Der unsichtbare Mensch in uns

Der unsichtbare Mensch in uns
Physiologie für Heileurythmie - Heft 1
Der obere und der untere Mensch
Theodor Hundhammer 2012
www.bewegteworte.ch
Der unsichtbare Mensch in uns
Physiologie für Heileurythmie
Übersicht über die einzelnen Hefte
Heft 1
Der obere und der untere Mensch
Von der Bedeutung des Gegenteil
Empfindung und Gefühl
Der obere und der untere Mensch
Der mittlere Mensch
Vokale und Konsonanten
Loslassen und Auferstehen
Übungen
Heft 2
Der Mensch im Tierkreis
Geheimnisse im Skelett der Säugetiere
Der Tierkreis im Skelett der Säugetiere
Der Mensch im Tierkreis – Zuordnungen und Gesetzmässigkeiten
Wirkungen zwischen polaren Tierkreis-Zeichen
Die Siebengliedrigkeit des Tierkreis-Menschen
Verbindungen über den Planetenherrscher
Die drei Kreisläufe im Tierkreis
Tierkreis-Tango
Übungen
Heft 3
Eurythmie: Vom Ort zum Wort
Woher kommt das Wort Eurythmie
Die Entstehung der Eurythmie
Die Polarität von Eurythmie und Computertechnologie
Das System der Laute
Die Lautgebärden
Das Wort
Übungen
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Heft 4
.
Download
Heileurythmie, die Potentiale einer revolutionären Heilkunst
Die Entwicklung der Heileurythmie durch Rudolf Steiner
Nur ein System von vielen?
Heileurythmische Physiologie
Die heileurythmische Behandlung
Das beste Heilmittel ist der Mensch selbst
Revolution und Potential
Übungen
Unter www.bewegteworte.ch/downloads.html können alle 4 Hefte einzeln heruntergeladen werden.
In Vorbereitung
Heft 5
Die heileurythmische Organ-Fibel – Übungen für den Alltag
Heft 6
Heileurythmisches Vademekum – Übungen für akute Beschwerden
Heft 7
Flügel, Säulen und Chakren (
Die drei Flügelpaare des Menschen
Die vier Äther: Ich bin – Es denkt – Sie fühlt – Er will
Die linke und die rechte Säule (Jachin und Boas)
Die sieben Chakren und Lotosblüten
Übungen
Heft 8
Der achtgliedrige Pfad und seine Anwendung in einem Achtsamkeitsprogram
Ein Üb-Programm zum achtgliedrigen Pfad
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Inhalt
Einleitung ................................................................................................... 5
Meine Motivation .................................................................................... 5
Von der Bedeutung des Gegenteils ....................................................... 5
Wie oben, so unten – Das Mysterium Magnum ........................................ 9
Die Smaragdene Tafel ........................................................................... 9
Die Tafel von Memphis ........................................................................ 10
Ich bin zwei .............................................................................................. 12
Ich / M-Ich ............................................................................................ 12
Bin ich wirklich zwei? ........................................................................... 13
Das Kreuz mit der Evolution ................................................................ 14
Die Erfahrbarkeit des oberen und des unteren Menschen ...................... 17
Der obere Mensch ............................................................................... 17
Der untere Mensch .............................................................................. 17
Die gegenseitige Durchdringung von oberer und unterer Mensch ...... 18
Der „Kästchenkurs“ von Rudolf Steiner ............................................... 18
Empfindung und Gefühl ........................................................................... 20
Die Polarität von Empfindung und Gefühl ............................................ 20
Empfindung und Gefühl im Körper ...................................................... 21
Empfindung und Gefühl im oberen und unteren Menschen ................ 22
Wenn die Hormone denken ................................................................. 22
Tango – Die Separation von oben und unten .......................................... 23
Die Geschichte vom Tango ................................................................. 23
Trennen und Verbinden - Das Prinzip der Spagyrik ............................ 23
Der mittlere Mensch ................................................................................ 26
Die Mitte gibt es nicht .......................................................................... 26
Das rhythmische System ..................................................................... 27
Leib, Geist - und die Seele? ................................................................ 29
Loslassen und Auferstehen ................................................................. 30
Anhang .................................................................................................... 33
Übungen .............................................................................................. 33
Gedichte mit unterschiedlichem Bezug zu Empfindung und Gefühl .... 37
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Einleitung
Es geht immer um das Gleiche
Loslassen und im Inneren aufwachen
Meine Motivation
Ich versuche, eine Beziehung der Elemente des Tierkreises zu unseren Organen und Körpergliedern herzustellen und Zusammenhänge aufzuzeigen.
Ich will zeigen, dass der Mensch grösser ist, als er meint. Dass er aus einem oberen kosmischen und einem unteren, der Evolution zugehörigen Teil
besteht. Dass wir durch unseren Körper eine tiefe Verbindung mit der Erde
eingehen können. Makrokosmos und Mikrokosmos spiegeln sich im eigenen Leib.
Zum einen liegt mir daran, aufzuzeigen, dass der Mensch aus Eurythmie
besteht, dass das heute nicht mehr gelernt werden muss sondern entdeckt
werden kann und dass die damit zusammenhängenden Gesetzmässigkeiten überall im praktischen Leben angewendet werden. Wenn wir unsere Potentiale kennen, helfen sie uns, unsere Aufgaben zu meistern. Ignorieren
wir sie, werden wir durch Krankwerden aufgefordert, uns auf die Suche danach zu machen. Darum ist diese Arbeit auch ein Versuch, zum Zentrum
der Heileurythmie vorzustossen und daraus wirken zu lernen.
Von der Bedeutung des Gegenteils
„Wenn man irgendeine Behauptung macht
über Weltzusammenhänge, so ist das Gegenteil davon auch richtig.
Und nur durch das Zusammenschauen der
zwei ist es möglich, die Wirklichkeit zu sehen.“
(R. Steiner, GA 186, 1918)
Das gilt auf allen Ebenen: Wenn ich Wasser oder Wein in ein Glas gebe fülle oder leere ich es dann? Natürlich beides: Ich fülle es mit Flüssigkeit,
aber dadurch leere ich es auch - die Luft, die vorher im Glas war, ist jetzt
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draussen.
Auch in der Bewegung geschieht immer das Gegenteil. Wenn ich z.B. durch
Heben meiner Arme einen substanziell erlebbaren Strom nach oben auslöse, dann geschieht auch das Gegenteil. Ich muss nur darauf achten. Wenn
ich das tue, bringt mich jedes Aufströmen hinunter in meine Füsse.
Das kontinuierliche Ausgleichen durch Erzeugung des Gegenteils ist eine
Leistung des Ätherleibes. Er ist der grosse Harmonisator in uns. Er funktioniert wie die Erde als Ganzes, die uns trägt und nährt, die uns aber auch
ertragen muss.
Sein Auftraggeber ist der Astralleib, unsere kosmische Seite. Von dort
kommen die Bewegungs- und Gestaltungsaufträge, die wir mit unseren
physischen Leib erfüllen sollen: unsere Ideen, Wünsche, Bedürfnisse. Der
Astralleib produziert damit fortwährend Ungleichgewicht: Das ist zu tun, das
ist zu lassen, das habe ich mir vorgenommen, so will ich mich weiterentwickeln, usw.
Der Ätherleib ist der grosse Diener. Die Undinen genannten Elementarwesen sind seine Verbündeten (Und-dienen). Jeden Wunsch des Astralleibs
versucht er zu erfüllen und in physisches Geschehen umzusetzen.
Das Ich wirkt in der Stille. Es ist Anwesenheit, Gelassenheit. Das Ich ist die
Kraft in uns, die in den zwei Polen einer Sache leben kann. Ich kann diesen
Standpunkt verstehen, aber ich kann gleichzeitig auch den anderen verstehen. Wenn diese stille Kraft der Aufmerksamkeit anwesend ist, dann kann
der Ätherleib seine Fähigkeit, Harmonie zu erzeugen, entfalten. Dann erzeugt sich bei jeder Aktivität das heilende Gegenteil. Ich vertiefe mich in eine Sache und kann gleichzeitig Abstand bewahren. Ich bin aktiv, aber zugleich entspannt. Ich verbinde mich mit dir und gleichzeitig mit meinem Engel.
