, Landrat des Landkreises Fulda, dessen Behörde die Investitionskosten übernahm. „Wir wollten auf der Wasserkuppe Flagge zeigen und deutlich machen, dass wir voll hinter der Idee des Sternenparks und dem Schutz der Nacht stehen. Wir bieten genug Licht, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Wenn dann aber nachts auf der Wasserkuppe niemand mehr unterwegs ist, nehmen wir die Dunkelheit hin – zum Wohle der Natur.“ Filialdirektorin Elke Schäfer begrüßt den aktuellen Praktikanten Philipp Gräf und überreicht ihm einen Rucksack mit praktischen Arbeitsmaterialien für den Einsatz in der freien Natur. Mentor Martin Kremer (Verein Natur- und Lebensraum Rhön e.V.) freut sich mit ihm. Vor einigen Monaten startete im UNESCOBiosphärenreservat Rhön ein groß angelegtes Rotmilan-Artenhilfsprojekt. Für sechs Monate mit dabei ist ein Praktikant aus einem deutschlandweiten Programm der Commerzbank. Im Rahmen dieses Umweltpraktikums kamen bereits wiederholt junge Leute in der Rhön zum Einsatz. Philipp Gräf stammt aus der Thüringischen Rhön und interessiert sich schon seit der Kindheit für Natur und Naturschutz. Er studiert im sechsten Semester Ökologie und Umweltschutz an der Fachhochschule Zittau. Sein Schwerpunkt ist „Naturschutz und Landschaftsplanung“. Gräf bereitet eine Bachelor-Arbeit vor, in der der Rotmilan eine Schlüsselrolle spielen soll. Zuvor wollte er aber, wie auch für den anschließenden Master-Studiengang gefordert, Rundblick Rhön April 2015 | 14 erst einmal praktische Erfahrungen sammeln. Das Commerzbank-Umweltpraktikum, das mit einem kleinen Gehalt verbunden ist, gibt ihm dazu Gelegenheit. „Das ist ein spannendes Projekt“, sagt Gräf. „Bei dieser Tätigkeit erlebe ich die Rhön jetzt aus einem ganz anderen Blickwinkel. Der praktische Einsatz ist eine sinnvolle Ergänzung zur Theorie an der Hochschule.“ Bereitgestellt wird die Praktikantenstelle vom Verein Natur- und Lebensraum Rhön e.V., dem hessischen Förderverein für das Biosphärenreservat. 39 Stunden pro Woche ist Philipp Gräf auf der Wasserkuppe tätig. Als Mentor fungiert Martin Kremer, Geschäftsführer des Vereins Natur- und Lebensraum Rhön e.V. Der Praktikant auf der Wasserkuppe ist einer von insgesamt 51 Studierenden aus dem Inund Ausland, denen die Commerzbank auch dieses Jahr wieder ein drei- bis sechsmonatiges Praktikum finanziert. Nach gründlicher Vorbereitung in einem Einführungsseminar treten die Teilnehmer hoch motiviert ihre Aufgaben in den Schutzgebieten an. Das gesellschaftspolitische Projekt der großen Geschäftsbank besteht mittlerweile seit 25 Jahren. Damit konnten bundesweit schon mehr als 1.300 Praktikanten in Nationalparks, Naturparks und Biosphärenreservaten wertvolle Erfahrungen sammeln und sich vor Ort tatkräftig einbringen. Für ihr Engagement erhielt die Bank im Jahre 2007 von der UN eine Auszeichnung als Dekadenprojekt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. „Unser Umweltpraktikum ist eine bewährte Kombination aus praxisnahen Einblicken in die Aufgabenbereiche der jeweiligen Schutzgebiete und ganz persönlichem Naturerleben“, erläutert Elke Schäfer, Filialdirektorin der Commerzbank Fulda. Die von ihr geleitete Filiale am Universitätsplatz ist für die seit vielen Jahren angebotenen Praktika auf der Wasserkuppe zuständig. „Als jemand, der selbst sehr naturverbunden ist, stehe ich voll hinter dem Praktikumskonzept. Wir fördern die Teilnehmer, aber fordern sie auch. Das wird ihnen auf ihrem weiteren beruflichen Weg von Nutzen sein“, unterstreicht die Bankerin. Der Praktikant selbst kann das nur bestätigen: „Das Praktikum ermöglicht den Transfer von der Theorie in die Praxis. Ich bin aktiv an Umweltund Naturschutzarbeit beteiligt und sogar auf einem Gebiet, das hervorragend zum Thema meiner Bachelor-Arbeit passt.