Firmenfahrzeuge in der EU — Neuregelung ab 1. Mai 2015 Regelung des Gebrauchs von CH-Firmenfahrzeuge durch in der EU wohnhafte Arbeitnehmer Mit einer geänderten Verordnung, welche am 1. Mai 2015 in Kraft tritt, schränkt die Europäische Union die private Nutzung von Schweizer Firmenfahrzeugen in der EU weiter ein. Ausgangslage Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EUGH) vom 7. März 2013 (C-182/12) steht die Nutzung von Schweizer Firmenfahrzeugen durch in der EU wohnhafte Mitarbeitende im verstärkten Fokus der EUBehörden. Hinterfragt wird zum einen, von wem und in welchem Umfang diese Fahrzeuge vorübergehend, d. h. unverzollt, in der EU genutzt werden dürfen, und zum anderen, ob aus der Fahrzeugüberlassung eine Mehrwertsteuerpflicht des Schweizer Arbeitgebers in der EU begründet wird. Die betroffenen nationalen Behörden in Italien, Frankreich, Deutschland und Österreich haben diese Fragen bislang unterschiedlich beantwortet, was zu einer unübersichtlichen Gesamtsituation geführt hat. Einschränkung des Privatgebrauchs Die Europäische Kommission hat nun zur einheitlichen Regelung der zollrechtlichen Behandlung dieser Fälle am 13. Februar 2015 die Durchführungsverordnung 2015/234 erlassen. Diese ändert die sogenannte Zollkodex-Durchführungsverordnung und sieht vor, dass eine Befreiung von europäischen Einfuhrabgaben nur noch möglich ist, wenn das Firmenfahrzeug durch den Beschäftigten selbst benutzt/gefahren wird, und es sich um eine gewerbliche oder gestattete private Nutzung in der EU handelt. Unter die gestattete private Nutzung fallen jedoch nur „Fahrten zwischen dem Arbeitsplatz und Wohnort des Beschäftigten oder für die Ausführung einer im Arbeitsvertrag vorgesehenen Aufgabe.“ Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass im Falle einer weitergehenden privaten Nutzung des Firmenfahrzeuges, wie beispielsweise zu Einkaufs- oder Ferienzwecken, keine Befreiung von den Einfuhrabgaben mehr möglich ist. Die Verordnung stellt zudem klar, dass die Zollbehörden vom Benutzer des Fahrzeuges die Vorlage einer Kopie des Arbeitsvertrages verlangen können. Die Neuregelung kann für zahlreiche Schweizer Unternehmen weitreichende Konsequenzen haben. Dies insbesondere dann, wenn die bisherigen Arbeitsverträge und/oder Firmenfahrzeug-Reglemente den in der EU wohnhaften Mitarbeitern eine Privatnutzung der Fahrzeuge gestatten, die über die Fahrten zum Arbeitsort hinausgeht. Erste Reaktionen und Publikationen der nationalen Zollverwaltungen Die deutsche Zollverwaltung hat sich am 10. März 2015 erstmalig zur zukünftigen Anwendung der Neuregelung geäussert. Bisher hat diese den Gebrauch von in der Schweiz zugelassenen Firmenfahrzeugen durch Beschäftigte mit Wohnsitz im Zollgebiet der EU gestattet, wenn der Anstellungsvertrag eine entsprechende Regelung enthielt. Aufgrund der o. g. Änderung wird der eigene Gebrauch des Fahrzeugs zukünftig jedoch nur noch gestattet für Fahrten zwischen Arbeitsstelle und Wohnort des Beschäftigten oder für die Ausführung einer im Arbeitsvertrag der betreffenden Person vorgesehenen Aufgabe. Als gewerbliche Verwendung eines Fahrzeuges gilt nur die Beförderung von Personen gegen Entgelt oder die industrielle bzw. gewerbliche Beförderung von Waren. Jegliche andere, auch berufliche Nutzung gilt entsprechend als eigener Gebrauch. Der eigene Gebrauch eines Firmenwagens kann z. B. aus dem Grund gestattet sein, dass im Arbeitsvertrag vorgesehen ist, dass der Beschäftigte im Kundendienst eingesetzt wird. Über die Ausführung der im Arbeitsvertrag vorgesehenen Aufgaben hinaus kann ein in der Schweiz zugelassener Firmenwagen von Beschäftigten auch für Fahrten zwischen Arbeitsplatz und Wohnort genutzt werden. Eine Unterbrechung des Arbeitswegs z. B. durch einen Einkauf ist dabei unschädlich. Eine Fahrzeugnutzung, die über die Bestimmungen der Neuregelung hinausgeht, führt regelmässig zur Entstehung der Zollund Einfuhrumsatzsteuerschuld. In Deutschland werden 10 % Zoll und 19 % Einfuhrumsatzsteuer erhoben. Eine zweckwidrige private Nutzung des Fahrzeugs (wie z. B. Benutzung des Fahrzeugs zu Urlaubsfahrten oder zu Einkaufszwecken ausserhalb des Arbeitsweges) wird in Deutschland als Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung mit sofortiger Zollschuldentstehung gewertet und kann als Ordnungswidrigkeit oder sogar Steuerhinterziehung geahndet werden. Mit Schreiben vom 18. März 2015 weist das österreichische Bundesministerium für Finanzen ebenfalls auf die verschärften Neuregelungen hin. Während in Österreich bislang eine Nutzung des Firmenfahrzeuges als „Familienfahrzeug“ in bestimmten Fällen erlaubt war, ist dies zukünftig nur noch möglich, wenn das Fahrzeug in der EU verzollt wird. Andererseits dürften nun aber auch andere Beschäftigte als Angestellte, gemeint sind vor allem Leiharbeiter und Führungskräfte, die Fahrzeuge in der vorübergehenden Verwendung auch für Heimfahrten an den Wohnsitz nutzen. Die bisherige Unterscheidung der Nutzung der Fahrzeuge durch Angestellte, andere Unternehmensangehörige und Leiharbeiter, wie in den im Oktober 2013 überarbeiteten österreichischen Arbeitsrichtlinien ausgeführt, ist damit nicht mehr erforderlich. Für die beiden Letztgenannten war bisher nur eine Verwendung für berufliche Tätigkeiten im Rahmen des Medienmitteilung EU-F-Fz 20150427_rk Unternehmens des Eigentümers gestattet. Demgegenüber durften Angestellte unter bestimmten Voraussetzungen das Fahrzeug auch privat nutzen. Eine widerrechtliche Verwendung der Fahrzeuge führt auch in Österreich zur Entstehung der Zoll- und Einfuhrumsatzsteuerschuld. Die Einfuhrumsatzsteuer beträgt 20 %, die EU-einheitliche Zollabgabe beträgt 10 %. Finanzstrafrechtliche Konsequenzen sind ebenfalls nicht ausgeschlossen. Neben den zollrechtlichen Aspekten sind in Österreich auch die Normverbrauchsabgabe sowie umsatzsteuerliche Implikationen zu beachten, da sich in Österreich zum einen Registrierungspflichten ergeben können (siehe hierzu auch „Konsequenzen“ unten) und zum anderen Vorsteuer im Zusammenhang mit der Anschaffung, Miete oder dem Betrieb von PKW grundsätzlich nicht abzugsfähig ist. Mögliche Handlungsoptionen Aus unserer Sicht gibt es für betroffene Unternehmen nach heutigem Wissensstand folgende Alternativen, wie mit der Situation umgegangen werden kann: • Das Unternehmen passt seine Arbeitsverträge und Firmenfahrzeug-Reglemente den geänderten Rahmenbedingungen an und untersagt seinen Mitarbeitern sämtliche Privatfahrten im Europäischen Zollgebiet, mit Ausnahme der Fahrten zwischen Arbeitsplatz und Wohnort. • Die Firmenfahrzeuge werden in der EU verzollt, und mit den Zollbehörden werden Nachweispflichten und Formvorschriften für nachfolgende Ein und Ausfuhren mit dem Ziel einer möglichst praktikablen Handhabung abgestimmt. Zudem ist mit den zuständigen Behörden zu klären, ob neben der Schweizer Immatrikulation zusätzlich eine Fahrzeugzulassung in der EU erforderlich ist. • Die Überlassung von Firmenfahrzeugen an in der EU wohnhafte Mitarbeiter „auch für private Zwecke“ wird vertraglich umstrukturiert, und den Mitarbeitern anstelle eines Schweizer Fahrzeuges ein finanzieller Ausgleich, beispielsweise für ein im Namen des Mitarbeiters geleastes ausländisches Fahrzeug, gewährt. Konsequenzen Die Verwendung unverzollter Firmenfahrzeuge durch in der Europäischen Union wohnhafte Mitarbeiter unter Missachtung der bereits anwendbaren bzw. ab dem 1. Mai 2015 geltenden Voraussetzungen kann dazu führen, dass die entsprechende EU-Zollbehörde das Firmenfahrzeug beschlagnahmt und nur gegen Entrichtung der Einfuhrabgaben und allfälliger Bussen wieder freigibt. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, unterstützen wir Sie gerne bei der Überprüfung oder Anpassung der von Ihrem Unternehmen verwendeten Arbeitsverträge und Reglemente unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorgaben der betroffenen EU-Mitgliedstaaten. Kontakt: sffv Schweizerischer Fahrzeugflottenbesitzerverband Langfeldstrasse 94 8500 Frauenfeld Tel.: 052 728 91 09 Email: [email protected] Spezialisiertes Mitgliedsunternehmen: fleetcompetence europe gmbh ri.nova impulszentrum Alte Landstrasse 106 9445 Rebstein Tel.: 071 777 15 33 Email: [email protected] Medienstelle: sffv Schweizerischer Fahrzeugflottenbesitzerverband Langfeldstrasse 94 8500 Frauenfeld Medienmitteilung EU-F-Fz 20150427_rk
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