Wenn der Ätherleib die Bewegungen machen darf, so wie er sie vom Ich
hört, und nicht so, wie mein Tagesbewusstsein, mein Astralleib es sich vorstellt, dann kann er beim Ausführen der Bewegung für die vollendete Harmonie sorgen. Wenn ich dem Ätherleib erlaube, meinen Arm ganz aus seinen eigenen Kräften zu heben und es nicht „selber“ mache, dann organisieren sich die Fasern meiner Muskeln in feinster Harmonie wie eine Musik.
Meistens weigern wir uns, diesen Verbund von Ätherleib und Ich herzustellen oder zuzulassen. Dann regieren verborgene Ängste und andere Motive.
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Ich jage vorwärts, verliere den Abstand und verhindere bewusst oder unbewusst den gesunden Ausgleich. Dann sorgt der Ätherleib irgendwann für
den grossen Ausgleich, die Krankheit.
Seinem Wesen nach ist der Ätherleib jedoch die Kraft der Gesundheit, die
es mir erlaubt, mich ganz und ohne Einschränkung zu leben.
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Wie oben, so unten – Das Mysterium Magnum
Aus dem oben Gesagten soll deutlich geworden sein, dass es nicht um die
Frage geht, sich mehr mit dem oberen oder mehr mit dem unteren zu identifizieren. Beide sind immer gleich anwesend, nur ihr Verhältnis ist verschieden. In den okkulten Strömungen wurde schon früh die Ansicht gelehrt,
dass das als oben und unten getrennt Erscheinende letztendlich ein „Eines“
ist. Von Hermes Trismegistos, dem Begründer der altägyptischen Hermetik
ist auf der mythischen Tabula Smaragdina der Ausspruch überliefert „wie
oben so unten“. Dieser Spruch bildete später die Grundlage aller Alchemie.
Dieser Gedanke wurde von Jakob Böhme (1575-1624) in seinem Werk
„Mysterium Magnum“ weiter ausgeführt und gelehrt. Eine seiner grundlegenden Ideen ist: „Es gibt nichts Geistiges ohne Leibliches.“ In Anlehnung
daran hat Rudolf Steiner später das Phänomen der 7 siebengliedrigen
Menschen in uns ebenfalls als Mysterium Magnum bezeichnet.
Die Smaragdene Tafel
Die Tabula Smaragdina ist ein dem Hermes
Trismegistos zugeschriebener Text, der die
philosophische Basis der Hermetik bildet und
der als Grundlagentext der Alchemie gilt.
Hermes Trismegistos („dreimal grösster Hermes“) ist eine sprachliche Verschmelzung des
griechischen Gottes Hermes mit dem ägyptischen Gott Thot. Die als Corpus Hermeticum
bekannten Dialoge wurden in der Renaissance wiederentdeckt und sind wahrscheinlich griechischen Ursprungs aus dem 2. Jahrhundert.
Tabula Smaragdina
Seite aus Secretum secretorum
Arabische Handschrift
Nach der Legende war der Text auf zwei Säulen oder Tafeln aus Smaragd geschrieben, die
in der Cheopspyramide unter einer Hermesstatue im Grab des Hermes gefunden worden
waren.
1.
2.
Wahr, wahr, kein Zweifel darin, sicher, zuverlässig!
Siehe, das Oberste kommt vom Untersten, und das Unterste vom
Obersten; ein Werk der Wunder von einem Einzigen.
3. Wie die Dinge alle von diesem Grundstoff durch ein einziges Verfahren
entstanden sind.
4. Sein Vater ist die Sonne, seine Mutter der Mond; der Wind hat ihn in
seinem Bauch getragen, die Erde hat ihn ernährt.
5. Er ist der Vater der Zauberwerke, der Behüter der Wunder, vollkommen an Kräften; der Beleber der Lichter.
6. Ein Feuer, das zu Erde wird.
7. Nimm hinweg die Erde von dem Feuer, das Feine von dem Groben,
mit Vorsicht und Kunst.
8. Und in ihm ist die Kraft des Obersten und des Untersten. So wirst du
zum Herrscher über das Oberste und das Unterste. Weil mit dir ist das
Licht der Lichter, darum flieht vor dir die Finsternis.
9. Mit der Kraft der Kräfte wirst du jegliches feine Ding bewältigen, wirst
du in jegliches grobe Ding eindringen.
10. Gemäss der Entstehung der grossen Welt entsteht die kleine Welt,
und das ist mein Ruhm.
11. Das ist die Entstehung der kleinen Welt, und danach verfahren die Gelehrten.
12. Darum bin ich Hermes der Dreifache genannt worden.
Abschnitt 2 wird auch übersetzt mit:
„Dasjenige, welches Unten ist, ist gleich demjenigen, welches Oben ist.
Und dasjenige, welches Oben ist, ist gleich demjenigen, welches Unten ist,
um zu vollbringen die Wunderwerke eines einzigen Dinges."
Die Tafel von Memphis
Die Memphitische Tafel ist eine in griechischer Sprache abgefasste, in koptischen Buchstaben in einen Felsen gemeisselte Inschrift. Sie soll in der
Nähe von Memphis (Ägypten) gefunden worden sein. Sein Gehalt kann als
eine verdichtete Version des Beginns der Tabula Smaragdina interpretiert
werden.
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ΟΥΡΑΝΟ.ΑΝΩ.ΟΥΡΑΝΟ.ΚΑΤΩ.
Himmel oben, Himmel unten.
ΑΣΤΕΡΑ.ΑΝΩ.ΑΣΤΕΡΑ.ΚΑΤΩ.
Sterne oben, Sterne unten,
ΠΑΝΩ.ΑΝΩ.ΠΑΝ.ΤΟΥΤΟ.ΚΑΤΩ.
Alles, was oben, ist auch unten
ΤΑΥΤΑ.ΔΑΒΕ.ΚΑΙ.ΕΥΤΥΧΕ.
Solches nimm und sei glücklich.
Prodromus Coptus. Kap. 7, S. 173
oder kurz
wie oben, so unten
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Ich bin zwei
Ich / M-Ich
Jeder Mensch weiss, dass er aus zwei Menschen besteht, dass er so etwas
wie zwei „Ich“ hat. Er spricht es sogar oft aus, macht es sich in der Regel
aber nicht bewusst:
·
·
·
·
·
·
·
·
Ich wasche mich
Ich ziehe mich aus
Ich weiss nicht was ich will
Das nehme ich mir übel
Ich mag nicht, dass ich so dick bin
Ich leide darunter, dass ich so viel Schokolade esse
Ich fühle mich heute gut
Ich fühlte mich gestern nicht gut
Jeder Mensch spricht von sich als von einem Subjekt, das handelt und
gleichzeitig von einem Objekt, das behandelt, gefragt wird usw. Dabei ist
deutlich, dass es sich nicht einfach um zwei Hälften handelt. Jeder Mensch
erlebt sich als eine Ganzheit, mit der man sich fraglos identifiziert. Und
trotzdem erlebt sich jeder Mensch doppelt, und drückt das egal in welcher
Sprache auch so aus. Fast niemand hat ein Problem damit – aber fast niemand macht sich bewusst, was er damit über sich sagt.
Ich … mich … ? Worum handelt es sich dabei?
Das eine „Ich“ von mir geht von Inkarnation zu Inkarnation, zieht jeden Morgen in den Körper ein
und verlässt ihn wieder am Abend. Wenn ich wieder im Körper bin, dann versuche ich, meine inneren Impulse zu leben und dabei Erfahrungen zu
sammeln. In meinem Innern lebt und webt irgendwie die ungebundene kosmische Weite all meiner
Inkarnationen. Eigentlich bin ich ein inkarnierter
Engel, ein Bengel eben.
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Der Körper, der nachts in meinem Bett liegen bleibt, bin
aber auch ich und nicht jemand anderes. An diesem Körper haben in einem ununterbrochenen Strom über Millionen von Jahren tausende von Vorfahren mitgewirkt.