“ Eine Partnerschaft, die Früchte trägt Martin Kremer freut sich über die neuerliche Unterstützung durch einen Praktikanten aus dem Commerzbank-Programm: „Bei diesem Projekt gibt es nur Gewinner: Unsere Einrichtung freut sich über die Erweiterung des Rotmilan-Teams. Philipp Gräf hat sich da sehr schnell eingefunden und ist für den Koordinator unseres mehrjährigen Rotmilan-Projekts Bastian Sauer ein willkommener Partner auf Zeit. Nach meiner Erfahrung aus den Vorjahren kann ich sagen, dass alle Commerzbank-Praktikanten beruflich ihren Weg gegangen sind und auch ein gerüttelt Maß an Lebenserfahrung sammeln konnten. Ein wirklich nachhaltiger Ansatz!“ 15 | Rundblick Rhön April 2015 Kommunen im Porträt: Mellrichstadt (Unterfranken) zwischen Mellrichstadt und Oberstreu statt – der Name der Stadt ging damit in die Geschichte ein. Im 13. bis 15. Jahrhundert erweiterte sich die Ursiedlung um den ehemaligen Königshof durch Einbeziehung des Brügels (Fronhof) im Süden und des Schlosses im Norden zu dem heutigen Altstadtkern, der in Form einer Ellipse gut erkennbar ist. Diese Form hat auch der Verlauf der Stadtmauer, die im 13. Jh. erbaut wurde. 1232/1233 erfolgte die Erhebung zur Stadt. Das älteste Stadtsiegel von 1273 zeigt die Stadt bereits mit Mauern, Türmen und Toren. Basisfakten Größe: 5578 ha Stadtteile: Bahra, Eußenhausen, Frickenhausen, Mühlfeld, Roßrieth, Sondheim Einwohner: 5.568 (Dez. 2014) Geschichte Mellrichstadt ist eine der ältesten Kulturstätten Frankens. Funde bezeugen, dass die Gegend schon früh ein bevorzugtes Siedlungsgebiet gewesen ist. Im Verlauf der Geschichte entwickelte sich der karolingische Königshof „Madalrichestat“ zum kulturellen, wirtschaftlichen und verwaltungsmäßigen Mittelpunkt des fränkischen Westergaues. War es in der vorchristlichen Zeit und während der Völkerwanderungen die besondere geographische Lage, so sorgte in späteren Jahrhunderten die große Heeresstraße ThüringenFranken, die an Mellrichstadt vorbeiführte, ständig für Unruhen. Dies veranlasste schließlich die Herren der Stadt, für die Stadt selbst und auch für umliegende Ortschaften starke Befestigungsanlagen zu schaffen. Der Investiturstreit war Anlass einer Schlacht zwischen Heinrich IV. (Gang nach Canossa) und seinem Gegenkönig Rudolf von Schwaben. Sie fand im Jahre 1078 auf dem Grafenberg Auch auf schulischem Gebiet ist Mellrichstadt bereits in früheren Zeiten hervorgetreten. Aus der mittelalterlichen Rektorenschule (Lateinschule) gingen mehrere berühmte Männer hervor: Dr. Martin Pollich, der 1502 Mitbegründer der Universität Wittenberg war und Paulus Melissus Schedius (1539 in Mellrichstadt geboren), der am Hofe Kaiser Ferdinands I. als Dichter lebte, von ihm geadelt und zum „poeta laureatus“ erhoben wurde. Die schulische Tradition wird heute fortgeführt. Ein Gymnasium (nach Martin Pollich benannt), sowie eine Real-, Berufs-, Haupt- und Grundschule bereiten die Jugend auf das Leben vor. Wirtschaftsstruktur Die ursprünglich landwirtschaftlich geprägte Stadt war bis zum Zweiten Weltkrieg wirtschaftlich nach Thüringen orientiert. Nach dem zweiten Weltkrieg ließen sich mehrere Thüringer Unternehmen in Mellrichstadt nieder. Weitere Unternehmen kamen in der Folgezeit dazu, sodass heute eine Vielzahl produzierender Betriebe im industriellen Bereich den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und zahlreichen Menschen aus dem Umland sichere Arbeitsplätze bieten. Die günstige Lage zur neuen A71 erweist sich dabei als Vorteil. Weiterhin bietet die Stadt eine große Auswahl von inhabergeführten Fachgeschäften für alle Bereiche des Lebens. Filialen großer Lebensmittel-Ketten siedelten sich am Stadtrand an. Rundblick Rhön April 2015 | 16 Drei Fragen ... an Eberhard Streit, Bürgermeister seit September 2006 den Beitritt entschieden. Ich