Unendlich oft wurde er als Ei von einem Samen befruchtet, ist zu einem Erwachsenen geworden, hat sich zu einem neuen Samen bzw. Ei zusammengezogen, hat befruchtet und wurde befruchtet. Ein unendlicher Strom von
Ausdehnung und Zusammenziehung! Mein Körper trägt die Erfahrung der
ganzen Erdenevolution in sich. In ihm finden alle Wachstums- und auch
Heilungsprozesse statt. Beim Tod geht er mit der Erfahrung all seiner Zellen
in die Elemente der Erde ein. Ohne ihn geht hier auf der Erde nichts. Ich
muss mit ihm zusammenspannen, um in der Welt wirken zu können. Das
unterstützt er, so gut er kann.
Rudolf Steiner hat, angeregt durch die Gestalt dreier
samothrakischer Gottheiten in Goethes Faust, humorvoll drei charakteristische Arten dargestellt, wie
man in seinem Topf (Körper) stecken kann.
(R. Steiner: Die drei Kabiren 1917)
Bin ich wirklich zwei?
Diese Zweiheit spiegelt sich in Vielem. Man unterscheidet Menschen danach, ob sie mehr Kopf- oder Bauchmenschen sind. Man sagt, das ist ein
Blutsmensch, das ist ein Nervenbündel. Man unterscheidet die Lebenslustigen von den Pflichtbewussten usw. Hinter allem steht die Urpolarität des
oberen reinkarnierenden und des unteren evolutionären Menschen.
Je nach Neigung identifizieren sich die Menschen mehr mit dem einen oder
mit dem anderen. Die esoterisch Interessierten identifizieren sich mit dem,
der kommt und geht. Ich wohne in meinem Körper temporär, lebe die in vorigen Inkarnationen gemachte Erfahrungen aus, verarbeite sie und sammle
neue an. Mich interessiert, wer ich im letzten Leben war, was ich davon an
mir trage und was das für mein jetziges Leben bedeutet.
Andere Menschen identifizieren sich mit den Potentialen, die sie in sich vorfinden, mit ihrer Power, mit ihrem Erfolg, mit ihrer Lebenslust. Hier zählt
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das, was man kann, mehr als das, was man möchte. Es interessiert die
Wirkung, die man hat. Körpererlebnisse werden Faktoren für das Selbstbewusstsein. Man will Erfahrungen machen und am Ende des Lebens sagen
können, dass man gelebt hat.
Immer sind es Mischungen der beiden Pole. Bei Menschen, die so intensiv
wie möglich leben wollen und denen das Davor und Danach egal ist, wirkt
eigentlich das innere Feuer. Aber es wird ganz über den Körper erlebt.
Dann gibt es Wissenschaftler, die alles, was über die körperlich messbaren
Phänomene hinausgeht, entweder systemkonform interpretieren oder ausklammern. Da wird der geistige Aspekt des Denkens ganz von der Nüchternheit der Erdenkräfte absorbiert.
Im Alltag macht man sich meist nicht bewusst,
mit welchem der beiden man sich gerade identifiziert, wer gerade überwiegt. Mit Worten wie
"mir wird schlecht" oder "ich mag das" kann
sich genauso gut mein Körper-Ich wie mein
Seelen-Ich ausdrücken.
Wichtig ist, dass man sich klar macht, dass es
das eine ohne das andere nicht gibt. Es gibt
Ich bin Eins
keinen oberen Menschen ohne den unteren. In
jeder Zelle von uns sind immer beide Pole anwesend. Ohne meinen Körper
kann ich nicht auf der Erde leben. Sobald mein Ich sich morgens nicht mehr
neu inkarniert, löst sich mein Körper auf. Sie erhalten sich gegenseitig am
Leben.
Gesund ist man nur, wenn die beiden Menschen harmonisch zusammenwirken. Sind sie sich fremd, dann verlieren sie das Gefühl füreinander. In
der Sprache wird das exakt ausgedrückt: „ich fühle mich nicht gut“. Umgekehrt gilt aber auch: Wenn der obere den unteren Menschen fühlt, dann
entsteht Harmonie und Gesundheit. Das ist Gegenstand der vielen verschiedenen Therapierichtungen, die letztendlich alle darauf zielen.
Das Kreuz mit der Evolution
Symbolisiert werden diese beiden Teile von uns im christlichen Symbol des
Kreuzes. Der horizontale Balken ist der ununterbrochene Strom der Evolution von der Vergangenheit in die Zukunft. Durch ihn sind wir in alle Zusammenhänge auf der Erde eingebettet. Im vertikalen Balken erleben wir
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das sich Hineinsenken und Wiederaufsteigen des reinkarnierenden Anteils
des Menschen. Der Kreuzungspunkt der beiden ist das viel zitierte „Hier
und Jetzt“.
Auch in unseren Namen drückt sich dieser Sachverhalt aus. Die Eltern suchen einen „passenden“ Vornamen für das erwartete Kind, für sein IchWesen. Manche träumen den Vornamen für ihr Kind. Der Nachname ist
Ausdruck des durch die Eltern vermittelten Vererbungskörpers.
Ich bin aber nicht mein Urahn und ich bin auch nicht der, der „ich“ vielleicht
einmal war! Ich bin der, der im Hier und Jetzt den horizontalen Strom und
den vertikalen Impuls zusammenbringt. Ich trage mein Kreuz und in dem
Kreuzungspunkt beider Balken entwickle „ich“ „mich“ weiter. Wenn man
sich dieses letzte „Ich mich“ auf der Zunge zergehen lässt, dann kann man
zu dem Eindruck kommen, dass das letzte Ziel aller Anstrengungen nicht
die Entwicklung des eigenen „Ich“ ist, sondern die Entwicklung des der Evolution zugehörigen „Mich“. Indem wir an unserem
Körper arbeiten, indem wir unsere gesundheitlichen Probleme lösen, arbeiten wir also
auch an der Evolution der Erde! Wie sehen
Sie das?
Das Kreuzbein ist der Punkt, wo der horizontale, irdische, nach vorne gerichtete
Strom und der vertikale Impuls der Aufrichtung aufeinandertreffen. Das Kreuzbein
umhüllt das kleine Becken, bietet ihm Geborgenheit und Dunkelheit. Es schirmt den
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Raum darunter von den von oben wirkenden Himmelskräften ab, als wäre
es das Gewölbe eines unterirdischen Schädels. Auf dieser „Schädelstätte“
findet die Aufrichtung der Wirbelsäule statt. Das geschieht nicht in einem
ruhigen Übergang. Mit kräftigem Zug wird in einem dramatischen Geschehen die Wirbelsäule aufgerichtet.
Am 5. Lendenwirbel haben viele Leute Schmerzen, dort treten viele Bandscheibenvorfälle auf. Hier tragen wir unser Kreuz. Es ist ein heiliger Ort. Darum heisst das Kreuzbein auch Sacrum oder Sakralbein.
Heute entwickeln die Menschen ein neues Bewusstsein für ihre Wirbelsäule. Die Rücken tragen uns nicht mehr, sie zerbrechen. Unbewusst arbeiten
wir alle daran, eine neue, ätherische Wirbelsäule aufzubauen. Eine, die
nicht über mechanischen Zug aufgerichtet wird sondern mit geistigen
Gleichgewichtskräften.
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Die Erfahrbarkeit des oberen und des unteren
Menschen
Der obere Mensch
Der obere Mensch ist der, der für unser Bewusstsein zuständig ist. Er
weiss, was wir uns vorgenommen haben, er will seine Vorhaben verwirklichen und er will die Ernte mitnehmen können. Der „obere Mensch“ und unser Engel haben eine intensive Beziehung miteinander. Man kann sie nicht
voneinander trennen. In der Regel erlebt man seinen Engel hinter sich.
Menschen, bei denen der obere Mensch dominiert, haben deshalb einen
starken Bezug zum hinteren Raum. Wenn man ihnen sagt, sie sollen vorwärtsgehen, dann sind solche Menschen oben oft wie zurückgehalten. Oder
sie geben sich oben erst einen kleinen energetischen Schubs, bevor die
Beine anfangen zu laufen. Der obere Mensch geht viel lieber rückwärts als
vorwärts. Der obere Mensch bringt Struktur, aber wenn es zu viel wird,
dann verkrampfen wir uns. Obwohl sein Ziel das Leben ist, kann er uns
auch lebensfremd machen.