denke mit unserer frühen Entscheidung haben wir ein wichtiges Signal in der Region gesetzt, und waren somit eher Treiber, aber niemals Getriebene. Was verspricht sich Ihre Kommune vom Biosphärenreservat? Was haben Sie für Erwartungen an die Zukunft? Ein Biosphärenreservat ist eine von der UNESCO initiierte Modellregion, in der nachhaltige Entwicklung in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht exemplarisch verwirklicht werden soll. Die Weiterentwicklung dieser Regionen wird ständig überwacht und evaluiert. Die Biosphärenreservate sind weltweit vernetzt und dort erforscht man im globalen Maßstab die wichtigsten Ökosysteme. Es geht dabei um biologische Vielfalt und Ökosystemfunktionen, die Bewirtschaftung und Entwicklung von Kulturlandschaften, um Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. Seit dem Sommer 2014 gehört Ihre Kommune zum UNESCO-Biosphärenreservat Rhön. Vorausgegangen ist ein komplexer Abstimmungs- und Entscheidungsprozess auf mehreren Ebenen. Gehörten Sie dabei zu den „Treibern“ oder musste man Sie (und Ihre Gremien) erst überzeugen? Als die Frage der Zugehörigkeit an uns herangetragen wurde, sind wir im Stadtrat natürlich erst einmal ergebnisoffen in die Diskussion eingestiegen. Wir waren uns aber schnell bewusst, dass das Biosphärenreservat eine Chance für die Region bedeutet. Folgerichtig kamen wir dann auch recht schnell zu dem Ergebnis, dass wir nicht nur am Rand stehen wollen. Wir wollten dazugehören und deshalb hat sich der Stadtrat recht schnell mit großer Mehrheit und in aller Konsequenz für Bei all diesen Fragen steht der Mensch selbst als Bestandteil der Biosphäre im Vordergrund. Aus wissenschaftlicher Sicht sind das also wichtige und spannende Fragen, auf die man in einem Biosphärenreservat nach Antworten sucht. Ein Teil unserer Motivation, dabei sein zu wollen, leitet sich sicher auch aus der Verantwortung ab, die eine Kommune alleine schon deshalb hat, weil sie dazu einen Beitrag leisten kann. Aber natürlich sehen wir vor allem auch die Chance, die sich für unsere Region und für unsere Stadt aus dieser Zugehörigkeit ergibt. Wir gehen davon aus, dass die Tatsache, dass man Teil eines Biosphärenreservates ist, sowohl die gesamte Region als auch die Stadt Mellrichstadt heraushebt und dass man diesen Status durchaus auch touristisch vermarkten kann. Wenn man sich vor Augen hält, dass es im Juni 2014 weltweit lediglich 631 Biosphärenreservate in 119 Ländern gab, lässt sich unschwer erkennen, dass das Prädikat „UNESCO-Biosphärenreservat“ eine Region und eine Kommune in einem gewissen Sinne „adelt“, zumal man sich dieses Prädikat nirgends erwerben kann. 17 | Rundblick Rhön April 2015 Es ist also ein Privileg dazuzugehören. „Mittendrin statt nur dabei!“ - Ich denke, das beschreibt ganz gut, was wir wollen. Worin besteht die „Mitgift“ Ihrer Kommune? Was bringen Sie ein? Warum ist es für das Biosphärenreservat ein Gewinn, dass nun auch Ihre Stadt/Gemeinde dabei ist? Warum wir unseren Beitrag leisten wollen und dass wir darin auch eine Aufgabe und eine Verantwortung, aber auch eine große Chance sehen, habe ich gerade beschrieben. Mit diesem Blick auf die Dinge wollten wir natürlich auch einen angemessenen Beitrag leisten. Nachdem wir zudem auch noch feststellen durften, dass wir als „waldreiche“ Stadt auch über ein recht interessantes Waldgebiet verfügen, dass sich nach Aussagen der Fachwelt in besonderem Maße für die Forschungsarbeiten im Biosphärenreservat eignet, haben wir uns dazu entschieden dieses zusammenhängende Waldstück in der Nähe der Kernstadt, mit einer Fläche von 102 ha als Kernzone zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus werden wir zur sinnvollen Abrundung einer bestehenden Kernzone im Stadtteil Frickenhausen noch eine weitere Waldfläche mit 10 