Der obere Mensch ist der kosmische Mensch, der in den Körper inkarniert
und mit seinen persönlichen Impulse und Ideale in ihm lebt. Er lebt auf Kosten des unteren Menschen. Er muss lernen, loszulassen, einzutauchen. Er
kann lernen, dass der untere Mensch darauf wartet, ihn in sich aufzunehmen, ihn zu beleben. Dann kann er im Einklang mit den Gegebenheiten und
frei von allen Zwängen wie neugeboren aus dem Inneren aufsteigen.
Der untere Mensch
Der untere Mensch ist das pralle Leben. Er sorgt für alle Aufbauprozesse in
uns. Er will vorwärts. Man kann das ausprobieren, indem man mit den Händen in den Bereich neben den Hüften oder tiefer greift und die Energie dieses Raumes etwas nach vorne schiebt. Dann kann man erleben, wie der
Körper von dieser Energie wie mitgezogen wird. Ohne den unteren Menschen geht im physischen nichts. Er nimmt die Impulse des oberen auf und
setzt sie um. Trotzdem besteht zwischen den beiden oft eine Diskrepanz.
Für den oberen ist das Element des unteren so fremd, dass er davor Angst
bekommen kann und sich unbewusst nicht auf dessen Leben einlässt und
sich zurückzieht. Darum ist heute das Thema „Loslassen“ eines der zentra17
len Themen in jeder therapeutischen und biografischen Situation. „Loslassen“ ist heute in aller Munde und nichts ist so schwer wie das.
Der untere Mensch ist verbunden mit unserem Erbstrom, er gibt uns unsere
Lebenskraft und Gesundheit. Die Art seiner Verbindung mit dem oberen
bestimmt unsere Lebensqualität.
Die gegenseitige Durchdringung von oberer und unterer
Mensch
Der obere und der untere Mensch sind zwei komplette Menschen, die alles
haben, was ein Mensch braucht. Wenn in der anthroposophischen Menschenkunde davon gesprochen wird, dass der lebendige Mensch einen
Physischen Leib, Ätherleib, Astralleib und ein Ich hat, dann haben das sowohl der untere wie der obere Mensch. Nur stecken sie umgekehrt ineinander. Beim oberen Mensch ist das Ich aussen und das Physische innen,
beim unteren Mensch ist das Physische aussen und das Ich innen. Vereinfacht kann man sagen, dass ich mit dem oberen Menschen von aussen wirke, mit dem unteren Menschen von innen.
Oberer Mensch und unterer Mensch wirken immer zusammen. Der untere
ist auch im Kopf, der obere geht bis in die Zehennägel. Ohne den unteren
geschieht nichts und ohne den oberen auch nicht. Es lohnt sich aber, differenziert zu beobachten, damit man weiss, auf welcher Seite man gerade in
welcher Weise aktiv ist.
Beim Grinsen und Lächeln sieht man den Unterschied gut. Lächeln kommt
von innen. Es tut sowohl dem gut, der lächelt, als auch dem, der es sehen
darf. Lächeln macht gesund. Grinsen ist der Versuch zu lächeln, aber es ist
„aufgesetzt“. Dadurch ist Grinsen immer etwas verkrampft, es verbreitet
kein Wohlsein. Natürlich gibt es auch hier gelungene Zwischenformen, wie
z.B. das verschmitzte Lächeln, wo sich Selbstbewusstsein mit Lebensfreude paaren. Kommt von beiden Seiten Druck, dann entsteht die Grimasse.
Der „Kästchenkurs“ von Rudolf Steiner
Diese Zusammenhänge sind in dem Vortrag „Der unsichtbare Mensch in
uns“ von Rudolf Steiner beschrieben (sogenannter „Kästchenkurs“,
11.2.1923). In dem dazu gezeichneten Tafelbild beginnt der Mensch seinen
Weg im gelben „Kästchen“ rechts oben. Bei seinem Abstieg in den Körper
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kann er einmal seelisch geistig über die Sinne und die Brustorgane in den
Körper einziehen. Das macht er über den oberen Menschen. Sein Zuhause
hat er dann vor allem in den Organen oberhalb des Zwerchfells. Man erlebt
seine Identität in dem, was man denkt und empfindet.
Das ICH hat keine räumliche Begrenzung. Deshalb kann es bei seinem Abstieg gleichzeitig einen zweiten Weg nehmen, länger im Geistigen
Menschen bleiben und sich auf diesem Weg mit
der Erde verbinden. In der Zeichnung ist das als
absteigende Linie im rechten Kästchen-Turm neben dem Körper dargestellt. Dann zieht man nicht
über den oberen Pol in den Körper ein, sondern
über seinen unteren Pol. Von dort steigt das Ich in
den Blut- und Pulsvorgängen auf und man erlebt
seine Identität in dem, was man fühlt und will.
Ohne diesen vorherigen Abstieg und Wiederaufstieg im Körper wirkt das ICH im Organismus
zwar bewusstseinsschaffend, aber abbauend.
Aufbauend wirkt das ICH nur, wenn es im Geist durch die oberen Wesensglieder bis ins tiefste Innerste hinuntergegangen ist und zusammen mit dem
dann von unten kommenden Strom des unteren Menschen wie neu geboren aufsteigt.
In der täglichen Erfahrung kann man das gut beobachten: der obere Strom
wirkt abbauend und ermüdend, der untere, von innen kommende Strom
aufbauend und erfrischend.
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Empfindung und Gefühl
Die Polarität von Empfindung und Gefühl
Normalerweise gibt es kein Gefühl ohne Empfindung und keine Empfindung
ohne Gefühl. Die Abgrenzung der Begriffe von Empfindung und Gefühl
bleibt deshalb meist unscharf. Das Sprachgefühl kann jedoch Unterschiede
machen und in der Literatur findet man Beispiele für einen sehr differenzierten Gebrauch. Hier ein Beispiel:
Es wäre trivial, erst den Nachweis führen zu wollen, wie jede Skala des Gefühls musikalisch dargestellt und von
musikalischen Menschen auch allgemein beim Hören der Musik empfunden werden kann. In diesem Nachempfinden der Gefühle des Komponisten liegt ja gerade der Hauptreiz beim Anhören von Musik. Freilich werden die Empfindungen beim normalen Hörenden niemals so lebhaft werden, dass er sich
von ihnen zu Handlungen oder Bewegungen irgendwelcher Art sich hinreissen lässt, …
Henning, R., Die Schlaftänzerin, Berliner Tageblatt (Morgen-Ausgabe) 04.03.1904, S. 6-7
Empfindungen sind mit Sinneswahrnehmungen oder Vorstellungen verbunden. Sie wägen ab, urteilen und haben Wahrnehmungscharakter.
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Ich empfinde dieses Blau als schön
Sie empfand diesen Ton unpassend
Diese Kälte spürt man am ganzen Körper
Ich empfinde Schmerzen
Gefühle sind Regungen oder Antworten aus dem Inneren. Sie sind subjektiv, beruhen nicht auf Überlegung und haben Willenscharakter. Gefühle
werden in der Regel durch Tätigkeitsworte ausgedrückt.
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Ich liebe diesen Mann / diese Frau
Ich hasse dieses Blau
Ich mag das nicht
Das Gefühl trog den Jäger nicht: Nahe der Flussbiegung lief ihm ein
kapitaler Hirsch vor die Büchse.
Sätze mit „haben“ wie „Ich habe Angst“, „Ich habe
Hunger“ beschreiben die Wahrnehmung von Gefühlen.
Sie heben diese als Gegenstand einer Wahrnehmung
ins Bewusstsein, schaffen Distanz. Es sind empfundene Gefühle. Werden Empfindungen in Urteilen zusammengefasst, wie bei „Das gefällt mir nicht“, „Das belastet mich“, dann identifiziert man sich mit seiner inneren
Stimme. Es sind gefühlte Empfindungen.
Sätze mit „Sein“ wie „Ich bin krank“, „Ich bin hungrig“
sind Identifikationen mit dem eigenen Zustand. Sie
drücken das Gefühlte aus. Werden dagegen Gefühle
konstatiert, ist das bereits eine Distanzierung und damit ein Schritt Richtung Empfinden: „Ich fühle mich
krank“, „Das fühlt sich nicht gut an“.
Empfindung und Gefühl im Körper
Sinneswahrnehmungen,
Körperwahrnehmungen, aber auch Wahrnehmungen
von Seeleninhalten, erzeugen im Betrachter Eindrücke und Wirkungen. Wenn
man sich diese Eindrücke über das Körperbewusstsein bewusst macht, kann
man das Empfinden nennen. Durch das
Richten auf Wahrnehmungsinhalte, denen man sich innerlich gegenüberstellt,
wird das Körperbewusstsein peripher.
Der Gegenstand des Bewusstseins wird
beobachtet, man urteilt und vergleicht, oft in Bezug auf die eigenen Bedürfnisse und Befindlichkeiten. Eine Empfindung wird erlebt, als wäre sie eine
objektive Tatsache. Empfindungsbetonte Menschen werden oft als empfindlich erlebt. Die Dinge gehen ihnen unter die Haut. Die Empfindung hat Bezug zum oberen Mensch und zum Nervensystem: „emp!“ und „finde!“.
Das Gefühl quillt aus dem unteren Menschen, aus unserem Körper, in dem
unsere Lebenserfahrungen gespeichert und verarbeitet sind. Es steigt aus
dem Inneren auf und hat Verbindung zu meinen verborgensten Wünschen
und Absichten. Es ist auf etwas gerichtet. Was mich bewegt ist meine tiefe
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Verbindung zu ihm: was will ich von ihm, was will ich für ihn. Die Quelle des
Gefühls aber bleibt vage. Gefühlsbetonte Menschen werden als warm und
vollblutig und sinnlich erlebt. Gefühle können kochen und überschäumen.
Sie haben Beziehung zum Blut, zu den Muskeln. Gefühle sind Aufforderung
zu Aktivität: „geh!“ und „fülle!“.
Empfindung und Gefühl im oberen und unteren Menschen
In der empfindungsgetragenen Bewegung werden die Glieder innerhalb einer seelisch wachen Atmosphäre bewegt. Die Arme, ja der ganze Körper,
werden leicht und können wie von unsichtbaren Fäden von aussen getragen und bewegt werden. Das Bewusstsein von der Qualität der Bewegung
ist hoch.
Diese empfindungsgetragene Bewegung wird beeinflusst von allem, was
mit dem oberen Menschen zusammenhängt: Atmen, Erschrecken, Vorstellungen usw. Versuchen Sie einmal, mit einem Einatmen, das Sie im ganzen
Körper spüren, eine Treppe hinaufzugehen. Machen Sie es ein zweites Mal
so, dass Sie dabei ausatmen. Spüren Sie den Unterschied?
Die vom Gefühl motivierte Bewegung wird beeinflusst von allem, was mit
dem unteren Menschen zusammenhängt. Man spürt das Innere des eigenen Körpers, den Torso, sein lebensgefülltes Volumen, den schwellenden
Muskeltonus. Gibt man sich mit dem Körper dieser Energie hin, wird er bei
dieser Bewegungsart wie von innen getragen. Die Selbstwahrnehmung ist
voll und warm. Der Atemstrom fügt sich wie von selbst in diesen Fluss ein.
Simulieren Sie einmal Wut und gehen dann auf jemand zu. Erzeugen Sie
einmal Trauergefühle und gehen dann auf jemand zu. Ergibt sich ein deutlicher Unterschied, wie Sie den erforderlichen Krafteinsatz erleben?
Wenn die Hormone denken
Es wäre eine interessante Aufgabe, der Polarität von Nervensystem und
Hormonsystem bezüglich seiner Steuerungsaufgaben in unserem Körper
und unserem Verhalten nachzuspüren. In einem ersten Wurf könnte man
sagen: Der obere Mensch denkt, empfindet und steuert mit dem Nervensystem, der untere Mensch denkt, fühlt und steuert mit den Hormonen.
22
Tango – Die Separation von oben und unten
Die Geschichte vom Tango
Der Tango entstand im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in den Vorstadtvierteln von Buenos Aires. Seine genaue Entstehung ist im Dunkel. Schon
bald galt der sehr körpernah zu tanzende Tango als der Tanz, der der Prostitution am nächsten kam. Um 1920 herum entstand die „Neue Garde“. Die
Musikstücke wurden nicht mehr improvisiert, sondern von namenhaften
Komponisten und Textern geschrieben; der Tanz entwickelte sich zu einer
eigenen Kunstform. Nach 1948 wurde der Tango vor allem als Musikform
weiter entwickelt Erst in den sechziger und siebziger Jahren erlebt er ein
Revival durch die Erfindung des Bühnentangos, der aus einstudierten Choreographien besteht und dem Argentinischen Tango zu neuer Beliebtheit
verhalf.
Beim Tango geht es um Improvisation, um führen und geführt werden. Das
gemeinsame Erleben eines Momentes, der Musik und der Reiz der Improvisation stehen im Vordergrund. Europäische, Afrikanische und Amerikanische Wurzeln mischen sich zu einer hochdifferenzierten Tanzkunst, die das
Getrenntsein und das Verbundensein auf vielfältige Weise erforscht und zelebriert.
Gekürzt nach: Eva Pérez, www.juantango.de
Trennen und Verbinden - Das Prinzip der Spagyrik
Spagyrik ist die pharmazeutische und therapeutische Umsetzung der Alchemie. Die Verfahrensschritte konzentrieren sich auf die Abtrennung des
„Wesentlichen“ von seiner stofflichen Erscheinung. Am Schluss steht die
Zusammenführung der Zwischenstufen zur „Quintessenz“, der besondere
Heilkräfte zugeschrieben werden. „Spao“ heisst „Trennen, Herausziehen“,
„Ageiro“ heisst „Vereinigen, Zusammenführen“.
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Genau das übt und schult man im Tango auch.
Beim Tango werden oberer und unterer Mensch,
die normalerweise eine Einheit bilden, bewusst getrennt. Der obere Mensch, das ist der Teil von uns,
der sich jeden Morgen beim Aufwachen in den Körper inkarniert und ihn beim Einschlafen wieder verlässt. Er ist „mein Wesen“, das Wesentliche meiner
Existenz. Im Körper wird er von dem Abschnitt repräsentiert, der vom Kopf (Widder) bis zum Becken
(dem gegenüberliegenden Tierkreiszeichen, der
Waage) geht. Der untere Mensch ist der ererbte
Körper, in dem die Erfahrung der ganzen Evolution
versammelt ist. Er gibt mir „mein Sein“ und symbolisiert sich in den Körperabschnitten, die von den
Füssen (Fische) bis zum Bauch (Jungfrau, das den
Fischen gegenüberliegende Zeichen) gehen.
Im Bereich Becken und Bauch sind oberer und unterer Mensch am unmittelbarsten miteinander verDie Separation von bunden. Man sagt ja nicht umsonst: Essen hält Leib
oberer und unterer und Seele zusammen. In der Region von Bauch
Mensch im Tango
und Becken erleben wir unser intuitives Bewusstaus Ralf Sartori:
sein, unser Bauchwissen.
Tango, Tanz des Herzens
Beim Tango nimmt man diese beiden Bereiche
auseinander. Den unteren Menschen verbindet man aktiv mit der Erde, den
oberen Menschen richtet man auf soweit es geht. Gleichzeitig verbindet
man sie, so gut es irgendwie geht, durch die Ausbildung der inneren Achse.
Die eigene Achse und die Achtsamkeit für die des Partners, der Partnerin
stehen im Zentrum aller Bewegungen. Zwei Achsen, die Himmel und Erde
verbinden, tanzen umeinander herum.