ha Fläche zur Kernzone beisteuern. Mellrichstadts Beitrag Mellrichstadt bringt aus ihrem Eigentum die Kernzone „Loh“ (102,9 ha) ein. Weiterhin liegen im Stadtgebiet die in Bundeseigentum befindliche Kernzone „Trockengebiet bei Oberstreu“ mit insgesamt 81,1 ha, in der auch die Staatsforstabteilung „Wilhelmsholz“ enthalten ist. Die Pflegezone „Standortübungsplatz Mellrichstadt“ (150,82 ha) schließt sich direkt daran an. Die Kernzone „Loh“ ist ein wertvolles Waldgebiet auf einem Muschelkalkstandort und besteht überwiegend aus Eichen, Buchen und Hainbuchen. Wie alle anderen Kernzonen im bayerischen Teil ist sie seit dem 01.01.2014 Naturschutzgebiet. Die Pflegezone „Standortübungsplatz Mellrichstadt“ besteht aus strukturreichen Offenlandgebieten, Hangzonen und Laubwäldern. Hier findet man Kalkmagerrasen und Magerwiesen mit schützenswerten Wiesenblumen. In den Buchenwäldern leben unter anderem Uhu und Schwarzspecht, auf den Kalkmagerrasen Heidelerche und Neuntöter sowie die Fledermausart Großes Mausohr. Aus Sicht des Laien mag diese Artenvielfalt auf einem ehemaligen Militärgelände überraschen. Doch wenn keine Ausbildungsaktivitäten stattfanden, herrschte auf Truppenübungsplätzen, die ja nicht betreten werden dürfen, Ruhe. So erweisen sich (ehemalige) Truppenübungsplätze oftmals als wertvolle Refugien. Rundblick Rhön April 2015 | 18 Kurz berichtet Rhönbären und andere Spezialitäten: Katjas Käselädchen in Gersfeld Schwarzstorch, Biber und Wildkatze sind wieder in der Rhön heimisch und jetzt auch der Rhönbär – wenn auch nur im Käseregal. Denn der rund 200 Gramm schwere „Rhönbär“ ist ein Camembert aus bester Rhöner Milch. Erhältlich ist diese Käse-Spezialität zusammen mit anderen, länger gelagerten Rhöner Käsen in einem kürzlich neu eröffneten Käselädchen im Gersfelder Ortsteil Brembach. Anschließend investierte Familie Richter in Brembach in eine kleine, aber feine eigene Käserei, verbunden mit einem Lädchen. Intensiv unterstützt wurde sie dabei von Janet Emig, der Landwirtschaftsberaterin des Vereins Natur- und Lebensraum Rhön e.V. Als Käserin fungiert Katja Richter, die zusammen mit ihrem Mann in GersfeldSandberg 27 Milchkühe hält. 2011 kam ihr die Idee, die eigene Milch zu Käse zu veredeln. Gesagt, getan. Nach ersten erfolgreichen Tests mit einer mobilen Käserei, die auf den Hof kommt, besuchte Frau Richter über zwei Jahre einen Käserei-Kurs, wo sie eine klassische Ausbildung für „Hofkäser“ absolvierte. Bayerische Verwaltungsstelle Biosphärenreservat Rhön Oberwaldbehrunger Str. 4 97656 Oberelsbach Telefon: (09 31) 3 80 16 64 Telefax: (09 31) 3 80 29 53 E-Mail: [email protected] Das Biosphärenreservat Rhön im Internet: „Katjas Käselädchen“ hat eine offizielle EUZertifizierung und ist einmal die Woche geöffnet, und zwar Freitags von 10:00 bis 17:00 Uhr. Erhältlich sind sechs Sorten: Frischkäse, Camembert, Weichkäse, Schnittkäse mit Kräutern und natur, Bergkäse und Schmelzkäse. Die Produkte werden auch auf dem Gersfelder Bauernmarkt und in Regionalläden angeboten. Adresse: Brembach 4a, 36129 Gersfeld Hessische Verwaltungsstelle Biosphärenreservat Rhön Groenhoff Haus Wasserkuppe 8 36129 Gersfeld Telefon: (0 66 54) 96 12-0 Telefax: ( 0 66 54) 96 12-20 E-Mail: [email protected] Biosphärenreservat Rhön Verwaltung Thüringen Propstei Zella Goethestraße 1 36452 Zella/Rhön Telefon: (03 69 64) 8683-30 Telefax: (03 69 64) 8683-55 E-Mail: [email protected] www.brrhoen.de Redaktion: Text-Atelier Dr. Mathias R. Schmidt ([email protected]) Fotos: Oliver Schmidt u.a. Das Biosphärenreservat Rhön gehört zu den „Nationalen Naturlandschaften“, der Dachmarke der deutschen Nationalparks, Biosphärenreservate und Naturparks getragen von EUROPARC Deutschland e.V.: www.europarc-deutschland.de
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