Zusätzlich werden die beiden Bereiche auch noch gegeneinander verdreht:
Mit dem Oberkörper ist man beim Partner. Der Unterkörper und die Beine
zeigen die Richtung der Bewegung. In dem Foto ist das gut zu sehen. Diese Separation ist die Energiequelle des Tangos. Sie gibt ihm den Reiz und
kreiert alle Effekte.
Oben und unten sind Symbole für Himmel und Erde, für Männlich und
Weiblich. Durch die Separation im Bereich von Hüfte und Bauch trennt man
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die natürliche Verbindung, durch die Ausbildung der inneren Aufrechte bis
hinunter in das Standbein verbindet man sie neu. Trennen und zusammenführen ist Alchemie, auch im Tango.
Diese Art des bewussten Trennens und Wiederverbindens führt dazu, dass
die getrennten Körper beginnen, sich zu verstehen. Sie unterhalten sich
miteinander in der Bewegung, ohne Worte, ohne Zeichen, ohne jede Manipulation. Das ist das Berührende dabei.
Der Tango kennt das Geheimnis vom oberen und unteren Menschen, von
Bewegung und Gegenbewegung, von Trennen und Zusammenführen. Eine
grosse Zahl von Menschen aller Bevölkerungsschichten und inneren Ausrichtung schult sich an der intimen Kunstform des Tangos, um diese Prinzipien auf der Bewegungsebene kennenzulernen.
Der Tango lebt das Thema der Polaritäten. Er schult Bewusstsein, wird
aber vor allem nachts ausgeübt. Er zelebriert die Sehnsucht, aber nicht die
Erfüllung. Wie kommt man von dem Spiel mit Polaritäten zu einer tragenden, erfüllenden Mitte? Was ist der Weg vom Mond zur Sonne?
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Der mittlere Mensch
Vor unserer Geburt haben wir die innere Verbindung unserer beiden Existenzen schon einmal urbildhaft, aber unbewusst vollzogen. Im Embryo wirkt
der obere Mensch bei der Ausgestaltung des Körpers und seiner Organe
von innen mit. In dem Körper eines Neugeborenen haben wir deshalb nicht
nur ein Abbild von Vater und Mutter, ein Ergebnis der Evolution und den
Ausdruck allgemeiner Menschlichkeit, sondern auch schon eine Ausprägung des „individuellen“ Ich.
Oberer und unterer Mensch haben also schon vor meiner Geburt zusammengewirkt. Nach der Geburt stellt sich die grosse Aufgabe, diesen Prozess zu wiederholen, oben und unten immer wieder neu zu verbinden und
das Leben entsprechend meines inneren Wesens zu gestalten.
Wir kommen hier zum Thema des Loslassens, des Verbindens mit den Erdenkräften und dem Neugeborenwerden im unteren Menschen. Wenn die
Impulse des geistigen Menschen wie natürlich aus dem Inneren kommen,
dann sagt man: „Dieser Mensch hat Charakter.“
Zuerst stellt sich aber die Frage. Wie sieht die Mitte zwischen diesen beiden
Polen aus? Gibt es sie überhaupt und wenn ja, wie bilde ich sie aus?
Die Mitte gibt es nicht
Man kann sich einen Kreis vorstellen und man kann sich viele Kreise vorstellen. Man kann sich auch die Mitte eines Kreises vorstellen und die Mitten vieler Kreise. Man kann sich eine ganze Schublade voller Kreise vorstellen. Man kann sich aber keine Schublade voller Mitten vorstellen.
Was ist die Mitte zwischen Zürich und Brissago am Lago Maggiore? Meint
man die Mitte der geologischen Entfernung oben auf der Erdoberfläche?
Oder ist es die Mitte einer gedachten Geraden durch das Berginnere hindurch? Ist die halbe Fahrstrecke von 210 km gemeint, die irgendwo im
Gotthardtunnel erreicht ist? Oder erst, wenn in Airolo die Hälfte der Fahrzeit
vorbei ist?
Es gibt keine Mitte, die irgendwo für sich existiert. Mitten erhalten ihre Substanz erst von dem, wovon sie die Mitte sind. Jede Mitte ist ein spezifischer
Ausschnitt aus einer Vielzahl von Beziehungsmöglichkeiten zwischen zwei
Polen. Je nach Blickwinkel, Definition oder Gegebenheit zeigen sich ganz
andere Mitten. Mitten sind ein Ausdruck davon, dass Dinge miteinander
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verbunden sind, aber sie stellen diese Verbindung nicht selber her.
Bei Rudolf Steiner findet man deshalb verschiedene „mittlere Menschen“.
Der „Rückenmarkmensch“ ist ein Abbild vergangener Entwicklungszustände und zwischen „Sonnengeflechts- und Gehirnmensch“ angesiedelt. Der
„mittlere Mensch“ im sogenannten Mysterium Magnum ist einer von sieben
7-gliedrigen Menschen usw.
Das rhythmische System
Genauso ist es mit dem rhythmischen System, das in der anthroposophischen Medizin eine wichtige Rolle spielt. Es wird dem mittleren Menschen
zugeordnet und als Bindeglied zwischen dem Stoffwechsel- und Gliedmassensystem und dem Nerven- und Sinnessystem verstanden.
Rhythmus ist das Gegenteil von Abgrenzung. Es ist das lebendige Wechselspiel von Gegensätzen im zeitlichen Nacheinander oder im räumlichen
Nebeneinander. Von Schwer und Leicht, von Hoch und Tief, von Innen und
Aussen usw. Rhythmus ist Ausdruck von einem real existierenden, dynamischen, veränderlichen, kreativen Gleichgewicht. Ein hochsensibles Miteinander-Weben an sich unvereinbarer Gegensätze.
Systeme sind Gebilde aus einer Vielzahl aufeinander bezogener und miteinander wechselwirkender Elemente mit einem sehr differenzierten Beziehungsgeflecht. Die Elemente von Systemen wirken in einer sinn- oder
zweckgebundenen Einheit zusammen und können sich nach aussen abgrenzen.
Im Stoffwechsel- und Gliedmassensystem und im Nerven- und Sinnessystem haben wir zwei hochkomplexe polare Systeme, die sich in ihrem Zweck
eigentlich ausschliessen, ihre Funktion aber doch nicht ohne einander ausüben können. So, wie es keinen Inhalt ohne Gefäss gibt und eigentlich auch
kein Gefäss ohne Inhalt.
Der Mensch, wie er hier auf der Erde lebt ist ein Resultat des Zusammenwirkens des oberen und des unteren Menschen. Sie sind sein kosmischer
und sein irdischer Pol. Sie sind im Menschen intensiv aufeinander bezogen.
Was in dem einen Pol geschieht, wird auf irgendeine Weise im anderen registriert und hat dort seine Wirkung, erzeugt einen Rhythmus.
Oberer und unterer Mensch bilden die Grundlage des rhythmischen Systems. Der Atemrhythmus ist ein Ergebnis des oberen Menschen, der
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Rhythmus der Blutzirkulation ein Ergebnis des unteren Menschen. Sie sind
ein situativer Ausdruck der Qualität der Verbundenheit der beiden polaren
Systeme.
Wie jede Mitte hat aber auch das rhythmische System kein eigenes Sein.
Es ist eine Beschreibung der momentanen Komposition eines Menschen
unter einem spezifischen Blickwinkel. Und so ist es auch unmöglich, es direkt zu beeinflussen. Darum gibt es im strengen Sinne auch keine Übungen, die die Mitte stärken. Es gibt höchstens Übungen, die auf spezifische
Weise den oberen und unteren Menschen miteinander ins Gespräch bringen.
Man könnte meinen, dass der Rhythmus durch die seine Grundlage bildenden Pole vorbestimmt sei. Das ist beim Menschen jedoch nicht so! Der
Mensch komponiert sich seinen Rhythmus letztendlich selbst. Er macht es,
indem er lebt! Indem er seine Biografie gestaltet, durchlebt.
Möchte ich „meine Mitte ausbilden“ oder „mehr in die Mitte kommen“, sollte
ich mir klarmachen, dass ich bestehende Gleichgewichte verändern möchte. Dazu kann ich Pole, die zu wenig ausgebildet sind, stärken, verschieben
oder sogar ganz neue ausbilden. Das heilende Prinzip dabei ist Wachstum,
nicht Abbau. Möchte ich ein voller Mensch sein, dann bin ich das nur, solange ich meine Pole ausbilde, lebe und damit Erfahrungen mache. Bin ich
nicht in meiner Mitte, suche ich nach den fehlenden Polen.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass damit nicht gemeint ist,
man solle Extreme oder Einseitigkeiten ausbilden. Es wird hier dezidiert von
Polen gesprochen, die aufeinander bezogen sind, miteinander kommunizieren und im Bewusstsein ein kreatives Geschehen erzeugen. Dann (!) ist
Mitte anwesend.
Denn die Mitte ist Nichts, aber sie umfasst Alles. Und das rhythmische System ist der MENSCH selbst.
Ich kenne Dein Leben und Tun,
ich weiss, dass du nicht kalt bist,
doch auch nicht heiss.
Ach, wärst Du nur kalt oder heiss!
Doch Du bist lau,
nicht heiss und nicht kalt,
und darum will ich Dich ausspeien
aus meinem Mund.
Offenbarung des Johannes 3,15-15 in der Übersetzung von Walter Jens
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Leib, Geist - und die Seele?
Die Frage nach dem mittleren Menschen ist auch die Frage nach unserer
Seele. Wenn mein individueller Geist und mein Leib zu „mir“ zusammenkommen, wo kommt die Seele her? Wenn wir ein Produkt von oben und unten sind, von Geist und von Evolution, gibt es dann die Seele als ein Drittes? Leib, Seele und Geist?
Auch hier müssen wir wieder eine Art Polarität anschauen. Unsere Seele ist
eigentlich ein leerer Raum. Denn erst wenn ein Impuls aus unserem Körper
auf unseren Geist trifft oder umgekehrt, ein Impuls von unserem Geist auf
unseren Körper, entstehen die bewegenden Inhalte der Seele. Die Seele ist
der Schauplatz, der See, in dem sich das Leben spiegelt. „See“-„le“ eben!
Auf der anderen Seite dürfen wir nicht vergessen, dass es eine Kraft geben
muss, die Leib und Geist am Morgen zusammenführt und am Tag zusammenhält. Wie schon gesagt, besteht unser Geist aus allem, was wir von unseren vergangen Leben in ihn aufgenommen und bewahrt haben. Er lebt
als Erinnerung an frühere Leben und an geistige Welten in uns. Unser Leib
ist das, was wir von der Evolution der Erde, von Vater und Mutter, von unseren gemachten Erfahrungen körperlich in uns lebt. Der Leib vermittelt uns
die konkrete Welterfahrung. Beides ist persönlich aber beides ist eigentlich
die Anwesenheit von Vergangenheit.
Sophia
IchKind
Auf Seite 15 habe ich sie als „das Kreuz mit der Evolution“ dargestellt. Zwei
Prinzipien können diese Polaritäten verbinden. Da haben Sie den Kreis
drum rum, den gemeinsamen Anfang von Himmel und Erde, der Quelle aller Entwicklung. Diesen Umkreis erleben wir als die Mutter, die Sophia, die
Kraft der Liebe, die alles zusammenführt und erhält. Und Sie haben den
Punkt in der Mitte, wo das individuelle Lebensdrama sich abspielt, wo um
die Verbindung der Polaritäten gerungen wird. Das Kind, der Anthropos (=
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griechisch Mensch). Dort leben und gestalten wir unser Seelenleben. Dort
arbeiten wir an unserer Zukunft. Dort werden wir uns unserer selbst bewusst.
Im Wort Anthroposophie drückt sich dieser Zusammenhang aus. Es thematisiert die Ich-Entwicklung des Menschenkindes als das sich bewusstwerden über das Verhältnis des Menschen, dem Anthropos zur umfassenden
kosmischen Liebeskraft, Sophia.
In der alchemistischen Symbolik bezeichnet man diesen Kreis der Sophia
mit dem Ich-Kind in der Mitte als die Sonne. Die Sonne wird zum Bild für
unsere voll entwickelte Seelenkraft. Man spricht deshalb auch vom sonnigen Menschen, von „du bist meine Sonne“ usw.
Venustransit vor der Sonne
Loslassen und Auferstehen
Das grosse Vorbild
Heute ist Loslassen eines der Hauptthemen in allen therapeutischen und mediatorischen Bemühungen. So loslassen, dass meine ursprüngliche Identität nicht verlorengeht. So loslassen, dass ich wirklich loslasse. So losgelassen haben, dass Neues entstehen kann. Anders als
vorgestellt, lebensvoll und identisch.
Im Urbild wurde dieses Absteigen und wieder Aufsteigen
durch die Tat des Christus vorgelebt, dem Repräsentant
für die Ich-Kraft des Menschen, dessen Erlösertat in einem gewaltigen Loslassen und dreitätigen Durchgang
durch die Erdentiefen gipfelte (Matthäus 12:40).
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Ich muss meine Vorstellungen über mich und über die
Welt loslassen, und seien sie noch so „gut“. Nur dann
kann mein Inneres übernehmen und meine Anliegen in
Harmonie ordnen und führen.
Das gilt auf der seelischen Ebene aber auch auf der
körperlichen. Darum sind alle Therapien nur Anregungen, nicht Handlungsanweisungen. Was ein Klient
nicht von sich aus, von innen heraus, ergreift, hat wenig Bestand. Nur das, was ihn von innen her bewegt,
hat das Potential, seine Entwicklung zu fördern.
Loslassen, auch wenn man nach oben will: Klettern
Auch wenn man nach oben will, muss man loslassen können. Sogar beim Klettern. Hier geht
es nicht nur ums Festhalten sondern auch um
das (gekonnte) Loslassen. Sonst kommt man
nicht mehr weiter und bleibt da kleben, wo man
ist. Entscheidender als die Kraft ist eine Technik, die das Ätherische und das Mentale mit
einbezieht. Beim sogenannten Speed-Klettern
kann man interessante Beobachtungen machen. Schafft man/frau es, mit
dem „Ich“ schon oben am Ziel zu sein und dann den Körper nur noch loszulassen, so dass er wie eine Katze die senkrechte Wand hinauftanzt? Oder
spürt man/frau mehr seinen physischen Leib und verbindet sich mit dessen
physischer Kraft, so dass der Eindruck von Leichtigkeit dem einer Anstrengung, einem Hinaufarbeiten, weicht? Besonders schön ist es, wenn man
diesen Unterschied von zwei Personen nebeneinander an einer Kletterwand vorgeführt bekommt.
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Anhang
Übungen
Die hier aufgeführten Übungen sind Notizen und Auszüge aus Skripten von
Kursen und Workshops. Für den Gebrauch ohne persönliche Anleitung sind
sie nicht geeignet. Eine diesbezügliche Überarbeitung ist geplant.
„L“ und „R“ - Schwimmen mit oder gegen den Strom
Der untere Mensch will vorwärts, der obere rückwärts. Sie können das spielerisch erleben, indem Sie auf Höhe des Oberschenkels die Energie des unteren Menschen mit Ihren Händen etwas nach vorne bringen und sich davon nach vorne ziehen lassen. Vorne Loslassen, die Hände bis nach oben
steigen lassen und davon wieder nach hinten gebracht werden. Die Hände
seitlich oder im Rücken sinken lassen, unten wieder vor bringen und weiter
wie am Anfang. Das ist der natürliche Strom im Wechselspiel von unterer
und oberer Mensch.
Es ist wie ein Fluss, der dahinfliesst. Man kann die Hand in ihn hineinhalten,
die Strömungskraft des Wassers spüren und damit mitgehen. Interessant
und lebendig wird es aber, wenn wir gegen die Strömung bewegen. Vielleicht nicht gleich mit der ganzen Hand, aber mit einem Stock. Das kostet
nicht viel Kraft, aber das Wasser sprudelt, wird durchlüftet und lebendig.
Probieren Sie es aus. Greifen Sie nach unten, bringen Sie die Energie des
unteren Menschen nach hinten und lassen Sie sich davon nach hinten tragen. Das ist kein Problem, weil das Gegenteil, wie gelernt, eben auch immer geschieht. Es ist nur nicht der primäre Einstieg, es braucht etwas mehr
Bewusstsein, aber dann geht es genauso von selber wie andersherum. Hinten lassen Sie die Hände steigen bis ganz oben und dann lassen Sie sich
von der oberen Energie nach vorne tragen. Vorne sinken lassen und wieder
zurück wie am Anfang.
Wenn Sie das eine Zeitlang gemacht haben halten Sie inne und vergleichen
das Körpergefühl, das Sie jetzt haben mit dem, das Sie bei der „natürlichen“
Abfolge hatten. Ist es nicht viel lebendiger und erfrischter? In der Eurythmie
benennen wir diese Verlebendigung des Verhältnisses von unten und oben
als das „R“-Prinzip. Das Mitschwimmen im natürlichen Strom kommt dem
nahe, was in der Eurythmie das „L“-Prinzip heisst.
Der mittlere Mensch
Licht strömt aufwärts - Schwere lastet abwärts
1. „Schwere lastet abwärts“.
Vom Herz ausgehend ein Schwere-Dreieck aufbauen nach unten zur Erde.
Dabei die Beine auseinanderstellen und von oberhalb des Solarplexus hinunterfühlen durch den Körper und die Beine in die Erde. Ein Dreieck spüren, das auf einer breiten Basis steht. Der ganze Körper erlebt dieses
Schweregefühl.
2. „Licht strömt aufwärts“
Vom Bauchraum aus ein Licht-Dreieck aufbauen nach oben zum Kosmos.
Die Arme sind weit und gestreckt. Der ganze Körper spürt und verbindet
sich durch die Arme mit seinem kosmischen Ursprung und seinen Lichtkräften. Der Körper und das Herz werden von diesem Aufstrom getragen und
fühlen sich leicht.
3. „Licht und Schwere“
Jetzt beide Übungen miteinander
verbinden. Das Schweredreieck aufbauen, dann die Arme dazu nehmen
und das Lichtdreieck aufbauen. So
einige Zeit mit erhobenen Armen
und verwurzelten Beinen dastehen.
Das Leichtechterlebnis und das
1 Urs Schwendener (*28.2.1939 +19.5.2010)
Schwereerlebnis ins strömende
Gleichgewicht bringen. Mal mehr
das eine Dreieck aktivieren, mal mehr das andere. Den gemeinsamen, ums
Sonnengeflecht umschliessenden Raum spüren. Den Raum verschieden
gross erleben: um das Sonnengeflecht, vom Herz bis Unterbauch, vom
Halsansatz bis zum Beckenboden, in der ganzen Gestalt. Die Übung auch
mal so machen, dass Sie zuerst mit dem Leichte-Dreieck beginnen. Was ist
der Unterschied für Sie?
Anmerkung: Das Sonnengeflecht, der Bereich unserer Verdauungsorgane,
ist der Bereich in uns, in dem sich oberer und unterer Mensch am intensivsten durchdringen. Darum sagt man auch: „Essen hält Leib und Seele zusammen“.
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Die Mitte gibt es nicht
Die Mitte ist das Leben können von Extremen und trotzdem im Gleichgewicht sein.
 Lassen Sie beide Arme hängen. Drehen Sie einen Arm von der Hand aus
langsam nach aussen, bis er davon etwas gehoben wird. Spüren Sie,
dass der Arm und der Körper auf dieser Seite etwas nach hinten gezogen werden.
 Folgen Sie diesem Zug nach hinten. Schauen Sie dabei in die Handfläche. Gleichen Sie ganz entspannt aus, dass Sie auf einer Geraden nach
hinten geführt werden und nicht auf einem Bogen, wie es die Hand von
alleine machen würde.
 Gleichen Sie aus, dass die Schulter vom Arm nicht nach hinten gedreht
wird, wie das normal wäre, sondern dass sie auch noch einen Bezug
nach vorne behält.
 Machen Sie das mit dem linken und mit dem rechten Arm und vergleichen Sie, auf welcher Seite Ihr Kontakt nach vorne natürlicher, auf welcher weniger natürlich ist.
 Machen Sie dasselbe dann mit beiden Armen. Werden Sie davon
gleichmässig und ohne Anstrengung zurückgeführt. Machen Sie sich bewusst, dass sie trotzdem in zwei Extremen leben.
Vokale und Konsonanten
Vokale, der obere Mensch: Strahlen statt Bewegen
„A“ ist Licht, das vom Herzen kommt. Vom Herz die persönliche Licht-Aura
wachsen lassen. Die Arme von dieser Licht-Aura mitnehmen lassen bis sie
ganz gestreckt sind. Die Arme innerhalb der Aura lassen, nicht selber strecken. Dann kommt ein Moment, wo die Licht-Aura, die vom Herzen aus die
Arme nach aussen trägt, sich wie umstülpt. Sie zieht in den Arm ein und
macht die letzte Streckung von Innen. Die Arme werden gerade, ohne dass
ich sie selber strecke.
Konsonanten, der untere Mensch: Strömen im Gegenstrom
 Stellen Sie sich locker hin. Greifen Sie mit ihren Händen ohne sich zu
beugen nach unten. Greifen Sie mit ihren Händen in Ihren EnergieKörper und bringen Sie ihn durch Heben der Hände dazu, mit diesen
zusammen nach oben zu strömen.
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 Wenden Sie oben die Hände und strömen Sie mit den Händen wieder
nach unten. Merken Sie, dass Sie dabei „grösser“ werden?
 Strömen Sie so wie am Anfang mit den Händen wieder nach oben.
Merken Sie, dass Sie dabei in die Füsse kommen?
 Machen Sie es mehrmals hintereinander ganz in Ruhe. Harmonisieren
Sie Ihren Atem und die Bewegung des Brustkorbs mit diesem Strömen.
Immer, wenn Sie ihren Körper spüren, geschieht auch das Gegenteil: Aufströmen verwurzelt, Abströmen richtet auf. Wenn Sie aber in dem Moment
wo Sie diese Übung machen, kein gutes Verhältnis zu Ihrem Körper haben,
dann wirken das Auf- und Abströmen einseitig: Das Aufströmen zieht einen
aus dem Körper, das Abströmen macht schwer.
Loslassen und Auferstehen
Durch den Leib schaffen
Machen Sie sich den Unterschied bewusst, ob Sie Ihre Seele durch den
Körper wirken lassen oder ob Sie lediglich Ihren Willen einsetzen. Den Unterschied merkt man fast nicht, schon gar nicht bei sich selber. Ein Beispiel
ist, ob ich jemand zuzwinkere, oder ob ihn meine Augen anstrahlen. Das ist
doch etwas ganz anderes! Für Ihren Leib ist das Nahrung und eine Quelle
der Gesundheit.
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Gedichte mit unterschiedlichem Bezug zu Empfindung und
Gefühl
Hymnen an die Nacht (1800)
Hinüber wall ich,
Und jede Pein
Wird einst ein Stachel
Der Wollust seyn.
Noch wenig Zeiten,
So bin ich los,
Und liege trunken
Der Lieb' im Schoos.
Unendliches Leben
Wogt mächtig in mir,
Ich schaue von oben
Herunter nach dir.
An jenem Hügel
Verlischt dein Glanz-Ein Schatten bringet
Den kühlenden Kranz.
Oh! sauge, Geliebter,
Gewaltig mich an,
Dass ich entschlummern
Und lieben kann.
Ich fühle des Todes
Verjüngende Flut,
Zu Balsam und Äther
Verwandelt mein Blut-Ich lebe bei Tage
Voll Glauben und Mut
Und sterbe die Nächte
In heiliger Glut.
Friedrich Von Hardenberg 'Novalis' (1772--1801)
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Mondnacht (1837)
Es war als hätt‘ der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder,
die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.
Joseph v. Eichendorff (1788 – 1857)
Wanderers Nachtlied (1780)
Über allen Gipfeln
Ist Ruh,
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832 )
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Theodor Hundhammer
Schulweg 3, CH 3272 Epsach
Telefon:
076 450 94 12
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